Landschaft_Katalog_ 2016_7 Provisorium

Landschaft heute Landschaft heute

<strong>Landschaft</strong> heute<br />

Zwischen Naturbetrachtung und Konstruktion<br />

Christiane Pott-Schlager<br />

1


Editorial<br />

Inhalt<br />

2<br />

Editorial<br />

Mit ihrer konsequenten Suche nach einer Verbindung<br />

von figurativer/gegenständlicher und informeller<br />

Gestaltung nimmt Christiane Pott-Schlager<br />

in der österreichischen Gegenwartsmalerei eine<br />

Sonderstellung ein. Ihre von gesellschaftskritischen<br />

Inhalten geprägte Arbeit, versteht sie auch<br />

als Eroberung von Seelenräumen mit den Mitteln<br />

der Malerei.<br />

4<br />

6<br />

12<br />

20<br />

Vorwort<br />

von Mag. Renate Oberbeck<br />

Massive und Felskämme<br />

alpine Bergspitzen<br />

Steinarchitektur<br />

Christiane Pott-Schlager<br />

26<br />

Bodenwellen, andalusische Olivenhaine<br />

36<br />

Aulandschaften, Tiefebenen<br />

44<br />

<strong>Landschaft</strong>skonstruktionen<br />

Editorial und Inhalt<br />

Asphaltierung der<br />

Welt, <strong>2016</strong><br />

Radierung<br />

30 x 40 cm (Platte)<br />

Neuasphaltierung der Welt<br />

2 3<br />

56<br />

66<br />

70<br />

Ortsgespräche<br />

Zur Person: Vita und Ausstellungen


Felskämme 24, Drome,<br />

Tusche,<br />

20 x 60 cm<br />

<strong>Landschaft</strong> Weinberge, <strong>2016</strong>,<br />

Litho<br />

Vorwort von<br />

Mag. Renate Oberbeck<br />

Nr.15, Ichfremde Augenblicke, 2015,<br />

Graphit<br />

Vorwort<br />

Fly Over, <strong>2016</strong>,<br />

Zeichnung mit Lithokreide und Tusche,<br />

37,5 x 56,5 cm<br />

4 5


Massiv<br />

Massiv Serie Nr.1, 2015<br />

Mischtechnik auf Leinwand, 5-teilig<br />

Teil 1,100 x 150 cm<br />

Teil 2, 150 x 30 cm<br />

Teil 3, 150 x 100 cm<br />

6 Teil 4, 140 x 155 cm<br />

7<br />

Teil 5, 105 x 200 cm


Felskamm, 2015<br />

Mischtechnik auf Leinwand, 40 x 90 cm<br />

Rechts:<br />

Felsformation Nr.1, 2015<br />

Mischtechnik auf Leinwand, 40 x 90 cm<br />

Massiv<br />

Massiv<br />

Das Hochgebirge ist Motiv dieser 4-teiligen <strong>Landschaft</strong>smalerei<br />

Die Dynamik dieser Gebirgsmassive tritt auch<br />

und Inbegriff des Massiven, Unver-<br />

durch eine brachiale Malweise ganz pur hervor<br />

änderlichen, Gewaltigen, ja Brachialen. Aus der und findet sich jedoch ebenso in jedem federleichten,<br />

extremen Perspektive einer Untersicht sind oberste<br />

expressiven Strich wieder. Im flüchtigen<br />

Alpenspitzen, Grate, Felsrücken und Bergkämme Duktus des Tuschestrichs werden Details zurückgenommen<br />

dargestellt.<br />

und wirken oft schwerelos, aber im<br />

Abstrakte, ja eher musikalische Prinzipien sind Gesamten wird die Wucht des Massivs erlebbar.<br />

immanente, versteckte Leitmotive dieser großformatigen<br />

Nicht naturalistische Abbildung, sondern Lebense-<br />

Malerei und versuchen die enorme nergie, Naturgesetze und abstrakte Formationen<br />

Energie und Ausdruckskraft dieser alpinen <strong>Landschaft</strong><br />

werden thematisiert und auf ihre Universalität hin<br />

einzufangen. Rhythmus, Linienführung, überprüft.<br />

Schwerpunkte, Polyphonie der Linien, Dynamik<br />

des Bewegungsganges machen diese 4-teilige<br />

Malerei zu einer fast lesbaren Partitur: einer Art<br />

symphonischer <strong>Landschaft</strong>. Diese <strong>Landschaft</strong> wurde<br />

aus vorher extrahierten <strong>Landschaft</strong>selementen<br />

(s. Tuschzeichnungen) konstruiert. Dabei wurde<br />

8<br />

auf einfache Mittel zurückgegriffen und auf eine<br />

reduzierte Farbpalette.<br />

9


Massiv<br />

Massiv Serie 2, 2015<br />

Mischtechnik auf Leinwand, 4-teilig<br />

Teil 1, 100 x 150 cm<br />

Teil 2, 150 x 65 cm<br />

10 Teil 3, 135 x 155 cm<br />

11<br />

Teil 4, 100 x 155 cm


Massiv<br />

12 13


Massiv<br />

14 15


Massiv<br />

Oben:<br />

Felsformation Nr. 2, 2015<br />

Mischtechnik auf Leinwand<br />

80 x 160 cm<br />

Rechts:<br />

Felsformation Nr. 3, 2015<br />

16 Mischtechnik auf Leinwand<br />

17<br />

100 x 150 cm


Massiv<br />

Felsformation Nr. 5, 2015<br />

Mischtechnik auf Leinwand<br />

100 x 100 cm<br />

Felsformation Nr. 6, 2015<br />

Mischtechnik auf Leinwand<br />

100 x 100 cm<br />

18 19


Spekulationsarchitektur 4<br />

Spekulationsarchitektur 5<br />

Spekulationsarchitektur 6<br />

Spekulationsarchitektur KL_3<br />

Rechts:<br />

Skulpturarchitektur 1, 2013<br />

Mischtechnik auf Leinwand,<br />

??<br />

Steinarchitektur<br />

Steinarchitektur<br />

Spielerische, bauklotzhafte Stein-häsuer als Architekturmodelle<br />

aus Fun-dameneten und Dächern und zwi-schen-<br />

auf Leinwand gemalt, also ohne geschaltetet Geschosse.<br />

stati-sche Berechnung und realistische Ausführung<br />

Sie spiegeln das gesellschaftliche verhalten der<br />

bilden eine Serie von Spekulationsarchitektur. Finanzwelt wieder und transformieren es in die<br />

Urbedürfnisse des Betrachters vom eigenen Haus, Archi-tektur. Damit wird das verhalten optisch<br />

werden aufgenom-men und spielreisch verarbeitet. sichtbar und umso absur-der, wenn man diesen<br />

Das material Stein ist etwas archai-sches, wie modellen Gölauben schenken würde.<br />

man es am Strand findet und manchmal selber Selbst wenn man sie aus Stahlbe-ton bauen würde,<br />

spielerisch aktiv wir, um Statik von Schichtun-gen<br />

würde wohl kaum jemand in diese Häuser<br />

Skulpturarchitektur 2, 2012<br />

auszuprobieren.<br />

einziehen.<br />

Skulpturarchitektur 3, 2013<br />

Wie Puppenhäuser in denen man sich ein leben Die Investitionsderivate CAPS, FLOORs und Swaps<br />

Skulpturarchitektur 4, 2013<br />

vorstellen kann kann man sein eigenes leben sind ebenso unsicher wie diese Steinbauten.<br />

20<br />

hineinproji-zieren.<br />

Rechts:<br />

Die Modelle spielen mit der Instabili-tät und der<br />

Spekulationsarchitektur 1<br />

Spekulationsarchitektur 2<br />

Stabilität und täuschen haltbarkeit vor. Bestehen<br />

21


Steinarchitektur<br />

Steinstapelungen, 2013<br />

Mischtechnik auf Leinwand<br />

22 Nr.1 und 2: 155 x 60 cm<br />

23<br />

Nr.3: 200 x155 cm


Steinarchitektur<br />

Links:<br />

cevennen_ôlkreiden 4_2011<br />

Cevennen _ôlkreiden 3_2011<br />

Oben und rechts:<br />

Steinbruch 6_2011_ôlkreide<br />

Im Steinbruch_2011_ôlkreide auf Leinwand 1<br />

24 25


Bodenwellen<br />

26 27


Bodenwellen<br />

Andalusische<br />

Olivenhaine<br />

In den letzten Jahrzehnten hat die Erdoberfläche<br />

enorme Umgestaltungen durch menschliche Eingriffe<br />

erlebt und so verändert sich letztendlich<br />

auch das Genre der <strong>Landschaft</strong>smalerei. Die alles<br />

vereinnahmenden Monokulturen Andalusiens,<br />

dem größten Olivenöl-Lieferanten Spaniens, waren<br />

Auslöser und Motivatoren für die Darstellung dieser<br />

unwirklichen Weltenlandschaften.<br />

Die großformatigen expressiven <strong>Landschaft</strong>szeichnungen<br />

in Graphit thematisieren die Gratwanderung<br />

zwischen ästhetischen, geordneten<br />

Kulturlandschaft und lebensbedrohlichen Intensivstationen<br />

für Pflanzen. Der Titel „Ichfremde<br />

Seite 26 / 27:<br />

Bodenwellen, 2015,<br />

Augenblicke“ beschreibt das Paradoxon, dass trotz Mischtechnik auf Leinwand, 4-teilig,<br />

der Schönheit der <strong>Landschaft</strong> die Monotonie das Teil 1, 100 x 50 cm<br />

innere Ich angreift und verändert, ja entfremdet. Teil 2-4, 100 x 100 cm<br />

Diese andalusischen <strong>Landschaft</strong>szeichnungen<br />

Bodenwellen Nr. 6, 2015,<br />

erzeugen ein Gefühl der völligen Fremdheit, der<br />

Mischtechnik auf Leinwand,<br />

Unnatürlichkeit bis hin zur Absurdität.<br />

100 x 200 cm<br />

Die Natürlichkeit einer <strong>Landschaft</strong> ist vollends weg!<br />

Die Erdoberflächendarstellung erscheint durch die Rechts:<br />

perfekte Anordnungen der Pflanzungen eher wie Bodenwellen Nr. 5, 2015,<br />

eine Anatomie einer Bodenwelle oder eines Hügelrückens.<br />

Refrainartige Wiederholungen der immer<br />

Mischtechnik auf Leinwand,<br />

100 x 200 cm<br />

ähnlichen Motiven von Olivenbaum-Monokulturen<br />

zeigen mehr als bloß erbauliche schöne südländische<br />

<strong>Landschaft</strong>en: sie fangen die Monotonie<br />

und Menschenleere eines maschinell und automatisierten<br />

bestellten Bodens ein.<br />

Eine <strong>Landschaft</strong>smalerei, die hinter den idyllischen,<br />

eleganten Bodenwellen und sanften Hügelrücken<br />

in die Abgründe der menschlichen Seele blickt und<br />

die Gefahren einseitigen Profitdenkens und -handelns<br />

28 widerspiegelt.<br />

29


Bodenwellen<br />

Ichfremde<br />

Augenblicke<br />

30 31


Bodenwellen<br />

32 Ichfremde Augenblicke 1-16, 2015<br />

33<br />

Graphit auf Papier, je 57 x 78 cm


Bodenwellen<br />

Lavendelfelder 1-3, 2015<br />

Buntstift auf Papier<br />

je 21 x 29,7 cm<br />

34 35


Tiefebenen<br />

36 37


Tiefebenen<br />

Seite 36 / 37:<br />

Moorlandschaft, 2014,<br />

Mischtechnik auf Leinwand,<br />

65 x 155 cm<br />

Oben:<br />

Radegunder Au VI_2013_...<br />

Rechts:<br />

Radegunder AU V_2013_40x100<br />

Radegunder Au<br />

IV_2013_35x80cm_mischtechnik<br />

Radegunder Au<br />

III_2013_35x80cm_Mischtechnik<br />

Rechte Seite:<br />

Radegunder Au, 2014<br />

38 Mischtechnik,<br />

39<br />

90 x 110 cm


Tiefebenen<br />

Oben:<br />

St. Radegunder Au, 2013<br />

Mischtechnik auf Leinwand<br />

30 x 140 cm<br />

Rechts:<br />

Radegunder Au, 2013,<br />

Mischtechnik auf Leinwand,<br />

55 x 150 cm<br />

Rechte Seite:<br />

Radegunder Au, 2014<br />

Mischtechnik auf Leinwand<br />

100 x 150 cm<br />

40 41


Tiefebenen<br />

Links:<br />

Radegunder Au, 2014<br />

Mischtechnik auf Leinwand<br />

50 x 200 cm<br />

Radegunder Au, 2014,<br />

Mischtechnik auf Leinwand<br />

50 x 135 cm<br />

42 43


<strong>Landschaft</strong>skonstruktionen<br />

44 45


<strong>Landschaft</strong>skonstruktionen<br />

Seite 44 /45:<br />

Abweichung von der Horizontalen 1, 2014<br />

Mischtechnik auf Leinwand<br />

70 x 240 cm<br />

Oben:<br />

Abweichung von der Horizontalen 5 und 6, 2014<br />

Mischtechnik auf Leinwand<br />

Nr. 5: 70 x 200 cm<br />

Nr. 6: 75 x 140 cm<br />

Rechts:<br />

Abweichung von der Horizontalen 7, 2015<br />

Mischtechnik auf Leinwand<br />

70 x 220 cm<br />

46 47


<strong>Landschaft</strong>skonstruktionen<br />

Abweichung von<br />

der Horizontalen<br />

Oben:<br />

Abweichung von der Horizontalen 4, 2014<br />

Abweichung von der Horizontalen ist Thema der<br />

Mischtechnik auf Leinwand<br />

großformatigen <strong>Landschaft</strong>en, die die räumliche<br />

70 x 200 cm<br />

Tiefe suchen, die sinnlich wahrnehmbare Realität<br />

neu konstruieren, aber dabei auch den Prozess des<br />

Links:<br />

Malens fast dokumentarisch abbilden. Der Vorgang<br />

des Malens selbst wird zum Gegenstand des<br />

<strong>Landschaft</strong>zeichnung auf KAPPA, 1997<br />

<strong>Landschaft</strong>skizze 3, 1997<br />

Malens, zum Faszinosum, wird zum eigenständigen<br />

Thema.<br />

graphit<br />

Konsistenz von Farben und Malmaterialien werden<br />

<strong>Landschaft</strong>zeichnung auf KAPPA 2, 1997<br />

experimentierfreudig eingesetzt und durchbrechen<br />

mit freier Geste immer wieder die strenge perspektivische<br />

Konstruktion. So entstehen emotionale,<br />

Rechts:<br />

Abweichung von der Horizontalen 2, 2014<br />

Mischtechnik auf Leinwand<br />

expressive <strong>Landschaft</strong>en mit räumlicher konstruierter<br />

Tiefe und gleichzeitiger hoher<br />

48 49<br />

70 x 200 cm<br />

Emotionalität.


Die sollten wir uns noch mal gnau ansehen<br />

<strong>Landschaft</strong>skonstruktionen<br />

50 51


<strong>Landschaft</strong>skonstruktionen<br />

<strong>Landschaft</strong> Weinberge, <strong>2016</strong>,<br />

Litho,<br />

?<br />

<strong>Landschaft</strong>sskizze 2, 2001,<br />

Aquarell<br />

?<br />

<strong>Landschaft</strong>sskizze, 2001,<br />

Aquarell,<br />

?<br />

Rechts:<br />

Abweichung von der Horizontalen Nr. 3, 2014<br />

Mischtechnik auf Leinwand<br />

70 x 200 cm<br />

52 53


Malereien, Stahlplastiken und Zeichnungen von<br />

Christiane Pott-Schlager stehen inhaltlich in<br />

einem großen, konzeptionellen Zusammenhang<br />

und folgen außer dem analytischen Gedanken an<br />

Konstruktion auch der Lust am Experimentieren<br />

mit dem Material, sei es Farbe, Linie oder Stahl. In<br />

einer Zeitspanne von zwei Jahrzehnten entsteht<br />

ein Kontinuum an Werken, in dem eine persönliche<br />

Formensprache ausgearbeitet ist und in dem<br />

Serien mit verschiedensten Themen entstehen.<br />

Konstruktionen einer <strong>Landschaft</strong> Nr. 1-10, 2008<br />

Mischtechnik auf Leinwand<br />

je 18 x 24cm<br />

<strong>Landschaft</strong>skonstruktionen<br />

Den Zugang zur <strong>Landschaft</strong> verschafft sich die<br />

Künstlerin über die Konstruktion von reduziertest<br />

bewegten Linien und sanft geformten Flächen.<br />

Strenge Konstruktion und Bildaufbau kennzeichnen<br />

auch die kleinformatigen <strong>Landschaft</strong>smalereien.<br />

Farbauftrag und Farbkonzepte sind auf die<br />

Sinnlichkeit der Malerei angelegt und geben einen<br />

wichtigen Impuls für diese Arbeiten.<br />

Abstrakte monumentale Stahlskulpturen sind<br />

seit 17 Jahren eine ebenso konsequent verfolgte<br />

Ausdrucksform in Pott-Schlagers Werk. Auch im<br />

widerständigen Stahl spannen sich Bewegungslinien<br />

organisch und weich. Es entstehen rostige<br />

<strong>Landschaft</strong>en, die sich voller Sinnlichkeit in die Vertikale<br />

oder in die Horizontale erstrecken. Geschlossenen<br />

Stahlformen stellen dagegen Urformen dar,<br />

die viele Deutungen zulassen, klar konstruiert aber<br />

wie organische Formen erscheinen und oft durch<br />

Experiment entstanden.<br />

Ein wichtiges Ausdrucksmittel und tagtägliches<br />

Werkzeug ist für Christiane Pott-Schlager die<br />

Zeichnung: sie bietet die Möglichkeit der poetischen<br />

Ergänzung und der schnellen spontanen<br />

Arbeitsweise. Oftmals bilden diese dann den Ausgangspunkt<br />

für größere bildnerische Arbeiten in<br />

Malerei oder Stahl.<br />

54 55


Neuasphaltierung der Welt<br />

56 57


Neuasphaltierung der Welt<br />

Kurvend den Berg<br />

erklimmen<br />

Diese großformatigen Zeichnungen thematisieren<br />

den Blick auf die <strong>Landschaft</strong> mit dem Fokus auf die<br />

Ästhetik der Straßenführungen und ihren markanten<br />

Straßenbegrenzungen. Sie machen <strong>Landschaft</strong>erleben<br />

möglich durch die „Augen eines Autos“.<br />

Hinter der Windschutzscheibe des Leihautos entsteht<br />

das komplexe Erlebnis GEBIRGSLANDSCHAFT<br />

in jeder Sekunde neu, insbesondere der Eindruck<br />

von Kleinheit des Menschen gegenüber diesem<br />

Gebirgsmassivs, von Unerbittlichkeit der mächtigen<br />

Natur gegenüber dem unbegrenzt neugierigen<br />

und hochtechnisierten Urlauber, von Unübersichtlichkeit<br />

angesichts der nie enden wollenden Kurven<br />

gut ausgebauter, serpentinreicher Gebirgstrassen.<br />

Kommentar von<br />

Mag. Peter Thuswaldner:<br />

Bei all der berechtigten Kritik, die wir üben, wenn<br />

im modernen Straßenbau lebendige Natur dem<br />

leblosen Asphalt und dem nüchternen Beton zu<br />

weichen hat, wird gerne ein Moment übersehen,<br />

was Christiane Pott-Schlager als „Ästhetik der<br />

Straßenführung“ bezeichnet. Dem Laien ist es nicht<br />

bewusst, dass sich für den planenden Ingenieur die<br />

Trasse einer Strasse aus mathematisch definierten<br />

Kurvenzügen zusammensetzt, die dem manipulativen<br />

Lenkvorgang bei hoher Geschwindigkeit<br />

Rechnung trägt. Denn während der langsamen<br />

Bewegung des Lenkrades beschreibt das Fahrzeug<br />

bestimmte Kurvenformen, die mathematisch als<br />

Kreisbögen, Hyperbeln und Parabeln beschrieben<br />

werden können. In ihrer perspektivischen Verzerrung<br />

aus der Position des Autolenkers erlebt man<br />

ein Gefühl, für das wir gerne den Begriff der Eleganz<br />

verwenden, damit aber den hohen ästhetischen<br />

Reiz und eine höchst positive Betroffenheit<br />

zum Ausdruck bringen wollen.<br />

Indem sich aber die Strasse auch den Formen der<br />

<strong>Landschaft</strong> anzupassen hat und diese sich dem<br />

Fahrer über die Trassenführung seinem Lenkverhalten<br />

mitteilt, wird die <strong>Landschaft</strong> nicht nur visuell,<br />

sondern gesamtkörperlich im doppelten Sinn<br />

„erfahren“.<br />

Das kreative Zusammenwirken von Natur und<br />

Mensch, wie es im Straßenbau nun einmal<br />

stattfindet, ist ein künstlerischer Prozess per se<br />

und muss in weiterer Folge zu künstlerischer<br />

Kurvend den Berg erklimmen I-III, 2014<br />

Graphit und Buntstift auf Karton<br />

je 100 x 140 cm<br />

58 59


Neuasphaltierung der Welt<br />

Seite 8/9:<br />

Nausaphaltierung A1 Pöchlarn, Teil 1+2, <strong>2016</strong>,<br />

80 x 200 cm<br />

Von oben:<br />

Fly Over II, <strong>2016</strong>,<br />

Mischtechnik auf Papier, 50 x 70 cm<br />

Neuasphaltierung der Welt, <strong>2016</strong>, Mischtechnik<br />

auf Papier, 50 x 70 cm<br />

A1 Salzburg-Wien bei Nacht, <strong>2016</strong>, Mischtechnik<br />

auf Papier, 50 x 70 cm<br />

Windpark, <strong>2016</strong>,<br />

Mischtechnik auf Papier, 50 x 70 cm<br />

Rechts:<br />

Neuasphaltierung der Welt I, <strong>2016</strong>,<br />

Mischtechnik auf Leinwand, 100 x 200 cm<br />

Neuasphaltierung<br />

der Welt<br />

Auf gut asphaltierten Straßen kommen wir von<br />

Salzburg aus fast überall hin in Europa in nur<br />

einem einzigen Tag und in einem global erfahrbaren<br />

Geschwindigkeitsrausch auf Asphalt!<br />

In der Serie Neuasphaltierung der Welt geht es um<br />

landschaftliche Veränderungen und die ästhetischen<br />

Folgen von Asphaltierung und Straßenbau.<br />

Asphalt hat die grüne <strong>Landschaft</strong> weitestgehend<br />

ersetzt und damit das Naturerlebnis gehörig vermindert.<br />

Einerseits sind Straßen die Wege des<br />

Dialoges, des Transportes, des Austausches, des<br />

Handels , ermöglichen die großen Sehnsüchte des<br />

Reisens und sind damit betonierte Freiheitsgarantien.<br />

Andererseits vernichten Straßen beinahe<br />

unwiederbringlich wertvolle Natur und bieten das<br />

Gegenteil von Ungestörtheit und Ruhe, ja machen<br />

uns zu Sklaven des Asphalts. Die betonierte Freiheit<br />

hat einen hohen Preis.<br />

In den skizzenhaften Zeichnungen lösen sich<br />

genauestens ausgezirkelte Kurven und bautechnische<br />

Ordnungen aus dem Blickwinkel eines<br />

geschwindigkeitsberauschten Autofahrers zu<br />

impressionistischen Bildern auf.<br />

60 61


Neuasphaltierung der Welt<br />

Betonierte Freiheit, <strong>2016</strong><br />

Radierung<br />

4 Platten, mehrfarbig, 44 x 94 cm<br />

Rechte Seite:<br />

Neuasphaltierung der Welt II, <strong>2016</strong>,<br />

Mischtechnik auf Leinwand, 100 x 200 cm<br />

62 63


Neuasphaltierung der Welt<br />

Seite 58 / 59:<br />

Neusaphaltierung A1 Pöchlarn, <strong>2016</strong>, zweiteilig<br />

Mischtechnik auf Leinwand<br />

80 x 200 cm<br />

Oben:<br />

Neuasphaltierung VI, <strong>2016</strong>, zweiteilig<br />

Mischtechnik auf Leinwand<br />

80 x 200 cm<br />

Rechts:<br />

Neuasphaltierung der Welt III, <strong>2016</strong><br />

Mischtechnik auf Leinwand<br />

50 x 70 cm<br />

64 65


Ortsgespräche<br />

Ortsgespräche<br />

Ungewöhnliche, leicht ironische, zumindest oftmals<br />

dem Land befindet. Sportplatz, Vereinshaus, Feu-<br />

international modernen Baustil in den kleinen Ort.<br />

mit Schmunzeln verbundene Ansichten von erwehr und Rotes Kreuz dürfen im Ortsbild nicht In Lamprechtshausen kann man die Karten für<br />

Lamprechtshausen, einem kleinen österreichischen fehlen ebenso wie Kebab-Stände (an möglichst den direkt neben dem Verkehrsknotenpunkt aufgeschlagenen<br />

Ort im Salzburger Land mit ca. 2800 Einwohnern allen Ortseinfahrten), die die Integration ausländischer<br />

Zirkus auch bei der ortsansässigen<br />

präsentiert die zugereiste Malerin und Bildhauerin<br />

Mitbürger garantieren. Die Blau-Grünen Raiffeisenbank kaufen. Im Zeitalter der unmerk-<br />

Christiane Pott-Schlager in dieser Serie.<br />

Leuchtschilder der OMV-Tankstellen weisen daraufhin,<br />

baren 11- stelligen Mobilnetznummern hat die<br />

Der Blick auf die Alpen ist ein Teil der täglichen Idylle<br />

dass der Ortskern nicht mehr fern ist. Raiffeisenbank zum Glück noch eine 4-stellige<br />

im voralpenländischen Flachgau. Der Ortskern Diese scheinbar ländliche Idylle ist durchzogen<br />

Telefonnummer, die man sich leicht merken kann:<br />

mit historischer Kirche, deren Grundmauern bis in<br />

von mittel- bis langfristigen Baustellen und 4040… Die Raiffeisenbank ist Zentrum des Dorfle-<br />

die Romanik reichen und deren Spitze ein seltener<br />

weiß gehaltenen Bodenbemalungen der Lanbens<br />

und Sponsor für viele existentiell notwendi-<br />

barocker Treppengiebel ziert, ist umgeben von des- und Bundesstraßen, die sich mitten durch gen Alltäglichkeiten, Freizeitleben und Vereinstä-<br />

alten Bauernhöfen und vielen landwirtschaftlich die Orte schlängeln. Die modernen stereotypen tigkeiten. Auch das örtliche Lagerhaus ist Thema,<br />

genutzten Flächen. Steht der Autofahrer im Stau, Kaufhaustempel (Spar, Billa, Lidl und Co) sind bzw. bildnerisches Motiv dieser Ortsgespräche<br />

66<br />

ausgelöst durch Traktoren mit 20km/h dann ist er gleichmäßig über das Ortsgebiet verstreut und ebenso wie die sanft bewegten <strong>Landschaft</strong>slinien<br />

sich bewusst, dass er sich in der Provinz, bzw. auf gemeinnützige Wohnbauten bringen scheinbar und Ackerfurchen.<br />

67


Ortsgespräche<br />

68 69


POTT-SCHLAGER CHRISTIANE<br />

Freischaffende Künstlerin<br />

Tätigkeitsbereiche: Malerei, Zeichnung, Stahlbildhauerei,<br />

Rauminstallation, Film/ Video<br />

1965 geboren in Bremen<br />

lebt und arbeitet seit 1989 im Salzburger Land,<br />

Österreich<br />

1984 – 1993 pianistische und musikpädagogische<br />

Ausbildungen an der Hochschule für Musik<br />

Köln und an der Hochschule „Mozarteum“<br />

Salzburg;<br />

Abschluss als Instrumentalpädagogin<br />

1993 - 2001 Studium der Kunst- und Werkerziehung an<br />

der Universität „Mozarteum“ Salzburg,<br />

Klasse Prof. Dieter Kleinpeter, Abschluss als<br />

Magistra artium<br />

Seit 1994 alljährliche Teilnahme am Internationalen<br />

Stahlsymposion Riedersbach, OÖ<br />

2002 3-monatiges Atelierstipendium in ChengDu/<br />

China<br />

2006-2012 Leiterin des Internationalen Stahlsymposions<br />

Riedersbach, Oberösterreich<br />

2007 Lehrauftrag für Malerei an der South West<br />

Jiaotong University und dem Visual Art<br />

College der Sichuan Normal University in<br />

ChengDu/China<br />

2008 Gast-Professorin an der Guangxi Normal<br />

University in Guilin, China<br />

2009 Teamleiterin für ein Groß-Skulpturen-Projekt<br />

an der Southwest Jiaotong Universität<br />

Chengdu/China<br />

Altarraumgestaltung in der Pfarrkirche<br />

St. Maximilian, Burgkirchen/OÖ<br />

2010 Atelierstipendium in Budapest/Ungarn<br />

(Stadt Salzburg)<br />

2011 Gastdozentin an der Central Academy for<br />

Fine Arts in Peking/China<br />

2012 Altarraumgestaltung Christophorus-Kapelle<br />

Ostermiething/OÖ<br />

2013 International Metal Art Symposion<br />

Foshan/China<br />

2012-2015 Präsidentin der art bv Berchtoldvilla<br />

(Berufsvereinigung der bildenden Künstler<br />

Österreichs, Landesverband Salzburg),<br />

Salzburg<br />

<strong>2016</strong> Atelierstipendium des Landes Salzburg in<br />

Sardinien<br />

PREISE UND WETTBEWERBE:<br />

2010 Karl-Weiser-Preis, Salzburg<br />

2009 Kunst-am Bau-Projekt ,<br />

„<strong>Landschaft</strong>slinien“ Haigermoos (OÖ)<br />

2013 Preisträgerin von Podium 13<br />

des Land Salzburg „Kunstbaustelle“<br />

2014 Förderpreis der Berufsvereinigung der<br />

Bildenden Künstler, Landesverband Salzburg<br />

2015 Kunst-am-Bau-Projekt „Buntstiftspäne“,<br />

Volksschule St. Pantaleon (OÖ)<br />

MITGLIED:<br />

art bv Berchtoldvilla (Berufsvereinigung bildender Künstler Österreichs,<br />

Landesverband Salzburg)<br />

Münchener Secession<br />

GEDOK-München<br />

sculpture network<br />

Zahlreiche Ausstellungen und Projekte im öffentlichen Raum in<br />

Deutschland, Österreich, Italien, Estland, Litauen, Finnland, Schweden,<br />

Türkei und China.<br />

Ausstellungen und Projekte (Auswahl)<br />

2013 Rauminstallation „365 Tage Kunstbaustelle“ für Podium 2013,<br />

Berchtoldvilla Salzburg (A)<br />

Teilnahme mit „Die Verbeugung“ am Skulpturenweg „Weg der Versöhnung“,<br />

Freistadt (A)<br />

Teilnahme mit Whirl-Wind am 1. Internationalen Stahlsymposion Foshan (China)<br />

Teilnahme und Kuratorenschaft von „Der andere Blick“, Berchtoldvilla Salzburg (A)<br />

Einzelausstellung „Nur zufällig Frau“, Kunstraum St. Virgil Salzburg (A)<br />

Einzelausstellung „Frauenzimmer-Update“, Tetzner-Museum Gersdorf (DE)<br />

Denkmal für Bundeskanzler Dr. Josef Klaus,<br />

Uni-Park der neuen Universität Salzburg (A)<br />

2012 Ausstellungsbeteiligung „ON TO RED“, Galerie der Künstler München (DE)<br />

Ausstellung „expressiv-neoexpressiv-exzessiv“, Deutschvilla Strobl (A)<br />

Einzelausstellung „Frauenzimmer-Update“, Sacellum Salzburg (A)<br />

Altarraumgestaltung der Christophorus-Kapelle, Ostermiething (A)<br />

2011 Einzelausstellung an der Central Academy of Fine Arts Peking (China)<br />

Einzelausstellung „Construction of Silence“, Kunsthalle Sölvesborg (Schweden)<br />

2010 Einzelausstellung zum „Karl-Weiser-Preis“, Berchtoldvilla Salzburg (A)<br />

„Friedenskreuz“ der Gemeinde Burgkirchen (A)<br />

Teilnahme „58. Festspiele Europäische Wochen Passau“, Universität Passau (DE)<br />

2009 Altarraumgestaltung der Pfarrkirche St. Maximilian, Burgkirchen (A)<br />

Teilnahme mit „In Suspence“, Skulpturenweg der<br />

Southwest Jiaotong University ChengDu (China)<br />

Kunst-am-Bau-Projekt „<strong>Landschaft</strong>slinien“, Gemeindeamt Haigermoos (A)<br />

Teilnahme an der „Großen Kunstausstellung“, Haus der Kunst München (DE)<br />

2008 Teilnahme an „ARTMIX“, Nationalbibliothek Tallinn (Estland)<br />

Einzelausstellung, Münchener Künstlerhaus, München (DE)<br />

2006 Einzelausstellung „Stählerne Momente“, Kleine Galerie Hohenstein-Ernstthal (DE)<br />

Teilnahme und Kuratorin „Frauenzimmer-Update“,<br />

Liebenweinturm Burghausen (DE)<br />

Teilnahme und Kuratorin „Frauenzimmer-Update“, Berchtoldvilla Salzburg (A)<br />

Doppelausstellung „Dialoge“ mit Fangyi Tang,<br />

Afro-Asiatisches-Institut Salzburg (A)<br />

2005 Teilnahme an der „Großen Kunstausstellung“, Haus der Kunst München (DE)<br />

Teilnahme an der Jahresausstellung des Salzburger Kunstvereins, Salzburg (A)<br />

2004 Ausstellung von Stahlplastik und Malerei, Design-Center Linz (A)<br />

2003 Wandgestaltungsprojekt „Der Spaziergang“, Lamprechtshausen (A)<br />

2002 Wandgestaltungsprojekt „Der Spaziergang“,<br />

Southwest Jiaotong Universität ChengDu (China)<br />

Teilnahme an der „Großen Kunstausstellung“, Haus der Kunst München (DE)<br />

Einzelausstellung in der Galerie der Energie AG Oberösterreich,<br />

Kraftwerk Riedersbach (A)<br />

2000 Einzelausstellung „Metallplastiken“, Chiemseehof Salzburg (A)<br />

1999 Rauminstallation, Kunststation KNIE Oberndorf (A)<br />

1997 Ausstellung im Elektrizitätswerk der Energie AG Oberösterreich, Wels (A)<br />

1996 Einzelausstellung, Galerie Forum West, Salzburg (A)<br />

2007 Einzelausstellung, Art College der Guangxi Normal University Guilin (China)<br />

Einzelausstellung „Meditationen in Stahl“, Kirchenraum Marcel Callo Linz (A)<br />

Ausstellungsbeteiligung zum Qi Bai She-Festival, Xiantang (China)<br />

Doppelausstellung, Deutsches Patent-und Markenamt München (DE)<br />

70 Einzelausstellung im Visual Art College der Sichuan University, ChengDu (China)<br />

71


Impressum<br />

Herausgeberin: Mag. Christiane Pott-Schlager<br />

Texte: Mag. Renate Oberbeck, Mag. Christiane Pott-Schlager, Mag. Peter Thuswaldner<br />

Fotos: Mag. Christiane Pott-Schlager, Mag. Stefan Nuetzel<br />

Layout und Gestaltung: Zweiblatt, Sabine Heide, www.zweiblatt.at<br />

© <strong>2016</strong>, Fotos und Texte unterliegen dem Urheberrecht.<br />

Verlag Münchener Secession<br />

ISBN 978-3-943106-10-7<br />

Kontakt:<br />

Mag. art. Christiane Pott-Schlager<br />

Hauptstrasse 47<br />

5112 Lamprechtshausen<br />

Mobil: +43 650 44 34 741<br />

E-mail: christiane.pott@artasyl.at<br />

www.artasyl.at<br />

Umschlag:<br />

Abweichung von der Horizontalen 2, 2014<br />

Mischtechnik auf Leinwand<br />

70x 200 cm<br />

72 73


Malerei von<br />

Christiane Pott-Schlager<br />

Mit ihrer konsequenten Suche nach einer Verbindung von figurativer/gegenständlicher<br />

und informeller Gestaltung nimmt Christiane<br />

Pott-Schlager in der österreichischen Gegenwartsmalerei eine Sonderstellung<br />

ein. Ihre von gesellschaftskritischen Inhalten geprägte Arbeit,<br />

versteht sie auch als Eroberung von Seelenräumen mit den Mitteln<br />

der Malerei.<br />

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