Case Management Psychoonkologie - Carina Stiftung
Case Management Psychoonkologie - Carina Stiftung
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CMP-Abschlussbericht 2006<br />
<strong>Case</strong> <strong>Management</strong> <strong>Psychoonkologie</strong><br />
Langfassung<br />
Implementierung psychoonkologischer Leistungen<br />
in Kliniken der Akutversorgung<br />
Westfalen-Lippe, NRW<br />
Brüderkrankenhaus St. Josef, Paderborn<br />
Evangelisches Krankenhaus, Bielefeld<br />
Franziskus Hospital, Bielefeld<br />
Kath. St.-Johannes-Gesellschaft, Dortmund<br />
Klinikum Dortmund, Dortmund<br />
Klinikum Herford, Herford
Grundsätzlich ist Qualitätssicherung lediglich das dafür Sorgen,<br />
dass eine erreichbare Versorgungsqualität auch tatsächlich erreicht wird.<br />
Veröffentlicht von der<br />
<strong>Carina</strong> <strong>Stiftung</strong><br />
Sonnenblick 5<br />
32049 Herford<br />
und dem<br />
Selbmann, 1995 1<br />
Institut für Gesundheitsförderung und Versorgungsforschung gGmbH<br />
Universitätsstraße 150<br />
44780 Bochum<br />
Herford/Bochum, Februar 2007<br />
Die Wiedergabe von Passagen und Abschnitten aus diesem Bericht ist nur mit Genehmigung der He-<br />
rausgeber gestattet. Bei Zitaten und Auszügen ist als Quelle „<strong>Case</strong> <strong>Management</strong> <strong>Psychoonkologie</strong> –<br />
Abschlussbericht 2006, <strong>Carina</strong> <strong>Stiftung</strong>, Herford & IGV, Bochum“ anzugeben.
Autoren<br />
Michael Kusch<br />
Institut für Gesundheitsförderung und Versorgungsforschung gGmbH, Bochum<br />
Hans-Ulrich Höhl<br />
<strong>Carina</strong> <strong>Stiftung</strong>, Herford<br />
Projektmitarbeiter<br />
Sylvia Jung<br />
Gabriele Klewin<br />
Reinhold Samson<br />
Kontakt<br />
Dr. Hans-Ulrich Höhl<br />
<strong>Carina</strong> <strong>Stiftung</strong>, Herford<br />
Sonnenblick 5<br />
D-32049 Herford<br />
Tel: 05221 - 28 23 47<br />
Fax: 05221 - 28 23 48<br />
E-Mail: Ulrich.Hoehl@carina-stiftung.de<br />
PD Dr. Michael Kusch<br />
Institut für Gesundheitsförderung und Versorgungsforschung gGmbH<br />
Institut an der Ruhr-Universität-Bochum<br />
Universitätsstraße 150, GA 6/ 137-138<br />
D-44801 Bochum<br />
Tel: 0234 - 32 11957<br />
Fax: 0234 - 32 14952<br />
E-Mail: Michael.Kusch@rub.de
Danksagung<br />
Das Projekt „<strong>Case</strong> <strong>Management</strong> <strong>Psychoonkologie</strong> 2 “ hätte ohne die Unterstützung der vielen<br />
Personen, Einrichtungen und Institutionen, die das Projekt unterstützten und sich an seiner<br />
Umsetzung beteiligt haben, nicht realisiert werden können,<br />
Zu aller erst sind die Patienten und Angehörigen zu nennen, die sich in großer Zahl an dem<br />
strukturierten psychoonkologischen Versorgungsprogramm beteiligten.<br />
Die Ärzte und Pflegekräfte der beteiligten Kliniken und Abteilungen, die die Integration psychosozialer<br />
Leistungen in die medizinische Behandlung und Pflege gefördert und sich an der<br />
psychoonkologischen Patientenversorgung aktiv beteiligt haben.<br />
Die Psychologischen Psychotherapeuten, die sowohl die hohe Qualität der psychosozialen<br />
Versorgung von Krebs betroffener Patienten und Angehörigen sicherstellen konnten, wie<br />
auch wesentlichen Anteil an der gelungenen Implementierung und kontinuierlichen Verbesserung<br />
des Projektes hatten.<br />
Die Chefärzte, Pflegedienstleitungen und weitere Projektverantwortliche in den beteiligten<br />
Krankenhäusern, die den Prozess der Implementierung psychoonkologischer Versorgung in<br />
ihren Häusern begleiteten und unterstützten.<br />
Die Klinikgeschäftsführer und -verwaltungsleiter, die das Projekt getragen und die personellen<br />
und strukturellen Voraussetzungen der Projektumsetzung geschaffen haben und die an<br />
der strategischen Ausrichtung ihrer Krankenhäuser, hin zur Realisierung einer ganzheitlichen<br />
Krebstherapie, festhalten.<br />
Als Projektpartner haben das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes<br />
NRW, die AOK Westfalen-Lippe und die Krankenhausgesellschaft NRW das Projekt unterstützt<br />
und begleitet. Die AOK Westfalen-Lippe hat zudem die für die ökonomischen Analysen<br />
erforderlichen Kostendaten bereitgestellt.<br />
Die Universität Bielefeld (Prof. Badura) und die Universität Marburg (Prof. Herrmann-Lingen)<br />
waren wissenschaftliche Kooperationspartner des Projektes und beratend tätig.<br />
Die Projektkoordination, die Datenberechnungen sowie die fortlaufende Optimierung der<br />
Projektumsetzung wurden von Frau Sylvia Jung, Frau Gabriele Klewin und Herrn Reinhard<br />
Samson durchgeführt.<br />
Das Projekt „<strong>Case</strong> <strong>Management</strong> <strong>Psychoonkologie</strong>“ wurde durch die <strong>Carina</strong> <strong>Stiftung</strong>, Herford,<br />
finanziell gefördert.<br />
Allen Personen, Einrichtungen und Institutionen gilt unser ausdrücklicher Dank!<br />
Die Projektleiter
Inhaltsverzeichnis<br />
ZUSAMMENFASSUNG ..................................................................................................................................... 19<br />
1 EINLEITUNG ............................................................................................................................................ 31<br />
2. GRUNDLAGEN DER PSYCHOONKOLOGIE IM KRANKENHAUS .............................................. 35<br />
2.1 EINLEITUNG ............................................................................................................................................... 35<br />
2.2 PSYCHISCHE UND SOZIALE BELASTUNGEN VON KREBS BETROFFENER MENSCHEN .................................... 35<br />
2.3 EVIDENZEN PSYCHOONKOLOGISCHER VERSORGUNG ................................................................................. 37<br />
2.4 VERSORGUNGSKONZEPT DER PSYCHOONKOLOGISCHEN VERSORGUNG IM KRANKENHAUS ....................... 40<br />
2.5 WIRTSCHAFTLICHKEIT PSYCHOONKOLOGISCHER VERSORGUNG ................................................................ 41<br />
2.6 ANFORDERUNGEN AN DIE QUALITÄT PSYCHOONKOLOGISCHER VERSORGUNG .......................................... 42<br />
2.7 ANFORDERUNGEN DES GESETZGEBERS AN DIE QUALITÄT DER VERSORGUNG ........................................... 43<br />
3. DER ANSATZ DES CASE MANAGEMENT PSYCHOONKOLOGIE .............................................. 47<br />
3.1 EINLEITUNG ............................................................................................................................................... 47<br />
3.2 STRUKTURIERTES PSYCHOONKOLOGISCHES VERSORGUNGSPROGRAMM .................................................... 47<br />
4. CASE MANAGEMENT PSYCHOONKOLOGIE: PROJEKTUMSETZUNG .................................. 57<br />
4.1 VORARBEITEN ZUM CMP-PROJEKT ........................................................................................................... 57<br />
4.2 PROJEKTLEITUNG ....................................................................................................................................... 57<br />
4.3 PROJEKTTRÄGER ........................................................................................................................................ 58<br />
4.4 PROJEKTPARTNER UND –BETEILIGTE .......................................................................................................... 60<br />
4.5 MINDESTANFORDERUNG DER PROJEKTREALISIERUNG ............................................................................... 60<br />
4.6 ZEITPLAN DER PROJEKTREALISIERUNG ...................................................................................................... 60<br />
4.7 KLINISCHE UND ADMINISTRATIVE KENNZAHLEN ....................................................................................... 64<br />
4.8 QUALITÄTSENTWICKLUNG ......................................................................................................................... 66<br />
4.9 ÖKONOMISCHER NUTZENNACHWEIS .......................................................................................................... 66<br />
5. CASE MANAGEMENT PSYCHOONKOLOGIE: PROJEKTERGEBNISSE ................................... 71<br />
5.1 METHODIK UND BASISDATEN .................................................................................................................... 71<br />
5.2 ERGEBNISSE ZUR VERSORGUNGSQUALITÄT ............................................................................................... 81<br />
5.3 ERGEBNISSE ZUR DIENSTLEISTUNGSQUALITÄT ........................................................................................ 129<br />
5.4 ERGEBNISSE ZUR QUALITÄTSENTWICKLUNG DES CMP-PROJEKTES ........................................................ 157<br />
5.5 ERGEBNISSE ZUM ÖKONOMISCHEN NUTZEN EINER STRUKTURIERTEN PSYCHOONKOLOGISCHEN<br />
VERSORGUNG .................................................................................................................................................. 164<br />
5.5.1 KRANKENHAUSKOSTEN .................................................................................................................... 164<br />
5.5.2 AMBULANTE BEHANDLUNGSKOSTEN................................................................................................ 167<br />
5.5.3 KOSTENAUFWENDUNGEN FÜR PSYCHISCH BELASTETE PATIENTEN ................................................... 168<br />
6. CASE MANAGEMENT PSYCHOONKOLOGIE: PROJEKTKONSEQUENZEN ........................ 177<br />
7. LITERATURÜBERSICHT UND ANMERKUNGEN ......................................................................... 180
Ausführliches Inhaltsverzeichnis<br />
ZUSAMMENFASSUNG ..................................................................................................................................... 19<br />
1 EINLEITUNG ............................................................................................................................................ 29<br />
2. GRUNDLAGEN DER PSYCHOONKOLOGIE IM KRANKENHAUS .............................................. 35<br />
2.1 EINLEITUNG ............................................................................................................................................... 35<br />
2.2 PSYCHISCHE UND SOZIALE BELASTUNGEN VON KREBS BETROFFENER MENSCHEN .................................... 35<br />
Morbidität ........................................................................................................................................................... 35<br />
Funktionalität ...................................................................................................................................................... 36<br />
Lebensqualität ..................................................................................................................................................... 36<br />
Probleme und Belastungen .................................................................................................................................. 37<br />
Zufriedenheit ....................................................................................................................................................... 37<br />
2.3 EVIDENZEN PSYCHOONKOLOGISCHER VERSORGUNG ................................................................................. 37<br />
Metaanalysen ...................................................................................................................................................... 38<br />
Interventionsstudien ............................................................................................................................................ 38<br />
Indikationen ........................................................................................................................................................ 38<br />
Ergebniss ............................................................................................................................................................. 38<br />
2.4 VERSORGUNGSKONZEPT DER PSYCHOONKOLOGISCHEN VERSORGUNG IM KRANKENHAUS ....................... 40<br />
2.5 WIRTSCHAFTLICHKEIT PSYCHOONKOLOGISCHER VERSORGUNG ................................................................ 41<br />
2.6 ANFORDERUNGEN AN DIE QUALITÄT PSYCHOONKOLOGISCHER VERSORGUNG .......................................... 42<br />
Versorgungsqualität ............................................................................................................................................ 42<br />
Dienstleistungsqualität ........................................................................................................................................ 43<br />
2.7 ANFORDERUNGEN DES GESETZGEBERS AN DIE QUALITÄT DER VERSORGUNG ........................................... 43<br />
3. DER ANSATZ DES CASE MANAGEMENT PSYCHOONKOLOGIE .............................................. 47<br />
3.1 EINLEITUNG ............................................................................................................................................... 47<br />
3.2 STRUKTURIERTES PSYCHOONKOLOGISCHES VERSORGUNGSPROGRAMM .................................................... 47<br />
3.2.1 Versorgungskonzept ........................................................................................................................... 48<br />
3.2.2 Behandlungsprogramm ...................................................................................................................... 48<br />
Diagnostik ........................................................................................................................................................... 48<br />
Indikation ............................................................................................................................................................ 49<br />
Intervention ......................................................................................................................................................... 49<br />
Evaluation ........................................................................................................................................................... 50<br />
3.2.3 Behandlungspfade .............................................................................................................................. 50<br />
Medizinpsychologischer Behandlungspfad ......................................................................................................... 50<br />
Pflegepsychologischer Behandlungspfad ............................................................................................................ 50<br />
Psychoonkologischer Behandlungspfad .............................................................................................................. 51<br />
3.2.4 Patientendokumentationssystem ......................................................................................................... 51<br />
3.2.5 Qualitätsmanagement ......................................................................................................................... 52<br />
4. CASE MANAGEMENT PSYCHOONKOLOGIE: PROJEKTUMSETZUNG .................................. 57<br />
4.1 VORARBEITEN ZUM CMP-PROJEKT ........................................................................................................... 57<br />
4.2 PROJEKTLEITUNG ....................................................................................................................................... 57<br />
4.3 PROJEKTTRÄGER ........................................................................................................................................ 58<br />
4.4 PROJEKTPARTNER UND –BETEILIGTE .......................................................................................................... 60<br />
4.5 MINDESTANFORDERUNG DER PROJEKTREALISIERUNG ............................................................................... 60
<strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006 12<br />
4.6 ZEITPLAN DER PROJEKTREALISIERUNG ...................................................................................................... 60<br />
Stellenbesetzung .................................................................................................................................................. 61<br />
Schulungen .......................................................................................................................................................... 62<br />
Systemimplementierung, Adaptation und Testphase ........................................................................................... 63<br />
Durchführungsphase ........................................................................................................................................... 63<br />
4.7 KLINISCHE UND ADMINISTRATIVE KENNZAHLEN ....................................................................................... 64<br />
Klinische Kennwerte ........................................................................................................................................... 64<br />
Administrative Kennwerte .................................................................................................................................. 65<br />
4.8 QUALITÄTSENTWICKLUNG ......................................................................................................................... 66<br />
4.9 ÖKONOMISCHER NUTZENNACHWEIS .......................................................................................................... 66<br />
5. CASE MANAGEMENT PSYCHOONKOLOGIE: PROJEKTERGEBNISSE ................................... 71<br />
5.1 METHODIK UND BASISDATEN .................................................................................................................... 71<br />
5.1.1 Datengewinnung und Berechnungen .................................................................................................. 71<br />
Erhebungszeiträume ............................................................................................................................................ 72<br />
Versorgungs- und Dienstleistungsqualität ........................................................................................................... 72<br />
Qualitätsentwicklung des CMP-Projektes ........................................................................................................... 74<br />
Ökonomischer Nutzen ......................................................................................................................................... 74<br />
5.1.2 Basisdaten .......................................................................................................................................... 75<br />
Gesamtstichprobe ................................................................................................................................................ 75<br />
Stichprobe der Patienten mit Einverständniserklärung ........................................................................................ 76<br />
Stichprobe der ersterkrankten Patienten .............................................................................................................. 77<br />
Stichprobe der Patienten mit Datenerhebung zu Behandlungsbeginn und im dritten Behandlungsmonat .......... 79<br />
Stichprobe der AOK-Versicherten CMP-Fälle .................................................................................................... 80<br />
5.2 ERGEBNISSE ZUR VERSORGUNGSQUALITÄT ............................................................................................... 81<br />
5.2.1 Ergebnisse zur Bedarfsgerechtigkeit der Versorgung ........................................................................ 82<br />
Seelische Belastung zu Behandlungsbeginn:....................................................................................................... 82<br />
Morbidität zu Behandlungsbeginn ...................................................................................................................... 83<br />
Funktionalität zu Behandlungsbeginn ................................................................................................................. 84<br />
Lebensqualität zu Behandlungsbeginn ................................................................................................................ 86<br />
Individuelle Problem- und Bedürfnislage zu Behandlungsbeginn ...................................................................... 87<br />
5.2.2 Ergebnisse zur Angemessenheit der Versorgung ............................................................................... 94<br />
Zuweisung zur psychoonkologischen Versorgung .............................................................................................. 95<br />
Klinische Schweregradbeurteilung ...................................................................................................................... 96<br />
Psychoonkologische Hauptdiagnosen ................................................................................................................. 97<br />
Beurteilung anhand von Qualitätskriterien ........................................................................................................ 100<br />
Bedarfsgerechte psychoonkologische Intervention ........................................................................................... 101<br />
Patientenmonitoring und adaptive Diagnostik................................................................................................... 107<br />
Bedarfsgerechte Nachsorgeplanung .................................................................................................................. 109<br />
Beurteilung anhand von Qualitätskriterien ........................................................................................................ 111<br />
5.2.3 Ergebnisse zum klinischen Nutzen der Versorgung .......................................................................... 116<br />
Veränderungen der psychosozialen Belastungen von Behandlungsbeginn im 3. Behandlungsmonat ............... 117<br />
Veränderungen der psychosozialen Belastungen in den Hauptindikationen ..................................................... 120<br />
Wechsel in den klinischen Schweregraden und den Risikogruppen .................................................................. 121<br />
Klinische Relevanz der psychosozialen Belastungen im 3. Behandlungsmonat ............................................... 125<br />
5.3 ERGEBNISSE ZUR DIENSTLEISTUNGSQUALITÄT ........................................................................................ 129<br />
5.3.1 Ergebnisse zur Strukturqualität der Versorgung .............................................................................. 129
13 <strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006<br />
Vorhandene, verfügbare und eingesetzte Versorgungskapazität ....................................................................... 129<br />
Eingesetzte Versorgungskapazität je Hauptabteilung ........................................................................................ 131<br />
Eingesetzte Versorgungskapazität je Hauptindikation ...................................................................................... 133<br />
Dokumentationsaufwand ................................................................................................................................... 134<br />
Zeitraum der Patientenversorgung .................................................................................................................... 135<br />
Klinische Angemessenheit der Versorgungsaufwendungen .............................................................................. 136<br />
5.3.2 Ergebnisse zur Prozessqualität der Versorgung .............................................................................. 137<br />
Zugänglichkeit zur Patientenversorgung bei Behandlungsbeginn ..................................................................... 138<br />
Schwerpunkt der psychoonkologischen Versorgung ......................................................................................... 139<br />
5.3.3 Ergebnisse zur Ergebnisqualität der Versorgung ............................................................................ 142<br />
Patientenzufriedenheit ....................................................................................................................................... 142<br />
Effekte psychoonkologischer Versorgung ......................................................................................................... 147<br />
Klinisch relevante Wirkeffekte ......................................................................................................................... 151<br />
5.4 ERGEBNISSE ZUR QUALITÄTSENTWICKLUNG DES CMP-PROJEKTES ........................................................ 157<br />
5.4.1 Qualitätsentwicklung im Projektverlauf ........................................................................................... 157<br />
5.4.2 Einrichtungsübergreifende Qualitätssicherung................................................................................ 159<br />
5.5 ERGEBNISSE ZUM ÖKONOMISCHEN NUTZEN EINER STRUKTURIERTEN PSYCHOONKOLOGISCHEN<br />
VERSORGUNG ........................................................................................................................................... 164<br />
5.5.1 KRANKENHAUSKOSTEN .................................................................................................................... 164<br />
5.5.2 AMBULANTE BEHANDLUNGSKOSTEN................................................................................................ 167<br />
5.5.3 KOSTENAUFWENDUNGEN FÜR PSYCHISCH BELASTETE PATIENTEN ................................................... 168<br />
Zusammenhänge zwischen psychischer Belastung und Behandlungskosten..................................................... 168<br />
Kosten der psychoonkologischen Versorgung hoch belasteter Patienten .......................................................... 171<br />
6. CASE MANAGEMENT PSYCHOONKOLOGIE: PROJEKTKONSEQUENZEN ........................ 177<br />
7. LITERATURÜBERSICHT UND ANMERKUNGEN ......................................................................... 180
Tabellenverzeichnis<br />
TABELLE 1: PROJEKTTRÄGER, HAUPTABTEILUNGEN UND –INDIKATIONEN DES CMP-PROJEKTES .............................. 59<br />
TABELLE 2: VORHANDENE, GEPLANTE UND REALISIERTE STELLENKAPAZITÄTEN FÜR DIE PSYCHOONKOLOGISCHE<br />
VERSORGUNG (PSYCHOONKOLOGEN), INKL. DER GESAMTVERFÜGBAREN STELLENKAPAZITÄT IM<br />
DATENERHEBUNGSZEITRAUM UND JE ARBEITSTAG ............................................................................. 61<br />
TABELLE 3: QUALIFIKATION, BERUFSERFAHRUNGEN UND DAUER DES BESCHÄFTIGUNGSVERHÄLTNISSES ................. 61<br />
TABELLE 4: TEILNAHME AN DEN SCHULUNGEN ZUR UMSETZUNG DER STRUKTURIERTEN PATIENTENVERSORGUNG ..... 63<br />
TABELLE 5: VERTEILUNG DER STICHPROBE AUF DIE HAUPTABTEILUNGEN .............................................................. 76<br />
TABELLE 6: VERTEILUNG DER STICHPROBE AUF DIE HAUPTINDIKATIONEN .............................................................. 76<br />
TABELLE 7: UNTERSCHIEDE IN DEN HAUPTINDIKATIONEN VON ERSTERKRANKTEN UND NICHT-ERSTERKRANKTEN<br />
PATIENTEN .................................................................................................................................... 77<br />
TABELLE 8: ALTER BEI STATIONÄRER AUFNAHME VON ERSTERKRANKTEN UND NICHT-ERSTERKRANKTEN PATIENTEN .. 78<br />
TABELLE 9: VERTEILUNG DER ALTERSGRUPPEN VON ERSTERKRANKTEN UND NICHT-ERSTERKRANKTEN PATIENTEN ... 78<br />
TABELLE 10: GESCHLECHTERVERHÄLTNIS VON ERSTERKRANKTEN UND NICHT-ERSTERKRANKTEN PATIENTEN ............. 78<br />
TABELLE 11: VERTEILUNG DER STICHPROBE AUF DIE HAUPTINDIKATIONEN .............................................................. 79<br />
TABELLE 12: MITTLERES ALTER DER PATIENTEN INNERHALB DER HAUPTINDIKATIONEN ............................................. 79<br />
TABELLE 13: VERTEILUNG DER ALTERSBEREICHE DER STICHPROBE ERSTERKRANKTER PATIENTEN UND DER<br />
STICHPROBE DER PATIENTEN MIT HADS (PRÄ-POST) ERHEBUNG ........................................................ 80<br />
TABELLE 14: GESCHLECHTERVERHÄLTNIS DER STICHPROBE ERSTERKRANKTER PATIENTEN UND DER STICHPROBE DER<br />
PATIENTEN MIT HADS (PRÄ-POST) ERHEBUNG.................................................................................. 80<br />
TABELLE 15: SEELISCHE BELASTUNG VOR UND ZU BEGINN DER ERKRANKUNG SOWIE 120 TAGE NACH THERAPIEBEGINN<br />
..................................................................................................................................................... 83<br />
TABELLE 16: PROZENTUALE VERTEILUNG DER PATIENTEN MIT UNAUFFÄLLIGER, GRENZWERTIGER UND AUFFÄLLIGER<br />
AUSPRÄGUNG DER ANGST UND DEPRESSION ZU BEHANDLUNGSBEGINN ............................................... 83<br />
TABELLE 17: MITTELWERTVERTEILUNG DER ANGST UND DEPRESSION ZU BEHANDLUNGSBEGINN ............................... 84<br />
TABELLE 18: MITTLERES AUSMAß DER ANGST UND DEPRESSION ZU BEGINN DER KREBSTHERAPIE IN DEN<br />
HAUPTINDIKATIONEN ....................................................................................................................... 84<br />
TABELLE 19: MITTLERE AUSPRÄGUNG DER FUNKTIONSEINSCHRÄNKUNGEN ZU BEHANDLUNGSBEGINN IN DEN<br />
HAUPTINDIKATIONEN ....................................................................................................................... 85<br />
TABELLE 20: HOHE AUSPRÄGUNGEN DER FUNKTIONSBEEINTRÄCHTIGUNGEN INNERHALB DER HAUPTINDIKATIONEN ..... 85<br />
TABELLE 21: MITTLERE ALLGEMEINE UND GESUNDHEITSBEZOGENE LEBENSQUALITÄT INNERHALB DER EINZELNEN<br />
HAUPTINDIKATIONEN ....................................................................................................................... 86<br />
TABELLE 22: EINSCHÄTZUNG DER PERSÖNLICHEN LEBENSQUALITÄT ZU BEHANDLUNGSBEGINN ................................. 87<br />
TABELLE 23: BELASTUNG DER ANGEHÖRIGEN ZU BEHANDLUNGSBEGINN ................................................................. 87<br />
TABELLE 24: INFORMIERTHEIT ZU BEHANDLUNGSBEGINN ....................................................................................... 88<br />
TABELLE 25: SOZIALE UNTERSTÜTZUNG ZU BEHANDLUNGSBEGINN ......................................................................... 88<br />
TABELLE 26: KRANKENHAUSERFAHRUNGEN ZU BEHANDLUNGSBEGINN .................................................................... 88<br />
TABELLE 27: BERUFLICHE ODER FINANZIELLE PROBLEME ZU BEHANDLUNGSBEGINN ................................................. 88<br />
TABELLE 28: WEITERER GESPRÄCHSBEDARF ZU BEHANDLUNGSBEGINN ................................................................. 89<br />
TABELLE 29: AUSMAß PSYCHOSOZIALER BELASTUNG BEI SEELISCH HOCH UND GERING BELASTETEN PATIENTEN ZU<br />
BEGINN DER KREBSTHERAPIE. ......................................................................................................... 91<br />
TABELLE 30: AUSMAß PSYCHOSOZIALER BELASTUNG IN ABHÄNGIGKEIT VON ANGST UND DEPRESSION ZU BEGINN DER<br />
KREBSTHERAPIE. ............................................................................................................................ 92<br />
TABELLE 31: VERTEILUNG DER PSYCHOSOZIALEN PROBLEME, BEDÜRFNISSE UND BELASTUNGEN VON KREBSPATIENTEN<br />
ZU BEGINN DER KREBSTHERAPIE ...................................................................................................... 95<br />
TABELLE 32: KODIERUNG KLINISCHER SCHWEREGRADE DURCH DEN PSYCHOTHERAPEUTEN JE HADS-RISIKOGRUPPE 96<br />
TABELLE 33: PSYCHOONKOLOGISCHE HAUPTDIAGNOSEN DER PATIENTEN MIT GERINGEN ÄNGSTEN UND DEPRESSIONEN<br />
IM HADS-FRAGEBOGEN.................................................................................................................. 97
<strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006 16<br />
TABELLE 34: PSYCHOONKOLOGISCHE HAUPTDIAGNOSEN DER PATIENTEN MIT MITTELGRADIG AUSGEPRÄGTEN ÄNGSTEN<br />
UND DEPRESSIONEN IM HADS-FRAGEBOGEN ................................................................................... 98<br />
TABELLE 35: PSYCHOONKOLOGISCHE HAUPTDIAGNOSEN DER PATIENTEN MIT HOCH AUSGEPRÄGTEN ÄNGSTEN UND<br />
DEPRESSIONEN IM HADS-FRAGEBOGEN .......................................................................................... 98<br />
TABELLE 36: PSYCHISCHE STÖRUNGEN BEI KREBSPATIENTEN ZU BEGINN DER STATIONÄREN KREBSTHERAPIE ........... 99<br />
TABELLE 37: PSYCHISCHE STÖRUNGEN BEI KREBSPATIENTEN ............................................................................. 101<br />
TABELLE 38: ZUSAMMENHÄNGE ZWISCHEN DER ART DER INDIKATION ZUR PSYCHOONKOLOGISCHEN VERSORGUNG UND<br />
DER KLINISCHEN SCHWEREGRADBEURTEILUNG ................................................................................ 103<br />
TABELLE 39: INTERVENTIONSARTEN PSYCHOONKOLOGISCHER VERSORGUNG DURCH DEN PSYCHOTHERAPEUTEN BEI<br />
PATIENTEN UNTERSCHIEDLICHER KLINISCHER SCHWEREGRADE ......................................................... 104<br />
TABELLE 40: INTERVENTIONSINHALTE PSYCHOONKOLOGISCHER VERSORGUNG DURCH DEN PSYCHOTHERAPEUTEN... 105<br />
TABELLE 41: INTERVENTIONSINHALTE PSYCHOONKOLOGISCHER VERSORGUNG NACH KLINISCHEN<br />
SCHWEREGRADGRUPPEN .............................................................................................................. 106<br />
TABELLE 42: PSYCHOONKOLOGISCHER VERSORGUNGSBEDARF LAUT PATIENTENMONITORING ................................ 107<br />
TABELLE 43: ÜBEREINSTIMMUNG ZWISCHEN BEURTEILUNG DURCH ÄRZTE/PFLEGEKRÄFTE UND PSYCHOTHERAPEUTEN<br />
................................................................................................................................................... 108<br />
TABELLE 44: ADAPTIVE SCHWEREGRADBEURTEILUNG IM VERLAUF DER PSYCHOONKOLOGISCHEN VERSORGUNG ...... 108<br />
TABELLE 45: ADAPTIVE SCHWEREGRADBEURTEILUNG IM VERLAUF DER PSYCHOONKOLOGISCHEN VERSORGUNG ...... 109<br />
TABELLE 46: PSYCHISCHE UND KLINISCHE BELASTUNG IM DRITTEN BEHANDLUNGSMONAT NACH STATIONÄRER<br />
AUFNAHME .................................................................................................................................. 109<br />
TABELLE 47: NACHSORGEGESPRÄCHE UND -EMPFEHLUNGEN BEI PATIENTEN MIT UNTERSCHIEDLICHEN, KLINISCHEN<br />
SCHWEREGRADEN IM 3. BEHANDLUNGSMONAT ................................................................................ 110<br />
TABELLE 48: ZUSAMMENHÄNGE ZWISCHEN DER ART DER INDIKATION ZUR PSYCHOONKOLOGISCHEN VERSORGUNG UND<br />
DER HADS-RISIKOGRUPPE ........................................................................................................... 112<br />
TABELLE 49: INTERVENTIONSARTEN PSYCHOONKOLOGISCHER VERSORGUNG DURCH DEN PSYCHOTHERAPEUTEN BEI<br />
PATIENTEN UNTERSCHIEDLICHER HADS-RISIKOGRUPPEN ................................................................ 113<br />
TABELLE 50: NACHSORGEGESPRÄCHE UND -EMPFEHLUNGEN BEI PATIENTEN MIT UNTERSCHIEDLICHEN PSYCHISCHEN<br />
BELASTUNGEN IM 3. BEHANDLUNGSMONAT ..................................................................................... 114<br />
TABELLE 51: VERÄNDERUNGEN IN DER SEELISCHEN BELASTUNG (1-ITEM SKALA ZUR SEELISCHEN BELASTUNG) VON<br />
BEHANDLUNGSBEGINN ZUM 3. BEHANDLUNGSMONAT (� 120D). ........................................................ 117<br />
TABELLE 52: VERÄNDERUNGEN IN DER PSYCHISCHEN BELASTUNG (ANGST UND DEPRESSION) VON<br />
BEHANDLUNGSBEGINN ZUM 3. BEHANDLUNGSMONAT (� 120D) ......................................................... 118<br />
TABELLE 53: VERÄNDERUNGEN IN DER LEBENSQUALITÄT VON BEHANDLUNGSBEGINN ZUM 3. BEHANDLUNGSMONAT (�<br />
120D). ........................................................................................................................................ 118<br />
TABELLE 54: VERÄNDERUNGEN IN DER FUNKTIONALITÄT VON BEHANDLUNGSBEGINN ZUM 3. BEHANDLUNGSMONAT (�<br />
120D) ......................................................................................................................................... 119<br />
TABELLE 55: VERÄNDERUNGEN IN DER BELASTUNG DER ANGEHÖRIGEN VON BEHANDLUNGSBEGINN ZUM 3.<br />
BEHANDLUNGSMONAT (� 120D). .................................................................................................... 120<br />
TABELLE 56: VERÄNDERUNGEN IN DER PSYCHOSOZIALEN BELASTUNG (HADS UND 1-ITEM SKALA) DER PATIENTEN IN<br />
DEN EINZELNEN HAUPTINDIKATIONEN VON BEHANDLUNGSBEGINN ZUM 3. BEHANDLUNGSMONAT (� 120D).<br />
................................................................................................................................................... 120<br />
TABELLE 57: VERÄNDERUNGEN IN DER PSYCHOSOZIALEN BELASTUNG (HADS UND 1-ITEM SKALA) DER PATIENTEN IN<br />
DEN EINZELNEN HAUPTINDIKATIONEN VON BEHANDLUNGSBEGINN ZUM 3. BEHANDLUNGSMONAT (� = 120D)<br />
BEI ZU BEHANDLUNGSBEGINN HOCH BELASTETEN PATIENTEN (HADS-G > 21) ................................... 121<br />
TABELLE 58: VERTEILUNG DER KLINISCHEN SCHWEREGRADBEURTEILUNGEN NACH DEM ANAMNESEGESPRÄCH UND DER<br />
LETZTEN DOKUMENTIERTEN SCHWEREGRADBEURTEILUNG ................................................................ 122<br />
TABELLE 59: WECHSEL DER KLINISCHEN SCHWEREGRADBEURTEILUNGEN VON DER BEURTEILUNG IM<br />
ANAMNESEGESPRÄCH UND DER LETZTEN DOKUMENTIERTEN SCHWEREGRADBEURTEILUNG .................. 122<br />
TABELLE 60: WECHSEL INNERHALB DER KLINISCHEN SCHWEREGRADGRUPPEN VON DER BEURTEILUNG IM<br />
ANAMNESEGESPRÄCH UND DER LETZTEN DOKUMENTIERTEN SCHWEREGRADBEURTEILUNG .................. 123
17 <strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006<br />
TABELLE 61: VERTEILUNG DER HADS-RISIKOGRUPPEN BEI EINGANGSUNTERSUCHUNG UND BEI<br />
KATAMNESEUNTERSUCHUNG (� = 120 D) ........................................................................................ 123<br />
TABELLE 62: WECHSEL DER HADS-RISIKOGRUPPEN BEI EINGANGSUNTERSUCHUNG UND BEI<br />
KATAMNESEUNTERSUCHUNG (� = 120 D) ........................................................................................ 124<br />
TABELLE 63: WECHSEL INNERHALB DER HADS-RISIKOGRUPPEN BEI EINGANGSUNTERSUCHUNG UND BEI<br />
KATAMNESEUNTERSUCHUNG (� = 120 D). ....................................................................................... 124<br />
TABELLE 64: AUSMAß PSYCHOSOZIALER BELASTUNG IN ABHÄNGIGKEIT VON ANGST UND DEPRESSION IM DRITTEN<br />
BEHANDLUNGSMONAT (� 120D) NACH BEGINN DER KREBSTHERAPIE ................................................. 125<br />
TABELLE 65: VORHANDENE, GEPLANTE UND REALISIERTE STELLENKAPAZITÄTEN FÜR DIE PSYCHOONKOLOGISCHE<br />
VERSORGUNG .............................................................................................................................. 130<br />
TABELLE 66: VORHANDENE, VERFÜGBARE UND EINGESETZTE VERSORGUNGSKAPAZITÄT IM PROJEKTZEITRAUM ........ 130<br />
TABELLE 67: ANZAHL UND DAUER DER GESPRÄCHE MIT PATIENTEN UND BEHANDLUNGSTEAM JE HAUPTABTEILUNG .. 131<br />
TABELLE 68: VERGLEICH DER GESPRÄCHSANZAHL, -DAUER UND INTENSITÄT DER LEISTUNGSERBRINGUNG DER CMP-<br />
KLINIKEN MIT ANDEREN KRANKENHÄUSERN ..................................................................................... 133<br />
TABELLE 69: ANZAHL UND DAUER DER GESPRÄCHE MIT PATIENTEN (DAUER DIREKT) UND BEHANDLUNGSTEAM (DAUER<br />
INDIREKT) JE HAUPTINDIKATION ...................................................................................................... 133<br />
TABELLE 70: MITTLERER DOKUMENTATIONSAUFWAND JE HAUPTINDIKATION .......................................................... 135<br />
TABELLE 71: ZEITRAUM DER PSYCHOONKOLOGISCHEN VERSORGUNG JE HAUPTABTEILUNG .................................... 135<br />
TABELLE 72: MITTLERER VERSORGUNGSZEITRAUM VON DER ERSTEN BIS ZUR LETZTEN PSYCHOONKOLOGISCHEN<br />
INTERVENTION .............................................................................................................................. 136<br />
TABELLE 73: DAUER DER GESPRÄCHE DES PSYCHOTHERAPEUTEN MIT DEM PATIENTEN (DAUER DIREKT) UND MIT DEM<br />
BEHANDLUNGSTEAM (DAUER INDIREKT) JE HADS-RISIKOGRUPPE .................................................... 136<br />
TABELLE 74: DAUER DER GESPRÄCHE DES PSYCHOTHERAPEUTEN MIT DEM PATIENTEN (DAUER DIREKT) UND MIT DEM<br />
BEHANDLUNGSTEAM (DAUER INDIREKT) JE HADS-RISIKOGRUPPE .................................................... 137<br />
TABELLE 75: ZUGANG ZUR PSYCHOONKOLOGISCHEN VERSORGUNG IN TAGEN BEI PATIENTEN MIT<br />
EINVERSTÄNDNISERKLÄRUNG UND PATIENTEN DER HADS-RISIKOGRUPPEN ...................................... 138<br />
TABELLE 76: ZEITLICHER ZUGANG ZUR PSYCHOONKOLOGISCHEN VERSORGUNG BEI ERSTERKRANKTEN PATIENTEN MIT<br />
BRUSTKREBS UND PROSTATAKREBS ............................................................................................... 139<br />
TABELLE 77: SCHWERPUNKT DER PSYCHOONKOLOGISCHEN VERSORGUNG IM VERLAUF DER STATIONÄREN<br />
KREBSTHERAPIE FÜR PATIENTEN MIT UNTERSCHIEDLICHEN KLINISCHEN SCHWEREGRADEN .................. 140<br />
TABELLE 78: SCHWERPUNKT DER PSYCHOONKOLOGISCHEN VERSORGUNG IM VERLAUF DER STATIONÄREN<br />
KREBSTHERAPIE FÜR PATIENTEN MIT UNTERSCHIEDLICHEN PSYCHISCHEN BELASTUNGEN .................... 140<br />
TABELLE 79: PATIENTENZUFRIEDENHEIT INSGESAMT ........................................................................................... 143<br />
TABELLE 80: PATIENTENZUFRIEDENHEIT DER PATIENTINNEN UND PATIENTEN. ....................................................... 143<br />
TABELLE 81: PATIENTENZUFRIEDENHEIT JE ALTERSGRUPPE ................................................................................ 143<br />
TABELLE 82: PATIENTENZUFRIEDENHEIT JE HAUPTINDIKATION.............................................................................. 144<br />
TABELLE 83: PATIENTENZUFRIEDENHEIT IN DEN BETEILIGTEN PROJEKTKLINIKEN .................................................... 144<br />
TABELLE 84: PATIENTENZUFRIEDENHEIT UND SEELISCHE BELASTUNG (HADS-G) .................................................. 145<br />
TABELLE 85: PATIENTENZUFRIEDENHEIT UND PSYCHOONKOLOGISCHE VERSORGUNG ............................................. 145<br />
TABELLE 86: PATIENTENZUFRIEDENHEIT UND ÄRZTLICHES AUFNAHMEGESPRÄCH ................................................... 146<br />
TABELLE 87: PATIENTENZUFRIEDENHEIT IN ZWEI CMP-PROJEKTPHASEN .............................................................. 146<br />
TABELLE 88: BEARBEITETE PATIENTENFRAGEBOGEN ZUM ERSTEN UND ZUM ZWEITEN ERHEBUNGSZEITPUNKT<br />
(ZEITRAUM: 01.07.2004 – 30.06.2006) ........................................................................................ 147<br />
TABELLE 89: VERBESSERUNG DER FUNKTIONALITÄT IN ABHÄNGIGKEIT DER VERSORGUNGSINTENSITÄT (PFSA / PFAN)<br />
................................................................................................................................................... 147<br />
TABELLE 90: VERBESSERUNG DER GESUNDHEITSBEZOGENEN UND ALLGEMEINEN LEBENSQUALITÄT IN ABHÄNGIGKEIT<br />
DER VERSORGUNGSINTENSITÄT (PFSA / PFAN) .............................................................................. 148<br />
TABELLE 91: VERBESSERUNG DER SEELISCHEN BELASTUNG IN ABHÄNGIGKEIT DER VERSORGUNGSINTENSITÄT ........ 148<br />
TABELLE 92: VERBESSERUNG DER PSYCHISCHEN BELASTUNG (HADS) IN ABHÄNGIGKEIT DER<br />
VERSORGUNGSINTENSITÄT BEI ALLEN PATIENTEN IM GESAMTEN BETREUUNGSZEITRAUM ..................... 149
<strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006 18<br />
TABELLE 93: VERBESSERUNG DER PSYCHISCHEN BELASTUNG (HADS) IN ABHÄNGIGKEIT DER<br />
VERSORGUNGSINTENSITÄT BEI ALLEN PATIENTEN WÄHREND DER ERSTEN 3 BEHANDLUNGSMONATE ..... 150<br />
TABELLE 94: VERBESSERUNG DER PSYCHISCHEN BELASTUNG (HADS) IN ABHÄNGIGKEIT DER<br />
VERSORGUNGSINTENSITÄT BEI ALLEN ERSTERKRANKTEN PATIENTEN WÄHREND DER ERSTEN 3<br />
BEHANDLUNGSMONATE ................................................................................................................. 150<br />
TABELLE 95: HAUPTINDIKATIONEN DER PATIENTEN MIT ÄNGSTEN UND DEPRESSIONEN (HADS-G) .......................... 151<br />
TABELLE 96: WECHSEL INNERHALB DER HADS-RISIKOGRUPPEN BEI EINGANGSUNTERSUCHUNG UND BEI<br />
KATAMNESEUNTERSUCHUNG (� = 120 D) ........................................................................................ 151<br />
TABELLE 97: WECHSEL INNERHALB DER PSYCHISCH BELASTETEN PATIENTEN (HADS-RISIKOGRUPPEN II UND III) BEI<br />
EINGANGSUNTERSUCHUNG UND BEI KATAMNESEUNTERSUCHUNG (� = 120 D) .................................... 153<br />
TABELLE 98: KLINISCH SIGNIFIKANTE VERÄNDERUNGEN IM BEREICH DER ANGST (HADS-A) ................................... 154<br />
TABELLE 99: KLINISCH SIGNIFIKANTE VERÄNDERUNGEN IM BEREICH DER DEPRESSION (HADS-D) .......................... 155<br />
TABELLE 100: ENTWICKLUNG DER PATIENTENZAHLEN IN DEN 10 QUARTALEN DES CMP-PROJEKTES ........................ 158<br />
TABELLE 101: PSYCHOONKOLOGISCH VERSORGTE PATIENTEN IN 6 QUARTALEN DES CMP-PROJEKTES JE<br />
PROJEKTBETEILIGTER KLINIK AUF BASIS EINER VOLLZEITSTELLE ........................................................ 160<br />
TABELLE 102: PSYCHOONKOLOGISCHE GESPRÄCHE IN 6 QUARTALEN DES CMP-PROJEKTES JE PROJEKTBETEILIGTER<br />
KLINIK AUF BASIS EINER VOLLZEITSTELLE ....................................................................................... 160<br />
TABELLE 103: ÄRZTLICHE AUFKLÄRUNG ZUR PSYCHOONKOLOGISCHEN MITVERSORGUNG IN 6 QUARTALEN DES CMP-<br />
PROJEKTES JE PROJEKTBETEILIGTER KLINIK AUF BASIS DER ÄRZTLICHEN CHECKLISTE (ACA, ANGABEN IN<br />
%) .............................................................................................................................................. 161<br />
TABELLE 104: ENTWICKLUNG DER GESAMTEN GESPRÄCHSZEITEN IN DEN 10 QUARTALEN DES CMP-PROJEKTES JE<br />
PROJEKTBETEILIGTER KLINIK (ANGABEN IN %) ................................................................................. 162<br />
TABELLE 105: ENTWICKLUNG DER GESAMTEN GESPRÄCHSZEITEN IN DEN 10 QUARTALEN DES CMP-PROJEKTES JE<br />
PROJEKTBETEILIGTER KLINIK (ANGABEN IN %) ................................................................................. 163<br />
TABELLE 106: KRANKENHAUSKOSTEN FÜR CMP UND NICHT-CMP-FÄLLE (NCMP) INSGESAMT UND NUR FÜR FÄLLE MIT<br />
PASSENDER DRG 1 ...................................................................................................................... 165<br />
TABELLE 107: KRANKENHAUSKOSTEN PRO TAG FÜR CMP UND NICHT-CMP-FÄLLE (NCMP) INSGESAMT UND NUR FÜR<br />
FÄLLE MIT PASSENDER DRG 1 ....................................................................................................... 165<br />
TABELLE 108: KRANKENHAUSTAGE FÜR CMP UND NICHT-CMP-FÄLLE (NCMP) INSGESAMT UND NUR FÜR FÄLLE MIT<br />
PASSENDER DRG 1 ...................................................................................................................... 166<br />
TABELLE 109: ÄRZTLICHE AUFWENDUNGEN UND KOSTEN IM NIEDERGELASSENEN BEREICH FÜR CMP- UND NICHT-CMP-<br />
FÄLLE (NCMP) ............................................................................................................................ 167<br />
TABELLE 110: DURCHSCHNITTLICHE KRANKENHAUSKOSTEN BEI PATIENTEN MIT UNTERSCHIEDLICH AUSGEPRÄGTER<br />
PSYCHISCHER BELASTUNG ZU BEHANDLUNGSBEGINN ....................................................................... 168<br />
TABELLE 111: ANZAHL DER KRANKENHAUSAUFENTHALTE BEI PATIENTEN MIT UNTERSCHIEDLICH AUSGEPRÄGTER<br />
PSYCHISCHER BELASTUNG ZU BEHANDLUNGSBEGINN ....................................................................... 169<br />
TABELLE 112: BEHANDLUNGSKOSTEN JE TAG BEI PATIENTEN MIT UNTERSCHIEDLICH AUSGEPRÄGTER PSYCHISCHER<br />
BELASTUNG ZU BEHANDLUNGSBEGINN ............................................................................................ 169<br />
TABELLE 113: UNTERSCHIEDE IN DEN KRANKENHAUSKOSTEN BEI AN MAMMA-CA ERKRANKTEN PATIENTINNEN MIT<br />
UNTERSCHIEDLICH AUSGEPRÄGTER PSYCHISCHER BELASTUNG ZU BEHANDLUNGSBEGINN .................... 170<br />
TABELLE 114: GESCHLECHTS- UND ALTERSUNTERSCHIEDE BEI PATIENTEN MIT UNTERSCHIEDLICH AUSGEPRÄGTER<br />
PSYCHISCHER BELASTUNG ZU BEHANDLUNGSBEGINN ....................................................................... 170
Zusammenfassung<br />
Unter Beteiligung des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes NRW,<br />
der AOK Westfalen-Lippe, der Krankenhausgesellschaft NRW sowie der <strong>Carina</strong> <strong>Stiftung</strong>,<br />
Herford startete im Januar 2004 die multizentrische, prospektive Studie „<strong>Case</strong> <strong>Management</strong><br />
<strong>Psychoonkologie</strong>: Implementierung psychoonkologischer Leistungen in Kliniken der Akutversorgung“.<br />
Projektträger sind die Geschäftsführer von sechs Akutkliniken in Westfalen-Lippe<br />
(Brüderkrankenhaus St. Josef, Paderborn; Evangelisches Krankenhaus, Bielefeld; Franziskus<br />
Hospital, Bielefeld; Kath. St.-Johannes-Gesellschaft, Dortmund; Klinikum Dortmund; Klinikum<br />
Herford i ). Bis Ende Juni 2004 erfolgte die Schulung der projektbeteiligten Ärzte, Pflegekräfte<br />
und Psychologischen Psychotherapeuten 3 , die Implementierung eines „strukturierten<br />
psychoonkologischen Versorgungsprogramms“, bestehend aus Intranet verfügbaren Behandlungspfaden<br />
und einem EDV-basierten Patientendokumentationssystem sowie die<br />
Testphase zur Einübung und Vorevaluation der Praxistauglichkeit des Versorgungsprogramms.<br />
Zwischen Juli 2004 und Oktober 2006 erfolgten die Nutzungsphase des Versorgungsprogramms<br />
sowie Projekt begleitende Qualitätsworkshops in den beteiligten Kliniken<br />
zum Zwecke der kontinuierlichen Qualitätsentwicklung und Begleitevaluation. Das Ende des<br />
Projektes „<strong>Case</strong> <strong>Management</strong> <strong>Psychoonkologie</strong>“ war der 31. Dezember 2006.<br />
Ziel der Studie ist der Nachweis der Angemessenheit sowie des klinischen und des ökonomischen<br />
Nutzen einer psychoonkologischen Versorgung im stationären Versorgungssektor<br />
sowie der Überleitung in die Nachsorge. Der Nachweis soll einen Beitrag zur Implementierung<br />
und Etablierung der psychoonkologischen Unterstützung von Krebspatienten im deutschen<br />
Gesundheitswesen leisten.<br />
Um auf Seiten der Patienten, der Leistungserbringer, der Kliniken sowie der gesundheitspolitisch<br />
Verantwortlichen Vertrauen in die Qualität, Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit einer<br />
strukturierten psychoonkologischen Versorgung schaffen zu können, sollte im Rahmen des<br />
Projektes „<strong>Case</strong> <strong>Management</strong> <strong>Psychoonkologie</strong>“ folgende geleistet werden:<br />
• Die Umsetzung des strukturierten psychoonkologischen Versorgungsprogramms „<strong>Case</strong><br />
<strong>Management</strong> <strong>Psychoonkologie</strong>“ sollte in der Versorgungswirklichkeit von Krankenhäusern<br />
der Akutversorgung erfolgen.<br />
• Die Aussagen zum „<strong>Case</strong> <strong>Management</strong> <strong>Psychoonkologie</strong>“ sollten auf einer repräsentativen<br />
Zahl an Krankenhäuern, an medizinisch und psychoonkologisch tätigen Leistungserbringern<br />
einer repräsentativen Zahl an Patienten mit unterschiedlichen Diagnosen einer<br />
Krebserkrankung basieren.<br />
• Die Versorgungsqualität des „<strong>Case</strong> <strong>Management</strong> <strong>Psychoonkologie</strong>“ sollte durch Kernaussagen<br />
zur Bedarfsgerechtigkeit, klinischen Angemessenheit und zum klinischen Nutzen<br />
der Patientenversorgung fundiert werden.<br />
• Die Dienstleistungsqualität des „<strong>Case</strong> <strong>Management</strong> <strong>Psychoonkologie</strong>“ sollte durch Kernaussagen<br />
zur Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität der Patientenversorgung belegt<br />
werden.<br />
i In alphabetischer Reihenfolge.
20 <strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006<br />
• Die Qualitätsentwicklung des „<strong>Case</strong> <strong>Management</strong> <strong>Psychoonkologie</strong>“ sollte anhand von<br />
quartalsweise ermittelten Leistungsdaten zum Fortgang der Projektumsetzung sowie anhand<br />
einrichtungsübergreifender Vergleiche transparent werden.<br />
• Der ökonomische Nutzen des „<strong>Case</strong> <strong>Management</strong> <strong>Psychoonkologie</strong>“ sollte durch Aussagen<br />
zu den Krankenhauskosten, den ambulanten Behandlungskosten und den Kostenaufwendungen<br />
für die strukturierte psychoonkologische Versorgung psychisch belasteter<br />
Patienten veranschaulicht werden.<br />
Empirische Daten zu diesen Aspekten sind bereitzustellen, damit auf Seiten der Patienten,<br />
der Krankenhäuser und der gesundheitspolitisch Verantwortlichen eine fundierte Diskussion<br />
zum Stellenwert einer strukturierten psychoonkologischen Akutversorgung von Patienten mit<br />
Krebserkrankungen geführt, und nachhaltige Entscheidungen zur flächendeckenden Umsetzung<br />
und leistungsrechten Finanzierung getroffen werden können.<br />
Im Zeitraum zwischen dem 1. Juli 2004 und dem 31.Dezember 2006 wurden in 20 Fachabteilungen<br />
der sechs Akutkliniken in Westfalen-Lippe 5.640 Patienten mit mehr als 38 unterschiedlichen<br />
Krebserkrankungen psychoonkologisch versorgt. Neben den Ärzten und Pflegekräften<br />
der Abteilungen erfolgte die psychoonkologische Betreuung durch Psychotherapeuten,<br />
die mit 7,65 Vollzeitstellen in 17.183 Arbeitsstunden knapp 23.400 Patientengespräche<br />
geführt haben. Im Durchschnitt hat damit jeder Patient während seiner stationären<br />
Krebstherapie 4 Gespräche im Umfang von ca. 3 Stunden erhalten (vgl. Tab. 100).<br />
Eine strukturierte psychoonkologische Versorgung, die zusätzlich zur ärztlichen Basisversorgung<br />
und psychosozialen Begleitung durch die Pflegekräfte psychotherapeutisch ausgerichtete<br />
Betreuungsmaßnahmen berücksichtigt, ist anhand von Erkenntnissen zur psychosozialen<br />
Belastungen von Krebspatienten zu begründen. Mit Werten von 4,3 auf einer 10-stufigen<br />
Skala zur seelischen Belastung vor Beginn einer Krebsbehandlung, einem Wert von 6,1 bei<br />
Beginn und einem von 4,6 ca. 120 Tage nach Beginn einer stationären Krebstherapie, zeigt<br />
sich folgendes Bild (vgl. Tab. 15). Vor Beginn einer Krebsbehandlung erleben sich die betroffenen<br />
Menschen als seelisch eher gering belastet, bei stationärer Aufnahme und Diagnosestellung<br />
leiden sie beträchtlich, erreichen jedoch nach der Krebstherapie wieder ihr ursprüngliches<br />
Niveau der seelischen Belastung. Eine Krebserkrankung ist damit für viele Menschen,<br />
trotz mitunter massiver seelischer Belastung, ein vorübergehendes Ereignis; zumindest was<br />
deren emotionale Verfassung betrifft.<br />
Bei bis zu 47% der Patienten stellt die Krebserkrankung und Krebstherapie jedoch ein Ereignis<br />
dar, dass mit intensiv empfundenen Ängsten und Depressionen einher geht (vgl. Tab.<br />
16). Dabei werden extrem ausgeprägte Ängste von 30% und schwere Symptome einer Depression<br />
von ca. 20% der Patienten berichtet, unabhängig von der Art der Krebserkrankung<br />
(vgl. Tab. 17,18). Hinzu kommt, dass ein Patient, der psychisch hoch belastet ist, zudem<br />
häufiger und intensiver an einer eingeschränkten Lebensqualität, an körperlichen Beeinträchtigungen<br />
und Problemen in Haushalt und Beruf leidet, sowie vielfältige weitere psychosoziale<br />
Probleme zu bewältigen hat (vgl. Tab. 19-30).<br />
Dies rechtfertigt es davon zu sprechen, dass zu Beginn einer stationären Krebsbehandlung<br />
psychisch hoch bis sehr hoch belastete Patienten eine sogenannte klinisch relevante Gruppe<br />
darstellen und damit einer psychoonkologisch-psychotherapeutischen Betreuung und Behandlung<br />
bedürfen. Patienten, die bei Beginn der Krebstherapie psychisch gering belastet<br />
sind, bei denen aber konkrete Probleme und Bedürfnisse vorliegen, bedürfen einer psychosozialen<br />
Unterstützung.
<strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006 21<br />
Versorgungsqualität: Mit der Zielsetzung, in der psychoonkologischen Versorgung im Krankenhaus<br />
einer möglichen Über-, Unter- und Fehlversorgung entgegen zu wirken, und die<br />
Patientenorientierung in der <strong>Psychoonkologie</strong> zu gewährleisten, wurde das strukturierte psychoonkologische<br />
Versorgungsprogramm im klinischen Alltag evaluiert. Eine hohe Versorgungsqualität<br />
galt dann als gegeben, wenn Patienten mit Hilfe des Versorgungsprogramms<br />
bedarfsgerecht, angemessen und nutzbringend versorgt werden. Als ein zentrales Kriterium<br />
wurde die psychische Belastung der Patienten herangezogen, die mittels der deutschen Version<br />
des international anerkannten Fragebogens „Hospital Anxiety and Depression Scale“<br />
(HADS 4 ) valide ermittelt werden kann. Geprüft wurde die Umsetzung der Ausführungsempfehlungen<br />
des Versorgungsprogramms zur Diagnostik, Indikation, Intervention und Evaluation<br />
in der Versorgungswirklichkeit.<br />
• Diagnostik: Die Beurteilung der psychischen Verfassung eines Patienten basiert auf dem psycho-<br />
onkologischen Anamnesegespräch des Psychotherapeuten. Das strukturierte Versorgungsprog-<br />
ramm unterstützt den Psychotherapeuten in seiner Diagnosefindung. Es zeigte sich, dass 82% der<br />
Patienten, die sich im HADS-Fragebogen als psychisch extrem, und 60% der Patienten, die sich<br />
als psychisch hoch belastet beschrieben haben, auch von den Psychotherapeuten als klinisch re-<br />
levant belastet diagnostiziert wurden. Dagegen musste nur bei 21% der Patienten, die sich als<br />
psychisch gering belastet beschrieben haben, eine klinisch relevante Belastung diagnostiziert wer-<br />
den (vgl. Tab. 32). Dies ist eine angemessene Übereinstimmung zwischen der Selbsteinschätzung<br />
der Patienten und dem klinischen Urteil der Psychotherapeuten, da belegt ist, dass sowohl die Be-<br />
urteilung des psychischen Befindens anhand von Fragebogen wie auch anhand der klinischen Be-<br />
urteilung fehlerbehaftet ist (vgl. Kap. 5.2.2; Beurteilung anhand von Qualitätskriterien).<br />
Das Vorliegen klassifizierbarer psychischer Störungen lag mit 28,5% im unteren Bereich publizier-<br />
ter Studien zur Prävalenz psychischer Störungen in der Onkologie (vgl. Tab. 37).<br />
Ein strukturiertes psychoonkologisches Versorgungsprogramm trägt damit zu einer klinisch ange-<br />
messenen Diagnosefindung und Diagnosestellung in der <strong>Psychoonkologie</strong> bei.<br />
• Indikation: Die Indikation zu psychosozialen und psychotherapeutischen Interventionen basiert auf<br />
der Diagnosestellung des Psychotherapeuten. Dabei gilt es sicherzustellen, dass die Patienten<br />
Leistungen erhalten, die ihrem psychosozialen Versorgungsbedarf entsprechen. Es zeigte sich,<br />
dass sowohl auf Grundlage der Indikationsstellung des Psychotherapeuten als auch unter Berück-<br />
sichtigung der psychischen Belastungen der Patienten eine bedarfsgerechte Zuweisung zu psy-<br />
chosozialen bzw. psychotherapeutischen Interventionen erfolgte. Bei diagnostizierten psychosozia-<br />
len Problemen und Bedürfnissen erhielten die Patienten vermehrt psychosoziale Unterstützungs-<br />
leistungen laut „Psychoonkologischem Hilfeplan“ (vgl. Tab. 38, POH bei SWG II) und bei vorlie-<br />
gender klinisch relevanter Belastung vermehrt psychotherapeutische Interventionen (vgl. Tab. 38,<br />
SPP bei SWG III; Tab. 48, SPP bei RG II / III).<br />
Ein strukturiertes psychoonkologisches Versorgungsprogramm trägt damit zu einer bedarfsgerech-<br />
ten Zuweisung zur psychoonkologischen Intervention bei.<br />
• Intervention: Bedarfsgerechte psychoonkologischen Versorgungsleistungen sollten in der Intensität<br />
und in den Inhalten der Intervention an dem Bedarf eines Patienten ausgerichtet sein. Insgesamt<br />
23.339 Gespräche sind im Projektzeitraum geführt worden (vgl. Tab. 100). Es zeigte sich, dass die<br />
Psychotherapeuten sowohl in der Anzahl der Patientengespräch (vgl. Tab. 39) als auch der Ge-<br />
samtdauer der Patientenversorgung (vgl. Tab. 67 – 74) eine dem Bedarf der Patienten angemes-<br />
sene Versorgung erbracht haben (vgl. Tab. 49). Patienten mit geringen Belastungen haben weni-<br />
ger Gespräche mit dem Psychotherapeuten geführt (3,2 Gespräche) und wiesen eine insgesamt
22 <strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006<br />
kürzere Versorgungsdauer auf (2,5h), als Patienten mit hohen (4,7 Gespräche bei 3,3h) bzw. sehr<br />
hohen Belastungen (6,6 Gespräche bei 4,9h).<br />
Inhaltlich unterschieden sich die Patientengespräche ebenfalls. Patienten mit klinisch relevanten<br />
Belastungen haben häufiger Gespräche zur Krankheitsverarbeitung und zum Therapieverlauf so-<br />
wie zur Aktivierung und Selbst-Kompetenzstärkung erhalten und Patienten mit konkreten Proble-<br />
men und Bedürfnissen vermehrt Gespräche zu deren körperlicher und sozialer Funktionsfähigkeit<br />
(vgl. Tab. 41).<br />
Ein strukturiertes psychoonkologisches Versorgungsprogramm trägt damit zu einer an dem vorlie-<br />
genden psychosozialen Bedarf eines Patienten ausgerichteten Versorgung bei.<br />
• Adaptive Indikation: Eine bedarfsgerechte psychoonkologische Versorgung sollte die sich im Ver-<br />
lauf einer Krebserkrankung und stationären Krebstherapie verändernde psychische und soziale Si-<br />
tuation eines Patienten berücksichtigen. Die von den Ärzten und Pflegekräften kontinuierlich<br />
durchgeführte Beobachtung der seelischen Verfassung eines Patienten (Patientenmonitoring) so-<br />
wie diagnostisch ausgerichtete Gespräche des Psychotherapeuten sind entsprechende Instrumen-<br />
te zur kontinuierlichen Anpassung der psychoonkologischen Interventionsmaßnahmen. Insgesamt<br />
1.060 Mal beobachtete das medizinisch und pflegerisch tätige Behandlungsteam psychosoziale<br />
Belastungen auf Seiten der Patienten, die eine psychoonkologische Intervention durch den Psy-<br />
chotherapeuten erforderten (vgl. Tab. 42). Dabei zeigte sich auch eine hohe Übereinstimmung<br />
zwischen den Beobachtungen der Ärzte und Pflegekräfte und denen des Psychotherapeuten, was<br />
für die Angemessenheit des Patientenmonitoring spricht (vgl. Tab. 43).<br />
Die von dem Psychotherapeuten dokumentierten Ergebnisse der Diagnosegespräche zeigten zum<br />
einen die hohe Stabilität der Diagnose, die bereits bei stationärer Aufnahme des Patienten verge-<br />
ben wurde (Ausgangsdiagnose) und die Sensibilität der psychoonkologischen Beurteilung und des<br />
Patientenmonitoring gegenüber Veränderungen der psychosozialen Situation der Patienten im Be-<br />
handlungsverlauf. So konnte die Ausgangsdiagnose bei 80% der klinisch relevant belasteten, bei<br />
54% der Patienten mit konkreten Problemen und Bedürfnissen und bei 64% der Patienten mit ge-<br />
ringen Belastungen bestätigt werden (vgl. Tab. 45). Damit sind bei hoch belasteten Patienten eine<br />
behandlungsbegleitende psychoonkologisch-psychotherapeutische Versorgung im Liaisondienst<br />
und bei Patienten mit konkreten Problemen und geringer Belastung eine kontinuierliches psycho-<br />
soziales Patientenmonitoring gerechtfertigt.<br />
Ein strukturiertes psychoonkologisches Versorgungsprogramm trägt damit zu einer an den Verän-<br />
derungen der psychischen Verfassung eines Patienten ausgerichteten Versorgung bei.<br />
• Evaluation: Eine strukturierte psychoonkologische Versorgung schließt mit der Beurteilung der<br />
psychosozialen Belastungen eines Patienten am Ende der stationären Behandlungsphase (im<br />
CMP-Projekt wurde aus Gründen der Datenvergleichbarkeit der dritte Behandlungsmonat gewählt)<br />
ab, um darüber die erzielten Ergebnisse der stationären psychoonkologischen Versorgung zu be-<br />
werten und eine bedarfsgerechte Nachsorge einzuleiten. Es zeigte sich, dass es im Verlauf der<br />
stationären Krebstherapie zu einem deutlichen Rückgang der seelischen, wie auch die psychi-<br />
schen Belastung und der psychosozialen Probleme der Patienten gekommen ist (vgl. Tab. 51,52).<br />
Bis auf Patienten mit Lungenkrebs, waren die Verbesserungen über alle Krebserkrankungen hin-<br />
weg zu beobachten (vgl. Tab. 56, 57).<br />
Von den Patienten, die bereits zu Behandlungsbeginn nur geringe psychische Belastungen auf-<br />
wiesen, waren auch im 3. Behandlungsmonat 88% nur gering belastet. Von den zu Behandlungs-<br />
beginn hoch belasteten Patienten waren es im 3. Behandlungsmonat 55%, die nur noch einer ge-
<strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006 23<br />
ringe Belastung aufwiesen, jedoch 12%, die sich als sehr hoch belastet beschrieben haben. In der<br />
Gruppe der Patienten mit sehr hohen psychischen Belastungen bei stationärer Aufnahme bewerte-<br />
ten sich 35% auch nach 120 Tagen noch als sehr hoch belastet (vgl. Tab. 63).<br />
Diejenigen Patienten, die zum Zeitpunkt von 120 Tagen nach stationärer Aufnahme von einer ho-<br />
hen bis sehr hohen psychischen Belastung berichteten, erwiesen sich auch als Patienten mit einer<br />
deutlich reduzierten Lebensqualität und Funktionsfähigkeit sowie mit vermehrten psychosozialen<br />
Problemen und Bedürfnissen (vgl. Tab. 64). Diese Gruppe der Patienten, die insgesamt ca. 32%<br />
aller Patienten umfasst (vgl. Tab 63), bedarf einer gezielten psychoonkologischen Nachsorge.<br />
Im Rahmen ihrer Nachsorgeorganisation konnten die Psychotherapeuten folgenden Bedarf der<br />
ambulanten psychosozialen Nachsorge ermitteln: Von den gering belasteten Patienten, mit denen<br />
über eine psychosoziale Nachsorge gesprochen wurde, erwiesen sich 85% bereits in „guter Nach-<br />
sorge“, sei es durch die Familie, Freunde, Selbsthilfegruppen oder professionell Nachsorgeeinrich-<br />
tungen. Bei Patienten mit konkreten Problemen und Bedürfnissen waren 41% und bei klinisch rele-<br />
vant belasteten Patienten befanden sich lediglich 4% bereits in „guter Nachsorge“. Bei insgesamt<br />
36% der Patienten mit konkreten Problemen und Bedürfnissen und 50% der Patienten mit klinisch<br />
relevanten Problemen lag ein Nachsorgebedarf vor (vgl. Tab. 47).<br />
Ein strukturiertes psychoonkologisches Versorgungsprogramm trägt damit zu einer systematischen<br />
Ermittlung des Nachsorgebedarfs und gezielten Nachsorgeorganisation bei.<br />
Zusammenfassend ist festzustellen, dass ein strukturiertes psychoonkologisches Versorgungsprogramm<br />
entscheidend dazu beiträgt, dass in der Betreuung von Krebspatienten eine<br />
an dem Bedarf der Patienten ausgerichtete Versorgung umgesetzt werden kann, die klinisch<br />
angemessen ist und in fachlicher Qualität erbracht wird.<br />
Dienstleistungsqualität: Der Nachweis einer hohen Versorgungsqualität ist durch den Nachweis<br />
einer hohen Dienstleistungsqualität zu ergänzen, sollen die Ressourcen für die psychoonkologische<br />
Versorgung ausreichend vorhanden sowie zweckmäßig und wirtschaftlich eingesetzt<br />
werden. Zudem geht es auch darum, die Strukturen, Prozesse und Ergebnisse der<br />
Patientenversorgung kontinuierlich zu verbessern. Ziel der Implementierung des strukturierten<br />
psychoonkologischen Versorgungsprogramms ist es in diesem Zusammenhang gewesen,<br />
erste empirische Erkenntnisse zu den Anforderungen an die Strukturen, Prozesse und<br />
Ergebnisse der Patientenversorgung vorzulegen.<br />
• Strukturqualität: Ein strukturiertes psychoonkologisches Versorgungsprogramm ist durch die vor-<br />
liegende Evidenz der psychoonkologischen Forschung zu begründen, hat den gesetzlicher Anfor-<br />
derungen zu entsprechen und ist an die Erfordernisse der medizinischen Krebstherapie in den<br />
Versorgungseinrichtungen anzupassen (vgl. Kap. 2.3 bis 2.7). Die psychoonkologischen Mitarbei-<br />
ter haben Qualifikationsanforderungen zu genügen (vgl. Tab. 3) und alle Leistungserbringer sind<br />
entsprechend zu schulen (vgl. Tab. 4). Die Leistungserbringung sollte auf schriftlich formulierten<br />
Handlungsempfehlungen und Behandlungspfaden basieren (vgl. Kap. 3.2.1 bis 3.2.3). Die Leis-<br />
tungsdokumentation sollte einfach und versorgungsbegleitend möglich (vgl. Kap. 3.2.4) und das<br />
gesamte Versorgungsprogramm sollte in das Qualitätsmanagement einer Versorgungseinrichtung<br />
zu integrieren sein (vgl. Kap. 3.2.5). Schließlich sollte die einrichtungsinterne Organisation und<br />
Planung, Lenkung und Prüfung der Patientenversorgung auf Grundlage gesicherter Informationen<br />
erfolgen (vgl. Kap. 5.3.1).<br />
Die Umsetzung des strukturierten psychoonkologischen Versorgungsprogramms konnte zeigen,<br />
dass knapp 87% der vorhandenen Versorgungskapazität für die Patientenversorgung zur Verfü-
24 <strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006<br />
gung steht und davon knapp 60% für die Patientenversorgung eingesetzt werden können (vgl. Tab.<br />
66). Bei einer voll funktionsfähigen Einrichtung erhöht sich dieser Anteil auf bis zu 80% (vgl. Tab.<br />
100). Über alle Abteilungen, Krebserkrankungen und Gesprächsarten hinweg werden mit jedem<br />
Patienten knapp über 4 Gespräche je 45 Minuten und einer Intensität von knapp 3,2 Stunden ge-<br />
führt. Die Dokumentation beansprucht je Gespräch pauschal 10 Minuten, die Gespräche mit dem<br />
Patienten knapp 110 Minuten (1,8 Stunden) und mit dem Behandlungsteam geführt Gespräch über<br />
Probleme und Belastungen des Patienten beanspruchen 40 Minuten (vgl. Tab. 67). Die Häufigkeit<br />
und Intensität der Patientengespräche erhöht sich nochmals deutlich, wenn nur die Patientengrup-<br />
pe betrachtet wird, in der gehäuft ersterkrankte Patienten sind (vgl. Tab. 69). Ein Vergleich der In-<br />
tensität psychoonkologischer Versorgung mit bundesdeutschen Kliniken, zeigt, dass mit einem<br />
strukturierten Versorgungsprogramm, mit 3,2 bis 3,85 Versorgungsstunden je Patient, eine höhere<br />
Versorgungsdichte zu erzielen ist als mit 1,15 bis 1,87 Versorgungsstunden je Patient, die in den<br />
Vergleichskliniken erreicht werden. Nähere Analysen zur eingesetzten Versorgungskapazität zei-<br />
gen, dass je nach onkologischer Abteilung und Krebserkrankung mit unterschiedlichen Versor-<br />
gungsaufwendungen zu kalkulieren ist (vgl. Tab. 67, 69), was unter anderem daran liegt, dass der<br />
Versorgungszeitraum in der Gynäkologie mit 102 Tagen deutlich länger ausfällt, als in der Inneren<br />
Medizin mit durchschnittlich 58 Tagen (vgl. Tab. 71), bzw. Mamma-CA Patientinnen mit einem Zeit-<br />
raum von 145 Tagen auffallend länger in psychoonkologischer Versorgung sind, als Patienten mit<br />
Prostata-CA, die mit Mittel einen Zeitraum von 91 Tage in Betreuung sind.<br />
Ein strukturiertes psychoonkologisches Versorgungsprogramm gewährleistet damit den angemes-<br />
senen Ressourceneinsatz der psychoonkologisch-psychotherapeutisch tätigen Mitarbeiter.<br />
• Prozessqualität: Das strukturierte psychoonkologische Versorgungsprogramm soll auch im Pro-<br />
zess der Leistungserbringung den Ressourceneinsatz steuern. Dies erfolgt u.a. über die Sicherung<br />
der Zugänglichkeit und die Schwerpunktsetzung der Patientenversorgung.<br />
Um eine zeitnahe Zugänglichkeit zu sichern, sollen alle neu aufgenommene Patienten bei Bedarf<br />
in möglichst kurzer Zeit der psychoonkologischen Versorgung zugeführt werden. Es zeigte sich,<br />
dass neu aufgenommene Patienten zwar zu 69% innerhalb der ersten Woche ihr erstes psychoon-<br />
kologisches Gespräch erhalten, dieses am Tag der stationären Aufnahme jedoch nur in 12% der<br />
Fall war (vgl. Tab. 75). Bei zunehmend verkürzten Liegezeiten im Krankenhaus ist dies ein zu ge-<br />
ringer Patientenanteil. Ein weiterer Aspekt ist die Schwerpunktsetzung der psychoonkologischen<br />
Versorgung.<br />
Um den Versorgungsschwerpunkt möglichst auf die Phase der besonders intensiven Auseinander-<br />
setzung mit einer Krebserkrankung und Krebstherapie zu legen, sollen neu aufgenommene Patien-<br />
ten vorwiegend während der erste Monate nach Erkrankungs- und Behandlungsbeginn versorgt<br />
werden. Es zeigte sich sehr deutlich, dass der Schwerpunkt der Patientengespräche mit 66% prog-<br />
rammkonform auf den ersten 3 bis 4 Monaten der Krebstherapie lag (vgl. Tab. 77, 78). Der verblei-<br />
bende Anteil der Gespräch, die später als 120 Tage nach stationärer Aufnahme erfolgt sind, ist<br />
zumeist auf das Fehlen einer ambulanten psychosozialen Nachsorge oder eine Begleitung in der<br />
palliativen Phase zurückzuführen.<br />
• Ergebnisqualität: Wesentliche Aspekte der Ergebnisqualität psychoonkologischer Versorgung sind<br />
die Patientenzufriedenheit und die Wirksamkeit der Versorgung. Die Patientenzufriedenheit bezieht<br />
sich dabei auf die Zufriedenheit mit der persönlichen Betreuung durch das gesamte Behandlungs-<br />
team, die durch eine Strukturierung des Leistungsgeschehens beeinträchtigt werden könnte. Es<br />
zeigte sich, dass die Patientenzufriedenheit mit einem Wert von 3,3, was einer Schulnote von 1,98<br />
entspricht, sehr zufriedenstellend ist (vgl. Tab. 80). Interessanter Weise wird die Patientenzufrie-
<strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006 25<br />
denhit von sehr vielen Faktoren beeinflusst, zu denen das Geschlecht (vgl. Tab. 80), die Krebser-<br />
krankung (vgl. Tab. 82) und die seelisch Belastung des Patienten zählen (vgl. Tab. 84). In einem<br />
negativen Zusammenhang steht die Patientenzufriedenheit mit der Anzahl der Gespräche eines<br />
Patienten mit dem Psychoonkologen. Je mehr Gespräche ein Patent erhielt, desto unzufriedener<br />
ist er gewesen (vgl. Tab. 85). Dies ist nicht weiter verwunderlich, da der Einsatz der Psychothera-<br />
peuten gerade in den Fällen angezeigt war, in denen ein Patient belastet und unzufrieden war.<br />
Von besonderem Interesse für die Qualität eines strukturierten Versorgungsprogramms sind die<br />
Befunde, dass es zu deutlichen Unterschieden in der Patientenzufriedenheit zwischen den am Pro-<br />
jekt beteiligten Kliniken gekommen (vgl. Tab. 83), dass Patienten, die bei stationärer Aufnahmen<br />
von dem behandelnden Arzt über psychosoziale Belastungen einer Krebserkrankung und die psy-<br />
choonkologische Versorgung aufgeklärt wurden, sich 120 Tage später als deutlich zufriedener mit<br />
der persönlichen Betreuung erweisen haben, als nicht entsprechend aufgenommene Patienten.<br />
Zudem fällt die Zufriedenheit der Patienten im letzten Jahr des Projektes (2006) deutlich höher aus<br />
als in dem Vorjahr (2005; vgl. Tab. 87).<br />
Die Wirksamkeit der psychoonkologischen Versorgung war im Rahmen des Projektes „<strong>Case</strong> Ma-<br />
nagement <strong>Psychoonkologie</strong>“ unter Bedingungen der Versorgungswirklichkeit zu betrachten. Eine<br />
Randomisierung der Patienten war sowohl ethisch nicht zu vertreten wie auch praktisch nicht<br />
durchführbar. Vergleichskliniken ohne psychoonkologische Patientenversorgung haben sich nicht<br />
finden lassen. Um dennoch Hinweise auf die Wirksamkeit der strukturierten psychoonkologischen<br />
Versorgung zu erhalten, wurde das Konzept der „Ergebnisorientierung in der <strong>Psychoonkologie</strong>“<br />
eingeführt. Danach sollte auf Seiten Dritter in dem Fall ein Vertrauen in die Wirksamkeit der psy-<br />
choonkologischen Versorgung in der Versorgungswirklichkeit bestehen, in dem gezeigt werden<br />
konnte, dass die Effekte der psychoonkologischen Versorgung im Zusammenhang mit den Ge-<br />
sprächen steht, die ein Patient erhalten hat. Zudem sollte gezeigt werden können, dass und in wel-<br />
chem prozentualen Anteil die psychische Belastung der bei stationärer Aufnahme hoch bis sehr<br />
hoch belasteten Patienten nach 3 Monaten der Versorgung (= 120 Tage später) zurück ging. Dabei<br />
sollte die Linderung der psychischen Belastung sowohl reliabel, d.h. nicht zufällig zustande ge-<br />
kommen sein, als auch klinisch bedeutsam sein, d.h. der Patient sollte im 3. Behandlungsmonat im<br />
Bereich der geringen psychischen Belastung liegen (zum näheren Vorgehen der Berechnung der<br />
„Klinischen Signifikanz“, vgl. Kap. 5.1.1). Es zeigte sich, dass die seelische Belastung (vgl. Tab.<br />
91) sowie die psychische Belastung während der ersten drei Behandlungsmonate 5 (vgl. Tab. 93)<br />
und diejenige der ersterkrankten Patienten (vgl. Tab. 94) in einem klaren Zusammenhang mit der<br />
Anzahl der Gespräche zusammen hing, die ein Patient erhalten hat. Nähere Untersuchungen ha-<br />
ben gezeigt, dass der Anteil der Linderung der Belastungen stärker mit dem Belastungsniveau des<br />
Patienten bei stationärer Aufnahme als der Gesprächsintensität zusammen hängt. Dies ist zu er-<br />
warten gewesen, da die Diagnose Krebs und das damit verbundene Leid faktisch eine schwerwie-<br />
gende und anhaltende psychische Belastung darstellen. Dennoch, die psychoonkologische Ver-<br />
sorgung scheint zur Linderung dieser Belastung beizutragen.<br />
Zur „Klinischen Signifikanz“ der Veränderungen in der psychischen Belastung von Krebspatienten<br />
hat sich gezeigt, dass es bei 26% der hoch ängstlichen Patienten und bei 31% der Patienten mit<br />
ausgeprägten Depressionen zu einer Linderung gekommen ist, die den Patienten ein „psychisches<br />
Befinden“ im normalen Bereich ermöglichte. Dies ist ein Ergebnis, dass in ähnlicher Form auch in<br />
randomisierten Kontrollgruppenstudien gefunden wurde.<br />
Zusammenfassend ist festzustellen, dass ein strukturiertes psychoonkologisches Versorgungsprogramm<br />
sowohl hinsichtlich der Anforderungen an die Qualität der Strukturen, der
26 <strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006<br />
Prozesse und der Ergebnisse als angemessen bewertet werden kann und eine Patientenversorgung<br />
auf Grundlage solcher Programme vertrauenswürdig ist.<br />
Qualitätsentwicklung: Die Einführung und die Nutzung eines strukturierten psychoonkologischen<br />
Versorgungsprogramms ist im Rahmen des Projektes „<strong>Case</strong> <strong>Management</strong> <strong>Psychoonkologie</strong>“<br />
durch sogenannten Qualitätsworkshops begleitet und einrichtungsübergreifender<br />
Vergleiche sind auf Ebene der Projektträger und Projektpartner transparent gemacht worden.<br />
In den insgesamt zehn Quartalen der Projektimplementierung und Projektumsetzung wurden<br />
ausgewählte Leistungszahlen zur Versorgungs- und Dienstleistungsqualität automatisch aus<br />
den Patientendokumentationssystemen der Kliniken generiert und standen in Form von<br />
WORD-Dokumenten jeder Zeit zur Verfügung. Anhand dieser „Klinikberichte“ wurden klinikübergreifende<br />
„Benchmarkberichte“ erstellt und den Projektbeteiligten zur Diskussion vorgelegt.<br />
Das mit diesem Ansatz angestrebte Ziel bestand u.a. darin, den Einrichtungen die Implementierung<br />
der strukturierten Patientenversorgung in das einrichtungsinterne Qualitätsmanagement<br />
zu erleichtern und Erkenntnisse zur Qualitätsentwicklung zu gewinnen.<br />
Die Quartalsweise erhobenen Daten zur Qualitätsentwicklung haben gezeigt, dass die mittlere<br />
Anzahl der je Quartal neu aufgenommenen Fälle (SOLL-Wert = 564 Patienten) bereits im<br />
dritten Versorgungsquartal erreicht (IST-Wert = 627 Patienten) und im verbleibenden Zeitraum<br />
weitgehend gehalten werden konnte (vgl. Tab. 100). Die mittlere Anzahl versorgter<br />
Patienten (SOLL-Wert = 982) konnte im 5. Versorgungsquartal erreicht (IST-Wert = 984) und<br />
dann kontinuierlich gesteigert werden. Die insgesamt für die Patientenversorgung eingesetzte<br />
Versorgungskapazität (SOLL-Wert = 66,3%) konnte im 6. Versorgungsquartal erreicht<br />
(IST-Wert = 69,6%) und dann auf einem Niveau von über 75% gehalten werden.<br />
Insgesamt hat sich gezeigt, dass die bundesweit erste Einführung eines strukturierten psychoonkologischen<br />
Versorgungsprogramms in sieben Krankenhäuser der Akutversorgung in<br />
etwa ein ganzes Jahr dauerte. Es ist zu erwarten, dass dieser Zeitraum zukünftig deutlich<br />
kürzer ausfallen wird. Dies belegen auch die einrichtungsübergreifenden Vergleiche der Leistungszahlen<br />
(vgl. Tab. 101-105). Kliniken mit einer geringen Mitarbeiterfluktuation bzw. einer<br />
vergleichsweise hohen Stellenbesetzung erreichten einen hohen Einsatz der Versorgungskapazität<br />
für die Patientenversorgung bereits im 2. Versorgungsquartal (vgl. Tab. 105).<br />
Ökonomischer Nutzen: Der ökonomische Nutzen einer strukturierten psychoonkologischen<br />
Versorgung im Krankenhaus würde sich idealer Weise dann zeigen, wenn Einrichtung mit<br />
einer strukturierten psychoonkologischen Versorgung im Vergleich ohne einer solchen Versorgung<br />
geringere oder keine erhöhten Kostenaufwendungen für die Krebstherapie hätten<br />
und sich zugleich die ambulanten Behandlungskosten reduzieren ließen. Vereinzelt haben<br />
Studien zu diesen Aspekten erste Hinweise ergeben (vgl. Kap. 2.5), jedoch ist eine entsprechende<br />
Untersuchung anhand von Kassendaten bislang nicht geführt worden. Die AOK-<br />
Westfalen-Lippe stellte die ihr verfügbaren Kostendaten für die Krankenhausbehandlung, die<br />
Arzneimittel und die ambulante Behandlung ihrer Versicherten der Studienleistung zur Verfügung,<br />
um die Kosten der Krebsbehandlung der ersterkrankten AOK-Versicherten der am<br />
Projekt beteiligten Kliniken mit den AOK-Patienten zu vergleichen, die in anderen Kliniken<br />
aus Westfalen-Lippe medizinisch versorgt wurden. Es wurden dabei immer die Kosten von<br />
Patientenpaaren verglichen, die sich bis auf das Merkmal der psychoonkologischen Versorgung,<br />
so weit wie möglich ähnelten. Die Art er Krebserkrankung, das Alter und Geschlecht,<br />
die Anzahl der Krankenhausaufenthalte sowie bestimmte kostenrelevante Aspekte bildeten<br />
die Grundlage der Paarbildung (vgl. Kap. 5.1.1).
<strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006 27<br />
• Krankenhauskosten: Im Bereich der Krankenhauskosten lagen keine Kostenunterschiede vor,<br />
vielmehr fielen die Krankenhauskosten pro Tag in den Kliniken mit psychoonkologischer Versor-<br />
gung höher aus (vgl. Tab. 106, 107). Wurden die Patienten unter Berücksichtigung kostenhomo-<br />
gener Fallgruppe (DRG) untersucht, so zeigten sich keine relevanten Kostenunterschiede je Kran-<br />
kenhaustag, bei deutlich geringerer Anzahl an Krankenhaustagen der Patienten aus Kliniken mit<br />
psychoonkologischer Versorgung (vgl. Tab. 107, 108). Nähre Untersuchungen haben Hinweise<br />
darauf ergeben, dass in der Kliniken, in denen Patienten die strukturierte psychoonkologische Ver-<br />
sorgung erhalten ein höherer Anteil an Patienten mit schwerwiegenderen Krebserkrankungen und<br />
kostenintensiven Leistungen zu verzeichnen ist. Kostenrelevante Unterschiede zu Gunsten der<br />
Krankenhäuser mit psychoonkologischer Versorgung sind daher nicht zu erwarten.<br />
• Arzneimittelkosten: Im Bereich der Arzneimittelkosten haben sich ebenfalls keine Unterschiede<br />
zwischen den Patienten mit und ohne strukturierter Versorgung gezeigt.<br />
• Ambulante Kosten: Für Patienten der Kliniken mit strukturierter psychoonkologischer Versorgung<br />
sind in der ambulante Behandlung im niedergelassenen Versorgungssektor deutlich mehr Arztkos-<br />
ten aufgewendet worden, als für Patienten anderer Krankenhäuser (vgl. Tab. 109).<br />
Eine Interpretation dieser Ergebnisse wird im Rahmen des Abschlussberichtes zum Projekt<br />
„<strong>Case</strong> <strong>Management</strong> <strong>Psychoonkologie</strong>“ nicht geführt, da letztlich ungeklärt bleibt, welche kostenrelevanten<br />
Effekte auf Seiten der Patienten wie auch der Krankenhäuser vorliegen.<br />
Mit der Zielsetzung, mögliche psychosoziale Einflussfaktoren auf die stationären Behandlungskosten<br />
zu identifizieren, wurden innerhalb der Gruppe der AOK-versicherten Patienten<br />
die Krankenhauskosten der Patienten vergleichen, die bereits zu Behandlungsbeginn hoch<br />
bzw. gering belastet waren. Unerwarteter Weise ergab die explorative Untersuchung einige<br />
Hinweise darauf, dass bei Patientinnen mit Mamma-CA, die unter 60 Jahr als sind und an<br />
einer ausgeprägten Depression leiden, deutlich mehr Kosten der Krebsbehandlung auftreten,<br />
als bei Krebspatienten, bei denen diese Faktoren nicht vorliegen (vgl. Tab. 110-114).<br />
Diese ersten Erkenntnisse werden in dem vorliegenden Abschlussbericht zum Projekt „<strong>Case</strong><br />
<strong>Management</strong> <strong>Psychoonkologie</strong>“ aus folgendem Grunde berichtet. Es ist bekannt, dass mit<br />
den vermehrt durchgeführten Früherkennungsuntersuchungen Brustkrebserkrankungen<br />
frühzeitig erkannt werden, bei einem Teil der Patientinnen jedoch auch mit deutlichen Belastungsreaktion<br />
zu rechnen ist 6 . Liegt ein positiver Befund vor, dann reagieren die betroffenen<br />
Frauen mit ihrer Ängstlichkeit und depressiven Verstimmung durchaus angemessen. Ist die<br />
Erkrankung schwerwiegend, dann kann eine ausgeprägte depressive Symptomatik durchaus<br />
als angemessene Belastungsreaktion angesehen werden. In Krankenhäusern mit strukturierter<br />
psychoonkologischer Versorgung werden diese Belastungen bei stationärer Aufnahme<br />
erkannt. Die erhöhten Kosten der Therapie sind nicht Ergebnis der Depression, sondern der<br />
Erkrankungsschwere, auch wenn eine frühzeitige Unterstützung zur Linderung des Leidens<br />
und zur Verbesserung der Lebensqualität beitragen kann.<br />
Die Kostenaufwendungen, die für die strukturierte psychoonkologische Versorgung der von<br />
Krebs betroffenen Patientinnen und Patienten zu veranschlagen sind, belaufen sich bei<br />
1.000 jährlich zu betreuenden Krebspatienten auf 87.047,- EUR (87,- EUR je Patient). Bei im<br />
Mittel 6.835,- EUR Behandlungskosten je Patient (vgl. Tabelle 105) sind dies 1,3% der Kosten<br />
einer Krebstherapie.
<strong>Case</strong> <strong>Management</strong> <strong>Psychoonkologie</strong><br />
Implementierung psychoonkologischer Leistungen<br />
in Kliniken der Akutversorgung<br />
Westfalen-Lippe, NRW<br />
Einleitung<br />
Grundlagen der <strong>Psychoonkologie</strong> im Krankenhaus
1 Einleitung<br />
In Nordrhein-Westfalen erkranken derzeit jährlich rund 90.000 Menschen neu an Krebs, ca.<br />
46.000 versterben jährlich an ihrer Krankheit. Im Jahre 2003 erkrankten je 100.000 Einwohner<br />
aus NRW 225 Männer und 139 Frauen an einer Krebserkrankung. Das Erkrankungsrisiko<br />
steigt mit zunehmendem Alter von ca. 6 je 100.000 Personen zwischen 20 und 24 Jahren<br />
auf 537 von 100.000 Personen zwischen 65 und 69 Jahren, 1614 je 100.000 Personen zwischen<br />
75 und 79 Jahren bis auf 2.856 je 100.000 Personen über 84 Jahren.<br />
In Deutschland leiden mehr als 2,5 Millionen Menschen, das sind ca. 3% der Gesamtbevölkerung,<br />
an einer Krebserkrankung. Infolge steigender Neuerkrankungen und längerer Überlebenszeiten<br />
wird die Zahl der Krebspatienten in Zukunft weiter wachsen, bis 2010 um ca.<br />
50% auf ca. 3,75 Millionen. Die aktuelle Schätzung des Robert Koch-Instituts 7 weist für das<br />
Jahr 2002 etwa 424.250 Krebsneuerkrankungen aus (Männer 218.250, Frauen 206.000). Die<br />
häufigsten Krebserkrankungen des Mannes sind Prostatakrebs (48.650 Neuerkrankungen),<br />
Darmkrebs (35.600 Neuerkrankungen), Lungenkrebs (32.550 Neuerkrankungen), Blasenkrebs<br />
(18.850 Neuerkrankungen) und Magenkrebs (11.200 Neuerkrankungen). Bei der Frau<br />
sind Brustkrebs (55.150 Neuerkrankungen), Darmkrebs (35.800 Neuerkrankungen), Gebärmutterkrebs<br />
(17.850) und Lungenkrebs (12.450 Neuerkrankungen) die häufigsten Krebserkrankungen.<br />
Krebs ist nach den Herz-Kreislauf-Erkrankungen die zweithäufigste Todesursache in NRW.<br />
Bei einem Erkrankungsbeginn vor Ende des 65. Lebensjahres ist Krebs, mit 33% bei den<br />
Männern und 46% bei den Frauen, die häufigste Todesursache. Im Jahre 2003 beliefen sich<br />
in NRW die Sterberaten auf 66 Todesfälle je 100.000 Männer und 20 Todesfälle je 100.000<br />
Frauen. Die Sterberate konnte zwischen 1990 und 2003 um 22% bei den Männern und um<br />
15% bei den Frauen unter 65 Jahren reduziert werden. Die Krebsarten, die in NRW am häufigsten<br />
zum Tode führen, sind bei Männern bösartige Neubildungen der Lunge und der Bronchien<br />
(29,5%) und bei Frauen der Brustkrebs (17,5%), gefolgt von dem Darmkrebs (14% bei<br />
Männern und Frauen) und den bösartigen Neubildungen der Lunge und der Bronchien<br />
(11,7%) bei Frauen sowie dem Prostatakarzinom (10,6%) bei den Männern 8 .<br />
Krebserkrankungen und die Anforderungen bzw. Belastungen einer Krebstherapie bedingen<br />
bei bis zu 43% der Patienten psychosoziale Belastungen und bei etwa 20% bis 35% psychische<br />
Störungen. Zu Beginn einer Krebstherapie kann eine seelische Belastung bei bis zu<br />
80% der Patienten vorliegen. Ängste, mit bis zu 23%, Depressionen, mit bis zu 35%, und<br />
akute Belastungs- und Anpassungsstörungen, mit bis zu 54%, sind die häufigsten psychischen<br />
Störungen, die im Verlauf einer Krebstherapie auftreten können. Das gemeinsame<br />
Auftreten mehrerer psychischer Störungen kann bei etwa 20% der Patienten beobachtet<br />
werden. Bei etwa 50% der Patienten, die zu Beginn der Krebstherapie unter Ängsten, Depressionen<br />
oder Anpassungsproblemen leiden, bleibt die psychische Belastung auch im Verlaufe<br />
der Therapie bestehen, und bei etwa 17% der Patienten, die zu Behandlungsbeginn<br />
nicht deutlich belastet sind, kann es im Therapieverlauf zu einer deutlichen psychischen Belastung<br />
kommen 9 .<br />
Die psychoonkologische Therapieforschung hat in den zurückliegenden 20 Jahren zeigen<br />
können, dass durch psychosoziale Betreuungsmaßnahmen die persönlichen Probleme und<br />
Belastungen, aber auch psychische Störungen von Krebspatienten deutlich gelindert und die<br />
Lebensqualität der Patienten deutlich gesteigert werden kann. Mittlerweile sind evidenzba-
32 <strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006<br />
sierte Leitlinien der psychoonkologischen Versorgung vorgelegt worden und auf nationaler<br />
wie internationaler Ebene wird deren Implementierung in die tägliche Versorgungspraxis eingefordert<br />
10 .<br />
In den Vereinigten Staaten werden derzeit kaum mehr als 5 bis 10% aller an Krebs erkrankten<br />
Menschen psychosozial versorgt, obwohl der Bedarf bei 45% bis 50% gesehen wird 11 . In<br />
Deutschland soll die Zahl der betreuten Patienten bei weniger als 1% liegen 12 , gleichwohl<br />
steigt die Zahl seit Einführung von „Strukturierten Behandlungsprogrammen“ und Brustzentren<br />
in spezialisierten Krankenhäusern deutlich an.<br />
In der Versorgungswirklichkeit werden Krebspatienten derzeit noch nicht auf Grundlage wissenschaftlich<br />
begründeter Empfehlungen oder Leitlinien psychosozial versorgt. Die Leistungserbringung<br />
erfolgt zumeist unstrukturiert und unkoordiniert und ist kaum an dem individuellen<br />
Bedarf der Betroffenen ausgerichtet. Im stationären Versorgungssektor gibt es, bis<br />
auf wenige Ausnahmen, kaum ein psychoonkologisches Leistungsangebot, das in den medizinischen<br />
und pflegerischen Versorgungsablauf integriert wäre, um darüber zum medizinischen<br />
Erfolg der Krebstherapie beizutragen, die Lebensqualität der behandelten Patienten<br />
zu verbessern und der Entstehung psychischer Störungen vorzubeugen.<br />
In den letzten Jahren wird zunehmend die Notwendigkeit einer umfassenden Versorgung<br />
von Krebspatienten gesehen und die psychosoziale Unterversorgung chronisch und<br />
schwerstkranker Patienten bemängelt 13 . Gesundheitspolitische Initiativen haben sich dem<br />
Thema der psychosozialen Versorgung angenommen und erste konkrete Schritte zur Implementierung<br />
entsprechender strukturierter Unterstützungs- und Beratungsangebote vorgenommen<br />
14 . In NRW soll dabei die psychosoziale Betreuung in eine ganzheitliche Krebsversorgungskonzeption<br />
integriert und im Rahmen der „Konzertierten Aktion gegen Brustkrebs“<br />
die psychosoziale Begleitung, <strong>Psychoonkologie</strong> und Psychotherapie in DMP und Brustzentren<br />
systematisch eingeführt und vernetzt werden 15 .<br />
Voraussetzungen aller Bemühungen, die psychosoziale Versorgung zu einem festen Bestandteil<br />
der Krebstherapie zu machen, ist der Nachweis ihrer Qualität, Wirksamkeit und<br />
Wirtschaftlichkeit in der Versorgungswirklichkeit. Es gilt zu belegen, dass<br />
• eine strukturierte psychoonkologische Versorgung in der täglichen Versorgungspraxis eines Akut-<br />
krankenhauses geleistet werden kann,<br />
• die psychoonkologische Versorgung für die Krebspatienten nutzbringend ist und<br />
• diese Leistungen – zu vertretbaren Kosten – allen bedürftigen Patienten tatsächlich zukommen 16 .<br />
Gefordert ist daher ein systematisch verstärkter Praxisbezug psychoonkologischer Forschung<br />
bzw. eine psychoonkologische „Forschung in Praxis“ 17 .<br />
Unter Beteiligung des Gesundheitsministeriums, der AOK Westfalen-Lippe, der Krankenhausgesellschaft<br />
NRW sowie der <strong>Carina</strong> <strong>Stiftung</strong>, Herford startete im Januar 2004 die multizentrische,<br />
prospektive Studie „<strong>Case</strong> <strong>Management</strong> <strong>Psychoonkologie</strong>: Implementierung psychoonkologischer<br />
Leistungen in Kliniken der Akutversorgung“. Projektträger sind die Geschäftsführer<br />
von sechs Akutkliniken in Westfalen-Lippe (Brüderkrankenhaus St. Josef, Paderborn;<br />
Evangelisches Krankenhaus, Bielefeld; Franziskus Hospital, Bielefeld; Kath. St.-<br />
Johannes-Gesellschaft, Dortmund; Klinikum Dortmund; Klinikum Herford ii ).<br />
ii In alphabetischer Reihenfolge.
<strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006 33<br />
Das primäre Ziel des Projektes „<strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong>“ ist der Nachweis einer<br />
qualitätsgesicherten, wirksamen und wirtschaftlichen psychoonkologischen Versorgung<br />
von krebskranken Patienten in Krankenhäusern der Akutversorgung, unter Berücksichtigung<br />
der Schnittstelle zur ambulanten Nachsorge.<br />
• Die Erbringung einer qualitätsgesicherten psychoonkologischen Versorgung wird dabei anhand der<br />
Ergebnisse der Implementierung und kontinuierlichen Qualitätsentwicklung eines „Strukturierten<br />
psychoonkologischen Versorgungsprogramms“ in den beteiligten Krankenhäusern nachgewiesen.<br />
• Die Erbringung einer wirksamen psychoonkologischen Versorgung wird anhand der Ergebnisse<br />
der kontinuierlichen Erfassung klinischer Kennzahlen zur Versorgungsqualität nachgewiesen.<br />
• Die Erbringung einer wirtschaftlichen psychoonkologischen Versorgung wird anhand der Ergebnis-<br />
se der kontinuierlichen Erfassung administrativer und anhand von ökonomischen Kennzahlen zur<br />
Dienstleistungsqualität sowie zum ökonomischen Nutzen nachgewiesen.<br />
Weitere Ziele des Projektes „<strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong>“ beziehen sich auf die<br />
Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität psychoonkologischer Versorgung im Krankenhaus.<br />
Dabei sollen die, für die Projektdurchführung entwickelten und Studien begleitend, kontinuierlich<br />
optimierten Qualitätsmerkmale am Ende des Projektes in empirisch gesicherte Anforderungen<br />
an die Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität münden.<br />
Der vorliegende Abschlussbericht stellt die Grundlagen sowie ausgewählte Ergebnisse des<br />
Projektes „<strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong>“ dar.
2. Grundlagen der <strong>Psychoonkologie</strong> im Krankenhaus<br />
2.1 Einleitung<br />
Die psychoonkologische Versorgung im Krankenhaus muss Anforderungen an ihre Qualität,<br />
Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit genügen sowie in einer Form entwickelt werden und dargelegt<br />
sein, die ihre strukturierte Implementierung und Umsetzung in den einzelnen Versorgungseinrichtungen<br />
erlaubt. Die Anforderungen an die Versorgung werden aus Ergebnissen<br />
der psychoonkologischen Forschung und gesundheitspolitischen Entscheidungen abgeleitet.<br />
Die Entwicklung und Darlegung einer umsetzbaren psychoonkologischen Versorgung ist<br />
Aufgabe des Versorgungsmanagements 18 . Dabei werden die Anforderungen an die psychoonkologische<br />
Versorgung im Krankenhaus systematisch zusammengetragen (Kapitel 2.2 bis<br />
2.7) und auf dieser Grundlage ein strukturiertes Versorgungsprogramm erstellt (Kapitel 3.2),<br />
in dem klare administrative Regelungen und Vorgaben der Erbringung psychoonkologischer<br />
Leistungen festgeschrieben werden.<br />
Ein derart konzipiertes, strukturiertes psychoonkologisches Versorgungsprogramm ermöglicht<br />
die Planung, Lenkung und Prüfung der psychoonkologischen Versorgung innerhalb einzelner<br />
Versorgungseinrichtungen (i.S. des einrichtungsinternen Qualitätsmanagements) und<br />
deren einrichtungsübergreifenden Vergleich (i.S. des Benchmarkings).<br />
Die Darlegung psychoonkologischer Versorgung im Krankenhaus bezieht sich auf diejenigen<br />
Elemente, die für die Entwicklung und Implementierung eines strukturierten psychoonkologischen<br />
Versorgungsprogramms erforderlich sind. Hierzu zählen<br />
• die psychosozialen Belastungen, unter denen von Krebs betroffene Menschen leiden,<br />
• die Evidenzen psychoonkologischer Versorgung, wie sie in der Forschungsliteratur vorliegen,<br />
• das Versorgungskonzept als Grundlage der psychoonkologischen Leistungserbringung,<br />
• die Wirtschaftlichkeitsüberlegungen zur psychoonkologischen Versorgung,<br />
• die gesetzlichen Anforderungen, die an die psychoonkologische Versorgung gestellt werden sowie<br />
• die Darlegung der Umsetzung einer strukturierten Patientenversorgung für Zweck des Qualitäts-<br />
management.<br />
Die folgenden Kapitel legen die einzelnen Elemente der psychoonkologischen Versorgung<br />
im Krankenhaus dar.<br />
2.2 Psychische und soziale Belastungen von Krebs betroffener Menschen<br />
Die strukturierte Beschreibung der psychischen und sozialen Belastungen der von Krebs<br />
betroffenen Menschen im „<strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong>“ basiert auf Kriterien, die<br />
zur Bedarfsplanung sowie zur bedarfsgerechten Durchführung und Prüfung der Ergebnisse<br />
psychoonkologischer Versorgung im Krankenhaus erforderlich sind 19 . Hierzu zählen die psychische<br />
Morbidität, die psychosoziale Funktionalität, die Lebensqualität sowie die individuelle<br />
Problem- und Bedürfnislage. Aspekte der Patientenzufriedenheit spielen insofern eine Rolle,<br />
als dass sie für die Evaluation der Versorgungs- und Dienstleistungsqualität relevant sind 20 .<br />
Morbidität: Von Krebs betroffene Menschen können extrem belastet sein, ohne zugleich unter<br />
einer psychischen Störung leiden zu müssen. Gravierende seelische Belastungen (emo-
36 <strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006<br />
tionaler Distress) werden je nach Krebserkrankung und Phase der Krebstherapie bei 25%<br />
und 45% der Patienten beobachtbar und können bei bis zu 58% der Patienten in palliativer<br />
Versorgung auftreten. Zu Beginn einer Krebstherapie können dabei mit bis zu 80% deutlich<br />
mehr Patienten mit seelischen Belastungen festgestellt werden. Aber auch bei Patienten, die<br />
nicht stationär behandelt werden, lassen sich bei bis zu 78% hohe seelische Belastungen<br />
nachweisen 21 . Die wichtigsten Symptome einer psychischen Belastung, unter denen Krebspatienten<br />
leiden, sind solche der Angst, der Depression und der Anpassungsstörung. Werden<br />
diese Symptome mit psychometrischen Instrumenten (z.B. der „Hospital Anxiety and<br />
Depression Scale“ 22 ) erfasst, finden sich bei 20% bis 48% Symptome der Angst und bei 7%<br />
bis 21% Symptome einer Depression. Bei 32% können Symptome einer Anpassungsstörung<br />
festgestellt werden. Werden psychische Störungen mit Hilfe anerkannter Klassifikationssysteme<br />
23 diagnostiziert, so liegen bei 10% bis 20% klinische Störungen der Depression vor, bei<br />
8,3% bis 18% klinisch relevante Angststörungen und bei 24% bis 68% Anpassungsstörungen.<br />
Mit einer Komorbidität psychischer Störungen, insbesondere von Angst und Depression,<br />
ist bei ca. 20% der Krebspatienten zu rechnen, mit post-traumatischen Belastungsstörungen<br />
nach einer Krebstherapie im Krankenhaus bei ca. 12%. Das Ausmaß der psychischen<br />
Störungen von Krebspatienten ist damit deutlich höher als in der Normalbevölkerung.<br />
Eine Katamneseuntersuchung im Rahmen des CMP-Programms 24 ergab im ersten Jahr<br />
nach Ende der Krebstherapie in 40% erhöhte Angstwerte – mit einem Mittelwert von 6,32 im<br />
Vergleich zu 5,9 bei einer Normstichprobe - und in 27% erhöhte Werte einer Depression –<br />
mit einem Mittelwert von 5,35 im Vergleich zu 5,4 bei einer Normstichprobe -.<br />
Funktionalität: Von Krebs betroffene Menschen leiden erheblich unter den vielfältigsten Einschränkungen<br />
ihrer körperlichen, psychischen und sozialen Funktionsfähigkeit. Die Funktionseinschränkungen<br />
variieren in ihrem Ausmaß je nach Krebserkrankung, körperlicher<br />
Symptomatik (z.B. Schmerz, Übelkeit oder Fatigue) und der Phase der Krebstherapie. Nach<br />
einer Krebstherapie kommt es jedoch innerhalb von drei Jahren bei bis zu 66% der Betroffenen<br />
zu einer graduellen Verbesserung und Normalisierung der Funktionsfähigkeit. Die Therapie<br />
begleitende Erfassung der Funktionseinschränkungen ist ein aktuelles Gebiet der psychoonkologischen<br />
Forschung 25 , so dass allgemeine Aussagen über das Ausmaß der Funktionsfähigkeit<br />
während eines spezifischen Zeitpunktes im Therapieverlauf derzeit kaum möglich<br />
sind. Im Allgemeinen weisen Krebspatienten zu Beginn bzw. während einer Behandlung<br />
im Bereich der „Emotionalen Funktion 26 “ einen Wert von 70 bzw. 73,6 auf, im Bereich der<br />
„Körperlichen Funktion/Rolle“ einen Wert von 61,6 bzw. 58, was einer eher guten Funktionsfähigkeit<br />
entspricht 27 , die dennoch deutlich unter der der gesunden Bevölkerung (> 80) liegt.<br />
Die Katamneseuntersuchung im Rahmen des CMP-Programms ergab im ersten Jahr nach<br />
Ende der Krebstherapie in den Bereichen der „Emotionalen Funktion“ einen Wert von 62.2,<br />
und im Bereich der „körperlichen Funktion/Rolle“ einen Wert von 55,6. Nach stationärer Rehabilitation<br />
liegen diese Werte bei 69 bzw. 86,8. Wie in der Literatur beschrieben, besteht<br />
dabei ein enger Zusammenhang zwischen der emotionalen und körperlichen Funktionalität<br />
und den Ängsten und Depressionen der Krebspatienten in dem Sinne, dass mit zunehmender<br />
Ausprägung der Angst oder Depression die Funktionsfähigkeit eingeschränkt ist, unabhängig<br />
von der medizinischen Diagnose.<br />
Lebensqualität: Die empfundene Lebensqualität von Krebspatienten hängt wesentlich von<br />
der Art ihrer Krebserkrankung und –therapie, ihren Funktionseinschränkungen und dem<br />
Ausmaß der psychischen Belastung bzw. Störung ab. Die globale Lebensqualität liegt zu<br />
Behandlungsbeginn mit einem Wert von 57 und am Ende mit einem von Wert von 55 noch
<strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006 37<br />
im Durchschnittsbereich 28 . In der genannten Katamneseuntersuchung konnte im ersten Jahr<br />
nach Ende einer Krebstherapie ein Wert von 57 ermittelt werden. Nach einer Rehabilitationsmaßnahme<br />
liegt dieser Wert bei 66,3. Entsprechende Werte der gesunden Durchschnittsbevölkerung<br />
liegen um einen Wert von 70.<br />
Probleme und Belastungen: Die persönliche Problem- und Bedürfnislage spielt für Krebspatienten<br />
eine hervorgehobene Rolle, da diese maßgeblich ihr Handeln während der Krebstherapie<br />
bestimmt. Ein Bedürfnis nach vollständiger Information besteht bei 80% bis 95%, der<br />
Wunsch, aktiv an Entscheidungen zur Krebstherapie mitzuwirken, besteht bei bis zu 85%<br />
und einen expliziten Wunsch nach psychotherapeutischer Mitbetreuung haben bis zu 40% 29 .<br />
Nur etwa 60% der Krebspatienten gelingt es, zufriedenstellend an der Krebstherapie mitzuwirken.<br />
Angst und Sorge um die eigenen An- bzw. Zugehörigen, vor sozialer Isolierung oder<br />
vor beruflichen sowie finanziellen Problemen sind weitere zentrale Aspekte der persönlichen<br />
Problem- und Bedürfnislage zu Beginn und während einer Krebstherapie.<br />
Zufriedenheit: Die Zufriedenheit mit der persönlichen Betreuung in einem Krankenhaus wird<br />
bei Krebspatienten erst in neuerer Zeit systematisch erfasst. Sie spielt als Maß für die globale<br />
Beurteilung der Qualität der Patientenversorgung eine wichtige Rolle. In der Katamneseerhebung<br />
im Rahmen des CMP-Programms wurden Krebspatienten, deren letzter stationärer<br />
Aufenthalt bis zu einem Jahr zurück lag, nach ihrer Zufriedenheit mit der ärztlichen,<br />
pflegerischen und psychologischen Betreuung gefragt. Insgesamt lag die Zufriedenheit mit<br />
einem Wert von 65,3 (Notenwert von 1,75) sehr hoch (Betreuung: ärztlich 66,8 (1,66), pflegerisch<br />
67,6 (1,62), psychoonkologisch 61,6 (1,98)). Im Bereich der psychoonkologischen Unterstützung<br />
nahm der Wert mit zunehmender Gesprächshäufigkeit zu.<br />
International geht man von einem psychoonkologischen Versorgungsbedarf bei bis zu 45%<br />
der Krebspatienten aus 30 . Für die Zwecke einer strukturierten Patientenversorgung kann<br />
dieser Wert daher als „Bedarfsindikator“ angesehen werden.<br />
Um in der Versorgungspraxis eine bedarfsgerechte Zuweisung von Patienten zu einer wirksamen<br />
Interventionsform zu ermöglichen und die Versorgung auch inhaltlich an dem Bedarf<br />
eines Patienten auszurichten, sind neben der „Morbidität“ auch die weiteren Befunde zur<br />
Funktionalität, Lebensqualität und individuellen Problem- und Bedürfnislage relevant. Im<br />
Rahmen des strukturierten Versorgungsprogramms werden diese Befunde daher in einem<br />
Versorgungskonzept (s. Kapitel 2.4) integriert und für die Planung, Lenkung und Prüfung der<br />
Patientenversorgung herangezogen.<br />
Die folgenden Kapitel legen die Evidenz psychoonkologischer Versorgung dar und zeigen<br />
auf, wie diese für die Leistungserbringung in einem Krankenhaus aufgearbeitet werden kann.<br />
2.3 Evidenzen psychoonkologischer Versorgung<br />
Entscheidungen über die Akzeptanz psychoonkologischer Versorgungsleistungen werden<br />
auf Grundlage humanitärer, gesundheitspolitischer, wissenschaftlicher und Überlegungen<br />
zur Praktikabilität und Umsetzbarkeit getroffen 31 . Mittlerweile besteht ein gesellschaftlicher<br />
Konsens darüber, dass psychosoziale Unterstützungs- und Beratungsangebote aufgrund<br />
des Leidens der Betroffenen geboten sind und zur ganzheitlichen Krebstherapie gehören<br />
sollten. Von Seiten der Forschung ist zudem die Wirksamkeit psychoonkologischer Versorgung<br />
hinlänglich bestätigt worden (s.u.). Ob die wirksamen Versorgungsformen jedoch auch
38 <strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006<br />
in der Versorgungswirklichkeit eines Krankenhauses wirksam sind und in strukturierter Weise<br />
erbracht werden können, ist bislang kaum untersucht.<br />
Die psychoonkologische Forschung kann in sog. Meta-Analysen und Interventionsstudien<br />
ausreichend viele Wirksamkeitsbelege auflisten und zeigen, dass es umschriebene Indikationen<br />
zur psychoonkologischen Versorgung gibt und dadurch spezifische Ergebnisse zu<br />
erzielen sind 32 .<br />
Metaanalysen: Metaanalysen sind systematische Übersichten über eine Vielzahl an Interventionsstudien.<br />
In der <strong>Psychoonkologie</strong> ist die Wirksamkeit der verschiedenen psychosozialen<br />
und psychotherapeutischen Interventionen in mehreren Meta-Analysen belegt worden. Die<br />
so genannte Effektstärke, als Maß der Ausprägung der Wirksamkeit, ist dabei mit 0,24 bis<br />
0,5 klein bis mittelgroß. Sie ist jedoch groß (> 0,5), wenn die Studien qualitativ gut durchgeführt,<br />
die Qualifikation der psychoonkologischen Fachkräfte höher und die Therapiedauer<br />
länger (über 12 Wochen) ist. Zudem zeigt sich, dass die Effekte dann deutlich höher liegen,<br />
wenn die psychosozialen Interventionen gezielt an dem Bedarf und den Belastungen der<br />
Patienten ausgerichtet werden.<br />
Interventionsstudien: Die <strong>Psychoonkologie</strong> konnte nicht nur belegen, dass die psychoonkologische<br />
Versorgung generell wirksam ist, sondern auch zeigen, welche Interventionsformen<br />
besonders gut geeignet sind, um die einzelnen körperlichen, psychischen und sozialen Probleme<br />
und Belastungen der Krebspatienten zu lindern. Die Interventionsformen, zu denen die<br />
meisten Studien mit den besten Belegen vorliegen, sind die<br />
• Patienteninformation, Patientenschulung und Patientenberatung<br />
• Kognitiv-behaviorale Therapie (u.a. Entspannung, Ablenkung, positive Suggestion, Imagination,<br />
Hypnose, Desensibilisierung, Selbstmanagement, kognitiv-behaviorale Krankheitsbewältigung)<br />
• Supportive Psychotherapieformen (u.a. psychodynamische Interventionsformen, professionelle<br />
supportive Einzel-, Familien- und Paarberatung, Kriseninterventionen)<br />
• Telefonische Beratung<br />
Wirksamkeitsbelege gibt es ebenso für die Zusammenstellung einzelner Interventionstechniken<br />
zu Interventionsprogrammen, um spezifische Probleme effizienter zu behandeln, für die<br />
Berufsgruppen, die die entsprechenden Interventionsformen umsetzen, und für die erforderliche<br />
Versorgungsdauer, um einen bestimmten Effekt zu erzielen.<br />
Indikationen: Von „Indikation zu einer bestimmten Interventionsform“ wird gesprochen, wenn<br />
speziellen körperlichen, psychischen und sozialen Problemen und Belastungen, mit einer/m<br />
Interventionsmaßnahme/-programm effektiv begegnet werden kann. Maßnahmen bzw. Programme<br />
der<br />
• Patienteninformation und –aufklärung sind für alle an Krebs erkrankte Patienten effizient einzusetzen;<br />
insbesondere bei Problemen der psychosozialen Anpassung, des Krankheitsverständnisses,<br />
des Mangels an Vertrauen und Zuversicht oder bei Fragen zur Krebserkrankung und –behandlung<br />
sowie bei potenziell bedrohlichen Prozeduren und Therapien;<br />
• Patientenunterstützung und –anleitung sind bei Patienten effizient, die unter körperlichen Beschwerden<br />
leiden (insb. Chemotherapie-bedingte Übelkeit und Erbrechen; Schmerzzuständen; Fatigue<br />
(chronische Müdigkeit); Respiratorische Störungen; Ernährungsproblemen) und geeignet für<br />
Patienten vor, während und/oder nach einer potenziell bedrohlichen Prozedur oder Therapie, mit<br />
Funktionsbeeinträchtigungen und mit sozialen, sozialrechtlichen und/oder beruflichen Problemen;
<strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006 39<br />
• Psychoonkologisch-psychotherapeutischen Beratung und Behandlung sind effizient für Patienten<br />
mit schwerwiegenden psychischen Belastungen und Störungen (u.a. bei Stress und Anpassungsstörungen,<br />
Angststörungen, Depressionen, Selbsttötungsgedanken, traumatischen Störungen).<br />
Ergebnisse: Die Ergebnisse (outcomes) der psychosozialen Interventionsstudien lassen sich<br />
nur schwer im Überblick quantifizieren, da die Studien u.a. an Patienten mit unterschiedlicher<br />
psychosozialer Belastung, in verschiedenen Krankheitsstadien und zu den unterschiedlichsten<br />
Zeitpunkten im Erkrankungs- und Behandlungsverlauf durchgeführt wurden. Für die<br />
Zwecke einer strukturierten psychoonkologischen Versorgung im Krankenhaus, die bedarfs-<br />
und ergebnisorientiert ausgerichtet ist, sind jedoch quantifizierbare Ergebnisse der psychoonkologischen<br />
Intervention erforderlich, die sich auf genau definierte Erhebungszeitpunkte<br />
beziehen lassen.<br />
Wie bereits in Kapitel 2.2 angesprochen, fehlen bislang noch valide Qualitäts- und Ergebnisindikatoren,<br />
und es muss auf allgemeine Richtwerte zurückgegriffen werden, um einen Vergleich<br />
der Effekte psychoonkologischer Versorgung im Krankenhaus mit externen Wirksamkeitsbelegen<br />
33 führen zu können.<br />
Metaanalysen zeigen insgesamt positive Veränderungen in allen relevanten Funktionsbereichen<br />
und in der Lebensqualität. Eine bedeutsame Verbesserung um 10% bis 14% konnte in<br />
Maßen der Funktionalität und Lebensqualität gezeigt werden 34 . Eine gut kontrollierte randomisierte<br />
Verhaltenstherapiestudie konnte anhand der „Hospital Anxiety and Depression Scale“<br />
nachweisen, dass von Therapiebeginn zu Therapieende (3.-4. Monat) bei 26% der behandelten<br />
Patienten die Ängstlichkeit und bei 24% der behandelten Patienten die Symptome<br />
der Depression deutlich reduziert werden konnten. Nur bei 5% bzw. 7% der nicht behandelten<br />
Patienten kam es in demselben Zeitraum zu einer entsprechenden Reduktion der Ängste<br />
und Depressionen. Diese Effekte waren auch noch nach einem Jahr nachweisbar 35 . In der<br />
Katamnesestudie im Rahmen des CMP-Programms haben 25% der Patienten ihre positiven<br />
Veränderungen nach der Entlassung aus dem Krankenhaus als durch die psychoonkologische<br />
Betreuung mitbedingt bewertet. Jedoch fanden sich keine Zusammenhänge zwischen<br />
dem Ausmaß der berichteten positiven Veränderungen und der Anzahl der durchgeführten<br />
psychoonkologischen Gespräche (im Mittel 3,6 Gespräche).<br />
Die Implementierung evidenzbasierter psychoonkologischer Interventionen in die Versorgungswirklichkeit<br />
eines Akutkrankenhauses ist bislang nicht erfolgt. Dies allein schon deshalb<br />
nicht, weil die Leistungserbringer im Akutkrankenhaus mit psychosozialen Versorgungserfordernissen<br />
36 konfrontiert werden, für die es keine direkten Evidenzbelege gibt, und<br />
die im Rahmen von Kontrollgruppenstudien kaum zu erforschen sind. Zwar arbeiten die<br />
meisten psychoonkologisch Tätigen auf Basis wissenschaftlich geprüfter Interventionen, sie<br />
setzen diese jedoch entsprechend den täglichen klinischen Erfordernissen und nicht entsprechend<br />
den Vorgaben von Interventionsstudien um. Die psychoonkologische Forschung<br />
erlaubt somit keine Aussage über die Wirksamkeit psychoonkologischer Versorgung in der<br />
Versorgungswirklichkeit.<br />
Dennoch: Als erster Indikator für die „Ergebnisqualität“ der psychoonkologischen Versorgungspraxis<br />
kann eine klinisch bedeutsame Linderung der Belastungen bei ca. 26% der Patienten<br />
angesehen werden, die zudem im Zusammenhang mit der Versorgungsintensität<br />
stehen sollte 37 .<br />
Damit wirksame psychoonkologische Leistungen den Patienten auch in der Versorgungspraxis<br />
zu Gute kommen, sind die Forschung und Praxis in der <strong>Psychoonkologie</strong> näher miteinan-
40 <strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006<br />
der zu verknüpfen 38 . Versorgungskonzepte (vgl. Kapitel 2.4), Leitlinien und Behandlungspfade<br />
(vgl. Kapitel 3) sind die entsprechenden Instrumente.<br />
2.4 Versorgungskonzept der psychoonkologischen Versorgung im Krankenhaus<br />
Vorstellungen darüber, wie es zu psychischen Belastungen und Störungen infolge einer<br />
Krebserkrankung und Krebstherapie kommen kann und wie diese zu beeinflussen sind, sind<br />
in der <strong>Psychoonkologie</strong> weit verbreitet. Die entsprechenden Konzepte sind für die Anforderungen<br />
der psychoonkologischen Versorgungspraxis jedoch nicht ohne weiteres zu verwenden,<br />
sondern sind in ein einheitliches, handlungsanleitendes Konzept zu übertragen.<br />
Das Versorgungskonzept der psychoonkologischen Versorgung im Krankenhaus (s.u) dient<br />
der Strukturierung psychoonkologischer Versorgung 39 ; es<br />
• integriert die vorliegenden Forschungsergebnisse zu den Ursachen und Risikofaktoren, den verän-<br />
dernden und aufrechterhaltenden Faktoren sowie den Folgen psychischer Probleme, Belastungen<br />
und Störungen (s.u. Krankheitsbewältigungsmodell),<br />
• ermöglicht die strukturierte Diagnostik und bedarfsbezogene Indikationsstellung,<br />
• strukturiert die einzelnen psychoonkologischen Interventionsformen für die Zwecke einer bedarfs-<br />
gerechten Versorgung,<br />
• erlaubt die Erfassung der Ergebnisse psychoonkologischer Versorgung und es<br />
• dient den psychoonkologisch Tätigen zur Strukturierung ihrer täglichen Versorgungspraxis.<br />
Kernstück des Versorgungskonzeptes ist das "Krankheitsbewältigungsmodell" (vgl. Abb. 1).<br />
Belastungen aufgrund der Erkrankung<br />
und Therapie<br />
negativ<br />
Krankheitsverarbeitung<br />
Gesundheits-<br />
verhalten<br />
positiv<br />
Abbildung 1: Krankheitsbewältigungsmodell 40<br />
Zusätzliche psychosoziale<br />
Belastungen<br />
Entsprechend dem Bewältigungsmodell wirken Belastungen, die allein aufgrund der Erkrankung<br />
und ihrer Therapie auftreten (krankheitsbedingte Belastungen) sowie zusätzliche,<br />
krankheitsunabhängige psychosoziale Belastungen auf die Krankheitsverarbeitung des Patienten.<br />
Je nach Art der Krankheitsverarbeitung wird ein eher günstiger bzw. eher ungünstiger<br />
Umgang mit den Anforderungen und Belastungen einer Krebserkrankung und -therapie
<strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006 41<br />
im Verhalten beobachtbar. Dieser als Gesundheitsverhalten beschriebene Umgang verdeutlicht,<br />
dass die Bewältigungsbemühungen des Patienten stets als Ausdruck seiner vorhandenen<br />
Kompetenzen und nicht als Störung oder fehl angepasstes Verhalten zu werten sind. Ob<br />
es sich um ein positives oder negatives Gesundheitsverhalten handelt, hängt davon ab, ob<br />
das Gesundheitsverhalten den Absichten und Zielen des Patienten und den Erfordernissen<br />
der Krebstherapie dient.<br />
Auf Grundlage dieses Modells können die psychosozialen Probleme und Belastungen von<br />
Krebspatienten in drei Gruppen mit unterschiedlichem Versorgungsbedarf eingeordnet (s.u.<br />
Kapitel 3.2.2), eine bedarfsgerechte Versorgung durchgeführt und deren Nutzen und Wirksamkeit<br />
evaluiert werden.<br />
2.5 Wirtschaftlichkeit psychoonkologischer Versorgung<br />
Die psychoonkologische Versorgung ist aufgrund der Belastungen von Krebs betroffener<br />
Menschen erforderlich und kann wirksam erbracht werden. Sie ist jedoch auch aus wirtschaftlichen<br />
Erwägungen heraus angezeigt, denn psychische Belastungen und Störungen<br />
reduzieren nicht nur die Lebensqualität, sondern bedingen zudem deutlich mehr direkte und<br />
indirekte Gesundheitskosten 41 . Sie führen beispielsweise zu erhöhter Inanspruchnahme,<br />
verlängerten Krankenhausaufenthalten und höheren Behandlungskosten. Umgekehrt, führen<br />
psychosoziale und psychotherapeutische Interventionsformen nicht nur zu einer Linderung<br />
des Leidens, sondern auch zu Kosteneinsparungen. Entsprechende Interventionsstudien<br />
haben bereits gezeigt, dass sie einen Beitrag zur wirtschaftlicheren Versorgung von Patienten<br />
mit psychischen Störungen und chronischen Erkrankungen leisten können. Erste Studien<br />
haben auch für Patienten mit Krebserkrankungen Kosteneinsparungen von 47$ pro Patient,<br />
eine Reduktion spezifischer Gesundheitsausgaben um 25% sowie eine Reduktion der Inanspruchnahme<br />
gesundheitsmedizinischer Leistungen zeigen können 42 .<br />
Die gesundheitsökonomische Evaluation im Rahmen einer Vorstudie zum „<strong>Case</strong> <strong>Management</strong><br />
<strong>Psychoonkologie</strong>“ hat im Vergleich der Krankenhauskosten für die Erstbehandlung von<br />
Karzinompatienten Hinweise auf Kostenvorteile von bis zu 19% und eine Reduzierung der<br />
Krankenhaustage aufzeigen können, wenn ein Krankenhaus eine psychoonkologische Versorgung<br />
vorhält. Schätzungen der mit der Vorstudie beauftragen Unternehmensberatungsfirma<br />
zufolge können durch die psychoonkologische Versorgung eine höhere Patientencompliance<br />
und dadurch eine Reduktion wirkungsloser Therapien erreicht oder Therapieabbrüche<br />
reduziert werden 43 . Die dadurch erzielten Kosteneinsparungen sollen die Kosten für<br />
die psychoonkologische Versorgung mehr als ausgleichen.<br />
Um Anhaltspunkte für die Wirtschaftlichkeit der Erbringung psychoonkologischer Leistungen<br />
im Krankenhaus zu gewinnen, lassen sich folgende Informationen zusammentragen:<br />
• Laut einer Untersuchung werden im ärztlichen Dienst der Krankenhäuser zwischen 2 h 36 min und<br />
3 h 15 min täglich für die Patientendokumentation aufgebracht, das sind ca. 33% bis 41% eines 8 h<br />
Arbeitstages 44 . Von diesem Dokumentationsaufwand entfallen ca. 40 Min. auf die Dokumentation<br />
administrativer und zwischen 120 und 155 min auf die patientenbezogene Dokumentation.<br />
• Eine gesundheitsökonomische Evaluation der Patientenversorgung zeigte 45 , dass psychoonkologi-<br />
sche Dienste in Akutkrankenhäusern zwischen 2,5 und 4 Patientengespräche mit einer Dauer zwi-<br />
schen 22 und 30 Minuten und einer Intensität von 69 bis 112 Minuten je Patient führen. Die Vertei-<br />
lung der verfügbaren Versorgungskapazität verteilt sich zu 30% auf direkt mit dem Patient geführte
42 <strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006<br />
Gespräche, 33% auf patientenbezogene Gespräche mit dem Behandlungsteam und 37% andere<br />
psychoonkologische Leistungen und administrative Aufgaben. Die Kosten der psychoonkologi-<br />
schen Versorgung je Patient und Jahr belaufen sich auf ca. 123 €.<br />
• Eine Studie zur psychoonkologischen Versorgung von lymphom- und leukämieerkrankten Patien-<br />
ten im Krankenhaus 46 zeigte eine durchschnittliche Gesprächsdauer von 28 Minuten, wobei diese<br />
nur bei 25% der Patienten länger als 40 Minuten dauerte. Der Betreuungsaufwand für die ersten 6<br />
Therapiewochen betrug 4,24h/Pat. 43% der Arbeitszeit entfielen auf andere psychoonkologische<br />
Leistungen und administrative Aufgaben. Durch den psychoonkologischen Liaisondienst wurden<br />
die Kosten des Pflegesatzes lediglich um 1,6% (8,20 €) erhöht.<br />
• Die Abteilung für <strong>Psychoonkologie</strong> am Klinikum Herford 47 versorgte im Jahre 2003 je Mitarbeiter<br />
annähernd 300 Patienten in 866 Gesprächen (2,9 Gespräche je Patient) und einer mittleren Ge-<br />
sprächsdauer von 26 Minuten (1,26h/Pat.). 35% der Patienten wiesen bei stationärer Aufnahme<br />
deutliche emotionale und Verhaltensprobleme auf und 28% emotionale Belastungen. Lediglich<br />
3,9% aller Patienten äußerten explizit, keinen Betreuungswunsch zu haben.<br />
Gegenwärtig können nur wenige Aussagen zum ökonomischen Nutzen und zur Wirtschaftlichkeit<br />
der psychoonkologischen Versorgung in Akutkrankenhäusern getroffen werden. Die<br />
vorliegenden Ergebnisse zeigen jedoch den potentiellen wirtschaftlichen Nutzen und geben<br />
erste Anhaltspunkte für die Bewertung der Dienstleistungsqualität psychoonkologischer Leistungserbringung.<br />
2.6 Anforderungen an die Qualität psychoonkologischer Versorgung<br />
Die psychoonkologische Versorgung im Krankenhaus muss, wie sämtliche medizinischen<br />
und pflegerischen Leistungen im Krankenhaus, Anforderungen an die Qualität der Patientenversorgung<br />
(Versorgungsqualität) und der Leistungserbringung (Dienstleistungsqualität) genügen<br />
48 . Übergeordnetes Ziel sämtlicher qualitätssichernder Maßnahmen ist es, Vertrauen<br />
darin zu schaffen, dass die Qualität der Patientenversorgung, die erwiesenermaßen geleistet<br />
werden kann, in der Versorgungswirklichkeit auch tatsächlich geleistet wird 49 .<br />
Versorgungsqualität: Die Versorgungsqualität befasst sich mit der klinischen Angemessenheit<br />
der Patientenversorgung. Eine hohe Versorgungsqualität liegt dann vor, wenn vorgegebenen<br />
Qualitätsanforderungen an klinische Aspekte der psychoonkologischen Behandlung<br />
und an die Ergebnisse der Versorgung entsprochen wird. Die psychoonkologische Versorgung<br />
im Krankenhaus kann dann als qualitativ gut bezeichnet werden, wenn sie bedarfsgerecht<br />
ist, eine bedarfsgerechte Behandlung erbracht sowie ein medizinisch-relevanter Nutzen<br />
erzielt wird.<br />
Zur Sicherung der Versorgungsqualität werden die Qualitätsanforderungen an die psychoonkologische<br />
Behandlung und den Patientennutzen zunehmend aus evidenzbasierten Leitlinien<br />
abgeleitet 50 . Behandlungspfade und Ausführungsempfehlungen dienen dazu, dass in der<br />
Patientenversorgung auch tatsächlich so gearbeitet wird, wie es die Leitlinien vorschreiben.<br />
Valide psychometrische Verfahren, Checklisten und Indikationskriterien dienen der Sicherstellung<br />
einer angemessenen Bedarfsermittlung und zur Evaluation des Patientennutzens.<br />
Qualifikationsanforderungen an die Leistungserbringer tragen zur Sicherung der Qualität der<br />
psychoonkologischen Behandlung bei.
<strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006 43<br />
Dienstleistungsqualität: Die Dienstleistungsqualität befasst sich mit der formalen Angemessenheit<br />
der Leistungserbringung. Eine hohe Dienstleistungsqualität liegt dann vor, wenn vorgegebenen<br />
Qualitätsanforderungen an formale Aspekte der Leistungserbringung entsprochen<br />
wird. Die psychoonkologische Versorgung im Krankenhaus kann dann als qualitativ gut<br />
bezeichnet werden, wenn die Versorgung für den Patienten zeitnah verfügbar ist, die Leistungserbringung<br />
koordiniert und an dem medizinischen Therapieverlauf ausgerichtet erfolgt,<br />
wenn administrativen Anforderungen (Klassifikation, Dokumentation usw.) genügt wird und<br />
die Patientensicherheit gewahrt wird. Dies bedeutet zum Beispiel, dass ein Patient nicht zu<br />
viel und nicht zu wenig Leistungen erhält sowie mit den richtigen Leistungen versorgt wird.<br />
Zur Sicherung der Dienstleistungsqualität werden die Qualitätsanforderungen an die Leistungserbringung<br />
aus vorgegebenen Kennzahlen abgeleitet. Diese Kennzahlen resultieren<br />
u.a. aus Studien zu klinischen Erfordernissen der Patientenversorgung, aus vorliegenden<br />
Daten zur Verteilung der Versorgungskapazität, Behandlungsdauer und –intensität sowie<br />
aus Überlegungen zur Machbarkeit und Umsetzbarkeit psychoonkologischer Versorgung in<br />
Krankenhäusern der Akutversorgung.<br />
Der Prüfstein der Qualität psychoonkologischer Versorgung im Krankenhaus ist die Versorgungswirklichkeit.<br />
Erfahrungen aus dem „Herforder Modell 51 “ haben immer wieder gezeigt, dass während der<br />
akuten Phase der Krebstherapie viele psychoonkologische Versorgungsleistungen, die wirksam<br />
und wünschenswert wären, nicht oder nur in Ausnahmen umsetzbar sind. Hierzu gehören<br />
etwa die psychosoziale Paar- und Gruppenschulung/-beratung oder die intensive Patientenbetreuung<br />
mit Entspannungs- und Imaginationsübungen oder eine Kurzzeitpsychotherapie<br />
mit regelmäßig stattfindenden Therapiesitzungen. Dagegen kommen nicht explizit an<br />
Krebspatienten geprüfte Interventionstechniken, etwa solche der „Allgemeinen Psychotherapie“<br />
52 , häufiger zum Einsatz. In der psychoonkologischen Versorgung im Krankenhaus gilt es<br />
daher primär nachzuweisen, dass die Versorgungsform „Psychoonkologische Versorgung“<br />
prinzipiell in einer strukturierten Art und Weise zu erbringen ist und die Patienten grundsätzlich<br />
bedarfsgerecht, effizient und wirksam versorgt werden können. Im Rahmen des Programms<br />
„<strong>Case</strong> <strong>Management</strong> <strong>Psychoonkologie</strong>“ der <strong>Carina</strong> <strong>Stiftung</strong> sind für diese Zwecke<br />
verschiedene Kriterien, Maßnahmen und Instrumente des Qualitätsmanagements psychoonkologischer<br />
Versorgung erarbeitet und teilweise bereits im klinischen Versorgungsalltag erprobt<br />
worden (u.a. Qualitätszirkel, Behandlungspfade, Indikationskriterien, ein EDV-basiertes<br />
Patientendokumentationssystem sowie ein Basisassessment, vgl. Kapitel 3) 53 .<br />
Für die Bewertung der Qualität psychoonkologischer Versorgung lassen sich aus diesen<br />
Praxiserfahrungen sowie den Studien zum psychosozialen Versorgungsbedarf (Kapitel 2.2),<br />
zur Evidenz (Kapitel 2.3) und zur Wirtschaftlichkeit psychoonkologischer Versorgung (Kapitel<br />
2.4) erste Qualitätskriterien ableiten und prüfen (vgl. Kapitel 4 und 5).<br />
2.7 Anforderungen des Gesetzgebers an die Qualität der Versorgung<br />
Der Gesetzgeber hat in verschiedenen Paragraphen des Sozialgesetzbuches V für die gesetzliche<br />
Krankenversicherung die Anforderungen an die Qualität von Leistungen formuliert,<br />
die durch ein Krankenhaus erbracht werden. Laut SGB V § 135a (Verpflichtung zur Qualitätssicherung)<br />
sind die Leistungserbringer zur Sicherung und Weiterentwicklung der Qualität<br />
der von ihnen erbrachten Leistungen verpflichtet. Die Leistungen müssen dem jeweiligen
44 <strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006<br />
Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entsprechen und in der fachlich gebotenen Qualität<br />
erbracht werden. Krankenhäuser sind zudem verpflichtet, sich an einrichtungsübergreifenden<br />
Maßnahmen der Qualitätssicherung zu beteiligen, die insbesondere zum Ziel haben,<br />
die Ergebnisqualität zu verbessern und einrichtungsintern ein Qualitätsmanagement einzuführen<br />
und weiterzuentwickeln. Weitergehende Anforderungen sind in SGB V § 137 „Qualitätssicherung<br />
bei zugelassenen Krankenhäusern“ formuliert.<br />
Ziel des in diesem Abschlussbericht dargelegten Projektes „<strong>Case</strong> <strong>Management</strong> <strong>Psychoonkologie</strong>:<br />
Implementierung psychoonkologischer Leistungen in Kliniken der Akutversorgung“<br />
(CMP-Projekt) ist der Nachweis einer qualitätsgesicherten, wirksamen und wirtschaftlichen<br />
psychoonkologischen Versorgung von Krebspatienten in Krankenhäusern der Akutversorgung<br />
unter Berücksichtigung der Schnittstelle zur ambulanten Nachsorge. Das Ergebnis des<br />
Projekts „<strong>Case</strong> <strong>Management</strong> <strong>Psychoonkologie</strong>“ soll die Voraussetzungen für eine flächendeckende<br />
Implementierung psychoonkologischer Leistungen in Kliniken der Akutversorgung<br />
schaffen. Die gesetzlichen Anforderungen an die Qualität der Versorgung sind daher für das<br />
CMP-Projekt von besonderer Relevanz.<br />
In Kapitel 2 wurden grundlegende Ergebnisse zum „Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse“<br />
und den Anforderungen an die „fachlich gebotene Qualität“ zusammengetragen. In<br />
Kapitel 3 wird der Ansatz des <strong>Case</strong> <strong>Management</strong> <strong>Psychoonkologie</strong> dargelegt und aufgezeigt,<br />
wie im Bereich der <strong>Psychoonkologie</strong> „einrichtungsübergreifende Maßnahmen der Qualitätssicherung“<br />
umgesetzt und die psychoonkologische Versorgung in das „einrichtungsinterne<br />
Qualitätsmanagement“ eines Krankenhauses integriert werden können.
<strong>Case</strong> <strong>Management</strong> <strong>Psychoonkologie</strong><br />
Implementierung psychoonkologischer Leistungen<br />
in Kliniken der Akutversorgung<br />
Westfalen-Lippe, NRW<br />
Der Ansatz des <strong>Case</strong> <strong>Management</strong> <strong>Psychoonkologie</strong>
3. Der Ansatz des <strong>Case</strong> <strong>Management</strong> <strong>Psychoonkologie</strong><br />
3.1 Einleitung<br />
<strong>Case</strong> <strong>Management</strong> <strong>Psychoonkologie</strong> (CMP) ist die strukturierte, einzelfallbezogene psychosoziale<br />
Versorgung für von Krebs betroffene Menschen. <strong>Case</strong> <strong>Management</strong> <strong>Psychoonkologie</strong><br />
gestaltet die psychosozialen und psychoonkologisch-psychotherapeutischen Versorgungsleistungen<br />
in Kliniken der Akutversorgung derart, dass sie den vielfältigen Anforderungen<br />
an die Humanität, Wirksamkeit, Wirtschaftlichkeit und Qualität der Gesundheitsversorgung<br />
genügen 54 . Die Patientenversorgung soll zu allererst human und wirksam sein, d.h. sie<br />
ist an dem Bedarf der Betroffenen auszurichten und soll für den einzelnen Patienten von<br />
Nutzen sein. Die Versorgung soll wirtschaftlich sein, d.h. ihren Zweck, Patienten human und<br />
wirksam zu versorgen, erfüllen und dabei das Ausmaß des Erforderlichen nicht über- und<br />
nicht unterschreiten. Und sie soll qualitativ hochwertig sein, d.h. so geartet sein, dass jeder<br />
Patient in jedem Krankenhaus zu jeder Zeit die Versorgung erhält, die ihm angemessen ist.<br />
Das Projekt „<strong>Case</strong> <strong>Management</strong> <strong>Psychoonkologie</strong>“ soll diesen Anforderungen genügen. Um<br />
dies zu erreichen, wurde auf Grundlage des „Care-Service-Science-Konzept“ (CSS) 55 ein<br />
„Strukturiertes psychoonkologisches Versorgungsprogramm“ erstellt, das den „Stand der<br />
wissenschaftlichen Erkenntnisse“ repräsentieren und die „fachlich gebotene Qualität“ der<br />
Patientenversorgung in allen beteiligten Projektkliniken sicherstellen soll.<br />
3.2 Strukturiertes psychoonkologisches Versorgungsprogramm<br />
Sinn und Zweck psychoonkologischer Forschung ist es, Erkenntnisse darüber bereit zu stellen,<br />
wie das Leiden von Krebs betroffener Menschen gelindert und deren Lebensqualität und<br />
Teilhabe am normalen Leben verbessert werden können. Aufgabe des <strong>Case</strong> <strong>Management</strong> 56<br />
ist es, diese Erkenntnisse so aufzuarbeiten und umzusetzen, dass sie jedem einzelnen Patienten<br />
in der täglichen Versorgungspraxis zu Gute kommen können.<br />
Es gilt daher, die „richtige Patientenversorgung“ zu entwickeln und derart in die Praxis zu<br />
implementieren, dass „das Richtig auch richtig getan“ wird. Das Resultat des Entwicklungsprozesses<br />
ist das strukturierte psychoonkologische Versorgungsprogramm. Das Resultat<br />
des Implementierungsprozesses ist der empirisch geführte Nachweis einer bedarfsgerechten,<br />
wirksamen und wirtschaftlichen Patientenversorgung auf Basis des strukturierten Versorgungsprogramms<br />
(vgl. Kapitel 4 und 5).<br />
Das strukturierte psychoonkologische Versorgungsprogramm besteht aus folgenden Elementen,<br />
• dem Versorgungskonzept, in welchem die Ergebnisse der psychoonkologischen Forschung zu-<br />
sammengetragen sind (vgl. 2.2 bis 2.4),<br />
• dem Behandlungsprogramm, in dem die Maßnahmen der Diagnostik, Indikation, Intervention und<br />
Evaluation dargelegt sind und auf dessen Grundlage die Leistungserbringer die Patientenversor-<br />
gung umsetzen (vgl. Kap 2.6, Versorgungsqualität),<br />
• den Behandlungspfaden, in denen die Abläufe der Patientenversorgung, die interdisziplinäre Koo-<br />
peration sowie die administrativen Aufgaben der einzelnen Leistungserbringer formuliert sind (vgl.<br />
Kap 2.6, Dienstleistungsqualität) und
48 <strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006<br />
• dem EDV-basierten Patientendokumentationssystem, das die Leistungsdokumentation sowie die<br />
Erfassung relevanter klinischer und administrativer Kennzahlen enthält und den Aufgaben des<br />
Qualitätsmanagements zugänglich macht. (vgl. Kapitel 2.6).<br />
3.2.1 Versorgungskonzept<br />
Für die Zwecke einer einrichtungsübergreifenden, strukturierten Patientenversorgung ist die<br />
Vielzahl an wissenschaftlichen Einzelergebnissen sinnvoll zu integrieren. Dabei sind auch<br />
Überlegungen der Machbarkeit und Umsetzbarkeit in der Versorgungswirklichkeit eines<br />
Krankenhauses zu beachten. Nicht alles, was wissenschaftlich erwiesen und wünschenswert<br />
wäre, kann in der Versorgungspraxis realisiert und umgesetzt werden. Strukturelle, personelle<br />
und Gegebenheiten der medizinischen und pflegerischen Krebsbehandlung sind zu berücksichtigen.<br />
Da sich diese jedoch von Klinik zu Klinik unterscheiden können, sind in dem<br />
Versorgungskonzept die Mindestanforderungen formuliert, die erfüllt sein sollten, damit eine<br />
bedarfsgerechte, wirkungsvolle, hinreichende und wirtschaftliche Patientenversorgung sichergestellt<br />
und nachgewiesen werden kann 57 . Diese Mindestanforderungen bilden die<br />
Grundlage, auf der das einrichtungsübergreifende Qualitätsmanagement der psychoonkologischen<br />
Versorgung erfolgen kann.<br />
In die Entwicklung des Versorgungskonzeptes für das Projekt „<strong>Case</strong> <strong>Management</strong> <strong>Psychoonkologie</strong>“<br />
sind sowohl der „Stand der medizinischen Erkenntnisse“ zur <strong>Psychoonkologie</strong><br />
wie auch Praxiserfahrungen des „Herforder Modells“ eingegangen.<br />
3.2.2 Behandlungsprogramm<br />
Während im Versorgungskonzept zum Ausdruck kommt, was „die richtige“ psychoonkologische<br />
Versorgung im Krankenhaus ist, wird im Behandlungsprogramm und den Behandlungspfaden<br />
dargelegt, wie die richtige Patientenversorgung „richtig umgesetzt“ wird. Das<br />
Behandlungsprogramm legt dabei die Maßnahmen fest, die eine bedarfsgerechte und wirksame<br />
Versorgung sichern. Die Behandlungspfade schreiben zudem vor, was von den Leistungserbringern<br />
wann zu tun ist, um eine hinreichende, geeignete und wirtschaftliche Versorgung<br />
im Krankenhaus zu gewährleisten. Durch Kombination beider Ansätze wird die<br />
strukturierte Planung, Lenkung und Prüfung der Leistungserbringung möglich und damit sichergestellt,<br />
dass die psychoonkologische Versorgung richtig umgesetzt wird.<br />
In dem Behandlungsprogramm zum Projekt „<strong>Case</strong> <strong>Management</strong> <strong>Psychoonkologie</strong>“ sind die<br />
Maßnahmen der Diagnostik, Indikation, Intervention und Evaluation so formuliert, dass ihre<br />
konkrete Umsetzung in der Praxis möglich wird.<br />
Diagnostik: Zu den Maßnahmen der Diagnostik zu Behandlungsbeginn zählen:<br />
• Die „Patientenbefragung“ mit den Instrumenten: „Hospital Anxiety and Depression Scale“ zur Er-<br />
fassung der Morbidität; 1-Item-Skala zur seelischen Belastung“ zur Erfassung der emotionalen Be-<br />
lastung, „Patientenfragebogen: Stationäre Aufnahme“ (PfSA) zur Erfassung von Merkmalen der<br />
Funktionalität, Lebensqualität und aktuellen Problem- und Bedürfnislage 58 .<br />
• Eine „Ärztliche Checkliste: Aufnahmegespräch“ (ACA) zum Nachweis der erfolgten Patientenauf-<br />
klärung und zur ärztlichen Einschätzung der voraussichtlichen psychosozialen Belastung auf<br />
Grund des „Allgemeinbefindens“, der erwarteten „Schwere der Erkrankung“ und „Behandlung“.
<strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006 49<br />
• Ein Kriterien-basiertes „Patientenmonitoring“ anhand der „Psychoonkologischen Anforderungsliste“<br />
(POA) zur behandlungsbegleitenden Beurteilung der Problem- und Bedürfnislage eines Patienten.<br />
• Die „psychoonkologische Diagnostik“ als psychoonkologische Anamnese/Katamnese 59 , Verlaufs-<br />
beurteilung und klinisch-psychologische Klassifikation.<br />
Indikation: Zu den Maßnahmen der Indikation zählen:<br />
• Die „selektive Indikation“ zur ersten Auswahl betreuungsbedürftiger Patienten anhand eindeutig<br />
festgelegter und wissenschaftlich fundierter Kriterien 60 :<br />
o Risikogruppe I: Der Schwellenwert im HADS-Fragebogen liegt unter 15 bzw. in der 1-Item-<br />
Skala unter 5. Im Fragebogen PfSA liegen keine Belastungen vor (entsprechende Schwel-<br />
lenwerte sind vorgegeben). Eine Indikation zur „psychosozialen Basisversorgung“ liegt vor.<br />
o Risikogruppe II: Die Schwellenwerte im HADS-Fragebogen bzw. der 1-Item-Skala werden<br />
nicht überschritten; im Fragebogen PfSA wird mindestens ein Schwellenwert überschritten.<br />
Zusätzlich zur „psychosozialen Basisversorgung“ liegt eine Indikation zur ersten „psychoso-<br />
zialen Intervention“ vor.<br />
o Risikogruppe III: Die Schwellenwerte im HADS-Fragebogen bzw. der 1-Item-Skala werden<br />
überschritten; im Fragebogen PfSA kann mindestens ein Schwellenwert überschritten sein.<br />
Zusätzlich zur „psychosozialen Basisversorgung“ und ersten „psychosozialen Intervention“<br />
liegt eine Indikation zur „psychoonkologischen Diagnostik“ vor.<br />
• Die „differentielle Indikation“ zur „psychoonkologischen Diagnostik“ bei hoch belasteten Patienten<br />
(Risikogruppe III). Hierbei wird untersucht, welches Zusammenwirken krankheitsbedingter und zu-<br />
sätzlicher Belastungen bei einem Patienten vorliegt (s.o. Abb. 1), um die psychosozialen bzw. psy-<br />
chotherapeutischen Interventionen darauf abstimmen zu können.<br />
• Die „adaptive Indikation“ zur Anpassung der psychoonkologischen Versorgung an Veränderungen<br />
der individuellen Problem- und Bedürfnislage im Verlauf der Krebstherapie im Krankenhaus. Die<br />
adaptive Indikation erfolgt auf Grundlage der „Psychoonkologischen Anforderungsliste“ (POA)<br />
und/oder der „psychoonkologischen Verlaufsdiagnostik“ durch den Psychotherapeuten.<br />
Intervention: Zu den Maßnahmen der Intervention zählen:<br />
• Die „psychosoziale Basisversorgung 61 “ als Versorgungsmaßnahmen der Patienteninformation,<br />
Patientenberatung und -betreuung, des Patientenmonitorings und der Krisenintervention durch das<br />
ärztliche und Pflegeteam des Krankenhauses.<br />
• Die „psychosoziale Intervention“ als Versorgungsmaßnahmen, mit denen bereits unmittelbar nach<br />
stationärer Aufnahme konkreten Problem- und Bedürfnislagen der Patienten begegnet werden<br />
kann (s.o. Patientenunterstützung und –anleitung). Diese Maßnahmen werden auf Grundlage ei-<br />
nes Hilfeplans erbracht der aus den Daten des Patientenfragbogen: Stationäre Aufnahme (PfSA)<br />
resultiert. Im Behandlungsverlauf werden diese Maßnahmen erbracht, wenn laut „Patientenmonito-<br />
ring“ eine Indikation gegeben ist oder wenn der Patient entsprechende Probleme und Belastungen<br />
zeigt bzw. Wünsche und Bedürfnisse äußert (psychoonkologische Verlausfdiagnostik).<br />
• Die „Stationäre Psychoonkologische Psychotherapie“ als spezifische psychotherapeutische Ver-<br />
sorgungsmaßnahme bei klinisch relevant belasteten Patienten 62 .<br />
• Die „Nachsorgeorganisation“ als besondere Maßnahme zur Sicherung einer kontinuierlichen psy-<br />
choonkologischen Versorgung nach Ende der medizinischen Krebstherapie im Krankenhaus.
50 <strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006<br />
Evaluation: Die Maßnahmen der Evaluation entsprechen denen der Diagnostik bei stationärer<br />
Aufnahme. Lediglich der PfSA wird durch den PfAN (Patientenfragebogen: Ambulante<br />
Nachsorge) ausgetauscht, der eine Zusatzfrage zur Patientenzufriedenheit enthält. Als Zeitraum<br />
der Evaluation ist der 3. Behandlungsmonat festgelegt worden 63 . Bei gegebener Indikation<br />
(„selektive Indikation“) werden Nachsorgemaßnahmen empfohlen bzw. eingeleitet.<br />
Da eine strukturierte Versorgung zu gewährleisten hat, dass im Versorgungsalltag die geeigneten<br />
Maßnahmen immer dann durchgeführt werden, wenn dies angezeigt ist, sind in dem<br />
Behandlungsprogramm die Maßnahmen der Diagnostik, Indikation, Intervention und Evaluation<br />
in so genannten Auswahl- und Ausführungsempfehlungen schriftlich festgelegt 64 . Ein<br />
derart konzipiertes Behandlungsprogramm ist nicht allein für ein strukturiertes Vorgehen in<br />
der Versorgungspraxis eines Krankenhauses unvermeidlich, es gewährleistet zudem, dass in<br />
verschiedenen Einrichtungen eine vergleichbar hohe Versorgungsqualität herrscht.<br />
3.2.3 Behandlungspfade<br />
Behandlungspfade bilden in ihren Algorithmen den gesamten Prozess der psychoonkologischen<br />
Versorgung in Abstimmung mit dem Verlauf der medizinischen Krebstherapie ab. Sie<br />
spezifizieren an kritischen Stellen des Leistungsgeschehens “wer, was, wann, mit welchem<br />
Ziel und mit wem tun“ soll. Sie ergänzen die Auswahl- und Ausführungsempfehlungen des<br />
Behandlungsprogramms, da in ihnen die administrativen Anforderungen der Leistungserbringung<br />
formuliert sind. Damit sichern Behandlungspfade die Dienstleistungsqualität der<br />
psychoonkologischen Versorgung, insbesondere die interdisziplinäre Kooperation, die Dokumentation<br />
der erforderlichen klinischen und administrativen Leistungsdaten und die Patientenorientierung<br />
und –sicherheit.<br />
Der Patientenorientierung und –sicherheit kommt in diesem Zusammenhang eine besondere<br />
Stellung zu. Bei der psychoonkologischen Patientenversorgung handelt es sich um so genannte<br />
intangible Versorgungs- und Dienstleistungen 65 . Ihr <strong>Management</strong> unterscheidet sich<br />
deutlich von ärztlichen Leistungen, wie etwa einer Operation, oder von Pflegemaßnahmen,<br />
wie etwa einem Verbandswechsel. Patientengespräche und psychosoziale Maßnahmen sind<br />
Leistungen, deren Inanspruchnahme sehr vielfältig ist. Sie sind nicht allein durch „harte“ Fakten<br />
indiziert, und ihre therapeutische Wirkung ist nicht ohne weiteres messbar. Sie erfordern<br />
ein <strong>Management</strong> auf Ebene der Rahmenbedingungen der Leistungserbringung und nicht<br />
primär auf Ebene der Leistungsinhalte 66 . Ein Zuviel oder Zuwenig, Mängel oder gar Fehler<br />
der Leistungserbringung sind in der psychoonkologischen Versorgung derzeit noch nicht<br />
valide quantifizierbar. Die Gewährleistung der Autonomie und Selbstbestimmung des Patienten<br />
sowie seiner Sicherheit ist daher in der <strong>Psychoonkologie</strong> am ehesten zu erreichen, wenn<br />
völlig transparent gemacht wird, warum ein Patient welche Leistung erhält und wann und<br />
durch wen diese Leistung erbracht wird. Der Patient kann dieses Leistungsangebot somit<br />
einsehen, verstehen, wählen oder ablehnen.<br />
Die Behandlungspfade des Projektes „<strong>Case</strong> <strong>Management</strong> <strong>Psychoonkologie</strong>“ wurden für die<br />
am Projekt beteiligten Ärzte, Pflegekräfte und Psychotherapeuten schriftlich dargelegt:<br />
Pflegepsychologischer Behandlungspfad: Enthalten sind Darlegungen zu Maßnahmen der „psychoso-<br />
zialen Basisversorgung“ zu Beginn, während und am Ende der Krebstherapie im Krankenhaus. Der<br />
Behandlungspfad berücksichtigt zudem das psychosoziale Patientenmonitoring (s.o. POA) und admi-
<strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006 51<br />
nistrative Leistungen, die insbesondere das Patienten- und Datenmanagement betreffen (u.a. Termin-<br />
organisation, Zusammenstellung von Patientenunterlagen).<br />
Medizinpsychologischer Behandlungspfad: Enthalten sind Darlegungen zu Maßnahmen der „psycho-<br />
sozialen Basisversorgung“ zu Beginn, während und am Ende der Krebstherapie im Krankenhaus. Der<br />
Behandlungspfad berücksichtigt zudem administrative Leistungen wie das psychoonkologische Pa-<br />
tientenaufklärungsgespräch, die Übermittlung medizinischer Informationen, die Durchführung der Pa-<br />
tientenbefragung und die Weiterleitung der Erhebungsunterlagen.<br />
Psychoonkologischer Behandlungspfad: Enthalten sind Darlegungen zu den psychosozialen und psy-<br />
chotherapeutischen Interventionsmaßnahmen des Behandlungsprogramms. Der Behandlungspfad<br />
berücksichtigt zudem administrative Leistungen der Kooperation mit Ärzten und Pflegekräften, der<br />
Klassifikation psychischer Störungen und Funktionsbeeinträchtigungen, der OPS-Klassifikation 67 , der<br />
Dokumentation versorgungsrelevanter Kennzahlen sowie der Nachsorgeorganisation.<br />
Die Behandlungspfade sind als html-Version im Intranet der am Projekt beteiligten Kliniken<br />
veröffentlich worden. Die Intranetversion enthält mit Hilfe einer Flowchart-Grafik-Software<br />
erstellte Algorithmen in Form von Schaubildern. Dabei können am PC durch einfachen<br />
Mausklick zu jedem Schritt im Algorithmus die versorgungsrelevanten Verknüpfungen der<br />
Behandlungspfade sowie die Versorgungsdokumente, Auswahl- und Ausführungsempfehlungen<br />
als PDF-Datei aufgerufen und ausgedruckt werden.<br />
Durch dieses Vorgehen erhält jede Projektklinik die gleichen Voraussetzungen zur „hausinternen“<br />
Projektimplementierung und projektkonformen Umsetzung des Behandlungsprogramms.<br />
Zudem erhält jeder Projektmitarbeiter die Möglichkeit, sich zum Projekt zu informieren<br />
und sich die erforderlichen Versorgungsdokumente zeitnah verfügbar zu machen.<br />
Intranetbasierte Behandlungspfade, die alle relevanten Informationen und Dokumente<br />
enthalten, gewährleisten für alle Beteiligten die größtmögliche Transparenz und sind die Basis<br />
für die Sicherung einer einrichtungsübergreifend hohen Versorgungs- und Dienstleistungsqualität.<br />
3.2.4 Patientendokumentationssystem<br />
In ihrer herkömmlichen Form dienen Patientendokumentationssysteme lediglich der systematischen<br />
Leistungserfassung. Zwar finden die Möglichkeiten der Informationstechnologie<br />
zunehmend Eingang in das Gesundheitswesen, jedoch erlauben sie zumeist nur eine EDVbasierte<br />
Leistungsdokumentation oder den EDV-basierten Schriftverkehr. Die moderne Informationstechnologie<br />
ermöglicht eine weitaus komplexere Nutzung, etwa für das strukturierte<br />
<strong>Management</strong> des Leistungsgeschehens.<br />
Das EDV-basierte Patientendokumentationssystem des Projektes „<strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong>“<br />
(CMP-Pat.doc) verbindet die Leistungsdokumentation mit der Planung, Lenkung<br />
und Prüfung der Leistungserbringung. Dies wird auf zweierlei Weise erreicht.<br />
• Zum einen ist das Dokumentationssystem in seinem modularen Aufbau an das Behandlungsprog-<br />
ramm und den darin formulierten Maßnahmen angeknüpft. Relevante Daten der Patientenversor-<br />
gung, etwa solche des Patienten, werden in einem Stammdatenmodul aufgenommen, die diagno-<br />
serelevanten Daten im Diagnostikmodul, die Indikationsdaten im Indikationsmodul, die Interventi-<br />
onsdaten im Interventionsmodul und die Daten der Evaluation im Evaluationsmodul. Die zu doku-<br />
mentierenden Inhalte der einzelnen Module berücksichtigen die in den Auswahl- und Ausführungs-
52 <strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006<br />
empfehlungen des Behandlungsprogramms enthaltenen Empfehlungen zu den Inhalten der Pa-<br />
tientenversorgung. Somit ist jedem versorgungsrelevanten Aspekt des psychoonkologischen Leis-<br />
tungsgeschehens ein entsprechendes Element im Patientendokumentationssystem zugeordnet.<br />
• Das Dokumentationssystem ist zum anderen an den Versorgungsabläufen orientiert, wie sie in den<br />
Behandlungspfaden zum Ausdruck kommen. So wird z.B. im Stammdatenmodul auch dokumen-<br />
tiert, wann ein Patient stationär aufgenommen wurde, ob eine Ärztliche Checkliste (ACA) oder die<br />
Einverständniserklärung zur psychoonkologischen Mitversorgung und Datenverarbeitung (EVE)<br />
vorliegt. Die Bearbeitung sämtlicher administrativer Aufgaben wird durch das Dokumentationssys-<br />
tem gesteuert. Es werden die OPS- und Arzt-Berichte automatisiert erstellt, die die für die ärztliche<br />
Leistungserfassung relevanten Daten enthalten. Zudem werden die Patientenfragebogendaten au-<br />
tomatisiert ausgewertet und Indikationshilfen gegeben. Die Ergebnisse des Patientenmonitoring<br />
(POA) können zudem erfasst sowie die Inhalte, das Datum und die Dauer der psychosozialen und<br />
psychotherapeutischen Betreuung festgehalten werden. Die Dokumentation der Maßnahmen der<br />
Therapieevaluation, der Nachbefragung der Patienten und der Nachsorgeorganisation ist ebenfalls<br />
an dem medizinischen Behandlungsverlauf und den Behandlungspfaden orientiert.<br />
Erinnerungshilfen, so genannte „red-flags“, helfen dem Leistungserbringer, an zentrale Aufgaben<br />
zu Beginn, im Verlauf und am Ende der psychoonkologischen Versorgung zu denken,<br />
und steuern darüber zudem den Verlauf der Leistungserbringung.<br />
Ergänzt wird das Patientendokumentationssystem durch ein so genanntes Zugangsmodul<br />
und ein Auskunftsmodul.<br />
• Das Zugangsmodul erlaubt dem Leistungserbringer einen schnellen Zugang zu einem neuen bzw.<br />
bereits im System enthaltenen Patientendatensatz, die Organisation der Datenerhebung im 3. Be-<br />
handlungsmonat, die Datenarchivierung sowie die automatisierte Anonymisierung und Verschlüs-<br />
selung für Zwecke der Datenweiterleitung. Zudem kann der Leistungserbringer seine in einem zu-<br />
rückliegenden Monat/Quartal verfügbare Arbeitskapazität dokumentieren.<br />
• Das Auskunftsmodul gibt dem Leistungserbringer eine schnelle Übersicht über versorgungsrele-<br />
vante klinische und administrative Leistungsdaten und erlaubt monats- bzw. quartalsweise die au-<br />
tomatisierte Erstellung eines klinikinternen Qualitätsberichts und seine Weiterleitung für Zwecke<br />
des einrichtungsübergreifenden Benchmarking 68 .<br />
Zur Versorgungsstrategie des <strong>Case</strong> <strong>Management</strong> <strong>Psychoonkologie</strong> gehört es, das Leistungsgeschehen<br />
während der psychoonkologischen Patientenversorgung anhand relevanter<br />
klinischer und administrativer Kennzahlen abzubilden und die Informationen sowohl den<br />
Leistungserbringern wie anderen Verantwortlichen der Krankenhäuser zeitnah zurückzumelden.<br />
Nur die Ausschöpfung aller Möglichkeiten der modernen Informationstechnologie kann<br />
den vollen Informationsgehalt einer strukturierten psychoonkologischen Versorgung für eine<br />
datenbasierende Verbesserung der Versorgungsqualität gewährleisten und den Aufwand der<br />
Patientendokumentation rechtfertigen.<br />
3.2.5 Qualitätsmanagement<br />
Die psychoonkologische Versorgung ist gegenwärtig kaum in der Lage, allen Erfordernissen<br />
des Qualitätsmanagements zu genügen, insbesondere nicht denen der Qualitätsbeurteilung<br />
und –sicherung. Eine psychoonkologische Patientenversorgung im Krankenhaus, die keine<br />
Einbindung in das einrichtungsinterne Qualitätsmanagement ermöglicht, entspricht jedoch
<strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006 53<br />
nicht den auf Qualität und Wirtschaftlichkeit ausgerichteten Zielen eines Krankenhauses und<br />
hat somit kaum Aussicht auf Realisierung.<br />
Um die psychoonkologische Versorgung dem einrichtungsinternen Qualitätsmanagement<br />
zugänglich zu machen, müssen mehrere Anforderungen erfüllt sein:<br />
• Es müssen Merkmale und Kriterien definiert sein, die die „Qualität der psychoonkologischen Ver-<br />
sorgung“ ausmachen.<br />
• Auf Leitungsebene eines Krankenhauses muss die Bereitschaft zur Implementierung, Nutzung und<br />
Weiterentwicklung der psychoonkologischen Versorgung bestehen.<br />
• Die Verantwortlichkeiten aller an der Leistungserbringung und dem <strong>Management</strong> beteiligten Per-<br />
sonen sind festzulegen.<br />
• Es sind Maßnahmen der Qualitätssicherung und –verbesserung durchzuführen.<br />
• Schließlich müssen auch quantifizierbare Indikatoren vorliegen, anhand derer die Krankenhauslei-<br />
tung beurteilen kann, ob die Ziele erreicht sind und eine gute Dienstleistungsqualität vorliegt.<br />
Das „strukturierte psychoonkologische Versorgungsprogramm“ bietet mit dem Versorgungskonzept,<br />
dem Behandlungsprogramm sowie den Behandlungspfaden, insbesondere aber<br />
den dazugehörigen Auswahl- und Ausführungsempfehlungen schriftlich dargelegte Merkmale<br />
und überprüfbare Kriterien zur Implementierung und Beurteilung der psychoonkologischen<br />
Versorgungs- und Dienstleistungsqualität. Das Programm ist wissenschaftlich begründet und<br />
erfüllt somit wesentliche Aspekte einer qualitativ hohen, d.h. am „wissenschaftlichen Stand<br />
der Erkenntnisse“ ausgerichteten Versorgung.<br />
Die Träger des Projektes „<strong>Case</strong> <strong>Management</strong> <strong>Psychoonkologie</strong>“ haben sich bereit erklärt,<br />
das „Strukturierte psychoonkologische Versorgungsprogramm“ in ihren Einrichtungen umzusetzen<br />
und mit dem einrichtungsinternen Qualitätsmanagement zu verbinden. Die Qualitätsbeauftragten,<br />
das Controlling und weitere Stellen in den Kliniken begleiteten das Projekt.<br />
In den quartalsweise stattgefundenen Qualitätszirkeln/-workshops wurden wichtige Ergebnisse<br />
der einrichtungsinternen und –übergreifenden Projektumsetzung vorgestellt und die<br />
Erfordernisse und Probleme der Projektimplementierung unter allen Projektbeteiligten einer<br />
Klinik diskutiert 69 . Entscheidungen und Beschlüsse zur Qualitätsverbesserung bezogen sich<br />
dabei allein auf Aspekte der Dienstleistungsqualität. Für die hausinterne Umsetzung der Ergebnisse<br />
und Konsequenzen aus den Qualitätsworkshops waren die beteiligten Kliniken verantwortlich.<br />
Entscheidungen über zentrale Elemente des Qualitätsmanagements, die Auswirkungen<br />
auf das strukturierte psychoonkologische Versorgungsprogramm hatten, bedurften<br />
der Beschlussfassung auf Ebene der Projektträger, da damit Konsequenzen für die einrichtungsübergreifende<br />
Vergleichbarkeit der Versorgungsqualität verbunden waren.<br />
Zur Beurteilung des Fortgangs der Implementierung, der Praktikabilität und des klinischen<br />
Nutzens des strukturierten psychoonkologischen Versorgungsprogramms sind Kenngrößen<br />
und Qualitätsindikatoren (Soll-Werte) formuliert worden, anhand derer die im EDV-basierten<br />
Patientendokumentationssystem dokumentierten klinischen und administrativen Kennzahlen<br />
(Ist-Werte) beurteilt werden konnten 70 . Die Validität, Reliabilität und Praktikabilität (feasibility)<br />
der Kennzahlen und Indikatoren sind unterschiedlich gut ausgeprägt, was jedoch nicht untypisch<br />
für den gegenwärtigen Stand der Qualitätssicherung im Gesundheitswesen ist 71 .<br />
Die Beurteilung der Versorgungs- und Dienstleistungsqualität erfolgte auf Basis von Qualitätsberichten,<br />
die in komprimierter Form qualitätsrelevante Kennzahlen enthielten. Zur Dar-
54 <strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006<br />
legung der Dienstleistungsqualität in den projektbeteiligten Kliniken sind administrative und<br />
ausgewählte klinische Kennzahlen in den automatisierten klinikinternen Qualitätsbericht aufgenommen<br />
und in den Qualitätszirkeln zur Qualitätsbewertung herangezogen worden. Zur<br />
Darlegung der klinikübergreifenden Dienstleistungsqualität wurden die Daten der einzelnen<br />
klinikinternen Qualitätsberichte normiert 72 und den Klinikleitungen bzw. dem Lenkungsausschuss<br />
des CMP-Projektes zur Qualitätsbewertung vorgelegt. Die ermittelten Ergebnisse zur<br />
Versorgungsqualität sind zuerst dem Lenkungsausschuss vorgelegt und nach Freigabe in<br />
den Qualitätszirkeln diskutiert worden.<br />
Mit all diesen Maßnahmen wurde der Prozess der Implementierung, Erbringung, Darlegung,<br />
Beurteilung, Sicherung und Verbesserung der strukturierten psychoonkologischen Patientenversorgung<br />
realisiert.
<strong>Case</strong> <strong>Management</strong> <strong>Psychoonkologie</strong><br />
Implementierung psychoonkologischer Leistungen<br />
in Kliniken der Akutversorgung<br />
Westfalen-Lippe, NRW<br />
<strong>Case</strong> <strong>Management</strong> <strong>Psychoonkologie</strong>: Projektumsetzung
4. <strong>Case</strong> <strong>Management</strong> <strong>Psychoonkologie</strong>: Projektumsetzung<br />
4.1 Vorarbeiten zum CMP-Projekt<br />
Die Vorarbeiten zum Projekt „<strong>Case</strong> <strong>Management</strong> <strong>Psychoonkologie</strong>“ führten die <strong>Carina</strong> <strong>Stiftung</strong>,<br />
Herford, und die von ihr getragene Abteilung für <strong>Psychoonkologie</strong> am Klinikum Herford<br />
durch. Die gemeinnützige <strong>Carina</strong> <strong>Stiftung</strong>, Herford, verfolgt das Ziel, die psychosoziale<br />
Versorgungssituation von Krebs betroffenen Menschen nachhaltig zu verbessern. Seit dem<br />
Jahre 2001 wird sie in ihren Bemühungen von der Allgemeinen Ortskrankenkasse Westfalen-Lippe,<br />
Dortmund, unterstützt.<br />
Die <strong>Carina</strong> <strong>Stiftung</strong> initiierte im Jahre 1995 ein klinikinternes Programm der Entwicklung,<br />
Implementierung und Evaluation einer Abteilung für <strong>Psychoonkologie</strong> am Klinikum Herford.<br />
Der als „Herforder Modell“ 73 bekannt gewordene Versorgungsansatz hat den Bedarf sowie<br />
das Leistungsspektrum einer psychosozialen Versorgung von Krebs betroffener Menschen<br />
während der Krebstherapie in einem Akutkrankenhaus aufgezeigt.<br />
Im Jahre 2001 startete die <strong>Carina</strong> <strong>Stiftung</strong> das Programm „<strong>Case</strong> <strong>Management</strong> <strong>Psychoonkologie</strong>“<br />
(CMP). Ziel dieses Programms ist es, die Voraussetzungen für die flächendeckende<br />
Implementierung psychoonkologischer Leistungen in Kliniken der Akutversorgung zu schaffen.<br />
Im Oktober 2001 startete die erste Phase des CMP-Programms (CMP I). In dieser Phase<br />
wurden die Abteilung für Medizinische Psychologie des Universitätsklinikums Hamburg-<br />
Eppendorf sowie die Unternehmensberatung McKinsey&Company, Düsseldorf, beauftragt,<br />
die Angemessenheit der Patientenversorgung durch die Abteilung für <strong>Psychoonkologie</strong> am<br />
Klinikum Herford sowie die psychologischen und die gesundheitsökonomischen Auswirkungen<br />
der psychoonkologischen Betreuung zu evaluieren.<br />
Die Evaluation lieferte Indizien für positive medizinische wie ökonomische Wirkungen psychoonkologischer<br />
Betreuung in einem bundesdeutschen Akutkrankenhaus und bescheinigte<br />
der Abteilung für <strong>Psychoonkologie</strong> eine Patientenversorgung auf hohem Qualitätsniveau 74 .<br />
Im Jahre 2003 ist die <strong>Carina</strong> <strong>Stiftung</strong> für ihr Programm „<strong>Case</strong> <strong>Management</strong> <strong>Psychoonkologie</strong>“<br />
vom Land Nordrhein-Westfalen mit dem 1. Gesundheitspreis ausgezeichnet worden 75 .<br />
Die zweite Programmphase (CMP II) bildete die Weiterentwicklung des „<strong>Case</strong> <strong>Management</strong><br />
<strong>Psychoonkologie</strong>“ und seine Implementierung und Umsetzung in Akutkrankenhäusern aus<br />
Westfalen-Lippe. Die Weiterentwicklung des „<strong>Case</strong> <strong>Management</strong> <strong>Psychoonkologie</strong>“ bestand<br />
in der Erstellung der Instrumente eines Basisassessments auf Grundlage der Ergebnisse der<br />
Evaluation durch die Abteilung für Medizinische Psychologie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf,<br />
in der Entwicklung des strukturierten psychoonkologischen Versorgungsprogramms,<br />
der intranet-basierten Behandlungspfade sowie des EDV-basierten Patientendokumentationssystems.<br />
4.2 Projektleitung<br />
Die Leitung des Projektes „<strong>Case</strong> <strong>Management</strong> <strong>Psychoonkologie</strong>“ oblag der <strong>Carina</strong> <strong>Stiftung</strong>.<br />
Sie förderte die Projektrealisierung mit einer Vollzeitstelle für die Projektkoordination, einer<br />
halben Stelle für die Programmierung des EDV-basierten Patientendokumentationssystems<br />
und das Projekt begleitende Datenmanagement sowie einer halben Stelle für die Datenbe-
58 <strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006<br />
rechnung zum klinischen und ökonomischen Nutzen. Mit der Projektleitung wurden Herr Dr.<br />
Höhl (<strong>Carina</strong> <strong>Stiftung</strong>) und Herr PD Dr. Kusch (Leiter der Abteilung für <strong>Psychoonkologie</strong> am<br />
Klinikum Herford) beauftragt.<br />
4.3 Projektträger<br />
Das Projekt „<strong>Case</strong> <strong>Management</strong> <strong>Psychoonkologie</strong>“ wurde hauptverantwortlich durch die Geschäftsführer<br />
von sechs nicht universitären Krankenhäusern aus Westfalen-Lippe getragen.<br />
Die Krankenhäuser stellten Psychologische Psychotherapeuten (Psychoonkologen) für die<br />
Umsetzung des strukturierten psychoonkologischen Versorgungsprogramms ein (s.u. Stellenbesetzung)<br />
und organisierten die Implementierung sowie das Qualitätsmanagement in<br />
ihren Einrichtungen. Die Chefärzte und die Pflegedienstleitungen der am Projekt beteiligten<br />
Hauptabteilungen stellten gemeinsam mit ihren Ärzten und Pflegekräften die einrichtungsinterne<br />
Umsetzung des CMP-Projektes sicher.<br />
In den Krankenhäusern konzentrierte sich die psychoonkologische Versorgung auf die vor<br />
Projektbeginn festgelegten Hauptindikationen (vgl. Tabelle 1).
<strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006 59<br />
Tabelle 1: Projektträger, Hauptabteilungen und –indikationen des CMP-Projektes<br />
Projektträger iii Hauptabteilungen Hauptindikationen (ICD)<br />
Brüderkrankenhaus St. Josef, Husener Str. 46, 33098 Paderborn<br />
Klinik für Allgemein-, Thorax- und Viszeralchirurgie; Dr. med. H. Anheier<br />
Klinik für Urologie und Kinderurologie; Dr. med. H. Hoffmann<br />
Fachbereich für Radioonkologie; Dr.med. H. Leber<br />
Abteilung für Hämatologie und internistische Onkologie; Dr. med. Th.<br />
Wolff<br />
Klinik für Innere Medizin; Prof. Dr. med. W. Petermann<br />
Blasen-Ca (C67)<br />
Bronchial-Ca (C34)<br />
Colon-Ca (C18)<br />
Prostata-Ca (C61)<br />
Evangelisches Krankenhaus Bielefeld gGmbH, Kantensiek 19, 33617 Bielefeld<br />
Standort: Johannesstift<br />
Frauenklinik; Dr.med. E. Liman<br />
Klinik f. Gefäß- und Allgemeinchirurgie; Prof. Dr. med. H.-J. Eisenhardt<br />
Klinik f. Innere Medizin, Hämatologie/Onkologie, Palliativmedizin; Prof. Dr.<br />
med. M. Karthaus<br />
Klinik f. Urologie; Prof. Dr. med. Hans Behrendt<br />
Standort: Gilead<br />
Frauenklinik Bethel; PD Dr. med. A. Luttkus<br />
Klinik f. Allgemein-, Viszeral- und Thoraxchirurgie; Prof. Dr. med. M.-A.<br />
Reymond<br />
Klinik f. Innere Medizin, Kardiologie, Nephrologie und Pneumologie; Prof.<br />
Dr. med. R. Kolloch<br />
Franziskus-Hospital, Kiskerstr. 26, 33615 Bielefeld<br />
Klinik f. Frauenheilkunde u. Geburtshilfe; Prof. Dr. med. F. Degenhardt<br />
Klinik f. Urologie; Prof. Dr. med. R. von Knobloch<br />
Medizinische Klinik II: Hämatologie, Onkologie; Prof. Dr. med. H.-J. Weh<br />
Klinikum Dortmund gGmbH, Beurhausstr. 40, 44137 Dortmund<br />
Standort: Klinikum Mitte<br />
Blasen-Ca (C67)<br />
Colon-Ca (C18)<br />
Mamma-Ca (C50)<br />
Ovarial-Ca (C56)<br />
Prostata-Ca (C61)<br />
Bronchial-Ca (C34)<br />
Colon-Ca (C18)<br />
Mamma-Ca (C50)<br />
Ovarial-Ca (C56)<br />
Blasen-Ca (C67)<br />
Mamma-Ca (C50)<br />
Prostata-Ca (C61)<br />
Uterus-Ca (C53-C55)<br />
Brustzentrum Klinikum Dortmund; Prof. Dr. med. T. Schwenzer Mamma-Ca (C50)<br />
Standort: Klinikum Nord<br />
Urologische Klinik; Prof. Dr. med. M. C. Truß<br />
Klinikum Herford, Schwarzenmoorstr. 70, 32049 Herford<br />
Klinik für Frauenheilkunde; Dr. med. T. Heuser<br />
Klinik für Chirurgie; Prof. Dr. med. G. Winde<br />
Urologische Klinik; PD Dr. med. K. Weichert-Jacobsen<br />
St. Johannes-Hospital, Johannesstr. 9-13, 44137 Dortmund<br />
Klinik f. Gynäkologie u. Geburtshilfe; PD Dr. med. Georg Kunz<br />
Klinik f. Chirurgie; Prof. Dr. med. L. Jostarndt<br />
iii In alphabetischer Reihenfolge der beteiligten Kliniken<br />
Blasen-Ca (C67)<br />
Prostata-Ca (C61)<br />
Blasen-Ca (C67)<br />
Colon-Ca (C18)<br />
Mamma-Ca (C50)<br />
Prostata-Ca (C61)<br />
Colon-Ca (C18)<br />
Mamma-Ca (C34)<br />
Uterus-Ca (C53-C55)
60 <strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006<br />
4.4 Projektpartner und –beteiligte<br />
Als Projektpartner haben das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes<br />
NRW, die AOK Westfalen-Lippe und die Krankenhausgesellschaft NRW das Projekt unterstützt<br />
und begleitet. Das Gesundheitsministerium übernahm die Leitung der halbjährlich stattfindenden<br />
Lenkungsausschusssitzungen. Die AOK Westfalen-Lippe unterstützte und beriet<br />
die Klinikgeschäftsführer und Projektleiter. Sie stellte zudem die für die ökonomischen Analysen<br />
erforderlichen Kostendaten bereit. Die Universität Bielefeld (Prof. Badura) und die Universität<br />
Marburg (Prof. Herrmann-Lingen) waren wissenschaftliche Kooperationspartner des<br />
Projektes und beratend tätig. Prof. Badura betreute eine Promotionsarbeit im Rahmen der<br />
Begleitforschung zur Implementierung des CMP-Projektes und übernahm die Mittelverwaltung.<br />
Prof. Herrmann-Lingen stellte den Fragebogen HADS zur Verfügung und beriet die<br />
Projektleitung in Fragen der diesbezüglichen Datenberechnungen.<br />
4.5 Mindestanforderung der Projektrealisierung<br />
Vor Projektbeginn wurden zur Sicherstellung einer programmgerechten Patientenversorgung<br />
folgende Mindestanforderungen formuliert.<br />
• Erfassung und (je nach Indikation) Behandlung aller ersterkrankten Krebspatienten in den betref-<br />
fenden Hauptindikationen. Im Sinne der kontinuierlichen Patientenversorgung betreuen die Psy-<br />
choonkologen den Patienten entsprechend auch auf den Folgestationen (Innere Medizin, Hämato-<br />
logie/Onkologie, Strahlentherapie usw.). Die genannten Hauptabteilungen sind daher als diejeni-<br />
gen Liaisonstationen zu verstehen, in denen die Psychoonkologen schwerpunktmäßig tätig sind.<br />
Soweit möglich werden bei besonderem Bedarf auch Patienten anderer Stationen versorgt.<br />
• Die genannten Hauptindikationen schließen eine Betreuung weiterer Krebsarten nicht aus, sie<br />
legen lediglich die Schwerpunkte fest; weitere Indikationen können hinzukommen, soweit dies<br />
sinnvoll erscheint. Die psychoonkologische Versorgung endet i.d.R. nach der Katamneseerhebung<br />
im 3. Behandlungsmonat. Bei weiterem Bedarf ist der Patient an Krebsberatungsstellen bzw. an<br />
niedergelassene Psychotherapeuten zu überweisen 76 .<br />
• Umsetzung des strukturierten psychoonkologischen Versorgungsprogramms (= Auswahl- und Aus-<br />
führungsempfehlungen des Behandlungsprogramms und der -pfade) durch das beteiligte klinische<br />
Personal (Ärzte, Pflege, Psychoonkologen).<br />
• Teilnahme des beteiligten klinischen Personals an den projektspezifischen Schulungen.<br />
• Quartalsweise Durchführung eines interdisziplinären Qualitätszirkels/-workshops.<br />
4.6 Zeitplan der Projektrealisierung<br />
Das CMP-Projekt startete am 01. Januar 2004 und endete am 31. Dezember 2006. Die Implementierungs-<br />
und Testphase dauerte ein halbes Jahr (bis 30. Juni 2004), die Phase der<br />
psychoonkologischen Versorgung auf Grundlage des „strukturierten Versorgungsprogramms“<br />
dauerte zweieinhalb Jahre (vom 01. Juli 2004 bis zum 31. Dezember 2006). Die zur<br />
Evaluation des Versorgungsprogramms sowie für die ökonomische Analyse berücksichtigten<br />
Versorgungsdaten wurden im Zeitraum zwischen 01. Juli 2004 und 30. Juni 2006 erhoben.<br />
Die Dauer der Projektauswertung belief sich auf ein viertel Jahr und der anschließenden Ers-
<strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006 61<br />
tellung des Abschlussberichtes ebenfalls auf ein viertel Jahr (insgesamt: 01. Juli 2006 bis 31.<br />
Dezember 2006).<br />
Stellenbesetzung: Die Auswahl geeigneter Projektmitarbeiter/innen war in den meisten Krankenhäusern<br />
zu Projektbeginn und in einer Klinik vor Ende der Testphase des Projektes abgeschlossen.<br />
Für die psychoonkologische Patientenversorgung auf Basis des „Psychoonkologischen<br />
Behandlungspfades“ wurden in jedem Krankenhaus Psychologische Psychotherapeuten<br />
entweder neu eingestellt oder vorhandene Therapeuten mit dieser Aufgabe betraut<br />
(Psychoonkologen). Als Qualifikationsvoraussetzungen wurden gefordert, dass alle Psychotherapeuten<br />
eine verhaltenstherapeutische Ausbildung hatten bzw. standen kurz vor ihrer<br />
Beendigung und zusätzlich eine anerkannte Zusatzqualifikation in „psychosozialer Onkologie“<br />
vorlag bzw. an einer solchen Qualifizierungsmaßnahme teilgenommen wurde.<br />
Tabelle 2: Vorhandene, geplante und realisierte Stellenkapazitäten für die psychoonkologische<br />
Versorgung (Psychoonkologen), inkl. der gesamtverfügbaren Stellenkapazität<br />
im Datenerhebungszeitraum und je Arbeitstag<br />
Krankenhaus vorhanden geplant<br />
BN iv<br />
vor<br />
01.01.´04<br />
neu ges. ges.<br />
realisiert<br />
01.07.´04 - 30.06.´06<br />
Gesamtkapazität<br />
laut Stellenplan v<br />
h / d<br />
1 2 0 2 2 6.838 h 15,4<br />
2 ½ ½ 1 0,75 2.575 h 5,8<br />
3 ½ ½ 1 2 x 0,5 3.419 h 7,7<br />
4 0 2 2 2 x 0,8 5.328 h 12<br />
5 1“ 2 3 1,3 4.418 h 9,95<br />
6 0 1 1 1 3.419 h 7,7<br />
gesamt 4 6 10 7,65 vi 25.997 h 58,55<br />
je 1 MA* 3.398,3 h 7,65<br />
* MA = Mitarbeiter<br />
Tabelle 3: Qualifikation, Berufserfahrungen und Dauer des Beschäftigungsverhältnisses<br />
Klinik Stellen und Kapazität PO Qualifikation<br />
Besetzung<br />
Umfang<br />
(t)<br />
(h/Wo.)<br />
Klinikum Dortmund 01.02.04-31.12.06 0,8<br />
(30)<br />
iv Krankenhausbenchmarknummer<br />
v Basis: 222 AT/Jahr * 2 Jahre = 444 Arbeitstage<br />
01.02.04-13.03.05 0,8<br />
(30)<br />
01.05.05-31.12.06 0,8<br />
(30)<br />
seit<br />
Grundqualifikation<br />
11-´99 PPTh (VT) i.A.<br />
01-´00 PPTh (VT)<br />
03-´02 PPTh (VT) i.A.<br />
vi Laut Stellenkapazität der MA, deren verfügbare Arbeitskapazität im Zugangsmodul der CMP-Pat.Doc dokumentiert ist.
62 <strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006<br />
St. Johannes-Hospital<br />
Dortmund<br />
Franziskus-Hospital<br />
Bielefeld<br />
Klinikum Herford<br />
Ev. Krankenhaus Bielefeld<br />
Brüderkrankenhaus St.<br />
Josef Paderborn<br />
01.04.04-31.12.06 1,0<br />
(38,5)<br />
15.11.04-31.01.05 0,3<br />
(11,25)<br />
20.02.06-18.08.06<br />
0,5<br />
(19,25)<br />
21.08.06-31.12.06<br />
0,3<br />
(11,25)<br />
01.01.03-03.06.05 1,0 (<br />
38,5)<br />
06.06.05-31.12.06 0,5<br />
(19,25)<br />
01.05.96-31.12.06 1,0<br />
(38,5)<br />
16.09.04-30.01.06 1,0<br />
(38,5)<br />
01.07.06-31.12.06 1,0<br />
(38,5)<br />
20.07.04-31.12.06 0,5<br />
(19,25)<br />
01.10.01-31.12.06 0,5<br />
(19,25)<br />
01.07.99-31.12.01<br />
01.01.02-31.01.06<br />
(10)<br />
(20)<br />
01.02.06-31.12.06 20<br />
(i. Mo)<br />
06.05.04-31.12.06 1,0<br />
(38,5)<br />
01-´94 PPTh (VT); PO-<br />
ID; Kranken-<br />
11-´04<br />
schwester<br />
PPTh (VT); PO-ID<br />
03-´06 PPTh (VT); PO-ID<br />
01-´03 PPTh (VT); Krankenschwester<br />
07-´96 PPTh (VT/GT);<br />
WPO; Krankenschwester<br />
07-´89 PPTh (VT, GT);<br />
WPO<br />
10-´86 PPTh (VT)<br />
11-´01 WPO<br />
Legende:<br />
i.A. = in Ausbildung<br />
PO = Psychoonkologe<br />
VT = Verhaltenstherapie<br />
PPTh = Psychologischer Psychotherapeut<br />
KJPPTh, = Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut<br />
GT = Gesprächspsychotherapie<br />
WPO = Weiterbildung <strong>Psychoonkologie</strong> der deutschen Krebsgesellschaft<br />
PO-ID = Psychosoziale Onkologie; Fortbildung am Institut für Innovative Gesundheitskonzepte (Kassel)“<br />
08-´04 PPTh (VT)<br />
10-´01 KJPPTh (TP)<br />
11-´98 Heilpraktikerin für<br />
Psychotherapie,<br />
VT<br />
11-´98 Heilpraktikerin für<br />
Psychotherapie,<br />
VT<br />
03-´93 PPTh; WPO<br />
Die disziplinarische Projektaufsicht der Psychoonkologen lag bei den Leitungen der Kliniken<br />
sowie bei den Chefärzten der Liaisonstationen. Den Psychoonkologen wurde ein Therapie-<br />
/Arbeitszimmer, Telefon, PC-Arbeitsplatz, MS-Office ® mit MS-Access ® sowie ein Drucker<br />
bereitgestellt und der Aktenzugriff ermöglicht.<br />
Schulungen: Geplant waren „vor-Ort Schulungen“ in den beteiligten Krankenhäusern im Umfang<br />
von einem halben Tag für die Ärzte der Hauptabteilungen, von einem Tag für das Pflegepersonal<br />
und zwei Tagen für die Psychoonkologen, zzgl. des Angebots einer Wiederholung.<br />
Die Schulungen fanden in der Zeit zwischen dem 5. April und dem 19. Mai 2004 statt.
<strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006 63<br />
Tabelle 4: Teilnahme an den Schulungen zur Umsetzung der strukturierten Patientenversorgung<br />
Krankenhaus Schulungen Teilnehmerzahl<br />
BN vii Anzahl Ärzte Pflege gesamt<br />
1 4 3 36 39<br />
2 2 6 13 19<br />
3 4 20 55 75<br />
4 4 19 40 59<br />
5 2 2 16 18<br />
6 3 7 55 62<br />
gesamt 19 57 215 272<br />
Systemimplementierung, Adaptation und Testphase: Die Intranet-Version der psychoonkologischen<br />
Behandlungspfade wurde vor Projektbeginn von der Projektleitung fertig gestellt.<br />
Das EDV-Patientendokumentationssystem (CMP-Pat.doc) inklusive eines Nutzerhandbuches<br />
wurden während des ersten Quartals 2004 auf Basis des Patientendokumentationssystems<br />
der Abteilung für <strong>Psychoonkologie</strong> am Klinikum Herford sowie den Anforderungen des<br />
strukturierten psychoonkologischen Versorgungsprogramms und den relevanten klinischen<br />
und administrativen Kennzahlen erstellt. Die Systemimplementierung in den Krankenhäusern<br />
sowie die Adaptation an hausspezifische Besonderheiten (Hauptabteilungen, Namen der<br />
Psychoonkologen, Klinikadresse und Logo usw.) fanden vor Beginn der System-Testphase<br />
in einem Krankenhaus statt. Begleitend zur Testphase wurde die Systemnutzung eingeübt<br />
und die Funktionalität des CMP-Pat.doc-Systems getestet.<br />
Durchführungsphase: Während der zweieinhalb jährigen Phase der strukturierten psychoonkologischen<br />
Versorgung erfolgte eine kontinuierliche Leistungsdokumentation. Sämtliche<br />
erhobene Daten waren für die Umsetzung der strukturierten Patientenversorgung (klinische<br />
Kennzahlen) und das einrichtungsinterne Qualitätsmanagement (administrative Kennzahlen)<br />
relevant, so dass kaum Dokumentationsleistungen erforderlich wurden, die nicht dem Versorgungszweck<br />
dienten.<br />
Das CMP-Pat.doc-System bot verschiedene Möglichkeiten der Datensicherung, Datenkomprimierung<br />
und -archivierung. Zu Beginn eines jeden Quartals wurden die Versorgungsdaten<br />
an die Projektkoordinationsstelle weitergeleitet. Für diese Zwecke stand eine automatisierte<br />
Datenbearbeitung zur Verfügung, die die Patientendaten kriterienbezogen anonymisierte und<br />
für die Weiterleitung per e-mail bereitstellte. Im System aufgenommene Patientendaten ohne<br />
dokumentierte Einverständniserklärung viii,77 des Patienten zur Datenbearbeitung und Weiterleitung<br />
wurden bis auf administrative Daten zur Anzahl und Dauer der Patientengespräche<br />
nicht weitergeleitet. Datensätze, bei denen das Vorliegen der Einverständniserklärung der<br />
Patienten dokumentiert ist, wurden zur Datenaufbereitung „ausschließlich für wissenschaftliche<br />
Zwecke zur Verbesserung der Patientenversorgung“ sowie zur Weitergabe der „Versicherungsnummer<br />
an die Krankenkasse“ weitergeleitet. Patientenbezogene Daten (Name,<br />
Anschrift usw., Dokumentation der Gesprächsinhalte) wurden nicht übermittelt. Nur die Ver-<br />
vii Krankenhausbenchmarknummer<br />
viii Die Einverständniserklärung wurde durch verschiedene Stellen auf Richtigkeit und Zweckmäßigkeit geprüft.
64 <strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006<br />
sicherungsnummern von AOK-versicherten Patienten wurden für die Berechnung des ökonomischen<br />
Nutzens der psychoonkologischen Versorgung an die AOK weitergeleitet.<br />
Während der Durchführungsphase erfolgte die Datenaufbereitung auf zweierlei Weise:<br />
• Einrichtungsintern über die Erstellung des automatisierten Qualitätsberichtes. Dieser konnte mo-<br />
nats- und quartalsweise erstellt werden. Die Quartalsberichte der Krankenhäuser wurden an die<br />
Koordinationsstelle weitergeleitet, die auf deren Grundlage einen klinikübergreifenden Benchmark-<br />
bericht erstellte und an die Klinikgeschäftsführer zurück sendete.<br />
• Einrichtungsextern für die Zwecke der Berechnung des klinischen Nutzen sowie der Verifizierung<br />
der Versorgungs- und Dienstleistungsqualität der strukturierten psychoonkologischen Versorgung.<br />
Zur Lenkung und Kontrolle des Gesamtprojektes wurde alle 6 Monate ein Lenkungsausschuss<br />
einberufen, in dem die Klinikgeschäftsführungen, Vertreter des Gesundheitsministeriums<br />
NRW, der AOK Westfalen-Lippe, der Krankenhausgesellschaft NRW, der <strong>Carina</strong><br />
<strong>Stiftung</strong> und die Projektleiter vertreten waren. Dem Lenkungssauschuss wurden relevante<br />
Kennzahlen zum einrichtungsübergreifenden Vergleich der Dienstleistungsqualität sowie<br />
Daten zur Versorgungsqualität und zum klinischen Nutzen vorgelegt.<br />
Die Berechnungen zum ökonomischen Nutzen einer strukturierten psychoonkologischen<br />
Versorgung wurden während zweier Zeitpunkte im Projektverlauf durchgeführt. Im Frühjahr<br />
2006 für die Zwecke der Machbarkeitsprüfung, der ersten Datenanalyse und der Selektion<br />
relevanter Kostenarten und im Herbst 2006 zur abschließenden Berechnung.<br />
4.7 Klinische und administrative Kennzahlen<br />
Während der Durchführungsphase des Projektes „<strong>Case</strong> <strong>Management</strong> <strong>Psychoonkologie</strong>“<br />
wurden sämtliche für die Patientenversorgung und das einrichtungsinterne Qualitätsmanagement<br />
relevanten Informationen von den Psychoonkologen erfasst. Die Informationen wurden<br />
aus den Patientenakten, aus Patientengesprächen, Fragebogendaten und patientenbezogenen<br />
Gesprächen mit den behandelnden Ärzten und Pflegekräften zusammengetragen.<br />
Ihre Dokumentation erfolgte zum einen in der „Psychoonkologischen Patientenakte“, die am<br />
Ende der Patientenversorgung der medizinischen Patientenakte beigefügt wurde, und in dem<br />
EDV-basierten Patientendokumentationssystem (CMP-Pat.doc). Sämtliche patientenbezogene<br />
Daten, insb. die Ergebnisse der Patientenbefragung und der –gespräche, wurden ausschließlich<br />
in der CMP-Pat.doc dokumentiert. Für administrative Aufgaben (Befund- und<br />
OPS-Bericht 78 ) standen automatisierte Systemabfragen zur Verfügung. Die externe Datenweiterleitung<br />
erfolgte automatisiert und auf Grundlage zuvor einvernehmlich festgelegter<br />
Regeln. Die Regelungen bezogen sich auf die klinischen und administrativen Kennzahlen 79 .<br />
Anhand der Kennzahlen wurden ausgewählte Kennwerte 80 ermittelt und dem Lenkungsausschuss<br />
zur Beurteilung der Versorgungs- und Dienstleistungsqualität sowie des klinischen<br />
Nutzens der Patientenversorgung vorgelegt. Folgende Fragestellungen sollten anhand der<br />
Kennwerte zu beantworten sein:<br />
Klinische Kennwerte beziehen sich auf Fragen zur Sicherung der Versorgungsqualität, insbesondere<br />
der
<strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006 65<br />
• Bedarfsgerechtigkeit der Versorgung: Die zentrale Frage lautet: „Kann anhand des strukturierten<br />
psychoonkologischen Versorgungsprogramms der psychosoziale Versorgungsbedarf zuverlässig<br />
ermittelt werden?“<br />
Die Kennwerte wurden anhand der im CMP-Pat.doc-System erfassten Daten der Patientenbefra-<br />
gung und psychoonkologischen Diagnostik zu Beginn der stationären Krebstherapie ermittelt (vgl.<br />
Kapitel 3.2.2, Diagnostik und Indikation; Kapitel 3.2.4, Diagnostik- und Indikationsmodul).<br />
• Angemessenheit der Versorgung: Die zentrale Frage lautet: „Erfolgt die Leistungserbringung an-<br />
hand des strukturierten psychoonkologischen Versorgungsprogramms in klinisch angemessener<br />
Art und Weise?“<br />
Die Kennwerte wurden anhand der im CMP-Pat.doc-System erfassten Daten des Interventionsmo-<br />
duls ermittelt (vgl. Kapitel 3.2.2, Intervention; Kapitel 3.2.4, Interventionsmodul).<br />
• Nutzen der Versorgung: Die zentrale Frage lautet: „Erbringt die psychoonkologische Versorgung<br />
anhand des strukturierten psychoonkologischen Versorgungsprogramms für die Patienten einen<br />
klinischen Nutzen?“<br />
Die Kennwerte wurden anhand der im CMP-Pat.doc-System erfassten Daten der Patientenbefra-<br />
gung und psychoonkologischen Diagnostik zu Beginn der stationären Krebstherapie und im 3. Be-<br />
handlungsmonat ermittelt (vgl. Kapitel 3.2.2, Diagnostik/Indikation und Evaluation; Kapitel 3.2.4,<br />
Diagnostik-, Indikations- und Interventionsmodul).<br />
Administrative Kennwerte beziehen sich auf Fragen zur Sicherung der Dienstleistungsqualität,<br />
insbesondere der<br />
• Strukturqualität der Versorgung: Die zentrale Frage lautet: „Wird die vorhandene Versorgungska-<br />
pazität der Psychoonkologen in angemessener Weise für die Patientenversorgung aufgewendet?“<br />
Die Kennwerte wurden anhand der im CMP-Pat.doc-System erfassten Daten zur verfügbaren Ver-<br />
sorgungskapazität (vgl. Kapitel 3.2.4, Zugangsmodul) und zur aufgewendeten Zeit für die Patien-<br />
tenversorgung (vgl. Kapitel 3.2.4, Interventionsmodul) ermittelt.<br />
• Prozessqualität der Versorgung: Die zentrale Frage lautet: „Erfolgt im Rahmen des strukturierten<br />
psychoonkologischen Versorgungsprogramms ein zeitnaher Zugang zur psychoonkologischen<br />
Versorgung?“<br />
Die Kennwerte wurden anhand der im CMP-Pat.doc-System erfassten Daten zum Datum der sta-<br />
tionären Aufnahme und Datum des ersten psychoonkologischen Gesprächs (vgl. Kapitel 3.2.4,<br />
Stammdaten- und Interventionsmodul) ermittelt.<br />
• Ergebnisqualität der Versorgung: Die zentrale Frage lautet: „Sind die Patienten mit der psychoon-<br />
kologischen Versorgung anhand des strukturierten psychoonkologischen Versorgungsprogramms<br />
zufrieden und werden klinisch relevante Wirkeffekte erzielt?“<br />
Die Kennwerte wurden entsprechend denen zur Wirksamkeit der Patientenversorgung ermittelt,<br />
begrenzten sich dabei jedoch auf Aussagen zur Patientenzufriedenheit, zur klinischen Signifikanz 81<br />
der Wirkeffekte in Aspekten der Angst und Depression (vgl. Kapitel 2.2, Morbidität) und zum Zu-<br />
sammenhang der Effekte mit der Intensität der Versorgung.<br />
Im Kapitel 5.2 werden die Ergebnisse zur Versorgungsqualität und im Kapitel 5.3 die Ergebnisse<br />
zur Dienstleistungsqualität dargestellt.
66 <strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006<br />
Weitere Kennzahlen und differenziertere Analysen wurden zur Darlegung der Versorgungs-<br />
und Dienstleistungsqualität der strukturierten psychoonkologischen Versorgung durchgeführt,<br />
jedoch ist deren Darstellung im Rahmen dieses Abschlussberichtes nicht realisierbar.<br />
4.8 Qualitätsentwicklung<br />
Die Implementierung und Umsetzung eines komplexen Versorgungsprogramms, an dem<br />
verschiedene Berufsgruppen zusammenwirken und das in die medizinischen und pflegerischen<br />
Versorgungsabläufe sowie die Verwaltung eines Krankenhauses eingebunden werden<br />
muss, ist aufwendig und langwierig.<br />
Aus Patientenperspektive stellt sich dabei die Frage, wie schnell es gelingt, dass<br />
• möglichst viele Patienten das Versorgungsangebot wahrnehmen können,<br />
• eine psychoonkologische Versorgung auf hohem Niveau erfolgen kann und<br />
• die vorhandene Versorgungskapazität in möglichst hohem Umfang für die Patientenversorgung<br />
aufgewendet wird.<br />
Weitere Aspekte der Implementierung und Umsetzung sind aus Perspektive der Krankenhausleitung<br />
von zusätzlichem Interesse. Diese sind im Rahmen einer Begleitstudie zum Projekt<br />
untersucht worden 82 .<br />
Im Rahmen des Projektes „<strong>Case</strong> <strong>Management</strong> <strong>Psychoonkologie</strong>“ sind den Kliniken für die<br />
Aufgaben der Implementierung und Umsetzung Informationen in Form von Qualitätsberichten<br />
zur Verfügung gestellt worden. Weitere Unterstützung wurde in Form der quartalsweise<br />
durchgeführten Qualitätszirkel/-workshops geboten. Die Aufgabe der Realisierung einer<br />
möglichst hohen Dienstleistungsqualität oblag jedoch den im Projekt beteiligten Krankenhäusern<br />
selbst.<br />
Die in den klinikinternen Qualitätsberichten enthaltenen Kennzahlen wurden zur Beantwortung<br />
der o.g. Fragen aufgearbeitet und als Benchmarkbericht an die Klinikleitung und den<br />
Lenkungsausschuss weitergeleitet. Im Kapitel 5.4 werden die Ergebnisse dargestellt.<br />
4.9 Ökonomischer Nutzennachweis<br />
Die psychoonkologische Versorgung wird nicht allein daran gemessen und beurteilt, ob sie<br />
human ist, in angemessener Qualität erbracht werden kann und ob sie mit einem Nutzen für<br />
die Patienten einhergeht. Die psychoonkologische Versorgung sollte zudem ökonomisch<br />
vertretbar sein; sei es, dass sie Kosten sparende Effekte mit sich bringt oder die aufgewendeten<br />
Kosten der psychoonkologischen Versorgung in einem ausgewogenen Verhältnis zu<br />
ihrem Nutzen stehen.<br />
Im Rahmen des Projektes „<strong>Case</strong> <strong>Management</strong> <strong>Psychoonkologie</strong>“ wurde zur Frage der Kosten<br />
einsparenden Effekte einer psychoonkologischen Versorgung betrachtet,<br />
• ob in Krankenhäusern, in denen Krebspatienten psychoonkologisch versorgt werden, geringere<br />
Behandlungskosten zu verzeichnen sind als in Krankenhäusern, in denen keine psychoonkologi-<br />
sche Versorgung gegeben ist, und,
<strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006 67<br />
• ob durch psychoonkologische Leistungen im stationären Sektor Kosteneinsparungen im ambulan-<br />
ten Sektor entstehen.<br />
Zur Beantwortung der Fragen wurden die Krankenhaus- und ambulanten Behandlungskosten<br />
der ersterkrankten bzw. im Zeitraum von einem Jahr vor stationärer Aufnahme nicht an<br />
Krebs erkrankten AOK-Versicherten der CMP-Klinken mit allen anderen AOK-versicherten<br />
Krebspatienten aus Westfalen-Lippe verglichen.<br />
Zur Frage, ob die aufgewendeten Kosten für die psychoonkologische Versorgung in einem<br />
ausgewogenen Verhältnis zu ihrem Nutzen stehen, wurde untersucht:<br />
• ob die psychische Belastung eines Patienten in Zusammenhang mit den Krankenhaus- und ambu-<br />
lanten Behandlungskosten der AOK versicherten Krebspatienten der CMP-Klinken steht und<br />
• welche Kosten die psychoonkologische Leistungserbringung für hoch belastete Patienten im Ver-<br />
gleich zu gering belasteten Patienten verursacht.<br />
Zur Beantwortung der Frage wurden die Ergebnisse des CMP-Projektes herangezogen, die<br />
sich mit dem Versorgungsaufwand für Patienten mit unterschiedlich hohen Ausprägungen<br />
der psychischen Belastung aufgrund von Ängsten und Depressionen befassen.
<strong>Case</strong> <strong>Management</strong> <strong>Psychoonkologie</strong><br />
Implementierung psychoonkologischer Leistungen<br />
in Kliniken der Akutversorgung<br />
Westfalen-Lippe, NRW<br />
<strong>Case</strong> <strong>Management</strong> <strong>Psychoonkologie</strong>: Projektergebnisse
5. <strong>Case</strong> <strong>Management</strong> <strong>Psychoonkologie</strong>: Projektergebnisse<br />
5.1 Methodik und Basisdaten<br />
Das Projekt „<strong>Case</strong> <strong>Management</strong> <strong>Psychoonkologie</strong>“ hatte die Zielsetzung, auf vier versorgungsrelevante<br />
Fragestellungen Antworten zu geben; auf Fragen zur Versorgungsqualität,<br />
zur Dienstleistungsqualität, zur Qualitätsentwicklung und zum ökonomischen Nutzen (vgl.<br />
Kapitel 4.7 bis 4.9). Jede dieser Fragestellungen erforderte ein gesondertes Vorgehen der<br />
Datengewinnung und –berechnung (vgl. Kapitel 5.1.1). Die Versorgungsdaten, anhand derer<br />
die Analysen zur Versorgungs- und Dienstleistungsqualität, zur Qualitätsentwicklung und<br />
zum ökonomischen Nutzennachweis geführt wurden, sind aus der Gesamtstichprobe und<br />
verschiedenen Substichproben generiert worden. Im Folgenden sind erste Angaben zu den<br />
Stichproben aufgeführt.<br />
Gesamtstichprobe: Im CMP-Projekt wurden alle Patienten der beteiligten Hauptabteilungen<br />
psychoonkologisch versorgt, da es in der Versorgungswirklichkeit einer onkologischen Abteilung<br />
nicht realisierbar ist, einige Patienten zu betreuen und andere von der Betreuung auszuschließen.<br />
Aus dem EDV-gestützten Patientendokumentationssystem der beteiligten<br />
Krankenhäuser wurden allein die administrativen Daten zur Dauer der Patientengespräche<br />
und Dauer der Gespräche mit dem Behandlungsteam über den Patienten herausgelesen<br />
und weitergeleitet, wenn keine Einverständniserklärung von Seiten eines Patienten vorlag.<br />
Diese Daten dienten der Berechnung der Versorgungskapazität, die ein Element der Dienstleistungsqualität<br />
psychoonkologischer Versorgung darstellt.<br />
Stichprobe der Patienten mit Einverständniserklärung: Aus der Gesamtstichprobe wurden<br />
von den Patienten, die eine Einverständniserklärung unterschrieben haben, die meisten Datensätze<br />
des EDV-gestützten Patientendokumentationssystems ausgelesen. Nicht ausgelesene<br />
Datensätze bezogen sich u.a. auf den Patientennamen, die Patientenadresse sowie<br />
Textniederschriften der Psychotherapeuten zur Anamnese oder zu den Inhalten der Interventionsgespräche.<br />
Diese Daten dienten den Berechnungen zur Versorgungsqualität.<br />
Stichprobe der Patienten mit bearbeiteten Fragebogen zu Behandlungsbeginn und im dritten<br />
Behandlungsmonat: Aus der Stichprobe der Patienten mit Einverständniserklärung wurden<br />
die Datensätze derjenigen Patienten ausgelesen, die sowohl zu Beginn, wie auch im dritten<br />
Behandlungsmonat die Patientenfragebogen ausgefüllt haben. Diese Daten dienten den Berechnungen<br />
zum Nachweis des Nutzens und der Wirksamkeit als einem Element der Versorgungsqualität<br />
sowie der Ergebnisqualität.<br />
Stichprobe der ersterkrankten Patienten: Aus der Stichprobe der Patienten mit Einverständniserklärung<br />
wurden die ersterkrankten Patienten bzw. Patienten ausgelesen, die in einem<br />
Zeitraum von 12 Monaten nicht stationär an einer Krebserkrankung behandelt wurden. Aus<br />
diesen Datensätzen wurden die Krankenkassennummern der Patienten der AOK-Westfalen<br />
Lippe ausgelesen, um die Berechnungen zu den Behandlungskosten durchzuführen.<br />
5.1.1 Datengewinnung und Berechnungen<br />
Im Verlauf des Projektes „<strong>Case</strong> <strong>Management</strong> <strong>Psychoonkologie</strong>“ wurden die versorgungsrelevanten<br />
Daten wie folgt gewonnen und analysiert.
72 <strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006<br />
Datengewinnung: Das Projekt „<strong>Case</strong>-<strong>Management</strong> <strong>Psychoonkologie</strong>“ ist so konzipiert, dass<br />
ausschließlich Daten der Patientenversorgung erhoben wurden, die primär für die Planung,<br />
Lenkung und Prüfung der psychoonkologischen Versorgung in den einzelnen Krankenhäusern<br />
relevant sind. Die Leistungsdokumentation im EDV-gestützten Patientendokumentationssystem<br />
wird damit unabhängig von einem Zeitraum, in dem die Daten für Zwecke der<br />
Versorgungsforschung und Qualitätssicherung zusammengetragen und analysiert werden.<br />
Die Datenbasis für die Datenberechnung ist gewonnen worden, indem die Psychotherapeuten<br />
in den einzelnen Kliniken die im EDV-gestützten Patientendokumentationssystem enthaltenen<br />
Daten zu einem Stichzeitraum (1. Woche eines jeden Quartals) automatisch zusammenstellten,<br />
ihre, für die Patientenversorgung verfügbare Arbeitszeit in dem System dokumentierten<br />
und die Daten verschlüsselt an die Studienzentrale weiterleiteten. Zusätzlich erstellten<br />
sie monatlich bzw. quartalsweise einen automatisierten Qualitätsbericht für die Aufgaben<br />
der einrichtungsinternen Qualitätsentwicklung. Auch dieser Bericht wurde an die Studienzentrale<br />
weitergeleitet. Darauf basierend wurde ein automatisierter Benchmarkbericht<br />
erstellt, der die Quartals-Kennzahlen der Qualitätsberichte aus den Projektkliniken, bezogen<br />
auf eine Vollzeitstelle, im anonymisierten Überblick zusammenfasste. Der Benchmarkbericht<br />
wurde in dieser Form den Kliniken zurückgesendet. Die Einzeldaten der Berichte sowie die<br />
weitergeleiteten Patientendaten wurden auf Basis zuvor festgelegter Kriterien aus dem EDVbasierten<br />
Patientendokumentationssystem ausgelesen (s. Kapitel 5.1).<br />
Erhebungszeiträume: Die Gesamtdauer des CMP-Projektes betrug 3 Jahre, von Januar<br />
2004 bis Dezember 2006. Die Dokumentation der Leistungserbringung im EDV-basierten<br />
Patientendokumentationssystem (CMP-Pat.doc) begann offiziell am 01. Juli 2004 und endete<br />
am 31. Dezember 2006. Aus dem Patientendokumentationssystem sind ausgewählte Datensätze<br />
zu verschiedenen Zeitpunkten im Projektverlauf ausgelesen worden. Die Psychotherapeuten<br />
hatten zudem die Möglichkeit, im Auskunftssystem der CMP-Pat.doc täglich Informationen<br />
zur ihrer Patientenversorgung in Form von Grafiken und Tabellen abzurufen. Für<br />
Zwecke der einrichtungsinternen Qualitätsentwicklung konnten im CMP-Pat.doc-System jeder<br />
Projektklinik monatliche Qualitätsberichte automatisiert erstellt und als WORD-Dokument<br />
ausgedruckt werden. Quartalsweise wurden die einrichtungsinternen Qualitätsberichte an die<br />
Studienzentrale weitergeleitet, Benchmarkberichte erstellt und als WORD-Dokument den<br />
Kliniken rückgemeldet. Halbjährlich wurden administrative und klinische Kennzahlen von der<br />
Studienzentrale berechnet, um in den Lenkungsausschusssitzungen den Projektträgern und<br />
–partnern Informationen zur Versorgungskapazität und zum „klinischen Nutzen“ rückmelden<br />
zu können. Zweimal im Projektzeitraum wurden die Krankenkassennummern der ersterkrankten<br />
Patienten, die in der AOK-Westfalen-Lippe versichert waren, für die Zwecke der<br />
Berechnung der Behandlungskosten zusammengetragen.<br />
Der Abschlussbericht basiert auf Daten des Zwei-Jahres-Zeitraumes vom 01. Juli 2004 bis<br />
zum 30. Juni 2006. Die Patientendokumentation in den einzelnen Krankenhäusern endete<br />
mit dem 30. Dezember 2006; sie wird von den meisten Häusern darüber hinaus weiter geführt.<br />
Versorgungs- und Dienstleistungsqualität: Zur Analyse der Versorgungsqualität wurden nur<br />
die Datensätze derjenigen Patienten verwendet, die die Einverständniserklärung zur Datenanalyse<br />
gegeben haben. Zur Analyse der Dienstleistungsqualität wurden ausgewählte Datensätze<br />
aller Patienten herangezogen. Dabei handelte es sich allein um Informationen über<br />
die klinikbezogene Anzahl und Zeitdauer der Versorgungsleistungen. Es wurden vorwiegend<br />
deskriptive und einfache inferenzstatistische Berechnungen durchgeführt.
<strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006 73<br />
Primäres Ziel der Berechnungen ist die Verifizierung und Validierung der psychoonkologischen<br />
Versorgung in Akutkrankenhäusern, um bei Dritten (Patienten, Klinikleitung, Geschäftsführung,<br />
Leistungserbringer, Leistungsfinanzierer usw.) Vertrauen 83 in die Angemessenheit<br />
der psychoonkologischen Betreuung von Patienten mit einer Krebserkrankung zu<br />
schaffen. Nach DIN EN ISO 8402, Ziffer 2.17 versteht man unter Verifizierung das „Bestätigen<br />
aufgrund einer Untersuchung und durch Bereitstellung eines Nachweises, dass festgelegte<br />
Forderungen erfüllt worden sind.“ Im Gegensatz dazu steht die Validierung am Ende<br />
eines Prozesses oder einer Entwicklung. Sie prüft den Wert eines Produktes (einer Leistung)<br />
aus Sicht des Kunden. Validierung ist das „Bestätigen aufgrund einer Untersuchung und<br />
durch Bereitstellung eines Nachweises, dass die besonderen Forderungen für einen speziellen<br />
beabsichtigten Gebrauch erfüllt worden sind.“ 84<br />
Um das Vertrauen in die Qualität psychoonkologischer Leistungserbringung (Versorgungsqualität)<br />
zu schaffen, werden in diesem Abschlussbericht zum Projekt „<strong>Case</strong> <strong>Management</strong><br />
<strong>Psychoonkologie</strong>“ zum einen<br />
• erste Basisdaten zur psychoonkologischen Versorgung im Akutkrankenhaus bereitgestellt und zum<br />
anderen<br />
• erste Erkenntnisse zur Angemessenheit der Patientenversorgung anhand von Qualitätskriterien 85<br />
vorgelegt.<br />
Die Angemessenheit der Leistungserbringung wurde darlegungsfähig gemacht, indem – so<br />
weit verfügbar - empirische Daten aus der Literatur als erste allgemeine Hinweise auf Soll-<br />
Werte psychoonkologischer Versorgung herangezogen und mit den im CMP-Projekt ermittelten<br />
IST-Werten der Patientenversorgung verglichen wurden. Liegen die ermittelten IST-<br />
Werte nahe bei den Soll-Werten, so kann dies als erster Hinweis auf die Angemessenheit<br />
der psychoonkologischen Leistungserbringung gewertet werden.<br />
Um das Vertrauen in die Qualität der psychoonkologischen Versorgung insgesamt zu schaffen<br />
(Dienstleistungsqualität), werden im vorliegenden Abschlussbericht zum Projekt „<strong>Case</strong><br />
<strong>Management</strong> <strong>Psychoonkologie</strong>“ auch erste Ergebnisse zur Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität<br />
der psychoonkologischen Versorgung im Akutkrankenhaus vorgelegt. Ziel dabei<br />
ist es weniger, die Qualität der Leistungserbringung im Einzelnen zu belegen als die „Konformität<br />
der psychoonkologischen Versorgung“ mit den Qualitätsanforderungen externer<br />
Kunden wie Patienten, Klinikgeschäftsführer oder gesundheitspolitisch Verantwortliche aufzuzeigen.<br />
Für Zwecke der externen Bewertung ausgewählter Struktur- und Prozessmerkmale<br />
werden die von „externer Stelle“ vorgegebenen SOLL-Werte mit den im CMP-Projekt ermittelten<br />
IST-Werten verglichen. Für die Zecke der externen Bewertung der Ergebnisqualität<br />
werden die Ergebnisse der Patientenzufriedenheitsbefragung sowie der Wirksamkeitsprüfung<br />
und klinischen Signifikanz 86 vorgelegt.<br />
Mit dem Konzept der „Klinischen Signifikanz“ wird eine Möglichkeit dargestellt, die „Ergebnisorientierung<br />
in der <strong>Psychoonkologie</strong>“ einzuführen. Das Konzept sieht vor, dass anhand<br />
eines validen psychometrischen Instrumentes zu Behandlungsbeginn und zu einem oder<br />
mehreren Zeitpunkten im Verlaufe einer chronischen Erkrankung oder langwierigen Behandlung<br />
Daten erhoben werden, mit denen diejenigen Aspekte der psychosozialen Verfassung<br />
eines Patienten ermittelt werden können, die von hervorgehobener Bedeutung für seine<br />
Funktionalität, Lebensqualität und seine Problem- und Bedürfnislage sind.
74 <strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006<br />
Um davon sprechen zu können, dass ein individueller Patient von der erhaltenen psychosozialen<br />
Versorgung profitiert hat, werden an die wiederholte Messung zwei Anforderungen<br />
gestellt:<br />
• Zum Einen muss die individuelle Veränderung der psychosozialen Verfassung eines Patienten<br />
vom ersten zum zweiten Messzeitpunkt so relevant sein, dass sie nicht durch eine Zufallsänderung<br />
erklärt werden kann. Dies wird anhand der Prüfung der Unterschiede zwischen den Fragebogen-<br />
werten ermittelt, die der Patient zum ersten und zweiten Messzeitpunkt erreicht.<br />
• Zum Anderen muss die individuelle Veränderung der psychosozialen Verfassung eines Patienten<br />
vom ersten zum zweiten Messzeitpunkt so bedeutsam sein, dass die ermittelte Verfassung des Pa-<br />
tienten zum ersten Erhebungszeitpunktes das Kriterium der klinisch relevanten Belastung/Störung<br />
erfüllt und seine Verfassung zum zweiten Messzeitpunkt in einem Wertebereich liegt, der mit dem<br />
Vorliegen einer unauffälligen bzw. keinen Belastung korrespondiert.<br />
Erfüllt die individuelle Veränderung der psychosozialen Verfassung eines Patienten beide<br />
Kriterien, so ist sie sowohl reliabel als auch klinisch bedeutsam (= klinisch signifikant). Kann<br />
zudem noch gezeigt werden, dass die Veränderungen der psychosozialen Belastung mit den<br />
psychoonkologischen Leistungen, d.h. die Art, Anzahl oder Dauer der Patientengespräche,<br />
in Verbindung steht, dann spricht vieles für die Wirksamkeit der psychoonkologischen Versorgung.<br />
Die klinische Signifikanz wird in der Psychotherapie als ein Maß für die Bewertung<br />
von Therapieerfolgen bei psychisch hoch belasteten bzw. gestörten Patienten verwendet 87 .<br />
Qualitätsentwicklung des CMP-Projektes: Zur Darlegung der kontinuierlichen Verbesserung<br />
der psychoonkologischen Versorgung in den CMP-Projektkliniken werden die klinischen und<br />
administrativen Kennzahlen der Quartals- und Benchmarkberichte der einzelnen Krankenhäuser<br />
zusammengeführt. Anhand dieser Daten werden die IST-Werte ausgewählter Qualitätskriterien<br />
eines zurückliegenden Quartals als SOLL-Werte eines Folgequartals definiert,<br />
um darüber einen möglichen Zuwachs bzw. die Veränderungen in der Leistungserbringung<br />
darlegungsfähig machen zu können. Die IST-SOLL-Vergleiche werden in anonymisierter<br />
Form auch klinikbezogen geführt, um erste Hinweise auf qualitätsfördernde und -hemmende<br />
Rahmenbedingungen psychoonkologischer Versorgung darlegen zu können 88 .<br />
Ökonomischer Nutzen: Zur Berechnung der Kostenunterschiede in der Behandlung von<br />
Krebspatienten in den Krankenhäusern mit und ohne psychoonkologischer Versorgung wurden<br />
die Patienten der Allgemeinen Ortskrankenkassen Westfalen-Lippe ausgewählt (vorwiegend<br />
C50: Mamma-CA; C53-55: Uterus-CA; C56: Ovarial-CA; C34: Bronchial-CA; C18: Colon-CA;<br />
C61: Prostata-CA; C67: Blasen-CA, die ersterkrankt bzw. mindestens ein Jahr lang<br />
rezidivfrei waren). Zur Identifikation dieser Patienten in den CMP Kliniken wurden die zwischen<br />
dem 01. Juli 2004 und dem 31. März 2006 in einer der projektbeteiligten Kliniken zur<br />
stationären Krebstherapie aufgenommenen AOK-Versicherten identifiziert. In dem Projektzeitraum<br />
wurden insgesamt 471 entsprechende AOK Versicherte in den CMP-Kliniken stationär<br />
aufgenommen. Die Krankenkassennummern dieser Patienten wurden der AOK Westfalen-Lippe<br />
zur Prüfung der Krankenkassennummern („Ist der Patient Mitglied der AOK-<br />
Westfalen-Lippe?“) zugesendet. Fehlerhafte Kassennummern wurden zurückgeschickt und<br />
in den CMP-Kliniken erneut abgeglichen. Die 471 AOK-Versicherten der CMP-Kliniken sowie<br />
entsprechende Patienten der AOK Westfalen-Lippe, die in anderen Krankenhäusern aus<br />
Westfalen-Lippe stationär behandelt wurden, sind als CMP-Fall bzw. Nicht-CMP-Fall mit einer<br />
ID (ohne Krankenkassennummer) codiert worden. Voraussetzung hierfür war, dass ihre<br />
Entlassungsdiagnose aus dem Krankenhaus eine der Indexdiagnosen aufwies und sie min-
<strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006 75<br />
destens ein Jahr vor stationärer Aufnahme nicht mit einer Krebsdiagnose in ein Krankenhaus<br />
aufgenommen oder als an Krebs erkrankt diagnostiziert wurden. Die ID dieser Patienten ließ<br />
keine Rückschlüsse auf die Personen zu.<br />
Insgesamt umfasst die Stichprobe der CMP-Fallgruppe 219 ersterkrankte AOK-Patienten mit<br />
Einverständniserklärung, die im Zeitraum von 01. Juli 2004 bis 31. März 2006 im Krankenhaus<br />
an einer Krebserkrankung behandelt wurden. Der Studienzentrale wurden die fallbezogenen<br />
Kosten dieser Patienten bezogen auf den Zeitraum zwischen 01.07.2004 und<br />
31.09.2006 zu folgenden Kostenarten übermittelt:<br />
• Krankenhauskosten<br />
• Kosten der Rehabilitation<br />
• Kosten der häuslichen Krankenpflege<br />
• Krankengeld<br />
• Arzneimittelkosten und<br />
• Kosten für Arztbesuche (mit Anzahl Verordnungen, Gebührenordnungsnummern, Punktwerte<br />
usw.)<br />
Die Basisfallwerte für die Kliniken wurden aus den öffentlich zugänglichen Quellen der AOK<br />
ermittelt, wiesen jedoch keine Unterschiede zwischen den Klinken auf. Relativgewichte konnten<br />
aus technischen Gründen nicht in den Datensatz aufgenommen werden.<br />
Zur Herstellung der Vergleichsgruppen aus CMP-Fällen bzw. Nicht-CMP-Fällen wurde eine<br />
Übereinstimmung in den Kriterien erste Diagnose, Anzahl der Krankenhausaufenthalte und<br />
Geschlecht für jeden Fall vorausgesetzt. Für das sehr kostenrelevante Kriterium „Anzahl der<br />
Operationsschlüssel“ (ICPM) der Kostenart Krankenhauskosten war nicht die genaue Übereinstimmung<br />
gefordert, sondern eine Entsprechung in der Spanne von +/-2. Von der Stichprobe<br />
der 219 CMP-Fälle mussten 34 CMP-Fälle ausgeschlossen werden, da keine Übereinstimmung<br />
in den geforderten Kriterien vorlag, so dass die Vergleichsgruppe 185 CMP-<br />
Fälle aufweist, denen aus dem Pool der Nicht-CMP-Fälle auf Zufallsbasis je ein passender<br />
Nicht CMP-Fall zugeordnet werden konnte (vgl. Kapitel 5.1.2). Von dieser Gruppe wiesen<br />
123 Patienten-Paare eine identische DRG 1 auf, d.h. die erste nach einem Krankenhausaufenthalt<br />
vergebene kostenhomogene Fallgruppe (diagnosis related group 89 ) stimmte überein.<br />
5.1.2 Basisdaten<br />
Gesamtstichprobe: Die Gesamtstichprobe enthält alle 4.084 Patienten, die im Zeitraum<br />
(01.07.´04 - 30.06.´06) mindestens eine dokumentierte Leistung durch den Psychoonkologen<br />
in den Hauptabteilungen erhielten (vgl. Tabelle 5). Diese Stichprobe enthält Patienten mit<br />
und ohne Einverständniserklärung. Bei Patienten ohne Einverständniserklärung sind lediglich<br />
die Kennung der betreuenden Hauptabteilung, die Häufigkeit und Intensität der Patientengespräche<br />
sowie die Zeiträume der psychoonkologischen Versorgung aus dem Patientendokumentationssystem<br />
herausgefiltert worden. Diese Daten dienen den Berechnungen zur<br />
Versorgungskapazität (vgl. Kapitel 5.3.1).
76 <strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006<br />
Tabelle 5: Verteilung der Stichprobe auf die Hauptabteilungen<br />
Hauptabteilung Stichprobenverteilung<br />
N %<br />
Chirurgie 591 14,5<br />
Gynäkologie 1.228 30,1<br />
Innere Med. 291 7,1<br />
Urologie 874 21,4<br />
Hämato./Onko. 92 2,3<br />
Radiologie 266 6,5<br />
ambulant 205 5,0<br />
andere 315 7,7<br />
gesamt 3.862 94,6<br />
fehlend* 222 5,4<br />
insgesamt 4.084 100,0<br />
* = Patienten ohne Zuordnung zu bzw. Dokumentation einer Hauptabteilung<br />
Stichprobe der Patienten mit Einverständniserklärung: Die Stichprobe der Patienten mit Einverständniserklärung<br />
enthält alle 2.220 Patienten, die ihre Einverständniserklärung zur Datenberechnung<br />
gegeben haben. Diese Stichprobe enthält den gesamten Datensatz des Patientendokumentationssystems<br />
bei Anonymisierung der Stammdaten und Ausschluss der<br />
Inhalte der Gesprächsdokumentationen. Die Daten dienen den Berechnungen zur Versorgungs-<br />
und Dienstleistungsqualität. Von den 2.220 Patienten mit Einverständniserklärung<br />
haben zu Behandlungsbeginn 1.829 (82,4%) Patienten den „Patientenfragebogen: Stationäre<br />
Aufnahme“ (PfSA) und 1.479 Patienten (66,6%) auch den HADS-Fragebogen zur Erfassung<br />
von Angst und Depression ausgefüllt 90 . Die Daten bilden die Basis zur Berechnung des<br />
Versorgungsbedarfs (vgl. Kapitel 5.2.1).<br />
Zumeist wurden Patientinnen mit Brustkrebs und Patienten mit Prostatakrebs psychoonkologisch<br />
versorgt, wobei die Häufigkeitsverteilung der Karzinomarten weitgehend derjenigen<br />
entspricht, die in Deutschland zu erwarten ist (vgl. Tabelle 6).<br />
Tabelle 6: Verteilung der Stichprobe auf die Hauptindikationen<br />
Hauptindikation Stichprobenverteilung<br />
Robert Koch Institut<br />
(2006)<br />
N % Männer % Frauen %<br />
C50: Mamma-CA 721 32,5 - 26,8<br />
C53-55: Uterus-CA 102 4,6 - 5,5<br />
C56: Ovarial-CA 57 2,6 - 4,8<br />
C34: Bronchial-CA 144 6,5 14,9 6,6<br />
C18: Colon-CA 176 7,9 16,3 4<br />
C61: Prostata-CA 453 20,4 22,3 -<br />
C67: Blasen-CA 126 5,7 8,6 3,5<br />
Nicht-Index-Diag 401 18,1 - -<br />
gesamt 2180 98,2 - -
<strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006 77<br />
fehlend* 40 1,8 - -<br />
gesamt 2.220 100 - -<br />
* = Patienten ohne dokumentierter bzw. ohne definitiver Krebsdiagnose.<br />
Stichprobe der ersterkrankten Patienten: Als ersterkrankt galt ein Krebspatient, wenn dieser<br />
in den letzten 12 Monaten vor stationärer Aufnahme nicht wegen einer Krebserkrankung<br />
stationär behandelt wurde. Dieses Kriterium war bei 1.764 Patienten erfüllt. Dies entspricht<br />
79,5% der Patienten mit Einverständniserklärung. Unter diesen Patienten waren 1.416<br />
Krebspatienten mit einer der genannten Hauptindikationen. Dies entspricht 64% der Patienten<br />
mit Einverständniserklärung bzw. 81% der ersterkrankten Patienten.<br />
Die Verteilung der Hauptindikationen der ersterkrankten im Vergleich zu den wiederholt erkrankten<br />
Patienten zeigt, dass Colon-CA und Prostata-CA Patienten prozentual häufiger<br />
(Kriterium: ca. 2x häufiger) unter den Ersterkrankten zählen und an Blasenkrebs erkrankte<br />
sowie sog. Nicht-Index-Patienten ix häufiger zur Gruppe wiederholt erkrankter Krebspatienten<br />
zählen (vgl. Tab 7).<br />
Tabelle 7: Unterschiede in den Hauptindikationen von ersterkrankten und nichtersterkrankten<br />
Patienten<br />
Hauptindikation<br />
Patienten mit EVE*<br />
ersterkrankt<br />
nein ja<br />
N % % gültig N %<br />
C50: Mamma-CA 92 20,2 22,1 629 35,7<br />
C53-55: Uterus-CA 17 3,7 4,1 85 4,8<br />
C56: Ovarial-CA 15 3,3 3,6 42 2,4<br />
C34: Bronchial-CA 17 3,7 4,1 127 7,2<br />
C18: Colon-CA 19 4,2 4,6 157 8,9<br />
C61: Prostata-CA 36 7,9 8,7 417 23,6<br />
C67: Blasen-CA 43 9,4 10,3 83 4,7<br />
Nicht-Index-Diag 177 38,8 42,5 224 12,7<br />
gesamt 416 91,2 100,0 1.764 100,0<br />
fehlend 40 8,8 - - -<br />
gesamt 456 100,0 - - -<br />
gesamt alle 2.220<br />
* EVE = Einverständniserklärung<br />
Das Alter bei stationärer Aufnahme der ersterkrankten im Vergleich zu den nichtersterkrankten<br />
Patienten zeigt keine Gruppenunterschiede (vgl. Tabelle 8).<br />
ix Patienten mit Krebserkrankungen, die nicht zu der Gruppe der Hauptindikationen zählen.
78 <strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006<br />
Tabelle 8: Alter bei stationärer Aufnahme von ersterkrankten und nicht-ersterkrankten<br />
Patienten<br />
Patienten mit EVE<br />
ersterkrankt ���� N SD*<br />
nein 61,7 451 12,21<br />
ja 61,7 1762 12,26<br />
gesamt 61,7 2213 12,25<br />
* SD = Standardabweichung<br />
Die Verteilung der Altersgruppen der ersterkrankten im Vergleich zu den nicht-ersterkrankten<br />
Patienten zeigt keine wesentlichen Gruppenunterschiede (vgl. Tabelle 9).<br />
Tabelle 9: Altersgruppenverteilung ersterkrankter und nicht-ersterkrankter Patienten<br />
Altersbereich<br />
Patienten mit EVE<br />
ersterkrankt<br />
nein ja<br />
N % N %<br />
unter 20 1 0,2 2 0,1<br />
20 - 29 5 1,1 16 0,9<br />
30 - 39 16 3,5 65 3,7<br />
40 - 49 57 12,5 203 11,5<br />
50 - 59 80 17,5 368 20,9<br />
60 - 69 172 37,7 638 36,2<br />
70 - 79 97 21,3 371 21<br />
80 - 89 22 4,8 93 5,3<br />
90 und älter 1 0,2 6 0,3<br />
gesamt 451 98,9 1.762 99,9<br />
fehlend 5 1,1 2 0,1<br />
insgesamt 456 100 1.764 100<br />
Das Geschlechterverhältnis der ersterkrankten im Vergleich zu den nicht-ersterkrankten Patienten<br />
zeigt, dass Frauen in der Gruppe der Ersterkrankten häufiger vertreten sind (vgl. Tabelle<br />
10).<br />
Tabelle 10: Geschlechterverhältnis von ersterkrankten und nicht-ersterkrankten Patienten<br />
Geschlecht<br />
Patienten mit EVE<br />
ersterkrankt<br />
nein ja<br />
N % N %<br />
weiblich 275 60,3 1.006 57<br />
männlich 159 34,9 758 43<br />
gesamt 434 95,2 1.764 100<br />
fehlend 22 4,8 - -<br />
insgesamt 456 100 - -
<strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006 79<br />
Stichprobe der Patienten mit Datenerhebung zu Behandlungsbeginn und im dritten Behandlungsmonat:<br />
Zur Berechnung des klinischen bzw. medizinischen Nutzens (vgl. Kapitel 5.3.3;<br />
5.5) werden innerhalb der Stichprobe der Patienten mit Einverständniserklärung die Datensätze<br />
derjenigen Patienten ausgewählt, die sowohl zu Behandlungsbeginn (= prä) wie auch<br />
im 3. Behandlungsmonat (= post) die „Hospital Anxiety and Depression Scale“ bearbeitet<br />
haben (HADS prä-post). Diese Stichprobe besteht aus 752 Patienten. Von den Patienten<br />
waren 619 Patienten ersterkrankt (82,3%), und 514 Patienten gehörten einer der Hauptindikationen<br />
an (Index-Patienten, 68,4%).<br />
Die Verteilung der Stichprobe der Patienten mit bearbeiteten Fragebogen zu Behandlungsbeginn<br />
(prä) und im dritten Behandlungsmonat (post) auf die Hauptindikationen entspricht<br />
weitgehend derjenigen der 2.220 Patienten mit Einverständniserklärung (vgl. Tab 11).<br />
Tabelle 11: Verteilung der Stichprobe auf die Hauptindikationen<br />
Hauptindikation Patienten<br />
mit prä/post mit EVE<br />
N % %<br />
C50: Mamma-CA 274 36 32,5<br />
C53-55: Uterus-CA 24 3 4,6<br />
C56: Ovarial-CA 22 3 2,6<br />
C34: Bronchial-CA 36 5 6,5<br />
C18: Colon-CA 71 9 7,9<br />
C61: Prostata-CA 163 22 20,4<br />
C67: Blasen-CA 43 6 5,7<br />
Nicht-Index-Diag 119 16 18,1<br />
gesamt 752 100 98,2<br />
fehlend - - 1,8<br />
Der Altersbereich der Patienten liegt bei 61 Jahren, bzw. je nach Hauptindikation zwischen<br />
56 bis 67 Jahren (vgl. Tabelle 12).<br />
Tabelle 12: Mittleres Alter der Patienten innerhalb der Hauptindikationen<br />
Hauptindikation Alter SD<br />
C50: Mamma-CA 56 12<br />
C53-55: Uterus-CA 56 11<br />
C56: Ovarial-CA 60 14<br />
C34: Bronchial-CA 60 10<br />
C18: Colon-CA 64 11<br />
C61: Prostata-CA 65 6<br />
C67: Blasen-CA 67 10<br />
Nicht-Index-Diag 62 13
80 <strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006<br />
gesamt 61 11<br />
Die prozentuale Verteilung der Patienten über die Altersbereiche in der Stichprobe ersterkrankter<br />
Patienten und die prozentuale Verteilung der Patienten über die Altersbereiche in<br />
der Stichprobe der Patienten mit Befragung zu Beginn der stationären Krebstherapie und<br />
zum Katamnesezeitpunkt (� = 120 Tage) unterscheiden sich nicht wesentlich (vgl. Tabelle<br />
13). Die Befragung erfolgte anhand des HADS-Fragebogen zur Erfassung der psychischen<br />
Belastungen (Angst und Depression = HADS (prä-post) Erhebung).<br />
Tabelle 13: Verteilung der Altersbereiche der Stichprobe ersterkrankter Patienten und der<br />
Stichprobe der Patienten mit HADS (prä-post) Erhebung<br />
Altersbereich<br />
ersterkrankt<br />
Patienten<br />
mit HADS<br />
prä-post<br />
N % N %<br />
unter 20 2 0,1 0 0<br />
20 - 29 16 0,9 7 0,9<br />
30 - 39 65 3,7 27 3,9<br />
40 - 49 203 11,5 96 12,8<br />
50 - 59 368 20,9 159 21,1<br />
60 - 69 638 36,2 294 39,8<br />
70 - 79 371 21 134 18,1<br />
80 - 89 93 5,3 20 2,9<br />
90 und älter 6 0,3 1 0,1<br />
gesamt 1762 99,9 749 99,6<br />
fehlend 2 0,1 3 0,4<br />
insgesamt 1764 100 752 100,0<br />
Das Geschlechterverhältnis der Stichprobe ersterkrankter Patienten im Vergleich zur Stichprobe<br />
der Patienten mit HADS (prä-post) Erhebung unterscheidet sich nicht wesentlich (vgl.<br />
Tabelle 14).<br />
Tabelle 14: Geschlechterverhältnis der Stichprobe ersterkrankter Patienten und der Stichprobe<br />
der Patienten mit HADS (prä-post) Erhebung<br />
Geschlecht Patienten<br />
ersterkrankt<br />
mit HADS<br />
prä-post<br />
N % N %<br />
weiblich 1006 57 416 56<br />
männlich 758 43 322 44<br />
gesamt 1764 100 738 100<br />
Stichprobe der AOK-Versicherten CMP-Fälle: Den 185 AOK Versicherten CMP-Fällen konnten<br />
aus dem Pool der Nicht-CMP-Fälle auf Zufallsbasis je 1 passender Fall zugeordnet wur-
<strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006 81<br />
de, so das „gematchte“ Patienten-Paare - bestehend aus je einem CMP und je einem Nicht-<br />
CMP-Paar - entstanden. Für 72,3% der CMP-Fälle hätten >10 bis > 500 passende Nicht-<br />
CMP-Fälle zugeordnet werden können. In der Stichprobe entfielen 33 Patienten-Paare<br />
(17,8%) auf die Indexdiagnose Colon-CA (C18), 9 (4,9%) hatten ein Bronchial-CA (C34), 52<br />
(28,1%) hatten Mamma-CA (C50), 12 (6,4%) hatten Uterus-CA (C53-55), 1 (0,5%) hatte<br />
Ovarial-CA (C56), 45 (24,3%) hatten Prostata-CA (C61) und 8 (4,3%) Patienten hatten die<br />
Diagnose Blasen-CA (C67). Insgesamt 78 (42,2) Patienten-Paare wären Männer und 107<br />
(57,8%) Frauen. 140 (75,7%) Patienten wiesen lediglich einen, weitere 30 (16.2%) einen<br />
zweiten stationären Aufenthalt auf. Die Anzahl der Krankenhausaufenthalten lag bei 140<br />
(75,7%) Patienten-Paare bei einem Aufenthalt, weitere 30 (16,2%) hatten einen zweiten<br />
Krankenhausaufenthalt. Die mittlere Dauer der Krankenhausaufenthalte x betrug 21,2 Tage<br />
für die CMP-Fallgruppe und 22,2 Tage für die Nicht-CMP-Fallgruppe. In beiden Fallgruppen<br />
lag die mittlere Anzahl der ICPM (Anzahl der Operationsschlüssel) bei 4,69, wobei in 40,5%<br />
der Fälle keine, in weiteren 29,7% eine Abweichung um ± 1 und in 29,7% um ± 2 ICPM gegeben<br />
war. Die Kostenberechnungen wurden sowohl für Patienten-Paare mit identischer<br />
erster, nach dem stationären Aufenthalt vergebener DRG 1 (diagnosis related group; 123<br />
Patienten-Paare), als auch unabhängig von der DRG 1 (185 Patienten-Paare) durchgeführt.<br />
Die Basisfallwerte 91 für die Kliniken wurden aus den öffentlich zugänglichen Quellen der AOK<br />
ermittelt. Relativgewichte konnten aus technischen Gründen nicht in den Datensatz mit aufgenommen<br />
werden. Es zeigten sich keine relevanten Unterschiede in den Basisfallwerten<br />
der CMP-Krankenhäuser im Vergleich zu den Nicht-CMP-Krankenhäusern.<br />
Die Kostendaten der AOK-Patienten aus der Stichprobe xi der CMP- und der Nicht-CMP-<br />
Fallgruppe gingen in die Berechnung des ökonomischen Nutzens ein (vgl. Kapitel 5.5).<br />
5.2 Ergebnisse zur Versorgungsqualität<br />
Die Darlegung und Beurteilung der Qualität psychoonkologischer Versorgung im Krankenhaus<br />
basiert auf klinischen Kennzahlen (vgl. Kapitel 4.7). Diese Kennzahlen werden anhand<br />
der im EDV-basierten Patientendokumentationssystem festgehaltenen Informationen zu<br />
ausgewählten Aspekten der psychoonkologischen Versorgung ermittelt. Sie geben Auskunft<br />
darüber, ob die Versorgungsqualität auf Basis eines strukturierten psychoonkologischen<br />
Versorgungsprogramms gesichert werden kann.<br />
Das CMP-Projekt sollte Informationen bereitstellen, anhand derer eine Beurteilung der<br />
• Bedarfsgerechtigkeit der Versorgung (vgl. Kapitel 5.2.1),<br />
• Angemessenheit der Versorgung (vgl. Kapitel 5.2.2) und des<br />
• klinischen Nutzens der Versorgung (vgl. Kapitel 5.2.3)<br />
möglich wird.<br />
x Die Dauer der Krankenhausaufenthalte ist kein „Matching-Kriterium“<br />
xi Es handelte sich dabei nicht um eine zufällig gebildete Stichprobe, sondern eine solche aus Patienten, die ihre Einverständ-<br />
nis zur Datenanalyse gegeben haben.
82 <strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006<br />
5.2.1 Ergebnisse zur Bedarfsgerechtigkeit der Versorgung<br />
Die zentrale Frage zur Bedarfsgerechtigkeit der Versorgung lautet: „Kann anhand des strukturierten<br />
psychoonkologischen Versorgungsprogramms der psychosoziale Versorgungsbedarf<br />
zuverlässig ermittelt werden?“<br />
Folgende Aspekte des psychosozialen Versorgungsbedarfs zu Beginn einer Krebstherapie<br />
wurden im Rahmen des Projektes „<strong>Case</strong> <strong>Management</strong> <strong>Psychoonkologie</strong>“ anhand des „Patientenfragebogens:<br />
Stationäre Aufnahme“ (PfSA) sowie der „Hospital Depression and Anxiety<br />
Scale“ (HADS) ermittelt:<br />
• Seelische Belastung<br />
• Morbidität<br />
• Funktionalität<br />
• Lebensqualität<br />
• Problem- und Bedürfnislage<br />
Die klinische Relevanz der seelischen Belastungen und der psychischen Morbidität (Angst<br />
und Depression) zu Behandlungsbeginn wurden geprüft und die Angemessenheit der Bedarfsermittlung<br />
anhand von Qualitätskriterien beurteilt.<br />
Von den 2.220 Patienten mit Einverständniserklärung haben zu Behandlungsbeginn 1.829<br />
(82,4%) Patienten den „Patientenfragebogen: Stationäre Aufnahme“ (PfSA) und 1.479 Patienten<br />
(66,6%) den HADS-Fragebogen zur Erfassung von Angst und Depression ausgefüllt<br />
92 . Von den 1.479 Patienten mit ausgefülltem HADS-Fragebogen haben 1.440 Patienten<br />
(97,4%) auch den „Patientenfragebogen: Stationäre Aufnahme“ (PfSA) ausgefüllt. Unter den<br />
Patienten mit ausgefülltem HADS-Fragebogen waren 1.205 ersterkrankte Patienten (81,5%)<br />
und 984 Patienten der Hauptindikationen (66,5%). Nicht alle Patienten sahen sich in der Lage,<br />
sämtliche Fragen eines Fragebogens zu beantworten, so dass die Stichprobengrößen je<br />
nach in Frage stehendem Aspekt unterschiedlich ausfielen.<br />
Seelische Belastung zu Behandlungsbeginn: Zu Beginn einer Krebstherapie können Patienten<br />
seelisch massiv belastet sein, ohne dass die Belastung als Ausdruck einer psychischen<br />
Störung zu betrachten wäre. Aus diesem Grunde wird zwischen einem Versorgungsbedarf<br />
aufgrund seelischer Belastung und aufgrund einer vorliegenden psychischen Morbidität unterschieden.<br />
Im ersten Fall ist eine Unterstützung in der Krankheitsbewältigung, im zweiten<br />
eine psychotherapeutische Intervention angezeigt.<br />
Die seelische Belastung der Patienten wurde anhand der „1-Item Skala zur seelischen Belastung“<br />
erhoben. Die Skala ist Teil des „Patientenfragebogen: Stationäre Aufnahme“ (PfSA).<br />
Die 1-Item Skala wurde im Verlauf des Projektes validiert und die Sensitivität und Spezifität<br />
wurden bestimmt 93 . Die Frage der 1-Item Skala lautet „Wie würden Sie Ihre seelische Belastung<br />
seit Beginn Ihrer Erkrankung einschätzen?“<br />
Von den 1.440 Patienten (mit HADS und PfSA) gaben 1.026 Patienten (71,3%) an, seit Beginn<br />
ihrer Erkrankung seelisch hoch belastet zu sein (Schwellenwert > 4). Der Mittelwert der<br />
seelischen Belastung zu Behandlungsbeginn lag bei 6,04 (SD = 2.67). Im Vergleich dazu<br />
beurteilten die Patienten ihre seelische Belastung vor Beginn ihrer Krebserkrankung mit einem<br />
Mittelwert von 4,27 als deutlich geringer ausgeprägt (1-Item Skala: Seelische Belastung<br />
vor Beginn der Erkrankung; M = 4.27, SD = 2.76, N = 853 Ptn., t = -16.73, p < .0001).
<strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006 83<br />
Das Ausmaß der seelischen Belastung vor und seit Erkrankungsbeginn verteilte sich auf die<br />
einzelnen Hauptindikationen wie in Tabelle 15 dargestellt. Die seelische Belastung, die im<br />
Mittel 120 Tage nach Beginn der Krebstherapie im Krankenhaus bei 805 Patienten ermittelt<br />
wurde, ist ebenfalls in Tabelle 15 dargestellt 94 .<br />
Tabelle 15: Seelische Belastung vor und zu Beginn der Erkrankung sowie 120 Tage nach<br />
Therapiebeginn<br />
Hauptindikationen<br />
Seelische Belastung<br />
Erkrankungsbeginn<br />
vor seit nach 120 d<br />
C50: Mamma-CA 4,58 6,2 4,97<br />
C53-55: Uterus-CA 4,52 5,95 5,23<br />
C56: Ovarial-CA 4,08 6,11 4,78<br />
C34: Bronchial-CA 3,94 6,32 5,00<br />
C18: Colon-CA 4,32 6,05 4,55<br />
C61: Prostata-CA 3,71 5,56 3,74<br />
C67: Blasen-CA 5,11 6,1 4,83<br />
Nicht-Index-Diag 4,33 6,39 4,92<br />
gesamt 4,3 6,08 4,64<br />
Stichprobe 1.435 1.424 805<br />
Morbidität zu Behandlungsbeginn: Neben der allgemeinen seelischen Belastung in Folge<br />
einer Krebserkrankung kommt es zu Beginn einer Krebstherapie zu Ängsten und Trauerreaktionen,<br />
die bei einem Teil der Patienten derart gravierend sein können, dass von dem Risiko<br />
einer psychischen Störung gesprochen werden muss.<br />
Das Ausmaß der Angst und Depression zu Beginn der Krebstherapie wurde anhand der gut<br />
validierten deutschen Version der „Hospital Depression and Anxiety Scale“ (HADS) erhoben.<br />
Skalen-Werte von 0 bis 14 sprechen für keine, Werte zwischen 15 und 21 für eine grenzwertige<br />
und Werte über 21 für eine auffällig hohe Ausprägung der Angst und Depression bei<br />
einem Krebspatienten. Die entsprechenden Schwellenwerte für die Subskalen Angst und<br />
Depression liegen bei 0 bis 7, 8 bis 10 und > 10.<br />
Von den 2.220 Patienten (mit EVE) haben 1.479 Patienten (66,6%) den HADS-Fragebogen<br />
ausgefüllt. Von diesen Patienten beschrieben sich 53,1% als unauffällig, 24,6% als grenzwertig<br />
auffällig und 22,2% der Patienten gaben eine auffällige Ausprägung der Angst und<br />
Depression (HADS-Gesamt) an. Entsprechende Werte sind in Tabelle 16 auch für die Subskalen<br />
Angst (HADS-A) und Depression (HADS-D) dargestellt.<br />
Tabelle 16: Prozentuale Verteilung der Patienten mit unauffälliger, grenzwertiger und auffälliger<br />
Ausprägung der Angst und Depression zu Behandlungsbeginn<br />
HADS-G<br />
gesamt<br />
HADS-A<br />
Angst<br />
HADS-D<br />
Depression<br />
N % N % N %<br />
unauffällig 786 53,1 697 47,1 936 63,3
84 <strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006<br />
grenzwertig 364 24,6 336 22,7 252 17,0<br />
auffällig 329 22,2 446 30,2 291 19,7<br />
gesamt 1.479 100 1.479 100 1.479 100<br />
Das mittlere Ausmaß der Ängste und Depressionen zu Beginn der Krebstherapie verteilte<br />
sich wie in Tabelle 17 dargestellt.<br />
Tabelle 17: Mittelwertverteilung der Angst und Depression zu Behandlungsbeginn<br />
HADS<br />
Angst und Depression<br />
zu Beginn der Krebstherapie<br />
gesamt unauffällig grenzwertig auffällig<br />
���� ���� ���� ����<br />
HADS-G 14,52 7,81 17,74 27,00<br />
HADS-A 8,18 4,80 9,83 14,40<br />
HADS-D 6,35 3,01 7,92 12,60<br />
Patienten 1.479 786 364 329<br />
Das mittlere Ausmaß der Ängste und Depressionen zu Beginn der Krebstherapie verteilte<br />
sich auf die einzelnen Hauptindikationen, wie in Tabelle 18 dargestellt.<br />
Tabelle 18: Mittleres Ausmaß der Angst und Depression zu Beginn der Krebstherapie in<br />
den Hauptindikationen<br />
Haupt-<br />
indikationen<br />
Angst und Depression<br />
zu Behandlungsbeginn<br />
HADS-G HADS-A HADS-D<br />
���� N SD ���� N SD ���� N SD<br />
C50: Mamma-CA 15,13 500 8,50 8,96 503 4,65 6,16 504 4,51<br />
C53-55: Uterus-CA 15,52 67 9,35 8,28 69 5,12 7,12 67 4,87<br />
C56: Ovarial-CA 17,15 39 9,58 9,44 39 5,41 7,72 39 4,82<br />
C34: Bronchial-CA 16,58 113 9,02 8,35 113 4,85 8,23 113 4,81<br />
C18: Colon-CA 14,00 133 7,78 7,83 133 4,08 6,17 133 4,28<br />
C61: Prostata-CA 11,03 287 7,72 6,38 287 4,23 4,65 287 3,95<br />
C67: Blasen-CA 14,08 73 8,54 7,63 73 4,43 6,45 73 4,95<br />
Nicht-Index-Diag 15,81 251 8,86 8,43 253 4,69 7,33 251 4,84<br />
gesamt 14,47 1.463 8,65 8,13 1.470 4,67 6,33 1.467 4,63<br />
Funktionalität zu Behandlungsbeginn: Die Krebserkrankung eines Patienten, jedoch auch<br />
sein Alter bzw. körperliche, neurologische oder psychische Behinderungen können die körperliche<br />
und soziale Funktionsfähigkeit eines Krebspatienten beeinträchtigen.<br />
Beeinträchtigungen der Funktionsfähigkeit wurden durch zwei Fragen des „Patientenfragebogen:<br />
Stationäre Aufnahme“ (PfSA) erfasst. Anhand einer vier-stufigen Ratingskala wurden<br />
zum einen das Ausmaß der körperlichen Funktionseinschränkungen (Frage: „Körperliche
<strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006 85<br />
Anstrengungen (z.B. Einkaufstasche tragen) macht mir Schwierigkeiten“) sowie das Ausmaß<br />
der Probleme in Haushalt oder Beruf (Frage: „Ich habe Probleme damit, meine Aufgaben im<br />
Haushalt oder Beruf zu erledigen“) erfragt. Als Schwellenwert, ab dem die Funktionsfähigkeit<br />
eines Patienten als sehr eingeschränkt galt und damit eine psychosoziale Intervention angezeigt<br />
war, wurde der Wert von 4 95 festgelegt. Von den 2.220 Patienten (mit EVE) haben<br />
1.829 (82,4%) bzw. 1.811 (81,6%) Patienten die Fragen beantwortet.<br />
Im Mittel lag das Ausmaß der körperlichen Funktionseinschränkungen zu Behandlungsbeginn<br />
bei 2,05 und das Ausmaß der Probleme in Haushalt oder Beruf bei 1,87. Die Darstellung<br />
der Mittelwerte zur Funktionalität innerhalb der einzelnen Hauptindikationen ist in Tabelle<br />
19 dargestellt.<br />
Tabelle 19: Mittlere Ausprägung der Funktionseinschränkungen zu Behandlungsbeginn in<br />
den Hauptindikationen<br />
Haupt-<br />
Indikationen<br />
körperliche<br />
Anstrengung<br />
Funktionalität<br />
Probleme in<br />
Haushalt/Beruf<br />
���� ����<br />
C50: Mamma 2,08 1,88<br />
C53-55: Uterus 2,23 2,08<br />
C56: Ovarial 2,22 2,02<br />
C34: Bronchial 2,62 2,43<br />
C18: Colon 2,28 2,01<br />
C61: Prostata 1,51 1,43<br />
C67: Blase 1,94 1,82<br />
Nicht-Index-Diag 2,26 2,05<br />
gesamt 2,05 1,87<br />
Patienten 1.829 1.811<br />
Die prozentuale Verteilung der hohen Ausprägungen der Funktionsbeeinträchtigungen<br />
(Schwellenwert = 4) innerhalb der Hauptindikationen ist in Tabelle 20 dargestellt.<br />
Tabelle 20: Hohe Ausprägungen der Funktionsbeeinträchtigungen innerhalb der Hauptindikationen<br />
Haupt-<br />
indikation<br />
Gravierende<br />
Funktionsbeeinträchtigungen<br />
körperliche<br />
Anstrengung<br />
Schwellenwert = 4<br />
Probleme in<br />
Haushalt/Beruf<br />
% (N) % (N)<br />
C50: Mamma-CA 12,7 (81) 6,9 (44)<br />
C53-55: Uterus-CA 16,5 (13) 15,6 (12)<br />
C56: Ovarial-CA 17,8 (8) 10,9 (5)<br />
C34: Bronchial-CA 29,3 (39) 26,8 (35)
86 <strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006<br />
C18: Colon-CA 20.8 (33) 12,7 (20)<br />
C61: Prostata-CA 3,9 (15) 2,8 (11)<br />
C67: Blasen-CA 6,7 (6) 6,7 (6)<br />
Nicht-Index-Diag 16,5 (49) 11,5 (33)<br />
gesamt 13,3 (244) 9,2 (66)<br />
Patienten 1.829 1.811<br />
Lebensqualität zu Behandlungsbeginn: Mit einer Krebserkrankung gehen Einschränkungen<br />
der gesundheitlichen und allgemeinen, d.h. psychosozialen Lebensqualität einher. Einschränkungen<br />
der Lebensqualität gelten unabhängig von psychischen Störungen und Funktionsbeeinträchtigungen<br />
als wichtiges Maß der Belastung einer Krebstherapie.<br />
Einschränkungen der Lebensqualität wurden durch zwei Fragen des „Patientenfragebogen:<br />
Stationäre Aufnahme“ (PfSA) erfasst. Anhand einer sieben-stufigen Ratingskala wurden zum<br />
Einen die allgemeine Lebensqualität (Frage: „Wenn Sie an die letzte Woche zurückdenken,<br />
wie würden Sie ihre Lebensqualität einschätzen“) sowie die gesundheitsbezogene Lebensqualität<br />
(Frage: „Wenn Sie an die letzte Woche zurückdenken, wie würden Sie ihren Gesundheitszustand<br />
einschätzen“) erfragt. Als Schwellenwert, ab dem die Lebensqualität eines<br />
Patienten als sehr eingeschränkt galt und damit eine psychosoziale Intervention angezeigt<br />
war, wurde der Wertebereich von < 3 festgelegt. Von den 1.479 Patienten, die den HADS-<br />
Fragebogen ausgefüllt haben, haben 1.429 (96,6%) bzw. 1.441 (97,4%) auch die beiden<br />
Fragen zur Lebensqualität beantwortet.<br />
Über alle Hauptindikationen hinweg lag das Ausmaß der allgemeinen und gesundheitsbezogenen<br />
Lebensqualität zu Behandlungsbeginn im Mittel bei 4,29 bzw. 3,92 (vgl. Tabelle 21).<br />
Tabelle 21: Mittlere allgemeine und gesundheitsbezogene Lebensqualität innerhalb der<br />
einzelnen Hauptindikationen<br />
Haupt-<br />
indikation<br />
Allgemeine<br />
Lebensqualität<br />
Lebensqualität<br />
Gesundheitsbezogene<br />
Lebensqualität<br />
���� ����<br />
C50: Mamma-CA 4,46 4,11<br />
C53-55: Uterus-CA 4,3 3,97<br />
C56: Ovarial-CA 3,58 3,21<br />
C34: Bronchial-CA 3,52 2,95<br />
C18: Colon-CA 4,2 3,7<br />
C61: Prostata-CA 4,8 4,45<br />
C67: Blasen-CA 4,06 3,85<br />
Nicht-Index-Diag 3,94 3,59<br />
insgesamt 4,29 3,92<br />
Patienten 1.429 1.441
<strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006 87<br />
In Tabelle 22 ist dargestellt, dass etwa 15% (N = 219) der Patienten gravierende Beeinträchtigungen<br />
ihrer allgemeinen und 22% (N = 320) der Patienten gravierende Beeinträchtigungen<br />
der gesundheitsbezogenen Lebensqualität aufwiesen (Schwellenwert < 3).<br />
Tabelle 22: Einschätzung der persönlichen Lebensqualität zu Behandlungsbeginn<br />
Lebensqualität (LQ)<br />
zu Behandlungsbeginn<br />
Ausprägung Allgemeine LQ Gesundheitsbez. LQ<br />
N % N %<br />
1 (geringe LQ) 83 5,7 141 9,7<br />
2 136 9,4 179 12,3<br />
3 234 16,2 244 16,7<br />
4 340 23,5 376 25,8<br />
5 274 19,0 234 16,1<br />
6 247 17,1 186 12,8<br />
7 (hohe LQ) 131 9,1 97 6,7<br />
gesamt 1.445 100 1.457 100<br />
Individuelle Problem- und Bedürfnislage zu Behandlungsbeginn: Krebspatienten sind zu Beginn<br />
ihres stationären Aufenthaltes mit Fragen und Problemen konfrontiert, die für die Bewältigung<br />
der Anforderungen einer stationären Krebstherapie relevant sind.<br />
Die individuelle Problem- und Bedürfnislage von Krebspatienten zu Beginn der Krebstherapie<br />
wurde anhand der Fragen des „Patientenfragebogen: Stationäre Aufnahme“ (PfSA) ermittelt,<br />
die sich für die psychosoziale Versorgung der Patienten als relevant erwiesen haben.<br />
Insgesamt sechs Fragen des PfSA gehen auf die individuelle Problem- und Bedürfnislage<br />
ein. Für jede Frage wurde ein Schwellenwert festgelegt, ab dem eine Problem- bzw. Bedürfnislage<br />
vorlag, die eine psychosoziale Intervention erforderlich machte.<br />
Belastung der Angehörigen: Der Frage „Ich glaube, meine Erkrankung belastet auch meine<br />
Familie, meinen Ehe- oder Lebenspartner stark“ wurde der Schwellenwert von „4“ zugeordnet.<br />
Bei 24,6% der Patienten lag eine hohe Belastung der Angehörigen vor (vgl. Tabelle 23).<br />
Tabelle 23: Belastung der Angehörigen zu Behandlungsbeginn<br />
Belastung der Angehörigen<br />
Belastungsgrad N %<br />
0 (gering) 1 0,1<br />
1 153 10,7<br />
2 365 25,5<br />
3 562 39,2<br />
4 (hoch) 353 24,6<br />
gesamt 1.434 100<br />
Informiertheit: Der Frage „Ich fühle mich über meine Erkrankung gut informiert und aufgeklärt“<br />
wurde der Schwellenwert „nein“ zugeordnet. 16,6% der Patienten fühlten sich zu Beginn<br />
der Krebstherapie nicht gut informiert und aufgeklärt (vgl. Tabelle 24).
88 <strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006<br />
Tabelle 24: Informiertheit zu Behandlungsbeginn<br />
Informiertheit<br />
N %<br />
nicht gut informiert (nein) 239 16,6<br />
gut informiert (ja) 1.201 83,4<br />
gesamt 1.440 100<br />
Soziale Unterstützung: Der Frage „Ich kenne einen sehr vertrauten Menschen, mit dessen<br />
Hilfe ich in jedem Fall rechnen kann“ wurde der Schwellenwert „nein“ (nicht gut unterstützt)<br />
zugeordnet. 5,2% der Patienten verfügten zu Beginn der Krebstherapie über keinen Menschen,<br />
auf dessen Hilfe sie zählen konnten (vgl. Tabelle 25).<br />
Tabelle 25: Soziale Unterstützung zu Behandlungsbeginn<br />
Soziale Unterstützung<br />
N %<br />
nein 76 5,2<br />
ja 1.386 94,8<br />
gesamt 1.462 100<br />
Krankenhauserfahrungen: Der Frage „Ich habe eine schlechte Erfahrung bei meinem Krankenhausaufenthalt<br />
gemacht“ wurde der Schwellenwert „ja“ (schlechte Erfahrungen) zugeordnet.<br />
17,3% der Patienten hatten bereits vor Beginn der Krebstherapie schlechte Krankenhauserfahrungen<br />
gemacht (vgl. Tabelle 26).<br />
Tabelle 26: Krankenhauserfahrungen zu Behandlungsbeginn<br />
Krankenhauserfahrungen<br />
N %<br />
schlechte Erfahrungen 252 17,3<br />
gut Erfahrungen 1.206 82,7<br />
gesamt 1.458 100<br />
Berufliche oder finanzielle Probleme: Der Frage „Ich rechne mit beruflichen oder finanziellen<br />
Probleme in Folge meiner Erkrankung oder Behandlung!“ wurde der Schwellenwert „ja“ zugeordnet.<br />
22,9% der Patienten rechneten bereits zu Beginn der Krebstherapie mit beruflichen<br />
oder finanziellen Problemen in Folge der Erkrankung/Behandlung (vgl. Tabelle 27).<br />
Tabelle 27: Berufliche oder finanzielle Probleme zu Behandlungsbeginn<br />
Berufliche / finanzielle Probleme<br />
N %<br />
ja 327 22,9<br />
nein 1.100 77,1<br />
gesamt 1.427 100
<strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006 89<br />
Weiterer Gesprächsbedarf: Der Frage „Ich wünsche mir zur besseren Bewältigung meiner<br />
Erkrankung weitergehende Hilfen und Gespräche“ wurde der Schwellenwert „ja“ zugeordnet.<br />
70,1% der Patienten wünschten bereits zu Beginn der Krebstherapie weitergehende Hilfen<br />
und Gespräche (vgl. Tabelle 28).<br />
Tabelle 28: Weiterer Gesprächsbedarf zu Behandlungsbeginn<br />
Weiterer Gesprächsbedarf<br />
N %<br />
ja 982 70,1<br />
nein 418 29,9<br />
gesamt 1.400 100<br />
Beurteilung anhand von Qualitätskriterien: Qualitätskriterien dienen in der Versorgungspraxis<br />
der Bewertung der Leistungserbringung bei einzelnen Versorgungsaspekten. Sie beziehen<br />
sich auf solche Versorgungsaspekte, deren Erfüllung typischerweise bei einer qualitativ<br />
hochwertigen Versorgung erwartet wird. Zur Bewertung der Frage, ob anhand des strukturierten<br />
psychoonkologischen Versorgungsprogramms tatsächlich ein Versorgungsbedarf<br />
ermittelt werden kann, der bei Patienten typischerweise zu Behandlungsbeginn zu erwarten<br />
ist, sind Angaben aus der psychoonkologischen Forschungsliteratur herangezogen worden.<br />
Die Forschung in der <strong>Psychoonkologie</strong> befasst sich zumeist mit sehr spezifischen und grundlegenden<br />
Fragestellungen zur Prävalenz psychischer Störungen, zur Krankheitsbewältigung<br />
oder zur Effektivität psychosozialer Interventionen. Sie untersucht die Fragestellungen zudem<br />
an ausgewählten Stichproben, zumeist an Patientinnen mit Brustkrebs oder Patienten<br />
mit Prostatakrebs. Der Untersuchungszeitpunkt liegt häufig nach Ende der akuten Behandlungsphase.<br />
Viele der so gewonnenen Forschungserkenntnisse lassen sich nicht ohne weiteres<br />
auf alle Krebspatienten oder auf den Zeitpunkt zu Beginn der stationären Krebstherapie<br />
beziehen, die dem Projekt „<strong>Case</strong> <strong>Management</strong> <strong>Psychoonkologie</strong>“ zugrundeliegen.<br />
Um dennoch erste Anhaltspunkte für die klinische Angemessenheit der Bedarfsermittlung im<br />
Rahmen eines strukturierten psychoonkologischen Versorgungsprogramms zu erhalten,<br />
wurden Literaturhinweise zur psychosozialen Belastung von Krebspatienten in der Phase der<br />
medizinischen Akutversorgung herangezogen. Die entsprechenden klinischen Kennzahlen<br />
gelten als Qualitätskriterien anhand derer ein erster SOLL-IST-Vergleich geführt werden<br />
kann. Zu folgenden Aspekten können Aussagen getroffen werden.<br />
Seelische Belastung: Laut Literaturangaben sollten etwa 80% der Patienten zu Behandlungsbeginn<br />
unter seelischen Belastungen leiden. Im CMP-Projekt konnte anhand der 1-Item<br />
Skala zur seelischen Belastung bei 71,3% der Patienten eine erhöhte seelische Belastung<br />
festgestellt werden (SW > 4) 96 .<br />
Morbidität: Laut Literaturangaben sollten nicht mehr als 48% der Patienten zu Behandlungsbeginn<br />
unter hohen psychischen Belastungen leiden. Im CMP-Projekt konnte anhand des<br />
HADS-Fragebogen bei 46,8% der Patienten hoch ausgeprägte Ängste und Depressionen<br />
festgestellt werden (HADS-G, SW >14). Eine klinisch relevante Ausprägung der Angst<br />
(HADS-A, SW >10) konnte bei 30% und eine klinisch relevante Ausprägung der Depression<br />
(HADS-D, SW >10) konnte bei 19,7% der Patienten vorgefunden werden. In der Literatur<br />
finden sich hierzu entsprechende Wert von 31% und 20% 97 .
90 <strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006<br />
Funktionalität: Laut Literaturangaben liegt die körperliche Funktionsfähigkeit von Krebspatienten<br />
kurz nach Ende der stationären Krebstherapie im Mittel bei 2,50 und die soziale<br />
Funktionsfähigkeit im Mittel bei 2,25, was in etwa mittelgradig ausgeprägten Funktionsbeeinträchtigungen<br />
entspricht 98 . Im CMP-Projekt lag die Funktionsfähigkeit der Patienten zu Behandlungsbeginn<br />
mit 2,05 (PfSA Frage: „Körperliche Anstrengungen (z.B. Einkaufstasche<br />
tragen) machen mir Schwierigkeiten“) und 1.87 (PfSA Frage: „Ich habe Probleme damit,<br />
meine Aufgaben im Haushalt oder Beruf zu erledigen“) deutlich höher. Mit diesen Unterschieden<br />
ist zu rechnen, da Funktionseinschränkungen erst mit Fortschreiten der Krebserkrankung<br />
und Krebstherapie in vermehrtem Maße auftreten.<br />
Lebensqualität: Laut Literaturangaben liegt die Lebensqualität von Krebspatienten kurz nach<br />
Ende der stationären Krebstherapie im Mittel bei 57, was in etwa einer mittelgradig ausgeprägten<br />
Lebensqualität entspricht 99 . Im CMP-Projekt lag die Lebensqualität der Patienten<br />
(PfSA Frage: „Wenn Sie an die letzte Woche zurückdenken, wie würden Sie ihre Lebensqualität<br />
einschätzen“ und Frage: „Wenn Sie an die letzte Woche zurückdenken, wie würden Sie<br />
ihren Gesundheitszustand einschätzen“) zu Behandlungsbeginn mit 58,7 etwa im gleichen<br />
Bereich 100 .<br />
Insgesamt kann gezeigt werden, dass der im Rahmen der strukturierten psychoonkologischen<br />
Versorgung ermittelte Versorgungsbedarf in den Aspekten der seelischen Belastung<br />
und der Morbidität weitgehend dem entspricht, wie er in der Literatur vorzufinden ist. Zu den<br />
Aspekten der Funktionalität und Lebensqualität lassen sich aufgrund der unterschiedlichen<br />
Zeitpunkte der Datenerhebungen gegenwärtig keine näheren Angaben machen.<br />
Klinische Relevanz der seelischen Belastungen zu Behandlungsbeginn: Für eine strukturierte<br />
psychoonkologische Versorgung im Krankenhaus genügt es nicht, allein die psychosozialen<br />
Probleme, Belastungen, Einschränkungen oder Störungen der Patienten zuverlässig zu<br />
identifizieren. Es ist auch erforderlich, Patientengruppen mit spezifischen Belastungs- oder<br />
Risikokonstellationen zu beschreiben, um diesen Patienten ein auf ihren Bedarf abgestimmtes<br />
Versorgungsangebot unterbreiten zu können (klinisch relevante Belastungs- oder Risikogruppen).<br />
In der Versorgungspraxis werden dabei in einem ersten Schritt einfache und wenig<br />
aufwendige Instrumente zur Auswahl hoch belasteter Patienten eingesetzt (selektive Diagnostik/Indikation).<br />
In einem zweiten Schritt werden Verfahren verwendet, mit denen die hoch<br />
belasteten Patienten näher untersucht und spezifische Interventionen ausgewählt werden<br />
können (differentielle Diagnostik/Indikation). Zentral bei diesem Vorgehen ist es, die Patientenorientierung<br />
und Patientensicherheit zu gewährleisten, d.h. die psychoonkologischen Untersuchungs-<br />
und Behandlungsmaßnahmen sollen effizient durchführbar sein, sich an den<br />
Problemen, Bedürfnissen und Wünschen der Patienten ausrichten sowie die Auswahl zu<br />
vieler, zu weniger und falscher Interventionen vermeiden.<br />
Die „1-Item Skala zu Erfassung der seelischen Belastung“ (seit Beginn der Krebserkrankung)<br />
ist in der Lage, in sehr effizienter Weise Patienten mit einem geringen von denen mit einem<br />
erhöhten Versorgungsbedarf zu unterscheiden. Die Skala wurde im Projektverlauf validiert<br />
und die Sensitivität und Spezifität eines Schwellenwertes berechnet, der gering von hoch<br />
belasteten Patienten zuverlässig unterscheidet (SW = >4) 101 .<br />
Zusätzlich zur Validität der 1-Item-Skala wurde auch ihr klinischer Nutzen untersucht. Die<br />
Untersuchung des klinischen Nutzens sollte zeigen, dass mit der 1-Item-Skala identifizierte,<br />
hoch belastete Patienten auch deutlich mehr zusätzliche und deutlich schwerwiegendere<br />
Probleme und Belastungen aufweisen als Patienten, die unterhalb des Schwellenwertes lie-
<strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006 91<br />
gen. Nur dadurch war es gerechtfertigt, diese hoch belasteten Patienten auf das Vorhandensein<br />
spezifischer Belastungen und Störungen weitergehend zu untersuchen und entsprechende<br />
Interventionen zeitnah einzuleiten 102 . In Tabelle 29 ist dargestellt, in welchen Belastungsbereichen<br />
sich Patienten mit einer hohen seelischen Belastung zu Erkrankungsbeginn<br />
von Patienten mit geringerer seelischer Belastung unterschieden.<br />
Tabelle 29: Ausmaß psychosozialer Belastung bei seelisch hoch und gering belasteten<br />
Patienten zu Beginn der Krebstherapie.<br />
Belastungsaspekte<br />
1-Item-Skala seelische Belastung<br />
seit der Erkrankung<br />
Schwellenwert = 5<br />
< 5 (unbelastet) > 4 (belastet) p<br />
(N = 1.863) N = 545 (24,5%) N = 1.318 (59,3%)<br />
Morbidität<br />
HADS-Gesamt � = 9,90 (N=414) � = 16,36 (N=1.026) < .0001<br />
SW > 14 (N = 100; 24,2%)) (N = 569 ; 55,5%)<br />
HADS-Angst � = 5,64 (N=416) � = 9,20 (N=1.029) < .0001<br />
SW > 7 (N = 113; 27,2%) (N = 652; 63,4%)<br />
HADS-Depression � = 4,23 (N=416) � = 7,17 (1.029) < .0001<br />
SW > 7 (N = 81 ; 19,5%) (N = 443; 43,1%)<br />
Funktionalität<br />
Körperl. Anstrengung Median = 1,69 a Median = 1,96 a < .0001 b<br />
SW = 4 (N = 44; 8,4%) (N = 197; 15,5%)<br />
Probleme in Haushalt/Beruf Median = 1,46 a Median = 1,82 a < .0001 b<br />
SW = 4 (N = 32; 6,1%) (N = 136; 10,8%)<br />
Lebensqualität<br />
allgemein � = 4,96 (N=530) � = 4,04 (N=1.280) < .0001<br />
SW < 3 (N = 40; 7,5%) (N = 234; 18,3%)<br />
gesundheitsbezogen � = 4,51 (N=529) � = 3,72 (N=1.298) < .0001<br />
SW < 3 (N = 73; 13,8%) (N = 319; 24,6%)<br />
Problem- und Bedürfnislage<br />
Familiäre Belastung Median = 2,43 a Median = 2,97 a < .0001<br />
SW = 4 (N = 65; 12,5%) (N = 352; 27,6%)<br />
a) aus gruppierten Daten berechnet<br />
b) U-Test nach Mann und Whitney<br />
Die 1-Item Skala ist als Instrument der selektiven Diagnostik und Indikation geeignet, um<br />
Patienten mit geringer und hoher seelischer Belastung zu Beginn einer stationären Krebstherapie<br />
voneinander zu unterscheiden und hoch belastete Patienten der differentiellen Diagnostik<br />
zuzuweisen.<br />
Klinische Relevanz der psychischen Belastungen zu Behandlungsbeginn: Die hohe seelische<br />
Belastung, die Patienten bereits zu Beginn einer Krebstherapie aufweisen können,<br />
kann die verschiedensten Ursachen haben (s.o. Versorgungskonzept). Eine Belastung kann<br />
durch die Erkrankung und ihre Behandlung bedingt, unabhängig von dieser vorliegen oder
92 <strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006<br />
aus einer Kombination krankheitsbedingter und –unabhängiger Belastungen bestehen. Die<br />
differentielle Diagnostik/Indikation versucht diese Zusammenhänge zu erfassen und zu beschreiben,<br />
um darauf abgestimmte Interventionen auszuwählen.<br />
Im Projekt „<strong>Case</strong> <strong>Management</strong> <strong>Psychoonkologie</strong>“ erhielten Patienten, die sich in der 1-Item-<br />
Skala als hoch belastet beschrieben, den Fragebogen „Hospital Anxiety and Depression<br />
Scale“, mit dem auf effiziente und zuverlässige Weise Patienten mit einem Risiko für das<br />
Vorliegen psychischer Störungen (Schwellenwert >21) von denen unterschieden werden<br />
können, die hoch ausgeprägte Ängste und/oder Depressionen aufweisen, dabei jedoch ein<br />
geringeres Risiko einer psychischen Störung haben (Schwellenwertbereich 15-21). Zusätzlich<br />
zur Patientenbefragung erfolgte die psychoonkologische Anamnese, mit deren Hilfe das<br />
Vorliegen psychischer Störungen überprüft und ggf. eine klinisch-psychologische Diagnose<br />
gestellt wurde (vgl. Kapitel 3.2.2). Mit der Patientenbefragung und der psychoonkologischen<br />
Anamnese soll der Patientenorientierung in der psychoonkologischen Versorgung entsprochen<br />
und zudem die Sicherheit der psychoonkologischen Diagnostik erhöht werden.<br />
Das kombinierte Vorgehen aus Patientenbefragung und der psychoonkologischen Anamnese<br />
hat zum Ziel, ein auf den individuellen Bedarf abgestimmtes Angebot psychosozialer und<br />
psychotherapeutischer Interventionen anzubieten. Psychotherapeutische Interventionen<br />
werden erforderlich, wenn eine psychische Störung diagnostiziert wird.<br />
Um zeigen zu können, dass Patienten, deren Ängste und Depressionen hoch (HADS-G =<br />
15-21) bzw. extrem hoch (HADS-G = >21) ausgeprägt waren, zudem häufiger zusätzliche<br />
und deutlich schwerwiegendere Probleme und Belastungen aufweisen als Patienten, die<br />
unterhalb des Schwellenwertes liegen (HADS-G =
<strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006 93<br />
Funktionalität<br />
Körperl. Anstrengung Median = 1,92 a<br />
(N=1.846)<br />
Median = 1,68 a<br />
(N=756)<br />
Median = 2,04 a<br />
(N=353)<br />
Median = 2,57 a<br />
(N=318)<br />
SW** = 4 13,5% 8,9% 12,5% 25,5%<br />
Probleme in Haushalt/<br />
Beruf<br />
Median = 1,72 a<br />
(N=1.827)<br />
Median = 1,45 a<br />
(N=752)<br />
Median = 1,91 a<br />
(N=350)<br />
Median = 2,55 a<br />
(N=313)<br />
SW = 4 9,4% 4,9% 8,3% 23,6%<br />
Lebensqualität<br />
Allgemein 4,28 (N=1.445) 5,03 (N=774) 3,89 (354) 2,88 (317) .000<br />
SW < 3 15,1% 4,3% 12,1% 45,1%<br />
Gesundheitsbezogen 3,91 (N=1.457) 4,54 (N=774) 3,53 (N=358) 2,83 (325) .000<br />
SW < 3 21,4% 9,3% 24,6% 49,2%<br />
Individuelle Problem- und Bedürfnislage<br />
Familiäre Belastung Median = 2,82 a<br />
(N=1.434)<br />
Median = 2,49 a<br />
(N=760)<br />
Median = 3,00 a<br />
(N=350)<br />
Median = 3,41 a<br />
(N=324)<br />
SW = 4 23,1%% 13,0% 27,4% 58,8%<br />
Informiertheit<br />
SW = nein 15,1,% 10,6% 19,4% 27,9%<br />
Soziale Unterstützung<br />
SW = nein 4,9% 2,8% 6,4% 9,6%<br />
Krankenhauserfahrungen<br />
SW = ja 16,5% 12,5% 20,0% 25,7%<br />
Berufl./finanz. Probleme<br />
SW = ja 21,9% 12,3% 28,1% 42,8%<br />
Gesprächswunsch<br />
SW = ja 69,7% 55,1% 80,2% 93,5%<br />
* Siehe Tabelle 18<br />
* Schwellenwert<br />
a) aus gruppierten Daten berechnet<br />
Tabelle 30 verdeutlicht, dass Patienten der Risikogruppen II und III prozentual häufiger und<br />
intensivere seelische Belastungen, Funktionsbeeinträchtigungen, Einschränkungen der Lebensqualität<br />
sowie persönliche Probleme und Belastungen haben als Patienten der Risikogruppe<br />
I.<br />
Zusammenfassung: Die zentrale Frage zur Bedarfsgerechtigkeit der Versorgung („Kann anhand<br />
des strukturierten psychoonkologischen Versorgungsprogramms der psychosoziale<br />
Versorgungsbedarf zuverlässig ermittelt werden?“) kann wie folgt beantwortet werden:<br />
Im Rahmen des strukturierten psychoonkologischen Versorgungsprogramms<br />
• lässt sich anhand des „Patientenfragebogen: Stationäre Aufnahme“ (PfSA) (incl. der „1-Item Skala<br />
zur Seelischen Belastung“) sowie der „Hospital Anxiety and Depression Scale“ ein sehr differen-<br />
ziertes Profil versorgungsrelevanter psychosozialer Probleme, Belastungen und Störungen von<br />
Krebspatienten zu Beginn der Krebstherapie im Krankenhaus beschreiben,<br />
.000<br />
.000<br />
.000
94 <strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006<br />
• können Patienten mit hoher seelischer Belastung seit Beginn der Krebserkrankung valide, mit ho-<br />
her Sicherheit und auf effiziente Weise identifiziert („1-Item-Skala zur seelischen Belastung“) wer-<br />
den.<br />
• lassen sich klinisch relevante psychosoziale Belastungen bei seelisch hoch belasteten Patienten<br />
erfassen, und diese Patienten können zügig der weitergehenden psychoonkologischen Untersu-<br />
chung zugewiesen werden,<br />
• können die psychischen Probleme der Angst und Depression zu Beginn der Krebstherapie valide<br />
identifiziert (HADS) und drei klinisch relevante Risikogruppen unterschieden werden,<br />
• lassen sich anhand der individuellen Bedarfsprofile der Patienten (Belastungsbereiche: Seelische<br />
Belastung, Morbidität, Funktionalität, Lebensqualität und individuelle Problem- und Bedürfnislage)<br />
differentielle Indikationsstellungen ableiten und<br />
• kann eine an dem individuellen Bedarf eines Patienten ausgerichtete psychoonkologische Versor-<br />
gung eingeleitet werden.<br />
5.2.2 Ergebnisse zur Angemessenheit der Versorgung<br />
Die zentrale Frage zur Angemessenheit der Versorgung lautet: „Erfolgt die Leistungserbringung<br />
anhand des strukturierten psychoonkologischen Versorgungsprogramms in klinisch<br />
angemessener Art und Weise?“<br />
Neben dem Nachweis eines vorliegenden, differentiellen Versorgungsbedarfs auf Seiten der<br />
Krebspatienten muss die strukturierte psychoonkologische Versorgung auch zeigen können,<br />
dass die Leistungserbringer dem unterschiedlichen Bedarf angemessen begegnen. Wie dem<br />
Versorgungsbedarf eines Patienten zu begegnen ist, ist im „strukturierten psychoonkologisches<br />
Versorgungsprogramm“ (vgl. Kapitel 3.2) dargelegt. Werden die Leistungen entsprechend<br />
des Programms erbracht, so gilt die Versorgung als klinisch angemessen.<br />
Im Rahmen des Projektes „<strong>Case</strong> <strong>Management</strong> <strong>Psychoonkologie</strong>“ sollte gezeigt werden, dass<br />
es prinzipiell möglich ist, Krebspatienten in der Versorgungswirklichkeit auf Grundlage eines<br />
„strukturierten psychoonkologisches Versorgungsprogramms“ psychoonkologisch zu versorgen.<br />
Der Nachweis wird wie folgt geführt:<br />
• Zuweisung zur psychoonkologischen Versorgung: Anhand der Patientenbefragung zu Behand-<br />
lungsbeginn werden Patienten mit unterschiedlichem Bedarf an psychoonkologischer Versorgung<br />
ermittelt und einer dem Bedarf entsprechenden Versorgung zugewiesen.<br />
• Klinische Schweregradbeurteilung: Bei Patienten mit hoher seelischer Belastung und dem Risiko<br />
einer psychischen Störung erfolgt eine psychoonkologische Anamnese und die klinische Beurtei-<br />
lung des Schweregrades der vorliegenden psychischen Belastung bzw. Störung.<br />
• Psychoonkologische Hauptdiagnosen: Lag bei Patienten eine klinisch relevante psychische Stö-<br />
rung vor, so wird diese anhand klinisch-psychologischer Diagnoseinstrumente beurteilt und klassi-<br />
fiziert.<br />
• Bedarfsgerechte psychoonkologische Intervention: Die Durchführung psychosozialer bzw. psycho-<br />
therapeutischer Interventionen ist auf die klinische Schweregradbeurteilung des Psychotherapeu-<br />
ten abgestimmt.
<strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006 95<br />
• Patientenmonitoring und adaptive Diagnostik: Im Verlauf der stationären psychoonkologischen<br />
Versorgung sollen akut auftretende psychosoziale Belastungen im Patientenmonitoring durch Ärzte<br />
und Pflegekräfte identifiziert und die psychoonkologische Versorgung eingeleitet werden. Bei Veränderungen<br />
der psychosozialen Belastungen und Probleme eines Patienten sollten eine adaptive<br />
Diagnose gestellt und entsprechende Interventionen eingeleitet werden.<br />
• Bedarfsgerechte Nachsorgeplanung: Patienten wird zu Behandlungsende eine psychoonkologi-<br />
sche Nachsorge angeboten, die ihrer psychischen Belastung und psychosozialen Problem- und<br />
Bedürfnislage entspricht.<br />
Zu den genannten Aspekten der Angemessenheit der Patientenversorgung werden im Folgenden<br />
erste Ergebnisse dargestellt.<br />
Zuweisung zur psychoonkologischen Versorgung: Entsprechend den Auswahl- und Ausführungsleitlinien<br />
des strukturierten Versorgungsprogramms sollen die Patienten mittels der<br />
selektiven Diagnostik anhand psychometrischer Instrumente zeitnah und auf klinisch wie<br />
wirtschaftlich vertretbare Weise 103 einer bedarfsgerechten Versorgung zugewiesen werden.<br />
Konkrete psychosoziale Probleme und Bedürfnisse, Funktionsbeeinträchtigungen, Aspekte<br />
der Lebensqualität sowie das Risiko einer psychischen Belastung oder Störung werden unmittelbar<br />
bei stationärer Aufnahme erhoben.<br />
• Patienten, die keinerlei besondere psychosoziale Belastungen aufweisen (Kriterium: keinerlei Auffälligkeiten<br />
im PfSA und HADS) sollen ausschließlich eine psychosoziale Basisversorgung durch<br />
Ärzte und Pflegekräfte erhalten 104 .<br />
Eine psychosoziale Basisversorgung als alleinige psychoonkologische Versorgungsmaßnahme<br />
war für 11,2% der Patienten angezeigt (vgl. Tabelle 31).<br />
• Patienten, bei denen eine konkrete persönliche Problem- und Bedürfnislage ermittelt wurde (Kriterium:<br />
Mindestens ein Schwellenwert des PfSA erreicht und kein Vorliegen einer seelischen Belastung<br />
oder psychischen Störung), sollten zusätzlich zur psychosozialen Basisversorgung von den<br />
Psychoonkologen eine auf die konkrete Belastung abgestimmte psychosoziale Intervention erhalten.<br />
Neben der Basisversorgung sind für 20,5% der Patienten zusätzlich psychosoziale Interventionen<br />
angezeigt gewesen (vgl. Tabelle 31).<br />
• Bei Krebspatienten mit hoher psychischer Belastung (Kriterium: Seelische Belastung vor und seit<br />
der Erkrankung: > 10 und/oder HADS-G: >14) sollte zusätzlich eine psychoonkologische Anamnese<br />
durch den Psychotherapeuten erfolgen. Der Psychotherapeut sollte dabei entscheiden, ob und<br />
welche psychotherapeutischen Versorgungsmaßnahmen erforderlich wurden.<br />
• Bei 68,4% der Patienten ist aufgrund der Schwere der seelischen Belastung eine psychoonkologische<br />
Anamnese erforderlich geworden (vgl. Tabelle 31).<br />
Tabelle 31: Verteilung der psychosozialen Probleme, Bedürfnisse und Belastungen von<br />
Krebspatienten zu Beginn der Krebstherapie<br />
Psychosoziale<br />
Probleme, Bedürfnisse, Belastungen<br />
Patientenaufkommen<br />
Patienten mit EVE<br />
% N<br />
Patienten mit EVE, davon - 2.220<br />
• ohne bearbeitetem Fragebogen* 17,2 382<br />
• mit PfSA/HADS, davon 82,8 1.838
96 <strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006<br />
• keine besondere Belastung 11,2 205<br />
• konkrete Problem- und Bedürfnislage 20,5 376<br />
• hohe psychische Belastung 68,4 1.257<br />
* Die Patienten ohne bearbeitetem Fragebogen wurden ebenfalls psychosozial versorgt, gingen jedoch in die Analy-<br />
sen nicht ein.<br />
Klinische Schweregradbeurteilung: Entsprechend den Auswahl- und Ausführungsleitlinien<br />
des strukturierten Versorgungsprogramms sollte Patienten ein psychoonkologisches Anamnesegespräch<br />
angeboten werden, wenn die Auswertung der „Hospital Anxiety and Depression<br />
Scale“ und/oder der „1-Item Skala zur seelischen Belastung“ das Risiko einer psychischen<br />
Belastung oder Störung anzeigt. Ziel des Anamnesegespräches ist es, die psychoonkologische<br />
Versorgung auf Grundlage eines differenzierten Bildes der psychischen und sozialen<br />
Lebenssituation eines Patienten zu planen und durchzuführen.<br />
Grundlage psychosozialer und psychotherapeutischer Interventionen im Rahmen des strukturierten<br />
psychoonkologischen Versorgungsprogramms ist das klinisch-psychologische Urteil<br />
des Psychotherapeuten nach dem psychoonkologischen Anamnesegespräch. Nach Maßgabe<br />
des Programms bildeten die „Psychoonkologische Leitproblematik“ (POL), die „International<br />
Classification of Functioning“ (ICF) der WHO und die „Internationale Klassifikation psychischer<br />
Störungen“ (ICD-10 F) der WHO die Grundlage der Schweregradbeurteilung durch<br />
den Psychotherapeuten 105 . Die Dokumentation der klinisch-psychologischen Beurteilung<br />
erfolgt über die Kodierung dreier klinischer Schweregrade sowie der Klassifikation nach ICD-<br />
10, ICF und POL.<br />
Tabelle 32 zeigt, dass die Psychotherapeuten bei annähernd 82% der Patienten, die im<br />
HADS-G einen Wert von >21 erzielten auch eine klinisch relevante Belastung ermitteln konnten<br />
und nur bei knapp 3% die vom Patienten erlebten Ängste und Depressionen als klinisch<br />
nicht relevant bewerteten. Bei 21% der Patienten, die von geringen Ängsten und Depressionen<br />
berichteten, haben die Psychotherapeuten auf Basis weiterer Fragebogendaten sowie<br />
des Anamnesegespräches dennoch eine klinisch relevante Belastung feststellen müssen.<br />
Tabelle 32: Kodierung klinischer Schweregrade durch den Psychotherapeuten je HADS-<br />
Risikogruppe<br />
Belastungsbereich „Hospital Anxiety and Depression Scale”<br />
HADS-Risikogruppen<br />
Schwellenwert gesamt RG I RG II RG III<br />
Morbidität<br />
HADS-G<br />
N = 1.479<br />
53,1%<br />
(N = 786)<br />
(24,6%)<br />
N = 364<br />
(22,2%)<br />
(N = 329)<br />
klinische Schweregradbeurteilung (bei 1234 der 1257 Patienten, s. Tabelle 30)<br />
SWG I<br />
keine klinische Belastung<br />
SWG II<br />
nur Problem-/Bedürfnislage<br />
SWG III<br />
klinisch relevante Belastung<br />
17%<br />
(N = 206)<br />
38%<br />
(N = 464)<br />
46%<br />
(N = 564)<br />
27,5%<br />
(N = 170)<br />
51,5%<br />
(N = 318)<br />
21,0%<br />
(N = 130)<br />
8,9%<br />
(N = 28)<br />
31,5%<br />
(N = 99)<br />
59,6%<br />
(N = 187)<br />
2,6%<br />
(N = 8)<br />
15,6%<br />
(N = 47)<br />
81,8%<br />
(N = 247)
<strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006 97<br />
Die klinische Angemessenheit der Schweregradbeurteilung durch die Psychotherapeuten<br />
kommt darin zum Ausdruck, dass<br />
• das Ergebnis der psychoonkologischen Anamnese mit der Selbstbewertung der Patienten (HADS-<br />
Fragebogen) weitgehend übereinstimmt: Bei hoch belasteten Patienten (RG II und III) wurde deut-<br />
lich eher eine klinisch relevante Belastung beschrieben als bei gering belasteten Patienten (RG I).<br />
• ein gewisser Teil der Krebspatienten zu Beginn ihrer Krebstherapie ihre psychische Belastung im<br />
HADS-Fragebogen als nicht so hoch ausgeprägt angeben, wie diese nach Beurteilung durch den<br />
Psychotherapeuten ist. Dies kommt darin zum Ausdruck, dass 21% der Patienten der Risikogruppe<br />
I laut Urteil der Psychotherapeuten dennoch eine klinisch relevante Belastung aufweisen.<br />
Entsprechend den Empfehlungen des strukturierten psychoonkologischen Versorgungsprogramms<br />
macht die Diagnose einer klinisch relevanten Belastung in jedem Fall die Klassifikation<br />
der Art der Belastung erforderlich (= Kodierung einer psychoonkologischen Hauptdiagnose).<br />
Lag ein klinischer Schweregrad I oder II vor, so war es dem Psychotherapeuten überlassen,<br />
eine Klassifikation vorzunehmen.<br />
In den Tabellen 33 bis 36 sind die psychoonkologischen Hauptdiagnosen psychischer Störungen<br />
nach ICD-10-F für Patienten der drei HADS-Risikogruppen dargestellt.<br />
Psychoonkologische Hauptdiagnosen: Entsprechend den Auswahl- und Ausführungsleitlinien<br />
des strukturierten Versorgungsprogramms basiert die stationäre Psychotherapie bei Krebspatienten<br />
auf einer fundierten psychoonkologischen Anamnese und einer klinischpsychologischen<br />
Diagnostik. Das Ergebnis der Urteilsfindung wird von dem Psychotherapeuten<br />
als psychoonkologische Hauptdiagnose dokumentiert.<br />
Tabelle 33 zeigt, dass von den 786 Patienten der Risikogruppe I bei über 52,8% keine Klassifikation<br />
einer psychoonkologischen Hauptdiagnose erforderlich war. Bei 23,8% dieser Patienten<br />
erfolgte die Klassifikation einer „Psychoonkologischen Leitproblematik“ (POL). Bei 8%<br />
dieser Patienten lagen so genannte Faktoren vor, die den „Gesundheitszustand beeinflussen<br />
und zur Inanspruchnahme des Gesundheitswesens führen“ (ICD-10-Z). Bei 14,5% dieser<br />
Patienten erfolgte die „Klassifikation psychischer Störung“ (ICD-10-F). Die geringe Anzahl<br />
der „Klassifikationen von Funktionsbeeinträchtigungen“ (ICF) ist darauf zurückzuführen, dass<br />
dieses Klassifikationssystem in der <strong>Psychoonkologie</strong> bislang noch nicht etabliert ist 106 .<br />
Tabelle 33: Psychoonkologische Hauptdiagnosen der Patienten mit geringen Ängsten und<br />
Depressionen im HADS-Fragebogen<br />
RG I Patientenaufkommen<br />
HADS-G
98 <strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006<br />
Tabelle 34 zeigt, dass von den 364 Patienten der Risikogruppe II bei annähernd 65% die<br />
Klassifikation einer psychoonkologischen Hauptdiagnose erforderlich war. Bei 38,2% dieser<br />
Patienten erfolgte die Klassifikation einer psychischen Störung (ICD-10-F). Bei 19,5% dieser<br />
Patienten erfolgte die Klassifikation einer Psychoonkologischen Leitproblematik und bei 6,3%<br />
dieser Patienten eine ICD-10-Z Klassifikation.<br />
Tabelle 34: Psychoonkologische Hauptdiagnosen der Patienten mit mittelgradig ausgeprägten<br />
Ängsten und Depressionen im HADS-Fragebogen<br />
RG II Patientenaufkommen<br />
HADS-G 15-21 % N<br />
Patienten gesamt 100 364<br />
Psychoonkologische Hauptdiagnose<br />
keine 35,4 129<br />
ja 64,6 235<br />
Klassifikationen bei Patienten der HADS-RG II<br />
ICD-10 F 38,2 139<br />
ICD-10 Z 6,3 23<br />
POL 19,5 71<br />
ICF 0,5 2<br />
Tabelle 35 zeigt, dass von den 329 Patienten der Risikogruppe III bei über 80% die Klassifikation<br />
einer psychoonkologischen Hauptdiagnose erforderlich war. Bei 58% dieser Patienten<br />
erfolgte die Klassifikation einer psychischen Störung (ICD-10-F). Bei 20,4% dieser Patienten<br />
erfolgte die Klassifikation einer Psychoonkologischen Leitproblematik und bei 7,3% dieser<br />
Patienten eine ICD-10-Z Klassifikation.<br />
Tabelle 35: Psychoonkologische Hauptdiagnosen der Patienten mit hoch ausgeprägten<br />
Ängsten und Depressionen im HADS-Fragebogen<br />
RG III Patientenaufkommen<br />
HADS-G >21 % N<br />
Patienten gesamt 100 329<br />
Psychoonkologische Hauptdiagnose<br />
keine 16,7 55<br />
ja 83,3 274<br />
Klassifikationen bei Patienten der HADS-RG III<br />
ICD-10 F 58,1 191<br />
ICD-10 Z 7,3 24<br />
POL 20,4 56<br />
ICF 1,1 3<br />
Neben der klinischen Angemessenheit der Schweregradbeurteilung durch die Psychotherapeuten<br />
(s.o.) kommt die klinische Angemessenheit der psychoonkologischen Diagnostik und<br />
Klassifikation durch den Psychotherapeuten darin zum Ausdruck, dass diese
<strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006 99<br />
• eine mit der Selbstbewertung der Patienten (HADS-Fragebogen) übereinstimmende Klassifikation<br />
psychoonkologischer Hauptdiagnosen durchführten in dem Sinne, dass bei Patienten der Risiko-<br />
gruppe III häufiger eine psychoonkologische Hauptdiagnose gestellt wurde als bei Patienten der<br />
Risikogruppe I, und<br />
• bei Patienten, die sich als hoch belastet bewerteten, deutlich häufiger auch die Diagnose einer<br />
psychischen Störung als gegeben sahen als bei Patienten, die sich als gering belastet betrachte-<br />
ten.<br />
Psychische Störungen: Entsprechend den Auswahl- und Ausführungsleitlinien des strukturierten<br />
Versorgungsprogramms sollte die klinisch-psychologische Beurteilung psychischer<br />
Störungen auf Basis des ICD-10-F erfolgen.<br />
Bei 989 (44,5%) der 2.220 psychoonkologisch versorgten Krebspatienten war eine Beurteilung<br />
des klinischen Schweregrades nicht erforderlich, und bei 598 (26,9%) ist eine ICD-10-F<br />
Diagnose nicht gerechtfertigt gewesen. Psychische Störungen lagen bei 633 (28,5%) der<br />
Krebspatienten vor. Davon entfielen auf „Affektive Störungen“ 10,3% und auf „Neurotische,<br />
Belastungs- und somatoforme Störungen“ 83,3% der Diagnosen. Von diesen Diagnosen<br />
entfielen wiederum 53% auf die „akuten Belastungsreaktionen“ und 24,9 auf die „Anpassungsstörungen“<br />
(vgl. Tabelle 36).<br />
Tabelle 36: Psychische Störungen bei Krebspatienten zu Beginn der stationären Krebstherapie<br />
Psychoonkologische Anamnese und<br />
klinisch-psychologische Diagnose nach ICD-10-F<br />
Code Bezeichnung N %<br />
Gesamtes Patientenaufkommen 2.220 100<br />
keine Schweregradbeurteilung 989 44,5<br />
keine Klassifikation nach ICD-10-F vergeben 598 26,9<br />
Klassifikation nach ICD-10-F vergeben 633 28,5<br />
davon Bezeichnung der psychischen Störung<br />
F 00-10 Organische einschl. symptomatischer psychischer Störungen 12 1,9<br />
F 10-19 Psychische und Verhaltensstörg. d. psychotrope Substanzen 16 2,5<br />
F 20-29 Schizophrenie 2 0,3<br />
F 30-39 Affektive Störungen 65 10,3<br />
davon F32 • Depressive Episode 23 35,4<br />
F 33 • rezidivierende depressive Störung 30 21,5<br />
F 40-49 Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen 527 83,3<br />
davon 40+41 • Angststörungen 34 6,5<br />
F41.2 • Angst und depressive Störungen gemischt 10 2<br />
F43.0 • Akute Belastungsreaktion 281 53<br />
F43.2 • Anpassungsstörungen 131 24,9<br />
F43.20/21 • Depressive Reaktion 32 6<br />
F43.21 • Angst und Depression gemischt 91 17,3<br />
F43.8 /9 • sonstige Reaktionen auf schwere Belastungen 44 8,3
100 <strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006<br />
F 50-59 Verhaltensauffälligkeiten mit körperl. Störungen und Faktoren 3 0,5<br />
F60-69 Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen 7 1,1<br />
F70-79 Intelligenzminderung 1 0,2<br />
Beurteilung anhand von Qualitätskriterien: Qualitätskriterien dienen in der Versorgungspraxis<br />
der Bewertung der Leistungserbringung bei einzelnen Versorgungsaspekten. Sie beziehen<br />
sich auf solche Versorgungsaspekte, deren Erfüllung typischerweise bei einer qualitativ<br />
hochwertigen Versorgung erwartet wird. Zu bewerten ist die Frage, ob das strukturierte psychoonkologische<br />
Versorgungsprogramm tatsächlich geeignet ist, den Psychotherapeuten die<br />
Ermittlung klinischer Schweregrade zu erleichtern. Zur Beantwortung der Frage sind so weit<br />
wie möglich Angaben aus der psychoonkologischen Forschungsliteratur herangezogen worden.<br />
Angemessenheit der Schweregradbeurteilung: Nicht immer steht das mit Hilfe psychometrischer<br />
Fragebögen ermittelte Bild einer psychischen Belastung oder Störung im Zusammenhang<br />
mit der klinischen Beurteilung durch die Leistungserbringer. Berichtet wird, dass ein<br />
Behandlungsteam in 79% der Fälle ängstliche Patienten und in 40% der Fälle depressiv verstimmte<br />
Patienten korrekt identifiziert. Etwa bei 40% der Patienten kommt es zu einer fehlerhaften<br />
Erkennung der Ängste. Das Risiko, Patienten anhand von psychometrischen Instrumenten<br />
fälschlicher Weise als hoch belastet zu bezeichnen, liegt bei ca. 25%. D.h. bei etwa<br />
einem Viertel der Patienten, die auf Basis des HADS-Fragebogens als hoch belastet gelten,<br />
liegt keine psychische Störung vor, wenn man das klinische Urteil eines Psychotherapeuten<br />
zugrundelegt. Ebenso können bei bis zu 47% der Patienten, die sich selber als nicht hoch<br />
belastet bezeichnen, psychische Belastungen und Störungen vorliegen 107 .<br />
Die klinische Schweregradbeurteilung durch den Psychotherapeuten (vgl. Tabelle 32 bis 35)<br />
hat ergeben, dass nach dem psychoonkologischen Anamnesegespräch bei etwa 18% der<br />
Patienten der HADS-Risikogruppe III keine klinisch relevanten Belastungen festzustellen ist.<br />
Dieser Wert liegt unterhalb der 25% der durch den HADS fälschlicherweise als hoch belastet<br />
identifizierten Patienten.<br />
Bei 21% der Patienten, die sich selber als eher gering belastet beschreiben (Risikogruppe I),<br />
hat die psychoonkologische Anamnese zur Feststellung einer klinisch relevanten psychischen<br />
Belastung geführt. Patienten mit mittelgradig ausgeprägten Ängsten und Depressionen<br />
(Risikogruppe II) wiesen zu etwa 60% eine klinisch relevante Belastung laut Psychologenurteil<br />
auf (vgl. Tabelle 32). Dies bedeutet, dass der Einsatz des HADS-Fragebogen zur<br />
Auswahl von Patienten mit klinisch relevanten psychosozialen Problemen und Belastungen<br />
geeignet ist, er jedoch durch das klinische Urteil der Psychotherapeuten zu ergänzen ist.<br />
Andererseits weisen die Daten auch darauf hin, dass die Schweregradbeurteilung durch die<br />
Psychotherapeuten klinisch angemessen ist, insofern sie, wie in der Literatur beschrieben,<br />
bei einem relativ geringen Teil der deutlich belasteten Patienten (18% der Risikogruppe III)<br />
keine relevanten klinischen Belastungen feststellen, bei einem relativ kleinen Teil der gering<br />
belasteten Patienten (21% der Risikogruppe I) dennoch relevante klinische Belastungen erkennen,<br />
und bei einem deutlichen Teil der mittelgradig belasteten Patienten (60% der Risikogruppe<br />
II) klinisch relevante Belastungen erkennen (vgl. Tabelle 32).<br />
Fazit: Die Kombination aus der Patientenbefragung und der psychoonkologischen Anamnese<br />
mitsamt der Beurteilung des klinischen Schweregrades durch den Psychotherapeuten
<strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006 101<br />
kann daher als eine angemessene Strategie der Patientenselektion und Problemidentifikation<br />
beschrieben werden.<br />
Angemessenheit der klinisch-psychologischen Diagnostik und Klassifikation: Hinweise darüber,<br />
ob die Kombination aus Patientenbefragung, psychoonkologischer Anamnese und Beurteilung<br />
des klinischen Schweregrades dazu beiträgt, dass die psychischen Störungen der<br />
Patienten angemessen erfasst und klassifiziert werden, lassen sich unter Bezug auf publizierte<br />
Studien ableiten. Dabei zeigt sich, dass die prozentuale Verteilung der häufigsten<br />
Diagnosen psychischer Störungen im Rahmen der strukturierten psychoonkologischen Versorgung<br />
der Literatur entspricht (vgl. Tabelle 37).<br />
Tabelle 37: Psychische Störungen bei Krebspatienten<br />
Psychische Störungen CMP Studiendaten 108<br />
% %<br />
insgesamt 28,5 20 bis 47<br />
Angststörungen 6,5 8,3 bis 18<br />
Affektive Störungen 10,3 10 bis 20<br />
• Major Depression 8,4 6<br />
Belastungsreaktionen/<br />
Anpassungsstörungen<br />
65,4 24 bis 68<br />
Persönlichkeitsstörungen 1,1 3<br />
Die Angemessenheit der klinisch-psychologischen Diagnostik wird besonders deutlich, wenn<br />
sie im Zusammenhang mit den Risikogruppen betrachtet wird, die auf Basis der Selbstbeurteilung<br />
der Patientenbefragung (HADS) gebildet wurden vgl. Tabelle 33-35).<br />
• Risikogruppe I: Bei 14,5% der Patienten lag eine psychische Störung nach ICD-10 F vor.<br />
• Risikogruppe II: Bei 38,2% der Patienten lag eine psychische Störung nach ICD-10 F vor.<br />
• Risikogruppe III: Bei 58,1% der Patienten lag eine psychische Störung nach ICD-10 F vor.<br />
Eine abschließende Bewertung der klinischen Angemessenheit der Diagnostik und Klassifikation<br />
psychischer Störungen durch die Psychotherapeuten lässt sich im Rahmen des Projektes<br />
„<strong>Case</strong> <strong>Management</strong> <strong>Psychoonkologie</strong>“ nicht treffen, da zur Beurteilung neben der ICD-<br />
10 F auch die ICD-10-Z, die ICF und Klassifikation der „Psychoonkologischen Leitproblematik“<br />
zur Verfügung standen. Insgesamt betrachtet werden jedoch mit 28,5% nicht mehr psychische<br />
Störungen klassifiziert, als in der psychoonkologischen Literatur beschrieben.<br />
Bedarfsgerechte psychoonkologische Intervention: Entsprechend den Auswahl- und Ausführungsleitlinien<br />
des strukturierten Versorgungsprogramms soll die Durchführung psychosozialer<br />
bzw. psychotherapeutischer Interventionen auf die klinische Schweregradbeurteilung des<br />
Psychotherapeuten abgestimmt sein.<br />
Von den 2.220 Patienten, die eine Einverständniserklärung unterschrieben haben, äußerten<br />
241 (11,1%) Patienten zu Beginn der psychoonkologischen Versorgung explizit, keinen Gesprächswunsch<br />
zu haben. 50 (2,3%) Patienten befanden sich bereits vor Beginn der stationären<br />
Krebstherapie in psychotherapeutischer Behandlung.
102 <strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006<br />
An der Eingangsbefragung (PfSA) haben sich 1.838 (82,8%) der 2.220 Patienten mit Einverständniserklärung<br />
beteiligt (vgl. auch Tabelle 31). Bei 205 (11,2%) der befragten Patienten<br />
lag keine besondere psychische Belastung zu Behandlungsbeginn vor, bei 376 (20,5%) Patienten<br />
eine konkrete Problem- und Bedürfnislage und bei 1.257 (68,4%) Patienten eine hohe<br />
psychische Belastung (vgl. Tabelle 31). Bei 1.234 (98%) der 1.257 psychisch belasteten<br />
Patienten konnte eine klinische Schweregradbeurteilung durchgeführt werden, dies sind 67%<br />
der Patienten mit Eingangsbefragung.<br />
Von den insgesamt durchgeführten 10.597 psychoonkologischen Versorgungsleistungen<br />
(vgl. Tabelle 40), die die Patienten erhielten, entfielen 1.009 (9,5%) auf Patienten, die keine<br />
bzw. ausschließlich konkrete Probleme und Belastungen ohne auffallende psychische Belastung<br />
aufwiesen. Die anderen 9.588 (90,5%) Versorgungsleistungen entfielen auf die 67% der<br />
Patienten mit zusätzlichen psychischen Belastungen.<br />
Innerhalb der Gruppe der Patienten, die sich als psychisch belastet beschrieben, haben die<br />
durchgeführten Anamnesegespräche mit den Psychoonkologen zu drei unterschiedlichen<br />
Beurteilungen der klinisch-psychologischen Schweregrade geführt. Tabelle 32 zeigt, dass bei<br />
206 (17%) der 1.234 hoch belasteten Patienten keine klinisch relevante Belastung, bei 464<br />
(38%) keine klinische Belastung, aber eine versorgungsrelevante Problem- und Bedürfnislage<br />
und bei 564 (46%) eine klinisch relevante Belastung vorlag.<br />
Tabelle 38 verdeutlicht, dass von den 9.588 Versorgungsleistungen 5.955 (62%) den Patienten<br />
mit klinisch relevanten Belastungen (SWG III) zu Gute gekommen sind. Im Mittel erhielten<br />
diese Patienten insgesamt 10,56 Versorgungsleistungen und damit deutlich mehr als<br />
Patienten ohne eine klinisch relevante Belastung (SWG I und II). Annähernd 3,5 Versorgungsleistungen<br />
je Patienten hat der Psychotherapeut im Rahmen seiner psychotherapeutischen<br />
Versorgung initiiert (vgl. Tabelle 38; Spalte 1, Therapeuten initiiert 109 ). Dies erfolgte<br />
zumeist im Anschluss an eine konkret indizierte Versorgungsleistung, wie etwa die „Stationäre<br />
Psychoonkologische Psychotherapie“ (SPP). Im Verlauf der psychoonkologischen Versorgung<br />
sind bei klinisch relevant belasteten Patienten (SWG III) im Mittel 3 psychotherapeutische<br />
Leistungen (SPP) angezeigt gewesen, Das heißt, drei Mal je Patient sah es der Psychotherapeut<br />
als erforderlich an, spezielle psychotherapeutische Leistungen durchzuführen,<br />
die durch die Stellung einer psychologischen Hauptdiagnose (adaptive Diagnose/Indikation)<br />
angezeigt waren. Der Schwerpunkt der psychoonkologischen Versorgung lag somit auf der<br />
psychotherapeutischen Versorgung der klinisch relevant belasteten Patienten. Dies entspricht<br />
den Vorgaben des strukturierten psychoonkologischen Versorgungsprogramms.<br />
Bei den Patienten ohne eine klinisch relevante Belastung, jedoch mit konkreten Problemen<br />
und Bedürfnissen (SWG II), sind mit 1,51 Leistungen je Patient deutlich mehr Leistungen laut<br />
„Psychoonkologischem Hilfeplan“ (POH 110 ) erbracht worden als bei den Patienten der anderen<br />
Schweregradgruppen. Dies ist ebenfalls projektkonform, da laut „Psychoonkologischem<br />
Hilfeplan“ des <strong>Case</strong> <strong>Management</strong>s <strong>Psychoonkologie</strong> für diese Patienten zwischen 1 und 2<br />
Versorgungsleistungen vorgesehen waren.
<strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006 103<br />
Tabelle 38: Zusammenhänge zwischen der Art der Indikation zur psychoonkologischen<br />
Versorgung und der klinischen Schweregradbeurteilung<br />
Indikationsart Klinischer Schweregrad<br />
SWG I SWG II SWG III<br />
Patienten N % N % N %<br />
Schweregrade 206 17 464 38 564 46<br />
Leistungen H* % je Pat. H % je Pat. H % je Pat.<br />
Arzt initiiert 65 10,1 0,32 181 7,9 0,39 159 3,9 0,28<br />
POH 155 23,9 0,75 701 30,6 1,51 409 10,2 0,73<br />
SPP 56 8,7 0,27 307 13,4 0,66 1.741 43,4 3,09<br />
Pat./Angeh. initiiert 52 8,1 0,25 273 11,8 0,59 513 12,8 0,91<br />
POA 38 5,9 0,18 171 7,4 0,37 308 7,7 0,55<br />
Katamnese 260 40,2 1,26 593 25,8 1,28 695 17,3 1,23<br />
sonstige 21 3,2 0,10 70 3,1 0,15 191 4,7 0,34<br />
gesamt 647 - 3,14 2.296 - 4,95 4.016 - 7,12<br />
Therapeuten initiiert 154 - 0,75 536 - 1,16 1.939 - 3,44<br />
insgesamt 801 - 3,89 2.832 - 6,10 5.955 - 10,56<br />
Legende:<br />
SWG = Schweregradgruppe<br />
POH = Psychoonkologischer Hilfeplan<br />
SPP = Stationäre Psychologische Psychotherapie bei psychologischer Hauptdiagnose<br />
Pat./Angeh. = Patient / Angehöriger<br />
POA = Psychoonkologische Anforderungen aus dem Patientenmonitoring<br />
Katamnese = Laut CMP geforderte Katamneseerhebung und Nachsorgegespräche<br />
Sonstige = u.a. Kriseninterventionen<br />
* Häufigkeiten<br />
Tabelle 39 stellt die Verteilung der Interventionsarten innerhalb der einzelnen klinischen<br />
Schweregradgruppen dar. Dabei zeigt sich nicht nur, dass bei Patienten mit klinisch relevanten<br />
Belastungen (SWG III) mit 9,28 Leistungen je Patient deutlich mehr der genannten Interventionsarten<br />
durchgeführt wurden als bei den nicht klinisch relevant belasteten Patienten,<br />
sondern auch, dass deutlich mehr psychotherapeutische Interventionen (3,66 je Patient) und<br />
supportive Einzelgespräche (1,39 je Patient) mit den klinisch relevant belasteten Patienten<br />
durchgeführt wurden.
104 <strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006<br />
Tabelle 39: Interventionsarten psychoonkologischer Versorgung durch den Psychotherapeuten<br />
bei Patienten unterschiedlicher klinischer Schweregrade<br />
Interventionsart Klinischer Schweregrad<br />
SWG I SWG II SWG III<br />
Patienten N % N % N %<br />
Verteilung der Schweregrade 206 17 464 38 564 46<br />
Leistungen<br />
H %<br />
je<br />
Pat.<br />
H %<br />
je<br />
Pat.<br />
H %<br />
Absprachen mit Behandlungsteam 25 4 0,12 119 5,4 0,26 263 5 0,47<br />
Anamnesegespräch 105 16,7 0,51 288 13 0,62 470 9 0,83<br />
Angehörigenberatung 4 0,6 0,02 42 1,9 0,09 87 1,7 0,15<br />
Beratung/ Kontaktvermittlung 22 3,5 0,11 35 1,6 0,08 53 1 0,09<br />
Datenerhebung 5 0,8 0,02 5 0,2 0,01 4 0,1 0,01<br />
Diagnostisches Gespräch 60 9,5 0,29 155 7 0,33 152 2,9 0,27<br />
Katamnesegespräch 202 32,1 0,98 510 23 1,10 645 12,3 1,14<br />
Krisenintervention 11 1,7 0,05 37 1,7 0,08 134 2,6 0,24<br />
Kurzkontakte/Terminvereinbarung 47 7,5 0,23 210 9,5 0,45 324 6,2 0,57<br />
Nachsorgegespräch 20 3,2 0,10 40 1,8 0,09 66 1,3 0,12<br />
Paar- und Familiengespräch 2 0,3 0,01 27 1,2 0,06 38 0,7 0,07<br />
Palliativbetreuung 6 1 0,03 22 1 0,05 77 1,5 0,14<br />
Psychoedukation 3 0,5 0,01 27 1,2 0,06 33 0,6 0,06<br />
Psychotherapeutische Intervention 43 6,8 0,21 285 12,8 0,61 2.065 39,4 3,66<br />
Sterbebegleitung 2 0,3 0,01 7 0,3 0,02 16 0,3 0,03<br />
Supportives Einzelgespräch 72 11,4 0,35 408 18,4 0,88 785 15 1,39<br />
Symptomorientierte Verfahren 0 0 - 4 0,2 0,01 23 0,4 0,04<br />
gesamt 629 100 3,1 2.221 100 4,79 5.235 100 9,28<br />
Therapeuten initiiert 172 - - 611 - - 720 - -<br />
insgesamt 801 - - 2.832 - - 5.955 - -<br />
Tabelle 40 stellt die im EDV-basierten Patientendokumentationssystem vorgegebenen Interventionsinhalte<br />
dar, die der Psychotherapeut kodieren konnte, wenn sich ein entsprechendes<br />
Versorgungsthema im Gespräch mit dem Patienten als relevant erwiesen hat. In 7.052 (66%)<br />
der 10.597 Gespräche bildete ein entsprechendes Versorgungsthema den Inhalt der Interventionsleistung.<br />
Aspekte der Krankheitsbewältigung mit 23% der gesamten Versorgungs-<br />
je<br />
Pat.
<strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006 105<br />
leistungen, Aspekte der psychosozialen Problem- und Bedürfnislage mit 21,6% und psychische<br />
Versorgungsaspekte mit 18,5% bildeten die Hauptbereiche der Interventionen durch<br />
den Psychotherapeuten. Keinen weiteren Gesprächsbedarf sahen die Psychotherapeuten<br />
nach 407 (3,8%) der geführten Patientengespräche. Eine Mitbetreuung durch einen Psychiater<br />
sahen die Psychotherapeuten nach 151 (1.4%) der 10.597 Gespräche als angezeigt (Basis:<br />
CMP-Patientendokumentationssystem: Interventionsmodul).<br />
Tabelle 40: Interventionsinhalte psychoonkologischer Versorgung durch den Psychotherapeuten<br />
Interventionsinhalte<br />
H *<br />
%<br />
Psychische Versorgungsaspekte<br />
Morbidität und seelische Belastung<br />
Angst und / oder Depression 313 3<br />
Behandlungsangst 199 1,9<br />
Psych. Belastung: akut 190 1,8<br />
Progredienzangst 92 0,9<br />
Krisen 83 0,8<br />
Stress 75 0,7<br />
Sorge wg. stationärer Entlassung 66 0,6<br />
Krisen (bei externer Indikation) 55 0,5<br />
Psych. Belastung: vorbestehend 41 0,4<br />
Reaktivierung von Traumata 12 0,1<br />
Funktionalität<br />
1.126 10,7<br />
Funktioneller Status 442 4,2<br />
Körperliche Behandlungsfolgen: reversibel 192 1,8<br />
Alltagsbewältigung / Freizeitgestaltung 132 1,2<br />
Körperliche Behandlungsfolgen: irreversibel 37 0,3<br />
Fatigue / Müdigkeit / Abgespanntheit 17 0,2<br />
Schmerzen 15 0,1<br />
Lebensqualität<br />
835 7,8<br />
Allgemeine Lebensqualität 248 2,3<br />
Krankheitsbewältigung<br />
1.961 18,5<br />
Krankheitsverarbeitung, Therapieverlauf 1.280 12,1<br />
Informationsbedarf / -vermittlung / Aufklärung 457 4,3<br />
Weitergehender Gesprächsbedarf 230 2,2<br />
Behandlungscompliance / Adherence 174 1,6<br />
Palliativbetreuung 168 1,6<br />
Tod und Sterben / Sterbebegleitung 129 1,2<br />
Psychosoziale Problem- und Bedürfnislage<br />
Familiäre/partnerschaftliche Aspekte<br />
2.438 23<br />
familiäre Kommunikation/Probleme 428 4<br />
Sexualität / Partnerschaft<br />
Soziale Aspekte<br />
11 0,1<br />
Beziehungsaufbau / -festigung 561 5,3<br />
Sozialer Unterstützungsbedarf 73 0,7<br />
außerfamiliäre Beziehungen 15 0,1
106 <strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006<br />
Zurückgezogenheit / Einsamkeit<br />
Selbstregulation<br />
3 0<br />
Aktivierung / Selbst-Kompetenzstärkung /<br />
Ressourcen<br />
649 6,1<br />
Entlastung u. emotionale Stabilisierung 366 3,5<br />
Lebensthemen / Lebensgestaltung 89 0,8<br />
Körperbild / Körperbildakzeptanz 32 0,3<br />
Religion / Spiritualität / existentielle Fragen<br />
Beruf / Finanzen<br />
9 0,1<br />
Berufliche und/oder finanzielle Probleme 64 0,6<br />
sonstiges<br />
2.300 21,6<br />
Rückmeldung Fragebögen u Tests 105 1<br />
gesamt 7.052 66,4<br />
fehlend 3.545 33,5<br />
insgesamt 10.597 100<br />
* Häufigkeiten<br />
In Tabelle 41 ist die Verteilung der Interventionsinhalte nach Klinischen Schweregradgruppen<br />
dargestellt. Dabei zeigt sich die unterschiedliche inhaltliche Ausgestaltung psychoonkologischer<br />
Versorgungsleistungen. So sind z.B. Maßnahmen zur Verbesserung der Funktionsfähigkeit<br />
(funktioneller Status) bei Patienten mit konkreten Problemen und Belastungen<br />
(SWG II) mit 5,1 % häufiger erforderlich gewesen als bei den Patienten der beiden anderen<br />
Schweregradgruppen. Bei Patienten mit klinisch relevanten Belastungen (SWG III) sind<br />
Maßnahmen der Aktivierung und Selbst-Kompetenzstärkung mit 7,9% vergleichsweise häufig<br />
durchgeführt worden.<br />
Tabelle 41: Interventionsinhalte psychoonkologischer Versorgung nach klinischen Schweregradgruppen<br />
Interventionsinhalte Klinischer Schweregrad<br />
SWG I SWG II SWG III<br />
N % N % N %<br />
Krankheitsverarbeitung, Therapieverlauf 74 9,2 254 9 887 14,9<br />
Informationsbedarf / -vermittlung / Aufklärung 43 5,4 167 5,9 215 3,6<br />
Beziehungsaufbau / -festigung 40 5 119 4,2 336 5,6<br />
Entlastung u. emot. Stabilisierung - - - - 291 4,9<br />
familiäre Kommunikation/Probleme - - - - 264 4,4<br />
Angst und / oder Depression - - - - 242 4,1<br />
Aktivierung / Selbst-Kompetenzstärkung / Ressourcen 25 3,1 133 4,7 468 7,9<br />
Allgemeine Lebensqualität 25 3,1 - - 122 2<br />
Auswertung / Rückmeldung Fragebögen u Tests 22 2,7 - - - -<br />
Funktioneller Status 37 4,6 144 5,1 227 3,8<br />
Weitergehender Gesprächsbedarf 36 4,5 136 4,8 - -<br />
familiäre Kommunikation/Probleme 28 3,5 113 4 - -<br />
Körperliche Behandlungsfolgen: reversibel - - 81 2,9 - -<br />
Allgemeine Lebensqualität - - 83 2,9 - -
<strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006 107<br />
Palliativbetreuung - - - - 136 2,3<br />
Psych. Belastung: akut 18 2,2 45 1,6 110 1,8<br />
Behandlungsangst - - - - 127 2,1<br />
Behandlungscompliance / Adherence - - 57 2 98 1,6<br />
Entlastung u. emotionale Stabilisierung - - 56 2 - -<br />
Behandlungsangst - - 53 1,9 - -<br />
Tod und Sterben / Sterbebegleitung - - - - 93 1,6<br />
gesamt 801 - 2.832 - 5,955 -<br />
Patientenmonitoring und adaptive Diagnostik: Entsprechend den Auswahl- und Ausführungsleitlinien<br />
des strukturierten Versorgungsprogramms sollen Ärzte und Pflegekräfte im Verlauf<br />
der stationären Behandlung eines Patienten die psychosoziale Verfassung des Patienten<br />
beobachten (Patientenmonitoring) und bei Bedarf die Durchführung psychosozialer bzw.<br />
psychotherapeutischer Interventionen veranlassen. Dies erfolgt auf Grundlage einer Checkliste,<br />
der „Psychoonkologischen Anforderungsliste“ (POA). Auch die Psychotherapeuten sollen<br />
im Behandlungsverlauf immer dann eine sogenannte adaptive Schweregradbeurteilung<br />
durchführen und eine Veränderung in der klinisch-psychologischen Diagnose dokumentieren,<br />
wenn sich das psychosoziale Zustandsbild eines Patienten verändert. Dies ist erforderlich,<br />
um Patienten entsprechend dem sich im Verlauf einer Krebserkrankung verändernden<br />
Belastungsmuster zu versorgen und um die entsprechende Anpassung des Leistungsgeschehens<br />
zu begründen.<br />
In insgesamt 389 Fällen und damit bei etwa 18% der 2.220 Patienten haben die Ärzte (= 75<br />
mal) oder Pflegekräfte (= 314 mal) die „Psychoonkologische Anforderungsliste“ ausgefüllt<br />
und darüber psychoonkologische Interventionen eingeleitet.<br />
Patientenmonitoring: In Tabelle 42 ist aufgeführt, bei wie vielen Patienten das Behandlungsteam<br />
ein konkretes psychosoziales Problem bzw. eine konkrete Belastung beobachtet hat.<br />
Tabelle 42: Psychoonkologischer Versorgungsbedarf laut Patientenmonitoring<br />
„Psychoonkologische Anforderungsliste“ (POA)<br />
gesehener<br />
Bedarf<br />
Die Patientin/der Patient N<br />
• empfindet Angst vor der Behandlung. 178<br />
• erscheint psychisch stark belastet (depressiv, gereizt, gestresst). 229<br />
• erscheint auffällig still und zurückgezogen. 85<br />
• leidet stark unter Nebenwirkungen (Schmerzen, Übelkeit, Haarverlust etc.). 53<br />
• erscheint auffällig abgespannt und müde. 45<br />
• empfindet/hat wenig Unterstützung von anderen Menschen. 36<br />
• hat familiäre Sorgen und Probleme. 55<br />
• ist unzufrieden mit seinem/ihrem äußeren Erscheinungsbild (z.B. nach ope- 12<br />
rativen Eingriffen).<br />
• benötigt weitere Unterstützung, um eine Behandlungsmaßnahme richtig zu<br />
verstehen.<br />
• hat Schwierigkeiten, an seiner/ihrer Behandlung mitzuwirken. 34<br />
• benötigt weitere Informationen zum Umgang mit seiner/ihrer Erkrankung. 161<br />
120
108 <strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006<br />
• macht sich Sorgen im Hinblick auf seine/ihre Entlassung aus dem Kran-<br />
kenhaus.<br />
insgesamt 1.060<br />
Nach der Indikation auf Basis des Patientenmonitorings haben die Psychotherapeuten die<br />
psychoonkologische Versorgung durchgeführt und anschließend die Ergebnisse der „Psychoonkologischen<br />
Anforderungsliste“ (POA) dokumentiert. Zudem haben sie festgehalten,<br />
inwiefern die in der POA dokumentierten Beobachtungen des Behandlungsteams mit ihren<br />
Beobachtungen während der Leistungserbringung übereinstimmten. Tabelle 43 gibt die 455<br />
Angaben der Psychotherapeuten zum Grad der Übereinstimmungen wieder. Dabei wird<br />
deutlich, dass nur in 6,2% der Fälle eine geringe Übereinstimmung vorgelegen hat. Diese<br />
Daten sprechen für eine hohe Güte des Patientenmonitorings durch das medizinisch und<br />
pflegerisch tätige Behandlungsteam auf Basis der „Psychoonkologischen Anforderungsliste“.<br />
Tabelle 43: Übereinstimmung zwischen Beurteilung durch Ärzte/Pflegekräfte und Psychotherapeuten<br />
Grad der Übereinstimmung<br />
H %<br />
gering 28 6,2<br />
mittel 94 20,7<br />
hoch 333 73,2<br />
gesamt 455 100<br />
Adaptive Schweregradbeurteilung: In Tabelle 44 ist dargelegt, nach wie vielen Versorgungsleistungen<br />
die Psychotherapeuten die Schweregradbeurteilung bei einem Patienten anpassen<br />
mussten (adaptive Schweregradbeurteilung), da sich deren psychosozialer Zustand verändert<br />
hat. Dabei zeigt sich, dass bei insgesamt etwa 23% der Gespräche eine adaptive<br />
Schweregradbeurteilung erforderlich wurde und dass von den gesamten Schweregradbeurteilungen<br />
die meisten bei Patienten mit klinisch relevanten psychischen Belastungen durchgeführt<br />
wurden (SWG III).<br />
Tabelle 44: Adaptive Schweregradbeurteilung im Verlauf der psychoonkologischen Versorgung<br />
Adaptive Schweregradbeurteilung<br />
durch den Psychotherapeuten<br />
%<br />
Adaptiver Schweregrad H<br />
insgesamt<br />
%<br />
gesamt<br />
SWG I 316 3 12,8<br />
SWG II 612 5,8 24,7<br />
SWG III 1545 14,6 62,5<br />
gesamt 2473 23,3 100<br />
keine adapt. SWG 8124 76,7 -<br />
insgesamt 10597 100 -<br />
52
<strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006 109<br />
Tabelle 45 verdeutlicht, dass die anfänglich gestellte klinische Schweregradbeurteilung durch<br />
die Psychotherapeuten auch im Behandlungsverlauf zu über 50% bestätigt wurde, d.h. es<br />
veränderte sich nicht der klinische Schweregrad der psychosozialen Belastungen, sondern<br />
nur das Belastungsmuster bzw. die Symptome. Insgesamt nahm die psychosoziale Belastung<br />
der Patienten im Behandlungsverlauf eher zu, was u.a. dadurch verdeutlich wird, dass<br />
von den 189 Patienten, die zu Behandlungsbeginn der klinischen Schweregradgruppe I zugeordnet<br />
wurden, im Behandlungsverlauf 36,5% einen höheren Schweregrad erhielten.<br />
Tabelle 45: Adaptive Schweregradbeurteilung im Verlauf der psychoonkologischen Versorgung<br />
Schweregrad bei Behandlungsbeginn<br />
Adaptiver Schweregrad k.A* SWG I SWG II SWG III<br />
N N % N % N %<br />
SWG I 47 120 63,5 85 16,2 64 4<br />
SWGII 45 36 19 282 53,8 249 15,7<br />
SWG III 80 33 17,5 157 30 1.275 80,3<br />
gesamt 189 100 524 100 1.588 100<br />
fehlend* 172<br />
insgesamt 2.473<br />
* Keine Angabe des klinischen Schweregrades zum Zeitpunkt der psychoonkologischen Anamnese vergeben.<br />
Bedarfsgerechte Nachsorgeplanung: Entsprechend den Auswahl- und Ausführungsleitlinien<br />
des strukturierten Versorgungsprogramms sollen Patienten, die am Ende der stationären<br />
Behandlung immer noch eine erhöhte psychosoziale Belastung aufweisen, von den Psychotherapeuten<br />
eine Empfehlung zur psychoonkologischen Nachsorge erhalten (Im CMP-<br />
Projekt wurde als Zeitraum der zweiten Erhebung der dritte Behandlungsmonat gewählt).<br />
Dabei sollte den Patienten eine psychoonkologische Nachsorge angeboten werden, die ihrer<br />
psychischen Belastung und psychosozialen Problem- und Bedürfnislage entspricht.<br />
Tabelle 46 zeigt für die Patienten, die den HADS-Fragebogen im dritten Behandlungsmonat<br />
bearbeitet haben, und für Patienten, bei denen eine klinische Schweregradbeurteilung zum<br />
End der psychoonkologischen Versorgung durchgeführt wurde, die Verteilung der Risiko-<br />
bzw. Schweregradgruppen. Bei insgesamt 265 Patienten ist aufgrund der erhöhten psychischen<br />
Belastung und bei 508 Patienten aufgrund der klinischen Schweregradbeurteilung<br />
eine Empfehlung zur Inanspruchnahme eines Nachsorgeangebotes angezeigt. Insgesamt<br />
155 Patienten haben explizit kein Nachsorgegespräch (7%) gewünscht.<br />
Tabelle 46: Psychische und klinische Belastung im dritten Behandlungsmonat nach stationärer<br />
Aufnahme<br />
Psychische (HADS) und klinische Belastung<br />
im dritten Behandlungsmonat<br />
Belastungsgruppen HADS RG klinischer Schweregrad<br />
N % N %<br />
Gruppe I 556 67,7 352 40,9
110 <strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006<br />
Gruppe II 170 20,7 323 37,6<br />
Gruppe III 95 11,6 185 21,5<br />
gesamt 821 100 860 100<br />
fehlend 1.399 - 1.360 -<br />
insgesamt 2.220 - 2.220 -<br />
Nachsorge angezeigt 265 - 508 -<br />
* keine Patientenbefragung bzw. Schweregradbeurteilung<br />
Wie Tabelle 47 verdeutlicht, wurde im Projektverlauf bei insgesamt 570 der 2220 psychoonkologisch<br />
versorgten Patienten ein Gespräch zur Abklärung einer Inanspruchnahme psychoonkologischer<br />
Nachsorgeleistungen erforderlich. Das entspricht 25,7% aller psychoonkologisch<br />
versorgten Patienten. Im Gesprächsverlauf zeigte sich, dass bei insgesamt 303 (53%)<br />
der Patienten bereits eine psychoonkologische Nachsorge gegeben war, d.h. die Patienten<br />
sich z.B. bereits selbständig um ihre Nachsorgebelange gekümmert hatten. Bei weiteren 267<br />
(47%) Patienten wurde eine Nachsorgeempfehlung ausgesprochen.<br />
Von den 508 Patienten, die laut klinischer Schweregradbeurteilung höher belastet waren,<br />
(SWG II und III) sind mit 295 (58%) Patienten Nachsorgegespräche geführt worden. Von den<br />
352 Patienten, die sich als geringer belastet erwiesen haben (SWG I), sind in 69% der Fälle<br />
Nachsorgegespräche geführt worden. Von diesen gering belasteten Patienten erwiesen sich<br />
206 (85%) als bereits gut versorgt und nur bei 26 (10%) wurde eine konkrete Nachsorgeempfehlung<br />
erforderlich. Bei den 508 höher belasteten Patienten (SWG II u. III) wurde dagegen<br />
in 36% bzw. in 50% der Fälle eine konkrete Nachsorgeempfehlung ausgesprochen. Zur<br />
tatsächlichen Inanspruchnahme dieser Leistungen konnten aufgrund noch unzureichender<br />
integrierter Vernetzungen des Gesundheitswesens und der psychoonkologischen Versorgung<br />
keine Informationen ermittelt werden. Bei nur 4% der klinisch relevant belasteten Patienten<br />
(SWG III) konnte im Nachsorgegespräch eine bereits stattfindende Nachsorge ermittelt<br />
werden.<br />
Tabelle 47: Nachsorgegespräche und -empfehlungen bei Patienten mit unterschiedlichen,<br />
klinischen Schweregraden im 3. Behandlungsmonat<br />
Art der<br />
Nachsorgeangebote<br />
Patienten<br />
Klinische<br />
Schweregradgruppe<br />
ohne SWG SWG I SWG II SWG III<br />
N % N % N % N % N %<br />
SWG insgesamt 352 323 185<br />
bereits in Nachsorge 303 53 33 43,4 206 85,1 81 40,9 4 4,1<br />
sonstige* 148 26 24 31,6 23 9,5 72 36,4 41 42,3<br />
Selbsthilfegruppen 48 8,4 2 2,6 8 3,3 26 13,1 11 11,3<br />
Ambulante Psychotherapie 50 8,8 9 11,8 3 1,2 10 5,1 32 33<br />
Krebsberatungsstelle 11 1,9 5 6,6 - - 7 3,5 4 4,1<br />
Ambulante soziale Dienste 10 1,8 3 3,9 2 0,8 2 1 5 5,2<br />
gesamt 570 100 76 100 242 100 198 100 97 100<br />
von SWG insgesamt - 69 - 61 - 52<br />
ohne Patienten mit bereits guter Nachsorge 36 10 117 36 93 50
<strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006 111<br />
* Nachsorgeempfehlung zur Inanspruchnahme von Beratungsstellen und sozialen Dienste, außer Krebsberatungsstellen<br />
oder andere Unterstützungsformen (z.B. Familie usw.).<br />
Beurteilung anhand von Qualitätskriterien: Zur Beantwortung der Frage, ob das strukturierte<br />
psychoonkologische Versorgungsprogramm tatsächlich dazu geeignet ist, den Patienten auf<br />
ihren Bedarf abgestimmte psychoonkologische Versorgungsleistungen zukommen zu lassen,<br />
sind die Selbstbeurteilungen der Patienten zum Ausmaß der erlebten Angst und Depression<br />
(HADS-Risikogruppen) herangezogen worden. Das Vorgehen, die geleistete Patientenversorgung<br />
vor dem Hintergrund der HADS-Risikogruppen zu betrachten, erlaubt es auch, die<br />
Patientenorientierung des strukturierten Versorgungsprogramms zu bewerten.<br />
Stehen die erbrachten psychoonkologischen Versorgungsleistungen in einem Zusammenhang<br />
mit der vom Patienten berichteten psychischen Belastung, so kann von einer klinisch<br />
angemessenen Patientenversorgung gesprochen werden.<br />
Angemessenheit der Indikationsart: Tabelle 48 verdeutlicht, dass die 1.479 Patienten, die<br />
den Angst- und Depressionsfragebogen HADS zu Beginn der Krebstherapie ausgefüllt haben,<br />
7.663 der 10.597 psychoonkologische Versorgungsleistungen durch den Psychotherapeuten<br />
erhielten. Bei hoch ängstlichen und depressiven Patienten (HADS RG III) sind deutlich<br />
mehr psychoonkologische Versorgungsleistungen insgesamt angezeigt, als bei weniger<br />
hoch belasteten Patienten (HADS RG I und II). Zudem zeigen sich die gleichen Zusammenhänge<br />
zwischen der Art der Indikation zur psychoonkologischen Versorgung und der psychischen<br />
Belastung der Patienten, wie sie auch in Tabelle 38 zur klinischen Schweregradbeurteilung<br />
vorgefunden wurden; bei höher belasteten Patienten sind mehr Leistungen insgesamt<br />
und auch häufiger psychotherapeutische Versorgungsleistungen (SPP) angezeigt. Bedenkt<br />
man, dass Patienten der HADS-Risikogruppen II und III unter Ängsten und Depressionen<br />
leiden, die in der <strong>Psychoonkologie</strong> als behandlungsbedürftig angesehen werden, dann erscheint<br />
es gerechtfertigt, bei diesen Patienten 1,26 bzw. 1,78 mal je Patient und damit 2,3<br />
bzw. 3,2 mal häufiger psychotherapeutische Versorgungsleistungen (SPP) durch eine psychologische<br />
Diagnosestellung einzuleiten als bei gering belasteten Krebspatienten. Insgesamt<br />
2.934 Gespräche (davon 618 ohne dokumentierte Indikationsart) sind mit den 741 Patienten<br />
geführt worden, die an der Patientenbefragung zu Behandlungsbeginn nicht teilnehmen<br />
konnten (Basis: HADS-Fragebogen fehlend = 2.220 Pat. mit EVE minus 1.479 Pat. mit<br />
HADS), das sind 3,13 Gespräche je Patient.<br />
Diese Ergebnisse stimmen weitgehend mit den Ergebnissen zu den Indikationsarten überein,<br />
die aufgrund der klinischen Schweregradbeurteilung durch den Psychotherapeuten ermittelt<br />
wurden (vgl. Tabelle 38). Das strukturierte psychoonkologische Versorgungsprogramm trägt<br />
wie gefordert dazu bei, dass bei Patienten mit höherer psychischer Belastung eine Indikation<br />
zur stationären psychoonkologischen Psychotherapie häufiger angezeigt wird und ein intensiverer<br />
Kontakt zum Patienten aufrecht gehalten wird (Therapeut-initiierte Leistungen) als bei<br />
geringer belasteten Patienten.
112 <strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006<br />
Tabelle 48: Zusammenhänge zwischen der Art der Indikation zur psychoonkologischen<br />
Versorgung und der HADS-Risikogruppe<br />
Indikationsart Patienten<br />
Psychisch belastete Patienten<br />
(Angst und Depression HADS-G*)<br />
Gesamt RG I RG II RG III<br />
Patienten N N % N % N %<br />
Leistungen H** %<br />
2.220 786 53,1 364 24,6 329 22,2<br />
je<br />
Pat.<br />
H %<br />
je<br />
Pat.<br />
H %<br />
je<br />
Pat.<br />
H %<br />
Arzt initiiert 461 6 0,31 160 6,6 0,20 79 5,6 0,22 67 4,1 0,20<br />
POH 1.424 18,4 0,96 584 24,3 0,74 266 19 0,73 199 12,3 0,60<br />
SPP 2.260 29,2 1,53 430 17,8 0,55 457 32,7 1,26 587 36,3 1,78<br />
Pat./Angeh. initiiert 881 11,4 0,60 253 10,5 0,32 130 9,3 0,36 271 16,7 0,82<br />
POA 585 7,6 0,40 119 4,9 0,15 64 4,6 0,18 104 6,4 0,32<br />
Katamnese 1.814 23,4 1,23 790 32,8 1,01 359 25,6 0,99 314 19,4 0,95<br />
sonstige 320 4,2 0,22 74 3 0,09 45 3,3 0,12 77 4,8 0,23<br />
gesamt 7.745 100 5,24 2.410 100 3,07 1.400 100 3,85 1.619 100 4,92<br />
Therapeut initiiert 2.852 - 1,93 733 - 0,93 586 - 1,61 915 - 2,78<br />
insgesamt 10.597 - 7,16 3.143 - 4,00 1.986 - 5,46 2.534 - 7,70<br />
Legende:<br />
SWG = Schweregradgruppe<br />
POH = Psychoonkologischer Hilfeplan<br />
SPP = Stationäre Psychologische Psychotherapie bei psychologischer Hauptdiagnose<br />
Pat./Angeh. = Patient / Angehöriger<br />
POA = Psychoonkologische Anforderungen aus dem Patientenmonitoring<br />
Katamnese = Laut CMP geforderte Katamneseerhebung und Nachsorgegespräche<br />
Sonstige = u.a. Kriseninterventionen<br />
* 66,6% von 2.220 Patienten mit Einverständniserklärung<br />
** Häufigkeiten<br />
Angemessenheit der Interventionsart: Tabelle 49 zeigt einen ähnlichen Zusammenhang zwischen<br />
den Interventionsarten und den HADS Risikogruppen, wie er in Tabelle 39 für die klinischen<br />
Schweregrade dargestellt ist. Hier ist u.a. zu sehen, dass Patienten mit sehr hohen<br />
Ausprägungen der Angst und Depression (HADS RG III) mit 2,71 psychotherapeutischen<br />
Leistungen je Patient 4,5 mal häufiger mit psychotherapeutischen Interventionen versorgt<br />
werden als gering belastete Patienten (HADS RG I). Insgesamt 2.934 Gespräche (davon 433<br />
ohne dokumentierte Interventionsart) sind mit den 741 Patienten geführt worden, die an der<br />
Patientenbefragung zu Behandlungsbeginn nicht teilnehmen konnten (HADS-Fragebogen<br />
fehlend), das sind 3,37 Gespräche je Patient.<br />
Diese Ergebnisse bestätigen die Ergebnisse zu den Interventionsarten, die aufgrund der<br />
klinischen Schweregradbeurteilung durch den Psychotherapeuten ermittelt wurden (vgl. Ta-<br />
je<br />
Pat.
<strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006 113<br />
belle 39). Das strukturierte psychoonkologische Versorgungsprogramm trägt somit auch dazu<br />
bei, dass Patienten mit höherer psychischer Belastung intensiver und mit den geeigneten,<br />
nämlich psychotherapeutischen Interventionen versorgt werden.<br />
Tabelle 49: Interventionsarten psychoonkologischer Versorgung durch den Psychotherapeuten<br />
bei Patienten unterschiedlicher HADS-Risikogruppen<br />
Interventionsart Patienten<br />
Psychisch belastete Patienten<br />
(Angst und Depression HADS-G*)<br />
Gesamt RG I RG II RG III<br />
Patienten N N % N % N %<br />
Leistungen<br />
Absprachen mit Be-<br />
handlungsteam<br />
2.220 786 53,1 364 24,6 329 22,2<br />
H** %<br />
je<br />
Pat.<br />
H %<br />
je<br />
Pat.<br />
H %<br />
je<br />
Pat.<br />
H %<br />
je<br />
Pat.<br />
491 5,5 0,33 103 4,1 0,13 68 4 0,19 86 4 0,26<br />
Anamnesegespräch 948 11 0,64 308 12 0,39 212 12 0,58 199 9,2 0,60<br />
Angehörigenberatung 138 1,6 0,09 40 1,6 0,05 38 2,2 0,10 34 1,6 0,10<br />
Beratung/ Kontakt-<br />
vermittlung<br />
126 1,4 0,09 27 1,1 0,03 24 1,4 0,07 27 1,2 0,08<br />
Datenerhebung 15 0,2 0,01 7 0,3 0,01 4 0,2 0,01 1 0 0,00<br />
Diagnostisches Ge-<br />
spräch<br />
415 4,7 0,28 131 5,2 0,17 67 3,9 0,18 63 2,9 0,19<br />
Katamnesegespräch 1.597 18 1,08 738 29 0,94 340 20 0,93 299 14 0,91<br />
Krisenintervention 195 2,2 0,13 30 1,2 0,04 51 3 0,14 53 2,4 0,16<br />
Kurzkontakte/<br />
Terminvereinbarung<br />
694 7,8 0,47 158 6,2 0,20 130 7,6 0,36 125 5,8 0,38<br />
Nachsorgegespräch 132 1,5 0,09 58 2,3 0,07 28 1,6 0,08 34 1,6 0,10<br />
Paar- und Familien-<br />
gespräch<br />
72 0,8 0,05 26 1 0,03 12 0,7 0,03 16 0,7 0,05<br />
Palliativbetreuung 107 1,2 0,07 25 1 0,03 17 1 0,05 40 1,8 0,12<br />
Psychoedukation 66 0,7 0,04 25 1 0,03 4 0,2 0,01 13 0,6 0,04<br />
psychotherapeutische<br />
Intervention<br />
2.505 28 1,69 473 19 0,60 445 26 1,22 891 41 2,71<br />
Sterbebegleitung 25 0,3 0,02 7 0,3 0,01 8 0,5 0,02 8 0,4 0,02<br />
Supportives Einzel-<br />
gespräch<br />
1348 15 0,91 356 14 0,45 258 15 0,71 271 13 0,82<br />
Symptomorientierte 29 0,3 0,02 17 0,7 0,02 2 0,1 0,01 5 0,2 0,02
114 <strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006<br />
Verfahren<br />
gesamt 8.903 100 4,01 2.529 100 3,22 1.708 100 4,69 2.165 100 6,58<br />
fehlend 1.694 614 278 369<br />
insgesamt 10.597 3.143 1.986 2.534<br />
* 66,6% von 2.220 Patienten mit Einverständniserklärung<br />
** H = Häufigkeiten<br />
Angemessenheit der Einleitung psychosozialer Nachsorgeleistungen: Tabelle 50 zeigt, dass<br />
von den 265 Patienten, die laut HADS-Risikogruppe höher belastet waren (HADS RG II und<br />
III) bei 130 (49%) Patienten Nachsorgegespräch geführt worden sind. Bei den 556 Patienten,<br />
die sich als geringer belastet erwiesen, sind dagegen in 60% der Fälle Nachsorgegespräche<br />
geführt worden. Von diesen gering belasteten Patienten erwiesen sich jedoch 80% bereits<br />
als gut versorgt, und nur bei 20% wurde eine konkrete Nachsorgeempfehlung erforderlich.<br />
Bei den 265 höher belasteten Patienten wurde in 35% bzw. in 43% eine konkrete Nachsorgeempfehlung<br />
ausgesprochen. Zur tatsächlichen Inanspruchnahme dieser Leistungen konnten<br />
aufgrund unzureichender integrierter Vernetzungen des Gesundheitswesens bzw. der<br />
psychoonkologischen Versorgung keine Informationen ermittelt werden. Bei nur 11% der<br />
sehr hoch belasteten Patienten (RG III) konnte im Nachsorgegespräch eine bereits gute<br />
Nachsorge ermittelt werden. Die Ergebnisse stimmten weitgehend mit den Ergebnissen zu<br />
den psychoonkologischen Nachsorgeempfehlungen überein, die aufgrund der klinischen<br />
Schweregradbeurteilung durch den Psychotherapeuten ermittelt wurden (vgl. Tabelle 47).<br />
Das strukturierte psychoonkologische Versorgungsprogramm trägt dazu bei, dass für Patienten<br />
mit höherer psychischer Belastung häufiger konkrete Nachsorgeempfehlungen ausgesprochen<br />
werden als für Patienten mit geringerer psychischer Belastung.<br />
Tabelle 50: Nachsorgegespräche und -empfehlungen bei Patienten mit unterschiedlichen<br />
psychischen Belastungen im 3. Behandlungsmonat<br />
Art der<br />
Nachsorgeangebote<br />
Anzahl der<br />
Gespräche<br />
HADS-Risikogruppe<br />
im 3. Behandlungsmonat<br />
ohne HADS RG I RG II RG III<br />
N % N % N % N % N %<br />
RG insgesamt 556 170 95<br />
bereits gute Nachsorge 303 53 51 48,1 222 66,5 25 29,4 5 11,1<br />
sonstige* 148 26 30 28,3 71 21,3 30 35,3 17 37,8<br />
Selbsthilfegruppen 48 8,4 9 8,5 25 7,5 12 14,1 2 4,4<br />
Ambulante Psychotherapie 50 8,8 8 7,5 11 3,3 12 14,1 19 42,2<br />
Krebsberatungsstelle 11 1,9 5 4,7 3 0,9 2 2,4 1 2,2<br />
Ambulante soziale Dienste 10 1,8 3 2,8 2 0,6 4 4,7 1 2,2<br />
gesamt 570 100 106 100 334 100 85 100 45 100<br />
von RG insgesamt 60 50 47<br />
ohne Patienten mit bereits guter Nachsorge 112 20 60 35 40 43<br />
* Nachsorgeempfehlung zur Inanspruchnahme von Beratungsstellen, außer Krebsberatungsstellen oder andere<br />
Unterstützungsformen (z.B. Familie usw.).
<strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006 115<br />
Zusammenfassung: Die zentrale Frage zur Angemessenheit der Versorgung („Erfolgt die<br />
Leistungserbringung anhand des strukturierten psychoonkologischen Versorgungsprogramms<br />
in klinisch angemessener Art und Weise?“) kann wie folgt beantwortet werden:<br />
Im Rahmen des strukturierten psychoonkologischen Versorgungsprogramms<br />
• können Patienten mit unterschiedlichem Versorgungsbedarf einer dem Bedarf entsprechenden<br />
Versorgung zugewiesen werden,<br />
• kann die psychoonkologische Anamnese gezielt bei Patienten mit einem hohen Risiko für eine<br />
gravierende psychische Belastung oder psychische Störung durchgeführt und<br />
• können psychoonkologische Diagnosen angemessen gestellt werden,<br />
• kann die Durchführung psychosozialer bzw. psychotherapeutischer Interventionen so gestaltet<br />
werden, dass die Versorgungsleistungen auf den Versorgungsbedarf der Patienten abgestimmt er-<br />
folgen,<br />
• können ein angemessenes Patientenmonitoring durch Ärzte und Pflegekräfte und adaptive Diag-<br />
nostik durch den Psychotherapeuten durchgeführt werden,<br />
• kann den Patienten, deren psychische Belastung dies erforderlich macht, zu Behandlungsende<br />
eine konkrete psychoonkologische Nachsorge angeboten werden und<br />
• kann die psychoonkologische Leistungserbringung klinisch angemessen bewertet werden.
116 <strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006<br />
5.2.3 Ergebnisse zum klinischen Nutzen der Versorgung<br />
Die zentrale Frage zum Nutzen der Versorgung lautet: „Erbringt die psychoonkologische<br />
Versorgung anhand des strukturierten psychoonkologischen Versorgungsprogramms für die<br />
Patienten einen klinischen Nutzen?“.<br />
Ist der Nachweis eines vorliegenden differentiellen Versorgungsbedarfs auf Seiten der<br />
Krebspatienten geführt (vgl. Kapitel 5.2.1) und ist die Angemessenheit der strukturierten und<br />
bedarfsgerechten psychoonkologischen Versorgung nachgewiesen (vgl. Kapitel 5.2.2), so ist<br />
abschließend zu zeigen, welchen Nutzen die psychoonkologische Versorgung für die Patienten<br />
mit sich bringt.<br />
Die Aussagen zum Nutzen der psychoonkologischen Versorgung für die Patienten werden<br />
dabei vorerst ohne Berücksichtigung der Frage dargelegt, ob die Ergebnisse tatsächlich auf<br />
die geleistete Patientenversorgung durch das Behandlungsteam zurückzuführen sind oder<br />
ob diese Veränderungen nicht auch ohne die professionelle Hilfe zustande gekommen wären<br />
(vgl. hierzu Kapitel 5.3.3 und 5.5). Dies wäre denkbar, wenn zwischen dem Zeitpunkt der<br />
Diagnosemitteilung einer Krebserkrankung (Behandlungsbeginn) und der zumeist erfolgreich<br />
durchgeführten Krebstherapie (3. Behandlungsmonat) verschiedene andere Faktoren eine<br />
Linderung der empfundenen seelischen Belastung bedingen würden. Interventionsstudien<br />
der psychoonkologischen Forschung haben aber nachweisen können, dass psychologische<br />
Interventionen in der Onkologie effektiv sind, auch wenn sie den sehr hohen Anforderungen<br />
an die wissenschaftliche Evidenz nicht immer genügen 111 . In welcher Weise der Nutzen psychoonkologischer<br />
Versorgung im Zusammenhang mit der geleisteten Patientenversorgung<br />
durch das gesamte Behandlungsteam und die Psychotherapeuten steht, wird in Kapital 5.3.3<br />
zu den „Ergebnissen zur Ergebnisqualität der Versorgung“ dargestellt.<br />
Im Rahmen des Projektes „<strong>Case</strong> <strong>Management</strong> <strong>Psychoonkologie</strong>“ sollte gezeigt werden, dass<br />
Krebspatienten in der Versorgungswirklichkeit auf Grundlage eines strukturierten psychoonkologischen<br />
Versorgungsprogramms nutzbringend versorgt werden können. Dieser Nachweis<br />
wird wie folgt geführt:<br />
• Veränderungen der psychosozialen Belastungen von Behandlungsbeginn zu Behandlungsende:<br />
Anhand der Patientenbefragung zu Behandlungsbeginn und im dritten Behandlungsmonat werden<br />
die Veränderungen in den Aspekten der seelischen Belastung und Morbidität, der Funktionalität,<br />
Lebensqualität und persönlichen Problem- und Bedürfnislage aufgezeigt.<br />
• Veränderungen der psychosozialen Belastungen in den Hauptindikationen: Die Veränderungen der<br />
psychosozialen Belastungen von Behandlungsbeginn im dritten Behandlungsmonat werden für die<br />
einzelnen Krebserkrankungen (Hauptindikationen) gesondert dargestellt.<br />
• Wechsel in den klinischen Schweregraden und Risikogruppen: Anhand der Wechsel in den Klini-<br />
schen Schweregradbeurteilungen durch die Psychotherapeuten und der Risikogruppen der Angst<br />
und Depression („Hospital Anxiety and Depression Scale“) soll gezeigt werden, bei wie vielen Pa-<br />
tienten sich von Behandlungsbeginn im dritten Behandlungsmonat eine Veränderung in der psy-<br />
chosozialen Belastung gezeigt hat.<br />
• Klinische Relevanz der psychosozialen Belastungen im dritten Behandlungsmonat: Anhand der<br />
Ergebnisse der Patientenbefragung im dritten Behandlungsmonat soll gezeigt werden, dass die im<br />
dritten Behandlungsmonat immer noch hoch belasteten Patienten sich von den weniger belasteten<br />
Patienten deutlich unterscheiden und daher eine weitergehende psychoonkologische Versorgung<br />
dieser Patienten erforderlich ist.
<strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006 117<br />
Im Mittel erfolgte die Befragung der Patienten 120 Tage nach stationärer Aufnahme, d.h.<br />
nach dem 3. Behandlungsmonat. Dieser Zeitpunkt fällt in dem Zeitraum, der zu Projektbeginn<br />
als Zeitraum der Befragung (90 bis 120 Tage) festgelegt wurde.<br />
Veränderungen der psychosozialen Belastungen von Behandlungsbeginn im dritten Behandlungsmonat:<br />
Von den 1.479 Patienten, die zu Beginn der Krebstherapie die Einverständniserklärung<br />
unterschrieben und die „Hospital Anxiety and Depression Scale“ bearbeitet haben,<br />
haben 752 Patienten auch im 3. Behandlungsmonat den HADS-Fragebogen ausgefüllt.<br />
Seelische Belastung: Tabelle 51 stellt die Veränderungen in der seelischen Belastung von<br />
Behandlungsbeginn zum 3. Behandlungsmonat insgesamt und für die Patienten mit unterschiedlich<br />
ausgeprägter psychischer Belastung (HADS-G) dar. Dabei zeigt sich, dass es in<br />
allen Bereichen zu einer signifikanten Reduktion der seelischen Belastungen gekommen ist.<br />
Auffällig ist, dass Patienten mit grenzwertig bzw. stark ausgeprägten Ängsten und Depressionen<br />
(HADS) im dritten Behandlungsmonat immer noch an relevanten seelischen Belastungen<br />
leiden (Schwellenwert = > 5).<br />
Tabelle 51: Veränderungen in der seelischen Belastung (1-Item Skala zur seelischen Belastung)<br />
von Behandlungsbeginn zum 3. Behandlungsmonat (� 120d).<br />
Prä/Post Vergleich der seelischen Belastung in Abhängigkeit des<br />
Ausmaßes der Angst und Depression<br />
HADS-G gesamt RG I RG II RG III<br />
N prä 752 426 = 56,6% 179 = 23,8% 147 = 19,5%<br />
N post 752 514 = 68,4% 156 = 20,7% 82 = 10,9%<br />
���� ���� ���� ����<br />
SB prä 6,10 5,14 6,79 8,05<br />
SB post 4,67 4,14 5,13 5,64<br />
Differenz prä-post 1,42 1,02 1,66 2,31<br />
p .000 .000 .000 .000<br />
Morbidität: Tabelle 52 zeigt, dass es in den Aspekten der Angst und Depression (Spalte:<br />
„Gesamt“) von Behandlungsbeginn zum dritten Behandlungsmonat (im Mittel 120 Tage nach<br />
stationärer Aufnahme) insgesamt zu einer signifikanten Reduktion der Ängste und Belastungen<br />
gekommen ist. Bei Patienten mit gering ausgeprägten psychischen Belastungen (Spalte:<br />
„unauffällig“) ist es zu keiner Veränderung der psychischen Belastungen insgesamt gekommen<br />
(HADS-G). Die aufgeführten signifikanten Veränderungen der psychischen Belastungen<br />
der Patienten aus der Risikogruppe I, die im Bereich der Ängste (HADS-A) und Depressionen<br />
(HADS-D) zu beobachten sind, sind klinisch nicht bedeutsam, so dass die Belastungen<br />
im Bereich unauffälliger psychischer Belastung verbleiben. Bei Patienten mit grenzwertigen<br />
(RG II) und auffälligen (RG III) psychischen Belastungen zu Behandlungsbeginn ist es zu<br />
einer signifikanten Reduktion der Ängste und Depressionen gekommen. Diese Veränderungen<br />
sind zudem klinisch bedeutsam, da die Patienten in einen Bereich geringerer Belastungen<br />
wechselten (z.B. RG II, HADS-G prä 17,77, HADS-G post 13,97, bei einem Schwellenwert<br />
von 14).
118 <strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006<br />
Tabelle 52: Veränderungen in der psychischen Belastung (Angst und Depression) von<br />
Behandlungsbeginn zum 3. Behandlungsmonat (� 120d)<br />
Prä/Post Vergleich der psychischen Belastung in Abhängigkeit des<br />
Ausmaßes der Angst und Depression<br />
HADS-G gesamt RG I RG II RG III<br />
Schwellenwerte < 14 14-21 > 21<br />
N prä 752 426 = 56,6% 179 = 23,8% 147 = 19,5%<br />
N post 752 514 = 68,4% 156 = 20,7% 82 = 10,9%<br />
���� ���� ���� ����<br />
HADS-G prä 13,90 7,74 17,77 27,05<br />
HADS-G post 11,53 7,76 13,97 19,46<br />
Differenz 2,38 -0,02 3,80 7,59<br />
p .000 .940 .000 .000<br />
HADS-A und D gesamt RG I RG II RG III<br />
Schwellenwerte < 8 8 - 10 > 10<br />
HADS-A prä 7,97 4,83 9,96 14,65<br />
HADS-A post 6,18 4,26 7,54 10,11<br />
Differenz 1,79 0,58 2,42 4,54<br />
p .000 .000 .000 .000<br />
HADS-D prä 5,93 2,91 7,81 12,40<br />
HADS-D post 5,35 3,51 6,43 9,35<br />
Differenz 0,59 -0,60 1,38 3,05<br />
p .000 .000 .000 .000<br />
Lebensqualität: Tabelle 53 stellt die Veränderungen in der allgemeinen und gesundheitsbezogenen<br />
Lebensqualität von Behandlungsbeginn zum dritten Behandlungsmonat insgesamt<br />
und für die Patienten mit unterschiedlich ausgeprägter psychischer Belastung (HADS) dar.<br />
Dabei zeigt sich, dass es sowohl in der allgemeinen wie auch in der gesundheitsbezogenen<br />
Lebensqualität zu einer signifikanten Verbesserung gekommen ist. Auffallend ist, dass die<br />
Lebensqualität der psychisch höher belasteten Patienten (HADS RG II und III) sowohl zu<br />
Behandlungsbeginn wie auch im dritten Behandlungsmonat nicht das Niveau der psychisch<br />
gering belasteten Patienten erreicht (RG I).<br />
Tabelle 53: Veränderungen in der Lebensqualität von Behandlungsbeginn zum 3. Behandlungsmonat<br />
(� 120d).<br />
Prä/Post Vergleich der Lebensqualität in Abhängigkeit des<br />
Ausmaßes der Angst und Depression<br />
HADS-G gesamt RG I RG II RG III<br />
N prä 752 426 = 56,6% 179 = 23,8% 147 = 19,5%<br />
N post 752 514 = 68,4% 156 = 20,7% 82 = 10,9%<br />
���� ���� ���� ����<br />
allgemeine LQ* prä 4,43 5,11 3,98 2,94<br />
allgemeine LQ post 4,61 5,04 4,27 3,72
<strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006 119<br />
Differenz +0,18 -0,07 +0,29 +0,78<br />
p .005 .365 .020 .000<br />
gesundheitsbez. LQ* prä 4,11 4,66 3,62 3,07<br />
gesundheitsbez. LQ post 4,50 4,81 4,33 3,79<br />
Differenz +0,39 +0,15 +0,71 +0,72<br />
p .000 .079 .000 .000<br />
* Ratingskala mit 1 = geringe; 7 = hohe Lebensqualität<br />
Funktionalität: Tabelle 54 stellt die Veränderungen in der Funktionalität von Behandlungsbeginn<br />
zum dritten Behandlungsmonat insgesamt und für die Patienten mit unterschiedlich<br />
ausgeprägter psychischer Belastung (HADS) dar. Dabei zeigt sich, dass es in beiden Bereichen<br />
(körperliche Anstrengung und Probleme in Haushalt und Beruf) zu signifikanten Einschränkungen<br />
in der Funktionsfähigkeit gekommen ist. Diese sind bei Patienten mit höherer<br />
psychischer Belastung deutlicher ausgeprägt als bei Patienten mit geringer psychischer Belastung.<br />
Tabelle 54: Veränderungen in der Funktionalität von Behandlungsbeginn zum 3. Behandlungsmonat<br />
(� 120d)<br />
Prä/Post Vergleich der Funktionalität in Abhängigkeit des<br />
Ausmaßes der Angst und Depression<br />
HADS-G gesamt RG I RG II RG III<br />
N prä 752 426 = 56,6% 179 = 23,8% 147 = 19,5%<br />
N post 752 514 = 68,4% 156 = 20,7% 82 = 10,9%<br />
���� ���� ���� ����<br />
Körperl. Anstrengung* prä 1,94 1,77 2,11 2,24<br />
Körperl. Anstrengung post 2,27 2,06 2,47 2,66<br />
Differenz -0,33 -0,29 -0,36 -0,42<br />
p .000 .000 .000 .000<br />
Probleme in Haush./Beruf* prä 1,75 1,48 1,99 2,23<br />
Probleme in Haush./Beruf post 2,06 1,82 2,29 2,46<br />
Differenz -0,31 -0,34 -0,30 -0,23<br />
p .000 .000 .001 .011<br />
* Ratingskala mit 1 = geringe; 4 = hohe Funktionseinschränkungen<br />
Belastung der Angehörigen: Tabelle 55 stellt die Veränderungen in der Belastung der Angehörigen<br />
von Behandlungsbeginn zum dritten Behandlungsmonat insgesamt und für die Patienten<br />
mit unterschiedlich ausgeprägter psychischer Belastung (HADS) dar. Dabei zeigt<br />
sich, dass alle Patienten von einer signifikanten Reduktion der Belastung ihrer Angehörigen<br />
berichten.
120 <strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006<br />
Tabelle 55: Veränderungen in der Belastung der Angehörigen von Behandlungsbeginn<br />
zum 3. Behandlungsmonat (� 120d).<br />
Prä/Post Vergleich der Belastung der Angehörigen in Abhängigkeit des<br />
Ausmaßes der Angst und Depression<br />
HADS-G gesamt RG I RG II RG III<br />
N prä 752 426 = 56,6% 179 = 23,8% 147 = 19,5%<br />
N post 752 514 = 68,4% 156 = 20,7% 82 = 10,9%<br />
���� ���� ���� ����<br />
Belastung Angehöriger prä 2,77 2,52 3,01 3,23<br />
Belastung Angehöriger post 2,36 2,14 2,48 2,86<br />
Differenz 0,41 0,38 0,53 0,37<br />
p .000 .000 .000 .000<br />
Veränderungen der psychosozialen Belastungen in den Hauptindikationen: Die psychische<br />
Belastung von Krebspatienten ist ein wichtiger Indikator für deren gesamte psychosoziale<br />
Befindenslage. Tabelle 56 stellt die Veränderungen in der seelischen Belastung (1-Item Skala)<br />
sowie den Ängsten und Depressionen (HADS) der Patienten der einzelnen Hauptindikationen<br />
von Behandlungsbeginn zum dritten Behandlungsmonat dar. Auffallend ist, dass Patienten<br />
mit Bronchial-Karzinom sowohl in der seelischen als auch der psychischen Belastungen<br />
überwiegend die geringste Belastungsreduktion von Behandlungsbeginn zum dritten<br />
Behandlungsmonat aufweisen. Patientinnen mit Uterus-Karzinom weisen dagegen die deutlichste<br />
Reduktion der psychischen Belastung insgesamt (HADS-G) sowie der Depression<br />
(HADS-D) auf, haben aber zugleich auch die geringste Reduktion in der seelischen Belastung<br />
(1-Item Skala). Eine Interpretation dieser Befunde soll an dieser Stelle nicht geführt<br />
werden, sondern bedarf weiterer Analysen.<br />
Tabelle 56: Veränderungen in der psychosozialen Belastung (HADS und 1-Item Skala) der<br />
Patienten in den einzelnen Hauptindikationen von Behandlungsbeginn zum 3.<br />
Behandlungsmonat (� 120d).<br />
Prä/Post Vergleich der psychischen Belastung<br />
nach Hauptindikationen<br />
Gesamt Mamma Uterus Ovarial Bronchial Colon Prostata Blase andere<br />
���� ���� ���� ���� ���� ���� ���� ���� ����<br />
HADS-G prä 13,90 15,43 14,83 15,45 14,50 12,82 10,87 13,49 14,69<br />
HADS-G post 11,53 12,11 11,33 12,50 15,11 10,17 8,37 12,60 13,71<br />
Differenz 2,38 3,32 3,50 2,95 -0,61 2,65 2,50 0,88 0,97<br />
HADS-A prä 7,97 9,20 8,67 8,68 7,31 7,17 6,34 7,35 8,00<br />
HADS-A post 6,18 6,79 6,79 6,32 7,47 5,24 4,53 6,56 6,94<br />
Differenz 1,79 2,42 1,88 2,36 -0,17 1,93 1,82 0,79 1,06<br />
HADS-D prä 5,93 6,23 6,17 6,77 7,19 5,65 4,53 6,14 6,69<br />
HADS-D post 5,35 5,32 4,54 6,18 7,64 4,93 3,85 6,05 6,77<br />
Differenz 0,59 0,91 1,63 0,59 -0,44 0,72 0,68 0,09 -0,08<br />
SB vor 4,26 4,53 5,42 3,86 3,83 4,21 3,47 5,34 4,31
<strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006 121<br />
SB prä 6,10 6,39 6,21 6,29 6,40 5,86 5,43 6,33 6,27<br />
SB post 4,67 4,97 5,21 4,77 5,08 4,46 3,83 4,90 4,90<br />
Diff. prä-post 1,42 1,40 1,00 1,48 1,29 1,36 1,61 1,55 1,32<br />
N 752 274 24 22 36 71 163 43 119<br />
% aller 36,4% 3,2% 2,9% 4,8% 9,4% 21,7% 5,7% 15,8%<br />
Tabelle 57 entspricht der Tabelle 56, jedoch ist hier die Veränderung der seelischen und<br />
psychischen Belastung gesondert für diejenigen Patienten dargestellt, die zu Behandlungsbeginn<br />
auffallend hoch psychisch belastet waren (HADS-G > 21). Auch hier ist auffallend,<br />
dass Patienten mit Bronchial-Karzinom in der psychischen Belastung überwiegend die geringste<br />
Belastungsreduktion von Behandlungsbeginn zum dritten Behandlungsmonat aufweisen<br />
und auch noch im dritten Behandlungsmonat extrem psychisch belastet sind.<br />
Tabelle 57: Veränderungen in der psychosozialen Belastung (HADS und 1-Item Skala) der<br />
Patienten in den einzelnen Hauptindikationen von Behandlungsbeginn zum 3.<br />
Behandlungsmonat (� = 120d) bei zu Behandlungsbeginn hoch belasteten Patienten<br />
(HADS-G > 21)<br />
Prä/Post Vergleich der psychischen Belastung<br />
nach Hauptindikationen<br />
bei zu Behandlungsbeginn hoch ängstlichen und depressiven Patienten<br />
Gesamt Mamma Uterus Ovarial Bronchial Colon Prostata Blase andere<br />
���� ���� ���� ���� ���� ���� ���� ���� ����<br />
HADS-G prä 27,05 27,31 26,71 27,71 26,22 25,44 28,00 25,63 27,06<br />
HADS-G post 19,46 18,67 20,14 16,86 25,11 17,00 17,73 21,00 20,97<br />
Differenz 7,59 8,64 6,57 10,86 1,11 8,44 10,27 4,63 6,10<br />
HADS-A prä 14,65 15,15 14,86 15,14 13,00 13,22 15,87 13,25 14,16<br />
HADS-A post 10,11 9,97 11,00 8,86 12,78 8,33 9,40 10,75 10,39<br />
Differenz 4,54 5,18 3,86 6,29 0,22 4,89 6,47 2,50 3,77<br />
HADS-D prä 12,40 12,16 11,86 12,57 13,22 12,22 12,13 12,38 12,90<br />
HADS-D post 9,35 8,70 9,14 8,00 12,33 8,67 8,33 10,25 10,58<br />
Differenz 3,05 3,46 2,71 4,57 0,89 3,56 3,80 2,13 2,32<br />
SB vor 5,05 5,18 6,14 4,71 4,78 5,33 4,13 6,63 4,65<br />
SB prä 8,05 7,97 9,43 7,29 8,22 7,75 7,67 8,25 8,23<br />
SB post 5,64 5,48 6,14 5,29 5,44 6,22 5,33 6,25 5,80<br />
Diff. prä-post 2,31 2,40 3,29 2,00 2,78 1,25 2,33 2,00 2,21<br />
N 147 61 7 7 9 9 15 8 31<br />
% aller 19,5% 22,3% 29,2% 31,8% 25% 12,7% 9,2% 18,6% 26,1%<br />
Wechsel in den klinischen Schweregraden und den Risikogruppen: Im Verlauf auftretende<br />
Veränderungen in der klinischen Schweregradbeurteilung, die durch die Psychotherapeuten<br />
durchgeführt wird, und Änderungen in den HADS-Risikogruppen der Angst und Depression,<br />
wie sie durch die „Hospital Anxiety and Depression Scale“ ermittelt werden, können Auskunft<br />
darüber geben, bei wie vielen Patienten es im Verlauf der stationären Krebstherapie zu einer<br />
positiven Veränderung der psychosozialen Belastungen gekommen ist.
122 <strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006<br />
Tabelle 58 gibt die Verteilung der klinischen Schweregradbeurteilungen wieder, die der Psychotherapeut<br />
nach seinem Anamnesegespräch und seiner im Versorgungsverlauf zuletzt<br />
dokumentierten Schweregradbeurteilung durchgeführt hat. Für die Patientengruppe mit klinisch<br />
relevanten psychischen Belastungen (SWG III) kann von einer positiven Veränderung<br />
von der ersten (SWG III = 44,8%) zur letzten (SWG III = 22,1%) Schweregradbeurteilung in<br />
50% der Fälle gesprochen werden.<br />
Tabelle 58: Verteilung der klinischen Schweregradbeurteilungen nach dem Anamnesegespräch<br />
und der letzten dokumentierten Schweregradbeurteilung<br />
Schweregradgruppen<br />
prä post<br />
N % N %<br />
SWG I 124 16,2 294 38,5<br />
SWG II 298 39 301 39,4<br />
SWG III 342 44,8 169 22,1<br />
gesamt 764 100 764 100<br />
Tabelle 59 zeigt, dass es bei insgesamt 9,3% der Patienten zu einer Verschlechterung und<br />
bei 45% aller Patienten zu einer positiven Veränderung der psychosozialen Belastungen<br />
gekommen ist.<br />
Tabelle 59: Wechsel der klinischen Schweregradbeurteilungen von der Beurteilung im<br />
Anamnesegespräch und der letzten dokumentierten Schweregradbeurteilung<br />
Wechsel<br />
der Schweregradgruppen<br />
N %<br />
verschlechtert 71 9,3<br />
unverändert 343 44,9<br />
verbessert 350 45,8<br />
Gesamt 764 100<br />
Tabelle 60 stellt dar, zu welchen Wechseln es innerhalb der einzelnen klinischen Schweregrade<br />
im Verlauf der psychoonkologischen Versorgung gekommen ist. Dabei zeigt sich, dass<br />
innerhalb der Gruppe der Patienten, die nach dem psychoonkologischen Anamnesegespräch<br />
den Schweregrad 1, also keine klinische Belastung aufwiesen, bei 71% dies auch bei<br />
der letzten klinischen Schweregradbeurteilung der Fall war (SWG I – SWG I); nur bei 4,8%<br />
dieser Patienten musste zu diesem Zeitpunkt eine klinisch relevante Belastung (SWG I –<br />
SEG III) diagnostiziert werden. Bei etwa 37% der Patienten, die sich nach der Anamnese als<br />
klinisch relevant belastet erwiesen haben, bleibt diese Belastung auch bestehen (SWG III –<br />
SWG III). Insgesamt ist bei 169 Patienten aufgrund derer klinischen Belastungen (SWG III)<br />
von einem weiterhin bestehenden Versorgungsbedarf und ggf. einer entsprechenden psychotherapeutischen<br />
Nachsorge auszugehen, das sind 22% aller Patienten (vgl. Tabelle 58).
<strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006 123<br />
Tabelle 60: Wechsel innerhalb der klinischen Schweregradgruppen von der Beurteilung im<br />
Anamnesegespräch und der letzten dokumentierten Schweregradbeurteilung<br />
Klinische<br />
Schweregradbeurteilung<br />
prä Wechsel post<br />
N % N % N %<br />
SWG I 124 16,2 - - 294 38,5<br />
SWG I - SWG I - - 89 71,8 - -<br />
SWG I - SWG II - - 29 23,4 - -<br />
SWG I - SWG III - - 6 4,8 - -<br />
SWG II 298 39 - - 301 39,4<br />
SWG II - SWG I - - 135 45,3 - -<br />
SWG II - SWG II - - 127 42,6 - -<br />
SWG II - SWG III - - 36 12,1 - -<br />
SWG III 342 44,8 - - 169 22,1<br />
SWG III - SWG I - - 70 20,5 - -<br />
SWG III - SWG II - - 145 42,4 - -<br />
SWG III - SWG III - - 127 37,1 - -<br />
gesamt 764 100 - - 764 100<br />
verschlechtert - - 71 9,3 - -<br />
unverändert - - 343 44,9 - -<br />
verbessert - - 350 45,8 - -<br />
Legt man die Selbstbeurteilung der Patienten hinsichtlich der von ihnen empfundenen Ängste<br />
und Depressionen zugrunde („Hospital Anxiety and Depression Scale“), so kann ein Bild<br />
über die Veränderungen in den psychischen Belastungen und dem Anteil der Patienten gewonnen<br />
werden, bei denen es im Verlauf der stationären Krebstherapie zu einer positiven<br />
Veränderung der psychischen Belastungen gekommen ist.<br />
Tabelle 61 gibt die Verteilung der HADS-Risikogruppen wieder, die sich aufgrund der Befragung<br />
während der Eingangs- und Katamneseuntersuchung ergeben haben. Betrachtet man<br />
die Patienten mit mittelgradigen und hohen psychischen Belastungen gemeinsam (HADS<br />
RG II und III), so zeigt sich, dass zu Beginn der stationären Krebstherapie 43,3% der Patienten<br />
und während der Katamneseuntersuchung 31,6% der Patienten eine erhöhte psychische<br />
Belastung aufwiesen; ein Rückgang um 11,7%.<br />
Tabelle 61: Verteilung der HADS-Risikogruppen bei Eingangsuntersuchung und bei Katamneseuntersuchung<br />
(� = 120 d)<br />
HADS<br />
Risikogruppen<br />
prä post<br />
N % N %<br />
RG I 426 56,6 514 68,4<br />
RG II 179 23,8 156 20,7<br />
RG III 147 19,5 82 10,9
124 <strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006<br />
gesamt 752 100 752 100<br />
Insgesamt bei 82 (10,9%) Patienten ist es aufgrund derer psychischen Belastungen (RG III)<br />
erforderlich, nach der Katamneseuntersuchung eine psychoonkologische Abklärung und ggf.<br />
eine psychotherapeutische Weiterversorgung durchzuführen. Bei weiteren 156 (20,7%) Patienten<br />
sollten zumindest eine niederschwellige psychoonkologische Versorgung weitergeführt<br />
werden (vgl. Tabelle 61)<br />
Tabelle 62 zeigt, dass es bei insgesamt 9,8% der Patienten zu einer negativen und bei<br />
25,7% aller Patienten zu einer positiven Veränderung der psychischen Belastungen gekommen<br />
ist.<br />
Tabelle 62: Wechsel der HADS-Risikogruppen bei Eingangsuntersuchung und bei Katamneseuntersuchung<br />
(� = 120 d)<br />
Wechsel der<br />
Risikogruppen<br />
N %<br />
verschlechtert 74 9,8<br />
unverändert 485 64,5<br />
verbessert 193 25,7<br />
gesamt 752 100<br />
Tabelle 63 stellt dar, zu welchen Wechseln es innerhalb der einzelnen Risikogruppen im Verlauf<br />
der psychoonkologischen Versorgung gekommen ist. Dabei zeigt sich, dass innerhalb<br />
der Gruppe der Patienten, die nach der Eingangsuntersuchung nur gering psychisch belastet<br />
waren (RG I), bei 87,8% dies auch bei der Katamneseuntersuchung der Fall war (RG I<br />
unauffällig-unauffällig); nur bei 1,9% dieser Patienten liegt zu diesem Zeitpunkt eine hohe<br />
psychische Belastung vor. Bei etwa 35,4% der Patienten, die sich nach der Eingangsuntersuchung<br />
als psychisch hoch belastet erwiesen haben (RG III), bleibt diese auch bestehen<br />
(RG III auffällig-auffällig).<br />
Tabelle 63: Wechsel innerhalb der HADS-Risikogruppen bei Eingangsuntersuchung und<br />
bei Katamneseuntersuchung (� = 120 d).<br />
Angst und Depression<br />
Prä Wechsel post<br />
N % N % N %<br />
HADS RG I 426 56,6 514 68,4<br />
unauffällig-unauffällig 374 87,8<br />
unauffällig-grenzwertig 44 10,3<br />
unauffällig-auffällig 8 1,9<br />
HADS RG II 179 23,8 156 20,7<br />
grenzwertig-unauffällig 98 54,7<br />
grenzwertig-grenzwertig 59 33<br />
grenzwertig-auffällig 22 12,3<br />
HADS RG III 147 19,5 82 10,9
<strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006 125<br />
auffällig-unauffällig 42 28,6<br />
auffällig-grenzwertig 53 36<br />
auffällig-auffällig 52 35,4<br />
gesamt 752 100 752 100<br />
verschlechtert 74 9,8<br />
unverändert 485 64,5<br />
verbessert 193 25,7<br />
Klinische Relevanz der psychosozialen Belastungen im 3. Behandlungsmonat: Für eine<br />
strukturierte psychoonkologische Versorgung genügt es nicht allein, die psychosozialen<br />
Probleme, Belastungen, Einschränkungen oder Störungen der Patienten im Krankenhaus zu<br />
Behandlungsbeginn zuverlässig zu identifizieren und Patientengruppen mit spezifischen Belastungs-<br />
oder Risikokonstellationen zu beschreiben, um diesen Patienten, ein auf ihren Bedarf<br />
abgestimmtes Versorgungsangebot unterbreiten zu können (vgl. Kapitel 5.2.1). Eine<br />
strukturierte psychoonkologische Versorgung muss auch gewährleisten können, dass diejenigen<br />
Patienten einer weitergehenden psychosozialen Versorgung im Krankenhaus oder in<br />
Nachsorgeeinrichtungen zugewiesen werden, die einen belegbaren Bedarf an solchen Versorgungsleistungen<br />
haben, d.h. die klinisch relevant belastet sind.<br />
Tabelle 64 verdeutlicht das Ausmaß psychosozialer Belastung in Abhängigkeit von Angst<br />
und Depression im dritten Behandlungsmonat nach Beginn der Krebstherapie (HADS-G<br />
post). Wie bereits in den Tabellen 29 und 30 für den Zeitpunkt des Behandlungsbeginns aufgezeigt,<br />
wird deutlich, dass Patienten mit hohen (RG II) bzw. sehr hoch ausgeprägten Ängsten<br />
und Depressionen (RG III) eine Patientengruppe darstellen, die in vielen weiteren psychosozialen<br />
Aspekten besonders belastet ist und daher einen weitergehenden Versorgungsbedarf<br />
aufweist. Im Gegensatz zu den Patienten der Risikogruppe I weisen Patienten der<br />
Risikogruppen II und III in allen der in Tabelle 64 aufgeführten psychosozialen Belastungsaspekten<br />
auffallend höhere Werte auf.<br />
Dieser Umstand machte es u.a. erforderlich, dass die Psychotherapeuten diese Patienten<br />
über die im CMP-Projekt geplanten 90 Tage der psychosozialen Versorgung hinaus intensiv<br />
betreuten; insbesondere, wenn keine adäquate psychosoziale Nachsorge zur Verfügung<br />
stand.<br />
Tabelle 64: Ausmaß psychosozialer Belastung in Abhängigkeit von Angst und Depression<br />
im dritten Behandlungsmonat (� 120d) nach Beginn der Krebstherapie<br />
Belastungs-<br />
bereich<br />
„Hospital Anxiety and Depression Scale”<br />
HADS-Risikogruppen post<br />
Schwellenwert gesamt RG I RG II RG III p<br />
HADS-G post 752 514 = 68,4% 156 = 20,7% 82 = 10,9%<br />
Seelische Belastung (PfAN)<br />
1-Item Skala (N=747) 4,67 4.07 5,62 6,64 .000<br />
Morbidität<br />
HADS-A 6,18 4,08 9,01 14,01 .000<br />
HADS-D 5,35 3,03 8,53 13,82 .000<br />
Funktionalität
126 <strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006<br />
Körperl. Anstrengung Median = 2,23 a<br />
(N=745)<br />
Median = 1,96 a<br />
(N=511)<br />
Median = 2,61 a<br />
(N=155)<br />
Median = 3,14 a<br />
(N=79)<br />
SW = 4 12,9% 7,4% 18,7% 36,7%<br />
Probleme in Haus-<br />
halt/Beruf<br />
Median = 1,94 a<br />
(N=741)<br />
Median = 1,67 a<br />
(N=508)<br />
Median = 2,47 a<br />
(N=155)<br />
Median = 3,00 a<br />
(N=78)<br />
SW = 4 9,3% 4,9% 12,3% 32,1%<br />
Lebensqualität<br />
allgemein 4,61 5,15 3,74 2,84 .000<br />
SW < 3 8,7% 1,6% 13,5% 45,0%<br />
gesundheitsbezogen 4,50 4,96 3,74 2,99 .000<br />
SW < 3 9,4% 3,7% 12,8% 39,2%<br />
Individuelle Problem- und Bedürfnislage<br />
Familiäre Belastung Median = 2,35 a<br />
(N=735)<br />
Median = 2,10 a<br />
(N=507)<br />
Median = 2,70 a<br />
(N=153)<br />
Median = 3,34 a<br />
(N=75)<br />
SW = 4 10,3% 4,5% 13,1% 44,0%<br />
Informiertheit<br />
SW nein 7,5% 3,2% 12,3% 26,3%<br />
Soziale Unterstützung<br />
SW nein 3,4% 2,0% 3,8% 11,4%<br />
Krankenhauserfahrungen<br />
SW ja 9,1% 7,1% 11,0% 17,9%<br />
Berufl./finanz. Probleme<br />
SW ja 14,4% 10,8% 17,4% 31,3%<br />
Gesprächswunsch<br />
SW ja 36,3% 22,8% 60,3% 77,6%<br />
a) Aus gruppierten Daten berechnet<br />
Zusammenfassung: Die zentrale Frage zum Nutzen der Versorgung („Erbringt die psychoonkologische<br />
Versorgung anhand des strukturierten psychoonkologischen Versorgungsprogramms<br />
für die Patienten einen klinischen Nutzen?““) kann wie folgt beantwortet werden:<br />
Im Rahmen des strukturierten psychoonkologischen Versorgungsprogramms<br />
• kommt es zu deutlichen positiven Veränderungen in den Bereichen der seelischen Belastung,<br />
Morbidität und Lebensqualität und<br />
• zu deutlichen Einschränkungen in der Funktionalität der Patienten;<br />
• lassen sich unterschiedliche Veränderungsmuster in den Veränderungen der psychischen Belas-<br />
tungen (Angst und Depression) bei Patienten der onkologischen Hauptindikationen zeigen;<br />
• sind von Beginn der stationären Krebstherapie zum dritten Behandlungsmonat (bzw. der Katamne-<br />
seerhebung 120 Tage nach stationärer Aufnahme eines Patienten) klare positive Veränderungen<br />
bei einer Vielzahl von Patienten zu beobachten. Diese Veränderungen sind um so relevanter,<br />
wenn man berücksichtigt, dass sich die psychoonkologische Versorgung durch den Psychothera-<br />
peuten vorwiegend auf die höher belasteten Patienten konzentriert hat (vgl. Kapitel 5.3.1) und so-<br />
mit die gering belasteten Patienten, bei denen es in über 87% der Fälle keine negativen Verände-<br />
rungen gegeben hat, nicht in die Berechnung mit einzubeziehen sind;<br />
.000<br />
.000<br />
.000
<strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006 127<br />
• zeigt sich, dass eine psychoonkologische Katamnese und eine gezielte Nachsorge angezeigt sind,<br />
zumal die psychisch hoch belasteten Patienten sich als eine Patientengruppe mit besonderen und<br />
umfangreichen psychosozialen Belastungen erweisen.<br />
Fragen der Patientenzufriedenheit und der klinischen Signifikanz der Ergebnisse sowie der<br />
Zusammenhänge zwischen Aspekten der psychoonkologischen Versorgung und den Wirkeffekten<br />
werden in Kapitel 5.3.3 behandelt.
5.3 Ergebnisse zur Dienstleistungsqualität<br />
Die Darlegung und Beurteilung der Qualität der psychoonkologischen Leistungserbringung<br />
im Krankenhaus basiert auf administrativen Kennzahlen (vgl. Kapitel 4.7). Die Kennzahlen<br />
werden anhand der im EDV-basierten Patientendokumentationssystem festgehaltenen Informationen<br />
zu ausgewählten Aspekten der psychoonkologischen Leistungserbringung ermittelt.<br />
Sie geben Auskunft darüber, ob die Dienstleistungsqualität auf Basis eines strukturierten<br />
psychoonkologischen Versorgungsprogramms gesichert werden kann. Das CMP-<br />
Projekt sollte Informationen bereitstellen, anhand derer eine Beurteilung der<br />
• Strukturqualität der Versorgung (vgl. Kapitel 5.3.1),<br />
• Prozessqualität der Versorgung (vgl. Kapitel 5.3.2) und<br />
• Ergebnisqualität der Versorgung (vgl. Kapitel 5.3.3)<br />
möglich wird.<br />
5.3.1 Ergebnisse zur Strukturqualität der Versorgung<br />
Die zentrale Frage zur Strukturqualität der Versorgung lautet: „Wird die vorhandene Versorgungskapazität<br />
der Psychoonkologen in angemessener Weise für die Patientenversorgung<br />
aufgewendet?“<br />
Ein Krankenhaus muss seine personellen und zeitlichen Ressourcen kompetent organisieren,<br />
um die vorhandene Versorgungskapazität in angemessener Weise den Patienten zukommen<br />
zu lassen und eine Über- und Unterversorgung zu vermeiden. Die Vorgaben des<br />
Behandlungsprogramms sowie der Behandlungspfade des strukturierten psychoonkologischen<br />
Versorgungsprogramms sollen es erlauben, die Leistungserbringung für das gesamte<br />
Patientengut einer Abteilung/Klinik so zu strukturieren und zu planen, dass die vorhandenen<br />
Ressourcen optimal eingesetzt werden.<br />
Die Verwendung der für die Realisierung der psychoonkologischen Versorgung vorhandenen<br />
Versorgungskapazität wird im Folgenden insgesamt, für die Hauptabteilungen und für die<br />
Hauptindikationen getrennt aufgezeigt. Dabei wird auf die Anzahl und Dauer der Leistungserbringung<br />
(direkte Gespräche mit dem Patienten und indirekte, d.h. mit Teammitgliedern<br />
geführte Gespräche über den Patienten) sowie der Dokumentationsaufwand 112 dargelegt und<br />
auf die klinische Angemessenheit des Ressourceneinsatzes (Über- und Unterversorgung)<br />
eingegangen.<br />
Vorhandene, verfügbare und eingesetzte Versorgungskapazität: Im Projektzeitraum vom<br />
01.07.2004 bis zum 30.06.2006 (= 444 Arbeitstage) haben die Mitarbeiter (Psychotherapeuten)<br />
insgesamt 7,65 Vollzeitstellen besetzt (vgl. Tabelle 65).
130 <strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006<br />
Tabelle 65: Vorhandene, geplante und realisierte Stellenkapazitäten für die psychoonkologische<br />
Versorgung<br />
Krankenhaus vorhanden geplant<br />
Stellenkapazität<br />
realisiert<br />
01.07.´04 - 30.06.´06<br />
gesamt 4 6 10 7,65 xii 25.997 h 58,55<br />
je 1 MA* 3.398,3 h 7,65<br />
Die vorhandene Versorgungskapazität betrug in diesem Zeitraum 25.997 Stunden bei 444<br />
Arbeitstagen je Mitarbeiter (MA), was 3.398,3 h je Mitarbeiter ausmacht. Je Arbeitstag waren<br />
insgesamt 58,55 Arbeitsstunden für die Patientenversorgung vorhanden, was 7,65 h je Mitarbeiter<br />
ausmacht (vgl. auch Tabelle 2). Die tatsächlich für die Versorgung der Krebspatienten<br />
verfügbare Arbeitskapazität betrug insgesamt 22.284 Arbeitsstunden bzw. 2.913 h je<br />
Mitarbeiter. Dies sind 86,5% der vorhandenen Versorgungskapazität. Von dieser Versorgungskapazität<br />
sind die Krebspatienten mit 13.058 Arbeitsstunden gesamt, bzw. 1.707 h je<br />
Mitarbeiter, psychoonkologisch versorgt worden. Dies entspricht 58,8% der verfügbar gewesenen<br />
Versorgungskapazität (vgl. Tabelle 66).<br />
Tabelle 66: Vorhandene, verfügbare und eingesetzte Versorgungskapazität im Projektzeitraum<br />
Krankenhaus vorhanden xiii verfügbar xiv eingesetzt xv<br />
BN xvi ges.<br />
h<br />
gesamt<br />
h / d<br />
h<br />
gesamt<br />
%<br />
h<br />
gesamt<br />
1 2 6.838 15,4 5.216 76 2.789 54<br />
2 0,75 2.575 5,8 2.174 84 1.006 46<br />
3 2 x 0,5 3.419 7,7 2.957 86 1.638 57<br />
4 2 x 0,8 5.328 12 4.586 86 2.651 58<br />
5 1,3 4.418 9,95 4.232 96 2.584 61<br />
6 1 3.419 7,7 3.119 91 2.390 77<br />
gesamt 7,65 xvii 25.997 58,55 22.284 86,5 13.058 58,8<br />
je 1 MA* 3.398 7,7 2.913 1.707<br />
* MA = fest angestellter CMP-Mitarbeiter<br />
xii Laut Stellenkapazität der MA, deren verfügbare Arbeitskapazität im Zugangsmodul der CMP-Pat.Doc dokumentiert ist.<br />
xiii Basis: 222 Arbeitstage/Jahr * 2 Jahre = 444 Arbeitstage (= 252 Arbeitstage /a; 30 UT/a * 2 a)<br />
xiv Basis: Arbeitszeit, die für die Leistungserbringung zur Verfügung stand (ohne Fehltage, Fortbildung u.a.)<br />
xv Basis: Dokumentierte Arbeitszeit für die Patientenversorgung incl. patientenbezogene Leistungsdokumentation<br />
xvi Krankenhausbenchmarknummer<br />
xvii Laut Stellenkapazität der MA, deren verfügbare Arbeitskapazität im Zugangsmodul der CMP-Pat.Doc dokumentiert ist.<br />
%
<strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006 131<br />
Angemessenheit des Ressourceneinsatzes: Bislang ist weitgehend unbekannt, wie groß der<br />
Anteil der unmittelbaren Patientenversorgung an der verfügbaren und vorhandenen Versorgungskapazität<br />
in der psychosozialen oder psychoonkologischen Versorgung im Krankenhaus<br />
beträgt. Direkt Vergleiche sind deshalb nicht möglich. Zu den unmittelbaren Versorgungsleistungen<br />
zählen sämtliche Leistungen, die direkt mit einem bestimmten Patienten<br />
durchgeführt werden, und die indirekten Leistungen, die, wenn auch mit anderen Personen<br />
durchgeführt, dennoch ausschließlich diesem Patienten zu Gute kommen (= indirekte Leistungen).<br />
Auf Basis vorausgehender Analysen 113 wurde im Rahmen des CMP-Projektes davon ausgegangen,<br />
dass mindestens 80% der vorhandenen Versorgungskapazität für die Patientenversorgung<br />
verfügbar und mindestens 60% tatsächlich der Patientenversorgung zu Gute kommen<br />
sollten. Dies bedeutet, dass der tatsächlich ermittelte Ressourceneinsatz mit 58,8% der<br />
verfügbaren Versorgungskapazität insgesamt als angemessen zu betrachtet ist. Die verbleibende<br />
Versorgungskapazität von 9.226 Arbeitsstunden wurde im Projektverlauf zu 50% für<br />
die Implementierung des strukturierten psychoonkologischen Versorgungsprogramms aufgewendet<br />
und zu 50% für klinische und administrative Aufgaben xviii (vgl. auch: Kapitel 5.4).<br />
Eingesetzte Versorgungskapazität je Hauptabteilung: Im Erhebungszeitraum erhielten die<br />
3.862 psychoonkologisch versorgten Patienten (mit dokumentierter Hauptabteilung) im Mittel<br />
4,13 Gespräche mit einer mittleren Gesamtdauer von 3 Stunden (Basis: 184 Min. Gesprächsdauer<br />
gesamt). Insgesamt wurden 15.966 psychoonkologische Gespräche mit einer<br />
Gesamtdauer von 11.844,6 Stunden durchgeführt (vgl. Tabelle 67). Bei 222 (5,4%) Patienten<br />
lag keine Dokumentation der Hauptabteilung vor. Auf diese Patienten entfielen 1.213,4 Stunden<br />
(72.804 Min.) der gesamt eingesetzten Versorgungskapazität.<br />
Tabelle 67: Anzahl und Dauer der Gespräche mit Patienten und Behandlungsteam je<br />
Hauptabteilung<br />
Hauptabteilung<br />
Gespräche Dauer<br />
direkt*<br />
Psychoonkologische<br />
Versorgungsleistungen<br />
Dauer<br />
indirekt**<br />
Dauer<br />
gesamt***<br />
Chirurgie � 4,29 107 Min.**** 45 Min. 192 Min.<br />
N 591 583 562 591<br />
∑ 2.534 62.536 Min. 25.763 Min. 113.639 Min.<br />
Gynäkologie � 4,24 106 Min. 32 Min. 172 Min.<br />
N 1.228 1.204 999 1.228<br />
∑ 5208 127.387 Min. 31.976 Min. 211.443 Min.<br />
Innere Med. � 3,57 106 Min. 55 Min. 196 Min.<br />
N 291 290 291 291<br />
∑ 1038 30.818 Min. 15.904 Min. 57.102 Min.<br />
Urologie � 3,4 97 Min. 38 Min. 166 Min.<br />
N 874 863 841 874<br />
∑ 2.068 83.876 Min. 31.669 Min. 145.225 Min.<br />
xviii U.a. Teamsupervision, Teamschulungen und Abteilungsbesprechungen, Schriftverkehr u.a.)
132 <strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006<br />
Hämato./Onko. � 6,63 172 Min. 46 Min. 273 Min.<br />
N 92 91 74 92<br />
∑ 610 15.605 Min. 3.373 Min. 25.078 Min.<br />
Radiologie � 5,03 113 Min. 47 Min. 212 Min.<br />
N 266 266 265 266<br />
∑ 1.338 30.115 Min. 12.890 Min. 56.385 Min.<br />
ambulant � 4.31 119 Min. 32 Min. 178 Min.<br />
N 205 186 175 205<br />
∑ 883 22.105 Min. 5.580 Min. 36.515 Min.<br />
andere � 4,4 129 Min. 46 Min. 207 Min.<br />
N 315 299 280 315<br />
∑ 1.387 38.627 Min. 12.792 Min. 65.289 Min.<br />
Insgesamt ���� 4,13 109 Min. 40 Min. 184 Min. *****<br />
N 3.862 3.782 3.487 3.862<br />
∑ 15.966 411.069 Min. 139.947 Min. 710.676 Min.<br />
* Dauer der direkt mit dem Patienten geführten Gespräche.<br />
** Dauer der mit dem Behandlungsteam geführten Gespräche über den Patienten.<br />
*** Dauer der Patientenversorgung incl. Dokumentationsaufwand<br />
**** ohne Kommastellen<br />
***** Summenunterschiede aufgrund unterschiedlicher Stichprobengrößen (Bei Stichprobenkorrektur = 190 Min.)<br />
Angemessenheit des Ressourceneinsatzes: Von der gesamt verfügbaren Versorgungskapazität<br />
sollten für die direkten Gespräche mindestens 30%, für die indirekten Gespräche 33%<br />
und für administrative Aufgaben 37% aufgewendet werden (vgl. Kapitel 2.5). Im Rahmen der<br />
strukturierten Patientenversorgung wurden 57,4% (vgl. Tabelle 67; Basis: 109 Min. bei 3.782<br />
Patienten) der Versorgungskapazität für die direkten Patientengespräche, 21,1% (vgl. Tabelle<br />
67; Basis: 40 Min. bei 3.487 Patienten) für die indirekten Gespräche und 21,5% (vgl. Tabelle<br />
67; Basis: 41 Min. bei 10. Min. je Gespräch, bei 4.13 Gesprächen) für die Leistungsdokumentation<br />
eingesetzt. Mit 57,4% direkten Versorgungsleistungen im Vergleich zu den mindestens<br />
geforderten 30% führt die strukturierte Patientenversorgung zu einer Verlagerung<br />
der Leistungserbringung auf die direkt mit dem Patienten geführten Gespräche.<br />
Ein Vergleich der Versorgungszahlen der CMP-Kliniken mit vier weiteren Krankenhäusern<br />
aus Deutschland (vgl. Tabelle 68) zeigt zudem, dass die strukturierte Patientenversorgung in<br />
den CMP-Kliniken dazu beiträgt, dass die Patienten mit mehr Gesprächen, einer längeren<br />
Gesprächsdauer und einer höheren Intensität (gesamter Versorgungsaufwand je Patient)<br />
versorgt werden als Patienten in den Vergleichskliniken bzw. ohne strukturierte Patientenversorgung.<br />
Patienten mit Einverständniserklärung werden dabei noch intensiver psychoonkologisch<br />
versorgt. Dies ist verständlich, da in der strukturierten Versorgung der Schwerpunkt<br />
auf diese Patienten ausgerichtet sein sollte und weil es sich bei diesen Patienten auch<br />
um Patienten mit einer Ersterkrankung bzw. mit einem längeren Rezidiv-freien Intervall handelte.
<strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006 133<br />
Tabelle 68: Vergleich der Gesprächsanzahl, -dauer und Intensität der Leistungserbringung<br />
der CMP-Kliniken mit anderen Krankenhäusern<br />
3 KH* KH** CMP Kliniken<br />
Patienten insgesamt Patienten mit EVE<br />
Gespräche Gespräche*** Gespräche***<br />
gesamt gesamt gesamt direkt indirekt gesamt direkt indirekt<br />
Gespräche<br />
(je Pat.)<br />
2,5 – 4 2,9 4,13 5,1<br />
Gesprächsdauer<br />
(Min.)<br />
22 - 30 26 44,6 26,4 9,7 45,3 26,7 9,6<br />
Intensität<br />
(Min. je Pat.)<br />
69 - 112 75,4 184 109 40 231 136 49<br />
* Daten aus 3 Krankenhäusern in Deutschland (CMP I; vgl. Kapitel 2.5)<br />
** Krankenhaus: Klinikum Herford: Jahresbericht 2003<br />
*** vgl. Tabelle 67 und 69<br />
Eingesetzte Versorgungskapazität je Hauptindikation: Die eingesetzte Versorgungskapazität<br />
konnte bei Patienten, deren Einverständniserklärung vorlag, auch in Bezug auf die Krebsdiagnose<br />
(Hauptindikation) untersucht werden. Im Erhebungszeitraum wurden mit diesen<br />
2.054 Patienten insgesamt 10.455 psychoonkologische Gespräche mit einer Gesamtdauer<br />
von 7.913 Stunden durchgeführt. Die Patienten erhielten im Mittel 5,1 Gespräche mit einer<br />
mittleren Gesamtdauer von 3,85 Stunden (vgl. Tabelle 69; Basis: 231 Min. bei 2.054 Patienten).<br />
Auf die direkten Gespräche entfielen davon 57,6% (vgl. Tabelle 69; Basis: 136 Min. bei<br />
2.012 Patienten), auf die indirekten Gespräche 20,8% (vgl. Tabelle 69; Basis: 49 Min. bei<br />
1.944 Patienten) und 21,6% auf die Leistungsdokumentation (vgl. Tabelle 69; Basis: 51 Min.<br />
bei 10 Min. und 5.09 Gesprächen; vgl. Tabelle 69 u. 70). Wie bereits in Tabelle 68 dargelegt,<br />
sprechen auch diese Ergebnisse für eine hohe Angemessenheit der Leistungserbringung bei<br />
deutlich erhöhter Versorgungsintensität (3h [184 Min.] zu 3,85h [231 Min.]).<br />
Tabelle 69: Anzahl und Dauer der Gespräche mit Patienten (Dauer direkt) und Behandlungsteam<br />
(Dauer indirekt) je Hauptindikation<br />
Hauptindikation Gespräche Gesamt Gespräche<br />
direkt*<br />
Gespräche<br />
indirekt**<br />
C50: Mamma-CA N 689 689 677 617<br />
� 5,15 214,54 Min. 133,29 Min. 35,78 Min.<br />
∑ 3.551 147.820 Min. 90.236 Min. 22.074 Min.<br />
C53-55: Uterus-CA N 92 92 91 82<br />
� 4,66 200,38 Min. 116,11 Min. 43,65 Min.<br />
∑ 429 18.435 Min. 10.566 Min. 3.579 Min.<br />
C56: Ovarial-CA N 54 54 54 52<br />
� 6,65 311,85 Min. 182,59 Min. 65,19 Min.<br />
∑ 359 16.840 Min. 9.860 Min. 3.390 Min.
134 <strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006<br />
C34: Bronchial-CA N 142 142 141 142<br />
� 6,42 293,73 Min. 157,7 Min. 72,99 Min.<br />
∑ 911 41.710 Min. 22.236 Min. 10.364 Min.<br />
C18: Colon-CA N 167 167 167 167<br />
� 4,73 211,32 Min. 115,93 Min. 48,08 Min.<br />
∑ 790 35.290 Min. 19.360 Min. 8.030 Min.<br />
C61: Prostata-CA N 417 417 397 408<br />
� 3,28 159,76 Min. 94,61 Min. 37,74 Min.<br />
∑ 1.366 66.620 Min. 37.562 Min. 15.398 Min.<br />
C67: Blase-CA N 114 114 107 112<br />
� 5,4 266,77 Min. 163,43 Min. 60,4 Min.<br />
∑ 616 30.412 Min. 17.487 Min. 6.765 Min.<br />
Nicht-Index-Diag N 379 379 378 364<br />
� 6,42 310,4 Min. 178 Min. 71,51 Min.<br />
∑ 2.433 11.7643 Min. 67.285 Min. 26.028 Min.<br />
gesamt N 2.054 2.054 2.012 1.944<br />
* Dauer direkt mit dem Patienten geführter Gespräche<br />
���� 5,09 231,14 Min. 136,48 Min. 49,19 Min.<br />
∑ 10.455 474.770 Min. 274.592 Min. 95.628 Min.<br />
** Dauer mit dem Behandlungsteam geführte Gespräche über den Patienten<br />
Dokumentationsaufwand: Eine zentrale Erfordernis des strukturierten psychoonkologischen<br />
Versorgungsprogramms ist die Leistungsdokumentation, da diese sowohl für den Nachweis<br />
der geleisteten klinischen Versorgung wie auch für die Sicherung der Versorgungs- und<br />
Dienstleistungsqualität sowie die Qualitätsentwicklung unabdingbar ist. Im Rahmen des<br />
strukturierten Versorgungsprogramms diente die Leistungsdokumentation auch den Zwecken<br />
der Lenkung der Patientenversorgung, d.h. die Dokumentation der Stammdaten, der<br />
diagnostischen Daten, der Interventions- und Evaluationsdaten, und sie steuerte die Leistungserbringung<br />
des Psychotherapeuten. Im Rahmen des Projektes „<strong>Case</strong> <strong>Management</strong><br />
<strong>Psychoonkologie</strong>“ wurde der Zeitaufwand für die Dokumentation nicht gesondert erfasst,<br />
sondern pauschal mit 10 Min. je Leistung veranschlagt und der Versorgungskapazität zugerechnet.<br />
Für die Dokumentation der insgesamt 15.966 Leistungen sind demnach 159.660 Min. (2.661<br />
h) der Versorgungskapazität beansprucht worden, was 20,4% der eingesetzten Versorgungskapazität<br />
entspricht.<br />
Tabelle 70 zeigt für die Patienten der Hauptindikationen, dass der mittlere Dokumentationsaufwand<br />
51 Minuten je Patient betrug, bei 5,1 Gesprächen je Patient. Das sind 22,5% der<br />
gesamten für die Patientenversorgung aufgebrachten Versorgungsdauer.
<strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006 135<br />
Tabelle 70: Mittlerer Dokumentationsaufwand je Hauptindikation<br />
Dokumentation Hauptindikation<br />
Gesamt Mamma-<br />
CA<br />
Uterus-<br />
CA<br />
Ovarial-<br />
CA<br />
Bronchial-<br />
CA<br />
Colon-<br />
CA<br />
Prostata-<br />
CA<br />
Blasen-<br />
Patienten (N) 2.054 689 92 54 142 167 417 114 379<br />
Mittlere Dauer<br />
(�/Min.)<br />
CA<br />
andere<br />
51 51,54 46,63 66,48 64,15 47,31 32,76 54,04 64,2<br />
Gesamt (Min.) 104.550 35.510 4.290 3.590 9.110 7.900 13.660 6.160 24.330<br />
Laut einer Untersuchung werden im ärztlichen Dienst der Krankenhäuser zwischen 2 h 36<br />
Min. und 3 h 15 Min. täglich für die Patientendokumentation aufgebracht, das sind ca. 33%<br />
bis 41% eines Arbeitstages 114 . Von diesem Dokumentationsaufwand entfallen ca. 40 Min. auf<br />
die Dokumentation administrativer und zwischen 120 und 155 min auf die patientenbezogene<br />
Dokumentation. Das strukturierte psychoonkologische Versorgungsprogramm setzt konsequent<br />
auf eine EDV-basierte Leistungsdokumentation und veranschlagt für die entsprechende<br />
Dokumentation knapp 1h eines Arbeitstages. Wie viele Stunden die Psychoonkologen<br />
tatsächlich für die Leistungsdokumentation aufgewendet haben, wurde im Rahmen des<br />
Projektes zwar nicht eigens ermittelt, jedoch soll diese laut Angaben der Leistungserbringer<br />
bei durchschnittlich ca. 10 Min., in jedem Fall aber unter den 2 bis 3 h je Arbeitstag liegen.<br />
Zeitraum der Patientenversorgung: Tabelle 71 verdeutlicht, dass der Zeitraum von der ersten<br />
bis zur letzten psychoonkologischen Intervention in den Hauptabteilungen im Mittel 85 Tage<br />
betrug. Alle 3.862 im Krankenhaus psychoonkologisch versorgten Patienten werden im Mittel<br />
etwa 2,8 Monate lang betreut. Dieser Zeitraum entspricht dem, im strukturierten Versorgungsprogramm<br />
vorgesehenen Versorgungszeitraum von 3 Monaten. Es ist dabei zu bedenken,<br />
dass in besonderen Fällen ein weitaus größerer Versorgungszeitraum erforderlich wird,<br />
etwa für Patienten mit langwieriger Krebstherapie, für Patienten in palliativer Versorgung<br />
oder für Patienten mit psychischen Störungen ohne adäquate psychosoziale Nachsorge.<br />
Viele Patienten beanspruchen einen deutlich geringeren Versorgungszeitraum; etwa Patienten<br />
mit einer kurzen Behandlungsdauer.<br />
Tabelle 71: Zeitraum der psychoonkologischen Versorgung je Hauptabteilung<br />
Hauptabteilung Versorgungs-<br />
zeitraum*<br />
d N<br />
Chirurgie 90 591<br />
Gynäkologie 102 1.228<br />
Innere Med. 58 291<br />
Urologie 83 874<br />
Hämato./Onko. 93 92<br />
Radiologie 71 266<br />
ambulant 75 205<br />
andere 52 315<br />
Insgesamt 85 3.862<br />
* Zeitraum zwischen erster und letzter psychoonkologischer Intervention
136 <strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006<br />
Der mittlere Zeitraum der Versorgung von Patienten mit Einverständniserklärung betrug über<br />
alle Hauptindikationen hinweg im Mittel 130 Tage (vgl. Tabelle 72). Die Patienten werden<br />
somit 4,5 Monate bzw. 1,7 Monate länger psychoonkologisch betreut als die Patienten insgesamt.<br />
Tabelle 72: Mittlerer Versorgungszeitraum von der ersten bis zur letzten psychoonkologischen<br />
Intervention<br />
Hauptindikation Versorgungs-<br />
zeitraum<br />
C50: Mamma-CA 145<br />
C53-55: Uterus-CA 113<br />
C56: Ovarial-CA 135<br />
C34: Bronchial-CA 106<br />
C18: Colon-CA 132<br />
C61: Prostata-CA 91<br />
C67: Blasen-CA 161<br />
Nicht-Index-Diag 151<br />
gesamt 130<br />
Patienten 2.064<br />
Klinische Angemessenheit der Versorgungsaufwendungen: Die Schwerpunktsetzung der<br />
psychoonkologischen Versorgung soll sich nicht allein an administrativen Vorgaben ausrichten,<br />
sondern an dem empirisch ermittelten Versorgungsbedarf. Das strukturierte psychoonkologische<br />
Versorgungsprogramm hat aus diesem Grunde den Schwerpunkt auf die Versorgung<br />
der psychosozial und psychisch höher belasteten Patienten gelegt.<br />
Die Tabellen 73 und 74 zeigen den Zusammenhang zwischen der Dauer der direkten und<br />
indirekten psychoonkologischen Versorgungsleistungen und dem Ausmaß der empfundenen<br />
Angst und Depression der Patienten (HADS-Risikogruppen).<br />
In Tabelle 73 wird deutlich, dass die Versorgungsdauer für Patienten mit erhöhter seelischer<br />
Belastung (RG II und III) deutlich länger ist als für Patienten mit geringer Belastung.<br />
Tabelle 73: Dauer der Gespräche des Psychotherapeuten mit dem Patienten (Dauer direkt)<br />
und mit dem Behandlungsteam (Dauer indirekt) je HADS-Risikogruppe<br />
Dauer<br />
HADS-Risikogruppe<br />
zu Behandlungsbeginn<br />
RG I RG II RG III gesamt<br />
N Min. N Min. N Min. N Min.<br />
direkt 729 76.870 350 51.880 321 70.857 1.400 199.607<br />
h/Pat. 1,76 2,47 3,68 2,38<br />
indirekt 701 29.274 333 16.783 316 23.443 1.350 69.500<br />
h/Pat. 0.70 0.84 1,24 0.86<br />
gesamt 106.144 68.663 94.300 269.107<br />
∑ h/Pat. 2,46 3,31 4,92 3,24<br />
d
<strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006 137<br />
In Tabelle 74 ist dargelegt, dass die vorgefundenen Unterschiede in der Versorgungsdauer<br />
statistisch signifikant sind.<br />
Tabelle 74: Dauer der Gespräche des Psychotherapeuten mit dem Patienten (Dauer direkt)<br />
und mit dem Behandlungsteam (Dauer indirekt) je HADS-Risikogruppe<br />
Dauer<br />
����<br />
(min)<br />
HADS-Risikogruppe<br />
zu Behandlungsbeginn<br />
RG I RG II RG III gesamt<br />
SD<br />
����<br />
(min)<br />
SD<br />
����<br />
(min)<br />
SD<br />
����<br />
(min)<br />
SD p<br />
direkt 105,45 141,8 148,23 208,1 220,74 265,6 142,58 198,8 .000<br />
indirekt 41,76 47,9 50,40 59,5 74,19 90,5 51,48 64,4 .000<br />
gesamt 147,21 189,7 198,63 267,6 294,93 356,1 194,06 263,2 .000<br />
Die psychoonkologische Versorgung auf Basis des strukturierten Versorgungsprogramms<br />
richtet die vorhandenen personellen und zeitlichen Ressourcen an dem ermittelten Versorgungsbedarf<br />
der Patienten aus und wirkt darüber der Unter- und Überversorgung entgegen.<br />
Zusammenfassung: Die zentrale Frage zur Strukturqualität der Versorgung („Wird die vorhandene<br />
Versorgungskapazität der Psychoonkologen in angemessener Weise für die Patientenversorgung<br />
aufgewendet?“) kann wie folgt beantwortet werden:<br />
Im Rahmen des strukturierten psychoonkologischen Versorgungsprogramms kann der Einsatz<br />
der psychoonkologischen Fachkräfte (Psychotherapeuten) so organisiert werden und<br />
die Leistungserbringung derart geplant werden, dass<br />
• die vorhandenen und verfügbaren zeitlichen Ressourcen angemessen eingesetzt werden,<br />
• die Anzahl, Dauer und Intensität der Versorgungsleistungen in angemessener Weise den Patien-<br />
ten zukommen und<br />
• die Ressourcen am vorliegenden Bedarf der Patienten orientiert eingesetzt und damit Über- und<br />
Unterversorgung vermieden wird.<br />
5.3.2 Ergebnisse zur Prozessqualität der Versorgung<br />
Die zentrale Frage zur Prozessqualität der Versorgung lautet: „Erfolgt im Rahmen des strukturierten<br />
psychoonkologischen Versorgungsprogramms ein zeitnaher Zugang zur psychoonkologischen<br />
Versorgung?“<br />
Ein Krankenhaus muss seine personellen und zeitlichen Ressourcen nicht nur kompetent<br />
organisieren, um die vorhandene Versorgungskapazität in angemessener Weise den Patienten<br />
zukommen zu lassen, sondern auch die Verteilung der Versorgungskapazität über den<br />
Versorgungszeitraum im Blick behalten. Ist gefordert, dass alle neu aufgenommenen Patienten<br />
zügig einer psychoonkologischen Versorgung zugewiesen und die Patienten nicht länger<br />
als erforderlich psychoonkologisch versorgt, bzw. bei Bedarf entweder noch durch das Krankenhaus<br />
weiter versorgt bzw. der ambulanten Nachsorge zugewiesen werden, so ist es er-
138 <strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006<br />
forderlich, das Leistungsgeschehen entsprechend zu lenken. Diese Aufgabe übernimmt das<br />
psychoonkologische Behandlungsprogramm über die Auswahl- und Ausführungsempfehlungen<br />
zur Diagnostik, Indikation, Intervention und Evaluation. Dabei sollen die Ausführungsempfehlungen<br />
zum diagnostischen Procedere eine zügige Zuweisung zum Psychoonkologen<br />
und diejenigen zum Procedere der Evaluation eine zügige Zuweisung zur Nachsorge ermöglichen.<br />
Wie bereits in Kapitel 5.2.2 gezeigt, ist gegenwärtig die Einleitung einer erforderlichen<br />
Nachsorge aufgrund der oftmals fehlenden Nachsorgestrukturen nicht immer realisierbar.<br />
Hohe Prozessqualität der Leistungserbringung ist gegeben, wenn die Zugänglichkeit 115 zur<br />
psychoonkologischen Versorgung im stationären und ambulanten Sektor gewährleistet und<br />
sich die Versorgungsdichte auf die ersten drei Behandlungsmonate konzentriert.<br />
Zugänglichkeit zur Patientenversorgung bei Behandlungsbeginn: Entsprechend den Auswahl-<br />
und Ausführungsleitlinien sollte der Zugang zur psychoonkologischen Versorgung<br />
nach erfolgter stationärer Aufnahme für die Patienten in den ersten Tagen nach Aufnahme,<br />
im besten Fall bereits an dem Tag bzw. dem folgenden Tag der stationären Aufnahme erfolgen.<br />
Als Zeitraum des Zugangs zur psychoonkologischen Versorgung wurde im CMP-Projekt<br />
der Zeitraum zwischen dem Tag der stationären Aufnahme und dem Tag des ersten Gespräches<br />
mit dem Psychoonkologen definiert.<br />
Tabelle 75 zeigt die Ergebnisse zur Zugänglichkeit für Patienten mit Einverständniserklärung<br />
und die Gruppe der Patienten mit unterschiedlichen psychischen Belastungen (HADS-G RG<br />
I bis III) zu Behandlungsbeginn. Es zeigt sich, dass über 50% der Patienten innerhalb der<br />
ersten Woche nach deren stationärer Aufnahme ein erstes Gespräch mit dem Psychoonkologen<br />
hatten. Patienten mit einer sehr hohen psychischen Belastung haben mit 15% knapp<br />
doppelt so häufig bereits am Tag der stationären Aufnahme ihr erstes Gespräch wie die Patienten<br />
mit geringer Belastung (8%). Dies spricht für einen zeitnahen Zugang zur psychoonkologischen<br />
Versorgung für den Großteil der Patienten, der jedoch aufgrund der sich zunehmend<br />
verkürzenden stationären Aufenthaltstage noch weiter zu reduzieren sein wird. Die<br />
Gründe für einen eher späten Zugang vieler hoch belasteter Patienten sind bislang noch<br />
nicht näher untersucht worden.<br />
Tabelle 75: Zugang zur psychoonkologischen Versorgung in Tagen bei Patienten mit Einverständniserklärung<br />
und Patienten der HADS-Risikogruppen<br />
Zugang zur<br />
Versorgung<br />
Patienten<br />
mit EVE<br />
Ausmaß psychischer Belastung<br />
(Angst und Depression laut HADS-G)<br />
RG I RG II RG III<br />
Tage N % N % N % N %<br />
„gleicher Tag“* 246 12 57 8 37 11 42 15<br />
1-7 1.010 56 346 54 164 57 132 54<br />
8-15 473 26 153 24 82 29 72 29<br />
16 bis 30 136 8 41 6 19 7 25 10<br />
> 30 171 10 102 16 22 7 18 7<br />
gesamt (HADS) 1.790 100 642 100 287 100 247 100<br />
insgesamt (EVE) 2.036 100 703 100 324 100 289 100<br />
* „Gleicher Tag“ = Datum der stationären Aufnahme und Datum des Erstgespräches fallen zusammen
<strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006 139<br />
Tabelle 76 zeigt Ergebnisse zur Zugänglichkeit für die Gruppe der ersterkrankten (Index-)<br />
Patientinnen mit Brustkrebs und der ersterkrankten (Index-)Patienten mit Prostatakrebs, die<br />
unterschiedliche psychische Belastungen (HADS-G RG I bis III) aufwiesen. Hier wird deutlich,<br />
dass höher belastete Patienten tendenziell häufiger an dem Tag ihrer stationären Aufnahme<br />
ihr erstes psychoonkologisches Gespräch mit dem Psychotherapeuten wahrnehmen.<br />
Dabei haben Patientinnen mit Mamma-Karzinom unabhängig vom Ausmaß der psychischen<br />
Belastung prozentual häufiger einen Zugang zur psychoonkologischen Versorgung, der am<br />
Tag der stationären Aufnahme erfolgt, als Patienten mit Prostata-Karzinom. Im Mittel liegt<br />
der Zugang für 50% dieser Patientinnen vor dem vierten Tag nach stationärer Aufnahme und<br />
damit um bis zu zwei Tage früher als bei Patienten mit Prostata-Karzinom. Bei besonders<br />
hoch belasteten Patientinnen und Patienten ist die mittlere Zeitspanne, in der diese Patienten<br />
zur psychoonkologischen Versorgung gelangen, mit bis zu 16 bzw. bis zu 13 Tagen kürzer,<br />
als sie es bei den gering belasteten Patienten (RG I) ist. Nur ein geringer Anteil der Patienten<br />
(2% bis 6%) hat einen extrem verzögerten Zugang (> 90 Tage) zur psychoonkologischen<br />
Versorgung.<br />
Tabelle 76: Zeitlicher Zugang zur psychoonkologischen Versorgung bei ersterkrankten<br />
Patienten mit Brustkrebs und Prostatakrebs<br />
Zugangsdaten Mamma-CA Prostata-CA<br />
Risikogruppe<br />
laut HADS-G<br />
RG I RG II RG III RG I RG II RG III<br />
Patienten 121 71 55 101 35 15<br />
Patienten (N, %) mit<br />
Zugang am gleichen Tag<br />
Zugang in Tagen für 50%<br />
der Patienten<br />
Mittlere<br />
Spanne in Tagen<br />
Patienten mit extrem<br />
späten Zugang (N)<br />
23<br />
(19%)<br />
15<br />
(21,1%)<br />
18<br />
(32,7%)<br />
7<br />
(6,9%)<br />
3<br />
(8,6%)<br />
3<br />
(20,0%)<br />
3 4 3 6 6 4,5<br />
0-42 0-44 0-16 0-26 0-15 0-13<br />
4 (3,3%) 0 (0%) 1 (1,8%) 4 (3,4%) 1 (2,9%) 1 (6,7%)<br />
Spanne in Tagen 98-197 0 159 104-135 206 94<br />
Schwerpunkt der psychoonkologischen Versorgung: Entsprechend den Auswahl- und Ausführungsempfehlungen<br />
des strukturierten psychoonkologischen Versorgungsprogramms<br />
sollte der Schwerpunkt der psychoonkologischen Versorgung innerhalb der ersten drei Behandlungsmonate<br />
erfolgen. Die Katamneseerhebung sollte im dritten Behandlungsmonat<br />
durchgeführt werden, und die Versorgung sollte sich anschließend gezielt auf die höher belasteten<br />
Patienten konzentrieren.<br />
Von den 10.597 Gesprächen entfielen 7.060 (66,6%) auf den Zeitraum der ersten 90 Tage<br />
und 3.537 (33,4%) auf den Zeitraum nach 90 Tagen nach stationärer Aufnahme der Patienten.<br />
Insgesamt erhielten von den 2.220 Patienten 1.312 Patienten (= 59%) im Mittel 1,68<br />
Gespräche nach 90 Tagen.<br />
Tabelle 77 verdeutlicht, dass die Schwerpunktsetzung der psychoonkologischen Versorgung<br />
durch die Psychotherapeuten vorwiegend auf den Zeitraum vor dem vierten Behandlungs-
140 <strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006<br />
monat gelegt wurde (Gespräche vor dem 4. Mo. [� = 3,7] zu ab dem 4. Mo. [� 1,91]). Dieser<br />
Unterschied ist in allen Schweregradgruppen (SWG) hoch signifikant (p = .000). Zudem<br />
wurde insbesondere mit Patienten, die eine klinisch relevante Belastung (SWG III) aufwiesen,<br />
sowohl vor als auch nach dem vierten Behandlungsmonat häufiger ein Gespräch geführt<br />
als mit Patienten der anderen Schweregradegruppen. Diese Schwerpunktsetzung erfolgte<br />
demnach entsprechend dem strukturierten Versorgungsprogramm.<br />
Tabelle 77: Schwerpunkt der psychoonkologischen Versorgung im Verlauf der stationären<br />
Krebstherapie für Patienten mit unterschiedlichen klinischen Schweregraden<br />
Zeitraum der<br />
Gespräche<br />
Klinische Schweregradgruppe<br />
(laut psychoonkologischer Anamnese)<br />
SWG SWG I SWGII SWG III<br />
Patienten (N) 1.709 269 647 792<br />
∑ ���� ∑ ���� ∑ ���� ∑ ����<br />
Gespräche 9.568 5,60 810 3,01 2.842 4,39 5.916 7,47<br />
• vor dem 4. Mo. 6.313 3,70 479 1,78 1.834 2,83 4.000 5,05<br />
• ab dem 4. Mo. 3.255 1,91 331 1,23 1.008 1,56 1.916 2,42<br />
Tabelle 78 zeigt, dass die Schwerpunktsetzung der psychoonkologischen Versorgung durch<br />
die Psychotherapeuten auch aus Perspektive der Patienten als angemessen zu betrachten<br />
ist. Auch in Abhängigkeit der psychischen Belastung eines Patienten (HADS-Risikogruppen)<br />
zeigt sich, dass die Versorgung überwiegend in dem Zeitraum vor dem vierten Behandlungsmonat<br />
erfolgte (z.B. HADS-G = 3,27 zu 1,98). Dieser Unterschied ist in allen Risikogruppen<br />
hoch signifikant (p = .000). Zudem wurde insbesondere mit Patienten, die eine hohe<br />
bis sehr hohe psychische Belastung (RG II und III) aufwiesen, sowohl vor als auch nach dem<br />
vierten Behandlungsmonat häufiger ein Gespräch geführt (RG II = 1,91; RG III = 2,76) als mit<br />
Patienten, die sich als nur gering belastet beschrieben (RG I = 1,68).<br />
Tabelle 78: Schwerpunkt der psychoonkologischen Versorgung im Verlauf der stationären<br />
Krebstherapie für Patienten mit unterschiedlichen psychischen Belastungen<br />
Zeitraum der<br />
Gespräche<br />
Ausmaß psychischer Belastung<br />
(Angst und Depression laut HADS-G)<br />
HADS-G RG I RG II RG III<br />
Patienten (N) 1.479 786 364 329<br />
davon mit Ge-<br />
spräch ab 4. Mo.<br />
1.425 747 354 324<br />
∑ M ∑ M ∑ M ∑ M<br />
Gespräche 7.666 3.160 1.982 2.524<br />
vor 4. Mo. 4.843 3,27 1.908 2,43 1.306 3,59 1.629 4,95<br />
ab 4. Mo. 2.823 1,98 1.252 1,68 676 1,91 895 2,76
<strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006 141<br />
Zusammenfassung: Die zentrale Frage zur Prozessqualität der Versorgung („Erfolgt im<br />
Rahmen des strukturierten psychoonkologischen Versorgungsprogramms ein zeitnaher Zugang<br />
zur psychoonkologischen Versorgung?“) kann wie folgt beantwortet werden:<br />
Im Rahmen des strukturierten psychoonkologischen Versorgungsprogramms kann der Einsatz<br />
der psychoonkologischen Fachkräfte (Psychotherapeuten) so gesteuert werden und die<br />
Leistungserbringung derart gelenkt werden, dass<br />
• ein barrierefreier Zugang zur psychoonkologischen Versorgung für alle Patienten gegeben ist,<br />
• die meisten Patienten der psychoonkologischen Versorgung zeitnah zugewiesen werden,<br />
• höher belastete Patienten tendenziell früher zur psychoonkologischen Versorgung gelangen als<br />
weniger belastete Patienten und<br />
• der Schwerpunkt der Patientenversorgung im Krankenhaus auf der frühen Behandlungsphase der<br />
ersten drei Monate liegt.
142 <strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006<br />
5.3.3 Ergebnisse zur Ergebnisqualität der Versorgung<br />
Die zentrale Frage zur Ergebnisqualität der Versorgung lautet: „Sind die Patienten mit der<br />
psychoonkologischen Versorgung anhand des strukturierten psychoonkologischen Versorgungsprogramms<br />
zufrieden und werden klinisch relevante Wirkeffekte erzielt?“<br />
Die psychoonkologische Versorgung im Krankenhaus soll insgesamt nutzbringend für die<br />
Patienten sein (vgl. Kapitel 5.2.3). Zudem sollen die Patienten mit der Leistungserbringung<br />
des Behandlungsteams zufrieden sein. Für die Frage der Ergebnisqualität psychoonkologischer<br />
Versorgung ist es weiterhin von besonderem Interesse, zeigen zu können,<br />
• wie viele zu Behandlungsbeginn psychisch hoch belastete Patienten solchermaßen von der psy-<br />
choonkologischen Versorgung profitieren, dass sie zum dritten Behandlungsmonat als psychisch<br />
unbeeinträchtigt betrachtet werden können, und<br />
• bei wie vielen Patienten es trotz psychoonkologischer Versorgung im dritten Monat der stationären<br />
Krebstherapie zu einer Verschlechterung des psychischen Befindens gekommen ist.<br />
In beiden Fällen sind neben der medizinischen Diagnose auch der Verlauf und die Prognose<br />
der Krebstherapie als Faktoren zu beachten, die auf die Ergebnisqualität der psychoonkologischen<br />
Versorgung einwirken. Diese Effekte wurden aus praktischen Erwägungen in der<br />
versorgungsbegleitenden Leistungsdokumentation nicht gezielt berücksichtigt 116 .<br />
Im Rahmen des Projektes „<strong>Case</strong> <strong>Management</strong> <strong>Psychoonkologie</strong>“ wurde die strukturierte<br />
psychoonkologische Versorgung dann als wirksam betrachtet, wenn die erzielten Effekte,<br />
d.h. die Verbesserung des psychischen Befindens eines Patienten, in einem Zusammenhang<br />
mit der Patientenversorgung standen, d.h. mit der Anzahl der Versorgungsleistungen (= signifikante<br />
Wirkeffekte) korrelierten. Die Ergebnisse der strukturierten psychoonkologischen<br />
Versorgung wurden dann als klinisch relevant betrachtet, wenn sich zusätzlich zum nachgewiesenen<br />
Zusammenhang zwischen Versorgungsintensität und Versorgungsergebnissen ein<br />
Großteil der zu Behandlungsbeginn psychisch hoch belasteten Patienten im dritten Behandlungsmonat<br />
als psychisch unbelastet erwiesen haben und dieser Effekt kein zufälliges Ereignis<br />
darstellt (= klinisch signifikante Wirkeffekte). Die klinisch signifikanten Wirkeffekte können<br />
für jeden einzelnen Patienten ermittelt werden, so dass man Aussagen darüber erhält, wie<br />
hoch der Anteil der Patienten mit relevanten Verbesserungen des psychischen Befindens an<br />
der Gesamtheit der psychoonkologisch versorgten Patienten ist. Das Konzept der „Klinischen<br />
Signifikanz“ (vgl. Kapitel 5.1.1) erlaubt damit Aussagen zur Qualität der Ergebnisse<br />
einer strukturierten psychoonkologischen Versorgung, die für die Qualitätsbewertung und<br />
Qualitätsentwicklung von zentraler Bedeutung sind.<br />
Unabhängig von den Effekten, die eine strukturierte psychoonkologische Versorgung erzielen<br />
kann, sollten die Patienten mit der Versorgung, die sie in einem Krankenhaus erhalten<br />
haben, insgesamt zufrieden sein.<br />
Patientenzufriedenheit: Im Rahmen des Projektes „<strong>Case</strong> <strong>Management</strong> <strong>Psychoonkologie</strong>“<br />
wurden die ersterkrankten Patienten der Hauptindikationen, die zu Beginn ihrer stationären<br />
Behandlung und im Mittel 120 Tage danach den Patientenfragebogen ausgefüllt haben gefragt:<br />
„Wie zufrieden waren Sie mit der persönlichen Betreuung durch Ihr Behandlungsteam<br />
im Krankenhaus?“<br />
Tabelle 79 zeigt die Verteilung der Zufriedenheit der Patienten mit der persönlichen Betreuung<br />
durch das Behandlungsteam in den projektbeteiligten Krankenhäusern.
<strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006 143<br />
Tabelle 79: Patientenzufriedenheit insgesamt<br />
Patientenzufriedenheit<br />
insgesamt<br />
H %<br />
1 sehr zufrieden 288 33<br />
2 214 24,5<br />
3 121 13,9<br />
4 48 5,5<br />
5 27 3,1<br />
6 26 3<br />
7 22 2,5<br />
8 32 3,7<br />
9 41 4,7<br />
10 sehr unzufrieden 54 6,2<br />
gesamt 873 100<br />
Tabelle 80 stellt die mittlere Zufriedenheit der Patienten mit der persönlichen Betreuung<br />
durch das Behandlungsteam (Ärzte, Pflegekräfte und Psychotherapeuten) dar. Die ersterkrankten<br />
Patienten der Hauptindikationen bewerten die persönliche Betreuung im Mittel mit<br />
3.3. Dies entspricht einer Benotung auf Basis von Schulnoten von 1,98, was mit den Werten<br />
der Katamneseerhebung des CMP-Programms übereinstimmt (vgl. Kapitel 2.2). Männer<br />
waren mit einem Zufriedenheitswert von 2,89 (Note: 1,73) deutlich zufriedener mit der persönlichen<br />
Betreuung als Frauen (3,62; Note: 2,17; p = .000).<br />
Tabelle 80: Patientenzufriedenheit der Patientinnen und Patienten.<br />
Patientenzufriedenheit<br />
der Patientinnen und Patienten<br />
N ���� SD<br />
Patientinnen 480 3,62 3,007<br />
Patienten 382 2,89 2,514<br />
Insgesamt 862 3,3 2,821<br />
Tabelle 81 stellt die Patientenzufriedenheit in Abhängigkeit der Altersgruppe der Patienten<br />
dar. Bedeutsame Unterschiede in der Bewertung der Zufriedenheit mit der persönlichen Betreuung<br />
konnten hier nicht festgestellt werden.<br />
Tabelle 81: Patientenzufriedenheit je Altersgruppe<br />
Patientenzufriedenheit<br />
je Altersgruppe<br />
Altersgruppe N ���� SD<br />
20 - 29 7 2,57 0,787<br />
30 - 39 33 3,12 2,724<br />
40 - 49 102 3,93 3,039
144 <strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006<br />
50 - 59 179 3,44 2,75<br />
60 - 69 349 3,19 2,858<br />
70 - 79 168 3,21 2,837<br />
80 - 89 30 2,43 2,063<br />
90 und älter 2 1 0<br />
Insgesamt 870 3,29 2,822<br />
Tabelle 82 stellt die Patientenzufriedenheit in Bezug zur Krebserkrankung der Patienten dar.<br />
Bei insgesamt hoher Zufriedenheit konnten dennoch bedeutsame Unterschiede in der Bewertung<br />
der Zufriedenheit mit der persönlichen Betreuung festgestellt werden (p = .000).<br />
Patienten mit Prostata-Karzinom oder Patientinnen mit Ovarial-Karzinom bewerten sich im<br />
Vergleich zu Patientinnen mit Uterus- oder Mamma-Karzinom sowie Patienten bzw. Patientinnen<br />
mit Bronchialkarzinom als deutlicher zufriedener mit der persönlichen Betreuung.<br />
Tabelle 82: Patientenzufriedenheit je Hauptindikation<br />
Patientenzufriedenheit<br />
je Hauptindikation<br />
Hauptindikation N ���� SD<br />
C50: Mamma 298 3,72 3,063<br />
C53-55: Uterus 36 4,11 3,37<br />
C56: Ovarial 25 2,52 2,312<br />
C34: Bronchial 42 3,9 2,861<br />
C18: Colon 84 3,51 3,099<br />
C61: Prostata 195 2,53 2,216<br />
C67: Blase 49 3,1 2,64<br />
Nicht-Index-Diag 140 3,13 2,622<br />
gesamt 869 3,29 2,823<br />
Tabelle 83 stellt die Patientenzufriedenheit für die projektbeteiligte Klinik dar. Auch hier zeigen<br />
sich bei insgesamt hoher Zufriedenheit bedeutsame Unterschiede in der Bewertung der<br />
erhaltenen persönlichen Betreuung (p = .000).<br />
Tabelle 83: Patientenzufriedenheit in den beteiligten Projektkliniken<br />
Patientenzufriedenheit<br />
je Projektklinik<br />
Klinik N ���� SD<br />
1 123 2,48 2,062<br />
2 271 3,99 3,19<br />
3 79 3,86 3,373<br />
4 62 3,32 2,78<br />
5 125 2,84 2,438<br />
6 213 2,95 2,475<br />
gesamt 873 3,3 2,823
<strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006 145<br />
Tabelle 84 zeigt die Zusammenhänge zwischen der Patientenzufriedenheit und der psychischen<br />
Belastung der Patienten. Dabei zeigt sich, dass Patienten mit hoher bzw. sehr hoher<br />
Angst bzw. Depression deutlich unzufriedener mit der persönlichen Betreuung durch das<br />
Behandlungsteam waren als geringer belastete Patienten (p = .000).<br />
Tabelle 84: Patientenzufriedenheit und seelische Belastung (HADS-G)<br />
Patientenzufriedenheit<br />
bei seelischer Belastung<br />
HADS-G N ���� SD<br />
RG I 456 2,95 2,68<br />
RG II 191 3,92 3,102<br />
RG III 154 3,72 2,783<br />
gesamt 801 3,33 2,837<br />
Tabelle 85 zeigt einen deutlichen Zusammenhang zwischen der Zufriedenheit der Patienten<br />
mit der persönlichen Betreuung durch das Behandlungsteam und der Anzahl der Gespräche<br />
eines Patienten mit dem Psychotherapeuten (p = .001). Dabei zeigt sich, dass die Unzufriedenheit<br />
mit der persönlichen Betreuung durch das Behandlungsteam mit der Anzahl der Gespräche<br />
zusammenhängt (vgl. zusätzlich Tabelle 85). Da die Psychotherapeuten laut strukturiertem<br />
Versorgungsprogramm ihren Versorgungsschwerpunkt auf die hoch bis sehr hoch<br />
belasteten Patienten gelegt haben (vgl. Kapitel 5.2.2) und diese Patienten sich als deutlich<br />
unzufrieden erweisen (vgl. Tabelle 84), ist der Zusammenhang verständlich. So gehören<br />
Patienten mit weniger Versorgungsleistungen deutlich häufiger zur Risikogruppe I (vgl. Tabelle<br />
48), deren Zufriedenheit insgesamt höher ausfiel (vgl. Tabelle 84).<br />
Bemerkenswert ist der deutliche Anstieg der „Unzufriedenheit“ bei Patienten, die nur 2-3 Gespräche<br />
hatten, im Vergleich zu Patienten, die 4-6 Gespräche erhalten haben, sowie zu Patienten<br />
mit 7-10 Gesprächen und Patienten mit >10 Gesprächen (vgl. Tabelle 85). Dieser<br />
umgekehrte Zusammenhang zwischen Betreuungsintensität und Zufriedenheit lässt darauf<br />
schließen, dass die Patientenzufriedenheit sehr von dem Verlauf der Krebstherapie abhängig<br />
ist, zumal die Patienten mit hoher Versorgungsintensität im CMP-Projekt auch einen ungünstigen<br />
Krankheits- und Therapieverlauf zeigten.<br />
Patientenzufriedenheitsbefragungen, die lange Zeit nach einer stationären Krebsbehandlung<br />
durchgeführt werden, sind mit diesen Ergebnissen wahrscheinlich nicht zu vergleichen.<br />
Tabelle 85: Patientenzufriedenheit und psychoonkologische Versorgung<br />
Patientenzufriedenheit<br />
und psychoonkologische Versorgung<br />
Versorgungsleistungen N ���� SD<br />
0-1 Gespräch 37 2,16 1,922<br />
2-3 Gespräche 296 2,97 2,691<br />
4-6 Gespräche 314 3,48 2,927<br />
7-10 Gespräche 132 3,41 2,718<br />
>10 Gespräche 94 4,01 3,099<br />
gesamt 873 3,3 2,823
146 <strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006<br />
Tabelle 86 stellt die Ergebnisse der Patientenbefragungen getrennt danach dar, ob die Patienten<br />
bei stationärer Aufnahme ein Gespräch mit dem behandelnden Arzt zum Thema der<br />
psychosozialen Belastung und psychoonkologischen Mitbetreuung im Krankenhaus erhalten<br />
haben oder nicht (Kriterium: Vorliegen der ACA = „Ärztliche Checkliste: Aufnahmegespräch“).<br />
Der Vergleich beider Patientengruppen zeigt eine deutlich höhere Patientenzufriedenheit<br />
der Patienten mit entsprechendem ärztlichen Aufnahmegespräch (p = .001).<br />
Tabelle 86: Patientenzufriedenheit und ärztliches Aufnahmegespräch<br />
Patientenzufriedenheit<br />
und Aufnahmegespräch<br />
Ärztliche Checkliste N ���� SD<br />
ACA nicht vorhanden 130 4,66 3,494<br />
ACA vorhanden 743 3,06 2,62<br />
gesamt 873 3,3 2,823<br />
Tabelle 87 zeigt die Ergebnisse der Patientenbefragungen bis zum 31.12.2005 und seit dem<br />
01.01.2006. Im Vergleich dieser Projektphasen zeigt sich ein deutlicher Anstieg der Patientenzufriedenheit<br />
(p = .007).<br />
Tabelle 87: Patientenzufriedenheit in zwei CMP-Projektphasen<br />
Patientenzufriedenheit<br />
und Projektphase<br />
Projektzeitraum N ���� SD<br />
bis 31.12.2005 808 3,37 2,878<br />
seit 01.01.2006 65 2,4 1,818<br />
gesamt 873 3,3 2,823<br />
Zusammenfassung: Die Patientenzufriedenheit ist ein wichtiger Indikator zur Bewertung der<br />
Versorgungs- und Dienstleistungsqualität der strukturierten psychoonkologischen Versorgung<br />
im Krankenhaus. Folgende Aussagen lassen sich anhand der Ergebnisse treffen:<br />
• In der Zeit von durchschnittlich 120 Tagen nach stationärer Aufnahme ist die Zufriedenheit der<br />
Patienten mit der persönlichen Betreuung durch das Behandlungsteam mit einer Note von 1,98 in-<br />
sgesamt gut.<br />
• Die Patientenzufriedenheit hängt von verschiedenen Einflussfaktoren ab, zu denen das Ge-<br />
schlecht, die Krebserkrankung, die behandelnde Klinik, die seelische Belastung des Patienten und<br />
vermutlich auch Einflüsse wie der Krankheits- und Therapieverlauf zählen.<br />
• Die Zufriedenheit mit der persönlichen Betreuung durch das Behandlungsteam ist vermutlich nicht<br />
durch die Intensität der psychoonkologischen Versorgung zu beeinflussen.<br />
• Die Einführung eines strukturierten psychoonkologischen Versorgungsprogramms, an dem auch<br />
ärztliche Teammitglieder teilnehmen, ist erforderlich, um bereits mit Beginn der stationären Auf-
<strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006 147<br />
nahme und dem ärztlichen Aufnahmegespräch eine positive Beziehung zwischen Patienten und<br />
Behandlungsteam einzuleiten.<br />
• Die Implementierung eines strukturierten psychoonkologischen Versorgungsprogramms benötigt<br />
wahrscheinlich einen Zeitraum von 1 ½ Jahren (01.07.2004 bis 31.12.2005), um zu positiven Effek-<br />
ten auf die Zufriedenheit von Patienten mit der persönlichen Betreuung durch das Behandlungs-<br />
team zu führen.<br />
Effekte psychoonkologischer Versorgung: Im Rahmen des Projektes „<strong>Case</strong> <strong>Management</strong><br />
<strong>Psychoonkologie</strong>“ wurden anhand der Stichprobe der ersterkrankten Patienten der Hauptindikationen,<br />
die zu Beginn ihrer stationären Behandlung und im Mittel 120 Tage danach den<br />
Patientenfragebogen ausgefüllt haben, mögliche Wirkeffekte der strukturierten psychoonkologischen<br />
Versorgung untersucht. Ein Wirkeffekt psychoonkologischer Versorgung liegt nahe,<br />
wenn zwischen der Anzahl psychoonkologischer Leistungen (Gespräche) und der Ausprägung<br />
der Belastungslinderung vom ersten zum zweiten Erhebungszeitpunkt ein Zusammenhang<br />
besteht.<br />
Tabelle 88: Bearbeitete Patientenfragebogen zum ersten und zum zweiten Erhebungszeitpunkt<br />
(Zeitraum: 01.07.2004 – 30.06.2006)<br />
Patientenfragebogen<br />
Erhebungszeitpunkt<br />
Projektzeitraum Beginn nach 120 D %<br />
PfSA 1.829<br />
PfAN 857 46,9<br />
HADS prä 1.479<br />
HADS post 754 51,0%<br />
Funktionalität und Lebensqualität: Tabelle 89 ist zu entnehmen, dass kein Zusammenhang<br />
zwischen der Anzahl der psychoonkologischen Gespräche und der Verbesserung der körperlichen<br />
Funktionsfähigkeit besteht (p = .816). Vielmehr reduziert sich die Funktionsfähigkeit<br />
der Patienten im Verlauf der stationären Krebsbehandlung. Spezielle psychoonkologische<br />
Interventionsformen, wie ein Selbst-<strong>Management</strong>-Training, sind im Rahmen des CMP-<br />
Projektes nicht durchgeführt worden. Sie wären gezielt für die Gruppe der psychisch hoch<br />
belasteten Patienten jedoch zukünftig indiziert (vgl. auch Tabelle 54).<br />
Tabelle 89: Verbesserung der Funktionalität in Abhängigkeit der Versorgungsintensität<br />
(PfSA / PfAN)<br />
Funktionalität*<br />
„Körperliche Anstrengung“<br />
Versorgungsleistungen ����diff diff diff** diff N SD<br />
0-1 Gespräch -0,27 244 1,006<br />
2-3 Gespräche -0,34 320 1,045<br />
4-6 Gespräche -0,32 185 1,07<br />
7-10 Gespräche -0,44 62 1,196<br />
>10 Gespräche -0,4 25 1,155
148 <strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006<br />
gesamt -0,33 836 1,053<br />
* Ratingskala mit 1 = geringe; 4 = hohe Funktionseinschränkungen<br />
** �diff= Mittelwertdifferenzen (� prä zu � post Erhebung, je Anzahl der Gespräche)<br />
Lebensqualität: Wie für den Bereich der Funktionalität, zeigt sich auch im Bereich der gesundheitsbezogenen<br />
(p = .218) und allgemeinen Lebensqualität (p = .279) der Patienten kein<br />
Zusammenhang zur Anzahl der psychoonkologischen Gespräche (Tabelle 90). Der Umstand,<br />
dass es im Verlauf der stationären Krebsbehandlung zu einer eingeschränkten Lebensqualität<br />
kommt, ist insbesondere darauf zurückzuführen, dass in der hier zugrundeliegenden<br />
Stichprobe nicht allein ersterkrankte Indexpatienten enthalten sind (vgl. Tabelle 53).<br />
Tabelle 90: Verbesserung der gesundheitsbezogenen und allgemeinen Lebensqualität in<br />
Abhängigkeit der Versorgungsintensität (PfSA / PfAN)<br />
Lebensqualität*<br />
gesundheitsbezogen allgemein<br />
Versorgungsleistungen ����diff** N SD ����diff* N SD<br />
0-1 Gespräch -,25 249 1,620 -,03 247 1,569<br />
2-3 Gespräche -,42 325 1,811 -,23 326 1,672<br />
4-6 Gespräche -,58 189 1,750 -,16 183 1,692<br />
7-10 Gespräche -,28 67 1,816 -,12 67 1,683<br />
>10 Gespräche -,81 27 1,798 -,70 27 1,660<br />
gesamt -,41 857 1,746 -,17 850 1,649<br />
* Ratingskala mit 1 = geringe; 7 = hohe Lebensqualität<br />
** �diff= Mittelwertdifferenzen (� prä zu � post Erhebung, je Anzahl der Gespräche)<br />
Seelische Belastung: Im Bereich der seelischen Belastung zeigen sich sehr deutliche Zusammenhänge<br />
zwischen der Anzahl der geführten Gespräche und der Reduktion der seelischen<br />
Belastung. Die positiven Differenzen zwischen der seelischen Belastung zu Beginn<br />
und der seelischen Belastung nach durchschnittlich 120 Tagen steigen von 0,86 (= geringe<br />
Reduktion der seelischen Belastung) auf 2,07 (= hohe Reduktion der seelischen Belastung)<br />
an (vgl. Tabelle 91).<br />
Dieser Zusammenhang steht im Einklang mit dem Konzept der psychoonkologischen Versorgung<br />
im Krankenhaus, die primär eine Linderung der seelischen Belastung bzw. des<br />
emotionalen Distress 117 verfolgt, und dies unabhängig davon, ob es sich um Patienten mit<br />
einer gravierenden Krebserkrankungen und belastenden Krebstherapie handelt oder um<br />
Patienten mit schweren psychischen Belastungen, wie Ängste oder Depressionen.<br />
Tabelle 91: Verbesserung der seelischen Belastung in Abhängigkeit der Versorgungsintensität<br />
Seelische Belastung<br />
„1-Item Skala*“<br />
Versorgungsleistungen ����diff diff diff** diff N SD<br />
0-1 Gespräch ,86 244 3,045<br />
2-3 Gespräche 1,44 327 3,108
<strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006 149<br />
4-6 Gespräche 1,64 189 3,175<br />
7-10 Gespräche 2,23 65 3,050<br />
>10 Gespräche 2,07 27 3,507<br />
gesamt*** 1,40 852 3,132<br />
* Ratingskala mit 1 = geringe; 10 = hohe seelische Belastung<br />
** �diff= Mittelwertdifferenzen (� prä zu � post Erhebung, je Anzahl der Gespräche)<br />
*** (I-Item Skala = F 3,57, df 4, p = .007)<br />
Psychische Belastung: Das strukturierte psychoonkologische Versorgungsprogramm zielt<br />
nicht allein darauf ab, die seelische Belastung von Patienten mit einer Krebserkrankung zu<br />
lindern. Das Programm berücksichtigt auch psychische Belastungen eines Patienten, zu denen<br />
vor allem die Angst und Depression gehören. Sollten sich Zusammenhänge zwischen<br />
der Versorgungsintensität (= Anzahl der Gespräche) und einer Linderung der psychischen<br />
Belastung nachweisen lassen, so läge die Annahme nahe, dass die psychoonkologische<br />
Versorgung wirksam ist xix .<br />
Tabelle 92 zeigt für den Bereich der psychischen Belastung einen nur geringen Zusammenhang<br />
zwischen Versorgungsintensität und Linderung der Ängste (HADS-A, p = .059), wenn<br />
die Anzahl der Gespräche im gesamten Versorgungszeitraum dieser Patienten zu Grunde<br />
gelegt werden. Dies betrifft einen Zeitraum, der für viele Patienten bereits in der Phase der<br />
Krebsnachsorge und ambulanten Behandlung liegt.<br />
Tabelle 92: Verbesserung der psychischen Belastung (HADS) in Abhängigkeit der Versorgungsintensität<br />
bei allen Patienten im gesamten Betreuungszeitraum<br />
Psychische Belastungen<br />
Angst und Depression<br />
HADS-G* HADS-A** HADS-D***<br />
Versorgungsleistungen ����diff diff N SD ����diff diff N SD ����diff diff N SD<br />
0-1 Gespräch 1,66 32 5,122 1,34 32 2,835 ,31 32 2,879<br />
2-3 Gespräche 1,57 244 5,952 1,22 246 3,404 ,35 248 3,256<br />
4-6 Gespräche 2,55 276 7,346 2,07 277 4,010 ,45 278 3,985<br />
7-10 Gespräche 3,13 120 7,437 2,12 121 4,059 1,03 121 4,091<br />
>10 Gespräche 2,95 82 7,577 2,11 83 4,036 ,94 82 4,409<br />
gesamt 2,33 754 6,892 1,78 759 3,805 ,56 761 3,789<br />
* (HADS-G = F 1,45, df 4, p = .215)<br />
** (HADS-A = F 2,29, df 4, p = .059)<br />
*** (HADS-A = F 0,96, df 4, p = .430)<br />
In Tabelle 93 ist der Betrachtungszeitraum auf den Zeitabschnitt reduziert, für den das strukturierte<br />
psychoonkologische Versorgungsprogramm konzipiert wurde xx . In diesem Zeitraum<br />
zeigen sich deutliche Zusammenhänge zwischen der Versorgungsintensität und der Reduktion<br />
von Ängsten (HADS-A, p = .000) und Depressionen (HADS-D, p = .001). Dies schließt<br />
auch den deutlichen reduzierten Anstieg der Symptomlinderung bei Patienten ein, die mehr<br />
xix Nähere Untersuchungen werden aktuell im Rahmen von Diplom- und Masterarbeiten durchgeführt.<br />
xx Nach dem 3. Behandlungsmonat sollte eine gezielte Überweisung bzw. Kooperation mit psychosozialen und psychotherapeu-<br />
tischen Nachsorgeeinrichtungen erfolgen.
150 <strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006<br />
als 10 Gespräche erhalten. Diese Patienten werden, wie bereits erwähnt, aus dem Grunde<br />
besonders intensiv psychoonkologisch versorgt, da sie eine schwerwiegende Krebserkrankung<br />
haben und/oder einer sehr belastenden Krebstherapie ausgesetzt sind.<br />
Die Zusammenhänge zwischen der psychoonkologischen Versorgung und der Linderung der<br />
depressiven Symptomatik ist zwar gegeben, die Symptome reduzieren sich jedoch eher geringfügig.<br />
Dies liegt an dem Umstand, dass es sich bei Patienten mit einer depressiven<br />
Symptomatik voraussichtlich eher um Patienten handelt, die bereits vor und unabhängig von<br />
der Krebserkrankung belastet gewesen sind und einer speziellen psychoonkologischen Versorgung<br />
und Nachsorge bedürfen 118 .<br />
Tabelle 93: Verbesserung der psychischen Belastung (HADS) in Abhängigkeit der Versorgungsintensität<br />
bei allen Patienten während der ersten 3 Behandlungsmonate<br />
Psychische Belastung<br />
Angst und Depression<br />
HADS-G* HADS-A** HADS-D***<br />
Versorgungsleistungen ����diff diff N SD ����diff diff N SD ����diff diff N SD<br />
0-1 Gespräch 1,60 216 6,279 1,24 217 3,496 ,37 219 3,465<br />
2-3 Gespräche 1,43 288 6,592 1,37 290 3,568 ,02 290 3,736<br />
4-6 Gespräche 4,13 173 7,688 2,88 174 4,266 1,26 175 4,024<br />
7-10 Gespräche 4,08 53 6,454 2,52 54 3,780 1,70 53 3,816<br />
>10 Gespräche 2,92 24 7,840 1,83 24 4,146 1,08 24 4,333<br />
gesamt 2,33 754 6,892 1,78 759 3,805 ,56 761 3,789<br />
* (HADS-G = F 5,80, df 4, p = .000)<br />
** (HADS-A = F 6,24, df 4, p = .000)<br />
*** (HADS-D = F 4,52, df 4, p = .001)<br />
Tabelle 94 stellt die Zusammenhänge für ersterkrankte Patienten im Betrachtungszeitraum<br />
von drei Monaten dar. Hier zeigen sich die bereits berichteten Zusammenhänge zwischen<br />
den psychoonkologischen Gesprächen und der Symptomlinderung noch deutlicher als in<br />
Tabelle 93. Zudem fällt besonders der Einbruch der Symptomlinderung in der Gruppe der<br />
Patienten mit mehr als 10 psychoonkologischen Gesprächen auf.<br />
Tabelle 94: Verbesserung der psychischen Belastung (HADS) in Abhängigkeit der Versorgungsintensität<br />
bei allen ersterkrankten Patienten während der ersten 3 Behandlungsmonate<br />
Psychische Belastung<br />
Angst und Depression<br />
HADS-G* HADS-A** HADS-D***<br />
Versorgungsleistungen ����diff diff N SD ����diff diff N SD ����diff diff N SD<br />
0-1 Gespräch 1,88 177 6,488 1,41 178 3,632 ,48 180 3,526<br />
2-3 Gespräche 1,35 234 6,582 1,36 236 3,598 -,06 236 3,633<br />
4-6 Gespräche 4,28 148 7,333 2,99 149 4,100 1,31 150 3,863<br />
7-10 Gespräche 4,78 40 6,811 2,80 41 4,014 2,15 40 4,080
<strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006 151<br />
>10 Gespräche 1,82 17 7,494 1,29 17 4,012 ,53 17 4,244<br />
gesamt 2,44 616 6,887 1,86 621 3,830 ,58 623 3,754<br />
* (HADS-G = F 5,80, df 4, p = .000)<br />
** (HADS-A = F 5,75, df 4, p = .000)<br />
*** (HADS-A = F 5,00, df 4, p = .001)<br />
Klinisch relevante Wirkeffekte: Von den 2.606 Patienten mit Einverständniserklärung (Zeitraum:<br />
01.07.2004 bis 30.09.2006) liegen von knapp einem Drittel vollständige Angaben zur<br />
seelischen Belastung zu Behandlungsbeginn und zum Zeitpunkt von ca. 120 Tagen (= Katamnese)<br />
nach stationärer Aufnahme vor (HADS-Fragebogen; HADS-G = Angst und Depression:<br />
851 Patienten; HADS-A = Angst: 856 Patienten; HADS-D = Depression: 858 Patienten)<br />
119 . Tabelle 95 stellt die Verteilung der Krebserkrankungen innerhalb der Stichprobe der<br />
Patienten mit Angst und Depression (HADS-G) dar.<br />
Tabelle 95: Hauptindikationen der Patienten mit Ängsten und Depressionen (HADS-G)<br />
Hauptindikation<br />
Psychische Belastung<br />
(Angst und Depression gesamt)<br />
N %<br />
Bronchial-Ca 42 4,9<br />
Colon-Ca 80 9,4<br />
Corpus unteri Ca 36 4,2<br />
Gastrointestinaltrakt 82 9,6<br />
Harnblase-Ca 41 4,8<br />
Mamma-Ca 315 37,0<br />
Prostata-Ca 180 21,2<br />
Sonstige 75 8,8<br />
gesamt 851 100,0<br />
Tabelle 96 zeigt, dass über 87% der zu Behandlungsbeginn psychisch gering belasteten<br />
Patienten dies auch zum Katamnesezeitpunkt waren, „nur“ 12,5% dieser Patienten wiesen<br />
bei der Katamnese eine psychisch deutlich schlechtere Verfassung auf als zu Behandlungsbeginn.<br />
45% der bei stationärer Aufnahme hoch belasteten Patienten erwiesen sich zum<br />
Katamnesezeitpunkt als deutlich entlastet, und 57% litten zu beiden Zeitpunkten unter hohen<br />
seelischen Belastungen. Diese Ergebnisse bestätigen damit die Ergebnisse der Tabelle 65<br />
zum Wechsel der HADS-Risikogruppen vom Zeitpunkt der ersten zur zweiten Befragung.<br />
Tabelle 96: Wechsel innerhalb der HADS-Risikogruppen bei Eingangsuntersuchung und<br />
bei Katamneseuntersuchung (� = 120 d)<br />
Psychische Belastung<br />
Angst und Depression<br />
Prä Wechsel post<br />
N % N % N %<br />
HADS-G RG I 477 56 579 68<br />
unbelastet-unbelastet - - 418 87,6 - -<br />
unbelastet-belastet - - 59 12,5 - -
152 <strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006<br />
HADS-G RG II/III 374 44 100 272 32<br />
belastet-unbelastet - - 161 43 - -<br />
belastet-belastet - - 213 57 - -<br />
gesamt 851 100 100 851 100<br />
Aus der Gruppe aller Patienten wurden zur weiteren Analyse nur diejenigen ausgewählt, die<br />
zu Behandlungsbeginn eine hohe bis sehr hohe psychische Belastung der Angst bzw. der<br />
Depression aufwiesen (HADS-A/D >7). Dies erfolgte aus zwei Gründen:<br />
• Zum einen greift das Konzept der klinisch bedeutsamen Veränderung, das auf einem Wechsel der<br />
Belastung von Patienten aus einem belasteten in den gering belasteten Bereich beruht, nicht für<br />
die Evaluation von schwächer belasteten Patienten 120 .<br />
• Zum anderen ist das strukturierte psychoonkologische Versorgungsprogramm vor allem auf die<br />
hoch belasteten Patienten ausgerichtet, so dass auch inhaltliche Überlegungen die Beschränkung<br />
auf diese Patientengruppe nahelegen. Diese Patienten erhielten deutlich häufiger psychotherapeu-<br />
tisch ausgerichtete Versorgungsleistungen als Patienten, die keine hohe psychische Belastung<br />
aufwiesen. Zum Beispiel entfielen 1.741 (83%) der Gespräche im Rahmen der stationären psycho-<br />
onkologischen Psychotherapie (SPP) auf die Gruppe der 564 klinisch relevant belasteten Patien-<br />
ten, das sind im Mittel 3 Gespräche je Patient (vgl. Tabelle 38). In dieser Gruppe befanden sich mit<br />
434 Patienten 77% Patienten mit hohen bis sehr hohen psychischen Belastungen aufgrund von<br />
Angst und Depression. Ebenso erhielten von den 1.479 Patienten, die den HADS-Fragebogen be-<br />
arbeiteten, diejenigen Patienten, die hohe bis sehr hohe Werte (HADS-G >14) hatten und durch-<br />
schnittlich 1,3 bis 1,8 psychotherapeutischen Versorgungsleistungen (SPP) erhielten, deutlich<br />
mehr Gespräche als die gering belasteten Patienten (HADS-G
<strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006 153<br />
zu einer deutlichen Angstreduktion, bei 245 (28,6%) der Patienten blieb die Angst auf hohem<br />
Niveau bestehen. Von den 858 Patienten, die zum ersten und zweiten Befragungszeitpunkt<br />
die Depressions-Skala des HADS-Fragebogens vollständig ausfüllten, wiesen bei Eingangsuntersuchung<br />
285 (33,2%) und bei Katamneseuntersuchung 232 (27%) der Patienten eine<br />
hohe (RG II) bis sehr hohe (RG III) Symptomatik auf. Bei 123 (14,3%) der Patienten mit ausgeprägter<br />
depressiver Symptomatik kam es zu einer deutlichen Symptomreduktion, bei 162<br />
(18,9%) der Patienten blieb die Depression auf hohem Niveau bestehen (vgl. Tabelle 97).<br />
Tabelle 97: Wechsel innerhalb der psychisch belasteten Patienten (HADS-Risikogruppen<br />
II und III) bei Eingangsuntersuchung und bei Katamneseuntersuchung (� =<br />
120 d)<br />
Angst und Depression<br />
(HADS-A, HADS-D)<br />
Prä Wechsel post<br />
N % N % N %<br />
HADS-A gesamt 856 100 856 100<br />
davon RG I 415 48,5 563 65,8<br />
unauffällig (RG I) – unauffällig (RG I) 367 42,9<br />
unauffällig (RG I) – auffällig (RG II/III) 48 5,6<br />
davon RG II / III 441 51,5 293 34,2<br />
auffällig (RG II/III) – unauffällig (RG I) 196 22,9<br />
auffällig (RG II/III) – auffällig (RG II/III) 245 28,6<br />
HADS-A ���� 11,7 8,4<br />
HADS-D gesamt 858 100 858 100<br />
davon RG I 573 66,8 626 73<br />
unauffällig (RG I) – unauffällig (RG I) 503 58,6<br />
unauffällig (RG I) – auffällig (RG II/III) 70 8,2<br />
davon RG II/ III 285 33,2 232 27<br />
auffällig (RG II/III) – unauffällig (RG I) 123 14,3<br />
auffällig (RG II/III) – auffällig (RG II/III) 162 18,9<br />
HADS-D ���� 11,1 8,6<br />
Anhand der Stichprobe der Patienten mit hohen bis sehr hohen seelischen Belastungen (RG<br />
II/III) sollte gezeigt werden, dass<br />
• die Veränderungen der psychischen Belastung von Beginn bis zum dritten Behandlungsmonat der<br />
psychoonkologischen Versorgung von der Anzahl der Gespräche abhängig ist, die sie mit dem<br />
Psychotherapeuten geführt haben, und dass<br />
• die Veränderungen sowohl nicht zufällig zustande gekommen (reliabel) als auch klinisch relevant<br />
sind (Klinische Signifikanz).<br />
Die weiteren Analysen beziehen sich auf diese Substichprobe.<br />
Zusammenhang zu den psychotherapeutischen Gesprächen: Die Veränderungen der<br />
Ängstlichkeit von Behandlungsbeginn zum dritten Behandlungsmonat ließ sich in einer multiplen<br />
Regressionsanalyse durch die Angst oder Depression eines Patienten zu Behand-
154 <strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006<br />
lungsbeginn und die Anzahl der Gespräche, die Patienten erhalten haben, vorhersagen (R 2 =<br />
0,165, p =
<strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006 155<br />
Tabelle 99: Klinisch signifikante Veränderungen im Bereich der Depression (HADS-D)<br />
Klinische<br />
Signifikanz<br />
Depression<br />
zu Behandlungsende<br />
gering belastet hoch belastet gesamt<br />
N % N % N %<br />
reliable Verbesserung 88 30,9 27 9,5 115 40,4<br />
nicht reliable Verbesserung 35 12,3 112 39,3 147 51,6<br />
reliable Verschlechterung - - 23 8,1 23 8,1<br />
Bei den 23 Patienten mit einer statistisch bedeutsamen Verschlechterung des Befindens<br />
stieg der Mittelwert von 9,7 (RG III) auf 15,5 (RG III) an. Auffallend ist, dass diese 23 Patienten<br />
mit 11,3 Gesprächen deutlich mehr psychoonkologische Versorgungsleistungen erhielten<br />
als die Patienten mit einer reliablen (8,5 Gespräche) bzw. nicht reliablen Verbesserung der<br />
Depression (7,8 Gespräche). Dies mag auf den Umstand zurückzuführen sein, dass in der<br />
<strong>Psychoonkologie</strong> gerade mit denjenigen Patienten wiederholt Gespräche geführt werden<br />
müssen, die einen ungünstigen Krankheits- und Therapieverlauf haben; ein Umstand, der<br />
auch den nicht so stark ausgeprägten Zusammenhang zwischen der Belastungsreduktion<br />
und der Gesprächshäufigkeit erklären mag.<br />
Zusammenfassung: Die zentrale Frage zur Ergebnisqualität der Versorgung („Sind die Patienten<br />
mit der psychoonkologischen Versorgung anhand des strukturierten psychoonkologischen<br />
Versorgungsprogramms zufrieden und werden klinisch relevante Wirkeffekte erzielt?“)<br />
kann wie folgt beantwortet werden:<br />
Im Rahmen des strukturierten psychoonkologischen Versorgungsprogramms kann anhand<br />
der Patientenzufriedenheit, Wirksamkeit und „Klinischen Signifikanz“ gezeigt werden, dass<br />
• die Patienten mit der persönlichen Betreuung durch das Behandlungsteam zufrieden sind,<br />
• die Patientenzufriedenheit dabei von verschiedenen Einflussfaktoren abhängt, zu denen<br />
neben der ärztlichen Aufklärung zu Beginn der stationären Krebstherapie auch die Dienstleistungsqualität<br />
in den beteiligten Kliniken zählt,<br />
• die Versorgungsqualität, d.h. die Anzahl der psychotherapeutischen Versorgungsleistungen,<br />
unabhängig von der Patientenzufriedenheit zu betrachten ist,<br />
• die psychoonkologischen Versorgungsleistungen einen Teil zur Linderung der seelischen<br />
und psychischen Belastungen, insbesondere bei ersterkrankten Patienten während der<br />
ersten drei Monate im stationären Behandlungsverlauf beitragen,<br />
• die psychoonkologische Versorgung für psychisch gering belastete Patienten nicht zwingend<br />
angezeigt ist,<br />
• die Versorgung bei intensiv zu versorgenden Patienten wahrscheinlich aufgrund der<br />
Schwere der Erkrankung / Behandlung erforderlich ist, auch wenn hier eine Symptomlinderung<br />
nicht besonders ausgeprägt ist,<br />
• psychisch hoch belastete Patienten eine intensivere und länger andauernde psychoonkologische<br />
Versorgung bedürfen, die auch die psychoonkologische Nachsorge einschließen<br />
sollte,<br />
• bei etwa einem Drittel der zu Behandlungsbeginn hoch bis sehr hoch belasteten Patienten<br />
eine Linderung der seelischen Belastung eintritt, die reliabel und klinisch relevant ist und<br />
daher auch auf die geleistete Patientenversorgung zurückzuführen ist.
5.4 Ergebnisse zur Qualitätsentwicklung des CMP-Projektes<br />
Die Implementierung einer strukturierten psychoonkologischen Versorgung in Akutkliniken<br />
bedarf nicht nur qualifizierter Mitarbeiter und eines strukturierten Versorgungsprogramms<br />
(Strukturvoraussetzungen). Sie muss auch in Form von Qualitätsworkshops begleitet werden,<br />
möchte man eine zügige und reibungslose Implementierung und kontinuierliche Verbesserung<br />
der psychoonkologischen Versorgung sicherstellen (vgl. u.a. Kapitel 4.8.).<br />
Im Projektzeitraum zwischen Juli 2004 und Dezember 2007 wurden in jeder der 6 beteiligten<br />
Kliniken 10 Qualitätsworkshops durchgeführt. Zur Durchführung der Qualitätsworkshops in<br />
den projektbeteiligten Kliniken sind von Seiten der Projektleitung und den –mitarbeitern die<br />
Leistungsdaten eines jeweiligen Versorgungsquartals zusammengetragen, aufgearbeitet und<br />
in Form eines klinikinternen Berichtes sowie eines klinikübergreifenden Benchmarks zur Diskussion<br />
gestellt worden. Beginnend mit dem 3. Quartal 2005 sind strukturierte einrichtungsinterne<br />
Qualitätsberichte auf Basis der Leistungsdaten jeder Einrichtung und strukturierte einrichtungsübergreifende<br />
Benchmarkberichte auf Basis der einrichtungsbezogenen Qualitätsberichte<br />
erstellt worden. Um den dafür erforderlichen Zeit- und Rechenaufwand möglichst<br />
gering zu halten und eine zeitnahe Rückmeldung zu garantieren, sind für die einrichtungsinterne<br />
Berichterstellung EDV-Programme geschrieben worden. Diese ermöglichten, dass die<br />
Mitarbeiter jeder Klinik den Qualitätsbericht aus den Daten des edv-basierten Patientendokumentationssytems<br />
generieren und in Form von WORD-Dokumenten ausdrucken konnten.<br />
Der klinikübergreifende Benchmarkbericht wurde in gleicher Weise von der Studienzentrale<br />
aus den Daten der Benchmarkberichte jeder projektbeteiligten Klinik erstellt.<br />
5.4.1 Qualitätsentwicklung im Projektverlauf<br />
Im Rahmen des Projektes „<strong>Case</strong> <strong>Management</strong> <strong>Psychoonkologie</strong>“ zählte die kontinuierliche<br />
Verbesserung der Versorgungsqualität zu einer Kernaufgabe. Dabei sollte die Rückmeldung<br />
der Leistungsdaten eines jeden Quartals den Mitarbeitern der beteiligten Krankenhäuser den<br />
Fortgang der Implementierung des strukturierten Versorgungsprogramms darlegen und von<br />
diesen für das einrichtungsinterne Qualitätsmanagement genutzt werden. Zudem galt es,<br />
anhand der Quartalszahlen aufzuzeigen, welchen Zeitraum die Implementierung der strukturierten<br />
psychoonkologischen Versorgungsprogramme erfordert.<br />
Von besonderem Interesse war dabei die Frage, in welchem Zeitfenster nach Projektbeginn<br />
welches Niveau der strukturierten Patientenversorgung erreicht wurde und ob dieses Niveau<br />
gehalten werden konnte.<br />
Insbesondere ging es um die Frage, in welchem Zeitfenster<br />
• es zu einem kontinuierlichen Anstieg der Patientenzahlen gekommen und auf welchem Niveau die<br />
Patientenfallzahlen gehalten werden konnten,<br />
• ein hohes Niveau der psychoonkologischen Versorgung erreicht und wie es gehalten werden konn-<br />
te und<br />
• in welchem Zeitfenster die vorhandene Versorgungskapazität in welchem Umfang für die Patien-<br />
tenversorgung aufgewendet wurde.<br />
Tabelle 100 zeigt für den gesamten Projektzeitraum die wesentlichen administrativen Kennzahlen<br />
der kontinuierlichen Qualitätsentwicklung. Dabei wurde das mittlere, im Projektzeit-
158 <strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006<br />
raum erreichte Leistungsniveau als „Soll-Wert“ zur Bewertung der Leistungszahlen je Quartal<br />
herangezogen. Dies wurde erforderlich, da zu Projektbeginn keine externen Soll-Vorgaben<br />
vorlagen.<br />
• Neuaufnahmen/Patientenzahlen: Im Projektzeitraum sind von den psychosozial tätigen Mitarbei-<br />
tern der projektbeteiligten Kliniken 5.640 Patienten in das psychoonkologische Versorgungsprog-<br />
ramm aufgenommen worden, d.h. bei dieser Anzahl an Patienten sind Versorgungsleistungen in<br />
dem edv-basierten Patientendokumentationssystem festgehalten xxi . Das mittlere Niveau der neu in<br />
die psychoonkologische Versorgung aufgenommenen Patienten lag bei 564 Patienten je Quartal.<br />
Dieses Niveau wurde im 3. Versorgungsquartal erreicht (1. Q, 2005) und konnte über den Projekt-<br />
zeitraum weitgehend gehalten werden.<br />
• Patientenfallzahlen je Quartal: Je Versorgungsquartal konnten im Mittel 982 Patienten psychoon-<br />
kologisch versorgt werden. Die mittlere Anzahl der psychoonkologisch versorgten Patienten je<br />
Quartal konnte 1 Jahr nach Projektbeginn (3. Q 2005, N = 984) erreicht und danach kontinuierlich<br />
gesteigert werden.<br />
• Gespräche je Quartal: Im Durchschnitt führten die Psychotherapeuten mit den Patienten 2.340<br />
Gespräche je Quartal. Dieser Wert ist im dritten Quartal 2005 erstmals überschritten worden und<br />
konnte dann nochmals gesteigert werden.<br />
• Dauer der direkten Gesprächszeiten: Ein Jahr nach Projektbeginn entfielen 39,7% der verfügbaren<br />
Versorgungskapazität auf direkt mit dem Patienten geführte Gespräche. Dieser Prozentanteil der<br />
direkten Gespräche an der verfügbaren Versorgungskapazität stieg, abgesehen vom 3. Quartal<br />
2006, über die 10 Versorgungsquartale kontinuierlich an. Das Gleiche gilt für die Dauer der gesam-<br />
ten Gesprächszeiten.<br />
• Gesamter Versorgungsaufwand: Im dritten Quartal 2005 wurde der geforderte Prozentanteil von<br />
60%, der von der verfügbaren Versorgungskapazität für die Patientenversorgung aufzuwenden<br />
war, erstmals überschritten. Im Folgequartal wurde das durchschnittliche Niveau von 66,3% über-<br />
schritten. Der Versorgungsaufwand für die Patientenversorgung stieg im Projektverlauf kontinuier-<br />
lich bis auf ca. 81% an (vgl. Tabelle 100).<br />
Tabelle 100: Entwicklung der Patientenzahlen in den 10 Quartalen des CMP-Projektes<br />
Berichts-<br />
zeitraum xxii :<br />
Qualitätsentwicklung<br />
des "<strong>Case</strong> <strong>Management</strong> <strong>Psychoonkologie</strong>"<br />
2004 2005 2006 �<br />
3.Q 4. Q 1.Q 2. Q 3. Q 4. Q 1. Q 2. Q 3. Q 4. Q ∑<br />
Neuaufnahmen in die psychoonkologische Versorgung<br />
Patienten gesamt 320 488 627 633 564 518 661 543 620 666 5.640 564<br />
Patientenfallzahlen je Quartal<br />
Anzahl betreuter Ptn. 541 786 939 932 984 1.049 1.112 1.116 1.122 1.236 - 982<br />
Gespräche je Quartal<br />
Anzahl der Gespräche 1.512 1.874 2.187 2.003 2.428 2.467 2.859 2.463 2.890 2.716 23.399 2.340<br />
Versorgungskapazität und Versorgungszeiten für alle Patienten im Berichtszeitraum<br />
xxi Enthalten ist u.a. auch ein geringer Anteil nicht an Krebs erkrankter Patienten.<br />
xxii Berechnungsgrundlage: Je Quartal gemeldete, verfügbare Versorgungskapazitäten und Leistungszahlen.
<strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006 159<br />
verfügbare Versorgungskapazität<br />
gesamt [h] 2.636 2.943 3.059 2.585 2.751 2.409 2.605 2.194 2.593 2.448 26.221 2.622<br />
Dauer der direkten Gesprächszeiten<br />
gesamt [h] 725 881 955 883 1.092 994 1.159 996 1.126 1.160 9.967 997<br />
Anteil an Kapazität [%] 27,5 29,9 31,2 34,1 39,7 41,3 44,5 45,2 43,4 47,4 - 38,4<br />
Dauer der indirekten Gesprächszeiten<br />
gesamt [h] 240,5 366,2 361,1 292,8 282,3 295,8 394,9 354,3 381,2 358,5 3.328 333<br />
Anteil an Kapazität [%] 9,1 12,4 11,8 11,3 10,3 12,3 15,2 16,2 14,7 14,6 - 12,8<br />
Dauer der gesamten Gesprächszeiten<br />
gesamt [h] 966 1.247 1.317 1.176 1.374 1.290 1.554 1.346 1.507 1.519 13.294 1.329<br />
Anteil an Kapazität [%] 36,6 42,4 43 45,5 50 53,6 59,6 61,3 58,1 62,1 - 51,2<br />
Dokumentationszeit<br />
gesamt [h] 252 312 365 334 404 387 479 415 481 460 3.889 389<br />
Anteil an Kapazität [%] 9,6 10,6 11,9 12,9 14,7 16,1 18,4 18,9 18,6 18,8 - 15,5<br />
Gesamter Versorgungsaufwand<br />
gesamt [h] 1.218 1.559 1.681 1.509 1.778 1.677 2.033 1.761 1.988 1.979 17.183 1.718<br />
Anteil an Kapazität [%] 46,2 53 54,9 58,4 64,6 69,6 78 80,3 76,7 80,8 - 66,3<br />
Insgesamt ist festzuhalten, dass die Implementierung psychoonkologischer Versorgungsleistungen<br />
in Krankenhäusern der Akutversorgung etwa ein Jahr dauert, wenn das mittlere Leistungsniveau<br />
als Maßstab herangezogen wird. Das Versorgungsniveau kann, wenn es einmal<br />
erreicht wurde, kontinuierlich gehalten werden.<br />
5.4.2 Einrichtungsübergreifende Qualitätssicherung<br />
Im Rahmen des Projektes „<strong>Case</strong> <strong>Management</strong> <strong>Psychoonkologie</strong>“ sollten die Projektträger<br />
(Klinikleitung) sowie die Projektbeteiligten regelmäßig über den Vortrag der Implementierung<br />
der psychoonkologischen Versorgung in ihren Einrichtungen informiert werden. Dies erfolgte<br />
auf Basis der Benchmarkberichte, die ab dem 3. Quartal 2005 aus den automatisch erstellten<br />
Qualitätsberichten hervorgingen. Um eine erste grobe Vergleichbarkeit der Leistungsfähigkeit<br />
in den einzelnen Kliniken zu ermöglichen, wurden die Leistungsdaten zur Versorgungsqualität<br />
auf Basis einer Vollzeitstelle dargestellt. Allen Beteiligten war bewusst, dass<br />
eine Vielzahl an Einflüssen (u.a. Hauptindikation, Erkrankungsschwere, Patientenversorgung<br />
in einer im Vergleich zur Versorgung in mehreren Abteilungen u.a.) in der Diskussion der<br />
Leistungszahlen zu berücksichtigen sind.<br />
Im Folgenden werden ausgewählte Ergebnisse zu verschiedenen Aspekten der klinikbezogenen<br />
Implementierung dargestellt:<br />
• Entwicklung der Fallzahlen psychoonkologisch versorgter Patienten in 6 Quartalen auf Basis einer<br />
Vollzeitstelle,<br />
• Entwicklung der Leistungszahlen (psychoonkologische Gespräche) in 6 Quartalen auf Basis einer<br />
Vollzeitstelle,<br />
• Umsetzung der ärztlichen Aufklärung zur psychoonkologischen Mitversorgung in 6 Quartalen auf<br />
Basis der Ärztlichen Checkliste (ACA),<br />
• eingesetzte Versorgungskapazität für die Patientenversorgung je projektbeteiligter Klinik und
160 <strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006<br />
• Änderungen in der Variationsbreite der eingesetzten Versorgungskapazität zwischen den beteilig-<br />
ten Kliniken.<br />
Tabelle 101 zeigt die Entwicklung der Patientenfallzahlen in den sechs Quartalen auf Basis<br />
des strukturierten Benchmarkberichtes und umgerechnet auf eine Vollzeitstelle xxiii . Dabei<br />
zeigt sich, dass eine Vollzeitstelle im Mittel je Quartal 155 Patienten (Spannbreite: 113-209)<br />
psychoonkologisch versorgen kann, das sind ca. 2,6 Patienten (Spannbreite: 1,9-3,5) je Arbeitstag<br />
(Basis: 60 Arbeitstage je Quartal).<br />
Tabelle 101: Psychoonkologisch versorgte Patienten in 6 Quartalen des CMP-Projektes je<br />
projektbeteiligter Klinik auf Basis einer Vollzeitstelle<br />
Berichts-<br />
zeitraum:<br />
Psychoonkologisch versorgte Patienten je Klinik<br />
Basis: Umrechnung auf 1 Vollzeitstelle<br />
2005 2006<br />
Klinik 3. Q 4. Q 1. Q 2. Q 3. Q 4. Q<br />
Klinik 1 87 101 117 151 154 163 129<br />
Klinik 2 128 103 114 122 83 130 113<br />
Klinik 3 158 236 162 208 221 266 209<br />
Klinik 4 139 139 171 163 143 166 154<br />
Klinik 5 168 162 184 190 128 162 166<br />
Klinik 6 189 122 182 163 192 188 173<br />
Klinik 7 94 113 207 199 118 105 139<br />
- 87 101 114 122 83 105 113<br />
���� 138 139 162 171 148 169 155<br />
+ 189 236 207 208 221 266 209<br />
Tabelle 102 zeigt die Entwicklung der psychoonkologischen Patientengespräche des Psychotherapeuten<br />
in den sechs Quartalen auf Basis des strukturierten Benchmarkberichtes<br />
und umgerechnet auf eine Vollzeitstelle. Dabei zeigt sich, dass eine Vollzeitstelle im Mittel je<br />
Quartal 359 Patientengespräche (Spannbreite: 239-450) führen kann, das sind ca. 6 Patientengespräche<br />
(Spannbreite: 4-7,5) je Arbeitstag (Basis: 60 Arbeitstage je Quartal).<br />
Tabelle 102: Psychoonkologische Gespräche in 6 Quartalen des CMP-Projektes je projektbeteiligter<br />
Klinik auf Basis einer Vollzeitstelle<br />
Berichts-<br />
zeitraum:<br />
Psychoonkologische Gespräche je Klinik<br />
Basis: Umrechnung auf 1 Vollzeitstelle<br />
2005 2006<br />
Klinik 3. Q 4. Q 1. Q 2. Q 3. Q 4. Q<br />
Klinik 1 361 254 420 468 603 562 445<br />
Klinik 2 295 258 231 227 182 241 239<br />
xxiii Die Darstellung und die Umrechnung auf 1 Vollzeitstelle dienen der Gewinnung erster Richtwerte für das Versorgungsma-<br />
nagement.<br />
�<br />
�
<strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006 161<br />
Klinik 3 301 397 337 364 384 420 367<br />
Klinik 4 277 308 370 352 300 342 325<br />
Klinik 5 422 296 502 508 342 346 403<br />
Klinik 6 439 393 530 353 571 414 450<br />
Klinik 7 192 255 443 344 247 215 283<br />
- 192 254 231 227 182 562 239<br />
���� 327 309 405 374 376 363 359<br />
+ 439 393 530 508 603 215 450<br />
Tabelle 103 zeigt die Entwicklung der ärztlicherseits bei stationärer Aufnahme eines ersterkrankten<br />
Patienten der Hauptindikation geführten Gespräche zu psychosozialen Belastungen<br />
im Zusammenhang mit einer Krebserkrankung und –behandlung sowie zur psychoonkologischen<br />
Patientenversorgung im Krankenhaus. Dabei zeigt sich, dass im Mittel je Quartal 80%<br />
der Patienten entsprechend aufgeklärt wurden (Spannbreite: 57%-94%). Die Schwankungen<br />
sind zum Teil durch die Mitarbeiterfluktuation der Ärzte in den Krankenhäusern zu erklären.<br />
Tabelle 103: Ärztliche Aufklärung zur psychoonkologischen Mitversorgung in 6 Quartalen<br />
des CMP-Projektes je projektbeteiligter Klinik auf Basis der Ärztlichen Checkliste<br />
(ACA, Angaben in %)<br />
Berichts-<br />
zeitraum xxiv :<br />
Ärztliche Aufklärungsgespräche je Klinik<br />
Basis: Ärztliche Checkliste Aufnahmegespräch<br />
2005 2006<br />
Klinik 3. Q 4. Q 1. Q 2. Q 3. Q 4. Q<br />
Klinik 1 52 47 36 72 50 82 57<br />
Klinik 2 84 76 90 72 72 91 81<br />
Klinik 3 97 92 85 84 81 92 88<br />
Klinik 4 74 84 77 71 67 53 71<br />
Klinik 5 65 94 65 87 91 85 81<br />
Klinik 6 99 89 86 86 97 70 88<br />
Klinik 7 91 - 92 93 98 96 94<br />
- 52 47 36 71 50 53 57<br />
���� 80 80 76 81 79 81 80<br />
+ 99 92 92 93 98 96 94<br />
Tabelle 104 zeigt die Entwicklung des Anteils der gesamten Gesprächszeiten an der verfügbaren<br />
Versorgungskapazität bezogen auf die zehn Versorgungsquartale des CMP-Projektes.<br />
Dabei zeigt sich, dass über den gesamten Projektzeitraum hinweg im Mittel 52% der verfügbaren<br />
Versorgungskapazität für die psychoonkologischen Gespräche eingesetzt wurde<br />
(Spannbreite 45%-61%). Im letzten Jahr des CMP-Projektes wurden im Mittel 62% der verfügbaren<br />
Versorgungskapazität für die psychoonkologischen Gespräche eingesetzt (Spannbreite<br />
52%-73%). Insgesamt betrachtet, ist die verfügbare Versorgungskapazität im Projekt-<br />
xxiv Berechnungsgrundlage: Je Quartal gemeldete, verfügbare Versorgungskapazitäten und Leistungszahlen. Entsprechende<br />
Angaben aus 1 Qualitätsbericht fehlen.<br />
�
162 <strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006<br />
verlauf in allen Kliniken zunehmend für die psychoonkologischen Gespräche mit den Patienten<br />
und mit dem Behandlungsteam über Probleme und Belastungen eines Patienten eingesetzt<br />
worden.<br />
Anhand der Tabelle 104 zeigt sich auch der Rückgang der Schwierigkeiten, die verfügbare<br />
Versorgungskapazität den Patienten zu Gute kommen zu lassen. Wählt man je Quartal nur<br />
die Klinik aus, die besonders wenig ihrer verfügbaren Kapazität für die psychoonkologischen<br />
Gespräche aufwenden konnte (s. Q- in Tabelle 104), so zeigt sich ein deutlicher Rückgang<br />
dieser Probleme spätestens seit dem 1. Quartal des Jahres 2006. In diesem Projektjahr lag<br />
die eingesetzte Versorgungskapazität bei durchschnittlich 50%, während sie im ersten Projektjahr<br />
(3. Quartal 2004 bis 2. Quartal 2005) lediglich bei 25% lag. In jedem Versorgungsquartal<br />
konnte mindestens eine Klinik mindestens 50% ihrer verfügbaren Versorgungskapazität<br />
für die psychoonkologischen Gespräche aufwenden (s. Q- in Tabelle 104), wobei der<br />
Anteil der Kliniken über die 10 Quartale hinweg von 2 auf 7 Kliniken kontinuierlich zunahm.<br />
Eine strukturierte psychoonkologische Versorgung kann demnach nach anfänglichen<br />
Schwierigkeiten der Implementierung in Kliniken der Akutversorgung darlegen, dass und in<br />
welchem Anteil die verfügbare Versorgungskapazität der Patientenversorgung zu Gute<br />
kommt.<br />
Tabelle 104: Entwicklung der gesamten Gesprächszeiten in den 10 Quartalen des CMP-<br />
Projektes je projektbeteiligter Klinik (Angaben in %)<br />
Berichts-<br />
zeitraum xxv :<br />
Anteil der gesamten Gesprächszeiten<br />
an der verfügbaren Versorgungskapazität je Klinik<br />
2004 2005 2006<br />
Klinik 3.Q 4. Q 1.Q 2. Q 3. Q 4. Q 1. Q 2. Q 3. Q 4. Q<br />
Klinik 1 38 52 36 - 32 36 51 54 54 50 45<br />
Klinik 2 29 40 31 47 59 60 61 61 57 57 50<br />
Klinik 3 55 54 50 58 43 44 55 55 67 72 55<br />
Klinik 4 31 40 45 45 50 54 59 65 69 70 53<br />
Klinik 5 14 17 28 41 55 60 72 74 67 80 51<br />
Klinik 6 50 75 59 46 63 62 62 64 65 60 61<br />
Klinik 7 31 36 47 50 51 - 63 66 43 53 49<br />
Q - 14 17 28 41 32 36 50 54 43 50 45<br />
���� 35 45 42 48 50 53 60 63 60 63 52<br />
Q + 55 75 59 58 63 62 72 74 69 80 61<br />
Tabelle 105 zeigt die Entwicklung des Anteils der verfügbaren Versorgungskapazität an der<br />
insgesamt eingesetzten Versorgungskapazität bezogen auf die zehn Versorgungsquartale<br />
des CMP-Projektes. Dabei zeigt sich, dass über den gesamten Projektzeitraum hinweg im<br />
Mittel 64,5% der verfügbaren Versorgungskapazität für psychoonkologische Gespräche und<br />
die patientenbezogene Leistungsdokumentation eingesetzt wurden. Weiter zeigt sich, dass<br />
sie für Kliniken mit hoher Mitarbeiterfluktuation mit 62,7% im Mittel geringer war als für Klini-<br />
xxv Berechnungsgrundlage: Je Quartal gemeldete, verfügbare Versorgungskapazitäten und Leistungszahlen. Entsprechende<br />
Angaben aus 2 Qualitätsberichten fehlen.<br />
�
<strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006 163<br />
ken mit geringer Mitarbeiterfluktuation (66,3%). Bemerkenswert ist zudem, dass die Kliniken<br />
mit geringer Mitarbeiterfluktuation das geforderte Niveau von 60% eingesetzter Versorgungskapazität<br />
früher erreichten als die anderen Kliniken. Diese Kliniken mit (anfänglich)<br />
hoher Mitarbeiterfluktuation erreichten jedoch nach erfolgter Neubesetzung ein deutlich höheres<br />
„Leistungsniveau“ als die anderen Kliniken. Dies ist wahrscheinlich darauf zurückzuführen,<br />
dass in Kliniken mit hoher Fluktuation eine besonders intensive Auseinandersetzung<br />
mit den Bedingungen und Konsequenzen der Umsetzung einer strukturierten psychoonkologischen<br />
Versorgung geführt wurde.<br />
In Tabelle 105 ist auch dargestellt, dass die Implementierung und Umsetzung der strukturierten<br />
Psychoonkologischen Versorgung in Abteilungen/Kliniken der Urologie anfänglich etwas<br />
längere Zeit erfordert und nicht ganz das Niveau erreicht, wie es in Abteilungen/Kliniken der<br />
Gynäkologie realisiert wird.<br />
Tabelle 105: Entwicklung der gesamten Gesprächszeiten in den 10 Quartalen des CMP-<br />
Projektes je projektbeteiligter Klinik (Angaben in %)<br />
Berichtszeitraum:<br />
Anteil der eingesetzten Versorgungskapazität<br />
an der verfügbaren Versorgungskapazität je Klinik<br />
2004 2005 2006<br />
3.Q 4. Q 1.Q 2. Q 3. Q 4. Q 1. Q 2. Q 3. Q 4. Q �<br />
Gesamte eingesetzte Versorgungskapazität in Kliniken<br />
hohe Fluktuation 32,6 43,9 44,5 60,6 50,4 60,6 80,2 82,7 84,8 86,9 62,7<br />
geringe Fluktuation 41,1 57,7 55,9 59,5 68,7 73,5 75,9 77,7 74,6 77,8 66,3<br />
Gesamte eingesetzte Versorgungskapazität in Kliniken<br />
Urologie 35,5 49,4 37,3 57,9 71,9 72,9 72,4 73,5 68,0 68,8 60,8<br />
Gynäkologie 48,5 54,0 53,2 61,2 59,1 66,1 75,5 72,0 86,7 94,1 67,0<br />
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass ein strukturiertes psychoonkologisches<br />
Versorgungsprogramm in einem Zeitfenster von etwa einem Jahr vollständig implementiert<br />
werden kann und ein hohes Leistungsniveau gehalten werden kann. Dies betrifft sowohl die<br />
Patientenfallzahlen, die eingesetzte Versorgungskapazität, wie auch die eingesetzte Kapazität<br />
der direkten und indirekten Patientenversorgung. Darüber hinaus konnte gezeigt werden,<br />
dass die Kooperation der Klinik- und Abteilungsärzte hinsichtlich der Aufklärung und Zuweisung<br />
der Patienten zur psychoonkologischen Versorgung (Basis: Ärztliche Checkliste: Aufnahmegespräch)<br />
ein hohes Niveau erreich und halten kann.<br />
Die Versorgungsvariationen zwischen den am Projekt beteiligten Kliniken nahm im Projektverlauf<br />
kontinuierlich ab und ging weitgehend auf Aspekte wie die Mitarbeiterfluktuation zurück.
164 <strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006<br />
5.5 Ergebnisse zum ökonomischen Nutzen einer strukturierten psychoonkologischen<br />
Versorgung<br />
Die psychoonkologische Versorgung muss angemessen erbracht werden, wirksam sein, und<br />
sie sollte zudem ökonomisch vertretbar sein; sei es, dass sie Kosten sparende Effekte mit<br />
sich bringt oder die aufgewendeten Kosten der psychoonkologischen Versorgung in einem<br />
ausgewogenen Verhältnis zu ihrem Nutzen stehen xxvi .<br />
Zur Frage der Kosten einsparenden Effekte einer psychoonkologischen Versorgung wurde<br />
untersucht, ob in Krankenhäusern, in denen Krebspatienten psychoonkologisch versorgt<br />
werden, geringere Behandlungskosten zu verzeichnen sind als in Krankenhäusern, in denen<br />
keine psychoonkologische Versorgung gegeben ist, und ob durch psychoonkologische Leistungen<br />
im stationären Sektor Kosteneinsparungen im ambulanten Versorgungssektor entstehen.<br />
• Zur Untersuchung dieser Fragestellungen wurde jedem, in den CMP-Projektkliniken stationär be-<br />
handelten, AOK-versicherten Patienten (CMP-Fälle) per Zufall ein passender Patient aus dem Pool<br />
der nicht in den CMP-Projektkliniken stationär behandelten, AOK-versicherten Patienten (Nicht-<br />
CMP-Fälle) aus Westfalen-Lippe zugeordnet (vgl. hierzu: Kapitel 5.1.2). Dieses sogenannte 1:1-<br />
Matching ergab 185 Paare (CMP-Fall / Nicht CMP-Fall). Bei einem 1:3-Matching hätten maximal<br />
161 Fälle analysiert werden können.<br />
Zur Frage, ob die aufgewendeten Kosten für die psychoonkologische Versorgung in einem<br />
ausgewogenen Verhältnis zu ihrem Nutzen stehen, wurde untersucht, welche Zusammenhänge<br />
zwischen der psychischen Belastung eines Patienten und seinen Krankenhauskosten<br />
bestehen.<br />
• Zur Untersuchung dieser Fragestellungen wurden die AOK-versicherten CMP-Fälle auf Basis der<br />
zu Behandlungsbeginn (bei stationärer Aufnahme) ermittelten psychischen Belastung eines Patien-<br />
ten (HADS-G) den Risikogruppen I (HADS-G < 15), II (HADS-G 15-21) und III (HADS-G > 21) zu-<br />
geordnet, um die stationären Behandlungskosten dieser Patienten miteinander zu vergleichen.<br />
• In diesem Zusammenhang wurde auch untersucht, welche Kosten die psychoonkologische Leis-<br />
tungserbringung für hoch belastete Patienten im Vergleich zu den Kosten für gering belastete Pa-<br />
tienten verursacht. Dabei wurden für die Gruppe der Patienten, für die Aussagen zum Ausmaß der<br />
psychischen Belastung (HADS-Fragebogen) möglich waren, die Gespräche je Patient und die Ver-<br />
sorgungsintensität herangezogen und die Kostenaufwendungen für 1 Arbeitsstunde mit 30€ bewer-<br />
tet.<br />
5.5.1 Krankenhauskosten<br />
Zur Berechnung der Kosten einer Krebstherapie im Krankenhaus wurden Vergleichsgruppen<br />
aus CMP-Fällen gebildet, die ihre Krebstherapie in Krankenhäuern aus Westfalen-Lippe mit<br />
strukturierter psychoonkologischer Versorgung erhielten, und aus Nicht-CMP-Fällen, die in<br />
anderen Krankenhäusern aus Westfalen-Lippe ihre Krebstherapie erhielten.<br />
Tabelle 106 zeigt die Krankenhauskosten für die Gruppe der Patienten, die in den CMP-<br />
Krankenhäusern mit strukturierter psychoonkologischer Versorgung, bzw. in anderen Klini-<br />
xxvi Zur Erstellung und Aufbereitung des Datensatzes vgl. Kapitel 5.1.1 u. 2.
<strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006 165<br />
ken in Westfalen-Lippe behandelt wurden. Im Mittelbetragen die Kosten für die Krebstherapie<br />
eines AOK-Patienten 6.835,- EUR. Sowohl insgesamt als auch für die Gruppe der Patienten-Paare<br />
mit passender DRG1 (diagnosis related group) zeigen sich keine bedeutsamen<br />
Kostenunterschiede.<br />
Tabelle 106: Krankenhauskosten für CMP und Nicht-CMP-Fälle (NCMP) insgesamt und nur<br />
für Fälle mit passender DRG 1<br />
Stichprobe<br />
Krankenhauskosten<br />
gesamt nur mit passender DRG 1<br />
CMP NCMP CMP NCMP<br />
N 185 123<br />
� 7.067,40 € 6.602,25 € 6.664,06 € 7.099,19 €<br />
SD 4.485,62 € 4.331,36 € 3.620,77 € 4.208,71 €<br />
Wilcoxon-Test nicht sig. (p=0,100) nicht sig. (p=0,313)<br />
Tabelle 107 zeigt die Krankenhauskosten pro Tag für die Gruppe der Patienten, die in den<br />
CMP-Krankenhäusern mit strukturierter psychoonkologischer Versorgung, bzw. in anderen<br />
Kliniken in Westfalen-Lippe behandelt wurden. Für die Gruppe der Patienten-Paare mit passender<br />
DRG1 zeigen sich keine bedeutsamen, jedoch leicht höhere Kosten pro Krankenhaustag,<br />
die bei Betrachtung unabhängig von der passenden DRG 1 bedeutsam werden.<br />
Tabelle 107: Krankenhauskosten pro Tag für CMP und Nicht-CMP-Fälle (NCMP) insgesamt<br />
und nur für Fälle mit passender DRG 1<br />
Stichprobe<br />
Krankenhauskosten pro Tag<br />
gesamt nur mit passender DRG 1<br />
CMP NCMP CMP NCMP<br />
N 185 123<br />
� 376,82 € 343,60 € 390,27 € 363,22 €<br />
SD 154,14 € 170,13 € 162,51 € 175,61 €<br />
t-Test signifikant (p=0,039) nicht sig (p=0,179)<br />
Tabelle 108 zeigt die Krankenhaustage für die Gruppe der Patienten, die in den CMP-<br />
Krankenhäusern mit strukturierter psychoonkologischer Versorgung, bzw. in anderen Kliniken<br />
in Westfalen-Lippe behandelt wurden. Für die Gruppe der Patienten-Paare mit passender<br />
DRG1 zeigen sich bedeutsame Unterschiede insofern, als dass die Patienten der CMP-<br />
Kliniken eine um ca. 3,5 Tage verkürzte stationäre Behandlung aufweisen. Dies lässt auf<br />
eine intensivere Patientenersorgung bei nur geringfügig höheren Kosten pro Behandlungstag<br />
(CMP = 390€; NCMP = 363€) schließen
166 <strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006<br />
Tabelle 108: Krankenhaustage für CMP und Nicht-CMP-Fälle (NCMP) insgesamt und nur<br />
für Fälle mit passender DRG 1<br />
Stichprobe<br />
Krankenhaustage<br />
gesamt nur mit passender DRG 1<br />
CMP NCMP CMP NCMP<br />
N 185 123<br />
� 21,16 22,17 19,79 23,26<br />
SD 16,03 16,38 16,04 17,06<br />
Wilcoxon-Test nicht sig. (p=0,185) signifikant (p=0,001)<br />
Insgesamt ist festzuhalten, dass die psychoonkologische Versorgung in den CMP-Kliniken<br />
zu keinen nachweisbaren Einsparungen der Krankenhauskosten führt. Die deutlichen Unterschiede<br />
in den Krankenhauskosten pro Tag und den Krankenhaustagen lassen darauf<br />
schließen, dass die CMP-Kliniken ihre Patienten anders medizinisch behandeln bzw. Patienten<br />
mit schwerwiegenderen Erkrankungen haben.<br />
Diese Fragestellung wurde zu einem früheren Zeitraum des CMP-Projektes an 128 Patienten-Paaren<br />
gesondert untersucht. Dabei zeigte sich, dass in den CMP-Kliniken insgesamt<br />
deutlich höhere Behandlungskosten anfallen als in den Nicht-CMP-Kliniken. Während 87,6%<br />
der Patienten der CMP-Kliniken in eine Kostengruppe unter 15.000 EUR Behandlungskosten<br />
je Patient fallen (= insg. 68,2% der Behandlungskosten), sind dies in den Nicht-CMP-Kliniken<br />
93,7% der Patienten mit insgesamt 83,2% der Behandlungskosten. In der Kostengruppe<br />
zwischen 15.000 und 25.000 EUR sind dies 8,6% der Patienten der CMP-Kliniken mit 17%<br />
der Behandlungskosten und 6,3% der Patienten der Nicht-CMP-Kliniken mit 16,8% der Behandlungskosten.<br />
Die verbleibenden 5 Patienten bzw. 3,9% der Patienten, die in den CMP-<br />
Kliniken behandelt wurden, beanspruchen immer noch 14,8% der gesamten Behandlungskosten.<br />
Dieser Umstand lässt darauf schließen, dass die Unterschiede in den gesamten Behandlungskosten,<br />
die zwischen den CMP- und Nicht-CMP-Kliniken vorliegen, darauf zurückzuführen<br />
sind, dass die Patienten der CMP-Kliniken schwerwiegendere Erkrankungen haben.<br />
Dies belegen auch die Unterschiede in den ICD-10 Diagnosen und der Anzahl der<br />
ICPM´s (Anzahl der Operationsschlüssel), die zwischen den Kliniken gefunden wurden. Im<br />
Mittel haben die Patienten mit Behandlungskosten unter 15.000 EUR in den CMP und den<br />
Nicht-CMP-Kliniken 6,4 ICD-Diagnosen und 6,4 bzw. 6,7 ICMP`s je Patient. Innerhalb der<br />
Gruppe der Patienten, deren Behandlungskosten zwischen 15.000 und 25.000 EUR liegen,<br />
haben die Patienten der CMP-Kliniken im Mittel 16 ICD-Diagnosen und 24 ICPM´s und die<br />
Patienten der NCMP-Kliniken 19,2 ICD-Diagnosen und 20,4 ICPM´s. In der Gruppe über<br />
25.000 EURO liegen mit 27 ICD-Diagnosen und 32 ICPM´s nur Patienten der CMP-Kliniken<br />
vor. Der Zusammenhang zwischen der Anzahl der ICD-Diagnosen sowie der ICPM´s und<br />
den Behandlungskosten ist dabei klar gegeben (r = .53-.74; p ≤ .01).
<strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006 167<br />
5.5.2 Ambulante Behandlungskosten<br />
Arzneimittelkosten: Die Stichprobe für die Analyse der Arzneimittelkosten für den Zeitraum<br />
von drei bzw. sechs Monaten nach erstem Entlasstag umfasst 60 vollständige Fälle. Da nur<br />
die Fälle dokumentiert sind, in denen Leistungen in Anspruch genommen wurden, kann nicht<br />
gesagt werden, worauf die fehlenden Fälle zurückzuführen sind. Dies kann ein längerer<br />
Krankenhausaufenthalt sein, andere stationäre Aufenthalte oder auch die Nicht-<br />
Inanspruchnahme von Arzneimitteln während der ersten sechs Monate nach stationärer Entlassung.<br />
Die Berechnungen haben gezeigt, dass weder bei den Gesamtkosten für Arzneimittel noch<br />
bei der Anzahl der Rezepte oder der Verordnungen ein bedeutsamer Unterschied zwischen<br />
den CMP-Patienten (Arzneimittelkosten = 894 €; Rezepte = 7,4; Verordnungen = 10,4) und<br />
den Nicht-CMP-Patienten (Arzneimittelkosten = 806 €; Rezepte = 7,3; Verordnungen = 10,7)<br />
besteht ((Arzneimittelkosten p = .724; Rezepte p = .701; Verordnungen p = .583).<br />
Kosten der ärztlichen Behandlung: Die Stichprobe für die Analyse der Arztkosten für den<br />
Zeitraum von drei bzw. sechs Monaten nach dem erstem Entlasstag umfasst 141 Fälle. In<br />
Tabelle 109 sind die ärztlichen Aufwendungen und Kosten im niedergelassenen Bereich für<br />
CMP- und Nicht-CMP-Fälle (NCMP) aufgeführt. Demnach nehmen die Patienten der CMP-<br />
Kliniken nicht mehr Arztbesuche wahr als Patienten der Nicht-CMP-Klinken. Die Punktwerte<br />
sind dagegen deutlich unterschiedlich. Entsprechendes gilt für deren Umrechnung in EURO,<br />
d.h. die Arztkosten 121 . Bezogen auf den Zeitraum von 6 Monaten nach Entlassung ergaben<br />
sich keine Unterschiede zwischen den CMP- und NCMP-Patienten.<br />
Tabelle 109: Ärztliche Aufwendungen und Kosten im niedergelassenen Bereich für CMP-<br />
und Nicht-CMP-Fälle (NCMP)<br />
Arzt-<br />
besuche<br />
Anzahl Anzahl<br />
Punktwerte Arztkosten in Euro<br />
Summe ohne<br />
Zusatzkosten<br />
Summe der<br />
Zusatzkosten<br />
Summe mit<br />
Zusatzkosten<br />
CMP NCMP CMP NCMP CMP NCMP CMP NCMP CMP NCMP<br />
N 141 141 141 141 141<br />
���� 3,5 3,2 18.057 12.243 587 € 392 € 110 € 219 € 697 € 611 €<br />
SD 2,0 1,9 24.484 17.629 829 € 573 € 217 € 1.217 € 930 € 1.434 €<br />
t-Test<br />
Wilcoxon-<br />
Test<br />
nicht sig.<br />
(p=0,229)<br />
sig.<br />
(p=0,031)<br />
sig.<br />
(p=0,026)<br />
nicht sig.<br />
(p=0,857)<br />
sig.<br />
(p=0,050)<br />
Aussagen darüber, ob die Patienten ambulante Leistungen von einem Haus- oder einem<br />
Facharzt erhielten, konnten nicht getroffen werden, da diese Daten nicht zur Verfügung<br />
standen. Es ist davon auszugehen, dass eine entsprechend ausgerichtete Analyse der ambulanten<br />
Behandlungskosten zu weiteren relevanten Informationen geführt hätte.<br />
Insgesamt betrachtet ergeben sich deutliche Hinweise darauf, dass die Patienten der CMP-<br />
Kliniken höhere Behandlungskosten im ambulanten Versorgungssektor beanspruchen als<br />
Patienten der anderen Krankenhäuser aus Westfalen-Lippe.
168 <strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006<br />
5.5.3 Kostenaufwendungen für psychisch belastete Patienten<br />
Um sich einer Antwort auf die Frage anzunähern, ob die aufgewendeten Kosten für die psychoonkologische<br />
Versorgung in einem ausgewogenen Verhältnis zu ihrem Nutzen stehen,<br />
wurde in einem ersten Schritt betrachtet, ob ein Zusammenhang zwischen der psychischen<br />
Belastung eines Patienten und seinen Krankenhauskosten besteht. In einem weiteren Schritt<br />
wurden die Kosten für die psychoonkologische Versorgung der hoch belasteten Patienten<br />
auf Grundlage der Ergebnisse des CMP-Projektes ermittelt.<br />
Zusammenhänge zwischen psychischer Belastung und Behandlungskosten: Um mögliche<br />
Zusammenhänge zwischen der psychischen Belastung eines Patienten und den Behandlungskosten<br />
zu belegen, wurden die AOK-Versicherten CMP-Fälle auf Basis der zu Behandlungsbeginn<br />
(bei stationärer Aufnahme) ermittelten psychischen Belastung eines Patienten<br />
(HADS-G) den Risikogruppen I (HADS-G 21)<br />
zugeordnet. Bei insgesamt 110 Patienten lagen Daten der Eingangsuntersuchung vor, so<br />
dass eine entsprechende Zuordnung vorgenommen werden konnte. In einem ersten Schritt<br />
wurden die stationären Behandlungskosten der Patienten der einzelnen Risikogruppen miteinander<br />
vergleichen.<br />
Tabelle 110 zeigt die durchschnittlichen Kosten der stationären Behandlung für Patienten der<br />
HADS-Risikogruppen I bis III. Dabei fällt auf, dass Patienten mit sehr hoher seelischer Belastung<br />
zu Behandlungsbeginn insgesamt (HADS-G RG III) und mit sehr ausgeprägter depressiver<br />
Symptomatik (HADS-D RG III) auffallend mehr Behandlungskosten beanspruchen als<br />
die gering belasteten Patienten. Ebenso scheinen die höher belasteten Patienten (RG II und<br />
III) höhere Behandlungskosten zu haben als die geringer belasteten Patienten.<br />
Tabelle 110: Durchschnittliche Krankenhauskosten bei Patienten mit unterschiedlich ausgeprägter<br />
psychischer Belastung zu Behandlungsbeginn<br />
Psychische Belastung zu Behandlungsbeginn<br />
und Krankenhauskosten<br />
HADS RG HADS-A HADS-D HADS-G<br />
N % € N % € N % €<br />
RG I 57 51,8 7.704 74 67,3 7.440 64 58,2 7.399<br />
RG II 25 22,7 9.549 19 17,3 9.692 26 23,6 8.992<br />
RG III 28 25,5 9.004 17 15,5 11.487 20 18,2 11.131<br />
gesamt 110 100 8.454 110 100 8.454 110 100 8.454<br />
Es ist davon auszugehen, dass bei Patienten mit einer höheren psychischen Belastung zu<br />
Beginn der Krebstherapie diese Belastung durch die Krebserkrankung und infolgedessen die<br />
aufwendigere Krebstherapie bedingt ist; es sich somit um krankheitsbedingte Belastungen<br />
handelt. Die Patienten haben den HADS-Fragebogen zumeist nach dem Diagnosegespräch<br />
mit dem Arzt ausgefüllt, und viele kommen zur stationären Krebstherapie mit einer bereits<br />
fundierten Krebsdiagnose. Bemerkenswert dabei ist jedoch die Annahme, dass die psychische<br />
Belastung zu Behandlungsbeginn möglicherweise Hinweise auf die bevorstehende<br />
Krebstherapie und die Behandlungskosten gibt.<br />
Dieser Annahme wurde nachgegangen, indem die Zusammenhänge zwischen der psychischen<br />
Belastung und der Anzahl der Krankenhaustage untersucht wurde (vgl. Tabelle 111).
<strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006 169<br />
Hier zeigte sich, dass ein solcher Zusammenhang zumindest für die Gruppe der Patienten<br />
besteht, die zu Behandlungsbeginn eine ausgeprägt hohe depressive Symptomatik aufweisen<br />
(HADS-D RG III).<br />
Tabelle 111: Anzahl der Krankenhausaufenthalte bei Patienten mit unterschiedlich ausgeprägter<br />
psychischer Belastung zu Behandlungsbeginn<br />
Auf-<br />
enthalte<br />
Psychische Belastung zu Behandlungsbeginn<br />
und Anzahl der Krankenhausaufenthalte<br />
RG HADS-A RG HADS-D RG HADS-G<br />
I II / III ges. I II / III ges. I II / III ges.<br />
N % N % N % N % N % N % N % N % N %<br />
1 42 74 31 59 73 66 53 72 20 56 73 66 47 73 26 57 73 66<br />
2 7 12 13 25 20 18 15 20 5 14 20 18 10 16 10 22 20 18<br />
>2 8 14 9 17 17 16 6 8 11 31 17 16 7 11 10 22 17 16<br />
gesamt 57 100 53 100 110 100 74 100 36 100 110 100 64 100 46 100 110 100<br />
Der Zusammenhang zwischen Höhe der Behandlungskosten und Anzahl der Krankenhausaufenthalte<br />
ist naheliegend und bedeutet, dass die hohe Belastung der Patienten zu Behandlungsbeginn<br />
eine adäquate Reaktion auf die Erkrankungsschwere ist.<br />
Die weitere Untersuchung zeigte, dass vor allem psychisch hoch belastete Patienten und<br />
Patientinnen mit Colon-Ca (C-18) und Patientinnen mit Mamma-CA (C-50) höhere Krankenhauskosten<br />
pro Tag hatten als Patienten mit Prostata-Ca (C-61) und die Krebspatienten (CA)<br />
insgesamt (vgl. Tabelle 112).<br />
Tabelle 112: Behandlungskosten je Tag bei Patienten mit unterschiedlich ausgeprägter<br />
psychischer Belastung zu Behandlungsbeginn<br />
Krebs-<br />
diagn.<br />
Psychische Belastung zu Behandlungsbeginn<br />
und Krankenhauskosten pro Tag<br />
RG HADS-A RG HADS-D RG HADS-G<br />
I II / III ges. I II / III ges. I II / III ges.<br />
N € N € N € N € N € N € N € N € N €<br />
C-18 6 331 8 478 14 415 8 447 6 372 14 415 6 331 8 479 14 415<br />
C-50 11 312 18 364 29 345 18 325 11 377 29 345 15 327 14 364 29 345<br />
C-61 20 389 4 314 24 378 20 378 4 381 24 378 19 395 5 324 24 378<br />
CA 57 356 53 349 110 353 74 361 36 335 110 353 64 354 46 351 110 353<br />
Um prüfen zu können, ob die Kostenunterschiede zwischen den Patienten mit unterschiedlich<br />
ausgeprägter psychischer Belastung relevant sind, wurden Patienten mit nur einem stationären<br />
Aufenthalt ausgewählt und deren Behandlungskosten vergleichen. Dies konnte aufgrund<br />
der Stichprobengröße nur bei Patientinnen mit Mamma-CA durchgeführt werden. Tabelle<br />
113 zeigt, dass relevante Kostenunterschiede in der Gruppe der Patientinnen mit depressiver<br />
Symptomatik (HADS-D) und annähernd relevante Kostenunterschiede in der HADS-<br />
G Gruppe gefunden werden konnten.
170 <strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006<br />
Tabelle 113: Unterschiede in den Krankenhauskosten bei an Mamma-CA erkrankten Patientinnen<br />
mit unterschiedlich ausgeprägter psychischer Belastung zu Behandlungsbeginn<br />
Psychische Belastung bei Mamma-CA Patientinnen<br />
zu Behandlungsbeginn und Behandlungskosten<br />
HADS-A HADS-D HADS-G<br />
HADS RG N € N Kosten N €<br />
RG I 9 4.248,88 16 4.254,82 12 4.265,14<br />
RG II 6 8.139,87 4 4.511,61 7 4.422,78<br />
RG III 7 4.129,23 2 14.930,05 3 11.280,87<br />
gesamt 22 5.271,99 22 5.271,99 22 5.271,99<br />
p .232 .005 .055<br />
Die weitere Untersuchung zeigte, dass sich die höher belasteten Patienten von den geringer<br />
belasteten darin unterscheiden, dass die höher belasteten Patienten häufiger Frauen und<br />
häufiger unter 60 Jahre alt sind (vgl. Tabelle 114)<br />
Tabelle 114: Geschlechts- und Altersunterschiede bei Patienten mit unterschiedlich ausgeprägter<br />
psychischer Belastung zu Behandlungsbeginn<br />
Ge-<br />
schlecht<br />
Psychische Belastung zu Behandlungsbeginn<br />
RG HADS-A RG HADS-D RG HADS-G<br />
I II / III ges. I II / III ges. I II / III ges.<br />
N % N % N % N % N % N % N % N % N %<br />
♀ 26 46 38 72 64 58 38 51 26 72 64 58 32 50 32 70 64 58<br />
♂ 31 54 15 28 46 42 36 49 10 28 46 42 32 50 14 30 46 42<br />
gesamt 57 100 53 100 110 100 74 100 36 100 110 100 64 100 46 100 110 100<br />
Alter<br />
< 60 6 11 15 28 21 19 10 13 11 31 21 19 7 11 14 31 21 19<br />
60-69 21 37 18 34 39 36 28 38 11 31 39 35 26 41 13 28 39 35<br />
> 69 30 52 20 38 50 45 36 49 14 39 50 36 31 48 19 41 50 36<br />
gesamt 57 100 53 100 110 100 74 100 36 100 110 100 64 100 46 100 110 100<br />
Zum gegenwärtigen Stand der explorativen Untersuchung der Zusammenhänge zwischen<br />
dem Grad der psychischen Belastung zu Behandlungsbeginn und den Behandlungskosten<br />
kann festgehalten werden, dass vor allem unter 60 Jahre alte Frauen mit Brustkrebs ein erhöhtes<br />
Risiko für hohe psychische Belastungen aufweisen. In der Gruppe der hoch belasteten<br />
Patientinnen mit Brustkrebs kommt es bereits während des ersten stationären Aufenthaltes<br />
zu deutlich höheren Behandlungskosten als in der Gruppe der gering belasteten Patientinnen.<br />
Es ist anzunehmen, dass sich insbesondere die Schwere der Erkrankung auf die<br />
psychische Belastung und die Behandlungskosten auswirkt, jedoch auch eher krankheitsunabhängige<br />
Faktoren einen Effekt haben, wie etwa das Alter der Patientinnen. Dem Aspekt<br />
der Depression kommt dabei ein besonderer Stellenwert zu, was auch durch die psychoonkologische<br />
Forschungsliteratur gut belegt ist 122 .
<strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006 171<br />
Diese explorative Untersuchung ist ein Beleg dafür, dass im Rahmen einer strukturierten<br />
psychoonkologischen Versorgung die Konzentration der Versorgungsleistungen nicht allein<br />
gezielt auf Patienten mit speziellen psychosozialen und psychischen Belastungen ausgerichtet<br />
werden kann (vgl. Kapital 5.2; Versorgungsqualität), sondern auch Kostenerwägungen<br />
Berücksichtigung finden können. Gelingt es in einem auf Fallpauschalen ausgerichteten Entgeltsystem<br />
für Krankenhausleistungen, diejenigen psychosozialen und psychischen Belastungsfaktoren<br />
zu identifizieren, die einen von der körperlichen Erkrankung unabhängigen<br />
Effekt auf die Inanspruchnahme ausüben 123 , so ließe sich über die Reduktion der psychosozialen<br />
Belastungen und die Verbesserung der Lebensqualität auch eine Reduktion der direkten<br />
und indirekten Behandlungskosten erzielen 124 .<br />
Kosten der psychoonkologischen Versorgung hoch belasteter Patienten: Im Rahmen des<br />
Projektes „<strong>Case</strong> <strong>Management</strong> <strong>Psychoonkologie</strong>“ konnte gezeigt werden, das sowohl zu Beginn<br />
der stationären Krebstherapie als auch zum Katamnesezeitpunkt (nach ca. durchschnittlich<br />
120 Tagen) die Patienten mit hohen bis sehr hohen psychischen Belastungen<br />
(HADS RG II und RG III) sich in bedeutsamer Weise von den psychisch nur gering belasteten<br />
Patienten (RG I) unterscheiden. Patienten, die zu Behandlungsbeginn hoch bis sehr<br />
hoch belastet sind, erhalten im Verlaufe der psychoonkologischen Versorgung mit 3,31 h<br />
(RG II) bzw. 4,92 h (RG III) eine deutlich intensivere Versorgung als die gering belasteten<br />
Patienten mit 2,46 h (RG I). Zudem erhalten die hoch belasteten Patienten Interventionsformen,<br />
die besondere Qualifikationsanforderungen an den Leistungserbringer stellen (Stationäre<br />
Psychoonkologische Psychotherapie). Der Nutzen der psychoonkologischen Versorgung<br />
ist in so fern gegeben, als dass sich die psychische Belastung der hoch bis sehr hoch<br />
belasteten Patienten im Verlauf der Krebstherapie deutlich reduziert. Bei Patienten der<br />
HADS RG II kommt es in 55% der Fälle, bei denen der HADS RG III in 29% der Fälle zu einer<br />
Reduktion der seelischen Belastung von Behandlungsbeginn zum Katamnesezeitpunkt.<br />
In demselben Zeitraum kommt es bei annähernd 88% zu keiner Zunahme der psychischen<br />
Belastung. Bei etwa 26 bis 30% der hoch belasteten Patienten kann auch eine klinisch signifikante<br />
Verbesserung der psychischen Belastung festgestellt werden.<br />
Im Rahmen des CMP-Projektes sind alle an Krebs erkrankten Patienten durch Psychologische<br />
Psychotherapeuten psychoonkologisch versorgt worden, unabhängig davon, ob es sich<br />
um gering oder hoch belastete Patienten gehandelt hat. Zu Beginn einer stationären Krebstherapie<br />
ist dabei eine psychotherapeutisch ausgerichtete Versorgung nur bei 47% der Patienten<br />
begründet, legt man den Schwellenwert des HADS-Fragebogen (SW >14) für das<br />
Vorliegen einer hohen psychischen Belastung zugrunde. Die verbleibenden 53% gering belasteten<br />
Patienten können zwar mitunter deutliche seelische Belastungen (1-Item Skala)<br />
aufweisen, sie wechseln jedoch nur zu etwa 10% in die Gruppe der hoch und nur zu 2% in<br />
die Gruppe der sehr hoch belasteten Patienten bei Katamneseerhebung. Eine psychotherapeutisch<br />
ausgerichtete Versorgung dieser Patientengruppe ist anhand der vorliegenden Ergebnisse<br />
nicht begründet 125 .<br />
Der vorliegende Bericht zum CMP-Projekt legt nahe, die Gruppe der psychisch hoch belasteten<br />
Patienten durch die Berufsgruppe der Psychotherapeuten psychoonkologisch zu versorgen<br />
und die Gruppe der gering belasteten Patienten durch andere Berufsgruppen, wie etwa<br />
Pflegekräfte, Psychologen oder Sozialarbeiter und Sozialpädagogen (im Folgenden psychoonkologische<br />
Fachkräfte genannt xxvii ). In der Praxis der Patientenversorgung ist es durchaus<br />
xxvii Mit Bachelor-Studiengang und zusätzlicher Qualifikation/Erfahrung in <strong>Psychoonkologie</strong>.
172 <strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006<br />
möglich und sinnvoll, dass ein Patient gemeinsam von einem Psychotherapeuten und einer<br />
psychoonkologischen Fachkraft betreut wird. Dies ist der Fall, wenn ein psychisch hoch belasteter<br />
Patient zusätzlich auch psychosoziale Problem- und Bedürfnislagen aufweist, die<br />
keiner psychotherapeutischen Versorgung bedürfen. Dies ist auch dann der Fall, wenn psychisch<br />
unbelastete Patienten zu irgendeinem Zeitpunkt im Verlauf der Krebstherapie belastete<br />
Ereignisse und Traumen erlebt, die einer psychotherapeutisch ausgerichteten Versorgung<br />
bedürfen.<br />
Diese psychosozialen Probleme und Belastungen wurden zu Behandlungsbeginn anhand<br />
des „Psychosozialen Fragebogen: Stationäre Aufnahme“ (PfSA) ermittelt. Dabei zeigte sich,<br />
dass nur knapp über 11% der Patienten zu Beginn der Krebstherapie keinerlei psychische<br />
und psychosoziale Belastungen aufweisen (vgl. Tabelle 31) und somit ein erheblicher Anteil<br />
der Patienten einer niederschwelligen Unterstützung und Anleitung im Verlauf ihrer Krebstherapie<br />
bedarf. Im stationären Behandlungsverlauf werden entsprechende psychosoziale<br />
Belastungen im Patientenmonitoring ermittelt und anhand der „Psychoonkologischen Anforderungsliste“<br />
(POD) dokumentiert.<br />
Die Ergebnisse zum Projekt „<strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong>“ legen nahe, die Kalkulation<br />
der Kosten für die psychoonkologische Versorgung gesondert für die Berufsgruppe der<br />
Psychotherapeuten und der psychoonkologischen Fachkräfte zu führen.<br />
Bei einem 7,7h Arbeitstag und 220 Arbeitstagen pro Jahr liegt eine Gesamtkapazität von<br />
1.694 Arbeitsstunden je Mitarbeiter vor. Für die psychoonkologische Versorgung stehen davon<br />
87%, das sind 1.474h zur Verfügung (vgl. Tabelle 66). Davon entfallen 20% auf psychoonkologische<br />
Leistungen wie die Team- und Einzelsupervision, abteilungsinterne Schulungen<br />
und administrative Aufgaben im Zusammenhang mit der Umsetzung des strukturierten<br />
Versorgungsprogramms. Maximal 20% (295h) entfallen auf patientenbezogene administrative<br />
Leistungen, insbesondere die Leistungsdokumentation und Schriftverkehr und mindestens<br />
60% (884h) auf die patientenbezogene Versorgung mittels direkter und indirekter Gespräche<br />
(vgl. Kapitel 5.3.1 Strukturqualität).<br />
Bei einer patientenbezogenen Leistungsfinanzierung stehen demnach 1.179h der vorhandenen<br />
Versorgungskapazität zur Verfügung. Davon nehmen hoch belastete Patienten 43%<br />
(507h) und sehr hoch belastete Patienten 57% (672h) in Anspruch (vgl. Tabelle 16). Im Mittel<br />
werden hoch belastete Patienten im Verlauf der stationären Krebstherapie mit 3,31h und<br />
sehr hoch belastete Patienten mit 4,92h versorgt (vgl. Tabelle 73). Dies bedeutet, dass ein<br />
Psychotherapeut bei 1.179h im Jahr 290 hoch (153 Patienten) bis sehr hoch (137 Patienten)<br />
belastete Patienten psychoonkologisch versorgen kann.<br />
Bei zu Grunde gelegten 30,- EUR die Arbeitsstunde und 3,31h bzw. 4,92h Versorgung je<br />
Patient sind dies 99,30 EUR für die Versorgung eines hoch belasteten und 147,45 EUR für<br />
die Versorgung eines sehr hoch belasteten Patienten. Insgesamt kostet die Versorgung der<br />
290 Patienten 35.371,- EUR jährlich. Ausgehend davon, dass 47% der Patienten eines<br />
Krankenhauses hoch bis sehr hoch psychisch belastet sind, liegt das Patientenaufkommen<br />
eines Krankenhauses damit bei 617 Patienten. Von diesen sind 290 (47%) Patienten psychoonkologisch<br />
und 327 (53%) Patienten durch psychoonkologische Fachkräfte zu versorgen.<br />
Im Rahmen des strukturierten Versorgungsprogramms war vorgesehen, dass den Krebspatienten<br />
bei vorliegender konkreter psychosozialer Belastung, die anhand des „Patientenfragebogens:<br />
Stationäre Aufnahme“ (PfSA) ermittelt werden konnte, insgesamt 2 Gespräche
<strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006 173<br />
angeboten werden. Als Dauer sind 50 Minuten je Gespräch veranschlagt worden. Für die<br />
psychoonkologisch-psychosoziale Patientenversorgung ist damit bei 327 psychisch nur gering<br />
belasteten Patienten jährlich und 1,67h Versorgung je Patient eine Versorgungskapazität<br />
von 546h erforderlich. Erhalten dagegen unabhängig von der psychischen Belastung alle<br />
Patienten bei Bedarf niederschwellige psychoonkologische Versorgungsleistungen auf<br />
Grundlage der Ergebnisse der Patientenbefragung (Basis: PfSA; 11% ohne psychoonkologischen<br />
Versorgungsbedarf, vgl. Tabelle 31), so sind dies 549 der 617 Patienten, für die jährlich<br />
eine Kapazität von 917h vorzuhalten wäre. Bei zugrunde gelegten 20,-EUR je Arbeitsstunde<br />
würden sich die Kosten auf 10.922,- EUR (bei 327 Patienten) bzw.18.337,- EUR (bei<br />
549 Patienten) belaufen.<br />
Insgesamt müsste ein Krankenhaus mit einem Patientenaufkommen von 1.000 Krebspatienten<br />
für die psychoonkologische Versorgung auf Grundlage des strukturierten psychoonkologischen<br />
Versorgungsprogramms jährlich 87.047,- EUR (87,- EUR je Patient) veranschlagen.<br />
Bei im Mittel 6.835,- EUR Behandlungskosten je Patient (vgl. Tabelle 106) sind dies 1,3%<br />
der Kosten einer Krebstherapie.
<strong>Case</strong> <strong>Management</strong> <strong>Psychoonkologie</strong><br />
Implementierung psychoonkologischer Leistungen<br />
in Kliniken der Akutversorgung<br />
Westfalen-Lippe, NRW<br />
<strong>Case</strong> <strong>Management</strong> <strong>Psychoonkologie</strong>: Projektkonsequenzen
6. <strong>Case</strong> <strong>Management</strong> <strong>Psychoonkologie</strong>: Projektkonsequenzen<br />
Das Projekt „<strong>Case</strong> <strong>Management</strong> <strong>Psychoonkologie</strong>: Implementierung psychoonkologischer<br />
Leistungen in Kliniken der Akutversorgung“ soll einen Beitrag zur Implementierung und Etablierung<br />
der psychoonkologischen Unterstützung von Krebspatienten im deutschen Gesundheitswesen<br />
leisten. Das Projekt basiert auf den Vorarbeiten der <strong>Carina</strong> <strong>Stiftung</strong>, Herford,<br />
und der Abteilung für <strong>Psychoonkologie</strong> am Klinikum Herford 126 .<br />
Die Implementierung und Umsetzung des strukturierten psychoonkologischen Versorgungsprogramms<br />
an sechs Krankenhäusern der Akutversorgung in Westfalen-Lippe konnte zeigen,<br />
dass die Mindestanforderungen einer strukturierten psychoonkologischen Versorgung<br />
auf die Betreuung von Patienten mit den unterschiedlichsten Krebserkrankungen (versorgt<br />
wurden Patienten mit 38 unterschiedlichen Krebserkrankungen) übertragbar und durch Behandlungsteams<br />
verschiedenster medizinischer Kliniken und Abteilungen der Onkologie (20<br />
CMP-Kliniken/Abteilungen) umsetzbar sind. Die Ergebnisse der multizentrischen, prospektiven<br />
Studie, die in dem hier vorgelegten CMP-Abschlussbericht dargelegt sind, haben den<br />
Nachweis der Angemessenheit, des klinischen Nutzen sowie der Wirtschaftlichkeit eines<br />
strukturierten psychoonkologischen Versorgungsprogramms im stationären Versorgungssektor<br />
führen können.<br />
Möchte man aus dem Projekt „<strong>Case</strong> <strong>Management</strong> <strong>Psychoonkologie</strong>“ Konsequenzen für die<br />
Implementierung und Etablierung der psychoonkologischen Unterstützung von Krebspatienten<br />
im deutschen Gesundheitswesen, so kann es nicht darum gehen, Forderungen zu stellen,<br />
sondern darum, Vertrauen auf Seiten der Patienten, der Leistungserbringer, der Kliniken<br />
sowie der gesundheitspolitisch Verantwortlichen in die Qualität, Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit<br />
einer strukturierten psychoonkologischen Versorgung zu schaffen.<br />
Auch wenn die Notwendigkeit gesehen wird, Krebspatienten begleitend zu ihrer Erkrankung<br />
und Behandlung psychosozial zu betreuen, so fehlte es bislang an einem begründbaren Vertrauen<br />
in die Angemessenheit der psychoonkologischen Versorgung in der täglichen Versorgungspraxis.<br />
Aus Perspektive der gesundheitspolitisch Verantwortlichen wie auch der Klinikträger<br />
müssen verschiedene, aufeinander aufbauende Anforderungen bedacht werden, die<br />
mit der Implementierung einer psychoonkologischen Versorgung im Krankenhaus zusammen<br />
hängen, und die vor der Akzeptanz und Umsetzung psychosozialer und psychotherapeutischer<br />
Leistungen im Gesundheitswesen erfüllt sein sollten. Dies gilt unabhängig von der<br />
Frage einer wie auch immer gearteten Leistungsfinanzierung.<br />
1. Es gilt, eine hohe Qualität der Patientenversorgung zu gewährleisten. Dabei ist insbesondere<br />
sicherzustellen, dass die Patientenversorgung<br />
1.1. auf Basis wissenschaftlich gesicherter Erkenntnisse erfolgt; sowohl was die Untersuchungs-<br />
als auch die Behandlungsmethoden betrifft (evidenzgestützte Versorgung),<br />
1.2. allen Patienten, je nach ihrem individuellen Versorgungsbedarf, zu Gute kommt (bedarfsge-<br />
rechte Versorgung),<br />
1.3. begleitend zum Verlauf der Krebserkrankung und zur Krebstherapie erfolgt (sektorenüber-<br />
greifende Versorgung).<br />
2. Es gilt, eine hohe Qualität der (Dienst-)Leistungserbringung zu gewährleisten. Dabei ist<br />
insbesondere sicherzustellen, dass die Leistungserbringer
178 <strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006<br />
2.1. Versorgungsstrukturen vorfinden, die ihnen eine bedarfsgerechte Versorgung aller Patienten<br />
in einer Einrichtung ermöglichen, was vor allem Anforderungen an die vorzuhaltenden perso-<br />
nellen Ressourcen betrifft,<br />
2.2. auf Basis von Versorgungsabläufen und -prozessen arbeiten können, die eine interdisziplinä-<br />
re Zusammenarbeit der verschiedenen Berufsgruppen sowie eine an dem Erkrankungs- und<br />
medizinischen Behandlungsverlauf orientierte Leistungserbringung gewährleisten,<br />
2.3. über Informationen verfügen, die ihnen nicht nur eine bedarfsgerechte Gestaltung der Leis-<br />
tungserbringung zu Beginn und im Verlauf der Patientenversorgung erlauben, sondern auch<br />
eine Bewertung der Versorgungsergebnisse und eine an dem bestehendem Versorgungsbe-<br />
darf im dritten Monat bzw. am Ende der stationären Krebstherapie ausgerichtete Planung der<br />
Nachsorge ermöglichen.<br />
3. Es gilt, die Wirksamkeit der psychoonkologischen Versorgung zu gewährleisten. Dabei<br />
ist insbesondere sicherzustellen, dass in einem Prozess der kontinuierlichen Qualitätsverbesserung<br />
3.1. die klinischen und administrativen Kennzahlen der Patientenversorgung erhoben und ausge-<br />
wertet werden,<br />
3.2. die empirischen Kennzahlen mit vorgegebenen Qualitätsindikatoren bzw. den empirischen<br />
Kenngrößen zurückliegender Leistungsperioden oder vergleichbarer Einrichtungen vergli-<br />
chen und bewertet werden und<br />
3.3. die Konsequenzen im Rahmen des einrichtungsinternen Qualitätsmanagement umgesetzt<br />
werden.<br />
4. Es gilt, die Wirtschaftlichkeit der psychoonkologischen Versorgung zu gewährleisten.<br />
Dabei ist insbesondere sicherzustellen, dass<br />
4.1. in der Patientenversorgung gezielt auch Untersuchungs- und Behandlungsmethoden einge-<br />
setzt werden, die über die Linderung des Leidens, die Steigerung des Wohlbefindens und der<br />
Funktionalität sowie über die Förderung von Selbst-Kompetenzen Einfluss auf kostenrelevan-<br />
te Faktoren des Gesundheitsverhaltens ausüben,<br />
4.2. in der Leistungserbringung die einrichtungsinternen und einrichtungsübergreifenden Versor-<br />
gungsabläufe so organisiert und gesteuert werden, sodass die zeitlichen und personellen<br />
Ressourcen gezielt eingesetzt werden können und<br />
4.3. im Rahmen des einrichtungsinternen Qualitätsmanagement die kontinuierlichen Verbesse-<br />
rung der Wirksamkeit der Versorgung auch unter dem Gesichtspunkt der Verbesserung der<br />
Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung betrachtet werden kann.<br />
Das Projekt „<strong>Case</strong> <strong>Management</strong> <strong>Psychoonkologie</strong>“ hat zeigen können, dass ein so aufgebautes<br />
strukturiertes psychoonkologisches Versorgungsprogramm in die Versorgungswirklichkeit<br />
implementiert und dauerhaft umgesetzt werden kann.<br />
Möglich wird die Realisierung dieser Form der Patientenversorgung in verschiedenen Krankenhäusern,<br />
medizinischen Abteilungen und bei verschiedenen Arten einer Krebserkrankung,<br />
da die strukturierte Patientenversorgung 127<br />
1. an den grundlegenden Phasen einer jeden stationären Krebstherapie orientiert ist,<br />
2. sich auf die Mindestanforderungen einer psychoonkologischen Versorgung im Krankenhaus<br />
bezieht,
<strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006 179<br />
3. hinsichtlich der Leistungsinhalte und Leistungsabfolge klar spezifiziert ist,<br />
4. das Leistungsgeschehen anhand von Behandlungspfaden allen Beteiligten gegenüber trans-<br />
parent macht,<br />
5. die Dokumentation des Leistungsgeschehens sowohl den Prozess der Leistungserbringung<br />
zu planen, zu lenken als auch zu prüfen in der Lage ist und<br />
6. relevante Kennzahlen der erbrachten Versorgungsleistungen anhand automatisierter Daten-<br />
auswertungsprogramme sowohl den Leistungserbringern, wie auch dem Controlling und dem<br />
Qualitätsmanagement einer Einrichtung unmittelbar bzw. zeitnah zur Verfügung stehen.<br />
Die Kosten, die mit einem so aufgebauten strukturierten psychoonkologischen Versorgungsprogramm<br />
verbunden sind, können mit 90 EURO im Vergleich zu den Kosten einer Krebstherapie<br />
mit 6.800,- EURO als eher gering betrachtet werden (vgl. Kap. 5.5.3).<br />
Die Konsequenz und der letztendliche Erfolg des Projektes „<strong>Case</strong> <strong>Management</strong> <strong>Psychoonkologie</strong>“<br />
bestehen in der dauerhaften Umsetzung einer strukturierten psychoonkologischen<br />
Versorgung in Krankenhäuern der Akutversorgung an Krebs erkrankter Menschen.<br />
Das am 31.12.2006 ausgelaufene CMP-Projekt hat eindeutig belegt, dass sich ein strukturiertes<br />
psychoonkologisches Versorgungsprogramm positiv auf die betreuten Patienten auswirkt<br />
und ihnen dabei hilft, die psychischen Belastungen während der Krebsbehandlung besser<br />
zu ertragen. Es wird damit eine deutliche und bedarfsgerechte Verbesserung der Versorgungsqualität<br />
von an Krebs erkrankten Menschen erreicht.<br />
Die Erkenntnisse des erfolgreich verlaufenen CMP-Projektes sollen zu einer umfassenden<br />
Versorgung von Krebspatienten in Akutkliniken auf einer finanziell gesicherten Basis beitragen.<br />
Die Projektbeteiligten haben daher Ende Februar 2007 beim Institut für das Entgeltsystem<br />
im Krankenhaus – InEK gGmbH – zwei Zusatzentgelte für psychoonkologische Versorgungsleistungen<br />
bei Patienten mit hoher und extremer Belastung beantragen. Das Gesundheitsministerium<br />
NRW hat das InEK in einem begleitenden gemeinsamen Schreiben mit den<br />
Projektbeteiligten gebeten, diese gesundheitspolitisch wegweisende Weiterentwicklung der<br />
psychoonkologischen Versorgung zu unterstützen.
7. Literaturübersicht und Anmerkungen<br />
1 Selbmann, H.K. (1995). Qualitätssicherung im Gesundheitswesen unter besonderer Berücksichtigung der<br />
Onkologie. In: E. Enghofer & K. Winkler (Hrsg.), Qualitätssicherung in der Onkologie: Grundlagen und Defini-<br />
tionen (S. 9-13). München: Zuckschwerdt.<br />
2 <strong>Case</strong> <strong>Management</strong> <strong>Psychoonkologie</strong> (CMP) ist die strukturierte, einzelfallbezogene psychosoziale Versorgung<br />
von Krebs betroffener Menschen. <strong>Case</strong> <strong>Management</strong> <strong>Psychoonkologie</strong> gestaltet die psychosozialen und psy-<br />
choonkologisch-psychotherapeutischen Versorgungsleistungen in Kliniken der Akutversorgung derart, dass sie<br />
den vielfältigen Anforderungen an die Humanität, Wirksamkeit, Wirtschaftlichkeit und Qualität der Gesund-<br />
heitsversorgung genügen (vgl. insb. Kusch & Höhl, 2005, Das Care-Service-Science-Konzept als Grundlage<br />
des <strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong>. www.carina-stiftung.de).<br />
3 Bei den Psychologischen Psychotherapeuten handelt es sich um bereits approbierte bzw. kurz vor Approbati-<br />
on stehende Psychotherapeuten<br />
4 Herrmann, Ch. & Buss. U. & Snaith, R.P. (1995). HADS-D - Hospital Anxiety and Depression Scale --<br />
Deutsche Version. Ein Fragebogen zur Erfassung von Angst und Depressivität in der somatischen Medizin.<br />
Testdokumentation und Handanweisung. Bern: Huber.<br />
5 Im Mittel lagen zwischen der Patientenbefragung zu Beginn der stationären Krebstherapie und dem zweiten<br />
Erhebungszeitpunkt 120 Tage.<br />
6 Schulz, K.D. & Albert, U.S. (2003). (Hrsg). Stufe-III-Leitlinie Brustkrebs-Früherkennung in Deutschland. Mün-<br />
chen: Zuckschwerdt.<br />
7 s. http://www.rki.de/<br />
8 Vgl: Fachbeiträge zu Umwelt und Gesundheit NRW 2005 (www.apug.nrw.de); Krebs in Deutschland, 2006<br />
(www.rki.de). <strong>Case</strong> <strong>Management</strong> <strong>Psychoonkologie</strong>, Abschlussbericht 2002 (www.carina-stiftung.de)<br />
9 Carr, D., Goudas, L., Lawrence, D., Pril, W., Lau, J., DeVine, D., Kupelnick, B. & Miller, K. (2002). Manage-<br />
ment of cancer Symptoms: Pain, depression and fatigue. Evidence Report/Technology Assessment, Nr. 61,<br />
AHRQ Publication No. 02-E032. Rockville: Agency for Healthcare Research and Quality. Sellick, S.M. &<br />
Crooks, D.L. (1999). Depression and cancer: An appraisal of the literatur for prevalence, detection, and prac-<br />
tice guideline development for psychological interventions. Psychooncology, 8, 315-333. Zabora, J., Brintzen-<br />
hofer, K., Curbow, B., Hooker, C. & Piantadosi, S. (2001). The prevalence of psychological distress by cancer<br />
site. Psychooncology, 10, 19-28.<br />
10 IPOS/ASPBOA, (International Sociaty of Psycho-Oncology/American Society for Psychosocial and behavioral<br />
Incology/AIDS). (1998). Standards of Care for the <strong>Management</strong> of Distress in Patients with cancer. www.ipos-<br />
saboa.org., Mehnert, A., Petersen, C. & Koch, U. (2003). Empfehlungen zur psychoonkologischen Versorgung<br />
im Akutkrankenhaus. Zeitschrift für Medizinische Psychologie, 12, 72-84. NBCC/NCCI (2003): Clinical practice<br />
guidelines for the psychosocial care of Adults with cancer. National Breast Cancer Centre and National Cancer<br />
Control Initiative: Australia. NCCN Distress <strong>Management</strong> Panel. (2003). Distress <strong>Management</strong>: Clinical Prac-<br />
tice Guidelines in Oncology – v.1.203. National Comprehensive Cancer Network. Weis, J., Mehnert, A., &<br />
Koch, U. (2003). Entwicklung von Leitlinien und Behandlungsstandards für die <strong>Psychoonkologie</strong>. Forum der<br />
Deutschen Krebsgesellschaft, 18, 30-32.<br />
11 Holland, J. (2006). Can distress become the 6 th vital sign? Revolutionary cancer treatments; American Medical<br />
Association, June, 22, 2006, New York.<br />
12 <strong>Case</strong> <strong>Management</strong> <strong>Psychoonkologie</strong>, Abschlussbericht 2002 (Koch, U., Mehnert, A. & Petersen, C. (2002).<br />
Abschlussbericht: Psychoonkologische Evaluation der Abteilung für <strong>Psychoonkologie</strong> am Klinikum Herford.<br />
Gefördert durch die SULO <strong>Stiftung</strong> (PDF-Datei unter: www.carina-stiftung.de; http://www.carina-<br />
stiftung.de/publikationen/publikationen.php?id_menue=4)
<strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006 181<br />
13 AOK-Rheinland, (2000). Studie zur Versorgungssituation von Brustkrebspatientinnen der AOK-Rheinland.<br />
Düsseldorf: AOK Rheinland. Deutsche Krebshilfe (2003). FORMaCa: Die an Brustkrebs erkrankte Frau im Me-<br />
dizinbetrieb. Deutsche Krebsgesellschaft. SVR (2001). Gutachten 2000/2001: Bedarfsgerechtigkeit und Wirt-<br />
schaftlichkeit Band I "Zielbildung, Prävention, Nutzerorientierung und Partizipation". Band II "Qualitätsentwick-<br />
lung in Medizin und Pflege" Band III "Über-, Unter- und Fehlversorgung", Teile 1 bis 4. Baden-Baden: Nomos-<br />
Verlag.<br />
14 Vgl. u.a. Beschluss des G-BA (2005). Empfehlungen des Gemeinsamen Bundesausschusses nach §91 Abs. 4<br />
gemäß § 137f Abs. 1 SGB V. Anforderungen an strukturierte Behandlungsprogramme für Brustkrebs.<br />
15 Gesundheitsziele NRW – 2005 bis 2010 (www.mags.nrw.de/pdf/gesundheit/gesundheitsziele2005-<br />
10.pdf)<br />
16 Corner, J. (1999). Interface between research and practice in psycho-oncology. (1999). Acta Oncologica, 38,<br />
703-707. Dolbeault, S., Szporn, A. & Holland, J.C. (1999). Psychooncology: Where have we been ? Where are<br />
we going ? European Journal of Cancer 35, 1554-1558. Ellwood, A.L., Charlson, L.E. & Bultz, B.D. (2001).<br />
Empirically supported treatments: Will this movement in the field of psychooncology impact the practice of psy-<br />
chosocial oncology ? Psychooncology, 10, 199-205. Weis, J. (2000). Psychosozialer Liaisondienst in der onko-<br />
logischen Akutklinik. Konzepte und Erfahrungen der Implementation im Bereich der Erwachsenenonkologie. In:<br />
M. Härter & U. Koch (Hrsg.): Psychosoziale Dienste im Krankenhaus (127-138). Göttingen: Verlag für Ange-<br />
wandte Psychologie.<br />
17 Koch, U. & Weis, J. (Hrsg.). (1998). Krankheitsbewältigung bei Krebs und Möglichkeiten der Unterstützung.<br />
Der Förderschwerpunkt „Rehabilitation von Krebskranken“. Stuttgart: Schattauer. Kusch, M., Kanth, E. & La-<br />
bouvie, H. (2001). Das Care-Service-Science-Konzept: Ein Beitrag zur Verbindung von Versorgung, Manage-<br />
ment und Forschung in der Pädiatrie. In: B. Mangold & R. Frank (Hrsg.). Psychosomatische Grundversorgung<br />
in der Pädiatrien (197-213). München: Kohlhammer.<br />
18 Vgl. Kusch & Höhl, 2005, Das Care-Service-Science-Konzept als Grundlage des <strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: Psy-<br />
choonkologie (www.carina-stiftung.de).<br />
19 Da bislang klar formulierte Qualitätsindikatoren für die psychoonkologische Versorgung im Akutkrankenhaus<br />
nicht vorliegen, sind in diesem Bericht nur erste Referenzwerte zusammengetragen.<br />
20 Vgl. zu diesem Kapitel: Projekt "<strong>Case</strong> <strong>Management</strong> <strong>Psychoonkologie</strong> CM:P" (I), Kusch & Höhl, 2005 (PDF-<br />
Dateien unter: http://www.carina-stiftung.de/publikationen/publikationen.php?id_menue=4) sowie NBCC/NCCI<br />
(2003): Clinical practice guidelines for the psychosocial care of adults with cancer. National Breast Cancer<br />
Centre and National Cancer Control Initiative: Australia (Download: Clinical Practice Guidelines for the<br />
Psychosocial Care of Adults with Cancer (PDF, 838kb) oder http://www.nhmrc.gov.au/publications/<br />
synopses/cp90syn.htm).<br />
21 Bultz, B.D. & Holland, J.C. (2006). Emotional distress in patients with cancer: The sixth vital sign. Community<br />
Oncology, 3, 311-314. Spiegel, D., Morrow, G.R., Classen, C., Raubertas, R., Stott, P.B. & Mudaliar, N. (1999).<br />
Group psychotherapy for recently diagnosed breast cancer patients: A multicenter feasibility study. Psychoon-<br />
cology, 8, 482-493. Gil et al. (2005). Use of distress and depression thermometers to measure psychosocial<br />
morbidity among southern European cancer patients. Supportive Care in Cancer, 13, 600-6006. Derogatis,<br />
L.R., Morrow, G.R. & Fetting, J. (1983). The prevalence of psychiatric disorders among cancer patients, Jour-<br />
nal of the American Medical Association, 249, 751-757.<br />
22 Herrmann, Ch. & Buss. U. & Snaith, R.P. (1995). HADS-D - Hospital Anxiety and Depression Scale --<br />
Deutsche Version. Ein Fragebogen zur Erfassung von Angst und Depressivität in der somatischen Medizin.<br />
Testdokumentation und Handanweisung. Bern: Huber.<br />
23 ICD-10 (International Classification of Disorders). (1990). Internationale Klassifikation psychischer Störungen<br />
(Hrsg., H. Dilling, W. Mombour & M.H. Schmidt). Bern Huber.<br />
24 S.o. Projekt "<strong>Case</strong> <strong>Management</strong> <strong>Psychoonkologie</strong> CM:P" (I) unter: www.carina-stiftung.de
182 <strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006<br />
25 Hohmann, D. (2000). Klinische Signifikanz von EORTC QLQ C-30-Daten für die Prognose von Patienten mit<br />
Mama-, Pankreas., Ovarial- und kolorektal Karzinom. Dissertation: Universität Witen/Herdecke.<br />
26 Die „emotionale Funktion“ bezeichnet die allgemeine Gefühlslage im Alltag. Weitere Funktionen, wie die kör-<br />
perliche Funktion/Rolle bezeichnen die körperliche Belastbarkeit im Alltag bzw. die Verrichtung alltäglicher<br />
Aufgaben in Haushalt, Freizeit oder Beruf,<br />
27 Aaronson et al. (1993). The European Orgaization for Research and Treatment of Cancer QLQ-C30: A quality<br />
of life instrument for use in international clinical trails in oncology. Journal of the National Cancer Institute, 85,<br />
365-376.<br />
28 Vgl. Aaronson et al., 1993<br />
29 Faller, H. & Weis, J. (2005). Bedarf psychosozialer Unterstützung und reale Versorgung. In: H. Faller (Hrsg.)<br />
Psychotherapie bei somatischen Erkrankungen. Stuttgart: Thieme.<br />
30 Vgl. Bultz & Holland (2006).<br />
31 Vgl. zu diesem Kapitel: Kusch, M., Ebmeier, A., Stecker, R. & Höhl, H.-U. (2004). Psychosoziale Versorgung in<br />
der Onkologie: Voraussetzungen einer Wirtschaftlichkeitsprüfung. In: H, Vogel & J. Wasem (Hrsg.). Gesund-<br />
heitsökonomie in Psychotherapie und Psychiatrie (S. 189-214). Stuttgart: Schattauer. Kusch & Höhl, 2005, Das<br />
Care-Service-Science-Konzept als Grundlage des <strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> (www.carina-<br />
stiftung.de).<br />
32 Vgl. u.a. Koch, U., Mehnert, A. & Petersen, C. (2002). Abschlussbericht: Psychoonkologische Evaluation der<br />
Abteilung für <strong>Psychoonkologie</strong> am Klinikum Herford. Gefördert durch die SULO <strong>Stiftung</strong> (PDF-Datei unter:<br />
www.carina-stiftung.de; http://www.carina-stiftung.de/publikationen/publikationen.php?id_menue=4); Schulz,<br />
H., Winzer, A., Stump, S. & Koch, U. (2001). Beeinflussung der Lebensqualität von Tumorpatienten durch psy-<br />
choonkologische Interventionen. Onkologe, 7, 157-166. NBCC/NCCI (2003): Clinical practice guidelines for the<br />
psychosocial care of adults with cancer. National Breast Cancer Centre and National Cancer Control Initiative:<br />
Australia (Download: Clinical Practice Guidelines for the Psychosocial Care of Adults with Cancer (PDF,<br />
838kb) oder http://www.nhmrc.gov.au/publications/synopses/cp90syn.htm). NHS (National health Service).<br />
(2003). Improving supportive and palliative care for adults with cancer. London: National Institute für Clinical<br />
Excellence; King´s College.<br />
33 Vergleiche mit externen Wirksamkeitsbelegen ähnlich gelagerter Studien (s.u. Greer et al., 1992; Moorey et al.,<br />
1994) geben erste Hinweise die Validität der im CMP-Projekt vorgefundenen Ergebnisse.<br />
34 Meyer, T.J. & Mark, M.M. (1995). Effects of psychosocial interventions with adult cancer patients: A meta-<br />
analysis of randomized experiments. Health Psychology, 14, 101-108.<br />
35 Greer et al. (1992). Adjuvant psychological therapy for patients with cancer: A prospective randomized trial.<br />
British Medical Journal, 304, 675-680. Moorey et al. (1994). Adjuvant psychological therapy for patients with<br />
cancer: Outcome at one year. Psychooncology, 3, 39-46.<br />
36 Vgl. Muthny, F.A. (1998). (Hrsg.): <strong>Psychoonkologie</strong>. Bedarf, Maßnahmen und Wirkungen am Beispiel des<br />
„Herforder Modells“. Berlin: Pabst Science Publishers. Muthny, F.A. (2000). Implementierung psychoonkologi-<br />
scher Leistungen in der Akutversorgung am Beispiel des “Herforder Modells”. In M. Härter & U. Koch (Hrsg.),<br />
Psychosoziale Dienste im Krankenhaus (S. 139-154). Göttingen: Verlag für Angewandte Psychologie.<br />
37 s.o. Greer et al. (1992); Moorey et al. (1994).<br />
38 s.o. Corner (1999); Kusch und Höhl (2005).<br />
39 Vgl. zu diesem Kapitel: Kusch, M. & Stecker, R. (2005). Die Psychoonkologische Psychotherapie: Theorie.<br />
Forum Psychotherapeutische Praxis, 5, 15-27. Kusch, M. & Stecker, R. (2005). Die Psychoonkologische Psy-<br />
chotherapie: Praxis. Forum Psychotherapeutische Praxis, 5, 72-83; sowie Kusch & Höhl (2005).<br />
40 s.o. Kusch und Stecker (2005); Kusch und Höhl (2005).<br />
41 Vgl. zu diesem Kapitel: Carlson, L.E. & Bultz, B.D. (2003). Benefits pf psychological oncology care: Improved<br />
quality of life and medical cost offset. Health and Quality of Life Outcome, 1, 8-16. Kusch, M., Ebmeier, A.,<br />
Stecker, R. & Höhl, H.-U. (2004). Psychosoziale Versorgung in der Onkologie: Voraussetzungen einer Wirt-
<strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006 183<br />
schaftlichkeitsprüfung. In: H, Vogel & J. Wasem (Hrsg.). Gesundheitsökonomie in Psychotherapie und Psy-<br />
chiatrie (S. 189-214). Stuttgart: Schattauer. Für weitergehende Informationen: www.carina-stiftung.de.<br />
42 Kusch, M. (2006). <strong>Psychoonkologie</strong> im Akutkrankenhaus: Ein Luxus? Kostensparende Effekte durch psycho-<br />
soziale Versorgung in der Onkologie. Vortrag: 2. Psychoonkologischen Symposium - POSIO 2 -; Thema: Psy-<br />
choonkologie – quo vadis? 11. und 12.05.06, Idar-Oberstein (www.carina-stiftung.de).<br />
43 Vgl. auch: Escalada, P. & Griffiths, P. (2006). Do people with cancer comply with oral chemotherapy treat-<br />
ments? British Journal of Community Nursing, 11, 532-6. Pasquin, M. & Biondi, M. (2007). Depression in can-<br />
cer patients: A critical review. Clinical Practice and Epidemiology in Mental Health, 8, 2 Wagner, L. & Lacey,<br />
M.D. (2004). The hidden costs of cancer care: an overview with implications and referral resources for oncol-<br />
ogy nurses. Clinical Journal of Oncology Nursing, 8, 279-87. Gottlieb, H. (2000). Medication Nonadherence:<br />
Finding Solutions to a Costly Medical Problem. Drug Benefit Trends, 12, 57-62. Lichtman, S.M. (2003). Guide-<br />
lines for the Treatment of Elderly Cancer Patients. Cancer Control, 10, 445-453. Coughlin, S.S. et al. (2004)<br />
Nonadherence to Breast and Cervical Cancer Screening: What Are the Linkages to Chronic Disease Risk?<br />
Preventing Chronic Diseases, 1, A04.<br />
44 Blum, K & Müller, U. (2003). Dokumentationsaufwand im ärztlichen Dienst der Krankenhäuser: Repräsentativ-<br />
erhebung des Deutschen Krankenhausinstitutes. Das Krankenhaus, 7/2003, 544-548.<br />
45 Projekt "<strong>Case</strong> <strong>Management</strong> <strong>Psychoonkologie</strong> CM:P" (I): Gesundheitsökonomische Bewertung der psychoon-<br />
kologischen Versorgung (unveröffentlicht). Die Analysen sind von der Unternehmensberatung McKinsey<br />
&Company durchgeführt worden.<br />
46 Thomas, W. & Höhle, K. (1998). Inanspruchnahme und Kosten psychoonkologischer Liaisondienst. Psychothe-<br />
rapie, Psychosomatik, Medizinische Psychologie, 49, 160-170.<br />
47 Vgl. Jahresberichte der Abteilung für <strong>Psychoonkologie</strong> am Klinikum Herford (www.carina-stiftung.de).<br />
48 Kusch, M. (2003). Versorgungspsychologie: Wie Forschung zu Praxis wird. In: M. Kusch, H. Labouvie und R.<br />
Jäger (Hrsg.): Versorgungsmanagement in Theorie und Praxis, Bd. 5. Landau: Verlag Empirische Pädagogik.<br />
49 Pasche S, Schrappe M. (2001). Qualitätsmanagement: Begriffe und Konzept. Medizinische Klinik, 96: 497-502;<br />
Bastek A, Eckardt J, Fischer B et al. (2003). Begriffe und Konzepte des Qualitätsmanagements. 2., völlig über-<br />
arb. Aufl. Jena: Urban und Fischer. Unter "Qualitätssicherung" versteht man heute den "Teil des Qualitätsma-<br />
nagements, der auf das Erzeugen von Vertrauen darauf gerichtet ist, dass Qualitätsanforderungen erfüllt wer-<br />
den." (DIN EN ISO 9000:2000). In der aktuellen Terminologie der Normenreihe wird Qualitätssicherung – ge-<br />
mäß der wörtlichen Übersetzung – als "Qualitätszusicherung" verstanden (in der Vorläuferversion DIN EN ISO<br />
8402:1995 wurde hierfür der Begriff "Qualitätsmanagement-Darlegung" gebraucht). Hierunter sind Aktivitäten<br />
zu verstehen, die bei Kunden und Partnern im Gesundheitswesen Vertrauen schaffen, dass eine Organisation<br />
alle festgelegten, üblicherweise vorausgesetzten und verpflichtenden Erfordernisse und Erwartungen erfüllt -<br />
sprich: eine exzellente Qualität erreicht.<br />
50 NBCC/NCCI (2003): Clinical practice guidelines for the psychosocial care of adults with cancer. National<br />
Breast Cancer Centre and National Cancer Control Initiative: Australia (Download: Clinical Practice Guidelines<br />
for the Psychosocial Care of Adults with Cancer (PDF, 838kb) oder http://www.nhmrc.gov.au/ publica-<br />
tions/synopses/cp90syn.htm). NCCN Distress <strong>Management</strong> Panel. (2003). Distress <strong>Management</strong>: Clinical<br />
Practice Guidelines in Oncology – v.1.203. National Comprehensive Cancer Network.<br />
51 S.o. Muthny (1998)<br />
52 S.o. Kusch & Stecker (2005)<br />
53 Vgl. Koch, U., Mehnert, A. & Petersen, C. (2002). Abschlussbericht: Psychoonkologische Evaluation der Abtei-<br />
lung für <strong>Psychoonkologie</strong> am Klinikum Herford. Gefördert durch die SULO <strong>Stiftung</strong> (PDF-Datei unter:<br />
www.carina-stiftung.de; http://www.carina-stiftung.de/publikationen/publikationen.php?id_menue=4), Jahresbe-<br />
richte der Abteilung für <strong>Psychoonkologie</strong> (www.carina-stiftung.de).<br />
54 Vgl. zu diesem Kapitel: Kusch, M & Höhl , H-U. (2005) Das Care-Service-Science-Konzept als Grundlage des<br />
<strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> (www.carina-stiftung.de).
184 <strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006<br />
55 Das CSS-Konzept ist ein lokaler <strong>Management</strong>ansatz, der die Aufgaben der täglichen Routineversorgung einer<br />
Abteilung oder lokalen Einrichtung mit den formalen Anforderungen des Qualitätsmanagements in einer Form<br />
verbindet, die Versorgungsforschung ermöglicht und dadurch die kontinuierliche klinische Optimierung der ge-<br />
leisteten Patientenversorgung sicherzustellen hilft (Kusch, M. (2003a). Versorgungspsychologie: Wie For-<br />
schung zu Praxis wird. In: M. Kusch, H. Labouvie und R. Jäger (Hrsg.): Versorgungsmanagement in Theorie<br />
und Praxis, Bd. 5. Landau: Verlag Empirische Pädagogik.)<br />
56 Vgl. Kusch, M. & Kanth, E. (2006). Klinisches <strong>Case</strong> <strong>Management</strong> für Psychotherapeuten. Forum Psychothera-<br />
peutische Praxis, 6, 13-30.<br />
57 Die Kriterien der Mindeststandards sind in Anlehnung an die Formulierungen zum §140a des SGB V zusam-<br />
mengetragen worden (vgl. auch: bmg-bund.de; Gesundheitsstrukturgesetz).<br />
58 Anmerkung: Die HADS ist ein in der <strong>Psychoonkologie</strong> international anerkanntes und validiertes Verfahren (s.o.<br />
Herrman et al., 1995). Die I-Item-Skala ist im Rahmen des CMP-Projektes validiert und die Praktikabilität und<br />
klinische Nützlichkeit des PfSA erprobt worden<br />
59 Die Erhebung im dritten Monat nach stationärer Aufnahme wird hier als Katamnese bzw. Katamneseerhebung<br />
bezeichnet, da im Rahmen des CMP-Projektes alle Patienten im dritten Behandlungsmonat befragt werden<br />
sollten und weitere Entscheidungen der psychoonkologischen Versorgung entsprechend den Ergebnissen der<br />
zweiten Erhebung getroffen werden sollten.<br />
60 Zum Konzept und wissenschaftlichen Begründung der Risikogruppeneinteilung vgl. Kusch & Höhl (2005) sowie<br />
Kusch & Stecker (2005) (www.carina-stiftung.de)<br />
61 Vgl. hierzu www.carina-stiftung.de<br />
62 S.o. Kusch & Stecker (2005).<br />
63 Der Zeitraum von 90 Tagen wurde gewählt, um eine annähernde Vergleichbarkeit der Ergebnisse zu den Er-<br />
gebnissen psychoonkologischer Versorgung zu erzielen. Tatsächlich lagen zwischen der ersten und der zwei-<br />
ten Erhebung im Mittel 120 Tage. Zukünftig wird es erforderlich, diese zweite „Katamneseerhebung“ mit der<br />
jeweiligen Dauer der medizinischen Krebstherapie bei einzelnen Krebserkrankungen zu verbinden.<br />
64 Vgl. Kusch, M. (2003). Versorgungspsychologie: Wie Forschung zu Praxis wird. In: M. Kusch, H. Labouvie und<br />
R. Jäger (Hrsg.): Versorgungsmanagement in Theorie und Praxis, Bd. 5. Landau: Verlag Empirische Pädago-<br />
gik.<br />
65 S.o. Kusch (2003).<br />
66 Z.B. kann die Menge eines Zytostatikums deutlich leichter verordnet werden, als die „Menge“ eines klärenden<br />
oder eines Patienteninformationsgespräches.<br />
67 Klassifikation psychosozialer und psychotherapeutischer Prozeduren auf Grundlage des "Operationen- und<br />
Prozedurenschlüssels" des Deutschen Instituts für Medizinische und Information (www.dimdi.de).<br />
68 Hierbei werden die Qualitätsberichte eines Quartals der einzelnen Kliniken hinsichtlich des Stellenumfangs der<br />
Leistungserbringer normiert (1 Vollzeitstelle), in einem Dokument zusammengeführt, mit einer Benchmark-<br />
nummer versehen den Klinikgeschäftsführern zurückgemeldet.<br />
69 Ergebnisse sind im Rahmen einer Begleitstudie zum CMP-Projekt an der Universität Bielefeld (Prof. Badura)<br />
erforscht worden.<br />
70 Vgl. hierzu: Hölzer, S., Wächter, W. & Dudeck, J. (2001). Auswahl, Probleme und Perspektiven von Qualitäts-<br />
indikatoren. Zeitschrift für ärztliche Fortbildung und Qualitätssicherung, 95, 361-366.<br />
71 Vgl. Hölzer et al., 2001. Die Prüfung des klinischen Nutzen der Versorgung erfolgte auf Basis der HAD-Skalen<br />
(s.o., Herrmann et al., 1995), d.h. der Selbstbeurteilung der psychischen Belastung der Patienten.<br />
72 Die Normierung der administrativen Kennzahlen je Klinik bezog sich auf die zu erwartende Leistungsmenge<br />
der Klinik bei einer Vollzeitstelle. Dies wurde erforderlich, da die vorgehaltenen Stellenkapazitäten je Kranken-<br />
haus unterschiedlich ausfielen.
<strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006 185<br />
73 Muthny, F.A. (1998). (Hrsg.): <strong>Psychoonkologie</strong>. Bedarf, Maßnahmen und Wirkungen am Beispiel des „Herfor-<br />
der Modells“. Berlin: Pabst Science Publishers. Muthny, F.A. (2000). Implementierung psychoonkologischer<br />
Leistungen in der Akutversorgung am Beispiel des “Herforder Modells”. In M. Härter & U. Koch (Hrsg.), Psy-<br />
chosoziale Dienste im Krankenhaus (S. 139-154). Göttingen: Verlag für Angewandte Psychologie.<br />
74 Vgl. www.carina-stiftung.de; Projekt "<strong>Case</strong> <strong>Management</strong> <strong>Psychoonkologie</strong> CM:P" (I)<br />
75 Gesundheitsberichte NRW (www.mags.nrw.de/pdf/gesundheit/gesundheitsziele1995-2005.pdf)<br />
76 Ist eine weitere psychoonkologische Versorgung durch den Psychotherapeuten erforderlich gewesen, bzw.<br />
konnte keine angemessene Nachsorge eingeleitet werden, so wurde der Patient weitergehend betreut.<br />
77 Einverständniserklärung zur psychosozialen Mitversorgung: Ich bin damit einverstanden, dass mir auf meinen<br />
Wusch und / oder bei ärztlich festgestellter Notwendigkeit eine psychosoziale Unterstützung angeboten wird.<br />
Ich bin darauf aufmerksam gemacht worden, dass die Inanspruchnahme dieser Leistungen freiwillig ist und<br />
dass ich diese ablehnen kann, ohne dass mir daraus irgendwelche Nachteile im weiteren Behandlungsablauf<br />
entstehen und ich die psychosoziale Unterstützung jederzeit abbrechen kann. Meine Zustimmung zu dieser<br />
psychosozialen Mitversorgung gilt unter der Bedingung, dass meine personenbezogenen Daten als Teil meiner<br />
Patientenakte vertraulich behandelt werden und dass anonymisierte Daten zu meiner Erkrankung und Thera-<br />
pie ausschließlich zu wissenschaftlichen Zwecken zur Verbesserung der Patientenversorgung ausgewertet<br />
werden.<br />
78 Bericht zur Weiterleitung der Klassifikation psychosozialer und psychotherapeutischer Prozeduren auf Grund-<br />
lage des "Operationen- und Prozedurenschlüssels" (vgl. www.dimdi.de) an den behandelnden Arzt.<br />
79 Eine Kennzahl ist eine Vorschrift zur quantitativen reproduzierbaren Messung einer Leistungsgröße. Sie be-<br />
schreibt die Leistung eines Systems. Das Wort Leistung bezeichnet im allgemeinen Sprachgebrauch: das Er-<br />
bringen eines Versprechens und seine Erfüllung. Im CMP-Projekt dienen die Kennzahlen zur Messung der<br />
psychoonkologischen Versorgung auf Grundlage des „strukturierten psychoonkologischen Versorgungsprog-<br />
ramms. Die Leistungsgrößen sind in den Auswahl- und Ausführungsleitlinien formuliert und werden durch Fra-<br />
gebogen und die Leistungsdokumentation im CMP-Pat.doc-System quantitativ erfasst. Zur Erbringung der<br />
strukturierten psychoonkologischen Patientenversorgung haben sich alle projektbeteiligte Personen bereiter-<br />
klärt; ihre Erfüllung wird durch die ermittelten Kennzahlen dokumentiert.<br />
80 Der Kennwert gibt die Kennzahlen in aggregierter Form wider und stellt diese zusammengefasst dar (z.B.<br />
Mittelwert, Prozentrang, Summenwert usw.)<br />
81 Eine differenziertere Betrachtung von Wirkeffekten anhand der Berechnung des „Reliable Change Index“.<br />
Dabei wird ein Wert berechnet, der für jede Person die Klassifikation „verbessert“, „gleich geblieben“ oder „ver-<br />
schlechtert“ ermöglicht. Wobei die Klassifikation „Verbesserung“ bzw. „Verschlechterung“ voraussetzt, dass<br />
der eingetretene Effekt nicht zufällig entstanden und zudem so ausgeprägt ist, das zuvor festgelegte Schwel-<br />
lenwerte überschritten sind. Somit kann eine genaue Aussage darüber getroffen werden, wie viele Patienten<br />
sich im Ausmaß der klinischen Signifikanz wie verändert haben (vgl. Waldmann H-C. & Petermann, F. (2005).<br />
Metaanalyse und klinische Signifikanz. In: F. Petermann & H. Reinecker (Hrsg.). Handbuch der Klinischen<br />
Psychologie und Psychotherapie (101-111). Hogrefe: Göttingen).<br />
82 Die Promotionsarbeit wird gegenwärtig von Frau Dipl.Psych. Jung an der Universität Bielefeld (Prof. Badura)<br />
fertig gestellt.<br />
83 S.o. Pasche & Schrappe (2001).<br />
84 Vgl. hierzu: Kusch und Höhl (2005)<br />
85 Geraedts M, et al. (2005). Qualitätsindikatoren in Deutschland. Positionspapier des Expertenkreises Qualitäts-<br />
indikatoren beim Ärztlichen Zentrum für Qualität in der Medizin (ÄZQ), Berlin; ZaeFQ 2005;99:329-31.<br />
Um eine sachgerechte Anwendung einer Untersuchungs- und Behandlungsmethode sicherzustellen, werden<br />
Maßnahmen der Qualitätssicherung durchgeführt, anhand derer die Angemessenheit der Leistungserbringung<br />
geprüft wird. Gemäß den Kriterien der Joint Commission on Accreditation of Healthcare Organizations listet die<br />
Ärztliche Zentralstelle für die Qualitätssicherung folgende Qualitätskriterien auf:
186 <strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006<br />
• Zugänglichkeit der Versorgung; definiert als: “the ease with which patients can obtain the care that they<br />
need when they need it”.<br />
• Angemessenheit der Versorgung; definiert als: “the degree to which the correct care is provided, given the<br />
current state of the art“.<br />
• Stetigkeit/Koordination der Versorgung; definiert als: “the degree to which the care needed by patients is<br />
coordinated among practitioners and across organizations in time“.<br />
• Wirksamkeit der Versorgungspraxis; definiert als: “the degree to which care is provided in the correct man-<br />
ner given the current state of the art”.<br />
• Wirksamkeit unter Idealbedingungen; definiert als: “the degree to which a service has potential to meet the<br />
need for which it is used”.<br />
• Wirtschaftlichkeit; definiert als: “the degree to which the care received has the desired effect with minimum<br />
of effort, expense or waste”.<br />
• Patientenorientierung in der Versorgung; definiert als: “the degree to which patients (and families) are in-<br />
volved in the decision-making process in matters pertaining to their health, and the degree to which they<br />
are satisfied with their care“.<br />
• Sicherheit der Versorgungsumgebung; definiert als: “the degree to which the environment is free from haz-<br />
ard or danger“.<br />
• Rechtzeitigkeit der Versorgung; definiert als: “the degree to which care is provided to patients when it is<br />
needed“.<br />
Qualitätskriterien sind für die Zwecke der Prüfung des Erfüllungsgrades mit sog Qualitätsindikatoren zu ver-<br />
knüpfen, um darüber die Unterschiede zwischen guter und schlechter Qualität von Strukturen, Prozessen und /<br />
oder Ergebnissen der Versorgung zu erkennen oder den Annäherungsgrad an eine vorgegebene Qualität zu<br />
bestimmen.<br />
86 Zur Klinischen Signifikanz der Effekte der strukturierten psychoonkologischen Versorgung im Rahmen des<br />
CMP-Projektes wird gegenwärtig eine eigene Untersuchung an der Ruhr-Universität Bochum (PD Dr. Kusch)<br />
durchgeführt.<br />
87 Waldmann H-C. & Petermann, F. (2005). Metaanalyse und klinische Signifikanz. In: F. Petermann & H. Reine-<br />
cker (Hrsg.). Handbuch der Klinischen Psychologie und Psychotherapie (101-111). Hogrefe: Göttingen.<br />
88 Nähre Untersuchungen dazu wurden von Frau Dipl.-Psych Sylvia Jung im Rahmen einer Begleitstudie zum<br />
Projekt durchgeführt.<br />
89 Die Diagnosis Related Groups (DRG) sind ein ökonomisch-medizinisches Klassifikationssystem, bei dem Pa-<br />
tienten anhand ihrer Diagnosen und der durchgeführten Behandlungen in kostenhomogene Fallgruppen klassi-<br />
fiziert werden, die nach dem für die Behandlung erforderlichen ökonomischen Aufwand unterteilt und bewertet<br />
sind. In Deutschland wurde das DRG-System 2003 eingeführt und zu einem Fallpauschalensystem weiterent-<br />
wickelt, umd die Grundlage der Vergütung der einzelnen Krankenhausfälle zu bilden.<br />
90 Die Anzahl der HADS Fragebogen ist geringer, da zum 01.01.2006 die Systematik der Patientenzuweisung<br />
verändert wurde. Der HADS wurde ab diesem Zeitpunkt nur noch Patienten vorgelegt, die in der 1-Item-Skala<br />
zur seelischen Belastung den Schwellenwert von
<strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006 187<br />
93 Vgl. zur Validierung der 1-Item-Skala zur seelischen Belastung: www.carina-stiftung.de. Die Validierung erfolg-<br />
te an der HADS. Sie wurde bei insgesamt 1.171 Patienten, im Alter zwischen 22 und 93 Jahren (Mittel 60,9<br />
Jahre), mit einer Geschlechtsverteilung von 41% Männern und 59% Frauen und den Hauptindikationen Mam-<br />
ma-CA (27%), Prostata-Ca (14%), gastrointestinale Tumore (9%), Broncial-CA (7%), Colon-CA (7%) und Bla-<br />
sen-CA (6%) durchgeführt. Die Korrelation mit dem HADS beträgt für Angst und Depression r = .52, für Angst r<br />
= .52 und für Depression r = .42. Die Sensitivität und Spezifität sind für den Schwellenwert > 4 am besten aus-<br />
geprägt (HADS-A: Sensitivität 0.86, Spezifität .44, AUC = 0.761, p = .000, KI = .734-.788; HADS-D: Sensitivität<br />
0.84, Spezifität .35, AUC = 0.719, p = .000, KI = .688-.750).<br />
94 Zur Relevanz der Unterschiede seit Beginn der Erkrankung und nach 120 Tagen vgl. Kapitel 5.3.3.<br />
95 Zur Vergabe der Schwellenwerte vgl. Kusch & Höhl (2005);<br />
96 Bultz, B.D. & Holland, J.C. (2006). Emotional distress in patients with cancer: The sixth vital sign. Community<br />
Oncology, 3, 311-314. Spiegel, D., Morrow, G.R., Classen, C., Raubertas, R., Stott, P.B. & Mudaliar, N. (1999).<br />
Group psychotherapy for recently diagnosed breast cancer patients: A multicenter feasibility study. Psychoon-<br />
cology, 8, 482-493. Gil et al. (2005). Use of distress and depression thermometers to measure psychosocial<br />
morbidity among southern European cancer patients. Supportive Care in Cancer, 13, 600-6006.<br />
97 Aas, N., Fossa, S.D., Dahl, A.A. & Moe, F.J. (1997). Prevalence of anxiety and depression in cancer patients<br />
seen at the Norwegian Radium Hospital. European Journal of Cancer, 33, 1597-1604. Carr, D., Goudas, L.,<br />
Lawrence, D., Pril, W., Lau, J., DeVine, D., Kupelnick, B. & Miller, K. (2002). <strong>Management</strong> of cancer Symp-<br />
toms: Pain, depression and fatigue. Evidence Report/Technology Assessment, Nr. 61, AHRQ Publication No.<br />
02-E032. Rockville: Agency for Healthcare Research and Quality.<br />
98 Koch, U., Mehnert, A. & Petersen, C. (2002). Abschlussbericht: Psychoonkologische Evaluation der Abteilung<br />
für <strong>Psychoonkologie</strong> am Klinikum Herford. Gefördert durch die SULO <strong>Stiftung</strong> (PDF-Datei unter: www.carina-<br />
stiftung.de; http://www.carina-stiftung.de/publikationen/publikationen.php?id_menue=4). Projekt "<strong>Case</strong> Mana-<br />
gement <strong>Psychoonkologie</strong> CM:P" (I)<br />
99 Koch, U., Mehnert, A. & Petersen, C. (2002). Abschlussbericht: Psychoonkologische Evaluation der Abteilung<br />
für <strong>Psychoonkologie</strong> am Klinikum Herford. Gefördert durch die SULO <strong>Stiftung</strong> (PDF-Datei unter: www.carina-<br />
stiftung.de; http://www.carina-stiftung.de/publikationen/publikationen.php?id_menue=4). Projekt "<strong>Case</strong> Mana-<br />
gement <strong>Psychoonkologie</strong> CM:P" (I)<br />
100 Die Patienten beantworten die Items über eine siebenstufige Antwortskala. Die Werte wurden berechnet,<br />
indem zuerst die Rohwerte einer Skala summiert, dann durch die Anzahl der Items dividiert und abschließend<br />
linear transformiert werden, so dass alle Skalen einen Wertebereich von 0-100 aufweisen und damit vergleich-<br />
bar werden.<br />
101 Die Patienten schätzen ihre Belastung auf einer Ratingskala von 1, „gering belastet“, bis 10, „sehr hoch belas-<br />
tet“, ein.<br />
102 Patienten, die nicht hoch belastet waren (Schwellenwert der 1 Item Skala unter 5) erhielten dennoch die Ba-<br />
sisversorgung durch Ärzte und Pflegekräfte. Traten psychosoziale Probleme im Behandlungsverlauf auf, so<br />
konnten diese anhand des sog. Patientenmonitoring identifiziert und entsprechende Interventionen eingeleitet<br />
werden.<br />
103 Die Kombination aus psychometrischer Befragung und psychoonkologischer Anamnese ist als wirtschaftlich<br />
wie klinisch vertretbares Vorgehen der Identifikation behandlungsbedürftiger Patienten bestätigt worden (vgl.<br />
Zabora et al. (1990). An efficient method for the psychosocial screening of cancer patients. Psychosomatics,<br />
31, 192-196).<br />
104 Zur Durchführung der psychosozialen Basisversorgung sind psychoonkologische Ausführungsempfehlungen<br />
formuliert worden (vgl. www-carina-stiftung.de)<br />
105 Mit der Klassifikation der „Psychoonkologischen Leitproblematik“ dokumentiert der Psychotherapeut den Inhalt<br />
bzw. das Versorgungsthema der Krankheitsbewältigung (coping) eines psychosozial schwer belasteten Patien-<br />
ten. ICD-10 (International Classification of Disorders). (1990). Internationale Klassifikation psychischer Störun-
188 <strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006<br />
gen (Hrsg., H. Dilling, W. Mombour & M.H. Schmidt). Bern Huber. (ICF) "Internationale Klassifikation der Funk-<br />
tionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit" (vgl. www.dimdi.de). Psychoonkologische Leitproblematik, CMP-<br />
Version des Klassifikationssystems psychosozialer Belastungen von Krebspatienten der Abteilung für Psy-<br />
choonkologie am Klinikum Herford.<br />
106 Die Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit von Krebspatienten wird spätestens bei<br />
Einführung der integrierten Versorgung oder strukturierter Behandlungsprogramme (DMP) unumgänglich, will<br />
man eine strukturierte psychosoziale Nachsorge oder Anschlussheilbehandlung etablieren.<br />
107 Love, A. (2004) The identification of psychological distress in women with breast cancer. The National Breast<br />
Cancer Centre: Australia. Institute of Medicine (2004): Meeting Psychosocial Needs of Women with Breast<br />
Cancer. National Academy of Science. National Breast Cancer Center/National Cancer Control Initiative<br />
(2003). Clinical Pratice Guidelines for the Psychosocial Care of Adults with Cancer. National Health and Medi-<br />
cal Research Council.<br />
108 Vgl. Derogatis, L.R., Morrow, G.R. & Fetting, J. (1983). The prevalence of psychiatric disorders among cancer<br />
patients, Journal of the American Medical Association, 249, 751-757. Kusch & Höhl, 2005, Das Care-Service-<br />
Science-Konzept als Grundlage des <strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> (www.carina-stiftung.de).<br />
109 Hierbei handelt es sich um erbrachte Versorgungsleistungen, für die keine Kodierung im CMP-<br />
Dokumentationssystem vorgegeben war.<br />
110 Die Leistungen laut „Psychoonkologischem Hilfeplan“ (POH) waren angezeigt, wenn bei einem Patient im<br />
„Patientenfragebogen: Stationäre Aufnahme“ (PfSA) eine konkrete Problem- und Bedürfnislage vorlag (=<br />
Schwellenwert erreicht).<br />
111 Vgl. u.a. Andrykowski, M.A. & Manne. S.L. (2006) Are Psychological Interventions Effective and Accepted by<br />
Cancer Patients? I. Standards and Levels of Evidence. Annals of Behavioral Medicine 32:2, 93-97. Bloch, S. &<br />
Kissane, D. (2000). Psychotherapies in psycho-oncology An exciting new challenge. British Journal of Psychia-<br />
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(2002). Abschlussbericht: Psychoonkologische Evaluation der Abteilung für <strong>Psychoonkologie</strong> am Klinikum Her-<br />
ford. Gefördert durch die SULO <strong>Stiftung</strong> (PDF-Datei unter: www.carina-stiftung.de; http://www.carina-<br />
stiftung.de/publikationen/publikationen.php?id_menue=4). Projekt "<strong>Case</strong> <strong>Management</strong> <strong>Psychoonkologie</strong> CM:P"<br />
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<strong>Case</strong> <strong>Management</strong>: <strong>Psychoonkologie</strong> – CMP Abschlussbericht 2006 189<br />
tiveness of treatment for depression/depressive symptoms in adults with cancer: a systematic review. British<br />
Journal of Cancer, 94, 372-390.<br />
112 Im CMP-Projekt wurde die Dokumentationszeit, d.h. der Zeitaufwand für die Durchführung der Dokumentation,<br />
nicht eigens dokumentiert, sondern pauschal je Leistungsdokumentation ein Aufwand von 10 Min. veran-<br />
schlagt. Der tatsächliche Aufwand für die Dokumentation der Stammdaten, der diagnostischen Daten und der<br />
Evaluationsdaten war höher als 10 Min.; für die häufige Dokumentation der Interventionsdaten jedoch geringer.<br />
113 Projekt "<strong>Case</strong> <strong>Management</strong> <strong>Psychoonkologie</strong> CM:P" (I): Gesundheitsökonomische Bewertung der psychoon-<br />
kologischen Versorgung (unveröffentlicht). Die Analysen sind von der Unternehmensberatung McKinsey<br />
&Company durchgeführt worden.<br />
114 Blum, K & Müller, U. (2003). Dokumentationsaufwand im ärztlichen Dienst der Krankenhäuser: Repräsentativ-<br />
erhebung des Deutschen Krankenhausinstitutes. Das Krankenhaus, 7/2003, 544-548.<br />
115 Die Zugänglichkeit der Versorgung wird von der Joint Commission on Accreditation of Healthcare Organization<br />
definiert als: “the ease with which patients can obtain the care that they need when they need it” (vgl. Geraedts<br />
M, et al. (2005). Qualitätsindikatoren in Deutschland. Positionspapier des Expertenkreises Qualitätsindikatoren<br />
beim Ärztlichen Zentrum für Qualität in der Medizin (ÄZQ), Berlin; ZaeFQ 2005;99:329-31).<br />
116 Entscheidend zur Kontrolle der Effekte der Krebstherapie ist es, sowohl die medizinische Diagnostik wie auch<br />
den Verlauf der Krebstherapie und die Prognose am Ende der stationären Krebstherapie präzise zu dokumen-<br />
tieren, was in der Versorgungsroutine einen erheblichen technischen und personellen Aufwand erfordert.<br />
117 Holland, J. (2006). Can distress become the 6 th vital sign? Revolutionary cancer treatments; American Medical<br />
Association, June, 22, 2006, New York.<br />
118 Bottomley, A. (1998). Depression in cancer patients: A literature review. European Journal of Cancer Care, 7,<br />
181-191. Greenberg, D.B. (2004). Barriers to the treatment of depression in cancer patients. Journal of the Na-<br />
tional Cancer Institute, 32, 127-135. Pirl, W.F. (2004). Evidence report on the occurrence, assessment, and<br />
treatment of depression in cancer patients. Journal of the National Cancer Institute, 32, 32-39.<br />
119 Insgesamt zeigte sich die Tendenz, dass Patienten, die den HADS-Fragebogen zum Zeitpunkt des dritten<br />
Behandlungsmonates nicht ausgefüllt haben zu Beginn der Behandlung tendenziell bis deutlich häufiger unbe-<br />
lastete waren als diejenigen, von denen nur der erste Fragebogen vorlag. Zur Klinischen Signifikanz der Effek-<br />
te der strukturierten psychoonkologischen Versorgung wird gegenwärtig eine nähere Untersuchung durchge-<br />
führt, die auch die Klärung dieser Zusammenhänge zum Ziel hat.<br />
120 Waldmann H-C. & Petermann, F. (2005). Metaanalyse und klinische Signifikanz. In: F. Petermann & H. Reine-<br />
cker (Hrsg.). Handbuch der Klinischen Psychologie und Psychotherapie (101-111). Hogrefe: Göttingen.<br />
121 Die Bewertung der ärztlichen Leistungen erfolgt nach einem Punkteschlüssel. Um einen entsprechenden<br />
Geldwert zu ermitteln, wurden die Punkte mit einem durchschnittlichen Punktwert multipliziert. Bis einschließ-<br />
lich dem ersten Quartal 2005 lag dieser Wert bei 0,035 €/Punkt, ab dem zweiten Quartal 2005 bei 0,03<br />
€/Punkt.<br />
122 u.a. Bultz, B.D. & Holland, J.C. (2006). Emotional distress in patients with cancer: The sixth vital sign. Com-<br />
munity Oncology, 3, 311-314. Carr, D., Goudas, L., Lawrence, D., Pril, W., Lau, J., DeVine, D., Kupelnick, B. &<br />
Miller, K. (2002). <strong>Management</strong> of cancer Symptoms: Pain, depression and fatigue. Evidence Re-<br />
port/Technology Assessment, Nr. 61, AHRQ Publication No. 02-E032. Rockville: Agency for Healthcare Re-<br />
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(www.carina-stiftung.de).<br />
127 Dargelegt in Kusch & Höhl, 2005, Das Care-Service-Science-Konzept als Grundlage des <strong>Case</strong> <strong>Management</strong>:<br />
<strong>Psychoonkologie</strong> (vgl. www.carina-stiftung.de).