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Einführung in die Erkenntnistheorie (Martin Kusch) WS 2010 ...

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<strong>E<strong>in</strong>führung</strong> <strong>in</strong> <strong>die</strong> <strong>Erkenntnistheorie</strong> (Mart<strong>in</strong> <strong>Kusch</strong>)<br />

<strong>WS</strong> <strong>2010</strong>:<br />

Prüfung: Freitag 20. Mai, 16.00 Uhr, NIG HS 3B<br />

Prüfungsmodalität: 90 M<strong>in</strong>uten, 4 Fragen, 2 auszuwählen.<br />

E<strong>in</strong>zelne Audiofiles: http://homepage.univie.ac.at/mart<strong>in</strong>.kusch/<strong>in</strong>dex.htmlj<br />

1. Vorlesung: Def<strong>in</strong>ition des Wissens I<br />

Die <strong>Erkenntnistheorie</strong> (Epistemologie) ist <strong>in</strong> der neuzeitlichen Philosophie (v.a. theoretische<br />

Philosophie) sehr bedeutend. Dabei spielen sprachphilosophische und auch andere<br />

philosophische Teilgebiete e<strong>in</strong>e große Rolle. (Philosophie des Geistes, Logik usw.) Die 4<br />

zentralen Bemühungen v.a. <strong>in</strong> der angelsächsischen Tradition der <strong>Erkenntnistheorie</strong> s<strong>in</strong>d:<br />

● Was ist eigentlich Wissen und was bedeutet es? Klassische Analyse des Wissens<br />

(KAW): “Gerechtfertigte, wahre Überzeugung”<br />

⇒ a) Wahrheit: Klassisches semantisches Problem und ke<strong>in</strong> erkenntnistheoretisches<br />

Problem (Beziehung zwischen Sprache und der realen Welt)<br />

⇒ b) Überzeugung: Betrifft vorallem Philosophie des Geistes.<br />

Die Rechtfertigung ist jedoch e<strong>in</strong> Punkt, der <strong>die</strong> <strong>Erkenntnistheorie</strong> direkt betrifft.<br />

● Was ist epistemische Rechtfertigung?<br />

● Wodurch erlangen wir Wissen?<br />

⇒ Durch Wahrnehmung erlangen wir Wissen<br />

⇒ Durch verstandesgemäße Schlussfolgerungen<br />

⇒ Durch Er<strong>in</strong>nerungen<br />

⇒ durch Zeugnisse (= all das Wissen, das wir durch Berichte von anderen<br />

● Können wir überhaupt etwas Wissen? (Das Anliegen der <strong>Erkenntnistheorie</strong> zu<br />

wiederlegen, dass <strong>die</strong> Skeptiker recht haben.)<br />

a) Problem des Kriteriums: (Roderick M. Chisholm)<br />

Beschäftigt sich mit 2 verschiedenen Analysen des Wissens.<br />

● Partikularismus: Wir fangen bei elementaren E<strong>in</strong>zelfällen an, von denen wir überzeugt<br />

s<strong>in</strong>d, um dann Wissen zu erlangen und zu verallgeme<strong>in</strong>ern. (Konkrete Alltagsfälle)<br />

Problem: Man geht bereits <strong>in</strong> vorh<strong>in</strong>e<strong>in</strong> davon aus, dass es sich bei <strong>die</strong>sen E<strong>in</strong>zelfällen um Wis<br />

● Methodismus: Wir fangen bei allgeme<strong>in</strong>en Kriterien an. Doch wenn wir <strong>die</strong>se<br />

allgeme<strong>in</strong>en Kriterien bereits wissen, wäre e<strong>in</strong>e <strong>Erkenntnistheorie</strong> absurd, <strong>die</strong> sich<br />

gerade mit dem Erlangen <strong>die</strong>ser Kriterien beschäftigt. (vgl. Analytische Methode)<br />

b) Sprachphilosophischer/ Semantischer Ansatz:<br />

Die Bedeutung der Worte (Bsp.: “grün”, “verde”, “green”...) nennt man Intension. (Bsp.:


das “Grünse<strong>in</strong>” an und für sich) Alle Vertreter <strong>die</strong> e<strong>in</strong>e gewisse Intension besitzen, nennt man<br />

Extensionen. (Bsp.: “Alle Objekte, <strong>die</strong> grün s<strong>in</strong>d.”) ⇒ Alle D<strong>in</strong>ge s<strong>in</strong>d Teil der Extension “grün”,<br />

wenn das Prädikat “grün” bzw. <strong>die</strong> Intension von “grün” auf <strong>die</strong>se D<strong>in</strong>ge zutrifft.<br />

Dieser Ansatz ist auf den Begriff des Wissens übertragbar: Gerechtfertigte, wahre Überzeugung<br />

entspricht der Intension des Wissens. Die Intension des Wissens gibt uns somit <strong>die</strong> Kriterien für<br />

das Erlangen von Wissen. Alle Fälle, bei denen wir davon ausgehen, dass es sich um Wissen<br />

handelt, s<strong>in</strong>d Extensionen des Wissens. (“All das, was man weiß.”)<br />

⇒ Edward Craig beschreibt das Erlangen von Wissen und das Ziel der <strong>Erkenntnistheorie</strong> wie<br />

folgt: ”Man versucht e<strong>in</strong>e explizite Intension von e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>tuitiven Extension zu f<strong>in</strong>den.” Zunächst<br />

ersche<strong>in</strong>en uns D<strong>in</strong>ge im Alltagsleben, <strong>die</strong> wir als Wissen bezeichnen, als <strong>in</strong>tuitiv. (Bsp.: Eigener<br />

Geburtstag). Bei dem Auff<strong>in</strong>den der expliziten Intensionen erweist sich <strong>die</strong>s als problematischer.<br />

(Bsp.: Wir können <strong>in</strong>tuitiv beim Sprechen <strong>die</strong> Grammatik e<strong>in</strong>er Sprache verwenden, doch<br />

Personen <strong>die</strong> e<strong>in</strong>e Grammatik festlegen, machen <strong>die</strong> Intension der Grammatik erst explizit. Wir<br />

selbst s<strong>in</strong>d uns beim Sprechen oft nicht unmittelbar der grammatikalischen Regeln bewusst!)<br />

c) Formen von Wissen:<br />

Propositionales Wissen: Wissen, dass etwas der Fall ist. Propositionen s<strong>in</strong>d Bedeutungen<br />

von Aussagesätzen. (Bsp.: “Der Schnee ist weiß.” oder italienisch “La neve è bianca.” ⇒<br />

Beide Aussagesätze besitzen <strong>die</strong> selbe Proposition.) Die selbe Proposition kann also je nach<br />

Sprache verschieden ausgedrückt werden. Sie ist gleichzeitig für das Verständnis zweier<br />

Kommunikationspartner unumgänglich.<br />

Doch ist alles Wissen propositional? Können wir verschiedene Wissensformen (Bsp.: Wissen<br />

wann, Wissen ob, Wissen warum...) auf propositionales Wissen (Wissen dass) reduzieren?<br />

[Bsp.: “Ich weiß, ob du mich liebst?” ⇒ Immer reduzierbar auf e<strong>in</strong> propositionales<br />

Wissen: “Wenn du mich liebst, weiß ich dass du mich liebst, ansonsten nicht.”]<br />

Es gel<strong>in</strong>gt jedoch nicht generell, das gesamte Wissen auf e<strong>in</strong> propositionales Wissen zu<br />

reduzieren. (Bsp.: Wissen wie: “E<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d kann schreien, um auf etwas aufmerksam zu machen,<br />

ohne unmittelbar zu wissen, dass das Schreien automatisch e<strong>in</strong> Handeln der Eltern impliziert.<br />

Es weiß jedoch, wie es <strong>die</strong> Aufmerksam auf sich ziehen kann.” ) Überzeugung ist somit e<strong>in</strong>e<br />

Die Standardanalyse von Wissen ist häufig faktiv, das heißt Wissen liegt nur dann vor, wenn<br />

<strong>die</strong> Überzeugung wahr ist. Es handelt sich somit nach <strong>die</strong>ser Auffassung nicht um Wissen,<br />

wenn man etwas behauptet, das nicht wahr ist. “Für wahr halten” (Überzeugung) ist somit<br />

zentral für <strong>die</strong> Wissensauffassung. Doch alle<strong>in</strong>ig <strong>die</strong> wahre Überzeugung genügt noch nicht<br />

für das Postulat des Wissens, da es zudem noch e<strong>in</strong>er guten Rechtfertigung dafür bedarf.<br />

Im Alltagsleben wird jedoch auch häufig auf nicht faktives Wissen zurückgegriffen (Bsp.:<br />

Wahrsche<strong>in</strong>lichkeiten beim Wetterbericht: Wir gehen davon aus, dass es morgen zu 80%<br />

regnet- wir gehen hierbei von Wissen aus.”) Wissen muss somit oft im Alltagsgebrauch nicht<br />

unbed<strong>in</strong>gt zu 100% stimmen.<br />

Der Skeptizismus geht davon aus, dass e<strong>in</strong> Wissen nur durch e<strong>in</strong>e 100%ige Rechtfertigung,<br />

gegeben se<strong>in</strong>.<br />

d) Wahrheitsbegiff:


● Korrespondenztheorie: E<strong>in</strong>e Auffassung ist dann wahr, wenn <strong>die</strong> Wirklichkeit faktisch<br />

mit e<strong>in</strong>er Aussage zusammenfällt/korrespon<strong>die</strong>rt. Wahrheit hängt somit nicht damit<br />

zusammen was jemand denkt/me<strong>in</strong>t, sondern was <strong>in</strong> der Wirklichkeit Fakt ist. Wahrheit<br />

ist somit auch nicht relativ und man muss davon ausgehen, dass <strong>die</strong> Wahrheit absolut<br />

zugänglich se<strong>in</strong> muss. (adaequatio <strong>in</strong>tellectus ad rem, bereits bei Thomas, der das<br />

ganze von Aristoteles übernimmt, der das sicher auch schon irgendwo her hat ;-) )<br />

● Kohärenztheorie: E<strong>in</strong>e Auffassung ist dann wahr, wenn sie mit anderen Auffassungen<br />

harmoniert.<br />

● Konsensustheorie: E<strong>in</strong>e Auffassung ist dann wahr, wenn wir alle, zu jeder Zeit, <strong>die</strong>ser<br />

Auffassung bleiben.<br />

Der klassische Wahrheitsbegriff stützt sich auf <strong>die</strong> Korrespondenztheorie und ist somit<br />

gleichzeitig <strong>die</strong> klassische Auffassung der <strong>Erkenntnistheorie</strong> (aus philosophischer Tradition).<br />

(⇒ problematisch)<br />

2. Vorlesung: Fortsetzung der Def<strong>in</strong>ition des Wissens II (Edmund L. Gettier)<br />

Bis 1960 gab es ke<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>wände gegen <strong>die</strong> klassische Wissensauffassung (KAW).<br />

Edmund L. Gettier publizierte 1963 e<strong>in</strong> dreiseitiges Paper mit dem Titel: “Is Justified True<br />

Belief Knowledge?” Danach beschäftigte man sich <strong>in</strong> der <strong>Erkenntnistheorie</strong> mit Gettiers<br />

Problemstellung.<br />

Die klassische Auffassung von Wissen wird von Gettier wie folgt widerlegt:<br />

Bsp. der 10 Münzen: (Gettiers-Problem)<br />

vgl.: http://de.wikipedia.org/wiki/Gettier-Problem<br />

a) Sachverhalt:<br />

Person A ist davon überzeugt, dass B für <strong>die</strong> Arbeit <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Firma geeignet ist. Außerdem<br />

hat Person A gesehen wie Person B 10 Münzen abgezählt hat, wodurch er gerechtfertigt<br />

und überzeugt davon ist, dass B 10 Münzen besitzt. (Person A hat somit e<strong>in</strong> gewisses<br />

Beweismaterial, dass ihn dazu rechtfertigt zu sagen, B bekommt den Job und B besitzt 10<br />

Münzen.)<br />

A leitet darauß ab, dass der Mann B der <strong>die</strong> Stelle bekommt, 10 Münzen besitzt. Man leitet<br />

somit <strong>die</strong> erste Überzeugung von der zweiten Überzeugung ab, bzw. umgekehrt.<br />

Wäre <strong>die</strong> klassische Wissensanalyse richtig, müsste <strong>die</strong>se Folgerung stimmen.<br />

b) Widerlegung:<br />

Gettier jedoch behauptet: Angenommen <strong>die</strong> 1. Überzeugung sei nicht wahr (dass B <strong>die</strong> Stelle<br />

<strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Firma bekommt, sondern e<strong>in</strong>e andere Person C, <strong>die</strong> jedoch auch 10 Münzen <strong>in</strong> der<br />

Tasche hat.)<br />

Es handelt sich zwar um e<strong>in</strong>en Fall der gerechtfertigten Überzeugung (Der Mann der <strong>die</strong> Stelle<br />

bekommt, hat 10 Münzen <strong>in</strong> der Tasche, was ja auch auf C zutrifft), jedoch weiß A nicht, dass<br />

der Mann der <strong>die</strong> Stelle bekommt 10 Münzen hat, da er <strong>die</strong>s ja eigentlich nur von B genau weiß.<br />

A weiß somit nicht wirklich, dass es sich bei der angestellten Person C, nicht um B handelt und<br />

kann somit auch nicht <strong>in</strong> der klassischen Wissensauffassung wissen, dass der neue Angestellte


10 Münzen besitzt. Es ist somit nur wahr, da zufällig Person C, <strong>die</strong> den Job bekommt, auch 10<br />

Münzen besitzt und A fälschlicher Weise der Auffassung ist, das B den Job bekommen hat, was<br />

jedoch nicht stimmt. A begründet somit se<strong>in</strong>e Auffassung auf <strong>die</strong> wahren Tatsachen von B und<br />

nicht auf C. Er leitet somit se<strong>in</strong> Wissen aufgrund der Überzeugung der Tatsachen von B ab,<br />

und nicht von C ⇒ A besitzt zwar e<strong>in</strong>e gerechtfertigte, wahre Überzeugung (Def.: KAW), jedoch<br />

handelt es sich offenbar nicht um klassisches Wissen. ⇒ KAW ist nicht richtig!<br />

Intuitiv (=Spontanes/Naives Urteil) handelt es sich <strong>in</strong> <strong>die</strong>sem Beispiel nicht um Wissen, obwohl<br />

es sich sehr wohl um e<strong>in</strong>e gerechtfertigte, wahre Überzeugung handelt.<br />

c) Struktur des Problems (Zusammenfassung):<br />

1. Teil: Gerechtfertigte falsche Überzeugung: Person A ist gerechtfertigt zu behaupten, dass B<br />

angestellt wird (was nicht wahr ist), da er ja 10 Münzen besitzt.<br />

2. Teil: Das Pr<strong>in</strong>zip der gerechtfertigten Deduktion: Wenn man e<strong>in</strong>e gerechtfertigte<br />

Überzeugung hat und etwas daraus deduktiv ableitet, ist <strong>die</strong>ses Abgeleitete auch gerechtfertigt.<br />

d) Anmerkungen und Kritik: Wenn entweder der 1. Teil oder der 2. Teil falsch ist, gilt <strong>die</strong><br />

Widerlegung der klassischen Analyse von Wissen nicht. So versuchten manche Philosophen<br />

<strong>die</strong> klassische Analyse von Wissen (KAW) beizubehalten, <strong>in</strong>dem sie folgende E<strong>in</strong>wände<br />

brachten:<br />

● E<strong>in</strong>wand ad 1.Teil: “E<strong>in</strong>e falsche Überzeugung kann nicht gerechtfertigt se<strong>in</strong>!” Dies wirkt<br />

sich unumgänglich auch auf den 2. Teil aus.<br />

⇒ Doch es können tatsächlich auch falsche Überzeugungen genau so gut gerechtfertigt se<strong>in</strong>, wi<br />

● E<strong>in</strong>wand ad 2.Teil: Wenn es ke<strong>in</strong>e falsche gerechtfertigte Überzeugung gibt, dann<br />

stimmt <strong>die</strong>ser Teil auch nicht.<br />

⇒ Doch der 1. Teil ist immer wahr, somit ist auch der 2. Teil gerechtfertigt.<br />

⇒ Gettiers Widerlegung vom klassischen Wissen ist richtig.<br />

Der 2. Versuch den klassischen Wissensbegriff zu retten, war das E<strong>in</strong>führen e<strong>in</strong>er 4.<br />

Be<strong>die</strong>nung, neben der Be<strong>die</strong>nung der gerechtfertigten, wahren Überzeugung. Diese<br />

Weiterentwicklung der KWA nennt man auch Quartettlösungen, doch wurden <strong>die</strong>se Vorschläge<br />

für <strong>die</strong> 4. Be<strong>die</strong>nung nicht wirklich gefunden und haben zu kontroversen Diskursen geführt.<br />

Bsp. für e<strong>in</strong>e Quartettlösung:<br />

● No-False-Lemma (Theorie, dass es ke<strong>in</strong>e falschen Grundlagen geben darf.)<br />

Elementar für das Gettier Problem ist, dass <strong>die</strong> 1. Überzeugung falsch ist, (Person A nimmt f<br />

Forderung: Man kann nie etwas Wissen, wenn man von e<strong>in</strong>er falschen Überzeugung auf e<br />

Exkurs:<br />

L<strong>in</strong>da Zagzebski plä<strong>die</strong>rt auf <strong>die</strong> E<strong>in</strong>sicht, dass bei unserer Auffassung von Wissen der Zufall


e<strong>in</strong>e große Rolle spielt. Im Gettier-Problem ist <strong>die</strong> falsche Überzeugung von A gewissermaßen<br />

zufällig und unglücklich. Dennoch kommt A trotz e<strong>in</strong>er falschen gerechtfertigten Überzeugung<br />

zufälliger Weise auf e<strong>in</strong>e richtige Überzeugung. (A schließt richtig, dass der neue Angestellte 10<br />

Münzen besitzt.) Sie besagt, dass <strong>die</strong> 4. Be<strong>die</strong>nung der klassischen Wissendef<strong>in</strong>ition, gewisser<br />

maßen zufällige Aspekte be<strong>in</strong>haltet. Es bedarf also immer noch des glücklichen Zufalls, dass<br />

uns etwas von der Wahrheit des Wissens nicht abbr<strong>in</strong>gt. (Wissensbegriff= Wissen + glücklicher<br />

Zufall)<br />

Die weiteren Schritte <strong>in</strong> der <strong>Erkenntnistheorie</strong> versuchen ganz andere Ansätze, da der<br />

philosophischen Auffassung nach, das andauernde Aufbr<strong>in</strong>gen von Beispielen und<br />

Gegenbeispielen zu Gettiers Problem, ke<strong>in</strong>e großen Erfolge versprechen würde.<br />

3. Vorlesung: Skeptizismus<br />

a) Exkurs: Induktion und Deduktion:<br />

Induktion und Deduktion (“Alle Menschen s<strong>in</strong>d sterblich, Sokrates ist e<strong>in</strong> Mensch, deswegen<br />

ist Sokrates sterblich!”) s<strong>in</strong>d zwei logische Konzepte des Schließens. Dabei unterscheidet man<br />

gültige und ungültige Schlussfolgerungen. Dabei hat <strong>die</strong> Gültigkeit von Schlussfolgerungen<br />

e<strong>in</strong>en hypothetischen Charakter: “Wären <strong>die</strong> Prämissen wahr, so folgt daraus, dass auch der<br />

Schluss wahr se<strong>in</strong> müsste.” Interessant s<strong>in</strong>d also schlüssige Argumentationsformen, wo <strong>die</strong><br />

Prämissen wahr s<strong>in</strong>d und <strong>die</strong> Schlussfolgerung gültig ist.<br />

Dabei liefert <strong>die</strong> Deduktion nur Information, <strong>die</strong> selbst <strong>in</strong> den Prämissen bereits formuliert<br />

ist. Bei der Induktion (“Alle Raben, <strong>die</strong> wir bis jetzt gesehen haben, s<strong>in</strong>d weiß, deswegen<br />

s<strong>in</strong>d alle Raben weiß!” → kanadische Raben) h<strong>in</strong>gegen kann Information über <strong>die</strong><br />

Prämissen h<strong>in</strong>ausgehen. Induktive Schlüsse s<strong>in</strong>d somit immer ampliativ <strong>in</strong> Bezug auf den<br />

Informationsgehalt. (Bsp. man schließt von e<strong>in</strong>er begrenzten Menge von Raben auf alle Rabe.)<br />

Wenn man von begrenzten Mengen auf allgeme<strong>in</strong>e Mengen schließt nennt man <strong>die</strong>s auch<br />

enumeratives Schließen. Des weiteren gibt es den Schluss h<strong>in</strong>sichtlich der besten Erklärung,<br />

wo man auf <strong>in</strong>tuitiv naheliegende D<strong>in</strong>ge schließt, <strong>die</strong> auf <strong>die</strong> beste Erklärung h<strong>in</strong> gültig s<strong>in</strong>d.<br />

b) Rechtfertigungsskeptizismus und Existenzskeptizismus:<br />

Beim Rechtfertigungsskeptizismus geht es um <strong>die</strong> Problematik der Rechtfertigung von gewissen<br />

Aussagen. Beispielsweise befassen sich Theologen des öfteren mit der Rechtfertigung Gottes<br />

und stellen somit e<strong>in</strong>en Aspekt des Rechtfertigungsskeptizismus dar.<br />

Dieser beruft sich radikal auf erkenntnistheoretische Aspekte: “Ich kann nie wissen, was<br />

außerhalb me<strong>in</strong>es Geistes existiert.” Man kann zwar glauben oder vermuten, jedoch niemals<br />

e<strong>in</strong>en Sachverhalt rechtfertigen.<br />

E<strong>in</strong> Existenzskeptizismus bestreitet h<strong>in</strong>gegen grundlegend <strong>die</strong> mögliche Existenz e<strong>in</strong>es<br />

Sachverhalts mit Hilfe von gewissen Argumenten.<br />

Renè Descartes formuliert zwei skeptische Argumente, <strong>die</strong> dann <strong>in</strong> weiteren skeptischen<br />

philosophischen Traditionen weitergeführt wurden.<br />

● Traumargument:<br />

Descartes beschreibt e<strong>in</strong>en Traum, wo er träumt, dass er vor dem Ofen im Rock sitzt.


Momentan jedoch betont er, dass er sich mit dem Schreiben des Textes befasst.<br />

Angenommen, man hat <strong>die</strong> s<strong>in</strong>nliche Erfahrung, dass man vor dem Ofen sitzt. Somit wäre <strong>die</strong><br />

Analog dazu könnte man sich vorstellen, dass man eigentlich im Bett liegt und träumt,<br />

dass man vor dem Ofen sitzt. Jedoch unterscheiden sich hierbei <strong>die</strong> s<strong>in</strong>nlichen Erfahru<br />

In beiden Fällen haben wir somit <strong>die</strong> gleiche Überzeugung (“Ich sitze vor dem Ofen”)<br />

und <strong>die</strong> selben s<strong>in</strong>nlichen Beweismaterialien. Der e<strong>in</strong>zige Unterschied besteht, dass<br />

ich e<strong>in</strong>em Fall weiß, dass ich vor dem Ofen sitze, und im Traume <strong>die</strong>s natürlich nicht<br />

wissen kann. Daraus ergibt sich e<strong>in</strong> erkenntnistheoretisches Problem: “Das<br />

Beweismaterial sagt mir nicht ob ich wach b<strong>in</strong>, und somit me<strong>in</strong>e Überzeugung wahr ist, oder<br />

umgekehrt.” Da das Rechtfertigungsmaterial gleich ist kann ich nicht erkennen, <strong>in</strong><br />

welcher Situation ich mich gerade bef<strong>in</strong>de (Traum oder Wirklichkeit), somit kann ich<br />

auch nicht wissen, ob ich vor dem Ofen sitze. Diese Unfähigkeiten zerstört <strong>die</strong><br />

Fähigkeit e<strong>in</strong>er wahren Überzeugung.<br />

Descartes beschreibt <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em zweiten Argument e<strong>in</strong>en bösen Dämon, der mich t<br />

Gewissermaßen stellt der Dämon e<strong>in</strong>e Metapher im modernen S<strong>in</strong>ne für Wissenschaftler oder<br />

Computer dar, wo man sich immer der potentiellen Täuschbarkeit im H<strong>in</strong>tergrund bewusst se<strong>in</strong><br />

muss. Mit <strong>die</strong>ser aktuelleren Ause<strong>in</strong>andersetzung befasste sich Hilary Putnam.<br />

c) Hilary Putnams “Gehirn im Tank”- Argument:<br />

Man stelle sich vor, dass e<strong>in</strong> Gehirn von e<strong>in</strong>em Wissenschaftlicher entnommen wurde, und <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>em Tank mit e<strong>in</strong>er Nährstofflösung gelegt wurde. Die Nervenzellen s<strong>in</strong>d dabei mit e<strong>in</strong>em<br />

Computer verbunden, der mir sozusagen <strong>die</strong> s<strong>in</strong>nlichen Erfahrungen vorgaukelt. Ich kann also<br />

nicht ausschließen, dass me<strong>in</strong> Gehirn eigentlich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Nährstoffbehälter gelegt wurde und<br />

ich <strong>die</strong> Realität nur als Täuschung wahrnehme. (Vgl.: Film Matrix) Ich kann also nicht wissen ob<br />

etwas tatsächlich ist, oder nur traumhaft.<br />

In allen skeptischen Hypothesen kann man <strong>die</strong> skeptische Hypothese niemals ausschließen,<br />

da me<strong>in</strong> Beweismaterial niemals <strong>die</strong>se Unterscheidung erkennen kann. (Ich kann nicht wissen,<br />

dass <strong>die</strong> skeptische Hypothese falsch ist, deswegen kann ich auch nicht wissen, ob ich nicht <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>er Traumwelt lebe. [logischer Modus-Ponens-Schluss]) Ich kann also me<strong>in</strong>e Überzeugung<br />

niemals rechtfertigen, somit kann ich generell ke<strong>in</strong>e normalen D<strong>in</strong>ge wissen. Wenn ich also<br />

<strong>die</strong> skeptischen Hypothesen nicht widerlegen kann, kann ich also normale D<strong>in</strong>ge nicht wissen<br />

(Dilemma).<br />

E<strong>in</strong>wände gegen den Skeptizismus von G. E. Moore:<br />

Moore befasst sich mit der Widerlegung des descart’schen Skeptizismus: “Hier ist e<strong>in</strong>e Hand,<br />

hier e<strong>in</strong>e andere, deswegen existieren m<strong>in</strong>destens zwei D<strong>in</strong>ge <strong>in</strong> der Außenwelt. Deswegen<br />

ist der Skeptizismus widerlegt!” Stimmt also Moors Argumentation, gibt es e<strong>in</strong>e extramentale<br />

Außenwelt. Moore stellt sich <strong>die</strong> Frage ob se<strong>in</strong>e Forderung wirklich e<strong>in</strong> gutes Argument gegen<br />

den Skeptizismus darstellt und gibt drei Kriterien für e<strong>in</strong>en guten Beweis an:<br />

● Die Prämissen müssen sich von der Schlussfolgerung unterscheiden.<br />

● Man muss wissen, dass <strong>die</strong> Prämissen wahr s<strong>in</strong>d.<br />

● Die Schlussfolgerung muss aus den Prämissen folgen.


Diesen Form von Beweis würden wir alltäglich als schlüssig bezeichnen. E<strong>in</strong>wand: “Woher weiß<br />

man, dass <strong>die</strong> Prämissen war s<strong>in</strong>d?” Moore ist der Auffassung, dass gewisse D<strong>in</strong>ge wahr s<strong>in</strong>d,<br />

aber nicht beweisbar s<strong>in</strong>d. (“Ich weiß also, dass ich 2 Hände besitze.”)<br />

Der Skeptiker wirft Moore vor, wieso er überhaupt aufgrund der skeptischen Argumenten <strong>in</strong><br />

se<strong>in</strong>em Beweis davon ausgehen kann, dass <strong>die</strong> Hände tatsächlich existieren.<br />

Umgekehrt wirft Moore e<strong>in</strong>, wieso der Skeptiker davon ausgehen kann, dass D<strong>in</strong>ge nicht<br />

wirklich existieren. Dies s<strong>in</strong>d zwei gerechtfertigte Fragen, <strong>die</strong> zwar komplementär aber doch<br />

analog zue<strong>in</strong>ander stehen. Moore ist jedoch der Ansicht, dass er se<strong>in</strong>e Hypothese besser<br />

belegen kann, als <strong>die</strong> des Skeptikers. 1925 schrieb er “E<strong>in</strong>e Verteidigung des gesunden<br />

Menschenverstandes”, wo er e<strong>in</strong>e Liste mit Alltagsüberzeugungen aufstellt, <strong>die</strong> trivial<br />

ersche<strong>in</strong>en. (Bsp.: “Nichts ist sicherer als, dass me<strong>in</strong> Körper me<strong>in</strong>er ist.”) Gleichzeitig behauptet<br />

er, dass <strong>die</strong>se Trivialitäten bei allen Menschen korrespon<strong>die</strong>ren, ohne beweisbar zu se<strong>in</strong>.<br />

Kritik an Moores These:<br />

Norman Malcom, der sich mit Wittgenste<strong>in</strong> ause<strong>in</strong>andersetzte, kritisierte Moors Hypothese<br />

mit Wittgenste<strong>in</strong>s Argumentationen. Se<strong>in</strong>e Hauptthese ist, dass Moore den Ausdruck “ich<br />

weiß” falsch verwendet. Wann ist also der Satz “Ich weiß, dass das e<strong>in</strong> Baum ist.” wahr.<br />

Moore weist darauf h<strong>in</strong>, dass sich e<strong>in</strong>e Frage aufgrund von Zweifeln formulieren lassen<br />

muss, dass es begründbar se<strong>in</strong> muss, und dass man den Gegenstand auf <strong>die</strong> Wirklichkeit<br />

h<strong>in</strong> untersuchen kann. Im philosophischen Kontext, so Malcom seien <strong>die</strong>se Be<strong>die</strong>nungen bei<br />

Moors Argumentation nicht gegeben. Malcom sagt, dass e<strong>in</strong> philosophischer Zweifel so wenig<br />

e<strong>in</strong> richtiger Zweifel ist, wie e<strong>in</strong>e rhetorische Frage e<strong>in</strong>e richtige Frage. Moor kann auch ke<strong>in</strong>en<br />

Grund für se<strong>in</strong>e Behauptung “Hier ist e<strong>in</strong>e Hand” angeben. Im moorschen Fall sei auch ke<strong>in</strong>e<br />

Untersuchung im alltäglichen S<strong>in</strong>n gegeben, da e<strong>in</strong>e skeptische, philosophische Untersuchung<br />

eigentlich ke<strong>in</strong>e wirkliche Untersuchung ist.<br />

Moore entgegnet Malcom: “Natürlich ist <strong>die</strong> Behauptung “Hier ist e<strong>in</strong>e Hand” e<strong>in</strong>e s<strong>in</strong>nlose<br />

Handlung, da es offensichtlich ist, dass man bereits <strong>die</strong> Hand wahrnimmt ohne <strong>die</strong> Behauptung<br />

auszusprechen. Man weiß also bereits ohne Behauptungen, dass <strong>die</strong>s e<strong>in</strong>e Hand ist. Nichts<br />

desto trotz ist e<strong>in</strong>e sprachliche Behauptung niemals ungerechtfertigt, denn der sprachliche<br />

Begriff “wissen” ist niemals uns<strong>in</strong>nig.”<br />

Norman entgegnet darauf im S<strong>in</strong>ne Wittgenste<strong>in</strong>s, dass der Begriff “wissen” bei Moore <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>er falschen Sprachhandlung verbunden sei. Die Bedeutung von Begriffen ist also von der<br />

bestimmten Situation abhängig. Dafür stellt Norman e<strong>in</strong>e Liste zusammen, wo mehr als 20<br />

verschiedene Gebräuche des Verbs “wissen” angeführt s<strong>in</strong>d. Norman unterscheidet also den<br />

Gebrauch des Verbs “wissen” <strong>in</strong> Moors philosophischen Betrachtungen vom Gebrauch im<br />

normalen Kontext.<br />

Malcom kritisiert auch Moores Prämissen. (“Wenn ich mich fürchte, dann ist es wahr dass<br />

ich mich fürchte.”) Malcom me<strong>in</strong>t, dass Moore den Begriff des Wissens auf <strong>die</strong> selbe Art und<br />

Weise wie “ich freue mich” verwendet. Wissen muss begründbar se<strong>in</strong> und ist nicht auf Gefühle<br />

rückführbar. Dies kritisiert Moores Auffassung, der me<strong>in</strong>t, dass wir gewisse D<strong>in</strong>ge gefühlsmäßig<br />

e<strong>in</strong>fach wissen, ohne sie beweisen zu können.


Wittgenste<strong>in</strong> sagt: “Wenn du weißt, dass hier e<strong>in</strong>e Hand ist, so geben wir dir alles übrige zu.”<br />

Wir dürfen also selbst <strong>die</strong>se Annahme “ich weiß, dass hier e<strong>in</strong>e Hand ist” bereits anzweifeln.<br />

Des weiteren zweifelt Wittgenste<strong>in</strong> an, dass man e<strong>in</strong>e Liste schreiben kann, <strong>die</strong> alles was man<br />

weiß enthält. Wenn man etwas anzweifelt muss der Zweifel selbst an D<strong>in</strong>gen festhalten, <strong>die</strong><br />

tatsächlich Existieren. Der Skeptiker jedoch möchte selbst <strong>die</strong>se D<strong>in</strong>ge anzweifeln, was <strong>in</strong><br />

<strong>die</strong>ser H<strong>in</strong>sicht paradox ist. “Man kann also nicht alles anzweifeln.”<br />

Mit den selben Argumenten können sowohl <strong>die</strong> Hypothesen des Skeptikers, sowie auch<br />

<strong>die</strong> ihrer Gegner entwertet werden. Wittgenste<strong>in</strong> und Malcom s<strong>in</strong>d also ke<strong>in</strong>e Anhänger des<br />

Skeptizismus.<br />

4. Vorlesung: Das Pr<strong>in</strong>zip der Geschlossenheit<br />

Der kontrafaktuale Konditionalsatz:<br />

E<strong>in</strong> kontrafaktualer Konditionalsatz (Lewis) ist e<strong>in</strong> Wenn-Dann-Satz der jedoch entgegen der<br />

Fakten ist, also nicht mit der Realität übere<strong>in</strong>stimmt. (“Wenn ich me<strong>in</strong>e Frau nicht getroffen<br />

hätte, wäre ich jetzt nicht glücklich.”) Den Wenn-Teil nennt man Antezedenz und <strong>die</strong> Folgerung<br />

<strong>die</strong> Konsequenz.<br />

Hierbei ist <strong>die</strong> Theorie der möglichen Welten wichtig. Mögliche Welten s<strong>in</strong>d alle denkbaren<br />

Welten <strong>in</strong>klusive der realen Welt, <strong>die</strong> mehr oder weniger mit der wirklichen Welt übere<strong>in</strong>stimmen<br />

bzw. entfernt liegen. E<strong>in</strong> kontrafaktualer Konditionalsatz redet über bestimmte mögliche Welten.<br />

Alle möglichen Welten wo ich me<strong>in</strong>e Frau nie getroffen habe (“Nicht-Frauen-Welten”)<br />

und deswegen nicht glücklich b<strong>in</strong>, s<strong>in</strong>d also relevante mögliche Welten. Auch <strong>die</strong> Welten<br />

(“Unglückswelten”), <strong>in</strong> denen ich unglücklich b<strong>in</strong>, liegen verschieden weit von der<br />

Wirklichkeit entfernt. Welche Welten s<strong>in</strong>d relavant, um festzustellen ob <strong>die</strong>ser kontrafaktualer<br />

Konditionalsatz richtig ist? “Ändere nur <strong>die</strong> D<strong>in</strong>ge der nächsten möglichen Welt, <strong>die</strong> durch<br />

das “nicht Treffen” de<strong>in</strong>er Frau bee<strong>in</strong>trächtig s<strong>in</strong>d.” Folgt daraus, das ich immer noch unglücklich<br />

b<strong>in</strong>, stimmt der Kontrafaktualsatz.<br />

Robert Nozicks Wissensdef<strong>in</strong>ition:<br />

Robert Nozick bietet e<strong>in</strong>e kontrafaktuale Def<strong>in</strong>ition des Wissens. Er ersetzt <strong>die</strong> Be<strong>die</strong>nung der<br />

Rechtfertigung durch zwei kontrafaktualen Konditionalsätzen.<br />

Bsp.: “Ich stehe vorne und halte <strong>die</strong> Vorlesung.”<br />

● Es muss war se<strong>in</strong>. (“Ich stehe vorne!”)<br />

● Ich muss davon überzeugt se<strong>in</strong>.<br />

● Würde ich nicht vorne stehen und <strong>die</strong> Vorlesung halten, würde ich nicht davon überzeugt<br />

se<strong>in</strong>. (“In den nächstgelegenen Welten, wäre ich also nicht davon überzeugt, dass ich<br />

vorne stehen würde.”)<br />

→ Variationsbe<strong>die</strong>nung<br />

● Stände ich vorne und würde <strong>die</strong> Vorlesung halten, wäre ich auch davon überzeugt, dass


ich vorne stehe. (Würde ich vorne stehen nur unter leicht variierten Bed<strong>in</strong>gungen, so<br />

müsste ich auch glauben, dass ich vorne stehe und <strong>die</strong> Vorlesung halte.)<br />

Unter leicht veränderten Be<strong>die</strong>nungen, muss das Wissen dennoch stimmen.<br />

→ Festhaltungsbe<strong>die</strong>nung<br />

Diese 4 Thesen müssen nach Nozick bei Wissen gegeben se<strong>in</strong>. Ob jemand etwas weiß oder<br />

nicht, hängt von den Möglichkeiten ab, <strong>die</strong> im kontrafaktualen Konditionalsatz betrachtet<br />

werden.<br />

Warum jedoch brauchen wir <strong>die</strong>sen 2. Kontrafaktualen Konditionalsatz?<br />

Bsp.: Me<strong>in</strong> Gehirn liegt im Tank und der Computer würde mir richtiger Weise vortäuschen,<br />

dass me<strong>in</strong> Gehirn im Tank liegt. Weiß ich also, dass me<strong>in</strong> Gehirn im Tank ist? Die 3.<br />

Be<strong>die</strong>nung: “Wäre ich ke<strong>in</strong> Gehirn im Tank, würde ich auch nicht glauben, ich sei e<strong>in</strong> Gehirn<br />

im Tank.” stimmt <strong>in</strong> <strong>die</strong>sem Fall, man müsste also von Wissen sprechen. Die 4. Be<strong>die</strong>nung<br />

ist hierbei nicht erfüllt, da <strong>die</strong> Festhaltungsbe<strong>die</strong>nung nicht erfüllt ist. → Deswegen handelt es<br />

sich nicht um Wissen. Nozick will zeigen, dass se<strong>in</strong>e Def<strong>in</strong>ition von Wissen besser ist, als <strong>die</strong><br />

klassische Wissensdef<strong>in</strong>ition, <strong>die</strong> Probleme mit dem Gettierproblem aufweist. Dabei gab es ja<br />

das Problem, das, obwohl e<strong>in</strong>e gerechtfertigte wahre Überzeugung vorliegt, es sich nicht um<br />

Wissen handelt.<br />

Diese gerechtfertigte wahre Überzeugung erfüllt nicht <strong>die</strong> Variationsbe<strong>die</strong>nung von Nozick. Die<br />

Überzeugung ist nur wahr, da es aufgrund e<strong>in</strong>es Zufalls zutrifft. (nähmlich dass e<strong>in</strong> Anderer<br />

auch 10 Münzen <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Tasche hat) E<strong>in</strong>e Überzeugung wurde eben auf e<strong>in</strong>e Person bezogen<br />

und davon wurde dann zufällig auf e<strong>in</strong>e andere Person geschlossen. “Gruber würde auch<br />

bei e<strong>in</strong>er anderen Person glauben, dass Müller den Job bekommen hat.” “Hätte Müller den<br />

Job nicht bekommen, würde nämlich Gruber trotzdem noch glauben, dass Müller den Job<br />

bekommen hat.” Dieser kontrafaktuale Satz stimmt somit mit Nozicks Wissensdef<strong>in</strong>ition nicht<br />

übere<strong>in</strong>.<br />

Robert Nozicks Verhältnis zum Skeptizismus:<br />

“Wir müssen <strong>die</strong> Skeptiker nicht überzeugen, sondern uns selbst, damit wir <strong>die</strong> Skeptiker<br />

ignorieren können.” Der Skeptiker trifft vorallem auf <strong>die</strong> 3. Def<strong>in</strong>ition se<strong>in</strong>er Wissensdef<strong>in</strong>ition.<br />

Bsp.: “Wenn ich hier stehen würde, stehe ich wirklich hier.” Der Skeptiker streitet <strong>die</strong>s ab: “ Ich<br />

könnte auch Träumen, dass ich hier stehen würde, somit würde ich nicht wirklich hier stehen.”<br />

Auch Nozick ist der Auffassung, dass wir niemals Wissen können, ob wir nicht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

skeptischen Szenario stecken bzw. getäuscht werden. (Bsp.: Gehirn im Tank) Was wäre<br />

notwendig, damit <strong>die</strong> skeptische Hypothese falsch ist?<br />

● Es weiß, dass <strong>die</strong> skeptische Hypothese nicht zutrifft. (Es muss faktisch gelten)<br />

● Es muss überzeugend se<strong>in</strong>, dass <strong>die</strong> skeptische Hypothese falsch ist.<br />

● Wäre <strong>die</strong> skeptische Hypothese war, dann wäre es auch überzeugend, dass <strong>die</strong><br />

skeptische Hypothese war ist.<br />

Dabei ist <strong>die</strong> 3. Be<strong>die</strong>nung nicht erfüllt. “Wäre ich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em skeptischen Szenario, wäre ich<br />

überzeugt, dass ich mich dar<strong>in</strong> bef<strong>in</strong>den würde.” Doch gerade <strong>die</strong>s ist nicht der Fall, da ich<br />

ja e<strong>in</strong> Gehirn im Tank se<strong>in</strong> könnte und somit getäuscht werde. Somit weiß ich nicht, dass ich


getäuscht werde, ich weiß also nicht ob ich e<strong>in</strong> Gehirn im Tank se<strong>in</strong> kann.<br />

Der Skeptiker hat also recht, dass wir nie ausschließen können, ob wir nicht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

skeptischen Szenario gefangen s<strong>in</strong>d.<br />

→ Wenn wir also <strong>die</strong>s nicht ausschließen können, können wir auch nicht mit Recht<br />

behaupten, dass wir das, was wir gewöhnlicher Weise als Wissen bezeichnen, nicht wirklich<br />

wissen können. “Bsp.: Ich kann nicht wissen, dass hier e<strong>in</strong>e Hand ist” (Zentrale These des<br />

Skeptizismus)<br />

Gegen <strong>die</strong>se These wendet sich jedoch Nozick:<br />

Der kontrafaktuale Konditionalsatz redet nur über mögliche Welten, <strong>die</strong> der realen Welt ziemlich<br />

nahe kommen. Doch <strong>die</strong> Skeptiker würden mögliche Welten bezeichnen, <strong>die</strong> ziemlich weit von<br />

der Wirklichkeit entfernt seien, da sie zu unreal und unplausibel seien. → unplausible mögliche<br />

Welten s<strong>in</strong>d irrelevant.<br />

Das Pr<strong>in</strong>zip der Geschlossenheit:<br />

Wenn ich etwas weiß, dann weiß ich auch, was aus dem was ich weiß logisch Folgern kann,<br />

solange ich mir nur <strong>die</strong> Mühe mache, darüber nachzudenken. Das Pr<strong>in</strong>zip der Geschlossenheit<br />

ist sowohl für <strong>die</strong> antiskeptische, als auch für <strong>die</strong> skeptische Haltung gültig.<br />

Moore (antiskeptisch): “Ich weiß, dass hier e<strong>in</strong>e Hand ist” → “daraus folgt logisch, dass <strong>die</strong><br />

Hand real ist und ich somit nicht e<strong>in</strong> Gehirn im Tank b<strong>in</strong>.”<br />

Skeptiker: “Ich weiß nicht ob ich e<strong>in</strong> Gehirn im Tank b<strong>in</strong> oder nicht” → “deswegen kann ich auch<br />

nicht bei gewöhnlichen D<strong>in</strong>gen von Wissen sprechen”<br />

Wenn wir das Pr<strong>in</strong>zip der Geschlossenheit widerlegen oder e<strong>in</strong>schränken könnten, könnten wir<br />

den Skeptiker blockieren. Fred Dretske und Notzki beschäftigte sich damit.<br />

Gedankenbeispiel: Im Zoogehege sieht e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>es K<strong>in</strong>d Zebras und sagt: ”Da s<strong>in</strong>d Zebras.”<br />

Danach sagt sie das Selbe beim Löwengehege. Dretske sagt, dass <strong>in</strong> <strong>die</strong>sem Fall das Pr<strong>in</strong>zip<br />

der Geschlossenheit zutrifft und sie nicht weiß was Zebras s<strong>in</strong>d.<br />

Würde sie bei weiß-schwarz angemalten Eseln sagen: “Das s<strong>in</strong>d Zebras.” Weiß sie dann, was<br />

Zebras s<strong>in</strong>d? Gemäß dem Pr<strong>in</strong>zip der Geschlossenheit, weiß sie eigentlich auch hier nicht,<br />

dass es Zebras s<strong>in</strong>d. In <strong>die</strong>sem Kontrastfall gilt das Pr<strong>in</strong>zip der Geschlossenheit nicht. Damit<br />

das K<strong>in</strong>d weiß, dass es Zebras s<strong>in</strong>d, muss es <strong>die</strong> situativ relevante Alternative (Bären,Löwen<br />

etc.) ausschließen können. Sie muss also das Zebra vom Löwen unterscheiden können. Im<br />

normalen Fall im Zoo spielt es ke<strong>in</strong>e Rolle ob es Zebras oder angemalte Esel s<strong>in</strong>d, außer wir<br />

wären Zoologen. Als normale Zoobenutzer ist <strong>die</strong>se Frage jedoch nicht unbed<strong>in</strong>gt naheliegend.<br />

Deswegen sprechen wir beim 2. Fall von Wissen.<br />

Auch beim Skeptizismus “Ich weiß, dass ich hier stehe.” ist es notwendig relevante Alternativen<br />

ausschließen können (Bsp.: Kaffeehausbesuch). Genau wie das K<strong>in</strong>d nicht <strong>die</strong> angemalten Esel<br />

von den Zebras unterscheiden kann, genauso wenig muss ich unterscheiden können, ob ich<br />

mich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em skeptischen Szenario bef<strong>in</strong>de oder nicht. Denn <strong>die</strong> skeptischen Ansichten spielen<br />

<strong>in</strong> unserer Wissenszuschreibung im Alltag ke<strong>in</strong>e Rolle, da es ke<strong>in</strong>e relevanten Alternativen zur<br />

realen Welt darstellen.


E<strong>in</strong>wände gegen Nozick und Dretske:<br />

Das Pr<strong>in</strong>zip der Geschlossenheit ist so essentiell <strong>in</strong> unserem Denken verankert, dass wir es<br />

nicht aufgeben sollten.<br />

Der ganze E<strong>in</strong>wand von Nozick ist nur <strong>die</strong> Behauptung, dass <strong>die</strong> skeptischen Welten so weit<br />

weg s<strong>in</strong>d (Wie messen wir <strong>die</strong> Entfernung?). Wenn wir das schon vorraussetzen (es stützt sich<br />

nicht auf e<strong>in</strong>e Begründung), s<strong>in</strong>d bereits <strong>die</strong> Argumente der Skeptiker entkräftigt. → wir müssen<br />

nur uns selbst überzeugen, <strong>die</strong> wir nicht Skeptiker s<strong>in</strong>d. Somit ist der zentrale Punkt von Notzik<br />

ziemlich problematisch.<br />

Man erfand auch verschiedene Beispiele (Alan Goldman) <strong>in</strong> denen zwar Nozicks<br />

Wissensdef<strong>in</strong>ition zutrifft, wobei es sich aber offensichtlich nicht um Wissen handelt oder<br />

umgekehrt:<br />

Wir haben e<strong>in</strong> Thermometer, das zwischen 0°C und 60°C gut funktioniert. Ohne dass ich es<br />

weiß, s<strong>in</strong>d aber alle Temperaturen unter 0°C immer 0°C. Nun zeigt das Thermometer 40°C<br />

an → ich folgere daraus, dass es tatsächlich 40°C s<strong>in</strong>d. Ich weiß also, dass es nicht -30°C<br />

s<strong>in</strong>d. Aber nach Nozick kann ich nicht wissen, dass es nicht -30°C s<strong>in</strong>d. Denn wären es -30°C<br />

würde ich aufgrund der Fehlfunktion des Thermometers eben nicht wissen, dass es -30°C s<strong>in</strong>d<br />

(Kontrafaktualsatz nach Nozick). H<strong>in</strong>gegen spricht man im Alltag <strong>in</strong> <strong>die</strong>sem Fall durchaus von<br />

Wissen (nämlich dass es nicht -30°C hat).<br />

5. Vorlesung: Fundamentalismus<br />

Zur Architektur der Rechtfertigung:<br />

Wie bereits e<strong>in</strong>gangs festgestellt, beschäftigt sich <strong>die</strong> <strong>Erkenntnistheorie</strong> <strong>in</strong>nerhalb der Triade<br />

von Wahrheit - Überzeugung - Rechtfertigung, <strong>die</strong> zum klassischen Wissensbegirff gehören, mit<br />

der Rechtfertigung. Die <strong>Erkenntnistheorie</strong> versucht deshalb, e<strong>in</strong>e epistemisch - auf Wahrheit<br />

bezogene - Def<strong>in</strong>ition empirischer Rechtfertigungen zu geben (<strong>die</strong>s kl<strong>in</strong>gt eigentlich wie e<strong>in</strong><br />

zirkuläres Vorgehen, das <strong>die</strong> Rechtfertigung selbst rechtfertigen möchte, Anm.GL)<br />

E<strong>in</strong> möglicher Ansatz ist der Fundamentalismus. Bevor wir uns <strong>die</strong>sem zuwenden zunächst<br />

e<strong>in</strong>ige handwerkliche Unterscheidungen:<br />

Type und Token: Typ und Vorkommnis: E<strong>in</strong> Typ ist kann so und so viele Vorkommnisse haben,<br />

der Typ ist <strong>die</strong> abstrakte Form zB e<strong>in</strong>er Aussage, das Vorkommnis <strong>die</strong> konkrete Realisierung<br />

e<strong>in</strong>es bestimmten Typs <strong>in</strong> Zeit und Raum.<br />

Disposition: hat Auslöser und Manifestation und beschreibt <strong>die</strong> Möglichkeiten e<strong>in</strong>es Objektes<br />

unter bestimmten Umständen. ZB hat Zucker <strong>die</strong> Disposition, wasserlöslich zu se<strong>in</strong>. Der<br />

Auslöser - Zucker wird nass - resultiert <strong>in</strong> der Manifestation - Zucker löst sich - der Disposition<br />

des Zuckers, wasserlöslich zu se<strong>in</strong>.<br />

Indexikalischer Ausdruck: wechselt je nach Gebrauchssituation (ZB Ich ist unterschiedlich <strong>in</strong> der<br />

Bedeutung, e<strong>in</strong>mal me<strong>in</strong>e ich mich mit ich, e<strong>in</strong>mal du dich...)<br />

Charakter vs. Inhalt lex. Ausdrücke: der Charakter ist se<strong>in</strong>e l<strong>in</strong>guistische Bedeutung, der Inhalt<br />

wechselt je nach Benutzer und Umstand.<br />

Analytischer und synthetischer Satz: analytischer Satz muss nur <strong>die</strong> Bedeutung der Wörter als<br />

bekannt voraussetzen, um wahr zu se<strong>in</strong>, während synthetische Sätze Weltwissen bedürfen. Der


analytische Satz ist schon als wahr zu erkennen, wenn man nur <strong>die</strong> Regeln des Satzes kennt.<br />

Regel folgen vs. Regel gemäß handeln: Regelfolgen ist e<strong>in</strong> <strong>in</strong>tentionaler Zustand, man weiß,<br />

dass man e<strong>in</strong>er Regel gemäß handelt und befolgt <strong>die</strong>se so. E<strong>in</strong>er Regel gemäß handeln kann<br />

ich auch zufälligerweise, ohne von der Regel zu wissen.<br />

Der Fundamentalist unterscheidet Basis- von anderen Überzeugungen. Basisüberzeugungen<br />

s<strong>in</strong>d Überzeugungen, <strong>die</strong> der s<strong>in</strong>nlichen Wahrnehmung am nächsten liegen. An der s<strong>in</strong>nlichen<br />

Erfahrung, dass ich gerade me<strong>in</strong>en Laptop sehe, lässt sich nicht rütteln - auch nicht skeptisch,<br />

nur <strong>die</strong> Existenz des Laptops ist zweifelhaft, nicht aber, se<strong>in</strong> Mir-Ersche<strong>in</strong>en. Deshalb ergibt<br />

sich folgendes Kausalbild: <strong>die</strong> “Außenwelt” verursacht s<strong>in</strong>nliches Ersche<strong>in</strong>en, <strong>die</strong>ses wiederum<br />

Basisüberzeugungen, <strong>die</strong>se wiederum weitere Überzeugungen. S<strong>in</strong>nliche Erfahrung rechtfertigt<br />

Basisüberzeugungen, <strong>die</strong>se wiederum weitere Überzeugungen. Die Außenwelt rechtfertigt aber<br />

nicht <strong>die</strong> s<strong>in</strong>nliche Erfahrung, weil <strong>die</strong> Außenwelt nicht erkannt wird, sondern lediglich ihr Mir-<br />

Ersche<strong>in</strong>en. Die Außenwelt verursacht, rechtfertigt aber nicht, <strong>die</strong> s<strong>in</strong>nliche Ersche<strong>in</strong>ung. So<br />

bleibt <strong>die</strong> Rede von der Außenwelt im Dunkeln - sie ist e<strong>in</strong>fach “das Gegeben” und könnte auch<br />

e<strong>in</strong>fach von e<strong>in</strong>em Computerprogramm geschaffen se<strong>in</strong>. Was Außenwelt <strong>in</strong> <strong>die</strong>sem Kontext<br />

heißt, ist also nicht zu beantworten und steht auch gar nicht zur Debatte.<br />

Dagegen gibt es für den Kohärenzisten ke<strong>in</strong>e Basisüberzeugungen. E<strong>in</strong>e Überzeugungen ist<br />

demnach gerechtfertigt, wenn sie mit anderen Überzeugungen harmoniert: “Only a believe<br />

can justify a believe” (Davidson). Während bei Kohärenztheoretikern e<strong>in</strong>e Überzeugung somit<br />

überhaupt nur <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>em Netz von anderen Überzeugungen denkbar ist, bedarf der<br />

Fundamentlist lediglich e<strong>in</strong>em S<strong>in</strong>nese<strong>in</strong>druck.<br />

Roderick Chisholm:<br />

Geht davon aus, dass es etwas “Gegebenes” gibt, von dem unsere Empf<strong>in</strong>dungen ausgehen.<br />

Alles empirische Wissen hat demnach e<strong>in</strong>e Struktur, das von e<strong>in</strong>er Basis aufgeht und<br />

auf <strong>die</strong>se Basis rückführbar ist. Diese Basis s<strong>in</strong>d der S<strong>in</strong>nese<strong>in</strong>druck. Das Begreifen von<br />

S<strong>in</strong>nese<strong>in</strong>drücken - von s<strong>in</strong>nlichen Qualitäten - ist <strong>die</strong> Struktur des Wissens.<br />

Warum brauchen wir e<strong>in</strong>e solche Basis? E<strong>in</strong>e Rechtfertigung ist immer e<strong>in</strong>e<br />

Rechtfertigungskette, <strong>in</strong>nerhalb der etwas auf etwas anderes zurückgeführt wird usw.<br />

Kommt <strong>die</strong>se Kette nicht irgendwo zu e<strong>in</strong>em Ende, können wir auch nicht wirklich von e<strong>in</strong>er<br />

Rechtfertigung sprechen. Deshalb muss es - so <strong>die</strong> Fundamentalisten - irgendwo <strong>in</strong> <strong>die</strong>ser<br />

Kette e<strong>in</strong>en Punkt bzw. e<strong>in</strong>e Überzeugung geben, <strong>die</strong> selbst ke<strong>in</strong>e Rechtfertigung mehr braucht<br />

bzw. <strong>die</strong> durch sich selbst gerechtfertigt wird. Diese Überzeugung steht dann jenseits von<br />

gerechtfertigt und ungerechtfertigt als Endpunkt der Kette.<br />

Somit ist jede Äußerung (i) zum Teil durch Überzeugungen gerechtfertigt, <strong>die</strong> selbst nicht mehr<br />

gerechtfertigt werden können, und (ii) Solche Basisüberzeugungen rechtfertigen sich selbst.<br />

Bezüglich dem Prozeß der Rechtfertigung gibt es eigentlich nur 3 Alternativen zum<br />

Fundamentalismus:<br />

1. Die Frage selbst ist problematisch und kann nicht ausreichend geklärt werden. Sie stiftet nur<br />

Verwirrung und ist letztendlich s<strong>in</strong>nlos (Wittgenste<strong>in</strong>eanische Position)<br />

2. Der Prozeß der Rechtfertigung muss endlos fortschreiten, hat ke<strong>in</strong>en Anfangs- oder


Endpunkt.<br />

3. Der Prozeß ist letztlich zirkulär, d.h.irgendwann rechtfertigt e<strong>in</strong>e Überzeugung X e<strong>in</strong>e andere<br />

Überzeugung Y, <strong>die</strong> wiederum e<strong>in</strong>e Überzeugung Z rechtfertigt, <strong>die</strong> schließlich wieder X<br />

rechtfertigt.<br />

Schließlich bleibt also 4. der Fundamentalismus, der davon ausgeht dass <strong>die</strong>ser Prozeß<br />

irgendwann e<strong>in</strong> Ende nimmt. Dieses Ende nimmt er a)dadurch, dass e<strong>in</strong>e Aussage n<br />

gerechtfertigt wird durch etwas, das selbst ke<strong>in</strong>e Aussage ist (zB empirische Daten), b) n ohne<br />

Rechtfertigung als Basis zu stehen kommt, c) n sich selber rechtfertigt oder d) n jenseits der<br />

Rechtfertigung steht.<br />

Das Vorgehen Chisholms besteht im wesentlichen dar<strong>in</strong>, nicht se<strong>in</strong>en Fundamentalismus zu<br />

verifizieren, sondern <strong>die</strong> 3 Alternativen zu widerlegen:<br />

Ad 1.) Solche Fragen s<strong>in</strong>d nicht s<strong>in</strong>nlos, sie helfen uns vielmehr, über unsere Wissenskriterien<br />

und damit über uns selbst als menschliche Wesen zu erfahren.<br />

Ad 2.) Wenn der Vorgand endlos weitergeht, müssen wir ihn irgendwann e<strong>in</strong>fach bl<strong>in</strong>d<br />

abbrechen (Reichenbach); dann können wir aber nicht oder nur unbefriedigend von Wissen<br />

sprechen.<br />

Ad 3.) E<strong>in</strong>e solche Argumentation macht nur S<strong>in</strong>n <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>er Kohärenztheoretischen<br />

Wahrheitssicht. Wenn aber Wissen nicht durch andere Überzeugungen, sondern durch<br />

Basisüberzeugungen und damit eigentlich S<strong>in</strong>nesdaten gerechtfertigt wird, ergibt das<br />

Zirkelargument ke<strong>in</strong>en S<strong>in</strong>n.<br />

Wahrheit lässt sich nicht Kohärenztheoretisch fassen, weil wir zB kohärente Romane kennen,<br />

<strong>die</strong> doch nichts mit der Wahrheit zu tun haben (Science Fiction).<br />

Also: Das Zirkelargument macht ke<strong>in</strong>en S<strong>in</strong>n.<br />

Wenn wir nun <strong>die</strong> 4 Möglichkeiten a-d von oben wieder aufgreifen, und ernst nehmen, dass nur<br />

noch <strong>die</strong> fundamentalistische Sicht übrigbleibt, ergibt sich nach Chisholm folgendes: a) E<strong>in</strong>e<br />

Aussage ist durch etwas anderes gerechtfertigt, zB Beobachtung. Dies ergibt ke<strong>in</strong>en S<strong>in</strong>n, weil<br />

<strong>die</strong> Beobachtung selbst immer noch h<strong>in</strong>terfragt werden könnte usw. - wir kommen zu ke<strong>in</strong>er<br />

Basis. b) Etwas ist ohne Rechtfertigung - fällt <strong>in</strong> E<strong>in</strong>s mit c) n rechtfertigt sich selbst, weil beides<br />

<strong>in</strong> jedem Fall e<strong>in</strong>en Anfangswert darstellt. Ob etwas ohne Rechtfertigung am Anfang unserer<br />

Rechtfertigungskette steht, oder aber sich selbst rechtfertigt (Was heißt denn das Sich-selbstrechtfertigen<br />

mehr, als ke<strong>in</strong>er Rechtfertigung zu bedürfen?) ist letztlich dasselbe und egal,<br />

weshalb Chisholm zu se<strong>in</strong>em Schluss kommt, dass als Basis etwas jenseits von gerechtfertigt<br />

und ungerechtfertigt steht - eben das Gegebene. (Vgl. Ducasse: Das Auftreten der<br />

Überzeugung ist ihr eigenes Beweismaterial). Basisüberzeugungen s<strong>in</strong>d damit so nah an<br />

unseren s<strong>in</strong>nlichen Erfahrungen, dass sich hier ke<strong>in</strong> Fehler bzgl. dem Haben der Erfahrung<br />

e<strong>in</strong>schleichen kann. Damit gelangen wir zu e<strong>in</strong>em Endpunkt, der e<strong>in</strong>e Überzeugung hstl. der<br />

Außenwelt generiert: <strong>die</strong>ser ist <strong>in</strong>duktiv (dh vom S<strong>in</strong>nese<strong>in</strong>druck, der mich täuschen kann auf<br />

<strong>die</strong> Außenwelt verallgeme<strong>in</strong>ert), dadurch riskant und <strong>in</strong>direkt (eben vermittelt über <strong>die</strong> S<strong>in</strong>ne<br />

bzw. <strong>die</strong> daraus sich ergebende Basisüberzeugung). Dies muss nach Chisholm term<strong>in</strong>ologisch<br />

so gefasst werden, dass <strong>die</strong> Aussagestruktur gebrochen wird, weil sie auf e<strong>in</strong>e Entität <strong>in</strong> der<br />

Außenwelt schließen lässt, obwohl <strong>die</strong>s nicht zulässig ist: Nomen müssen <strong>in</strong> Adverbien


gewandelt werden: mir wird autolich erschienen. So wird vermieden, auf e<strong>in</strong> seiendes<br />

D<strong>in</strong>g “Auto” <strong>in</strong> der Außenwelt zu schließen und stattdessen auf den Akt des Ersche<strong>in</strong>ens<br />

verwiesen. Damit können wir <strong>die</strong> Frage nach der Außenwelt umgehen.<br />

Willfried Sellars: Fragt, woher <strong>die</strong> Chisholmschen Basissätze ihre Autorität herbekommen.<br />

Kandidaten s<strong>in</strong>d Beobachtungssätze und analytische Sätze.<br />

Beobachtungssätze generieren ihre Autorität durch ihr <strong>in</strong>dexikalisches Bezugsmoment (“Dies ist<br />

rot”). Somit wird <strong>die</strong> Aussage an e<strong>in</strong>e spezifische, überprüfbare Situation gebunden.<br />

Analytische Sätze begründen ihre Autorität dar<strong>in</strong>, dass alle Vorkommnisse e<strong>in</strong>es bestimmten<br />

Typs der Aussage immer wahr s<strong>in</strong>d. Die Glaubwürdigkeit gründet <strong>in</strong> der Art des Types<br />

von Satz, z.B. mathematische Sätze s<strong>in</strong>d, sofern sie korrekt s<strong>in</strong>d, immer glaubwürdig. Bei<br />

Beobachtungssätzen geht es um <strong>die</strong> Umstände, nicht um den typischen Charakter des Satzes.<br />

Analytische Sätze s<strong>in</strong>d wahr, wenn <strong>die</strong> Regeln korrekt befolgt werden und sie s<strong>in</strong>d wahr für den,<br />

der <strong>die</strong> Regeln kennt. 2+2=4 ist wahr, wenn ich <strong>die</strong> Additionsregel kenne. Fundamentalisten<br />

wollen nun nach Sellars auch Beobachtungssätzen e<strong>in</strong>e solche Regelhaftigkeit zuschreiben.<br />

Wer e<strong>in</strong>e s<strong>in</strong>nliche Erfahrung hat und anschließend <strong>die</strong> Wörter korrekt verwendet - den Regeln<br />

entsprechend - der artikuliert e<strong>in</strong>e wahre gerechtfertigte Überzeugung und hat damit Wissen.<br />

Wer also den Regeln der Sprache gehorcht, br<strong>in</strong>gt Wahre Sätze zustande.<br />

ABER: nach Sellars ist <strong>die</strong>s nur <strong>die</strong> Manifestation e<strong>in</strong>er Disposition, denn wenn jemand etwas<br />

richtigerweise als grün erkennt, muss er im vorh<strong>in</strong>e<strong>in</strong> schon wissen, dass <strong>die</strong>se Farbe als grün<br />

benannt wird. Er ist also schon dispositioniert dazu, etwas als grün zu nennen, wenn es grün<br />

aussieht, und sieht er etwas grünes, so manifestiert sich bloß <strong>die</strong>se Disposition .Darüber h<strong>in</strong>aus<br />

kann Wissen nur im Bezug zu anderen funktionieren, <strong>die</strong> me<strong>in</strong> Wissen als korrekt akzeptieren.<br />

Schließlich muss ich, um von Wissen zu sprechen, auch selber wissen, dass ich etwas weiß,<br />

also quasi <strong>die</strong> Regel kennen und nicht nur gemäß der Regel handeln. Ich muss also wirklich<br />

wissen, dass etwas grün ist, wenn ich sage, ich weiß es ist grün. Ich könnte auch nur der Regel<br />

gemäß sagen, dass etwas grün ist, obwohl ich <strong>die</strong> Farbe grün noch nie gesehen habe und nur<br />

mache, was ich <strong>in</strong> <strong>die</strong>ser Situation immer mache.<br />

6. Vorlesung: Kohärentismus<br />

Wilfried Sellars Verhältnis zum Fundamentalismus:<br />

Kohärenztheoretiker rechtfertigen ihre Ansichten, <strong>in</strong>dem sie darauf h<strong>in</strong>weisen, dass der<br />

Fundamentalismus nicht befriedigend sei. Nur e<strong>in</strong>e Überzeugung kann e<strong>in</strong>e andere<br />

Überzeugung rechtfertigen, nicht <strong>die</strong> S<strong>in</strong>neserfahrungen können Überzeugungen rechtfertigen.<br />

Somit gibt es im Gegensatz zu den Fundamentalisten ke<strong>in</strong>e Basisüberzeugungen. Weiters<br />

kommt mit der Basisüberzeugung e<strong>in</strong> term<strong>in</strong>ologisches Problem mit sich, da sie nur auf<br />

s<strong>in</strong>nliche Erfahrungen gestützt ist und nicht tatsächlich Aussagen über <strong>die</strong> Außenwelt tätigt.<br />

Basisüberzeugungen s<strong>in</strong>d letztenendes Anfangspunkte <strong>die</strong> nicht gerechtfertigt, oder nur<br />

s<strong>in</strong>nlich gerechtfertigt s<strong>in</strong>d. Dies kritisiert unter anderem Wilfried Sellars. Unter welchen<br />

Umständen ist e<strong>in</strong> Beobachtungswissen beispielsweise “Das ist grün.” gerechtfertigt. Und<br />

unter welchen Disposition des Wissenden unter Standardbe<strong>die</strong>nungen kann man sagen,<br />

dass etwas grün ist. Sellars führt dabei epistemische Rechtfertigungen an, <strong>die</strong> notwendig


seien: Das Beobachtungswissen muss mitteilbar se<strong>in</strong>, um auch <strong>in</strong> Bezug auf anderen e<strong>in</strong>e<br />

epistemische Autorität besitzt. Weiters besitzt man erst Beobachtungswissen, wenn man auf<br />

sich selbst e<strong>in</strong>e Außenperspektive erlangt und es von Distanz aus betrachten kann. Wenn<br />

ich etwas als “Grün” bezeichne, muss ich als wahrnehmende Person somit Distanz zu mir<br />

selbst gew<strong>in</strong>nen und mir <strong>die</strong> Frage stellen, ob <strong>die</strong>s tatsächlich zutrifft oder ob es nicht bloß<br />

<strong>in</strong> me<strong>in</strong>en Neigungen aufgrund der S<strong>in</strong>ne liegt. Sellars ist der Me<strong>in</strong>ung, dass selbst für <strong>die</strong><br />

Basisüberzeugungen weitere Rechtfertigungen notwendig s<strong>in</strong>d, somit muss ich auch von<br />

me<strong>in</strong>er Rechtfertigungsfähigkeit überzeugt se<strong>in</strong> (“etwas als Grün zu bezeichnen.”). Jeder<br />

Anfangspunkt benötigt also selbst Überzeugungen.<br />

Der Fundamentalist könnte darauf antworten, dass wir nie wissen können, wo wir mit Wissen<br />

anfangen können. Wie kann man also <strong>die</strong>se zirkulären Beziehungen der Überzeugungen<br />

auf anderes Wissen h<strong>in</strong> durchbrechen. (Bsp.: Wenn ich e<strong>in</strong>e Überzeugung von etwas habe,<br />

muss ich selbst gleichzeitig von me<strong>in</strong>er Verlässlichkeit überzeugt se<strong>in</strong>.) Die Theorie von<br />

Sellars sche<strong>in</strong>t uns auf <strong>die</strong>se Anfangspunkte ke<strong>in</strong>e Antwort geben zu können. Sellars ist der<br />

Auffassung, dass wir E<strong>in</strong>zelfälle zunächst spontan wie e<strong>in</strong> Tier auf Reaktionen h<strong>in</strong>sichtlich der<br />

Umwelt reagieren. Irgendwann kann jedoch der Mensch mit se<strong>in</strong>er Kognitionsfähigkeit solche<br />

spontanen Urteile überprüfen <strong>in</strong>dem er <strong>in</strong> Distanz zu sich selbst tritt. Damit kann er feststellen,<br />

ob es sich bei gewissen E<strong>in</strong>zelfällen dann konkret um Wissen oder nicht handelt.<br />

Se<strong>in</strong>e zweite Kritik wendet sich gegen Roderick Chisholm, der <strong>die</strong> Me<strong>in</strong>ung vertritt, dass<br />

wir <strong>die</strong>se Endlose Kette von Überzeugungen nicht durchschauen können und sie somit<br />

irgendwann abbrechen müssen. Die Fundamentalismus argumentieren, dass irgendwann mit<br />

der Rechtfertigung Schluss se<strong>in</strong> muss. Die Überzeugung ist also gerechtfertigt, da es eben<br />

tatsächlich so ist (Bsp.: “Die Tafel ist grün.”). Doch wie ist <strong>die</strong>se Tatsache zu begründen,<br />

dass e<strong>in</strong> A e<strong>in</strong> F ist. Doch wie kann davon ausgehen, dass <strong>die</strong> Prämissen <strong>die</strong>ses Schlusses<br />

überzeugend s<strong>in</strong>d? Darauf antwortet der Fundamentalist, dass es gewisse Prämissen gibt, <strong>die</strong><br />

selbst ke<strong>in</strong>e Überzeugungen und rechtfertigungsbedürftig s<strong>in</strong>d, sondern um direktes Erfassen<br />

von Tatsachen, <strong>die</strong> tiefer als bloße Überzeugungen direkt an unsere S<strong>in</strong>neserfahrungen<br />

gebunden s<strong>in</strong>d. Sellars widerspricht dem und geht davon aus, dass auch e<strong>in</strong> solches direktes<br />

Erfassen von Tatsachen selbst Fehler aufweisen kann. Beispielsweise könnte man etwas nur<br />

sche<strong>in</strong>bar erfassen, somit müsste man selbst Richtl<strong>in</strong>ien des Erfassens angeben können, was<br />

problematisch ist.<br />

BonJours Kritik am Fundamentalismus:<br />

● a priori: E<strong>in</strong>e Überzeugung oder Proposition kann unabhängig von empirischen<br />

Erfahrungen gewusst werden<br />

● a posteriori: Erfahrungsbasierend<br />

Die 3. Be<strong>die</strong>nung der klassischen Wissensdef<strong>in</strong>ition (“Die Überzeugung muss gerechtfertigt<br />

se<strong>in</strong>.”) führt uns zu weiteren Unterscheidungen zwischen Externalismus und Internalismus:<br />

Internalismus: Damit e<strong>in</strong>e Überzeugung gerechtfertigt ist, muss man es selbst durch se<strong>in</strong>e<br />

kognitiven Fähigkeiten nachvollziehen können und wissen, das <strong>die</strong> Überzeugung gerechtfertigt<br />

ist.<br />

Externalismus: Man muss nicht unbed<strong>in</strong>gt Wissen, dass e<strong>in</strong>e Überzeugung gerechtfertigt ist.


(Bsp.: E<strong>in</strong>e Rechtfertigung des Kle<strong>in</strong>k<strong>in</strong>des ist unzulänglich. Als Beobachter können jedoch <strong>die</strong><br />

Eltern urteilen, dass se<strong>in</strong>e Überzeugung durchaus gerechtfertigt ist.)<br />

Auch Nozicks Auffassung des Wissens lässt sich durchaus mit den Unterscheidungen des<br />

Externalismus (“Ich weiß, dass wenn das Spielzeug irgendwo anders wäre, der Sohn wisse,<br />

das das Spielzeug irgendwo anders ist.”) und Internalismus (“Me<strong>in</strong> Sohn weiß nur dann, wo<br />

das Spielzeug ist, wenn das Spielzeug nicht da wäre und er trotzdem glauben würde dass das<br />

Spielzeug nicht wo anders ist.)<br />

BonJour gilt als detailliertester Verteidiger der Kohärenztheorie. Er argumentiert ähnlich<br />

wie Sellars gegen den Fundamentalismus. Auch für ihn setzen Basisüberzeugung bereits<br />

andere Überzeugungen vorraus. Man muss also immer e<strong>in</strong>en Grund haben, um solche<br />

Basisüberzeugungen vernünftig und gerechtfertig annehmen zu können. Man kann also<br />

etwas vernünftig als wahr Annehmen, wenn man e<strong>in</strong>er Basisüberzeugung e<strong>in</strong>e Bestimmte<br />

Eigenschaft “E” zusprechen kann. Weisen Basisüberzeugung grundsätzlich e<strong>in</strong>e solche Struktur<br />

auf, kann man mit hoher Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit davon ausgehen, dass e<strong>in</strong>e Überzeugung war ist.<br />

Der Fundamentalist könnte sich hierbei auf e<strong>in</strong>e externalistische Auffassung stützen:<br />

Er gibt ihm Recht, dass es e<strong>in</strong>e verlässliche Eigenschaft für zu rechtfertigende<br />

Basisüberzeugungen geben soll, jedoch dass wir nicht unbed<strong>in</strong>gt über den Grund etwas wissen<br />

müssen. Es gibt e<strong>in</strong>en naturgesetzlichen Zusammenhang, das zum Beispiel etwas grün ist. Es<br />

herrscht e<strong>in</strong> naturgesetzlicher Zusammenhang zwischen den Basisüberzeugungen und den<br />

naturgesetzlichen Tatsachen <strong>in</strong> der Welt, dessen Grund wir nicht unbed<strong>in</strong>gt wissen müssen.<br />

BonJour plä<strong>die</strong>rt darauf, dass der reflektierende Mensch se<strong>in</strong>e Rechtfertigungen immer kennen<br />

muss. (Internalistischer Zugang [nicht unbed<strong>in</strong>g gutes Gegenargument])<br />

Das direkte Erfassen zwischen e<strong>in</strong>em Sachverhalt und e<strong>in</strong>er Basisüberzeugung, müsste selbst<br />

wieder begründet werden, ansonsten müsste man wieder auf <strong>die</strong> externalistische Auffassung<br />

h<strong>in</strong>weisen, wo <strong>die</strong>ses direkte Erfassen unbegründet bleiben könne.<br />

Die Kohärenztheorie nach BonJour:<br />

Das e<strong>in</strong>zige, was e<strong>in</strong>e empirische Überzeugung rechtfertigen kann, ist e<strong>in</strong>e andere empirische<br />

Überzeugung, wobei letztendlich <strong>die</strong> Rechtfertigung jeder E<strong>in</strong>zelüberzeugung im System<br />

unserer Gesamtüberzeugungen zu suchen ist.<br />

Die Kohärenztheorie der Wahrheit bewertet etwas als wahr, wenn e<strong>in</strong>e Überzeugung<br />

mit anderen Überzeugungen kohärent zusammenhängt (BonJour hält selbst an e<strong>in</strong>em<br />

Korrespondenztheorie der Wahrheit fest). Hierbei geht es aber um e<strong>in</strong>e Kohärenztheorie der<br />

epistemischen Rechtfertigung, <strong>die</strong> mit anderen Überzeugungen kohärieren muss.<br />

Der Vorwurf gegen <strong>die</strong> Kohärenztheori, ist, dass wir uns <strong>in</strong>nerhalb des System auf zirkuläre<br />

Rechtfertigungen stützen. BonJour beschließt, dass man weggehen muss von der Auffassung,<br />

dass Rechtfertigungen e<strong>in</strong> l<strong>in</strong>eares Verständnis zwischen Überzeugungen darstellen.<br />

Das System als ganzes ist gerechtfertigt, wenn <strong>die</strong> Überzeugungen <strong>in</strong>nerhalb des Systems<br />

kohärieren. E<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>zelne Überzeugung ist gerechtfertigt, wenn sie sich von anderen<br />

Überzeugungen ableiten lässt. Rechtfertigen ist im Alltag immer etwas kontextuales, man


fordert also niemals unendliche Rechtfertigungsschritte. Von daher sei das Zirkelargument<br />

nicht gerechtfertigt. Die wichtigste Frage ist auch nicht auf <strong>die</strong> E<strong>in</strong>zelüberzeugungen bezogen,<br />

sondern vielmehr auf das Gesamtsystem (Globale Rechtfertigung).<br />

● Globale Rechtfertigung: Die Gesamtheit unserer Überzeugungen e<strong>in</strong>es epistemischen<br />

Systems.<br />

● Lokale Rechtfertigung: E<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>zelüberzeugung, <strong>die</strong> sich aus dem gesamten System<br />

ableiten lässt.<br />

Der Begriff der Kohärenz wird bei BonJour wie folgt erklärt:<br />

● Kohärenz ist weit mehr als Widerspruchsfreiheit: Überzeugungen dürfen sich nicht<br />

widersprechen. (logische Konsistenz) Es soll ke<strong>in</strong>e probabilistische Inkonsistenz geben.<br />

(Bsp.: Es gilt P, aber P sei unwahrsche<strong>in</strong>lich → Mangel an Konsistenz)<br />

● Gegenseitige Ableitbarkeit: Durch Ableitungsbeziehungen erhöht sich <strong>die</strong> Kohärenz.<br />

(möglichst ke<strong>in</strong>e Subsysteme) Radikale Form: Durch jede E<strong>in</strong>zelüberzeugung muss das<br />

System abgeleitet werden können.<br />

● Erklärung: Die verschiedenen Teile müssen erklärbar se<strong>in</strong> und es darf ke<strong>in</strong>e<br />

unerklärbaren Anomalien geben.<br />

● Begrifflicher Wandel: Dadurch kann <strong>die</strong> Kohärenz oft gesteigert werden. (Bsp.: Durch<br />

das E<strong>in</strong>führen neuer Begriffe → neue Ableitungen)<br />

Doxastische Vorraussetzung:<br />

“Sich auf Überzeugungen beziehend.” Ausgangspunkt ist e<strong>in</strong> kohärentes System. Wodurch<br />

weiß man also <strong>in</strong>ternalistisch, ob e<strong>in</strong> System kohärent ist. (“Ich muss wissen, dass me<strong>in</strong>e<br />

Überzeugungen e<strong>in</strong> Teil des Systems s<strong>in</strong>d.”) Man muss also Zugang zum System von<br />

Überzeugungen besitzen (Überblick). (Metaüberzeugung: Ich muss Überzeugt se<strong>in</strong> über<br />

me<strong>in</strong>e Überzeugungen. Diese Metaüberzeugungen s<strong>in</strong>d selbst extern und dürfen nicht<br />

systemimmanent se<strong>in</strong>!) Dies nennt er <strong>die</strong> Doxastische Vorraussetzung des Kohärentismus.<br />

Normalerweise rechtfertigt man e<strong>in</strong>e Überzeugung dadurch, dass sie Teil e<strong>in</strong>es kohärenten<br />

Systems s<strong>in</strong>d. Diese <strong>in</strong>trospektiven Metaüberzeugungen s<strong>in</strong>d anderer Natur, da sie nicht Teil<br />

des kohärenten Systems se<strong>in</strong> können.<br />

Problematisch ist es, dass wir eigentlich gar ke<strong>in</strong>e Überzeugungen über das Systems als<br />

ganzes besitzen können (nicht Überblickbar). Die Metaüberzeugungen s<strong>in</strong>d bei BonJour<br />

selbst nicht gerechtfertigt, da sie über dem System “<strong>in</strong> der Luft hängen”. (Ähnlich wie <strong>die</strong><br />

Basisüberzeugungen der Fundamentalisten)<br />

E<strong>in</strong> E<strong>in</strong>wand gegen den Kohärentismus ist, dass man jede Überzeugung rechtfertigen<br />

kann. Solange man sich beliebige Überzeugungen <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>es kohärenten Systems<br />

zurechtbastelt, s<strong>in</strong>d sie gerechtfertigt. Epistemischer Voluntarismus: Die Formung von<br />

Überzeugungen s<strong>in</strong>d willentlich. Tatsächlich ist es jedoch <strong>in</strong> Realität nicht willentlich, sondern<br />

e<strong>in</strong>fach gegeben. Die Überzeugung: “Pferde können fliegen.” kann somit nur <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>es<br />

epistemischen Voluntarismus existieren, ist jedoch tatsächlich nicht überzeugend.<br />

Wir haben oft Recht anzunehmen, dass wir von etwas überzeugt s<strong>in</strong>d, auch wenn es uns re<strong>in</strong><br />

s<strong>in</strong>nlich nicht überzeugt. (Bsp.: Optische Täuschungen: “Wir s<strong>in</strong>d davon überzeugt, dass zwei


L<strong>in</strong>ien gleich lang s<strong>in</strong>d, auch wenn sie uns s<strong>in</strong>nlich als ungleich ersche<strong>in</strong>en.”)<br />

7. Vorlesung: Internalismus oder Externalismus?<br />

Begriffswerkzeuge:<br />

kategoriale Aussagen s<strong>in</strong>d nicht modal, sondern sagen, wie es sich mit dem Objekt verhält.<br />

Gegenwärtige und dispositionale Überzeugungen:<br />

Gegenwärtige Überzeugungen habe ich jetzt gerade bewusst. Andere Überzeugungen haben<br />

wir nur dispositional: <strong>in</strong> der Er<strong>in</strong>nerung abgespeichert, aber bedurfte e<strong>in</strong>en Auslöser, damit<br />

<strong>die</strong>se dispositionale Überzeugung zu e<strong>in</strong>er gegenwärtigen wird. Überzeugungen können<br />

dispositional se<strong>in</strong>, ohne jemals gegenwärtig gewesen zu se<strong>in</strong>. Quasi unbewusst gespeichert<br />

se<strong>in</strong>.<br />

Supervenienz: e<strong>in</strong>e bestimmte Abhängigkeit e<strong>in</strong>er Eigenschaftsart und e<strong>in</strong>er anderen.<br />

Beziehung zwischen ästhetischen und physischen z.B. - <strong>die</strong> ästhetischen hängen von den<br />

physischen ab, sie supervenieren (bauen darauf auf). Jede Veränderung der ästhetischen<br />

Eigenschaften br<strong>in</strong>gen e<strong>in</strong>e Änderung der Physischen mit sich. Umgekehrt bedeutet aber nicht<br />

jede physische Änderung e<strong>in</strong>e Änderung der Ästhetik.<br />

X Eigenschaften supervenieren auf Y Eigenschaften, gdw es unmöglich ist, dass zwei<br />

Situationen <strong>in</strong> ihren X Eigenschaften gleich s<strong>in</strong>d, <strong>in</strong> ihren Y Eigenschaften aber verschieden<br />

s<strong>in</strong>d.<br />

Lokale und globale Supervenienz: relevante Situation ist Individuum/ Welt.<br />

Intr<strong>in</strong>sische und extr<strong>in</strong>sische Eigenschaften: Intr<strong>in</strong>sisch – kontextunabhängig, e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>tr<strong>in</strong>sische<br />

Eigenschaft kommt e<strong>in</strong>em D<strong>in</strong>g aus sich selbst ohne Kontextbezug zu. Extr<strong>in</strong>sisch ist etwas,<br />

das mir abhängig von der Umwelt zukommt (Masse ist <strong>in</strong>tr<strong>in</strong>sisch, Gewicht ist extr<strong>in</strong>sisch)<br />

Internalismus und Externalismus <strong>in</strong> der Philosophie des Geistes:<br />

Internalismus ist <strong>die</strong> Position, <strong>die</strong> davon ausgeht, dass mentale Zustände e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>tr<strong>in</strong>sische<br />

Eigenschaft des Denkenden ist. Der Inhalt me<strong>in</strong>es Kopfes hängt nur von mir und me<strong>in</strong>em Kopf<br />

ab.<br />

Externalismus ist <strong>die</strong> Position, <strong>die</strong> davon ausgeht, dass mentale Zustände e<strong>in</strong>e extr<strong>in</strong>sische<br />

Eigenschaft des Denkenden ist. E<strong>in</strong> Geisteszustand kann nur erkannt werden, wenn ich <strong>die</strong><br />

Umwelt des Denkenden mite<strong>in</strong>beziehen.<br />

Internalismus und Externalismus <strong>in</strong> der <strong>Erkenntnistheorie</strong>:<br />

Der Internalismus geht davon aus, dass ich e<strong>in</strong>e Überzeugung rechtfertigen muss und wissen<br />

muss, dass ich <strong>die</strong> Überzeugung rechtfertige. Der Externalist nicht.<br />

E<strong>in</strong>leitung: KAW: S weiß, dassp=df. (i) Sist überzeugt, dass p; (ii) pist wahr; (iii) <strong>die</strong><br />

Überzeugung von S dass p ist gerechtfertigt; dabei gilt:(a) S muss wissen, dass (iii) erfüllt<br />

ist–Internalismus(b) S muss nichtwissen, dass (iii) erfüllt ist –Externalismus<br />

Zugriffs-These: Damit ich etwas weiß, muss ich Zugriff haben auf das, was me<strong>in</strong>e<br />

Überzeugung rechtfertigt. Internalismus bejaht <strong>die</strong>s, der Externalismus nicht.<br />

Mentalismus: Was immer me<strong>in</strong>e Überzeugung rechtfertigt, muss etwas se<strong>in</strong>, dass ich <strong>in</strong><br />

me<strong>in</strong>em Geist habe. Das Rechtfertigende muss etwas Mentales se<strong>in</strong>. Der Externalismus erlaubt<br />

auch andere Rechtfertigungen.<br />

Deontologische Konzeption: Wissen hat etwas mit Pflichterfüllen zu tun. Wie kann ich <strong>die</strong>


Pflicht, e<strong>in</strong>e gute Rechtfertigung zu haben, erfüllen, wenn ich <strong>die</strong> Rechtfertigung gar nicht<br />

brauche.<br />

Goldman: Sich rechtfertigen können, heißt se<strong>in</strong>e <strong>in</strong>tellektuelle Pflicht tun. Damit wir <strong>die</strong>se<br />

Pflicht tun können, müssen wir zugreifen können auf <strong>die</strong> Mittel, <strong>die</strong> uns rechtfertigen überhaupt<br />

möglich machen. Zugriff haben wir nur auf das, was mir als mentale Zustände haben.<br />

Pflichtkonzeption – Zugriffsthese – mentaler Zustand hängen damit untrennbar mite<strong>in</strong>ander.<br />

Vgl.: „Das fundamentale Problem der <strong>Erkenntnistheorie</strong> ist zu entscheiden, was wir glauben<br />

sollen.“ Die epistemische Pflicht wird zB dann erfüllt, wenn man sich am Beweismaterial<br />

orientiert. Dies ist also <strong>die</strong> grundlegende epistemische Pflicht.<br />

E<strong>in</strong> „Rechtfertiger“ ist e<strong>in</strong>e Überzeugung oder e<strong>in</strong> Beweismaterial, das e<strong>in</strong>e andere<br />

Überzeugung rechtfertigt. Der Internalismus verlangt nun, dass, damit etwas als Rechtfertiger<br />

gelten kann, es mir zugänglich se<strong>in</strong> muss. Ich muss es wissen können und packen können,<br />

sonst ist es mir nicht zugänglich. Rechtfertiger machen nur dann S<strong>in</strong>n, wenn ich weiß, ob<br />

sie vorliegen oder nicht, da ich sie sonst nicht nützen kann, um me<strong>in</strong>e Pflichten zu erfüllen.<br />

Nur <strong>in</strong>terne D<strong>in</strong>ge erfüllen <strong>die</strong>ses Pr<strong>in</strong>zip der Rechtfertiger, <strong>die</strong> gewusst werden können, weil<br />

externe D<strong>in</strong>ge Tatsachen s<strong>in</strong>d, über <strong>die</strong> das Subjekt womöglich nichts wissen kann und auf <strong>die</strong><br />

sie nicht wirklich zugreifen können.<br />

Kritik an <strong>die</strong>ser <strong>in</strong>ternalistischen Position:<br />

1. Kritik am radikalen Internalismus und dem Fundamentalismus als<br />

<strong>in</strong>ternalistische Idee:<br />

Die Rechtfertiger müssen direkt durch Reflexion gewusst werden können, ich muss sofort<br />

wissen, ob me<strong>in</strong>e Auffassung gerechtfertigt wird oder nicht. Sie müssen nicht nur gewusst<br />

werden können, sondern auch noch direkt gewusst werden können. Dies me<strong>in</strong>t: unmittelbar<br />

durch Introspektion. Alles Wissen um <strong>die</strong> eigenen Zustände haben wir durch Introspektion.<br />

E<strong>in</strong>en Rechtfertiger direkt zu wissen heißt, ihn durch Introspektion zu wissen. Introspektives<br />

Wissen kann ich aber nur von bewussten Zuständen haben. Introspektives Wissen setzt<br />

also bewusste Überzeungen voraus, auf <strong>die</strong> man direkt jederzeit mental zugreifen kann.<br />

Rechtfertiger s<strong>in</strong>d nur bewusste gegenwärtige Zustände, derer man sich bewusst ist. Nur<br />

Tatsachen h<strong>in</strong>sichtlich dessen, welche bewussten Zustände e<strong>in</strong> Subjekt zu e<strong>in</strong>em Zeitpunkt hat,<br />

rechtferitgen, dass S e<strong>in</strong>e Überzeugung zu e<strong>in</strong>em Zeitpunkt hat.<br />

PROBLEM: Die Rechtfertiger s<strong>in</strong>d mir zunächst und zumeist überhaupt nicht bewusst. Nicht<br />

e<strong>in</strong>mal <strong>die</strong> Überzeugungen s<strong>in</strong>d mir dauernd bewusst. Das, was e<strong>in</strong>e Überzeugung rechtfertigt,<br />

braucht genausowenig bewusst se<strong>in</strong>, wie <strong>die</strong> Überzeugungen selbst. Dies korrespon<strong>die</strong>rt mit<br />

der Unterscheidung von gegenwärtigen und dispositionalen Formen der Rechtfertigung – vgl.<br />

Feldman:<br />

Wir müssen eben nicht nur zwischen gegenwärtigen und dispositionalen Überzeugungen,<br />

sondern auch zwischen gegenwärtigen und dispositionalen Überzeugungen zu unterscheiden.<br />

Dadurch me<strong>in</strong>t er, den Internalismus hier retten zu können. Dies erlaubt aber zu viel<br />

Rechtfertigung: weil ich <strong>die</strong> Disposition habe, gleich auf <strong>die</strong> Überzeugung zu schließen, würden<br />

wir im Pr<strong>in</strong>zip schon etwas rechtfertigen, was mir überhaupt noch nicht bewusst ist, eben nur<br />

weil ich <strong>die</strong> Disposition habe, dass – würde es mir bewusst – ich auch <strong>die</strong> Rechtfertigung habe.<br />

Dass ich zB mit geschlossenen Augen weiß, dass <strong>die</strong> Wand h<strong>in</strong>ter mir weiß ist, obwohl ich sie<br />

noch nicht gesehen habe, würden wir nicht ohne weiteres unterschreiben, selbst, wenn ich


<strong>die</strong>se Disposition haben.<br />

Außerdem: kann e<strong>in</strong> Internalist überhaupt Dispositionen haben? Schließlich s<strong>in</strong>d sie mir nicht<br />

immer <strong>in</strong>trospektiv zugänglich.<br />

2. Moderatere <strong>in</strong>ternalistische Positionen:<br />

Der Rechtfertiger kann direkt oder <strong>in</strong>direkt zugänglich se<strong>in</strong>. Nicht nur gegenwärtige, sondern<br />

auch abgespeicherte Bewusstse<strong>in</strong>szustände können <strong>die</strong>s. Das Modell hierfür ist e<strong>in</strong>e<br />

Komb<strong>in</strong>ation aus Introspektion und Abrufen aus dem Gedächtnis.<br />

E<strong>in</strong>e Überzeugung kann dann nur so gerechtfertigt werden, dass S <strong>die</strong> Überzeugung direkt<br />

durch Introspektion oder <strong>in</strong>direkt durch Abrufen aus dem Gedächtnis beweist.<br />

PROBLEM: Das Vergessen des Beweismaterials. Solange wir überzeugt s<strong>in</strong>d, dass e<strong>in</strong> Subjekt<br />

auf normale Art und Weise zu se<strong>in</strong>er Überzeugung kommt und wir ihn für vertrauenswert<br />

e<strong>in</strong>schätzen, ist uns eigentlich egal, wie er zu se<strong>in</strong>er Überzeugung gekommen ist, und wir<br />

würden ihm auch glauben, wenn er se<strong>in</strong>e Rechtfertigung vergessen hat, wenn wir me<strong>in</strong>en,<br />

dass er glaubwürdig ist. Der Internalismus kann <strong>die</strong>s aber nicht akzeptieren. Er hat ke<strong>in</strong>en<br />

Rechtfertiger und weiß es weder direkt noch <strong>in</strong>direkt. Er kann <strong>die</strong> Er<strong>in</strong>nerung nicht mehr<br />

abrufen, also weiß er es nicht → Lücke zwischen Internalismus und Alltag. Dabei besteht der<br />

Internalismus darauf, unser Alltagsverständnis von Wissen zu dechiffrieren.<br />

Weiteres Problem: Das Problem des gleichzeitigen Abrufens: Die Gesamtheit unseres<br />

Beweismaterials kann uns niemals zugleich bewusst werden – <strong>die</strong>s ist psychologisch<br />

unmöglich. Sowohl der Fundamentalismus als auch der Internalismus gehen davon aus, dass<br />

e<strong>in</strong> Großteil unserer Überzeungungen und Basissätze abrufbar s<strong>in</strong>d. Dies gilt auch für den<br />

Kohärenztheoretiker, denn auch er besteht darauf, dass Überzeugungen <strong>in</strong>nerhalb von mir<br />

konsistent s<strong>in</strong>d.<br />

Kohärentismus war <strong>die</strong> Idee, dass sich <strong>die</strong> Überzeugungen logisch nicht widersprechen, dass<br />

sie wahrsche<strong>in</strong>lichkeitstheoretisch S<strong>in</strong>n machen etc. Beim Fundamentalismus müssen alle<br />

Überzeugungen von Basissätzen ableitbar s<strong>in</strong>d – deshalb spielen logische und probabilistische<br />

Zugänge e<strong>in</strong>e große Rolle. Allerd<strong>in</strong>gs s<strong>in</strong>d <strong>die</strong>se logischen und probabilistischen Beziehung<br />

noch nichts mentales, sie s<strong>in</strong>d etwas nicht psychologisches.<br />

Deshalb muss mir etwas zugänglich se<strong>in</strong> (direkt oder <strong>in</strong>direkt) und dass darüberh<strong>in</strong>aus noch<br />

bestimmte Berechnungsmethoden vorhanden se<strong>in</strong> müssen, um Überzeugungen kohärent<br />

oder ableitbar s<strong>in</strong>d etc. damit ergibt sich das Problem des Informationsüberschusses e<strong>in</strong><br />

weiteres Mal, wenn e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>zige Überzeugung gerechtfertigt werden soll, weil eben nicht nur <strong>die</strong><br />

Rechtfertiger selbst irgendwie abrufbar se<strong>in</strong> müssen, sondern auch noch logisch <strong>in</strong>terferieren<br />

(Problem der Verfügbarkeit der Berechnungsmethoden) müssen, und alles das zu e<strong>in</strong>em<br />

bestimmten Zeitpunkt aus e<strong>in</strong>em ganzen Pool von allen abrufbaren Überzeugungen. Damit ist<br />

der Internalismus nach Goldman eigentlich abstrus.<br />

Solche Berechnungsmethoden logischer und probabilistischer Natur s<strong>in</strong>d auch nicht immer<br />

verfügbar, s<strong>in</strong>d also nicht nur zeitlich unrealistisch sondern darüber h<strong>in</strong>aus bei vielen Menschen<br />

gänzlich unbekannt. Viele Menschen kennen solche Methoden überhaupt nicht, haben aber<br />

trotzdem noch e<strong>in</strong> Wissen. Wieder: e<strong>in</strong>e Lücke zwischen Alltag und Internalist.<br />

WEITERES PROBLEM: epistemische Pr<strong>in</strong>zipien: woher kommen <strong>die</strong>se? Wir müssen sie ja<br />

kennen, um unser Wissen rechtfertigen zu können. Wir kommen durch Reflektion zu <strong>die</strong>sen<br />

Pr<strong>in</strong>zipien, und sie e<strong>in</strong>zuhalten, gebietet <strong>die</strong> epistemische Pflicht. Aber: wir s<strong>in</strong>d uns gar


nicht e<strong>in</strong>ig bzgl. <strong>die</strong>ser Pflichten. Nicht e<strong>in</strong>mal der Erkenntnistheoretiker ist darüber e<strong>in</strong>ig,<br />

welche Pr<strong>in</strong>zipien überhaupt gelten sollen. Sollen wir nun den Alltagsmenschen jedes Wissen<br />

aberkennen, denn woher sollen sie denn solche Pr<strong>in</strong>zipien dann haben?<br />

Wenn nicht e<strong>in</strong>mal <strong>die</strong> Philosophen wissen, welche Erkenntnispr<strong>in</strong>zipien angewandt werden<br />

sollen, wird darüber h<strong>in</strong>aus auch der Sollen-Imperativ der epistemischen Pflicht fragwürdig,<br />

denn: zu welchen Pr<strong>in</strong>zipien s<strong>in</strong>d wir verpflichtet, zu welchen nicht?<br />

Schließlich gibt es noch e<strong>in</strong>e m<strong>in</strong>imale Version des Internalismus: Der Rechtfertiger<br />

muss mir „leicht“ zugänglich se<strong>in</strong>. Dies ist <strong>die</strong> schwächste Form des Internalismus – e<strong>in</strong>e<br />

Überzeugung muss leicht rechtfertigbar se<strong>in</strong>. Wenn aber <strong>die</strong>s zutrifft, kann ich auch externe<br />

Zugänge zulassen. Manchmal s<strong>in</strong>d mir externe Tatsachen leichter zugänglich, als externe. Die<br />

Tatsache, dass <strong>die</strong> Tafe grün ist, ist mir leichter zugänglich als e<strong>in</strong>e komplizierte Struktur <strong>in</strong><br />

me<strong>in</strong>em Geist.<br />

Deshalb stellt Goldman das Dilemma des <strong>in</strong>ternalistischen Argumentes auf:<br />

Entweder, man formuliert das radikale Argument – dann aber verliert das Argument jede<br />

Plausibilität. Schwächt man aber das Argument so weit ab, dass man leicht zugängliches<br />

als Rechtfertiger gelten lässt, dann brauchen und können wir eigentlich nicht mehr von<br />

Internalismus sprechen. Es funktioniert nur <strong>die</strong> Endposition, und <strong>die</strong>se ist ke<strong>in</strong>e Position des<br />

Internalismus mehr.<br />

8. Vorlesung: Zuverlässigkeitstheorien I<br />

Unterscheidung zwischen gegenwärtigen und dispositionalen Überzeugungen. Überzeugungen<br />

<strong>die</strong> nicht gegenwärtig, sondern dispositional, also abgespeichert s<strong>in</strong>d, können bei gewissen<br />

Ereignissen wieder gegenwärtig werden.<br />

Supervenienz: Beispielsweise können wir bei e<strong>in</strong>em Bild ästhetische Eigenschaften von<br />

physischen Eigenschaften unterscheiden. Dabei supervenieren <strong>die</strong> ästhetischen Eigenschaften<br />

mit den vor uns physischen Eigenschaften des Bildes. H<strong>in</strong>gegen kann man sich physische<br />

Änderungen des Bildes vorstellen, <strong>die</strong> selbst nicht <strong>die</strong> ästhetischen Eigenschaften berühren.<br />

S<strong>in</strong>d <strong>die</strong> physischen Eigenschaften zweier Gemälde gleich, dann s<strong>in</strong>d auch deren ästhetischen<br />

Eigenschaften gleich. Aber nicht unbed<strong>in</strong>gt umgekehrt.<br />

Als Metapher eignet sich hierbei <strong>die</strong> “Schöpfungsgeschichte”: “Soll ich zuerst <strong>die</strong> physischen<br />

oder <strong>die</strong> ästhetischen Eigenschaften erschaffen?” Ästhetische Eigenschaften basieren immer<br />

auf Physische Eigenschaften, umgekehr gilt <strong>die</strong> Supervenienz nicht unbed<strong>in</strong>gt. → Deswegen<br />

soll Gott zuerst <strong>die</strong> physischen Eigenschaften erschaffen.<br />

Goldman: Man hat dann e<strong>in</strong>e Rechtfertigung, wenn man se<strong>in</strong>e epistemische Pflicht ausführt, <strong>die</strong><br />

selbst <strong>in</strong>ternalistisch begründet se<strong>in</strong> müssen.<br />

Verteidigung des Internalismus von Richard Feldman & Earl Conee:<br />

Internalismus ist der Auffassung:<br />

● Zugriffstheorie: Man muss auf das was man rechtfertigen will Zugriff haben.<br />

● Mentalismus: Das was man rechtfertigen will, muss im eigenen mentalen Leben bereits<br />

vorkommen.<br />

Der Rechtfertigungsstatus e<strong>in</strong>es Objekts, hängt nur von den mentalen Zuständen des Subjekts


ab. Der Rechtfertigungsstatus superveniert mit den mentalen Zuständen des Subjekts. Dies<br />

passt auch mit der Auffassung der Philosophie des Geistes mit dem Begriff des “Internalismus”<br />

übere<strong>in</strong>. Der Unterschied von zwei Personen h<strong>in</strong>sichtlich ihrer Rechtfertigungen ist etwas<br />

mentales und somit immer etwas <strong>in</strong>ternes. Bsp.: 2 Personen beobachten Vögel. Der Anfänger<br />

sagt: “das ist e<strong>in</strong> Specht.” Der Experte sagt das selbe. Laut Feldman wäre <strong>die</strong> Aussage des<br />

Experten besser gerechtfertigt, da bereits H<strong>in</strong>tergrundwissen <strong>in</strong>tr<strong>in</strong>sisch zu se<strong>in</strong>en mentalen<br />

Zuständen steht. Rechtfertigung lässt sich am besten mit dem Begriff des mentalen<br />

Beweismaterials def<strong>in</strong>ieren. Alv<strong>in</strong> Goldman mache 2 falsche Vorraussetzungen: Die meisten<br />

unserer gerechtfertigten Überzeugungen s<strong>in</strong>d abgespeicherte, also dispositionale<br />

Überzeugungen. Diese Vorraussetzung könnte der Internalist <strong>in</strong> Frage stellen. Also dass <strong>die</strong><br />

dispositionalen Überzeugungen nicht unbed<strong>in</strong>gt gerechtfertig seien. Wieso s<strong>in</strong>d dann <strong>die</strong><br />

meisten Überzeugungen dispositionaler Natur, also abgespeichert? (“Ich b<strong>in</strong> gerechtfertigt, dass<br />

<strong>die</strong> Tafel grün ist, da sie vor 3 Stunden auch schon grün war.”) Des weiteren kritisieren sie<br />

Goldman <strong>in</strong> der Annahme, aufgrund der Zugriffsthese, dass e<strong>in</strong>e Rechtfertigung bewusst se<strong>in</strong><br />

muss. Wenn ich auch unbewusste Rechtfertigungen zulasse, nähert sich der Internalismus<br />

jedoch den Externalismus an. Manchmal betrachten wir e<strong>in</strong>e Überzeugung als gerechtfertigt,<br />

ohne dass wir uns konkret an das Beweismaterial er<strong>in</strong>nern können (Bsp.: “Wir haben e<strong>in</strong>mal<br />

etwas gelesen, aber es wieder vergessen.”). Dies würde nicht mit dem Internalismus<br />

übere<strong>in</strong>stimmen, jedoch mit dem Alltagsverständnis von Rechtfertigung übere<strong>in</strong>stimmen. Man<br />

könnte jodoch argumentieren, dass man sich zwar nicht bewusst daran er<strong>in</strong>nern kann, wo man<br />

etwas gelesen hat, aber trotzdem davon ausgehen kann, dass ich mich nur an das er<strong>in</strong>nere,<br />

was ich früher e<strong>in</strong>mal gehört/gelesen habe. Somit habe ich wieder e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>ternalistische<br />

Auffassung, da ich mir dessen bewusst b<strong>in</strong>. Doch was wäre wenn ich etwas früher e<strong>in</strong>mal <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>em Märchenbuch gelesen haben? Es müssen also <strong>die</strong>sbezüglich noch weitere Pr<strong>in</strong>zipien<br />

h<strong>in</strong>zugezogen werden.<br />

Richard Feldman & Earl Conee sagen, dass das Gefühl der Rechtfertigung auf <strong>die</strong><br />

Zuverlässigkeit unserer Überzeugungen gegeben sei. Man besitzt also auch wenn man<br />

sich nicht explizit an etwas er<strong>in</strong>nert, immer noch genügend Rechtfertigungen. Im Falle des<br />

Märchenbuchs sei man im allgeme<strong>in</strong>en Pr<strong>in</strong>zip nicht zu e<strong>in</strong>er Überzeugung gerechtfertigt.<br />

Alv<strong>in</strong> Goldmans Kausale Wissenstheorie:<br />

Alv<strong>in</strong> Goldman befasst sich zunächst mit e<strong>in</strong>er kausalen Theorie des Wissens: Sehr häufig, ist<br />

<strong>die</strong> Tatsache <strong>die</strong> man weis, <strong>die</strong> Ursache für das Wissen. S weiß dass P, wenn S mit P kausal<br />

verknüpft ist. Der kausale Prozess rechtfertigt also <strong>die</strong> Überzeugung. Internalistisch muss mir<br />

zusätzlich noch bewusst se<strong>in</strong>, dass ich mittels der kausalen Prozesse e<strong>in</strong>e gerechtfertigte<br />

Überzeugung erhalte. Analog dazu ließe sich auch e<strong>in</strong>e Externalistische Theorie der kausalen<br />

Theorie des Wissens begründen. Man könnte auch den Begriff der Rechtfertigung fallen<br />

lassen. Der Begriff der Kausalität vermag uns bereits zu erklären, ob es sich bei gewissen<br />

Überzeugungen um Wissen handelt. Goldman verstand se<strong>in</strong>e Theorie selbst als <strong>in</strong>ternalistische<br />

Theorie. Schwierig ist es dabei <strong>die</strong>sen kausalen Prozess auszumachen, der geradl<strong>in</strong>ig se<strong>in</strong><br />

muss, damit <strong>die</strong> Tatsache <strong>die</strong> Überzeugung rechtfertigt.<br />

Doch bei <strong>die</strong>ser Theorie treten Probleme auf, <strong>die</strong> sich beispielsweise beim Betrachten


allgeme<strong>in</strong>er Überzeugungen ergeben: Bsp.: “Alle Menschen s<strong>in</strong>d sterblich.” Partikulare<br />

Tatsachen würden sich anhand ihrer “Geschichte” kausal folgern lassen, wie aber solche<br />

allgeme<strong>in</strong>en Überzeugung. Des weiteren ist Kausalität immer auf Raum und Zeit bezogen. Wie<br />

lassen sich somit mathematische Überzeugungen mit dem Kausalitätsbegriff begründen?<br />

Auch lassen sich D<strong>in</strong>ge wissen, wo <strong>die</strong> Kenntnis der kausalen Kette nicht unbed<strong>in</strong>g notwendig<br />

ist.<br />

Die Zuverlässigkeitstheorie:<br />

Sie lässt sich entweder als Theorie des Wissens oder als Theorie der Rechtfertigung verstehen.<br />

E<strong>in</strong>e Überzeugung ist Wissen/bzw. Gerechtfertigt, wenn sie durch e<strong>in</strong>en zuverlässigen<br />

kognitiven Prozess konstruiert worden ist. Ziel <strong>die</strong>ser Theorie ist es, dass wir epistemische<br />

Begriffe durch Andere ersetzen/erklären können.<br />

Es ist wichtig, wie Überzeugungen generiert werden. Damit man gerechtfertig ist, reicht<br />

es nicht, dass man als Ziel <strong>die</strong> Wahrheit erreichen will, sondern selbst mit epistemischen<br />

Prozessen arbeitet, <strong>die</strong> zuverlässig s<strong>in</strong>d. (Bsp.: Raten:=epistemisch Unzuverlässig) Solche<br />

Prozesse erzeugen meistens wahre Überzeugungen, s<strong>in</strong>d also zuverlässig. Die Theorie<br />

der Zuverlässigkeit besitzt auch e<strong>in</strong>en historischen Aspekt. Beispielsweise wenn wir e<strong>in</strong>e<br />

vergangene Überzeugung besitzen, jedoch nicht mehr den Prozess selbst wissen. Dies ist<br />

irrelevant, solange auch früher der epistemische Prozess zuverlässig war. S benutzt e<strong>in</strong>en<br />

zuverlässigen Prozess P, hat aber gleichzeitig <strong>die</strong> Information, das P unzuverlässig ist. Faktisch<br />

gesehen, wäre <strong>die</strong> Überzeugung von S gerechtfertigt, widerspricht jedoch unseren Intuitionen.<br />

Wir müssen e<strong>in</strong>en Zusatzbe<strong>die</strong>nung h<strong>in</strong>zufügen wo e<strong>in</strong>e Überzeugung nicht gerechtfertig ist: P*<br />

ist e<strong>in</strong> anderer überzeugender Prozess der P widerspricht. → Man ist also der Auffassung des<br />

Nicht-Wissens von S.<br />

E<strong>in</strong>wände:<br />

Bsp1: Brian & Bra<strong>in</strong>:<br />

Brian besitzt normale gerechtfertigte Überzeugungen. Bra<strong>in</strong> hat <strong>die</strong> gleichen Zustände wie<br />

Brian. Doch Bra<strong>in</strong> ist e<strong>in</strong> Gehirn im Tank. Wenn Brian glaubt, dass er e<strong>in</strong> Eis isst, glaubt es<br />

auch Bra<strong>in</strong>, mit dem Unterschied, dass <strong>die</strong> Überzeugung von Brian wahr, von Bra<strong>in</strong> aber<br />

falsch ist. Brian weiß es, da <strong>die</strong> Wahrnehmungsprozesse zuverlässig s<strong>in</strong>d. Bra<strong>in</strong> benutzt<br />

jedoch auch <strong>die</strong> selben kognitiven Prozesse wie Brian. Besitzt also Bra<strong>in</strong> auch zuverlässige<br />

Wahrnehmungsprozesse?<br />

Dies sieht man als Kritikpunkt gegen <strong>die</strong> Zuverlässigkeitstheorie an, da man dort auch Bra<strong>in</strong><br />

Wissen zuschreiben würde.<br />

Bsp2 von BonJour: Norman:<br />

Norman ist faktisch e<strong>in</strong> zuverlässiger Hellseher, aber hat ke<strong>in</strong> Beweismaterial dafür. Er sagt,<br />

dass morgen der Präsident <strong>in</strong> New York ist. Die Zuverlässigkeitstheorie würde hierbei von<br />

Wissen sprechen. Die Zuverlässigkeit ist also nicht h<strong>in</strong>reichend.<br />

Goldman akzeptiert <strong>die</strong>ses Beispiel nicht: Norman hat immer bereits e<strong>in</strong>en vernünftigen Prozess<br />

P* der der irrationale Überzeugung von Norman von vorh<strong>in</strong>e<strong>in</strong> widersprechen würde.<br />

Problematik:


Bestimmte kognitive Prozesse s<strong>in</strong>d zuverlässig andere nicht, wie sollen wir also <strong>die</strong>se Prozesse<br />

beschreiben. Prozesse können nämlich aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet werden.<br />

Beispielsweise könnte man <strong>die</strong> Beschreibung der Prozesse von Biran und Bra<strong>in</strong> als<br />

unterschiedlich sehen, da sie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em anderen Umfeld zustande kommen. Jedes Vorkommnis<br />

e<strong>in</strong>es Prozesses kann unter verschiedenen Prozesstypen subsumiert werden.<br />

9. Vorlesung: Zuverlässigkeitstheorien II und Anti-Zufall-<strong>Erkenntnistheorie</strong> I<br />

Zuverlässigkeitstheorien – Reliabilism:<br />

H<strong>in</strong>tergrund ist <strong>die</strong> kausale Theorie des Wissens von Goldman, d.i.<strong>die</strong> Idee: führt e<strong>in</strong>e Tatsache<br />

<strong>in</strong> der Welt dazu, dass sie e<strong>in</strong>e Überzeugung formt, dann haben wir e<strong>in</strong> Wissen <strong>die</strong>ser<br />

Tatsache. Dabei muss <strong>die</strong> Beziehung zwischen Tatsache <strong>in</strong> der Welt und der Überzeugung.<br />

Internalisitsch: Damit jemand etwas weiß, muss er auch wissen, dass er <strong>die</strong> gewusste Tatsache<br />

weiß. (<strong>in</strong>ternalistische Form der Rechtfertigung)<br />

Dagegen Ne<strong>in</strong>: Ich muss das nicht wissen, dass ich es weiß, alle<strong>in</strong> <strong>die</strong> Tatsache des Wissens<br />

reicht uns aus (externalistisch), oder aber, <strong>die</strong> Frage ist überhaupt nicht ziel-, sondern nur zu<br />

Problemen führend.<br />

Zuverlässigkeitstheorien: wir haben wissen, wenn wir e<strong>in</strong>e zuverlässige wahre Überzeugung<br />

haben (dann bleibt <strong>die</strong> Rechtfertigung weg), oder wir fragen, wann wir e<strong>in</strong>e zuverlässige<br />

Rechtfertigung haben.<br />

Goldman will e<strong>in</strong>e reduktive Erklärung der Rechtfertigung liefern, d.h.er will sie auf etwas,<br />

das selbst ke<strong>in</strong> epistemischer Begriff mehr ist, zurückzuführen. Wissen kann aber nicht<br />

nur von Wünschen etc. abhängen. Zuverlässig ist also e<strong>in</strong> Wissen, wenn es viele wahre<br />

Überzeugungen generiert.Muss ich nun wissen über me<strong>in</strong>e Zuverlässigkeit haben? Vgl. Mona<br />

Dilemma: Er<strong>in</strong>nerung vs Beweismaterial, das gegen Er<strong>in</strong>nerung spricht: was ist zuverlässiger?<br />

Nach Goldman sollte man nicht der Er<strong>in</strong>nerung trauen, weil der Arzt Spezialist ist etc.<br />

Probleme für <strong>die</strong> Zuverlässigkeitstheorie: Bra<strong>in</strong> vs. Brian: Zuverlässigkeit und epistemische<br />

Rechtfertigung fallen aber oft ause<strong>in</strong>ander. Zuverlässigkeit ist nicht notwendig, damit man<br />

epistemisch gerechtfertigt ist.2. Gegenbeispiel: Norman: Prozess ist zwar zuverlässig, aber<br />

nicht gerechtfertigt. Zuverlässigkeit ist somit nach Bsp 1 nicht notwendig, noch Bsp 2 nicht<br />

h<strong>in</strong>reichend für epistemische Rechtfertigung.<br />

Der Typ „zu e<strong>in</strong>er Überzeugung kommen“ kann unter verschiedene Prozesse aufgeteilt werden,<br />

d.h. Das Vorkommnis „Die Laterne sehen“ ist zB e<strong>in</strong>mal zuverlässig (wenns hell ist zb), e<strong>in</strong>mal<br />

unzuverlässig – es ist also je nach Vorkommnis unterschiedlich, ob etwas zuverlässig ist oder<br />

nicht.<br />

Darüber h<strong>in</strong>aus kann man e<strong>in</strong> Wissen haben, dass e<strong>in</strong> Mess<strong>in</strong>strument zuverlässig ist, ohne<br />

dass man Mess<strong>in</strong>strumente verglichen hätten – wir glauben zB unseren Comuputern, ohne<br />

sie jemals zu überprüfen. Zuverlässig geformte Überzeugung: es ist Benz<strong>in</strong> im Tank. D.h. Wir<br />

haben e<strong>in</strong> Wissen, Problem: Benz<strong>in</strong>uhr (auf deren Zuverlässigkeit <strong>in</strong>duktiv geschlossen wird)<br />

funktioniert nicht mehr → falsches Wissen.<br />

Werteproblem: Frage nach dem epistemischen Wert von Wissen? Warum reichen nicht


nur wahre, sondern gerechtfertigte, wahre Überzeugungen? Warum ist <strong>die</strong>ses Extra der<br />

Rechtfertigung notwendig? Zuverlässigkeitstheorie me<strong>in</strong>t nun, dass Wissen deshalb wertvoller<br />

ist, weil <strong>die</strong> Rechtfertigung zusätzlich sagt, warum etwas wahrsche<strong>in</strong>lich wahr se<strong>in</strong> muss,<br />

d.h.<strong>die</strong> Rechtfertigung sagst uns, warum etwas wahrsche<strong>in</strong>lich wahr ist, und deshalb ist<br />

sie wertvoller als wahre Überzeugung. Sie sagt mir also, dass <strong>die</strong> wahre Überzeugung<br />

wahrsche<strong>in</strong>lich wahr ist. Deshalb stellt sich <strong>die</strong> Frage, ob Rechtfertigung hier nicht eigentlich<br />

s<strong>in</strong>nlos ist (E<strong>in</strong>wand der Anit-Zuverlässigkeitstheoretiker).<br />

Dagegen hält Goldman nun e<strong>in</strong>ige Problemlösungsvorschläge:<br />

Wenn man fragt ob e<strong>in</strong> Prozess zuverlässig ist, müssen wir fragen, wie er sich <strong>in</strong> der wirklichen<br />

Welt bewährt, d.h.wie es wäre, wenn er <strong>in</strong> der Wirklichkeit leben würde (zB Brian vs. Bra<strong>in</strong>[<strong>in</strong> a<br />

vet]) Wenn Bra<strong>in</strong> also <strong>in</strong> der wirklichen Welt wäre, würden se<strong>in</strong>e Prozesse der Rechtfertigung<br />

ebenso zuverlässig se<strong>in</strong>, wie <strong>die</strong> Brians (Ad Problem 1)<br />

Wir versuchen <strong>die</strong> Zuverlässigkeit immer aus e<strong>in</strong>er abstrakten Vogelperspektive heraus zu<br />

thematisieren, das funktioniert im Alltag aber nicht. Wir sollten fragen, wie wir solche Urteile<br />

im Alltag fällen. Wie nehmen wir E<strong>in</strong>schätzungen anderer im Alltag vor? Wenn wir das als<br />

Paradigma nehmen, sehen wir, dass wir im Alltag nicht mit solchen obskuren D<strong>in</strong>gen wie<br />

bra<strong>in</strong>s <strong>in</strong> a vet oder möglichen Welten hantiert wird. Wir berücksichtigen nur Welten, <strong>die</strong><br />

unserer Welt ganz ähnlich s<strong>in</strong>d, also „normale Welten.“ Da uns nur solche bei der alltäglichen<br />

Wissensverwendung <strong>in</strong>teressieren, fallen <strong>die</strong> unnatürlichen Szenarien automatisch weg. Sie<br />

spielen im Alltag ke<strong>in</strong>e Rolle und deshalb sollten wir <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie e<strong>in</strong>mal <strong>die</strong>se Vorgänge<br />

des Alltags verstehen, erst dann können wir skeptische Philosophenwelten betrachten.<br />

Zuverlässigkeitsbewertungen sollen also nur bzgl. der Alltagswelt befragt werden.<br />

Weiters me<strong>in</strong>t Goldman, dass wir 2 Arten der Zuverlässigkeit und damit 2 Artem epist.<br />

Rechtfertigung unterscheiden müssen. „Epistemische Schuldlosigkeit“: wenn e<strong>in</strong>er etwas<br />

e<strong>in</strong>fach nicht besser weiß, ist er epistemisch schuldlos. Dies kann aber gewissermaßen<br />

e<strong>in</strong>e Rechtfertigung se<strong>in</strong>. In e<strong>in</strong>em schwachen S<strong>in</strong>n liegt also bei epist. Schuldlosigkeit (zb<br />

Schöpfungsgeschichte wenn sie nichts von Darw<strong>in</strong>ismus wussten) vor, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em starken S<strong>in</strong>n<br />

nicht. Epistemisch gerechtfertigt s<strong>in</strong>d sie zum<strong>in</strong>dest, weil sie epistemisch schuldlos gehandelt<br />

haben. Starke und Schwache Zuverlässigkeit → starke und schwache Rechtfertigung.<br />

Zwei-Phasen-Modell:<br />

Epistemische Tugend vs. Epistemische Untugend:<br />

Versuch, e<strong>in</strong>e Liste von Tugenden und Untugenden zu unterscheiden. Tugenden generieren<br />

zuverlässig wahre Überzeugungen, Untugenden machen das nicht. Ob e<strong>in</strong> Prozess zuverlässig<br />

ist entscheidet sich anhand der wirklichen Welt oder der wirklichen Welt naher Welten. (1.<br />

Phase)<br />

Danach wird <strong>die</strong>ses abstrakte Modell auf konkrete Beispiel angewandt, d.h.wir betrachten<br />

jemand beim Formen e<strong>in</strong>er Überzeugung und gehen dabei im Kopf <strong>die</strong> Liste der Tugenden<br />

und Untugenden durch und fragen, wo sich <strong>die</strong>ses Bspl e<strong>in</strong>ordnen ließe (2. Phase) Dabei ist<br />

<strong>die</strong> Liste der Tugenden und Untugenden immer traditionell, gesellschaftlich etc. vorgeformt.<br />

Das erlaubt uns zu behaupten, dass zwar nicht <strong>die</strong> Überzeugung, aber der e<strong>in</strong>zelne <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em<br />

Haben der Überzeugung gerechtfertigt ist, weil er zuverlässig gehandelt hat, auch wenn se<strong>in</strong>e<br />

Vorgehensweisen schlechte Methoden (unwissentlich) benutzte. Dies ist e<strong>in</strong>e psychologische<br />

und soziologische Theorie. Darüber h<strong>in</strong>aus will er dann epistemisch philosophisch betrachten,<br />

ob <strong>die</strong>s richtig oder falsch ist.


Zum nächsten Problem von Vorkommnis und Typ: <strong>die</strong>se Frage ist offen. Auch Goldman<br />

ist sich nicht sicher und haut ke<strong>in</strong>e sichere Antwort. Antwortversuche: Alltag? Zu vage.<br />

Wissenschaftlich? Ebenso...Übermaß an Möglichkeiten. Kontextuell? Auch unplausibel, weil wir<br />

dann völlig willkürlich unterwegs s<strong>in</strong>d.<br />

Se<strong>in</strong>e Strategie ist deshalb: ich kann das Problem im Moment nicht lösen, aber das spricht nicht<br />

gegen me<strong>in</strong>e Theorie, weil andere Rechtfertigungstheorien dasselbe Problem haben, deshalb<br />

müssen wir alle das Problem lösen.<br />

Goldman stellt fest, dass JEDER epistemologische Theorie e<strong>in</strong>e kausale Beziehung zwischen<br />

Überzeugung und Sachverhalt herstellen. Ohne so e<strong>in</strong>e Beziehung haben wir überhaupt ke<strong>in</strong>e<br />

Theorie, und nun stellt sich auch für JEDE Theorie <strong>die</strong> Frage, welche <strong>die</strong>ser Beziehungen<br />

angemessen s<strong>in</strong>d und welche nicht, zuverlässig s<strong>in</strong>d oder nicht, etc.<br />

Wenn sie wissen, dass ich weiß, dass X der Fall ist, haben sie e<strong>in</strong> gewisses Vertrauen darauf,<br />

dass ich <strong>in</strong> anderen ähnlichen Fällen ebenso e<strong>in</strong>e richtige Überzeugung formulieren würde.<br />

Worauf man also <strong>in</strong>sistieren muss: wenn nur e<strong>in</strong>e Überzeugung betrachtet wird, kann man<br />

nicht wissen, ob es besser wäre, wissen zu haben als e<strong>in</strong>e wahre Überzeugung. Aber, wenn<br />

wir andere Überzeugungen berücksichtigen, dann gilt, dass, wenn ich jetzt wissen habe, es<br />

wahrsche<strong>in</strong>licher macht, auch <strong>in</strong> anderen Fällen wahre Überzeugungen zu generieren. D.H.<br />

Wenn ich wissen habe, ist es wahrsche<strong>in</strong>licher, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Netz von Überzeugungen <strong>die</strong> wahren<br />

davon eher auswähle als <strong>die</strong> falschen und deshalb macht Wissen wahrsche<strong>in</strong>lich, wahre<br />

Überzeugungen zu haben. Dies gilt nur nicht, wenn es nur e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>zige Überzeugung gibt.<br />

Insofern macht <strong>die</strong> Rede von der wahrsche<strong>in</strong>lich wahren Überzeugung paradoxerweise doch<br />

S<strong>in</strong>n.<br />

Duncan Pritchard und <strong>die</strong> Anti- Zufall- Theorien:<br />

Zur Er<strong>in</strong>nerung: Die Gettier- Fälle<br />

Gruber hat e<strong>in</strong>e gerechtfertigte Überzeugung im Lichte se<strong>in</strong>es Beweismaterials. (1)<br />

Daraus leitet Gruber deduktiv korrekt ab, dass se<strong>in</strong>e Überzeugung tatsächlich wahr ist. (2)<br />

Die Überzeugung ist nun dennoch wahr, denn das Beweismaterial führt zu e<strong>in</strong>er falschen<br />

Überzeugung (1), <strong>die</strong> durch e<strong>in</strong>en Zufall zu (2) führen, und (2) ist eben zufällig tatsächlich wahr.<br />

Deshalb ist Wissen ke<strong>in</strong> wahrer, gerechtfertigter Glaube, weil Gruber etwas falsches weiß.<br />

Pritchard stellt nun fest, dass wir bzgl. unseres Wissens e<strong>in</strong>e „Anti-Zufall-Intuition“ haben.<br />

Gettier Fälle zeigen, dass wir nur dann Wissen haben, wenn <strong>die</strong> Überzeugung eben nicht<br />

zufällig entstanden ist. Was das Wissen von Gruber verh<strong>in</strong>dert ist der Zufall. In unserem<br />

Denken bzgl. dem Wissen ist e<strong>in</strong>e Intuition gegen den Zufall von großer Wichtigkeit. Weiters<br />

wollen wir nur dann von wissen sprechen, wenn e<strong>in</strong>e Fähigkeit zugrunde liegt, d.h.wenn <strong>die</strong><br />

Überzeugung auf e<strong>in</strong>er Fähigkeit e<strong>in</strong>er Person beruht. Es muss also e<strong>in</strong>e kognitive Fähigkeit<br />

vorliegen, und es darf nicht nur zufällig zur wahren Überzeugung kommen.<br />

Weiters unterscheidet Pritchard e<strong>in</strong>e externe von e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>ternen epist. Bed<strong>in</strong>gungen:<br />

Was auch immer man zu e<strong>in</strong>er wahren Überzeugung fügen muss, damit wissen entsteht, ist<br />

e<strong>in</strong>e epist. Bed<strong>in</strong>gung. Ob <strong>die</strong>se extern oder <strong>in</strong>tern s<strong>in</strong>d ist egal. Dabei lässt er zunächst offen,<br />

ob <strong>die</strong>se Bed<strong>in</strong>gung kausal (Kausale Theorien), zuverlässig (Zuv.Theorien), e<strong>in</strong> mentaler<br />

Zustand durch Reflektion (Fundamentalismus) etc. ist.<br />

Intern wäre nun e<strong>in</strong>fach e<strong>in</strong>e durch Reflektion zugängliche Bed<strong>in</strong>gung. Extern s<strong>in</strong>d


Bed<strong>in</strong>gungen, <strong>die</strong> nicht re<strong>in</strong> <strong>in</strong>tern s<strong>in</strong>d. Was <strong>die</strong> Gettierfälle zeigen, ist, dass <strong>in</strong>terne<br />

Bed<strong>in</strong>gungen nicht befriedigend ist, weil <strong>die</strong>se ja der klassischen Analyse zugrundeliegt und <strong>die</strong><br />

Gettierfälle <strong>die</strong>ses aber problematisieren. Gruber kann auf se<strong>in</strong> gesamtes Beweismaterial <strong>in</strong>tern<br />

zugreifen, dass es sich um Zufall handelt, zeigen ihm <strong>die</strong> <strong>in</strong>ternen Beweise dennoch nicht.<br />

Deshalb me<strong>in</strong>t Pritchard:<br />

Damit wir von Wissen sprechen können muss m<strong>in</strong>destens e<strong>in</strong>e externe epist. Bed<strong>in</strong>gung<br />

h<strong>in</strong>zukommen. Warum? Reflektion zeigt uns immer nur, wie uns <strong>die</strong> Welt ersche<strong>in</strong>t, sie kann<br />

uns aber nicht zeigen, ob das Beweismaterial, das uns ersche<strong>in</strong>t, der Welt auch entspricht.<br />

Es muss also etwas h<strong>in</strong>zukommen, und das muss extern se<strong>in</strong>: H<strong>in</strong>zukommen muss, dass<br />

<strong>die</strong> Überzeugung nicht bloß zufällig wahr se<strong>in</strong> darf – und <strong>die</strong>s ist e<strong>in</strong>e externe Bed<strong>in</strong>gung,<br />

<strong>die</strong> ich nicht nur durch Reflektion e<strong>in</strong>holen. Die Anti- Zufall Bed<strong>in</strong>gung ist etwas, das über <strong>die</strong><br />

Zugänglichkeit des Subjekts selber h<strong>in</strong>aus geht und ist somit e<strong>in</strong>e externe Bed<strong>in</strong>gung.<br />

Robuste vs. Moderate Anti- Zufall- Theorie:<br />

Robust besagt: Wenn wir <strong>die</strong> Anti-Zufall Bed<strong>in</strong>gung formulieren können, ist der Wissensbegriff<br />

vollständig. Können wir erklären, <strong>in</strong> welchem S<strong>in</strong>n ke<strong>in</strong> Zufall vorliegen darf, wissen wir, dass<br />

wir wissen.<br />

Moderat: Dies ist wesentlich, aber nicht ausreichend.<br />

Diese Gedanken <strong>in</strong> der Synthese mit Nosick:<br />

Ich weiß, dass X, wenn 1), X<br />

2) ich b<strong>in</strong> überzeugt, dass X<br />

3)Wäre~X, wäre ich auch nicht davon überzeugt, dass X 4<br />

Das ähnliche Welten Modell folgt hieraus: jene Welten, <strong>in</strong> denen e<strong>in</strong>e große Nähe zu unserer<br />

Welt zu statuieren ist, muss aus dem Antezedens auch e<strong>in</strong> wahres Konsequens folgen.<br />

Was <strong>die</strong>s e<strong>in</strong>fängt, ist <strong>die</strong> Sensitivität unserer Überzeugung (ist nicht <strong>die</strong> Sicherheit unserer<br />

Überzeugung). E<strong>in</strong>e wahre Überzeugung ist nur dann wahr, wenn sie auf <strong>die</strong> Wahrheit sensitiv<br />

ist, d.h.sie ist nicht bloß zufällig, sondern an der Wahrheit orientiert und auf <strong>die</strong>se reagierend.<br />

Problem des Schaafsbsp. Und der Lotterie (vgl. Folien)<br />

Lotteriebsp. Zeigt, dass Überzeugungen relativ zu ihren Entstehungsmethoden betrachtet<br />

werden müssen.<br />

Das Pr<strong>in</strong>zip der Sensitivität muss also auf Methoden relativ se<strong>in</strong>, d.h.es müssen <strong>die</strong> Methoden<br />

reflektiert werden und berücksichtigt werden.<br />

10. Vorlesung: Anti-Zufall-<strong>Erkenntnistheorie</strong> II<br />

Die Gettierfälle haben gezeigt, dass man bei bloß zufälligen Überzeugungen nicht von Wissen<br />

sprechen können. Solche zufälligen Überzeugungen müssen also ausgeschlossen werden.<br />

Duncan Pritchard befasste sich mit <strong>die</strong>sem Problem. Unsere wahren Überzeugungen müssen<br />

zuverlässig se<strong>in</strong> und sich somit auf <strong>die</strong> kognitiven Fähigkeiten des Menschen stützen.<br />

Manche <strong>Erkenntnistheorie</strong>n (Nosick) h<strong>in</strong>gegen versuchen nur <strong>die</strong> zufälligen Überzeugungen<br />

auszuschließen. Wieder andere betohnen nur <strong>die</strong> kognitiven Fähigkeiten des Menschen<br />

(<strong>Erkenntnistheorie</strong> der Tugenden). Pritchard fordert beide Aspekte <strong>in</strong>nerhalb se<strong>in</strong>er<br />

<strong>Erkenntnistheorie</strong>. E<strong>in</strong>e robuste Theorie lässt <strong>die</strong> Fähigkeiten beiseite, e<strong>in</strong>e moderate befasst


sich nur mit den Fähigkeiten des Menschen.<br />

Die Be<strong>die</strong>nungen für Nosick (2 Kontrafaktuale Konditionalsätze) s<strong>in</strong>d sensitive Überzeugungen,<br />

wodurch zufällige Überzeugungen ausgeschlossen werden.<br />

Bsp.: Hofer steht vor der Wiese und me<strong>in</strong>t er sieht e<strong>in</strong> Schaf → Er me<strong>in</strong>t er sieht e<strong>in</strong> Schaf<br />

(Wahre Überzeugung aber nur weil h<strong>in</strong>ter dem Hund e<strong>in</strong> Schaf steht) → ke<strong>in</strong> Wissen, da <strong>in</strong> der<br />

nächstgelegenen Welt h<strong>in</strong>ter dem Hund ke<strong>in</strong> Schaf ist, würde er trotzdem noch glauben, dass<br />

es sich beim Hund um e<strong>in</strong> Schaf handelt.<br />

Wir müssen <strong>die</strong> kontrafaktualen Konditionalsätze h<strong>in</strong>sichtlich von gewissen Methoden<br />

überprüfen und nur <strong>die</strong>se möglichen Welten anschauen, wo <strong>die</strong> selben Methoden benutzt<br />

werden.<br />

Es gibt bestimmte Fälle wo <strong>die</strong> beiden Nosick-Bed<strong>in</strong>gungen nicht h<strong>in</strong>reichend greifen:<br />

Huber wohnt <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Haus weit oben, wo <strong>die</strong> Leute Müll <strong>in</strong> den Müllschlucker werfen. Er hat<br />

also <strong>die</strong> Überzeugung, dass se<strong>in</strong> Müll im Keller angekommen ist. Hierbei entsteht jedoch e<strong>in</strong><br />

Problem: Würde unter gegebenen Be<strong>die</strong>nungen der Müll nicht im Keller landen, würde Huber<br />

noch immer glauben, dass der Müll im Keller gelandet ist.<br />

Das Bestreben daraufh<strong>in</strong> war, e<strong>in</strong> neues Anti-Zufalls-Pr<strong>in</strong>zip zu konstruieren. Diese Theorie<br />

nennt man auch <strong>die</strong> Theorie der Sicherheit. Wäre <strong>die</strong> Überzeugung nicht war, so wäre auch<br />

<strong>die</strong> Tatsache nicht wahr: “Ich weiß, dass ich vor Ihnen stehe. Wäre ich nicht überzeugt, dass<br />

ich vor Ihnen stehe, dann stehe ich auch nicht vor Ihnen. Wäre ich unter leicht verschiedenen<br />

Be<strong>die</strong>nungen überzeugt, dass ich vor Ihnen stehe, dann stände ich vor Ihnen.”<br />

Huber weiß, dass der Müll im Keller ankommen wird, da <strong>in</strong> den nahegelegensten Welten bei<br />

denen er bei se<strong>in</strong>er Überzeugung bleibt, dass der Müll im Keller ankommt, der Müll auch<br />

tatsächlich im Keller ankommt. Gemäß dem Pr<strong>in</strong>zip der Sicherheit hat Huber also Wissen.<br />

Pritchard unterscheidet hierbei zwei verschiedene Anschauungsweisen:<br />

● radikale Be<strong>die</strong>nung: Es handelt sich nur um Wissen, wenn das Subjekt <strong>in</strong> allen Welten<br />

e<strong>in</strong>e wahre Überzeugung erlangt.<br />

● moderate Be<strong>die</strong>nung: Wenn das Subjekt <strong>in</strong> den meisten Fällen möglicher Welten wahre<br />

Überzeugungen erlangt.<br />

“Frau Müller, weiß dass ihr Ticket nicht gew<strong>in</strong>nt, wenn sie <strong>in</strong> allen möglichen Welten glaubt,<br />

dass ihr Ticket nicht gew<strong>in</strong>nt.” Würde sie es jedoch <strong>in</strong> den meisten möglichen Welten glauben,<br />

so würde sie es tatsächlich wissen, dass ihr Los nicht gew<strong>in</strong>nt. (Da bei den meisten Welten<br />

tatsächlich das Los nicht gezogen wird.)<br />

Analog dazu, sollte man beim Müllfresser Beispiel nur <strong>die</strong> moderate Be<strong>die</strong>nung heranziehen,<br />

sonst hätte Müller ke<strong>in</strong> Wissen, dass se<strong>in</strong> Müll im Keller landet. Genauso wie der Zufall<br />

verschiedene Grade hat, so können auch wahre Überzeugungen verschiedene Nuancierungen<br />

aufweisen.<br />

E<strong>in</strong> Ereignis ist zufällig, wenn es <strong>in</strong> unserer Welt e<strong>in</strong>trifft, aber <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er großen Zahl von<br />

möglichen Welten nicht e<strong>in</strong>trifft. E<strong>in</strong>e zufällig wahre Überzeugung ist <strong>in</strong> der wirklichen Welt zwar<br />

wahr, jedoch <strong>in</strong> den meisten möglichen Welten nicht wahr.<br />

Dabei kennt der Zufall auch unterschiedliche Grade, je nachdem ob es mehr vorstellbare<br />

mögliche Welten gibt oder weniger. Auch darf man nur <strong>die</strong> relevanten möglichen Welten<br />

heranziehen. Lottobsp.: Es gibt nächstgelegene Welten, wo ihre Überzeugung nicht stimmt. →<br />

deswegen besitzt sie ke<strong>in</strong> Wissen.


Pritchard will zeigen, dass e<strong>in</strong> Anti-Zufallspr<strong>in</strong>zip nicht alle<strong>in</strong>e ausreicht, um Wissen zu<br />

verstehen.<br />

Notwendige Propositionen müssen <strong>in</strong> allen möglichen Welten zutreffen: 2x2=4. Bsp.: Moser<br />

benutzt e<strong>in</strong>en Taschenrechner, der kaputt ist und zufällig e<strong>in</strong> wahres Ergebnis errechnet.<br />

Gemäß dem Pr<strong>in</strong>zip der Sicherheit kann man sagen, dass Moser hierbei ke<strong>in</strong> Wissen besitzt.<br />

Es gibt nahegelegene Welten, bei denen er bei se<strong>in</strong>er Überzeugung bleibt, obwohl es sich <strong>in</strong><br />

<strong>die</strong>sen nahegelegenen Welten aber nicht um Wissen handelt. Pritchard ist der Auffassung, dass<br />

wir den Prozess selbst betrachten müssen. (Bsp.: Den kaputten Taschenrechner) Der Prozess<br />

muss also <strong>in</strong> nahegelegenen Welten zu richtigen Ergebnissen führen.<br />

11. Vorlesung: <strong>Erkenntnistheorie</strong> der Tugenden<br />

Begriff der Tugend wird e<strong>in</strong>geführt, aus der Ethik und Moralphilosophie entlehnt.<br />

Erkenntnistheoretiker der Tugend haben 2 Voraussetzungen geme<strong>in</strong>sam: <strong>Erkenntnistheorie</strong><br />

ist e<strong>in</strong>e normative Theorie, <strong>die</strong> uns sagt, welche epistemischen Tugenden wir ausbilden<br />

sollen. <strong>Erkenntnistheorie</strong> ist also normativ – damit wenden sie sich gegen <strong>die</strong> naturalisitische<br />

<strong>Erkenntnistheorie</strong>, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Epistemologie e<strong>in</strong>e faktische Theorie ist, <strong>die</strong> eng an <strong>die</strong> Wissenschaft<br />

angebunden werden soll, wenn sie nicht überhaupt naturwissenschaftlich untersucht werden<br />

soll.<br />

Der Tugendbegriff kommt mit e<strong>in</strong>em Anspruch der Praxis – praktisch nützlich soll also <strong>die</strong><br />

<strong>Erkenntnistheorie</strong> se<strong>in</strong>. ZB gibt es lt Fricker e<strong>in</strong>e epistemische Ungerechtigkeit.<br />

Zweite Voraussetzung aller Tugend-Erkenntnistheoretiker: Der Gegenstand der Bewertung<br />

sollen Personen und Geme<strong>in</strong>schaften se<strong>in</strong>. Primär bewertet wird also das epistemische Subjekt<br />

und nur <strong>in</strong>direkt wird das Beweismaterial bewertet.<br />

Bisher: Was macht e<strong>in</strong>e Überzeugung zu wissen? Gewisses Beweismaterial. Bemühen der<br />

typischen <strong>Erkenntnistheorie</strong>n bisher war es, e<strong>in</strong>e Verb<strong>in</strong>dung zwischen Überzeugung und<br />

Beweismaterial herzustellen.<br />

Nun geht es Tugend-Epistemikern darum, den primären Begriff <strong>in</strong> der <strong>in</strong>tellektuellen Tugend.<br />

Traditionell ist <strong>die</strong> Überzeugung, das Beweismittel der Kern und Anfang aller epistemischen<br />

Bewertung, nun aber ist der Anfangs und Kernpunkt der epistemische Charakter e<strong>in</strong>er<br />

Untersuchung. Sie geht vom Subjekt aus und fragt nun, wie <strong>die</strong>ses mit dem Beweismaterial<br />

umgeht etc. und schaut, ob es <strong>in</strong>tellektuelle Tugenden anwendet.<br />

Was s<strong>in</strong>d aber nun epistemische Tugenden?<br />

Intellektuelle Tugenden s<strong>in</strong>d Tugenden, <strong>die</strong> <strong>in</strong>tellektuelles Gedeihen befördern oder e<strong>in</strong>en zu<br />

e<strong>in</strong>em exzellenten Erkenntnissubjekt machen. Dabei gibt es zwei Richtungen: e<strong>in</strong>mal, Tugend<br />

als a)zuverlässiges Mittel zum Erkennen, e<strong>in</strong>mal Tugend als Verantwortung.<br />

Ad a) Goldman, Greco und Sosa:<br />

Intellektuelle Tugenden s<strong>in</strong>d vor allem Fähigkeiten – Wahrnehmung, Intuition, … - und wer<br />

sie kennt und gut verwendet, arbeitet zuverlässig. Dies geht aus der Zuverlässigkeitstheorie<br />

heraus, ist aber nicht dasselbe. Denn hier wird <strong>die</strong> Fähigkeit zuverlässig zu erkennen als<br />

Tugend verstanden und herausgestrichen, und nicht <strong>die</strong> Analyse e<strong>in</strong>zelner Überzeugungen.<br />

Diese neigen zum Externalismus.<br />

Ad b) Code, Zagzebski etc.:<br />

Tugenden s<strong>in</strong>d kultivierte Charaktereigenschaften wie Gewissenhaftigkeit und


Vorurteilslosigkeit. Sie müssen ausgebildet, reflektiert und angewandt werden. Diese Autoren<br />

neigen eher zum Internalismus.<br />

Aber: Warum muss man überhaupt wählen zwischen a) und b)? Nach Greco ist <strong>die</strong>s nicht<br />

notwendig, weil wir sowohl Wahrnehmungsfähigkeiten, auber auch Gewissenhaftigkeit etc.<br />

brauchen.<br />

Konventionelle vs. Alternative <strong>Erkenntnistheorie</strong>: neuer Ansatzpunkt auf alte Fragen<br />

(Gettier-Problem, Skeptizismus etc.) vs. Neuer Ansatzpunkt, der sagt, wir müssen wegkommen<br />

von <strong>die</strong>sem ewigen Widerlegungsspiel usw. und wollen auf praktische und politische Felder<br />

ausgeweitet werden, sodass der Horizont der <strong>Erkenntnistheorie</strong> selbst erweitert wird.<br />

Wesentliche Autoren der <strong>Erkenntnistheorie</strong> der Tugend:<br />

Ernest Sosa: „The raft and the pyramid“ (1991)<br />

Geht von Fundamentalismus und Kohärentismus aus – Pyramide und Floß s<strong>in</strong>d Metaphern für<br />

<strong>die</strong>se beiden. E<strong>in</strong>mal hat me<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Basis wie <strong>die</strong> Pyramide, dann e<strong>in</strong> Floß dafür, dass etwas<br />

nicht verankert ist, für den Kohärentismus ist wichtig, dass <strong>die</strong> Baumstücke ordentlich verknotet<br />

s<strong>in</strong>d, so dass das Floß schwimmt – egal worauf.<br />

Probleme haben se<strong>in</strong>er Me<strong>in</strong>ung nach beide Position:<br />

1. Probleme der Kohärenztheorie: Probleme mit Wahrnehmungsüberzeugungen – solche s<strong>in</strong>d gewiss<br />

2. Probleme des Fundamentalismus: Hat e<strong>in</strong> Problem mit epistemischen Normen, Pr<strong>in</strong>zipien, etc. Der<br />

Deshalb brauchen wir den Tugendbegriff. Diese Tugend ist e<strong>in</strong>e Vortrefflichkeit des Charakters.<br />

Dies kann angeboren oder erworben se<strong>in</strong> und erlaubt e<strong>in</strong>em, e<strong>in</strong> bestimmtes Ziel zu<br />

erreichen. Im epistemischen Bereich ist <strong>die</strong>se Vortrefflichkeit e<strong>in</strong>e kognitive.<br />

Zuverlässige Wahrnehmung ist nun e<strong>in</strong>e epistemische Tugend. Alle <strong>die</strong>se Pr<strong>in</strong>zipien haben<br />

den Kern der zuverlässigen Wahrnehmung (beim X,Y Bsp.). Wir können nach Sosa nicht nur<br />

<strong>die</strong>sen fundament. Ansatz so betrachten, sondern <strong>die</strong> Kohärenz ist selbst e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>tellektuelle<br />

Tugend, weil es tugendhaft ist, kohärente Überzeugungen zu formulieren. Insofern können wir e<strong>in</strong>e<br />

Sosa me<strong>in</strong>t weiters, dass wir 2 Arten von Wissen unterscheiden müssen: externes Wissen,<br />

zudem auch Tiere und Kle<strong>in</strong>k<strong>in</strong>der fähig s<strong>in</strong>d, das unmittelbar durch Wahrnehmung etc. zu uns<br />

tritt, und dann noch reflektives Wissen, und besonders auf <strong>die</strong>ser reflektiven und <strong>in</strong>ternen<br />

Ebene ist <strong>die</strong> Kohärenztheorie zentral.Im Tierwissen spielt Kohärenz ke<strong>in</strong>e große, im reflexiven<br />

Wissen e<strong>in</strong>e zentrale Rolle.<br />

Sosa ist e<strong>in</strong> paradigmatischer Tugenderkenntnistheoretiker, der Zuverlässigkeit als zentral<br />

erachtet. Er beg<strong>in</strong>nt mit den Tugenden und leitet davon <strong>die</strong> normativen Begriffe ab, und zwar<br />

ausgehend von der Zuverlässigkeit.<br />

Code: Politisch fem<strong>in</strong>istisch e<strong>in</strong>gefärbt. Will Begriff der Verantwortlichkeit und Verantwort stark<br />

macht. Sie me<strong>in</strong>t, dass <strong>die</strong> Tugenden für Sosa etwas passives s<strong>in</strong>d (wahrnehmen, er<strong>in</strong>nern,...)<br />

Dies gilt für Sosa aber eigentlich nur für das tierische Wissen, wenn Kohärenz wichtig wird,<br />

wollen wir auch aktiv suchen – aber tendenziell kann man ihr zustimmen. Zuverlässigkeit ist<br />

eher passiv, Verantwortlichkeit e<strong>in</strong> aktives epistemisches Verfahren.<br />

Code will von der Beispiel-Methode weg, weil sie nicht h<strong>in</strong>reichend detailliert s<strong>in</strong>d etc. Wir<br />

brauchen also zB e<strong>in</strong>en ganzen Roman, nicht bloß e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>zelne kle<strong>in</strong>es Bsp. Sie me<strong>in</strong>t also, es<br />

sollte der Fokus auf ganze Erzählungen und so weiter gelegt werden.<br />

Monmarquet: Schlüsselbegriff für ihn ist <strong>die</strong> Gewissenhaftigkeit. Dies belegt er damit, dass


er e<strong>in</strong> Gedankenexperiment gibt: wenn Leute zwar immer zuverlässig, aber nie gewissenhaft<br />

und außerdem faul etc. s<strong>in</strong>d, müssen <strong>in</strong>tellektuelle Tugenden etwas anderes se<strong>in</strong> als bloß<br />

zuverlässig. Wir wären nämlich nicht bereit, Faulheit als Tugend zu betrachten (saublödes<br />

Argument, me<strong>in</strong>e ich). Zentral ist <strong>die</strong> epistemische Tugend der Gewissenhaftigkeit – man will<br />

Wahrheit und nicht Falschheit anstreben – <strong>die</strong>se Verlangen nach Wahrheit muss aber reguliert<br />

werden – deshalb brauchen wir regulative Tugenden, <strong>die</strong> unsere Kritik betreffen.<br />

Greco: Will sowohl Zuverlässigkeit als auch Verantwortlichkeit<br />

Er will <strong>die</strong> objektive Zuverlässigkeit auf <strong>die</strong> subjektive Verantwortlichkeit gründen. Objektive<br />

Zuverlässigkeit gründet also nach ihm auf der epistemisch verantwortlichen Handlung. Wer den<br />

<strong>in</strong>tellektuellen Tugenden richtig gefolgt ist, kommt zu objektiven Zuverlässigkeiten.<br />

Man ist objektiv gerechtfertigt, wenn man nach den Grundlagen handelt, <strong>die</strong> verantwortliche<br />

Dispositionen darstellen, <strong>die</strong> nicht unbed<strong>in</strong>gt bewusst se<strong>in</strong> müssen.<br />

Zagzebski: Thomistisch- aristotelischer Tradition verhaftet – Versucht, <strong>die</strong> Ethik und <strong>die</strong><br />

Epistemologie zu synthetisieren. Während also <strong>die</strong> Tugendepistemiker zwar den Tugendbegriff<br />

der Ethik entlehnen, dann aber <strong>die</strong> Ethik h<strong>in</strong>ter sich lassen, will sie darauf aufmerksam machen,<br />

dass Epistemologie und Ethik gar nicht getrennt denkbar s<strong>in</strong>d. Epistemische Tugenden s<strong>in</strong>d<br />

nach ihr e<strong>in</strong> Teil ethischer Tugenden.<br />

Motivation ist charakteristisch für Tugenden – damit man <strong>die</strong> Tugend hat, muss man <strong>die</strong><br />

Motívation zu e<strong>in</strong>er best Tugend haben. Dies ist <strong>in</strong>ternalistisch, es gibt aber auch externe<br />

Ursachen für Tugenden. Erfolg und Motivation s<strong>in</strong>d zwei wichtige Komponenten bei der<br />

aristotelischen Tugendlehre und sie me<strong>in</strong>t nun, <strong>die</strong>s sei analog auch bei epistemischen<br />

Tugenden vorhanden: epistemische Tugenden zeigen e<strong>in</strong>e generelle Motivation, nach Wahrheit<br />

zu streben.<br />

Fronesis (praktische Weisheit bei Aristoteles): das s<strong>in</strong>d eben Fragen, wie man richtig kritisiert,<br />

wie viel Respekt man dem Gegenüber br<strong>in</strong>gen soll usw.<br />

Bei ihr muss man schon wissen, was e<strong>in</strong>e gewissenhafte Person ist, weil sie me<strong>in</strong>t, dass<br />

gewissenhaft e<strong>in</strong>e Handlung dann ist, wenn sie von gewissenhaften Personen vollzogen wird.<br />

Nicht Zufälligkeit des Wissens lässt sich h<strong>in</strong>reichend erklären und e<strong>in</strong>fangen durch <strong>die</strong> Rede<br />

von <strong>in</strong>tellektuellen Tugenden. Zentral ist <strong>die</strong> Anti-Zufall-These, nicht aber zB <strong>die</strong> Nosick-<br />

Bed<strong>in</strong>gungen. Sie br<strong>in</strong>gt den Begriff der positiven Anrechnung h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>, <strong>die</strong> be<strong>in</strong>ahe e<strong>in</strong>e soziale<br />

Komponente öffnet: wissen s<strong>in</strong>d Überzeugungen, <strong>die</strong> mir positiv angerechnet werden können<br />

(Credibility). Für me<strong>in</strong> Wissen bekomme ich quasi sozialen „Credit“<br />

Erklärungsaugefälligkeit (Greco): „Aufgrund“: bei Zagzerbski gibt’s ke<strong>in</strong> Wissen aufgrund<br />

von S<strong>in</strong>nesdaten sondern überhaupt nur aufgrund der Tugenden. Greco sieht <strong>die</strong>s nicht so<br />

streng. Was noch augenfälliger ist als <strong>die</strong> Tugenden, ist der Umstand des Pechs (zB bei den<br />

Gettierproblemen). Wir würden bei Gettier-Fällen nicht von Wissen sprechen, weil augenfällig<br />

ist, dass <strong>die</strong> Unwissenden eigentlich e<strong>in</strong>fach pech hatten. Erklärungsaugenfällig ist also e<strong>in</strong><br />

pragmatischer Begriff – das Augenfällige Moment ist das des Pechs.<br />

Die Augenfälligkeit macht also den Unterschied zwischen vielen Situationen: <strong>die</strong> Induktion<br />

funktioniert für gewöhnlich, deshalb ist sie augenfällig epistemisch wertvoll, Pech ist <strong>in</strong> den<br />

Gettier-Fällen augenfällig, deshalb können wir damit leben...


Zurück zu Sosa: Bogenschützenbsp:<br />

Das Leistungsmodell: Leistungen können nach Genauigkeit, Geschicktheit und Treffendse<strong>in</strong><br />

beurteilt werden.<br />

Genauigkeit entspricht der Wahrheit (ist das was man kognitiv treffen will), <strong>die</strong> Geschicklichkeit<br />

s<strong>in</strong>d <strong>die</strong> <strong>in</strong>tellektuellen Tugenden und treffend ist e<strong>in</strong>e Überzeugung, wenn sie wahr ist, weil sie<br />

kompetent ist. „Wissen ist treffende Überzeugung“ Knowledge is apt belief.<br />

Von Wissen würden wir auch sprechen, wenn wir <strong>in</strong> nahen Welten unrecht haben könnten. Es<br />

reicht für Wissen aus, dass wir feststellen können, dass <strong>die</strong> Überzeugung wahr ist und sie auf<br />

<strong>in</strong>tellektuelle Tugenden zurückgehen, auch dann, wenn sie uns zum Irrtum führen können.<br />

12. Vorlesung: Naturalistische <strong>Erkenntnistheorie</strong><br />

Unter naturalistischer <strong>Erkenntnistheorie</strong> wird das Wissen als natürliches Phänomen angesehen.<br />

“Wissen ist e<strong>in</strong>e natürliche Art.” Bestimmte Arten von D<strong>in</strong>gen gehen von uns auf bestimmte<br />

Interessen zurück: Bsp.: Stühle existieren nicht unabhängig von uns. Wasser existiert h<strong>in</strong>gegen<br />

bereits als e<strong>in</strong>e natürliche Art. So wie andere natürliche Arten von den Naturwissenschaften<br />

erklärt werden, kann auch das Wissen erklärt werden. A priorische Überlegungen und<br />

Intentionen können uns dabei nicht helfen Wissen zu erklären, vielmehr benötigen wir<br />

empirische Methoden Wissen zu untersuchen. Bsp.: Das Prädikat “grün” lässt sich auf<br />

verschiedene D<strong>in</strong>ge <strong>in</strong> der Welt anwenden, <strong>die</strong>se Gegenstände, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Intension “grün”<br />

besitzen nennt man Extensionen. Die Intension determ<strong>in</strong>iert also <strong>die</strong> Extension. Wie soll<br />

man Begriffe verstehen, <strong>die</strong> auf natürliche Arten verweisen? Wir können das Wort “Tiger”<br />

benutzen um auf <strong>die</strong> Tiger <strong>in</strong> <strong>die</strong> Welt verweisen, da das Wort bereits mit e<strong>in</strong>er Beschreibung<br />

assoziieren. Die Term<strong>in</strong>i der Dikription s<strong>in</strong>d also wesentlich für <strong>die</strong> Extension. Auch muss<br />

erwähnt werden, dass sich Bedeutungen von gewissen D<strong>in</strong>gen wie Wasser geändert haben.<br />

Beispielsweise haben wir bei Wasser nicht mehr bloß e<strong>in</strong>e Auffassung e<strong>in</strong>er Flüssigkeit, da<br />

wir auch bei Eis, bei festem Wasser, von Wasser sprechen. Für <strong>die</strong> kausalistische Auffassung<br />

ist der Akt der Taufe wesentlich. Man verb<strong>in</strong>det also e<strong>in</strong>en Gegenstand mit e<strong>in</strong>em Namen.<br />

Diese Referenzbeziehung ist nicht von der wandelnden Beschreibung abhängig. Qu<strong>in</strong>e hat <strong>die</strong><br />

Auffassung, dass <strong>die</strong> <strong>Erkenntnistheorie</strong> e<strong>in</strong> Bereich der Psychologie sei.<br />

Hilary Kornblith:<br />

Wir sollen nicht den Begriff untersuchen, sondern uns direkt um das Wissen kümmern. Die<br />

zentrale Methode Begriffe zu untersuchen ist auf unsere Intuitionen e<strong>in</strong>zugehen.<br />

George Bealer ist e<strong>in</strong> Gegenspieler gegen der naturalistischen <strong>Erkenntnistheorie</strong>. Für ihn s<strong>in</strong>d a<br />

priorische Intuitionen das wichtigste. Empirismus ist e<strong>in</strong> zentraler Punkt des Naturalismus. Alles<br />

was zählt s<strong>in</strong>d empirische S<strong>in</strong>neswahrnehmungen. George Bealer jedoch wirft den Naturalisten<br />

vor, dass sie <strong>in</strong> der Praxis selbst auf a priorische Begriff<strong>in</strong>tuitionen zurückgreifen. Auch sei<br />

der Syllogismus auf apriorische Intuition und nicht auf empirische Schlussfolgerung gestützt.<br />

Kornblith sagt darauf, dass <strong>die</strong> Gültigkeit des Schlusses von se<strong>in</strong>er Zuverlässigkeit abhängt,<br />

nämlich dass <strong>die</strong> Prämissen war s<strong>in</strong>d etc.<br />

Wenn <strong>die</strong> naturalistische <strong>Erkenntnistheorie</strong> alles mit der Naturwissenschaft erklären möchte,<br />

dann ergibt sich das Problem, dass epistemische Begriffe ganz anderer Art s<strong>in</strong>d (Bsp.:


Gerechtfertigt). Dass gewisse Begriffe jedoch <strong>in</strong> Naturwissenschaften nicht vorkommen, müsse<br />

uns, so Kornblith, nicht beunruhigen.<br />

Kornblith stimmt, zu dass Intuitionen wichtig s<strong>in</strong>d, jedoch seien sie immer erfahrungsbegründet,<br />

empirisch und somit a posteriori. Wir brauchen <strong>die</strong> Intuitionen nicht um den Begriff des Wissens<br />

zu bestimmen. Wir sollen uns vielmehr darum bemühen das Phänomen des Wissens als<br />

natürliche Art zu verstehen. Intuitionen brauchen nur am Anfang unserer Untersuchungen<br />

von Wissen. Bsp.: Jemand sucht Ste<strong>in</strong>e und will sie klassifizieren. Zunächst mögen spontane<br />

Intuitionen für den Sammler e<strong>in</strong>e Rolle spielen. (Besondere Auffälligkeiten) Welche Ste<strong>in</strong>e<br />

jedoch wirklich e<strong>in</strong>ander ähnlich s<strong>in</strong>d, hat nichts mehr mit se<strong>in</strong>en Intuitionen zu tun. Dabei muss<br />

man sich nämlich auf empirische Untersuchungen stützen.<br />

Was Wissen wirklich ist, hängt von unseren naiven alltäglichen Intuitionen ab. Wenn wir<br />

alltägliche Intuitionen aber durch wissenschaftlichen Theorien ersetzten, reden wir <strong>in</strong><br />

Wirklichkeit von etwas anderes. E<strong>in</strong>wand: Doch wir me<strong>in</strong>en beispielsweise immer das selbe<br />

Wasser wenn wir von Wasser als H2O reden, oder als Flüssigkeit.<br />

Die alltägliche Intuition ist notwendig um das Wissen abzugrenzen um dann <strong>in</strong> weiterer folge<br />

e<strong>in</strong>e naturwissenschaftlichen Theorie aufstellen zu können.<br />

Zum Vorwurf wurde ihm gemacht, dass das Wissen als natürliche Art nicht mehr als<br />

philosophischer Gegenstand gesehen werden könne. (Vgl. Qu<strong>in</strong>e)<br />

Wissen als natürliche Art:<br />

Von der kognitiven Verhaltensbiologie sollten wir lernen wie wir Wissen def<strong>in</strong>ieren können.<br />

Es ist nicht ersichtlich, warum Kornblith <strong>die</strong> Verhaltensbiologie favorisiert. Wann sollen<br />

wir von e<strong>in</strong>er bestimmten Art, von e<strong>in</strong>er natürlichen Art sprechen? Er wendet sich gegen<br />

behavioristische Auffassungen des tierischen Verhaltens, <strong>die</strong> dem Tier ke<strong>in</strong>e mentalen<br />

Zustände, sonder ausschließlich nur Bewegungsmuster (Automationen) zumutet. Tiere haben<br />

nämlich auch mentale Intensionen h<strong>in</strong>sichtlich verhaltensbiologischer Untersuchungen. Die<br />

Verhaltensbiologen können den Tieren <strong>in</strong>tensionales Verhalten zusprechen und verwenden<br />

selbst das nötige Vokabular dafür (Bsp.: E<strong>in</strong> Tier versteckt sich.) Man muss ständig<br />

<strong>in</strong>tensionale Begriffe verwenden, <strong>die</strong> e<strong>in</strong>en Zustand des Tiers beschreiben. Wir erklären also<br />

gewisse Verhaltensmuster mit gewissen Informationszuständen. (Glaubensannahmen und<br />

Überzeugungen) “Wir müssen <strong>die</strong> Angst vor dem Antropomorphismus verlieren!”<br />

Bsp.: Der Goldregenpfeifer täuscht Fe<strong>in</strong>den e<strong>in</strong>e Verletzung vor um von der Brut abzulenken.<br />

Hier sieht man das Zusammenspiel von verschiedenen mentalen Zuständen. Der<br />

Goldregenpfeifer weiß also, dass e<strong>in</strong>e Katze e<strong>in</strong> Fressfe<strong>in</strong>d ist. (Zuverlässige wahre<br />

Glaubensannahmen) Die Notwendigkeit des Wissens hängt also mit der biologischen “Fitness”<br />

zusammen. Man kann den Wissensbegriff also als kausale Notwendigkeit zum Überleben<br />

def<strong>in</strong>ieren. Aus der theoretischen Perspektive der Verhaltensbiologie wird der Wissensbegriff<br />

zunächst auf <strong>die</strong> Gattung bezogen.<br />

Zuverlässigkeitstheorie: Wenn der Prozess der <strong>die</strong> wahre Überzeugung erzeugt hat zuverlässig<br />

ist, sprechen wir von Wissen. Brandom sagt, dass Zuverlässigkeitsurteile <strong>in</strong>teresseorientiert<br />

s<strong>in</strong>d und der Prozess je nach Referenzklasse zuverlässig oder nicht zuverlässig ist. Kornblith<br />

wendet hier e<strong>in</strong>, dass <strong>die</strong> jeweilige Gattung selbst festlegt, was <strong>die</strong> Referenzklasse ist.<br />

Deswegen gibt es nicht <strong>die</strong>se Interessensvielfalt wie Brandom sie beschreibt.


13. Vorlesung: Kontextualismus<br />

Kontextualismus:<br />

Nosicks Skeptizismusargument und das Pr<strong>in</strong>zip der Geschlossenheit:<br />

Nosicks kontrafaktuale Annahmen werden zum Pr<strong>in</strong>zip der Sensitivität (vs. Der Sicherheit).<br />

Der entscheidende Punkt ist, dass es sich um nahelegende Antezedens-Welten handelt. Der<br />

kontrafaktuale Konditionalsatz ist wahr, gdw <strong>die</strong> nahegelegendsten Antezedenzwelten solche<br />

s<strong>in</strong>d, <strong>in</strong> denen <strong>die</strong> Konsequens wahr ist.<br />

Zum Skeptizismus: Was mach ihn so plausibel? Wir müssen nach Nosick sehen, dass sie Kraft<br />

haben und uns gewissermaßen auch überzeugen können. Aber warum wollen wir nicht mit dem<br />

Skeptiker mitgehen? Es reicht, dass wir aus unserer nicht-skeptischen Perspektive nicht mit ihm<br />

mitkönnen.<br />

Der Skeptiker will uns überzeugen, dass ich auch <strong>in</strong> Welten, <strong>in</strong> denen ich nicht hier stehe<br />

(Bra<strong>in</strong>s <strong>in</strong> a vet), überzeugt b<strong>in</strong>, hier zu stehen. Widerlegen können wir ihn nur, wenn wir zeigen<br />

können, ke<strong>in</strong> Gehirn im Tank zu se<strong>in</strong> – und das können wir nicht. Warum nicht? Was wäre denn<br />

hierfür erforderlich, dass ich ke<strong>in</strong> Gehirn im Tank b<strong>in</strong>? 1. müsste <strong>die</strong> skept. These falsch se<strong>in</strong>, 2.<br />

muss ich dessen überzeugt se<strong>in</strong>, 3. wäre <strong>die</strong> These wahr, müsste ich auch überzeugt, dass ich<br />

e<strong>in</strong> Gehirn im Tank b<strong>in</strong>. Das ist aber nicht der Fall – man kann nämlich me<strong>in</strong> Gehirn – so dass<br />

skept. Argument – manipulieren. Der Skeptiker übersieht also, dass wir das skept. Szenario gar<br />

nicht ausschließen können müssen, um zeigen zu können, dass ich zb hier b<strong>in</strong>. Um zu wissen,<br />

da zu se<strong>in</strong>, muss ich <strong>die</strong> Skeptiker gar nicht widerlegen. Nosick kann das sagen, weil er me<strong>in</strong>t,<br />

dass <strong>die</strong> skeptischen Welt sehr weit von der aktuellen Welt weit entfernt s<strong>in</strong>d, s<strong>in</strong>d sie irrelevant<br />

für den Satz „Stände ich jetzt nicht hier, wäre ich auch nicht davon überzeugt, dass ich hier<br />

stehe“.<br />

Pr<strong>in</strong>zip der Geschlossenheit: Ich weiß nicht, dass <strong>die</strong> skept. These falsch ist. Wenn ich <strong>die</strong>s<br />

nicht weiß, dann weiß ich auch nicht, dass ich existiere. Moore argumentiert umgekehrt: er weiß<br />

gewöhnliche D<strong>in</strong>ge, und wenn ich <strong>die</strong>s weiß, weiß ich auch, dass <strong>die</strong> skeptische Hypothese<br />

falsch ist. Also: ist <strong>die</strong> skept. Hyp. Falsch. Die arugementative Struktur ist hier völlig analog,<br />

deshalb fragen wir nach dem Pr<strong>in</strong>zip, und <strong>die</strong>s lautet: Wenn ich etwas wirklich weiß, dann muss<br />

ich auch beim drüber Nachdenken dasjenige wissen, was aus dem Gewussten folgt. (Pr<strong>in</strong>zip<br />

der Geschlossenheit). Man muss immer auch das wissen, was aus dem Wissen folgt – deshalb<br />

ist wissen geschlossen.<br />

Nun Moore: daraus, dass ich hier b<strong>in</strong>, folgt vieles, nicht aber, dass ich e<strong>in</strong> Bra<strong>in</strong> <strong>in</strong> a vet b<strong>in</strong>.<br />

Sollte es aber se<strong>in</strong>, dass ich nicht weiß, e<strong>in</strong> bra<strong>in</strong> <strong>in</strong> a vet se<strong>in</strong> → dann, dass ich auch nicht<br />

weiß, dass ich hier b<strong>in</strong> (Skeptiker verwendet das gleiche Pr<strong>in</strong>zip wie Moore negativ, Moore<br />

selber positiv).<br />

Nosick sagt nun, der Skeptiker hat recht – ich kann nicht wissen, dass ich nicht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Tank<br />

liege. Er gesteht also <strong>die</strong> 1. Prämisse zu und trotzdem dabei bleiben, zu wissen, dass wir jetzt<br />

da s<strong>in</strong>d. Deshalb verne<strong>in</strong>t er also <strong>die</strong> 2. Prämisse und damit das Pr<strong>in</strong>zip der Geschlossenheit<br />

e<strong>in</strong>schränken. Genau das machen Nosick und Dretzke:<br />

Zebra-Beispiel: Das Pr<strong>in</strong>zip der Geschlossenheit verlangt das Unterscheiden von Zebra und


Löwe. Deshalb weiß Lorietta nicht, dass hier Zebras s<strong>in</strong>d, denn sie weiß nicht, was aus <strong>die</strong>sem<br />

Wissen folgt (nämlich dass ke<strong>in</strong>e anderen Tiere hier s<strong>in</strong>d). Es gibt also Fälle, <strong>in</strong> denen das<br />

Pr<strong>in</strong>zip der Geschlossenheit zutrifft.<br />

Nun sieht sie angemalte Zebras: nach dem Pr<strong>in</strong>zip der Geschlossenheit folgt, dass da ke<strong>in</strong>e<br />

angemalten Eseln s<strong>in</strong>d, also erfüllt sie nicht <strong>die</strong> Bed<strong>in</strong>gung des Pr<strong>in</strong>zips der Geschlossenheit.<br />

So weiß sie nicht, dass da Zebras s<strong>in</strong>d. Daran sehen wir aber, dass das Pr<strong>in</strong>zip der<br />

Geschlossenheit nicht unseren Intuitionen entspricht, denn <strong>in</strong>tuitiv würden wir sagen, dass<br />

sie weiß, dass da Zebras s<strong>in</strong>d. Erklärung: wir müssen von relevanten und irrelevanten<br />

Unterscheidungen ausgehen. Erforderlich um zu wissen, s<strong>in</strong>d nur relevante Alternativen, nicht<br />

aber angemalte Esel, weil das ja eigentlich absurd ist. Das Pr<strong>in</strong>zip der Geschlossenheit gilt<br />

also nur für relevante, nicht aber für irrelevante Alternativen. Die skeptischen Alternativen s<strong>in</strong>d<br />

genauso irrelevant, wie <strong>die</strong> angemalten Esel. Um zu wissen, dass ich da b<strong>in</strong>, muss ich also<br />

nicht wissen, dass ich ke<strong>in</strong> Gehirn im Tank b<strong>in</strong>, weil es e<strong>in</strong>fach ke<strong>in</strong>e relevante Alternative ist,<br />

e<strong>in</strong> Gehirn im Tank zu se<strong>in</strong>. Deshalb kann ich zwar wissen, 2 Hände zu haben, aber nicht,<br />

dass ich nicht grade e<strong>in</strong> hand- und körperloses Gehirn irgendwo b<strong>in</strong>. So me<strong>in</strong>t Nosick, dass wir<br />

sehen, was am Skeptizismus richtig ist, zugleich aber, warum uns das nicht weiter kümmern<br />

muss, weil unser Alltagswissen uns erhalten bleibt. Die kontrafaktuale Analyse ist also e<strong>in</strong><br />

Mittel, den Skeptiker mitsamt e<strong>in</strong>er Aufgabe des Pr<strong>in</strong>zips der Geschlossenheit, schlagen kann.<br />

Wie wurde <strong>die</strong>s weiterentwickelt?<br />

Der semantische Kontextualismus:<br />

Werkzeuge: <strong>in</strong>dexikalische Ausdrücke – also Ausdrücke, <strong>die</strong> je nach Kontext auf anderen D<strong>in</strong>ge<br />

verweisen (Paradebsp.: Ich) 2 Sprecher können also denselben Satz sagen, und dennoch s<strong>in</strong>d<br />

<strong>die</strong> Inhalte des Satzes je verschieden, weil der <strong>in</strong>dex. Ausdruck <strong>die</strong> Sätze unterscheidet.<br />

Keith de Rose` semantischer Kontextualismus:<br />

Fragt sich, warum wir den Skeptizismus so plausibel f<strong>in</strong>den und ihn zugleich auch verwerfen<br />

wollen? Es geht darum, den Skeptiker zu verstehen. Weiters will er <strong>die</strong> „scheußliche<br />

Konjunktion“ verstehen und sich zu eigen machen. Nach <strong>die</strong>ser Konjunktion weiß man eben, 2<br />

Hände zu haben, ohne zu wissen, ke<strong>in</strong> Gehirn im Tank zu se<strong>in</strong> – und <strong>die</strong>s ersche<strong>in</strong>t ihm eben<br />

scheußlich.<br />

Primäre Perspektive: Wann schreibe ich jemand anderem wissen zu? (Nicht, wann weiß ich<br />

etwas)<br />

Es geht also um kontextualistische Theorien der Wissenszuschreibung.<br />

De Rose macht nun geltend, dass e<strong>in</strong> Subjekt etwas auf verschieden starke Weisen etwas<br />

wissen kann – Wissen kommt also graduell daher, es gibt verschiedene Begriffe des Wissens,<br />

<strong>die</strong> mehr oder weniger von uns verlangen. Es gibt also stärkere oder weniger starken<br />

epistemischen Position se<strong>in</strong> – e<strong>in</strong>mal ist etwas weniger zufällig und besser gerechtfertigt, e<strong>in</strong><br />

andermal nicht.<br />

Wie stark <strong>die</strong> epistemische Position e<strong>in</strong>es Subjekts se<strong>in</strong> muss, damit es etwas weiß,<br />

entscheidet sich am Gesprächskontext des Zuschreibers, der dem Subjekt e<strong>in</strong> bestimmtes<br />

Wissen zuschreibt.<br />

Was ist notwendig um wirklich zu wissen, dass ich jetzt me<strong>in</strong>en Laptop vor mir sehe?<br />

Versch. Stärken von wissen:


1. Fall: zwischen naheliegenden Alternativen muss ich entscheiden können – d.h. Ich<br />

muss me<strong>in</strong>en Laptop von anderen Laptops, me<strong>in</strong>en Tisch von anderen Tischen etc.<br />

unterscheiden können – wenn me<strong>in</strong>e Überzegung, dass es me<strong>in</strong> Laptop ist, sensitiv für<br />

solche Unterscheidungen ist, kann ich von Wissen sprechen.<br />

2. Fall: nicht nur Stös und Flos Laptop s<strong>in</strong>d relevant, sondern auch alle anderen<br />

möglichen Laptops, <strong>die</strong> ich z.B. kaufen könnte. Es gibt e<strong>in</strong>e mögliche Welt wo statt me<strong>in</strong>em<br />

Laptop e<strong>in</strong> neuer oder anderer Laptop steht und nicht offensichtlich unterschiedlich s<strong>in</strong>d.<br />

Ich muss also nicht nur von 3 Laptops unterscheiden können, sondern von mehreren → me<strong>in</strong><br />

Wissen muss sensitiver se<strong>in</strong>, d.h.aus mehr Alternativen unterscheiden können. Dies ist also e<strong>in</strong><br />

stärkerer Wissensbegriff.<br />

Angenommen, es gäbe jedes Jahr 10 000 Laptops me<strong>in</strong>es Typs direkt an me<strong>in</strong>em<br />

Schreibtisch. Ich muss also zwischen me<strong>in</strong>em und den anderen unterscheiden können – <strong>die</strong><br />

Überzeugung muss also noch sensitiver se<strong>in</strong> (aber <strong>die</strong>se Welt ist schon sehr weit von der<br />

eigentlichen weg) = 3. Fall<br />

Angenommen, wir s<strong>in</strong>d Gehirne im Tank. Dies wäre das stärkste Wissen, geht aber nicht mehr.<br />

= 4 Fall<br />

Diese Wissensbegriffe s<strong>in</strong>d also <strong>in</strong>dexikalisch, d.h.<strong>die</strong> Wissensbegriffe s<strong>in</strong>d Kontextabhängig.<br />

Aber <strong>die</strong>se Kontexte können quasi <strong>in</strong>teragieren. Wenn ich etwas weiß, und von e<strong>in</strong>em Kontext<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Gespräch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en anderen transferiere, mir me<strong>in</strong> Gesprächspartner aber sagt,<br />

dass me<strong>in</strong> Wissen nicht stimmen kann und auf e<strong>in</strong>e höhere bzw. stärkere Ebene des Wissens<br />

verweist, erzw<strong>in</strong>gt er mehr oder weniger e<strong>in</strong>e Verschiebung me<strong>in</strong>es eigenen<br />

Wissensbegriff von Fall 1 auf 2 oder 2 auf 3.<br />

→ <strong>die</strong> Regel der Sensitivität: Wenn ich behaupte, dass jemand etwas weiß, dann werden <strong>die</strong><br />

Standards für Wissen bis zum notwendigen Wissensniveau angehoben, auf dem <strong>die</strong> jeweilige<br />

Überzeugung sensitiv se<strong>in</strong> muss, um ´Wissen zu se<strong>in</strong>. Der Skeptische Ansatz verlangt<br />

nun bereits e<strong>in</strong>en Wissensbegriff, der <strong>die</strong> maximale Sensitivität verlangt. Diese maximale<br />

Sensitivität wird dann aber auch auf <strong>die</strong> Alltagsd<strong>in</strong>ge angewandt, d.h.wir können<br />

eigentlich nicht das skeptische Argument gelten lassen und trotzdem wissen können, dass<br />

wir da s<strong>in</strong>d (wendet sich also gegen das Argument Nocksis). Solange wir auf dem<br />

Wissensbegriff 1 oder 2 operieren und niemand <strong>die</strong> skeptischen Möglichkeiten anspricht, solange wissen<br />

Das Pr<strong>in</strong>zip der Geschlossenheit bleibt nach De Rose nur <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>es Wissenskontextes<br />

gültig. Wenn <strong>die</strong> Stärke der epistemischen Positionen variieren, bleibt das Pr<strong>in</strong>zip der<br />

Geschlossenheit auf der Strecke und muss fallen gelassen werden.<br />

Um den Skeptiker zu widerlegen müsste man zeigen, dass man im Wissen 4 Modus D<strong>in</strong>ge<br />

wissen kann und beweisen kann, dass ich nicht e<strong>in</strong> Hirn im Tank b<strong>in</strong>. Das kann ich aber nicht.<br />

Es gibt eben ke<strong>in</strong>en Kommunikationskontext für das Switchen zwischen Wissensbereichen.<br />

Wir haben nur den Wissenszuschreiber, und er gibt den relevanten Wissenskontext vor. Das<br />

Subjekt weiß p, wenn der Zuschreiber se<strong>in</strong> Wissen anerkannt, weil er sich auf derselben Ebene<br />

bef<strong>in</strong>det.<br />

E<strong>in</strong>wände gegen <strong>die</strong>se Position:<br />

Stephen Schiffer: me<strong>in</strong>t, es ist zweifelhaft, dass Wissenszuschreibungen <strong>in</strong>dexikalisch s<strong>in</strong>d. De


Rose me<strong>in</strong>t ja, wissen hänge vom Kontext ab, wodurch Wissen e<strong>in</strong> <strong>in</strong>dexikalischer Begriff wird.<br />

Aber <strong>die</strong>s korrespon<strong>die</strong>rt nicht mit unserem Alltagsverständnis: Weiß ist für ihn ke<strong>in</strong><br />

<strong>in</strong>dexikalischer Begriff, weil wir im Alltag nicht rückfragen, was wir mit „Ich weiß, X“ fragen.<br />

Wir fragen vl, was me<strong>in</strong>st du mit hier?, nicht aber „Was me<strong>in</strong>st du mit Wissen? (Hält <strong>Kusch</strong> für<br />

schlecht, ich auch)<br />

Lt. Sprachphilosophie wäre ja eigentlich jedes Wort kontextgebunden...<br />

Kritik von Pritchard: Wie kommen wir von hohen Wissensebenen wieder zurück zu niedrigen?<br />

Wenn wir e<strong>in</strong>mal Wissen 4 haben – wie wir philosophen – wie können wir dann im Alltag<br />

überhaupt noch leben wenn wir doch wissen dass unser wissen eigentlich immer unterm<strong>in</strong>iert<br />

wird.<br />

Der Kontextualismus der Schlüsse:<br />

Michael Williams:<br />

Natürliche vs. Künstliche Arten. / Realismus – D<strong>in</strong>ge existieren unabhängig von uns / Die Idee<br />

des In-der-Erfahrung-Gegeben-Se<strong>in</strong>s, d.h. In me<strong>in</strong>er Erfahrung s<strong>in</strong>d D<strong>in</strong>ge da, was ist <strong>in</strong> der<br />

Außenwelt da? Schlüsse über unsere Außenwelt s<strong>in</strong>d von <strong>die</strong>ser Erfahrung gegeben. Dies s<strong>in</strong>d<br />

<strong>die</strong> Werkzeuge für den besagten Kontextualismus.<br />

Williams will nun zeigen, wie <strong>die</strong> Schlüsse, <strong>die</strong> <strong>in</strong> den Skeptizismus führen, uns<strong>in</strong>nig s<strong>in</strong>d.<br />

Deshalb zeichnet er <strong>die</strong> Schritte des Descartes nach. Wir haben S<strong>in</strong>neserfahrungen. Logisch<br />

lassen sich Überzeugungen von der Außenwelt nicht von S<strong>in</strong>neserfahrung ableiten. Induktion<br />

erlaubt auch ke<strong>in</strong>e solche Überzeugung. Deshalb lässt sich ke<strong>in</strong> Wissen über <strong>die</strong> Außenwelt<br />

formulieren. Sie s<strong>in</strong>d nämlich weder von S<strong>in</strong>nesdaten noch durch Induktion ableitbar.<br />

Williams sagt nun folgendes: Damit man <strong>die</strong>ses Argument überzeugend f<strong>in</strong>den, müssen<br />

wir folgende Annahme machen: Fundamentalisten und auch Skeptiker teilen folgende<br />

Annahmen: epistemischer Realismus (alle unserer Überzeugungen fallen <strong>in</strong> zwei Gruppen –<br />

S<strong>in</strong>neserfahrungsüberzeugungen und Überzeugungen über <strong>die</strong> Außenwelt; <strong>die</strong>se existieren<br />

als Arten wirklich, me<strong>in</strong>t der Fundamentalist). Totalitätsannahme (jede <strong>die</strong>ser Arten bilden e<strong>in</strong>e<br />

Totalität,dh alle <strong>die</strong>se Überzeugungen bilden e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>heit, weil sie sich so ähnlich s<strong>in</strong>d, und<br />

man kann fragen hstl. Aller Überzeugungen stellen). Epistemologische Priorität (Annahme, dass<br />

Erfahrungsüberzeugungen primär gegenüber Außenweltüberzeugungen s<strong>in</strong>d) Beweismaterial,<br />

das zeigt, das unsere Überzeugung wahrsche<strong>in</strong>lich wahr ist. Nun:<br />

Die Totalität unserer Überzeugungen bzgl. der Außenwelt bedarf e<strong>in</strong>er Rechtfertigung. Die<br />

Gesamtheit unserer Überzeugungen über <strong>die</strong> Außenwelt muss gerechtfertigt werden durch <strong>die</strong><br />

Gesamtheit unserer Überzeugungen unserer S<strong>in</strong>neserfahrungen. Dies geht aber nicht, weil<br />

wir eben auch Gehirne im Tank se<strong>in</strong> könnten. Williams will nun eben zeigen, dass <strong>die</strong>s zwar<br />

<strong>in</strong>nerhalb der oben genannten Annahme richtig ist, aber <strong>die</strong> Annahmen eigentlich falsch s<strong>in</strong>d.<br />

Er ersetzt also den Fundamentalismus durch e<strong>in</strong>en epistemologischen Konventionalismus,<br />

d.h. Es gibt ke<strong>in</strong>e primären, ke<strong>in</strong>e totalen, ke<strong>in</strong>e Klassifikation von Überzeugungen. Es<br />

gibt nicht 2 natürliche Arten der Überzeugungen, sondern alle möglichen Überzeugungen,<br />

stärkere, schwächere usw. → Rückweisung der ersten Annahme, es gibt also ke<strong>in</strong>e<br />

Fundamentalüberzeugungen mhehr. Es ist weiters absurd, dass alle <strong>die</strong>se Überzeugungen<br />

e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>heit bilden → Rückweisung der Totalität. Epistemische Priorität muss mit Egalität<br />

übersetzt werden: Welche Überzeugungen wahr s<strong>in</strong>d, hängt vom Kontext ab – <strong>in</strong>sofern s<strong>in</strong>d sie<br />

gleichberechtigt → Rückweisung der epist. Priorität. Letzter Schritt ist nun <strong>die</strong> Rückweisung,


dass Wissen gerechtfertigt se<strong>in</strong> muss. Vielmehr ist Wissen e<strong>in</strong>e Frage der Herausforderung:<br />

solange mich niemand fordert, mich zu rechtfertigen, muss ich das auch gar nicht und<br />

kann an me<strong>in</strong>em Wissen festhalten. Erst bei relevanten Nachfragen muss ich me<strong>in</strong> Wissen<br />

rechtfertigen. Nicht jede Herausforderungen müssen aber beantwortet bleiben und auch<br />

jede Herausforderung muss h<strong>in</strong>terfragt werden. Welche Herausforderung s<strong>in</strong>nvoll macht,<br />

s<strong>in</strong>d <strong>die</strong> Interessen und was wir damit anfangen wollen – also auch Kontextual abhängig. →<br />

Rückweisung der Rechtfertigung.<br />

Williams me<strong>in</strong>t also, der Skeptizismus ist nichts, <strong>in</strong> das wir natürlich schlittern, sondern dass er<br />

vielmehr e<strong>in</strong>e äußerst philosophisch-theoretisch Position darstellt und dass man zum Skeptiker<br />

nur wird, wenn man e<strong>in</strong> Fundamentalist war/ist. Wir können ihn vermeiden, wenn wir <strong>die</strong>se<br />

Annahmen destruieren. Nur im Kontext des Fundamentalisten ist der Skeptizismus also e<strong>in</strong>e<br />

vertretbare Position, aber <strong>die</strong>ser beruht ja auf falschen Annahmen.

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