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Thema: Sportgerät für körperlich eingeschränkte ... - Thomas Lessel

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<strong>Thema</strong>: <strong>Sportgerät</strong> <strong>für</strong> <strong>körperlich</strong> <strong>eingeschränkte</strong> Menschen<br />

Universität Duisburg-Essen, Campus Essen<br />

Fachbereich Kunst und Design<br />

Studiengang Industrial-Design<br />

Diplomarbeit im WS/SS 2007<br />

Bearbeitung durch <strong>Thomas</strong> <strong>Lessel</strong><br />

Keplerstr. 63, 45147 Essen<br />

1. Prüfer: Prof. Kurt Mehnert<br />

2. Prüfer: Dipl. Des. <strong>Thomas</strong> Kropp


Seite 2


„Behinderung ist die mangelnde Fähigkeit,<br />

mit schlechtem Design umgehen zu können.“<br />

Tomas Caspers<br />

Seite 3


Seite 4<br />

Gliederung<br />

Vorwort .............................. 6<br />

Diplomthema .................... 8<br />

Einleitung ........................ 10<br />

PHASE 1 | Recherche - Problemdefinition - Ideenphase<br />

Behinderungen ............... 12<br />

Antriebsarten .................. 16<br />

Ergonomie ...................... 17<br />

Greif- und Bewegungsräume ....................................................................................................................... 20<br />

Sportarten ....................... 22<br />

Rollstuhltypen ................. 29<br />

Fragebogen ..................... 36<br />

Projektfindung ................ 38<br />

PHASE 2 | Konzeption / Gestaltung<br />

Konzeptbeschreibung .... 41<br />

Handbikes ....................... 42<br />

Wissenschaftliche Studien zum <strong>Thema</strong> Handbike ..................................................................................... 44<br />

Persona ........................... 46<br />

Harmonieskala ............... 48<br />

Geschmacksmatrix ........ 50


Formentwicklung ........... 52<br />

Zeichnungen ................... 54<br />

Vormodell I ...................... 56<br />

Vormodell II ..................... 58<br />

Claymodelling ................. 60<br />

PHASE 3 | Realisation<br />

3D-Scanning & CAD-Modelling .................................................................................................................... 62<br />

Modellbau ....................... 64<br />

Look & Feel ..................... 66<br />

Komponenten ................. 68<br />

Finish ............................... 70<br />

Kinematik ........................ 72<br />

Modellfotos ..................... 74<br />

Seite 5


Seite 6<br />

Vorwort<br />

„Behinderung ist die mangelnde Fähigkeit, mit<br />

schlechtem Design umgehen zu können.“<br />

Dieses Zitat vom Webdesigner Tomas Caspers<br />

bezieht sich ursprünglich auf die Gestaltung von<br />

Websites und deren Nutzbarkeit <strong>für</strong> Menschen<br />

mit Behinderungen. Allerdings läßt sich dieser<br />

Satz auch auf andere Bereiche des Lebens dieser<br />

Gesellschaftsgruppe übertragen - sei es im Ver-<br />

kehr, bei der Arbeit oder auch beim Sport.<br />

In den meisten Fällen sind Behinderte auf Hilfs-<br />

mittel angewiesen, mit denen sie ihr Leben<br />

selbstbestimmt meistern können.<br />

Dass es die Notwendigkeit <strong>für</strong> die Gestaltung von<br />

Sportprodukten <strong>für</strong> Behinderte gibt, entnehme ich<br />

der links stehenden Grafik, aus der hervorgeht,<br />

dass signifikant weniger Menschen nach dem<br />

Eintritt einer Querschnittslähmung Sport treiben.<br />

Zum einen korellieren diese Zahlen natürlich<br />

mit der mangelnden Fähigkeit eines Teils dieser<br />

Gruppe Sport zu treiben - zum anderen fehlt vie-<br />

len einfach der Mut, Behindertensport anzufan-<br />

gen. Ziel meiner Diplomarbeit ist es, die Mobilität,<br />

Flexibilität und Individualität der Zielgruppe ,der<br />

<strong>körperlich</strong> <strong>eingeschränkte</strong>n Menschen, zu stei-<br />

gern.<br />

Sport treiben<br />

Leistungssport<br />

Breitensport<br />

Mitglied<br />

Sportverein<br />

11.6%<br />

24,4 %<br />

25%<br />

36,4%<br />

47,1%<br />

53,3%<br />

43,6%<br />

70,7%<br />

0 10 20 30 40 50 60 70 80<br />

vor der Behinderung nach Eintritt der Behinderung<br />

Sport vor und nach Eintritt einer Querschnittslähmung (aus NICKLAS,<br />

1981, 69)


Seite 7


Seite 8<br />

<strong>Thema</strong> <strong>Sportgerät</strong> <strong>für</strong> <strong>körperlich</strong><br />

<strong>eingeschränkte</strong> Menschen<br />

Im Rahmen der Diplomarbeit meines Industri-<br />

al-Design Studiums möchte ich mich mit dem<br />

sportlichen Verhalten von behinderten Menschen<br />

beschäftigen. Sport zu treiben bedeutet <strong>für</strong> den<br />

betreffenden Personenkreis Kraft, Lebensfreu-<br />

de und die Wiedererlangung bzw. Erhaltung der<br />

aktiven Lebensqualität. Anerkennung, die durch<br />

sportliche Leistung zuteil wird, hilft dabei, sich<br />

als vollwertiger Mensch zu fühlen. Zudem erhöht<br />

Sport die gesundheitliche Fitness und erleichtert<br />

es, sich in soziale Netzwerke zu integrieren.<br />

Es gibt die verschiedensten Arten von Behinde-<br />

rungen. Sie können angeboren, krankheits- oder<br />

unfallbedingt sein und können unterschiedliche<br />

Ausprägungen haben. Auch mit Hilfsmitteln sind<br />

nicht alle Sportarten oder Aktivitäten bei allen<br />

Behinderten denkbar.<br />

Als Ergebnis meiner Arbeit soll ein Produkt ent-<br />

stehen, das Rollstuhlfahrer bei ihren sportlichen<br />

Aktivitäten unterstützt und ihnen hilft, ihre Le-<br />

bensqualität zu verbessern.<br />

Für dieses Vorhaben wähle ich zu Beginn meiner<br />

Arbeit zwei Ansätze:<br />

1. Profisportgeräte <strong>für</strong> Wettkämpfer<br />

Hier soll recherchiert werden, welche Leistungs-<br />

sportarten Rollstuhlfahrer betreiben und welche<br />

speziellen Geräte es da<strong>für</strong> gibt (Rennrollstühle,<br />

Rollstuhlrennräder, Basketballrollstühle, etc.).<br />

Zudem muss geklärt werden, welche Hilfsmittel<br />

überhaupt bei Wettkämpfen erlaubt sind.<br />

Es soll untersucht werden, welche Verbesserun-<br />

gen, wie Gewichtsreduktion, Effektivität, Anpas-<br />

sungsfähigkeit auf besondere Bedürfnisse der<br />

Nutzer, etc. an bestehenden Produkten vorzuneh-<br />

men sind.<br />

Ein weiterer Gedanke innerhalb dieses Ansatzes<br />

ist es, mit einem neuartigen Produkt, Sportarten<br />

<strong>für</strong> Rollstuhlfahrer möglich zu machen, die sie


isher auf Grund ihrer Behinderung nicht aus-<br />

üben konnten oder gar eine neue Sportart zu<br />

erfinden (Beispiel Goalball).<br />

2. Rollstuhl als sportliches Life Style Produkt<br />

Bei diesem Punkt soll versucht werden, einen<br />

Rollstuhl zu gestalten, der durch seine sportli-<br />

che Attitüde die Identifikation des Nutzers mit<br />

dem Gerät erhöht. Mit diesem Stuhl soll, ähnlich<br />

einem Turnschuh, der im Alltag getragen wird,<br />

die Sportlichkeit und Aktivität des Fahrers zum<br />

Ausdruck gebracht werden. Das Produkt soll<br />

jedoch nicht nur sportlich aussehen, sondern<br />

dem Besitzer auch einen sportlichen Mehrnutzen<br />

bringen. Es soll z.B. möglich sein, den Rollstuhl<br />

im Alltag zu gebrauchen, ihn aber auch an meh-<br />

rere Sportarten anpassen zu können.<br />

Seite 9


Seite 10<br />

Einleitung Für die Umsetzung meines Vorhabens, ein Sport-<br />

gerät <strong>für</strong> Rollstuhlfahrer zu entwickeln, und um<br />

mich dem <strong>Thema</strong> zu nähern, gliedere ich meine<br />

Arbeit in vier Phasen.<br />

Für Phase 1 ‚Problemdefinition und Ideenphase‘<br />

verwende ich zuerst folgende Methoden:<br />

Als erstes untersuche ich, welche Arten von<br />

Behinderungen häufig auftauchen und wie sich<br />

diese im alltäglichen Leben oder beim Sport<br />

auswirken. Danach suche ich nach Sportarten, die<br />

von Behinderten ausgeführt werden.<br />

Um diese Sportarten näher kennen zu lernen und<br />

um mit den Sportlern in Kontakt zu kommen,<br />

besuche ich einige Trainingsstunden einer Roll-<br />

stuhlbasketball-Mannschaft aus Essen, sowie<br />

den Karstadtmarathon, bei dem auch Rollstuhl-<br />

sportler teilnehmen. Hierbei mache ich Film- und<br />

Fotoaufnahmen und befrage einige Sportler nach<br />

einem Fragebogen. Als drittes recherchiere ich<br />

nach Aktivrollstühlen, diversen <strong>Sportgerät</strong>en <strong>für</strong><br />

Rollstuhlfahrer, etc.<br />

Daneben wird nach wissenschaftlichen Arbeiten<br />

und ergonomischen Daten Ausschau gehalten<br />

und auf Verwendbarkeit überprüft.<br />

Nach dieser Recherchephase, gehe ich über zu<br />

Phase 2 ‚Konzeption / Gestaltung‘.<br />

Ideen werden in kleinen Modellen dargestellt und<br />

nach und nach verfeinert. Das Konzept wird über-<br />

prüft und entsprechend angepasst. Vormodelle im<br />

Maßstab 1:1 werden angefertigt um Proportionen<br />

und technische Machbarkeit zu überprüfen. Pa-<br />

ralell entsteht das Objekt im Computerprogramm<br />

SolidWorks, mit dem kinematische Analysen<br />

und Kollisionsprüfungen vorgenommen werden<br />

können. Funktion wird in Form übersetzt. Mit<br />

speziellem Modellbauton (Clay) forme ich die ver-<br />

schieden Teile des Produkts, die anschließend in<br />

Phase 3 ‚Realisation‘ mit einem 3D-Laserscanner<br />

aufgenommen werden und digital weiterbearbei-<br />

tet werden. Mit CNC-Fräsen und Rapidprototy-<br />

ping-Geräten werden die Teile wieder ausgege-<br />

ben und im Modellbau zusammengesetzt, lackiert


und gefinisht.<br />

Phase 4 ‚Dokumentation und Präsentation‘ Die-<br />

se Phase umfasst die vorliegende schriftliche<br />

Ausarbeitung des Projektes sowie die öffentliche<br />

Präsentation am 12. Juli 2007.<br />

Nebenstehend ist mein Zeitplan abgedruckt, der<br />

im Vorfeld angelegt wurde.<br />

Zeitplan<br />

Diplom <strong>Thomas</strong> <strong>Lessel</strong> Januar Februar März April Mai Juni Juli<br />

Kalenderwoche 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28<br />

Phase 1 | Problemdefinition - Ideenphase Phase 1<br />

Themensuche<br />

Recherche / Marktanalyse<br />

Befragung von Betroffenen<br />

Auswertung der Befragungen<br />

Besuch von Sportstätten von Rollstuhlfahrern<br />

Erste Ideen<br />

Präsentation<br />

Offene Fragen klären<br />

Phase 2 | Konzeption / Gestaltung Phase 2<br />

kleine Vormodelle<br />

Funktionsmodelle<br />

Anforderungsprofil / Pflichtenheft<br />

Funktionen / Aufbau / Ergonomie<br />

Konkretisierung und Entwurf<br />

Präsentation<br />

Phase 3 | Realisation Phase 3<br />

3D Datensatz / Detaillierung<br />

Material-Farbkombination<br />

Produktgrafik<br />

Modellbau<br />

Renderings (3D)<br />

Phase 4 | Dokumentation / Präsentation Phase 4<br />

Dokumentation erstellen<br />

Präsentaion vorbereiten<br />

Präsentation<br />

Abb.: Projektzeitplan <strong>für</strong> das Diplom<br />

Seite 11


PHASE 1 | Recherche - Problemdefinition - Ideenphase<br />

Seite 12<br />

Behinderungen Aus der Schriftenreihe „Zentralblatt <strong>für</strong> Arbeits-<br />

medizin - Der rollstuhlgerechte Arbeitsplatz“ von<br />

W. Rohmert und W. Lesser entnehme ich eine Be-<br />

schreibung von Krankheitsbildern und Hinweise<br />

zur Arbeitsplatzgestaltung. Der Text ist unterteilt<br />

in die Kapitel:<br />

1. Schäden und Erkrankungen der Gelenke<br />

2. Krankheitsbild: Amputation<br />

3. Muskelerkrankungen<br />

4. Schäden und Erkrankungen der Wirbelsäule<br />

5. Lähmung von Rumpf und Körperteilen<br />

6. Schäden und Erkrankungen des Herz-Kreis-<br />

laufsystems<br />

Für meine Arbeit stelle ich die Kapitel zwei und<br />

fünf als interessant heraus. Diese Auswahl grenzt<br />

in gewisser Weise die Zielgruppe <strong>für</strong> das Produkt<br />

ein, welches bei dieser Arbeit entsteht, erklärt<br />

sich jedoch so, dass die ausgewählten Krank-<br />

heitsbilder zwar eine enorme Behinderung <strong>für</strong><br />

den Erkrankten sein können, dennoch ist eine<br />

sportliche Leistungsfähigkeit nicht ausgeschlos-<br />

sen. Es ist nun sinnvoll, diese zwei Kapitel näher<br />

zu betrachten, um zu überprüfen, welche genau-<br />

en Auswirkungen die Krankheiten <strong>für</strong> den Betrof-<br />

fenen haben. Bei dieser Beobachtung soll heraus-<br />

gestellt werden, auf welche Beeinträchtigungen<br />

Rücksicht genommen werden muss und welche<br />

Leistungsfähigkeit als gegeben angenommen<br />

werden kann.<br />

Desweiteren gibt der Text Hinweise <strong>für</strong> arbeits-<br />

organisatorische und arbeitsplatzgestalterische<br />

Maßnahmen. Sicher sind nicht alle in diesem Text<br />

aufgeführten Punkte <strong>für</strong> mein Projekt relevant,<br />

weil sie sich weitestgehend auf Büroarbeisplät-<br />

ze beziehen. Gewisse Aspekte jedoch können<br />

durchaus auf die sportliche Aktivität übertragen<br />

werden.<br />

Im folgenden sind Arten von Amputationen und<br />

Lähmungen aufgeführt und beschrieben.


Krankheitsbild: Amputationen<br />

Ursachen <strong>für</strong> Amputationen im Fuß-Bein-Bereich<br />

sind häufig Unfallverletzungen und Durchblu-<br />

tungsstörungen. Die Folgen sind Einschränkun-<br />

gen der Geh- und Stehfunktionen, eventuell auch<br />

der Sitzfunktion. Zusätzlich können bei Rollstuhl-<br />

fahrern auch noch Amputationen im Hand-Arm-<br />

Bereich hinzukommen.<br />

Als Auswirkungen sind Einschränkungen zu<br />

erwarten in...<br />

... der Greiffähigkeit<br />

... der Bewegungsfähigkeit<br />

... der Kraftleistungsfähigkeit<br />

... der sensorischen Fähigkeit.<br />

Arbeitsorganisatorische Maßnahmen<br />

• Keine Tätigkeit mit hohem Anteil an stehender<br />

Körperhaltung.<br />

• Häufiges Gehen mit höherer Bewegungsge-<br />

schwindigkeit vermeiden.<br />

• Nutzung von kompensatorischen Fähigkeiten.<br />

Arbeitsplatzgestalterische Maßnahmen<br />

• Bei Verwendung von Prothesen sollten diese<br />

auf die auszuführende Tätigkeit abgestimmt<br />

werden.<br />

• Arbeitsplatzgestaltung auf die erreichbare<br />

Leistungsfähigkeit anpassen. (Steigerung der<br />

individuellen Leistungsfähigkeit durch Training<br />

berücksichtigen).<br />

Gegebenenfalls sind zu reduzieren:<br />

• Dauer und Höhe von aufzubringenden Kräften.<br />

• Frequenz und Weglänge von durchzuführenden<br />

Bewegungen.<br />

• Bewegungsgenauigkeit.<br />

Technische Hilfen<br />

• Verstellbare Arbeitstische<br />

• Arthodesenstühle<br />

• Elektrisch-hydraulisch verstellbare Arbeits-<br />

stühle bzw. Rollstühle<br />

• Stehsitze, Stehhilfen<br />

• Armauflagen, Armstützen<br />

• Greifhilfen, Griffe, Schalter<br />

• Bereitstellungsvorrichtungen<br />

• Hilfen zur Werkzeughandhabung, Werkzeug-<br />

aufhängungen, Manipulatoren<br />

• Einhandtastaturen<br />

• Prothesengeräte<br />

Lähmungen von Rumpf und Körperteilen<br />

Cerebralschäden<br />

Gehirnlähmungen werden durch Schädigungen<br />

von Gehirnabschnitten verursacht. Je nach Lage<br />

der Schädigung kommt es zu spastischen oder<br />

schlaffen Lähmungen und Problemen bei der<br />

Bewegungssteuerung.<br />

Hemiplegie<br />

Hemiplegie ist eine halbseitige Lähmung als Fol-<br />

Seite 13


PHASE 1 | Recherche - Problemdefinition - Ideenphase<br />

Seite 14<br />

ge einer Hirnschädigung durch Durchblutungs-<br />

störungen, Verletzungen oder eines Schlaganfalls.<br />

Multiple Sklerose<br />

Multiple Sklerose ist eine organische Erkrankung<br />

des Nervensystems, die hauptsächlich Personen<br />

im Alter von 20 - 30 Jahren befällt. Es kommt zu<br />

völliger und teilweiser Lähmung der Beine, des<br />

Rumpfes und der Arme.<br />

Paraplegie<br />

Querschnittlähmung wird durch Verletzungen<br />

oder Erkrankung des Rückenmarkes verursacht.<br />

Unterhalb der verletzten Stelle tritt eine Lähmung<br />

und der Verlust einer Empfindlichkeit ein. Die<br />

Darm- und Blasenfunktion kann beeinträchtigt<br />

werden.<br />

Parkinsonsche Krankheit<br />

Die Parkinsonsche Krankheit ist eine chronische<br />

Gehirnerkrankung, die hauptsächlich ältere Men-<br />

schen befällt. Sie bewirkt eine zunehmende Mus-<br />

kelstarre mit Verlangsamung der Bewegungen.<br />

Poliomylitis<br />

Kinderlähmung ist eine durch einen Virus hervor-<br />

gerufene Muskellähmung. Die Schädigung kann<br />

unterschiedlich stark sein, die Muskellähmung<br />

vollständig oder unvollständig.<br />

Tetraplegie<br />

Tetraplegie ist eine Lähmung des Rumpfes und<br />

aller vier Gliedmaßen. Sie wird durch eine Verlet-<br />

zung oder Erkrankung der Nerven im Bereich der<br />

Halswirbel verursacht.<br />

Auswirkungen und Gestaltungshinweise:<br />

• Abhängig vom Ort sowie von der Art der Läh-<br />

mung.<br />

• Bei schlaffen Lähmungen ist der Muskel ent-<br />

spannt.<br />

• Bei spastischer Lähmung kommt es zu un-<br />

willkürlichen, ausdauernden oder wechselnden<br />

Spannungszuständen.<br />

• Komplette Lähmungen der Beine und des<br />

Rumpfes bedingen eine Unfähigkeit zum Ste-<br />

hen und Gehen.<br />

• Spastische Lähmungen sind oft verbunden mit<br />

der Atheose, der Unfähigkeit, genau koordinier-<br />

te Bewegungen ausführen zu können.<br />

Arbeitsorganisatorische Maßnahmen<br />

• Individuelle Einschränkungen der <strong>körperlich</strong>en<br />

Fähigkeiten in Betracht ziehen.<br />

• Die baulichen Voraussetzungen müssen den<br />

Anforderungen entsprechen.<br />

Arbeitsgestalterische Maßnahmen<br />

• Einsatz von technischen Hilfsmitteln.<br />

• Die geringe Kraftleistung muss berücksichtigt<br />

werden.<br />

• Ersatz von manuellen Funktionen vorsehen.<br />

• Bedienteile anpassen.


• Verstellbarkeit von Tischen, Vorrichtungen und<br />

Bedienteilen vorsehen.<br />

Umgebungsgestaltung<br />

• Infolge der geringeren Durchblutung der be-<br />

troffenen Körperteile kann eine besondere<br />

Temperaturempfindlichkeit vorliegen.<br />

• Zugluft bzw. größere Bodenkühle sollten ver-<br />

mieden werden.<br />

Technische Hilfen<br />

• Höhenverstellbare Arbeits-, Zeichen- und Bild-<br />

schirmtische<br />

• Rundablagesysteme<br />

• Lager- und Bereitstellungshilfen<br />

• Hilfen zum Überwinden von Höhenunterschie-<br />

den<br />

aus: „Der rollstuhlgerechte Arbeitsplatz - Handlungsanweisung zur<br />

Gestaltung des Arbeitssystems Rollstuhl / Fahrer“ von W. Rohmert, W.<br />

Lesser, Seite 52-63<br />

Der folgenden Grafik ist zu entnehmen, wie die<br />

verschieden Krankheiten und Behinderungen<br />

zahlenmäßig aufgestellt sind, die zu einer Geh-<br />

behinderung führen. Die Zahlen sagen allerdings<br />

5% Herz- u. Alterserkrankungen<br />

3% Muskeldystrophie<br />

5% Poliomyelitis<br />

6% Querschnittlähmung<br />

12% Beinamputation<br />

9% Sonstige<br />

nichts darüber aus, wie stark die Behinderungen<br />

ausgeprägt sind, und ob die Betroffen sportlich<br />

aktiv sein können.<br />

20% Gehirnschäden<br />

25% Arthritis u. Rheuma<br />

15% Muskel- u.<br />

Nerverkrankungen<br />

Ätiologische Verteilung von Rollstuhlbenutzern: Zusammenfassende<br />

Darstellung der Ergebnisse von KUNZEL/STUMBAUM, 1981, 18; FEN-<br />

WICK,1977, 7 ROHMERT/LESSER, 1984, 17<br />

Seite 15


PHASE 1 | Recherche - Problemdefinition - Ideenphase<br />

Seite 16<br />

Antriebsarten<br />

Grafiken aus: ROHMERT und LESSER, 1984, 40<br />

Auf dieser Seite sind die hauptsächlichen An-<br />

triebsarten <strong>für</strong> muskelangetriebe Rollstühle in<br />

drei Gruppen dargestellt:<br />

1. Greifreifenantrieb<br />

2. Hebelantrieb<br />

3. Kurbelantrieb<br />

Beim Greifreifenantrieb hat sich der Antrieb der<br />

Greifreifenantrieb auf Hinterräder Hinterrädern (li.) und Greifreifenantrieb auf Vorderrädern auf (re.) Vorderräder<br />

Hinterräder durchgesetzt. Der Rollstuhl ist bes-<br />

ser zu manövrieren, man kann auf zwei Rädern<br />

balancieren und die Kraftübertragungsstrecke<br />

(blauer Pfeil) ist länger.<br />

Beim Hebelantrieb wird die Armkraft des Fahrers<br />

Hebel-Kurbelschwingenantrieb einfach wirkender Ratschenantrieb<br />

einfach wirkender Ratschenantrieb<br />

durch den Hebel verstärkt. Der Nachteil dieses<br />

Antriebs liegt in der schlechteren Lenkbarkeit. Im<br />

Alltag ist dieser sog. Kassler Rollstuhl kaum noch<br />

zu sehen.<br />

Den Kurbelantrieb findet man beim Handbike. Die<br />

Anordnung der Kurbeln kann sowohl synchron<br />

(parallel) als auch asynchron gewählt werden.<br />

Kurbelantrieb


Ergonomie Ein Ziel der Ergonomie ist es, handhabbare und<br />

komfortabel zu benutzende Produkte herzustel-<br />

len. Die Ergonomie wird immer dort relevant, wo<br />

der Mensch mit Maschinen in Berührung kommt,<br />

jedoch ist unter Maschine jedwede technische<br />

und nicht natürliche Einrichtung zu verstehen.<br />

Beispiele <strong>für</strong> das Benutzen oder Bedienen von<br />

Maschinen ist das Führen von Fahrzeugen jeder<br />

Art, das Benutzen von Computern, Telefonen,<br />

Stühlen oder Möbeln.<br />

Im Fall meiner Diplomarbeit ist der Rollstuhl bzw.<br />

das Handbike die Maschine. Für diese Tätigkeiten<br />

ist zum einen entscheidend, welche Leistungs-<br />

fähigkeit vom Nutzer abverlangt wird und ob er<br />

diese bereitstellen kann.<br />

Der Grundumsatz liegt beim Mann bei 80 W =<br />

7100 kJ/24h (1700 kcal/24h); und bei der Frau bei<br />

70 W = 6300 kJ/24h (1500 kcal/24h). Die zusätzlich<br />

zum Grundumsatz benötigte Energie bei einer be-<br />

stimmten Tätigkeit nennt man Leistungsumsatz.<br />

Der Leistungsumsatz entspricht im Durchschnitt<br />

50%-110% des Grundumsatzes. Beispiele:<br />

Arbeitsumsatz bei leichter Tätigkeit: 35 W = 3000<br />

kJ/24h = 700 kcal/24h<br />

Spazieren gehen: 25-60 W<br />

Laufen (Joggen): 200- 250 kcal/h<br />

Sport: 50-500 W (Spitzenleistung bei Kurzzeitbe-<br />

lastungen)<br />

Sport: 100-200 W (Ausdauerleistung, z.B. Rad<br />

fahren, Joggen)<br />

Der Leistungsumsatz bei der Benutzung eines<br />

Sportrollstuhls wird also deutlich über dem<br />

Grundumsatz liegen. Umso wichtiger erscheint<br />

es daher, ein Produkt genau an seinen Benutzer<br />

anzupassen.<br />

Die Ergonomie bedient sich da<strong>für</strong> der Ergebnisse<br />

der Anthropometrie. Sie ist die Lehre der Ermitt-<br />

lung und Anwendung der Maße des menschlichen<br />

Körpers.<br />

Normen haben das Problem, dass sich Menschen<br />

in ihren Körpermaßen erheblich voneinander<br />

unterscheiden. Üblicherweise betrachten daher<br />

Seite 17


PHASE 1 | Recherche - Problemdefinition - Ideenphase<br />

Seite 18<br />

Normen nur einen <strong>eingeschränkte</strong>n Bereich der<br />

Bevölkerung. Die Ergebnisse der Anthropometrie<br />

werden meist nicht direkt verwendet, sondern in<br />

Datentabellen oder Normen abgelegt, um dort<br />

z.B. der Klassifikation von Bewegungen zu die-<br />

nen. In den Tabellen werden nicht nur die Durch-<br />

schnittswerte, sondern auch das fünfte und das<br />

fünfundneunzigste Perzentil angegeben.<br />

Bei der Körpergröße bedeuten die Hinweise:<br />

• 5. Perzentil: nur 5 % sind kleiner<br />

• 50. Perzentil: 50 % sind kleiner bzw. größer (Me-<br />

dianwert)<br />

• 95. Perzentil: nur 5 % sind größer<br />

Ein Produkt sollte vom 5. Perzentil (kleine Frau-<br />

en) und vom 95. Perzentil (große Männer) benutzt<br />

werden können. Da diese Größenangaben meist<br />

weit auseinander gehen, müssen viele Produkte<br />

in Ihrer Höhe, Breite usw. einstellbar sein. Gerade<br />

bei Rollstühlen spielt dies eine große Rolle, weil<br />

dieses Produkt dauerhaft in Gebrauch steht. Be-<br />

sonders bei langzeitigen Fehlhaltungen können<br />

5 th<br />

HEIGHTS<br />

(f above floor, s above seat)<br />

Stature ("height") f 1,527.8/1,646.9 1,629.4/1,755.8 1,737.3/1,866.5 63.6/66.8<br />

Eye height f 1,415.2/1,528.2 1,516.1/1,633.9 1,621.3/1,742.9 62.5/65.7<br />

Shoulder (acromial)<br />

height f<br />

1,240.9/1,341.6 1,333.6/1,442.5 1,432.0/1,545.6 44.8/48.1<br />

Elbow height f 926.3/995.2 997.9/1,072.5 1,074.0/1,152.8 44.8/48.1<br />

Wrist height f 727.9/777.9 790.3/846.5 855.1/915.2 38.6/41.5<br />

Crotch height f 700.2/764.4 771.4/837.2 845.8/916.4 44.1/46.2<br />

Height (sitting) s 795.3/854.5 852.0/913.9 910.2/971.9 34.9/35.6<br />

Eye height (sitting) s 684.6/735.0 738.7/792.0 794.3/848.0 33.2/34.2<br />

Shoulder (acromial)<br />

height (sitting) s<br />

509.1/548.5<br />

555.5/597.8 603.6/646.3<br />

28.6/29.6<br />

Elbow height (sitting) s 175.7/184.1 220.5/230.6 264.4/273.7 26.8/27.2<br />

Thigh height (sitting) s 140.4/148.6 158.9/168.2 180.2/189.9 12.1/12.6<br />

Knee height (sitting) f 474.0/514.4 515.4/558.8 560.2/605.7 26.3/27.9<br />

Popliteal height (sitting) f<br />

DEPTHS<br />

351.3/394.6 389.4/434.1 429.4/476.3 23.7/24.9<br />

Forward reach (to tip of thumb) 676.7/739.2 734.6/800.8 796.7/867.0 36.4/39.2<br />

Buttock-knee distance<br />

(sitting)<br />

542.1/569.0 588.9/616.4 639.8/667.4 29.6/29.9<br />

Buttock-popliteal distance<br />

(sitting)<br />

440.0/458.1 481.7/500.4 527.7/545.5 26.6/26.6<br />

Elbow-fingertip distance 406.2/447.9 442.9/484.0 482.5/524.2 23.4/23.3<br />

Chest depth<br />

BREADTHS<br />

208.6/209.6 239.4/243.2 277.8/280.4 21.1/21.5<br />

Forearm-forearm breadth 414.7/477.4 468.5/546.1 528.4/620.6 34.7/43.6<br />

Hip breadth (sitting)<br />

HEAD DIMENSIONS<br />

342.5/328.7 384.5/366.8 432.2/411.6 27.2/25.2<br />

Head circumference 522.5/542.7 546.2/567.7 570.5/593.5 14.6/15.4<br />

Head breadth 136.6/143.1 144.4/151.7 152.7/160.8 4.9/5.4<br />

Interpupillary breadth<br />

FOOT DIMENSIONS<br />

56.6/58.8 62.3/64.7 68.5/71.0 3.6/3.7<br />

Foot length 224.4/248.8 244.4/269.7 264.6/292.0 12.2/13.1<br />

Foot breadth 81.6/92.3 89.7/100.6 97.8/109.5 4.9/5.3<br />

Lateral malleolus height f<br />

HAND DIMENSIONS<br />

52.3/58.4 60.6/67.1 69.7/76.4 5.3/5.5<br />

Circumference,<br />

metacarpal<br />

172.5/198.5 186.2/213.8 200.3/230.3 8.5/9.7<br />

Hand length 165.0/178.7 180.5/193.8 196.9/210.6 9.7/9.8<br />

Hand breadth,<br />

metacarpal<br />

73.4/83.6 79.4/90.4 85.6/97.6 3.8/4.2<br />

Thumb breadth,<br />

interphalangeal<br />

18.6/21.9 20.7/24.1 22.9/26.5 1.3/1.4<br />

WEIGHT (in kg) 39.2*/57.7* 62.0/78.5 84.8*/99.3* 13.8*/12.6*<br />

50 th<br />

Percentiles<br />

95 th<br />

SD<br />

*Estimated (from Kroemer 1981).<br />

Source: Adapted from U.S. Army data reported by Gordon et al. (1989).<br />

Note: In this table, the entries in the 50th-percentile column are actually mean (average) values.The 5th- and<br />

95th-percentile values are from measured, not calculated, data (except for weight). Thus, the values given<br />

may be slightly different from those obtained by subtracting 1.65<br />

SD from the mean (50th percentile) or by adding 1.65 SD to it.


<strong>körperlich</strong>e Schädigungen hervorgerufen werden.<br />

Aus links stehender Tabelle aus dem Ergonomie-<br />

handbuch von Krömer, Krömer & Krömer werden<br />

100<br />

alle <strong>für</strong> Rollstuhlfahrer relevanten Daten entnom-<br />

men und in einer Grafik veranschaulicht.<br />

80<br />

Wichtig erscheinen Sitzhöhe 79 - 97 cm, Schul-<br />

terhöhe (im Sitzen) 51 - 65 cm, Ellbogenhöhe (von<br />

60<br />

der Sitzfläche aus) 17 - 27 cm, Oberschenkelhö-<br />

he (von der SF aus) 14 - 18 cm, Kniehöhe (vom<br />

40<br />

Boden) 47 - 60 cm, Kniekehlenhöhe 35 - 47 cm,<br />

Reichweite der Arme nach vorne 67 - 86 cm, Ab-<br />

20<br />

stand zwischen Gesäß und Kniekehle (beim Sit-<br />

zen) 44 - 54 cm, Ellbogen-Fingerspitzenabstand<br />

0<br />

40 - 52 cm, Unterarmabstand zueinander 41 - 62<br />

cm, Hüftbreite (im Sitzen) 34 - 41 cm, Fußlänge 22<br />

- 28 cm, Fußbreite 81 - 10 cm, Fußknöchelhöhe<br />

5,2 - 7,6 cm, Handlänge 16 - 21 cm, Handbreite<br />

7,3 - 9,7 cm, Daumenbreite 1,8 - 2,6 cm und Ge-<br />

wicht 39 - 99 kg.<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

0 20 40 0 20 60 40 080 20 100 60 0 40 80 20 100 60 40 804060<br />

100 20 80 040100<br />

20 0 40 20 40 040<br />

20 20 0 40 20<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

Abb.: Grafik der relevanten Daten aus nebenstehender Tabelle<br />

140<br />

120<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

Seite 19<br />

1<br />

1<br />

1<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

0


PHASE 1 | Recherche - Problemdefinition - Ideenphase<br />

Seite 20<br />

Greif- und Be-<br />

wegungsräume<br />

Rollstuhlfahrer besitzen in der Regel geringe-<br />

re maximale Greif- und Bewegungsräume als<br />

Nichtbehinderte mit ähnlicher Körperstatur. Dies<br />

muß durch entsprechende Arbeitsplatzgestaltung<br />

berücksichtigt werden.<br />

Ständig benötigte Arbeitsmittel sind im Bereich<br />

des kleineren Greifraumes anzuordnen.<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

20<br />

Abb.: Vertikaler Greifraum von Rollstuhlfahrern (rechts- und linksseitig) nach Kuldschun et al. (1977)<br />

40<br />

60<br />

180<br />

160<br />

140<br />

120<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

Die Größenordnungen von Greif- und Bewe-<br />

gungsräumen von Rollstuhlfahrern sind in den<br />

folgenden Abbildungen dargestellt. Zu berück-<br />

sichtigen ist, daß bei hohem Behinderungsgrad<br />

weitere Einschränkungen der Greif- bzw. Bewe-<br />

gungsräume eintreten können.<br />

Quelle: ‚Der rollstuhlgerechte Arbeitsplatz‘ von W. Rohmert / W.Lesser<br />

40<br />

20<br />

0<br />

20<br />

40<br />

60<br />

80<br />

100<br />

180<br />

160<br />

140<br />

120<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20


Seitlich vertikaler Bewegungsraum<br />

0<br />

20<br />

40<br />

60<br />

80<br />

180<br />

160<br />

140<br />

120<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

Frontaler Bewegungsraum<br />

20<br />

0<br />

20<br />

40<br />

60<br />

80<br />

100<br />

180<br />

160<br />

140<br />

120<br />

100<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

Horizontaler Bewegungsraum<br />

Alle Maßangaben in cm.<br />

0<br />

20<br />

40<br />

60<br />

80<br />

100<br />

Dick ausgezogene Linie als Orientierungsmaß <strong>für</strong> Arbeitsplatzgestaltung<br />

Abbildungen: Seitlich vertikaler, frontaler und horizontaler Bewegungs-<br />

raum von Rollstuhlfahrern (rechts- und linksseitig) nach Kuldschun et al.<br />

(1977)<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

Seite 21


PHASE 1 | Recherche - Problemdefinition - Ideenphase<br />

Seite 22<br />

Sportarten<br />

Um eine Übersicht zu bekommen, zu welchen<br />

sportlichen Leistungen körperbehinderte Men-<br />

schen in der Lage sind, interessieren mich alle<br />

Arten von Sport, die derzeit von Behinderten und<br />

Rollstuhlfahrern ausgeführt und betrieben wer-<br />

den. Auf der Website des Deutschen Behinder-<br />

tensportverbands e.V. (www.dbs-npc.de) findet<br />

sich eine Liste von Sportarten, bei denen sich die<br />

Sportler in Verbänden organisiert haben:<br />

• Badminton<br />

• Basketball<br />

• Bogenschießen<br />

• Sledge-Eishockey<br />

• Elektrorollstuhl-Sport<br />

• Fechten<br />

• Fußball<br />

• Goalball<br />

• Judo<br />

• Leichtathletik<br />

• Radsport - Handbike<br />

• Reiten<br />

• Rudern<br />

• Rugby<br />

• Schwimmen<br />

• Segeln<br />

• Ski Alpin<br />

• Ski nordisch<br />

• Sportschießen<br />

• Tanzen<br />

• Tennis (Rollstuhl und Fußgänger)<br />

• Tischtennis (stehend und sitzend)<br />

• Volleyball (stehend und sitzend)<br />

Bei den blau markierten Einträgen handelt es<br />

sich um Sportarten, bei denen spezielle Sport-<br />

geräte oder Sportrollstühle Verwendung finden,<br />

und die deshalb <strong>für</strong> meine Arbeit interessant sind.<br />

Im folgenden wird deshalb kurz erläutert, wie<br />

sie durchgeführt werden und welche Hilfsmittel<br />

benutzt werden:


Badminton<br />

Gespielt wird nach den üblichen Badmintonre-<br />

geln. Rollstuhlfahrer können ohne Probleme mit<br />

Fußgängern zusammen spielen. Es bietet sich die<br />

Möglichkeit der Integration von Behinderten und<br />

Nichtbehinderten. Dieser Sport kann in einem All-<br />

tags-Rollstuhl ausgeübt werden, man wird jedoch<br />

bald feststellen, dass man sich mit einem Bad-<br />

minton-Rollstuhl besser bewegen kann. Dieser<br />

Spezialrollstuhl hat große, oben nach innen ge-<br />

neigte Räder (offizielle Bezeichnung: Sturz) und<br />

hat vorne und hinten mittig ein kleines Rad. Diese<br />

verleihen dem Rollstuhl eine bessere Stabilität<br />

und schützen die Spielenden vor dem Hinauskip-<br />

pen beim Annehmen von hohen Bällen.* 1/2<br />

Basketball<br />

Rollstuhlbasketball wurde 1946 von ehemaligen<br />

Basketballspielern in den USA erfunden, die nach<br />

Kriegsverletzungen trotzdem ihren Sport fortfüh-<br />

ren wollten.<br />

Die heutige Form des Rollstuhlbasketballs ist<br />

dem Basketball der Fußgänger sehr ähnlich.<br />

Das Ziel des Spiels ist es, den Ball in den geg-<br />

nerischen Korb zu werfen, der auf gleicher Höhe<br />

angebracht ist, wie beim Fußgänger-Basketball.<br />

Die gegnerische Mannschaft versucht den Erfolg<br />

zu verhindern, indem sie den Weg versperrt und<br />

den Ball abwehrt oder erkämpft. Körperkontakt<br />

und Hineinfahren in den gegnerischen Rollstuhl<br />

sind im Rollstuhlbasketball nicht erlaubt - im<br />

Gegensatz zum Rugby, bei dem Crashs häufig<br />

vorkommen. Dazu später mehr.<br />

Beim Basketball wird durch Dribbling der Ball<br />

Richtung gegnerischen Korb gebracht. Das Prel-<br />

len kann unterbrochen werden. Nach zweimali-<br />

gem Angeben des Rollstuhls muss einmal ge-<br />

prellt oder abgespielt werden.<br />

Es gibt eine Klassifikation, die eingeführt wur-<br />

de, um Paraplegikern mit verschiedenen Läh-<br />

mungshöhen, aber auch Spielern mit anderen<br />

Behinderungen die Möglichkeit zu geben, in einer<br />

Mannschaft mitzuspielen. Eine Mannschaft mit 5<br />

Spielern darf auf dem Feld international 14 Punk-<br />

te, national 14,5 Punkte aufweisen. Die Klassifika-<br />

tion geht von 0,5 bis 4,5 Punkten pro Spieler.<br />

Gespielt wird in speziellen, körperangepassten<br />

Seite 23


PHASE 1 | Recherche - Problemdefinition - Ideenphase<br />

Seite 24<br />

Basketballrollstühlen mit Aluminiumstarrrah-<br />

men. Der Sitz darf nicht höher als 53 cm über<br />

dem Boden angebracht sein. * 2/3<br />

Sledge-Eishockey<br />

Sledge Eishockey ist eine paralympische Sportart,<br />

die vom Eishockeysport abstammt. Der einzige<br />

Unterschied besteht in der Fortbewegung, da sich<br />

die Sledge-Eishockey-Spieler nicht auf Schlitt-<br />

schuhen, sondern auf kleinen Schlitten bewegen.<br />

Zur Beschleunigung nutzen die Spieler zwei kurze<br />

Schläger, die am Ende mit Spikes besetzt sind. * 3<br />

Leichtathletik<br />

Die Leichtathletik ist in fünf große Wettkampfklas-<br />

sen aufgeteilt, die in separaten Entscheidungen<br />

um Medaillen kämpfen: die Rollstuhlathleten, die<br />

Cerebral-Paretiker, die Blinden/Sehbehinderten,<br />

die geistig Behinderten sowie die Gruppe der Am-<br />

putierten/Les Autres.<br />

In der Rollstuhlleichtathletik sind die Sportarten<br />

Bahn- und Strassenfahren, sowie das Werfen als<br />

Einzeldisziplin oder zusammen mit Bahndiszipli-<br />

nen als 5-Kampf-Wettbewerb vereinigt.<br />

Der Rennrollstuhl, mit zwei grossen Rädern hin-<br />

ten und einem kleineren vorne, verfügt über einen<br />

Lenker mit Bremse und damit der richtige Kur-<br />

venradius und die Gerade einer zugeteilten Bahn<br />

vor einem Start eingestellt werden kann, ebenso<br />

über eine Bahnsteuerung. Diese Technik fordert<br />

den Athleten zusätzlich, muss er doch während<br />

jeder Runde auf der Bahn mehrmals die Lenkung<br />

umstellen, mittels einem Schlag gegen die Steu-<br />

erung. Oft wird diese Steuermöglichkeit auch an<br />

Strassenrennen eingesetzt. Athleten, die weniger<br />

hoch gelähmt sind, können eine Richtungsände-<br />

rung auch mit dem Oberkörper oder durch das<br />

Anheben des Vorderrades bewirken.<br />

Im Gegensatz zum Alltagsstuhl, wird der Renn-<br />

stuhl nicht nur durch das Antreiben am Greifrei-<br />

fen angetrieben. Der Athlet beschleunigt sein<br />

Gerät, indem er mit den Armen Schwung holt und<br />

mit seinen Händen die Kraft wuchtig über einen<br />

angebrachten Treibring auf die Räder überträgt.


Am tiefsten Punkt geht die synchrone Bewegung<br />

in die nächste Ausholphase über. Um dies ohne<br />

Verletzung der Hände machen zu können, benüt-<br />

zen die Leichtathleten extra und individuell ange-<br />

fertigte Handschuhe.<br />

Bei den Amputierten werden Hightech-Prothesen<br />

eingesetzt, um beachtliche sportliche Leistungen<br />

zu erzielen. Jede Sportart benötigt ihre speziel-<br />

len Prothesentypen. So sieht zum Beispiel eine<br />

Sprintprothese grundsätzlich anders aus, als<br />

eine Sportprothese, die zu den Wurfdisziplinen<br />

eingesetzt wird. Typisch <strong>für</strong> die Sprintprothesen<br />

sind die sog. Carbon-Feder-Füße. Sie sind auf<br />

das Gewicht und den Aktivitätsgrad des Athleten<br />

abgestimmt.* 2/4<br />

Radsport - Handbike<br />

Das Handbike (oder englisch Handcycle) ist ein<br />

Fahrzeug, vergleichbar mit dem Fahrrad oder<br />

Liegerad, welches allein durch die Arme ange-<br />

trieben wird. Es gibt zwei Grundtypen: das Ad-<br />

aptivbike, ein zusätzliches Rad, welches an fast<br />

jeden handelsüblichen Rollstuhl montiert werden<br />

kann, und das reine Rennbike, das ohne Rollstuhl<br />

auskommt. Das Handbike kann sitzend, liegend<br />

oder knieend gefahren werden. Die Lenkung<br />

erfolgt über die Antriebspedale.<br />

Mit den Rennhandbikes fahren geübte Athleten<br />

mit Geschwindigkeiten von 28-36km/h. Beim<br />

National Handbike Circuit gibt es ein Reglement,<br />

das die Fahrer in vier Divisionen (A-C und Damen)<br />

einteilt. Nach einem bestimmten Schlüssel wird<br />

der beste Fahrer des Jahres ermittelt. Auch bei<br />

den großen City-Marathonläufen gibt es mittler-<br />

weile die Gruppe der Handbiker.<br />

Der Handbikesport gilt häufig als Einstieg in den<br />

Rollstuhlsport, da er ohne Vorkenntnisse und lan-<br />

ges Training ausgeführt werden kann. Im Breiten-<br />

und im Leistungssport erfreut sich die Sportart<br />

wachsender Beliebtheit. * 3<br />

Seite 25


PHASE 1 | Recherche - Problemdefinition - Ideenphase<br />

Seite 26<br />

Rugby<br />

Rollstuhlrugby (auch Mörderball genannt) hat<br />

nur beschränkt Ähnlichkeiten mit dem Rugby<br />

der Fussgänger. Es ist ein Mannschaftsspiel, das<br />

speziell <strong>für</strong> Tetraplegiker entwickelt wurde.<br />

Beim Rollstuhlrugby fehlen zwar die vom Fuß-<br />

gänger-Rugby bekannten Spielsituationen, bei<br />

denen sich die Spieler aufeinander werfen und<br />

in ein undefinierbares Knäuel verwandeln, aber<br />

das Spiel ist deshalb nicht weniger spannend und<br />

spektakulär. Crashs, bei denen sich die Spieler<br />

gegenseitig in den Rollstuhl fahren, gehören zum<br />

Alltag. Das Ziel des Spiels ist es, den Ball durch<br />

einen Spieler über die Torlinie zu bringen. Wenn<br />

ein Rollstuhlfahrer in Ballbesitz mit mindestens<br />

zwei Rädern die Torlinie berührt oder überfährt,<br />

wird ein Tor gezählt. Die verteidigende Mann-<br />

schaft versucht den Erfolg zu verhindern, indem<br />

sie den Weg versperrt, die Angreifer abblockt und<br />

sich den Ball erkämpft. Harte Rollstuhlkontakte<br />

sind erlaubt, aber Körperberührung wird mit<br />

Ballverlust oder einer Zeitstrafe von einer Minute<br />

geahndet. Der Ball darf geworfen, geschlagen,<br />

gedribbelt oder auf dem Schoss liegend trans-<br />

portiert werden, er muss aber spätestens nach 10<br />

Sekunden weitergegeben oder geprellt werden.<br />

Die ballbesitzende Mannschaft muss den Ball<br />

innerhalb von 15 Sekunden in die gegnerische<br />

Feldhälfte transportiert haben.<br />

Ein Klassifizierungssystem erlaubt klare Vor-<br />

gaben, wie eine Mannschaft aufgebaut ist und<br />

in welcher Spielerzusammensetzung sie auf<br />

den Gegner trifft. Unter den Spielern bestehen<br />

funktionelle, motorische Unterschiede aufgrund<br />

verschiedener Lähmungshöhen. Die Spieler<br />

unterziehen sich deshalb einer Einteilung in<br />

sieben Funktionsklassen von 0.5 - 3.5 Punkten,<br />

bei der die vier Spieler pro Mannschaft im Spiel<br />

zusammengezählt nicht mehr als 8 Punkte auf-<br />

weisen dürfen. Jeder Spieler übernimmt im Spiel<br />

unterschiedliche Aufgaben, abgestimmt auf seine<br />

<strong>körperlich</strong>en Möglichkeiten.<br />

Für das Spiel werden, wie beim Rollstuhlbasket-<br />

ball, körperangepasste sehr robuste Aluminium-<br />

starrrahmenrollstühle verwandt. Es gibt Unter-<br />

schiede in der Konstruktion <strong>für</strong> Offensiv- und<br />

Defensivrollstühle. * 2


Ski Alpin<br />

Die Einführung des Monoskis brachte den Durch-<br />

bruch <strong>für</strong> die Rollstuhlfahrer im Skisport. Diese<br />

sogenannten Skibobs bestehen aus einer ge-<br />

federten Kevlar Sitzschale, welche auf einem<br />

gewöhnlichen Ski mit Bindung montiert ist. Der<br />

Behinderte kann auf dem Skibob mit zwei kurzen<br />

Skikrücken und mittels Gleichgewichtsverlage-<br />

rung bestens Ski fahren.<br />

Heute spielt die Technik im Behindertenskilauf<br />

eine wichtige Rolle. Die Skikrücken sind ausge-<br />

reift und bei den Monoskis haben gerade in letzter<br />

Zeit neue verstellbare Federungen die Technik<br />

revolutioniert. Die Fahrtechnik wurde im Laufe<br />

der Jahre verfeinert und mit den taillierten Skiern<br />

nochmals verbessert. So ist es heute dem Behin-<br />

derten möglich, elegant und gekonnt die Hänge<br />

herunterzufahren. * 5<br />

Tennis (Rollstuhl und Fußgänger)<br />

Die Hauptaktionen bei den Schlägen im Roll-<br />

stuhltennis sind identisch mit denen des Fuß-<br />

gängertennis. Die Hauptunterschiede zwischen<br />

Rollstuhltennis und Fußgängertennis liegen zum<br />

einen in der Schlagvorbereitung und zum ande-<br />

ren in der veränderten Mobilität auf dem Platz, da<br />

der Rollstuhltennisspieler seine Arme auch zur<br />

Fortbewegung im Rollstuhl benötigt, der Fuß-<br />

gänger lediglich seine Beine. Ein Anfänger kann<br />

Rollstuhltennis mit jedem Rollstuhl spielen.<br />

Die Nutzung eines Tennisrollstuhles unterstützt<br />

jedoch die Beweglichkeit auf dem Platz erheblich<br />

und wird bei fortgeschrittenen Spielern zum leis-<br />

tungsfördernden Faktor.<br />

Hauptanforderungen an einen Tennisrollstuhl sind<br />

seitliche Stabilität, Schnelligkeit und besonders<br />

die Wendigkeit des Rollstuhls. * 6<br />

Neben den Leistungssportarten gibt es noch<br />

diverse Breiten- und Rehasportarten, wie z.B.<br />

Zeitlupenball, oder Sportarten <strong>für</strong> geistig behin-<br />

derte Menschen. Auf diese Bereiche wird in dieser<br />

Arbeit aber nicht weiter eingegangen.<br />

*1 Website des Behinderten-Sportverband Nordrhein-Westfalen e.V.<br />

(www.bsnw.de)<br />

*2 Website des Schweizer Paraplegiker-Vereinigung<br />

(www.sport.paranet.ch)<br />

*3 Wikipedia (www.de.wikipedia.org)<br />

*4 www.paralympics.de<br />

*5 Website des RSC heindl OÖ (www.rollstuhlsport.at)<br />

*6 Website des österreichischen Rollstuhltennisverbands<br />

(www.rollstuhltennis.at)<br />

Seite 27


PHASE 1 | Recherche - Problemdefinition - Ideenphase<br />

Seite 28<br />

Hardcore Sitting<br />

Während meiner Recherche der Rollstuhl- und<br />

Behindertensportarten stoße ich im Internet auf<br />

einen jungen Amerikaner, der eine neue Sportart<br />

entwickelt hat, die er selbst „Hardcore Sitting“<br />

(übersetzt: extremes Sitzen) nennt. Dabei macht<br />

er mit seinem speziell angefertigten gefeder-<br />

ten Aktivrollstuhl atemberaubende Akrobatik in<br />

Skateparks. Diese neue Sportart soll hier eben-<br />

falls kurze Erwähnung finden. In der beiliegenden<br />

Präsentation wird Filmmaterial zu finden sein.* 7<br />

*7 Website der Firma Schwalbe (www.schwalbe.de)


Rollstuhltypen<br />

Neben den Behinderungen und den Behinder-<br />

tensportarten möchte ich mich nun dem <strong>Thema</strong><br />

von der technischen Seite widmen - den Arten<br />

der Maschinen, um den Begriff der Ergonomie zu<br />

verwenden. Es gibt viele Arten von Rollstühlen.<br />

Die wesentlichen Faktoren <strong>für</strong> die individuelle<br />

Verwertbarkeit eines Rollstuhls sind:<br />

• Das Einsatzgebiet, wie Innenraum, Innen- und<br />

Außenbereich, Außenbereich, Treppen etc.<br />

• Das Konstruktionsprinzip, wie faltbare oder<br />

starre Rahmengestaltung<br />

• Die Antriebsart, wie Schieberollstuhl, Greifrei-<br />

fenantrieb (beidarmig), Hebelantrieb (beidar-<br />

mig), Greifreifenantrieb (einarmig), Hebelan-<br />

trieb (einarmig), Elektroantrieb, Fahrradantrieb<br />

• Körpergröße und Körpergewicht<br />

• Physische und psychische Verfassung<br />

• Alter des Behinderten (Kind, Erwachsener, alter<br />

Mensch)<br />

• Wohnverhältnisse<br />

• Umwelt<br />

• Verwendungszweck<br />

• Aktivität<br />

Im Allgemeinen gibt es drei Rollstuhltypen (plus<br />

sonstige), die hier vorgestellt werden sollen:<br />

1. Passivrollstühle<br />

2. Aktivrollstühle<br />

3. Sportrollstühle<br />

4. sonstige<br />

Passivrollstühle<br />

Unter diesen Begriff fallen in dieser Einteilung<br />

alle Rollstühle, bei denen der Benutzer keine<br />

Muskelkraft <strong>für</strong> die Fortbewegung einsetzen<br />

muss, sei es, weil das Vehikel motorisch an-<br />

getrieben wird oder sei es, weil der Behinderte<br />

hauptsächlich geschoben wird.<br />

Zu nennen sind starre und faltbare Zimmerroll-<br />

stühle, Standardschieberollstühle, Treppenfahr-<br />

zeuge, Rollstuhlzug- bzw. -schubgeräte. Roll-<br />

Seite 29


PHASE 1 | Recherche - Problemdefinition - Ideenphase<br />

Seite 30<br />

Schieberollstuhl, Hersteller unbekannt<br />

stuhlaufsteckantriebe, Elektrorollstühle <strong>für</strong> den<br />

Innen- und Außenbereich und Elektromobile.<br />

Die Schieberollstühle zeichnen sich vor allem aus<br />

durch eine weit hinter dem Schwerpunkt ange-<br />

brachte Hinterradachse.<br />

Radnabe hinter Schwerpunkt: Kippsicherheit nach hinten<br />

Dazu kommen viele Adaptionsmöglichkeiten, d.h.<br />

Einstellungsmöglichkeiten <strong>für</strong> Sitztiefe, Sitzbreite,<br />

Sitzhöhe, Lehnenhöhe, Lehnenneigung, Seiten-<br />

lehnenhöhe, Fußstützenhöhe, Fußstützenanbrin-<br />

gung. Weiter haben diese ein relativ hohes<br />

Gewicht, einen großen Wendekreis und geringe<br />

Wendigkeit. Die Schiebegriffe sind an der Lehne.<br />

Aktivrollstühle<br />

Aktivrollstühle gehören zur Standardversorgung<br />

<strong>für</strong> alle Rollstuhlfahrer, die ihren Rollstuhl selber<br />

nutzen. Sie haben ein relativ geringes Gewicht<br />

und glänzen durch besondere Wendigkeit. Diese<br />

wird dadurch erreicht, dass die Hinterradache un-<br />

ter oder leicht hinter dem Schwerpunkt liegt. Das<br />

Balancieren auf nur zwei Rädern wird dadurch<br />

möglich.<br />

Die Länge des Rollstuhls ist ebenfalls entschei-<br />

dend <strong>für</strong> die Wendigkeit des Rollstuhls. Je weiter<br />

der Abstand der Vorder- und Hinterräder zuein-<br />

ander ist, umso größer ist der Wendekreis.<br />

Wendekreis des Rollstuhls wächst bei größerer Länge<br />

Gegenüber den Passivrollstühlen wird auf Arm-<br />

lehnen verzichtet. Es gibt meist nur einen Spritz-<br />

schutz. Der Greifreifen wird hinter dem Achs-<br />

punkt gefasst. Von hier schiebt der Arm das Rad<br />

nach vorne bis die Hand etwas unter dem Bein<br />

angekommen ist. Wenn schnelle Beschleunigung<br />

gewünscht ist, wird das Rad noch weiter bewegt,<br />

bis die Hand auf Höhe der Nabe ist. Mit dem<br />

Oberkörper wird so zusätzliche Kraft eingeleitet,<br />

falls dies auf Grund der Behinderung möglich ist.


Aktiv-/ Adaptivrollstuhl, Pro-Activ SPEEDY A2<br />

Aktiv-/ Adaptivrollstühle gehören zur Erstversor-<br />

gung von Menschen mit Behinderung. Sie haben<br />

eine Vielzahl von Einstellmöglichkeiten (Höhen-<br />

verstellung, verstellbare Fußstützen, einstellbare<br />

Sitz- und Lehnenwinkel, verstellbarer Radsturz,<br />

etc.). Sie werden <strong>für</strong> vorübergehenden Gebrauch<br />

verwendet oder dienen dem Behinderten, seine<br />

Einstellungen <strong>für</strong> einen Starrrahmenstuhl zu<br />

finden.<br />

Sportrollstühle<br />

Spezielle Sportrollstühle gibt es vor allem in den<br />

im Kapitel Sportarten erwähnten Sportarten Roll-<br />

stuhlbasketball, -rugby, -badminton und -tennis.<br />

Sie kennzeichnen sich vor allem durch einen star-<br />

ken negativen Radsturz, der die Wendigkeit des<br />

Stuhls erhöht, besondere Stabilität verleiht, sowie<br />

die Hände des Fahrers vor Quetschungen durch<br />

gegenerische Rollstühle schützt. Bei den Kontakt-<br />

sportaten Rugby und Basketball hält dieser Sturz<br />

zudem den Gegner auf Distanz, was sich positiv<br />

auf das Spiel auswirken kann.<br />

Parallele Hinterräder: schmal und platzsparend, gestürzte Hinterräder:<br />

Schutz der Hände bei Kollisionen, bessere Wendigkeit im Stand<br />

Zudem gibt es häufig Abweiserohre, die das Ver-<br />

keilen zweier Rollstühle verhindern. Das Kippen<br />

nach hinten wird durch das sogenannte ‚Antikipp‘,<br />

ein viertes, oder fünftes Rad an der Rückseite<br />

des Rollstuhls, verhindert. Der Rollstuhl kann so<br />

praktisch nicht umstürzen.<br />

An der Rückseite des Rollstuhls angebrachte Anti-Kipp-Rollen verhindern<br />

das Umfallen nach Hinten<br />

Bei Sportrollstühlen finden ca. 8 cm große, harte<br />

Vollgummivorder- und -stützräder Verwendung.<br />

Diese werden eingesetzt um die Reibung zum<br />

Hallenboden zu minimieren. Mittlerweile findet<br />

man diese Rollen auch bei Aktivrollstühlen im<br />

Alltagsbereich.<br />

Seite 31


PHASE 1 | Recherche - Problemdefinition - Ideenphase<br />

Seite 32<br />

Antriebsbewegung am Greifreifen<br />

Die richtige Sitzhöhe ist erreicht, wenn die ausge-<br />

streckten Hände die Radnabe berühren.<br />

Aufrecht sitzend sollte die Radnabe mit den Fingerspitzen erreicht<br />

werden können<br />

Aktivstühle werden weiter unterteilt in Faltrah-<br />

men- und Starrrahmenrollstühle, und in Aktiv-<br />

und Aktiv-/ Adpativrollstühle.<br />

• Faltrahmenrollstühle haben eine Kreuzver-<br />

strebung über den der Faltmechanismus fixiert<br />

wird. Allerdings gibt es immer ein gewisses Spiel<br />

im Rahmen. Sie haben ein mittleres Gewicht von<br />

~12kg<br />

Faltrahmenrollstuhl, Küschall Champion<br />

• Starrrahmenrollstühle werden geschätzt <strong>für</strong><br />

ihre Spurtreue und ihr sehr geringes Gewicht (bis<br />

zu 9kg). Der Rahmen (meist aus Aluminium,<br />

Karbon oder Titan) wird körperangepasst. Wei-<br />

tere Einstellugen sind dann nicht mehr möglich.<br />

Durch die Abnahme der Hinterräder, die meist<br />

durch Steckachsen befestigt sind, ist ein einfacher<br />

Transport im PKW möglich.<br />

Starrrahmenrollstuhl, Küschall R33


Die folgende Abbildung zeigt den Sportrollstuhl<br />

Profi3, der Frima Meyra, der <strong>für</strong> die genannten<br />

Sportarten eingesetzt werden kann. Mehr und<br />

mehr werden jedoch körperangepasste Starr-<br />

rahmenrollstühle verwendet, die speziell <strong>für</strong> die<br />

jeweillige Sportart konzipiert werden.<br />

Deshalb werden diese Spezialrollstühle noch<br />

einmal gesondert vorgestellt: • Basketballrollstühle haben äußerst robust<br />

Sportrollstuhl <strong>für</strong> vers. Sportarten, Meyra Profi3<br />

Basketballrollstuhl, Colours In Motion - Hammer<br />

gestaltete, vollverschweißte Aluminiumrahmen.<br />

Die Füße sind durch ein Abweiserohr geschützt,<br />

das auch vor Verkeilen mit anderen Rollstühlen<br />

schützt. Die Sitzfläche darf laut Reglement nicht<br />

höher als 53cm angebracht sein.<br />

Die Sitzhöhe darf beim Basketball maximal 53 cm betragen<br />

Rugbyrollstühle Offensiv und Defensiv, Schmicking Aggressiv<br />

• Rugbyrollstühle haben ähnlich den Basket-<br />

ballrollstühlen eine extrem stabile und vollver-<br />

schweißte Aluminiumkonstruktion aus hochfes-<br />

ten 7020 T6 Rohren. Das Gewicht liegt zwischen<br />

15.8 kg und 12.7 kg - je nach Größe und Ausstat-<br />

tung. Es gibt unterschiedliche Bauformen <strong>für</strong> die<br />

Anforderungen im Offensiv- oder Devensivspiel.<br />

Rugbyrollstuhl, GTM Zoltar<br />

Seite 33


PHASE 1 | Recherche - Problemdefinition - Ideenphase<br />

Seite 34<br />

• Tennisrollstuhl / Badmintonrollstuhl<br />

Tennis- und Badmintonrollstühle haben oft nur<br />

ein Stützrad vorne und ein Anti-Kipp-Rad hinten.<br />

Es gibt besondere Griffe an der Vorderseite der<br />

Sitzfläche, an denen der Rollstuhl bei schnellen<br />

Manövern herumgerissen wird.<br />

• Rennrollstuhl<br />

Der Rennrollstuhl ist <strong>für</strong> den Geradeauslauf auf<br />

Stadionstrecken ausgerichtet. Ein drittes Rad, das<br />

weit vor den Hinterrädern angebracht ist, kann<br />

mit einem Hebel verstellt werden. Ansonsten ist<br />

die Lenkeinstellung fix. Weiter zeichnet sich der<br />

Rennrollstuhl durch einen sehr kleinen Greifring<br />

aus. Anders als bei anderen Rollstühlen verbleibt<br />

hier die Hand dauerhaft am Ring. Die Sitzfläche<br />

ist stark nach hinten geneigt, die Rückenlehne<br />

zeigt etwas nach vorne. Der Fahrer ist so vor<br />

einem Herausrutschen geschützt. Die Beine sind<br />

in einer knienden Haltung unter der Sitzfläche in<br />

einer Textilbahn untergebracht.<br />

• Handbike<br />

Weniger Rollstuhl denn Fahrrad ist das Handbike,<br />

das es als Sitz-, Knie und Liegebike gibt. Es wird<br />

aber hier aufgeführt, da es mit den Armen ange-<br />

trieben wird. Es hat meist drei Räder, von denen<br />

das Vorderrad angetrieben wird und über eine<br />

45°-Lenkachse gelenk wird. Die Beine werden<br />

neben dem Vorderrad in Schlaufen oder Schalen<br />

gehalten. Eine nähere Handbikebeschreibung<br />

folgt auf kommenden Seiten.


Rollstuhl-<br />

entwürfe<br />

1 keine Angabe<br />

2 keine Angabe<br />

3 Rollstuhl vector, FH Aargau<br />

4 Upgrade<br />

5 Radfahren mit Elektrostimulation (FES cycling) www.nefo.med.<br />

uni-muenchen.de/<br />

6 Necumerstudie, www.necumer.de<br />

Auf dieser Seite sind sechs Designarbeiten<br />

von Designstudenten abgedruckt. Das <strong>Thema</strong><br />

Ratschenantrieb erscheint bei drei Entwürfen.<br />

Entwurf 1 zeigt einen vierrädrigen Rollstuhl als<br />

Pendent zum MTB. Entwurf 2 verwendet randge-<br />

lagerte Räder. Entwurf 3 löst den Greifreifen vom<br />

Rad und integriert eine Gangschaltung. Entwurf 4<br />

hat eine Funktion zum leichteren Passieren von<br />

Bordsteinkanten.<br />

Keine Angaben zu Entwurf 5 und 6.<br />

1 2 3<br />

4 5 6<br />

Seite 35


PHASE 1 | Recherche - Problemdefinition - Ideenphase<br />

Seite 36<br />

Fragebogen Nach der allgemeinen Recherche über Rollstuhl-<br />

und Behindertensportarten möchte ich nun mehr<br />

über die Rollstuhlsportler selbst erfahren.<br />

Ich besuche das Training der „Hot Rolling Bears“,<br />

der Essener Rollstuhlbasketballmannschaft.<br />

Das Team spielt derzeit in der Regionalliga und<br />

steht vor dem Aufstieg in die 2. Bundesliga. Bei<br />

zwei Besuchen der Mannschaft entstehen Fotos,<br />

Filmaufnahmen und Befragungen nach einem<br />

Fragebogen.<br />

Für die Fragebogenaktion wähle ich das Format<br />

der qualitativen Befragung. Anhand eines Fragen-<br />

katalogs wird mit den Probanden ein lockeres<br />

Gespräch geführt. Ziel der qualitativen Befragung<br />

ist es, das Spiel und die Spieler genauer kennen<br />

zu lernen, Anstöße <strong>für</strong> meine weitere Arbeit zu<br />

finden und Aspekte des Rollstuhlsports zu erfah-<br />

ren, die ich nicht bedacht hatte.<br />

Der Fragebogen ist unterteilt in allgemeine, säch-<br />

liche und persönliche Fragen, sowie in Fragen zu<br />

Design und Technologie. Ich möchte von den Roll-<br />

stuhlsportlern z.B. erfahren, auf welche Probleme<br />

man mit dem Rollstuhl im Alltag stößt; was es <strong>für</strong><br />

die Betroffenen persönlich bedeutet, im Rollstuhl<br />

zu sitzen; ob es Ausgrenzungen gibt, oder ob man<br />

sich in die Gesellschaft integriert fühlt; aus wel-<br />

chen Gründen die Befragten Sport treiben; wel-<br />

che Anfoderungen sie an einen Sport- oder auch<br />

Alltagsrollstuhl stellen; wie wichtig Design und<br />

bestimmte Marken im Rollstuhlbereich sind; und<br />

welche Wünsche und Anregungen sie <strong>für</strong> einen<br />

neuen Sportrollstuhl haben.<br />

Als Antworten bekomme ich folgendes zu hören:<br />

• Probleme im Alltag können sein: Bordsteine,<br />

Pflastersteine, Drehkreuze und zu enge Gänge im<br />

Supermarkt.


• Positiv am Rollstuhl finden die Befragten<br />

das Ermöglichen eines unabhängigen, eigen-<br />

ständigen Lebens, die Möbilität und sportlich<br />

aktiv sein zu können.<br />

• Die persönliche Bedeutung der Behinde-<br />

rung finden die Befragten als Normalität,<br />

einer der Befragten antwortet: „Ich misse<br />

nichts“.<br />

• Auf die Frage „Warum treiben Sie<br />

Sport?“ antwortet man: aus Spaß an der<br />

Bewegung, Fitness und um soziale Kon-<br />

takte zu pflegen.<br />

• Der Stellenwert des Rollstuhls wird<br />

als „so wichtig wie <strong>für</strong> Gehende die<br />

Beine“ bezeichnet.<br />

• Bei den Anforderungen an einen<br />

Rollstuhl wird genannt: Leichtigkeit<br />

und Leichtgängigkeit, Robustheit,<br />

Schutz, optimale Anpassung an den<br />

Körper, Wendigkeit, gute Bedienbar-<br />

keit und er soll klein und zusam-<br />

Qualitative Befragungen von Rollstuhlfahrern/Rollstuhlsportlern<br />

1. Name?<br />

2. Alter, Geschlecht?<br />

3. Beruf?<br />

4. Familienstand?<br />

5. Welcher Schul- / Studienabschluss?<br />

6. Art der Behinderung?<br />

Sächliche Fragen<br />

7. Welchen Rollstuhl / welche Rollstühle benutzen Sie (Marke, Produktname)?<br />

8. Gibt es Probleme mit Ihrem Rollstuhl, auf die Sie im Alltag stoßen?<br />

9. Was gibt es Positives über das Gerät zu bemerken?<br />

10. Welche Details dürfen nicht fehlen, oder müssten verbessert werden?<br />

11. Welche selbst durchgeführten Veränderungen haben Sie am Rollstuhl vorgenommen?<br />

Persönliche Fragen<br />

12. Was bedeutet es <strong>für</strong> Sie persönlich im Rollstuhl zu sitzen?<br />

13. Gibt es Ausgrenzungen oder fühlen Sie sich voll in die Gesellschaft integriert?<br />

14. Aus welchen Personen besteht Ihr Freundeskreis (mehr aus Fußgängern oder mehr aus<br />

Rollstuhlfahrern)?<br />

15. Warum treiben Sie Sport (z.B. aus Spaß an der Bewegung, aus gesundheitlichen Gründen, um<br />

Freunde zu treffen und mit Menschen in Kontakt zu kommen oder aus wettkämpf. Ehrgeiz, ...)?<br />

16. Welchen Stellenwert hat Ihr Rollstuhl <strong>für</strong> Sie (Statusobjekt lästiges Vehikel)?<br />

17. Welchen Stellenwert hat Sport <strong>für</strong> Sie (Therapiemaßnahe Lebensart)?<br />

18. Welche persönlichen, sportlichen oder beruflichen Ziele haben Sie?<br />

19. Wie gestalten Sie Ihre Freizeit?<br />

20. Was interessiert Sie besonders (Politik, Musik, Umwelt, Sport, ...)?<br />

Fragen zu Design und Technologie<br />

21. Welche Anforderungen stellen Sie an Ihren Rollstuhl?<br />

22. Wie wichtig ist <strong>für</strong> Sie gutes Styling am Rollstuhl (z.B. zeitgemäße Farben, besondere Speichen, ...)?<br />

23. Gibt es Trends in der Szene (ähnlich dem Autotuning, Lowriding)?<br />

24. Haben Sie Interesse an neuer Technologie im Rollstuhlbereich?<br />

25. Was wäre Ihr Traumrollstuhl (Marke und Produktname)?<br />

26. Wie wichtig sind bestimmte Marken im Rollstuhlsport?<br />

27. Was sind die Topmarken nach Ihrem Ermessen?<br />

28. Gibt es genügend Auswahl an Rollstühlen und Zubehör, so dass Sie sich Ihre Vorstellung eines<br />

Wunschrollstuhls erfüllen können?<br />

29. Mit welchen Konsumprodukten und Marken umgeben Sie sich ansonsten (Auto, Musikanlage,<br />

Kleidung, Computer, ...)?<br />

Abschließendes<br />

30. Haben Sie abschließend Wünsche und Anregungen <strong>für</strong> einen neuen Sportrollstuhl?<br />

menklappbar sein.<br />

Ich erfahre zudem, dass nicht<br />

alle Spieler des Vereins im Alltag<br />

auf einen Rollstuhl angewie-<br />

sen sind. Drei der Sportler sind<br />

Fußgänger, die den Sport durch<br />

rollstuhlfahrende Freunde oder<br />

Verwandte kennengelernt haben<br />

und sich seitdem da<strong>für</strong> begeistern.<br />

Einer der Basketballer hat vor einer<br />

Knieverletzung profesionell Handball<br />

gespielt und nutzt nun Rollstuhl-<br />

basketball dazu, weiter aktiv sein zu<br />

können.<br />

Seite 37


PHASE 1 | Recherche - Problemdefinition - Ideenphase<br />

Seite 38<br />

Projektfindung Nachdem ich die Themen Rollstuhl, Sportroll-<br />

stuhl, Behinderung, Ergonomie, etc. sorgfältig<br />

recherchiert habe, steht nun eine Entscheidung<br />

<strong>für</strong> das weitere Vorgehen an. Während der Re-<br />

cherche kamen mir diverse Ideen, wie man das<br />

Diplomthema fassen und bearbeiten könnte. Im<br />

folgenden sind fünf Ideen aufgeführt und stich-<br />

punktartig erläutert:<br />

1. Sportrollstuhl <strong>für</strong> verschiedene Sportarten<br />

· Ein Rollstuhl <strong>für</strong> die gängigen Rollstuhlsportar-<br />

ten Tennis, Badminton, Basketball und Rugby.<br />

· Ein konstruktives Element übernimmt die<br />

Basisaufgaben, Radaufnahmen und Sitzbefesti-<br />

gung.<br />

· Durch bestimmte Anbauelemente wird der<br />

Stuhl an die entsprechende Sportart angepasst.<br />

2. Aktiv-/ Adaptiv-Rollstuhl <strong>für</strong> die alltägliche Nut-<br />

zung<br />

· Alternativgestaltung <strong>für</strong> einen Starrrahmen-Ad-<br />

aptivrollstuhl.<br />

· Diverse Einstellungsoptionen werden berück-<br />

sichtigt und werden gestalterisch bearbeitet.<br />

· Technisch und ästhetisch anspruchsvoller Roll-<br />

stuhl - auch <strong>für</strong> die „Erstbestuhlung“.<br />

3. Handbike – Zweirad


· Transformierbarer Rollstuhl, der sich zum<br />

Handbike auf zwei Rädern umbauen lässt (bzw.<br />

umgekehrt).<br />

· Besonderheit: zwei statt drei Räder!<br />

· Vorteil: aufregenderes Kurvenfahren, mehr<br />

Fahrradcharakter, <strong>für</strong> Zweiradbegeisterte.<br />

· Antrieb: mit Hebelbetätigung und Kardanüber-<br />

tragung.<br />

· Lenkung: noch ungeklärt.<br />

4. Extreme Gravity – Seifenkisten<br />

· Sportart, die von Behinderten und Fußgängern<br />

betrieben werden kann.<br />

· Gemeinschaftliches Erleben von Geschwindig-<br />

keit.<br />

· Ereignishaft.<br />

5. Spezialrollstuhl <strong>für</strong> „Hardcore-Sitting“<br />

· Vorstellung und Vorantreiben einer neuen Fun-<br />

sportart.<br />

· Besondere Beanspruchung des Rollstuhls<br />

muss konstruktiv überdacht werden.<br />

Bewertung der Konzeptansätze<br />

zu 1. Mit einem Sportrollstuhl können die ver-<br />

schiedensten Sportarten ausgeübt werden. Dem<br />

Nutzer wird ein vielfältiges Sportangebot ermög-<br />

licht, ohne jeweils teuere <strong>Sportgerät</strong>e neu anzu-<br />

schaffen. Negativ ist zu sehen, dass das Gerät al-<br />

les kann, aber <strong>für</strong> keine Sportart 100%ig gestaltet<br />

ist, da Kompromisse gemacht werden müssen.<br />

zu 2. Die Aufgabe ist es, einen Rollstuhl zu gestal-<br />

ten, der sich von der marktüblichen Rohrbiege-<br />

ästhetik abhebt. Anpassungsmöglichkeiten eines<br />

Adaptivrollstuhls sollten auf alternativem Wege<br />

gestaltet werden. Hochwertigere oder innovative-<br />

re Materialien sollten entsprechend ihrer Eigen-<br />

schaften eingesetzt und gestaltet werden. Dem<br />

Diplomthema „<strong>Sportgerät</strong> <strong>für</strong> ...“ wird man dabei<br />

allerdings nur teilweise gerecht.<br />

zu 3. Ein Rollstuhl wird durch einfache Klappme-<br />

chanismen um das Feature ‚schnelles Fahren‘<br />

erweitert. Anders herum wird dem Handbike-<br />

Fahrer die Option geboten, sich nach sportlicher<br />

Betätigung wieder in geschlossenen Räumen<br />

wendig zu bewegen. Der Transformationsvorgang<br />

könnte technisch schwer umzusetzen sein. Dem<br />

Zweiradfahrer müssten Stützräder o.ä. zur Verfü-<br />

Seite 39


PHASE 1 | Recherche - Problemdefinition - Ideenphase<br />

Seite 40<br />

gung stehen, die nicht zusätzlich nach Behinde-<br />

rung aussehen dürfen.<br />

zu 4. Ein Produkt, das nicht ausschließlich <strong>für</strong><br />

Rollstuhlfahrer gemacht ist, nimmt ihm den<br />

Rehabilitationscharakter, den viele Rollstühle<br />

oder Behindertensportgeräte haben. Behinderte<br />

und Nichtbehinderte können sich sportlich mit-<br />

einander messen, ohne dass es <strong>für</strong> einen der<br />

beiden ein Handicap gibt. Negativ sehe ich, dass<br />

das Gerät nicht wirklich als Trainingsgerät taugt,<br />

weil statt Muskelkraft die Schwerkraft als Antrieb<br />

verwendet wird.<br />

zu 5. Die verblüffende Artistik des jungen Ame-<br />

rikaners, der seine Sportart ‚Hardcore Sitting‘<br />

nennt, zeigt, dass man als Behinderter hervor-<br />

ragende Leistung bringen kann und nicht hinter<br />

Nichtbehinderten anstehen muss. Diese Fun-<br />

sportart mit einem neuen <strong>Sportgerät</strong> voran zu<br />

treiben und <strong>für</strong> eine größere Nutzergruppe at-<br />

traktiv zu machen, ist eine interessante Aufgabe.<br />

Das Produkt wird großen Kräften ausgesetzt. Es<br />

ist eine geeignete Materialwahl zu treffen und die<br />

Konstruktion muss ausreichend stabil ausgelegt<br />

sein.<br />

Entscheidung <strong>für</strong> ein Konzept<br />

Konzept eins und zwei sind <strong>für</strong> mich nicht aus-<br />

reichend interessant. Im Bereich der Basketball-,<br />

Rugby- und Tennisrollstühle wird vor allem auf<br />

maßangefertigte Aluminiumstarrrahmenkons-<br />

truktionen gesetzt, die weitestgehend von kleine-<br />

ren Firmen hergestellt werden. Im Gespräch mit<br />

Rollstuhlbasketballspielern zeigten sich diese als<br />

sehr zufrieden mit ihren Rollstühlen und sahen<br />

keinen Bedarf <strong>für</strong> Alternativprodukte.<br />

Beispiele <strong>für</strong> alternativ gestaltete Alltagsrollstüh-<br />

le gibt es viele. Die führenden Hersteller zeigen<br />

allerdings keinen großen Willen, ausgefallene<br />

Entwürfe umzustetzen. Ich sehe daher zu wenig<br />

Perspektive <strong>für</strong> ein solches Konzept.<br />

Konzept vier ist <strong>für</strong> mich, wie bereits erwähnt, zu<br />

wenig <strong>Sportgerät</strong> und trifft auch nicht vollständig<br />

mein Diplomthema. Die Zielgruppe der <strong>körperlich</strong><br />

<strong>eingeschränkte</strong>n Menschen wird nicht explizit<br />

angesprochen.<br />

Den Rollstuhl <strong>für</strong> die neue Funsportart ‚Hardcore<br />

Sitting‘ finde ich sehr spannend. Vor allem, weil<br />

hier relatives Neuland betreten werden kann. Es<br />

zeigt sich bei dieser Sportart, dass in der Umge-<br />

bung von Skateboards, BMX-Rädern und Inlinern<br />

ein Gerät mit Rädern gut aufgehoben ist und nicht<br />

als Ersatz <strong>für</strong> die Beine herüberkommt.<br />

Ich entscheide mich jedoch schließlich <strong>für</strong> das<br />

Konzept drei, <strong>für</strong> den Hybrid aus Rollstuhl und<br />

Handbike. Das Konzept könnte, meiner Meinung<br />

nach, eine echte Lebensverbesserung <strong>für</strong> einen<br />

Betroffenen darstellen, weil sich dadurch seine<br />

Mobilität, gerade auf mittleren Distanzen, steigern<br />

ließe. Das Handbike würde hier, neben der sport-<br />

lichen Komponente, eine echte Transportfunktion<br />

dazu bekommen.


PHASE 2 | Konzeption / Gestaltung<br />

Konzept-<br />

beschreibung<br />

Im folgenden soll die favorisierte Idee näher vor-<br />

gestellt werden:<br />

Der essenzielle Gedanke des Konzeptes ist es, die<br />

Mobilität von Rollstuhlfahrern zu steigern, indem<br />

sich der Rollstuhl mit geringem Aufwand zum<br />

Handbike umbauen lässt.<br />

Mittlere Distanzen bis zu 40 km sollen so sport-<br />

lich und schnell überwunden werden, ohne ein<br />

Kraftfahrzeug oder den öffentlichen Nahverkehr<br />

nutzen zu müssen. Nach der sportlichen Betä-<br />

tigung soll sich der Fahrer wieder flexibel und<br />

wendig mit seinem Rollstuhl in geschlossenen<br />

oder engeren Räumen aufhalten können. Der<br />

Weg zur Arbeitsstelle oder ein Ausflug zu einem<br />

Restaurant o.ä. sollen nicht vor der Eingangstür<br />

beendet werden.<br />

Als Lösung <strong>für</strong> dieses Problem ist das sogenann-<br />

te Adaptivhandbike am naheliegendsten. Bei<br />

diesem Gerät wird an einen normalen Alltagsroll-<br />

stuhl mit einem Adapter ein einrädriges Handan-<br />

triebsmodul vorgespannt. Durch das Vorspannen<br />

sieht dieses Produkt jedoch nach einer Behelfs-<br />

lösung aus, die zudem nicht sonderlich sportlich<br />

erscheint, da nicht - wie beim wirklichen Handbi-<br />

ke - liegend gefahren wird, sondern in normaler<br />

Sitzhöhe des Rollstuhls.<br />

Die erste Idee ist nun, den Rollstuhl mit wenigen<br />

Hangriffen so umzubauen, dass daraus ein zwei-<br />

rädriges Liegehandbike entsteht. Das zweirädrige<br />

Fahren soll das Kurvenerlebnis eines Fahrrades<br />

zurück bringen und den Rollstuhlfahrer auf die<br />

gleiche Stufe eines gehfähigen Liegerradfahrers<br />

stellen.<br />

Geeignete Klappmechanismen, Antriebs- und<br />

Lenkarten, sowie Materialien und Formgebungen<br />

müssen <strong>für</strong> dieses Ziel gefunden werden.<br />

Vor dieser Aufgabe soll auf den folgenden Seiten<br />

aber zunächst eine definiertere Handbikerecher-<br />

che, Personabeschreibung und Marktanalyse<br />

gemacht werden.<br />

Seite 41


PHASE 2 | Konzeption / Gestaltung<br />

Seite 42<br />

Handbikes<br />

Farfers Kunstwagen, 17. Jahrhundert<br />

Das Handbike ist ein Fortbewegungsmittel, bei<br />

dem durch Kurbeln mit den Armen die Kraft über<br />

Kette, Riemen oder Kardan auf das Antriebsrad<br />

übertragen wird. Es gibt zwei-, drei- und vier-<br />

rädrige Bikes, wobei die zwei- und vierrädrigen<br />

derzeit kaum Verbreitung finden und darum hier<br />

nicht weiter beschrieben werden. Bei den drei-<br />

rädrigen gibt es Adaptivbikes sowie Renn- und<br />

Tourenbikes. Mit den Renn- und Tourenbikes<br />

lassen sich höhere Geschwindigkeiten bei gleich-<br />

zeitig besserer Straßenlage erzielen. Man unter-<br />

scheidet hier zwischen Knie-, Sitz- und Liegebi-<br />

kes.<br />

Die Welle des Handbikens schwappte Anfang<br />

der neunziger Jahre von Amerika nach Europa<br />

herüber. Die Verbreitung geht rasant vorwärts.<br />

Handbiken bietet behinderten Menschen ein<br />

hohes Maß an Mobilität und die Möglichkeit, mit<br />

der Familie und Freunden gemeinsam die Freizeit<br />

zu gestalten. Mittlerweile gibt es eine Reihe von<br />

Handbikerennen und Rennserien, bei denen jeder<br />

sportlich ambitionierte Fahrer teilnehmen kann.<br />

Erfreulicherweise kann beobachtet werden, dass<br />

sich immer mehr `Fußgänger` in die Handbike-<br />

szene integrieren.<br />

Adaptivbike<br />

Das Adaptivbike wird vor einen vorhandenen Roll-<br />

stuhl montiert. Zumeist geschieht das mit einer<br />

einfach zu bedienenden Ankoppelvorrichtung.<br />

Dieses hat den Vorteil, dass man es schnell wie-<br />

der abkuppeln kann und seinen Rollstuhl immer<br />

dabei hat.<br />

Adaptivbike, Praschberger Challenger


Sitzposition beim Kniebike fahren Sitzpositionen beim Sitzbike fahren Sitzposition beim Liegebike fahren<br />

Kniebike<br />

Im Kniebike sitzt man in einer hockenden Posi-<br />

tion. Es wird aufgrund des erschwerten Ein- und<br />

Aussteigens selten von Querschnittsgelähmten<br />

benutzt. Dieses Bike wird meistens von Unter-<br />

schenkelamputierten und Fußgängern benutzt.<br />

Der Vorteil der Sitzposition ist, dass eine sehr<br />

gute Krafftübertragung, durch das Einbringen des<br />

nach vorn geneigten Oberkörpers, gewährleistet<br />

ist. Die Arm- und Oberkörpermuskulatur wird<br />

trainiert.<br />

Kniebike, Hurricanside<br />

Sitzbike<br />

Im Sitzbike sitzt man in aufrechter Position, wobei<br />

die Beine nach vorn ausgestreckt sind. Das Ein-<br />

und Aussteigen ist recht einfach. Beim Sitzbike<br />

kann ebenfalls die Arm- und Oberkörpermusku-<br />

latur trainiert werden. Zudem erreicht man hohe<br />

Geschwindigkeiten.<br />

Sitzbike, Freedomryder<br />

Liegebike<br />

Im Liegebike nimmt man, wie der Name es schon<br />

sagt, eine mehr oder weniger liegende Position<br />

ein. Das Ein- und Aussteigen ist genauso unpro-<br />

blematisch wie beim Sitzbike. Die Kraftentfaltung<br />

kommt hier fast ausschließlich aus der Arm- und<br />

Schultermuskulatur. Der große Vorteil dieser<br />

liegenden Position ist die Aerodynamik.<br />

Quelle: http://www.handbikesport.de/<br />

Liegerad, Sopur<br />

Seite 43


PHASE 2 | Konzeption / Gestaltung<br />

Seite 44<br />

Wissenschaftliche<br />

Studien zum<br />

<strong>Thema</strong> Handbike<br />

Abb.: Versuchsaufbau mit Probandin im Ergometer<br />

Bei der Suche nach sportwissenschaftlichen Stu-<br />

dien zum <strong>Thema</strong> Handbike, stoße ich auf überra-<br />

schend viele Arbeiten. Zwei <strong>für</strong> mich interessante<br />

Studien finde ich an der Sporthochschule Köln<br />

und an der TU München. Diese zwei Veröffentli-<br />

chungen werden im Folgenden gekürzt vorge-<br />

stellt:<br />

Zum einen die Arbeit ‚Optimization of the<br />

Handbike‘s Drive Concept | Experimental Ap-<br />

proach‘ von Krämer, Klöpfer, Senner und Peters<br />

an der TU München.<br />

Bei dieser Untersuchung geht es darum, zu über-<br />

prüfen, ob die verschieden Antriebsarten beim<br />

normalen Rennrad fahren und beim Rudern mit<br />

der Antriebsart des Handbike fahrens zu verglei-<br />

chen sind. Außerdem soll eine alternative Peda-<br />

liermethode entwickelt werden, um das Fahrkon-<br />

zept beim Handbiken zu verbessern.<br />

Zusammengefasst besagt die Studie, dass die<br />

effektivste Form der Kraftübertragung ‚push &<br />

pull‘ ist, im Vergleich zur Auf- und Abbewegung,<br />

sowie einer seitwärts nach außen gerichteten<br />

Bewegung der Arme.<br />

Desweiteren gibt die Studie Aufschluss über die<br />

subjektiv und objektiv ausgeübte Kraftwirkung<br />

auf die Handkurbel. Hier wird zwar die elliptische<br />

vorwärts-rückwärts-Bewegung als am kraftvolls-<br />

ten angesehen, die objektiven Messergebnisse<br />

belegen jedoch, dass eine kreisrunde Bewegung<br />

die höchste Kraftübertragung mit sich führt.<br />

Zudem wird der Versuch angestellt, ob abgewin-<br />

kelte Handkurbeln eine größere Effizienz bieten.<br />

Testaufbauten legen offen, dass rund 70 % der<br />

Probanden eine Verbesserung in der Abwinke-<br />

lung sehen, solche Handkurbeln tatsächlich nur<br />

<strong>für</strong> knapp 40% eine wirkliche Verbesserung dar-<br />

stellen.<br />

Verwertbare Rückschlüsse der drei Untersu-<br />

chungsergebnisse der Münchener Studie:<br />

1. ‚push & pull‘<br />

2. kreisrundes Kurbeln<br />

3. abgewinkelte Handkurbeln


Die Deutsche Sporthochschule Köln veröffent-<br />

licht eine Studie mit dem <strong>Thema</strong> ‚Vergleichende<br />

Untersuchungen ergometrischer Verfahren im<br />

Handbiken unter besonderer Berücksichtigung<br />

ausgewählter hormoneller und immunologischer<br />

Parameter‘ von <strong>Thomas</strong> Abel und Petra Platen.<br />

Besonderes Augenmerk dieser Studie wird auf<br />

die Anordnung der beiden Handkurbeln gelegt,<br />

die sowohl synchron als auch asynchron, sprich<br />

um 180° versetzt, angeordnet sein können. Die<br />

von den Sportlern fast ausschließlich benutzte<br />

synchrone Kurbelanordnung bietet große Vorteile<br />

in der Lenkung. Da es in der Literatur verschie-<br />

dene Aussagen zur Wirkungseffizienz der beiden<br />

Kurbelpositionen gibt, sollen in der Studie weitere<br />

Ergebnisse ermittelt werden.<br />

Alle Handbiker, die an der Untersuchung teil-<br />

nahmen, absolvierten zwei stufenförmige Belas-<br />

tungstests bis zur Erschöpfung im eigenen Hand-<br />

bike. Ein Ergebnis ist, dass die Belastung bei der<br />

asynchronen Kurbelanbringung rund 15 Watt<br />

höher ist als bei der synchronen ( 100,6 ± 44,5 zu<br />

84,4 ± 35,6 ). Dies kann jedoch durch den bereits<br />

bestehenden Trainingsgrad der Probanden erklärt<br />

werden, die üblicherweise mit einer synchronen<br />

Anordnung firm sind.<br />

„Die asynchrone Zugführung führt bei hoher<br />

Läsion in Verbindung mit einer verringerten<br />

Innervationsmöglichkeit der Rumpfmuskulatur<br />

unter Belastung zu unerwünschten Bewegungen<br />

im Bereich des Oberkörpers, denen durch Mus-<br />

kelkontraktionen im Bereich der Arme entge-<br />

gengewirkt werden muss. Diese Mehrbelastung<br />

der Arme führt unter Umständen zu einer verrin-<br />

gerten maximalen Leistungsfähigkeit.“ (Quelle s.<br />

links)<br />

Bei der Herzfrequenzmessung lässt sich beob-<br />

achten, dass kein signifikanter Unterschied im 30<br />

bis 60 Watt-Bereich zu sehen ist. Erst bei einer<br />

Kraftaufbringung von 90 Watt steigt die Pulsfre-<br />

quenz bei Verwendung eines Wechselzuges im<br />

Vergleich zum Gleichzug (s.u. Abb.). Hierzu muss<br />

gesagt sein, dass lediglich ein Drittel der Proban-<br />

den diesen Leistungsgrad von 90 Watt erreichten.<br />

Abb.: Vergleich der Herzfrequenzen (S/min) bei definierter Leistung von<br />

30, 60 und 90 Watt im Gleich- und Wechselzugtest<br />

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PHASE 2 | Konzeption / Gestaltung<br />

Seite 46<br />

Persona<br />

Als Dorothee Vieth im Krankenhaus erwachte,<br />

dachte sie zuerst an ihre Hände. An das wichtigs-<br />

te Werkzeug einer Geigenlehrerin. Sie ließen sich<br />

bewegen, zum Glück. Die Hamburgerin war mit<br />

einem Motorroller unterwegs gewesen. Eine Au-<br />

tofahrerin hatte sie beim Rechtsabbiegen überse-<br />

hen, danach kam es zur Kollision.<br />

Fast fünf Jahre ist der Unfall mittlerweile her. Wie<br />

er ihr Leben verändern würde, wie schwerwie-<br />

gend die Verletzungen waren, realisierte Vieth<br />

damals noch nicht. Lange Zeit glaubte sie, trotz<br />

kaputten Beckens und Teillähmung in Bein und<br />

Gesäß, irgendwann wieder laufen zu können.<br />

Trotz Rehabilitationsmaßnahem ist sie ihre Geh-<br />

hilfen noch bis heute nicht losgeworden. „Be-<br />

schwerdefrei bewege ich mich auch damit nur<br />

vom Haus bis zum Auto“, sagt die 46-Jährige.<br />

Längere Strecken legt sie im Rollstuhl zurück.<br />

Oder mit ihrem <strong>Sportgerät</strong>, dem Handbike.<br />

Im vergangenen Jahr wurde sie in dieser Haltung<br />

in der Schweiz WM-Dritte im Einzelzeitfahren, Ein


weiteres Mal fuhr sie bei der Europameisterschaft<br />

in Tschechien in die Medaillenränge ...<br />

Dabei ist es nicht lange her, dass Vieth mit dem<br />

Handbikesport nichts zu tun haben wollte. „Ich<br />

dachte einfach, dass ich das nicht brauche“,<br />

erzählt die frühere Volleyball- und Tennispielerin,<br />

die ihre neue Disziplin erst seit eineinhalb Jah-<br />

ren intensiv betreibt. Lebensgefährtin Christiane<br />

Weinert (40), die als Lehrerin an einer Schule <strong>für</strong><br />

Körperbehinderte arbeitet, hatte sie zum Fahren<br />

überredet. Überzeugungsarbeit, die Vieth mit über<br />

40 zum Hochleistungssport bringen sollte. „Im<br />

Behindertensport ist der Nachwuchs eben nicht<br />

immer jung“, meint die Athletin vom RSC Ham-<br />

burg.<br />

Neben dem Geigenunterricht und eigenen Auftrit-<br />

ten versucht sie bis zu sechsmal in der Woche zu<br />

trainieren. Das erklärte Ziel sind die Paralympics<br />

2008 in Peking.<br />

(Quelle: Hamburger Abendblatt)<br />

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PHASE 2 | Konzeption / Gestaltung<br />

Seite 48<br />

Harmonieskala<br />

Um die Gestalt eines Produktes sichtbar zu ma-<br />

chen, spielen funktionelle, sowie formale Indika-<br />

toren eine wegweisende Rolle.<br />

In der nebenstehenden Ansicht sind auf der verti-<br />

kalen Achse funktionelle Indikatoren dargestellt,<br />

formale Indikatoren finden sich auf der horizon-<br />

talen Achse. Die durchschneidene Diagonale wird<br />

als Balanceachse bestimmt. Hierauf wurden ex-<br />

emplarisch einige Handbikes nach den entspre-<br />

chenden Indikatoren eingereiht. Produkte, die im<br />

Bereich über der Balanceachse anzusiedeln sind<br />

folgen eher dem Leitsatz „form follows function“,<br />

wohingegen der Bereich unter der Diagonalen<br />

zum Ausdruck „form follows emotion“ tendiert.<br />

Das Tandem ist sehr Struktur-orientiert. Gerad-<br />

linige Formen und viele kleingliedrige Details<br />

lassen das Fahrrad technisch wirken.<br />

Das Adaptivhandbike ist sehr auf den Nutzen<br />

der Umbaubarkeit eingestellt. Zudem wird der<br />

Herstellungsnutzen in der Form untergebracht.<br />

Die gebogenen Rohre am Fahrzeug haben eine<br />

geometrische Wirkung.<br />

Das folgende Handbike hat das Feature ‚Seiten-<br />

neigetechnik‘ inne. Diese innovative Technik soll<br />

durch die dreispeichigen Karbonfelgen unterstri-<br />

chen werden. Sie sind an diesem Produkt dekora-<br />

tives Element.<br />

Das Handbike Sopur Shark sticht dadurch hervor,<br />

dass keine üblichen Rohrkonstruktionen ver-<br />

wendet werden. Statt dessen wird mit speziellen<br />

Profilen gearbeitet, die in großen Radien gebogen<br />

sind. Form, Farbe und Produktgrafik lassen das<br />

Rad Produkt-orientiert und soft erscheinen.<br />

Das zweirädrige Handbike mit der Kunststoffver-<br />

kleidung ist sehr Form-orientiert. Rückenlehne,<br />

Sitz und Beinauflage sind amorph zu einem Teil<br />

verbunden.<br />

Mein Handbikeentwurf soll sich zwischen den<br />

Punkten Feature- und Nutzen-orientiert aufhal-<br />

ten. Formal soll die Gestaltung eher soft ausfal-<br />

len. Allerdings soll mit technischen Details dieser<br />

Begriff kontrastiert werden werden.


Funktionelle Indikatoren<br />

der Gestaltung:<br />

Struktur-orientiert<br />

Nutzen-orientiert<br />

Feature-orientiert<br />

Produkt-orientiert<br />

Form-orientiert<br />

rational<br />

funktional<br />

„form follows function“<br />

amorph<br />

soft<br />

dekorativ<br />

geometrisch<br />

„form folows emotion“<br />

technisch<br />

Balance-Achse<br />

emotional<br />

formal<br />

Formale Indikatoren<br />

der Gestaltung:<br />

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PHASE 2 | Konzeption / Gestaltung<br />

Seite 50<br />

Geschmacks-<br />

matrix<br />

Auf eine Sammlung von handangetriebenen<br />

Fahrzeugen treffe ich auf der Website http://www.<br />

handbike.de. Zu finden sind Adaptiv-Handbikes,<br />

Knie-, Sitz- und Liegehandbikes, Schneemobile<br />

und Berghandbikes. Es gibt Fahrzeuge mit zwei<br />

und drei Rädern, Raupenketten und welche, die<br />

bäuchlings oder zu zweit gefahren werden.<br />

Um diese Produkte miteinander vergleichen zu<br />

können, füge ich sie in eine so genannte Ge-<br />

schmacksmatrix ein. Mit einer solchen Matrix<br />

kann man die verschiedenen Stilformen eines<br />

Produktes zueinander in Relation bringen und<br />

Stilrichtungen anhand von relativen Messskalen<br />

umschreiben. Diese Zuordnung ist allerdings<br />

stets relativ und durch das eigene Stilempfinden<br />

des Zuordners eingefärbt. Eine Einordnung er-<br />

möglicht die begriffliche Näherung an die Gestal-<br />

tung, sprich, man kann mit Hilfe der Plazierung<br />

eine Designsprache entwickeln.<br />

Sortiert wird hier nach den Begriffen bekannt/<br />

traditionell und anders/extrem, die auf der Kul-<br />

turachse liegen, sowie nach neu/innovativ/teuer<br />

und alt/altmodisch/billig, die sich auf der Zeit-/<br />

Wertachse gegenüberliegen. Eingeordnet wer-<br />

den die Fahrzeuge im Hinblick auf gestalterische<br />

Attribute und nach ihrem Innovationsgrad. So<br />

wird das Schneemobil von seiner Funktion her<br />

<strong>für</strong> recht innovativ erachtet, gleichzeitig ist es<br />

doch von der Machart eher mit bekannten Mitteln<br />

gestaltet bzw. gehört in die Rubrik ‚Bastlerarbeit‘.<br />

Das Tandem, mit seinem hohen Innovationsgrad,<br />

ist jedoch von der Gestaltung her einer eher klas-<br />

sischen Art, Fahrräder zu entwerfen, zuzuodnen.<br />

Allgemein ist über die Einordnung der Handbikes<br />

zu sagen, dass sich die große Masse im diagona-<br />

len Mittelfeld der Matrix aufhält.<br />

Ich möchte versuchen mit meinem Entwurf in<br />

Richtung neu/innovativ und anders/extrem zu<br />

treffen. (siehe Fadenkreuz). Das Fahrzeug wird<br />

nicht nur beim Sport benutzt, sondern dient auch<br />

als Alltagsrollstuhl. Deshalb möchte ich den Ent-<br />

wurf nicht zu weit in Richtung extrem setzen.


ekannt / traditionell<br />

alt / altmodisch / billig<br />

Zeit- / Wert-Achse<br />

neu / innovativ / teuer<br />

Kultur-Achse<br />

anders / extrem<br />

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PHASE 2 | Konzeption / Gestaltung<br />

Seite 52<br />

Form-<br />

entwicklung<br />

Ausgehend von einem Zweiradhandbike begin-<br />

ne ich schnell Form- und Funktionsvarianten zu<br />

skizzieren. Die Transformierbarkeit steht dabei<br />

immer im Blickfeld. Schnell wird klar, dass ein<br />

Zweirad unpassend <strong>für</strong> meine Zwecke ist. Zum<br />

einen kann auf keinen Fall auf Stützräder verzich-<br />

tet werden, weil bei geringen Geschwindigkeiten<br />

die Balance nicht gehalten werden kann. So wird<br />

das Gerät immer auch ein Vierrad bleiben. Zum<br />

anderen bietet eine solche Konstruktion nicht<br />

genügend Kippsicherheit beim Umbau. Bei den<br />

ersten Überlegungen wird ausserdem klar, dass<br />

der Nutzer sein Fahrzeug nicht eigenständig<br />

verlassen kann. Der Aufbau muss deshalb so ge-<br />

staltet sein, dass er während der Umbausituation<br />

sitzen bleiben kann und sich eigenständig in die<br />

andere Position bewegen kann.


Die Skizzenphase wird unterstützt durch primitive<br />

Funktionsmodelle in einem kleinen Maßstab und<br />

dienen als Stütze bei weiteren Überlegungen.<br />

Durch eine maßstabsgetreue Ergopuppe wird der<br />

proportionale Bezug zum Benutzer dargestellt.<br />

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Seite 54<br />

Zeichnungen<br />

An Prinzipzeichnungen soll grob eine Hauptlini-<br />

enführung entwickelt werden. Mit Überlagen auf<br />

einem Elipsenausdruck werden perspektivische<br />

Ansichten gezeichnet.<br />

Im nächsten Schritt werden Proportionen und<br />

Abstände im Maßstab 1:1 ausprobiert und mit<br />

einem Taperendering, ebenfalls im M 1:1 an eine<br />

Wand geklebt.


Kugelschreiberskizzen des finalen Entwurfs<br />

werden mit dem Programm Photoshop schnell<br />

coloriert.<br />

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Seite 56<br />

Vormodell I Auf Basis des Tape-Renderings fertige ich ein<br />

Funktionsvormodell aus Pressspanplatte an.<br />

Einfach, preiswert und schnell kann so die Klapp-<br />

funktion des Rollstuhls / Handbikes überprüft<br />

werden. Der Sitz kann an der gebogenen Schrä-<br />

ge des Rahmens herunter rutschen und bleibt<br />

dabei ungefähr horizontal ausgerichtet. Die Lehne<br />

klappt automatisch auf das Doppelte seiner Länge<br />

auf, weil ein gebogener Stab das obere Teil in<br />

Position hält. Die Schwierigkeit, das Vorderrad<br />

mit samt der Bügel <strong>für</strong> die Beinaufhängung unter<br />

dem Sitz zu verstauen und wieder hervor zu ho-<br />

len ist durch eine abklappbare Gabel gelöst. Unter<br />

dem Sitz wird das Rad einfach an einem Haken<br />

aufgehängt und schräg befestigt, damit es bei der<br />

Benutzung als Rollstuhl nicht mitläuft.<br />

Auf den Bildschirmaufnahmen sind paralelle<br />

Schritte im Computerprogramm SolidWorks


dargestellt. Dieses parametrische System erlaubt<br />

es, Bewegungen und Kolisionen am Bildschirm<br />

zu überprüfen und Änderungen von Maßen und<br />

Winkeln schnell umzusetzen.<br />

Zu sehen sind erste Überlegungen, bei denen der<br />

Lenk- und Klappmechanismus mit einem Ku-<br />

gelkopf gelöst werden soll. Beim Bild rechts wird<br />

bereits versucht, sich von einer Rohrbiegeästhe-<br />

tik zu lösen.<br />

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Seite 58<br />

Vormodell II Nachdem der Funktionsablauf in etwa geklärt ist,<br />

geht es nun an die Gestaltung. Ich beschließe die<br />

Form mit Modellbauton (Clay) zu modellieren. Da-<br />

<strong>für</strong> wird eine Unterkonstruktion benötigt, auf die<br />

der Ton aufgetragen werden kann. Weil das Mo-<br />

dell beweglich bleiben soll und diverse Abstände<br />

und Proportionen noch nicht geklärt sind, stellt<br />

sich die Herstellung der Schweißunterkonstruk-<br />

tion als nicht so leicht heraus. Die Funktion des<br />

Klappmechanismus‘ wird während des Arbeitens<br />

verfeinert und <strong>für</strong> die bisher ungelöste Proble-<br />

matik mit der beweglichen Lenkachse, wird eine<br />

Lösung gefunden. Die Metallkonstruktion ist wes-<br />

tenlich stabiler als das Holzmodell, so dass die<br />

Bewegung flüssig ausprobiert werden und man<br />

sich mit einer Unterlage darauf setzen kann. Auf<br />

die verschweißten Stahlstäbe wird PU-Schaum<br />

aufgetragen, damit das Material Clay festen Halt<br />

findet. Wie sich herausstellt ist aber wesentlich<br />

weniger Schaum nötig als gedacht. Auf den vier


Bildern rechts ist der Funktionsablauf mit zwei<br />

handelsüblichen 24“-Rollstuhlrädern, Inlinerollen<br />

und einem 20“-Rad eines Klapprades dargestellt.<br />

Zusätzlich wird der Sitz bereits mit einem texti-<br />

len Material fotografiert. Noch nicht vorhanden<br />

ist das Antriebsmodul, das ebenfalls verstaut<br />

werden muss. Ich entscheide mich deshalb <strong>für</strong><br />

eine längenverstellbare Kardanübertragung, die<br />

sauber und klein verpackt werden kann.<br />

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Seite 60<br />

Claymodelling<br />

Nach einem ungefähren Formkonzept wird<br />

warmer Clay (bei ca. 50° lässt sich das Mate-<br />

rial leicht mit der Hand kneten) auf den Stahl-<br />

Schaum-Träger aufgetragen. Nach dem Erkal-<br />

ten ist das Material fest und und lässt sich mit<br />

Spezialwerkzeug in Form bringen. Verwendung<br />

finden Abziehklingen und kammartige Kratzer.<br />

Mit dünnem Klebeband werden Kanten abge-<br />

klebt. Entsprechen der Linienverläufe wird der<br />

Körper geformt. Teilweise funktionieren vorher<br />

überlegte Flächen am Objekt nicht, beim Arbeits-<br />

prozess ergeben sich jedoch neue Formen, die<br />

interessant erscheinen und Umsetzung finden.<br />

Das Arbeiten mit Clay verläuft sehr intuitiv. For-<br />

men können sehr schnell erfahrbar gemacht<br />

werden und bieten gegenüber dem CAD-Modeller<br />

den Vorteil, Dimensionen richtig einschätzen zu<br />

können.<br />

Der Rollstuhl ist <strong>für</strong> seine Benutzer „so wichtig<br />

wie seine Beine“ - so lautete eine Antwort der Be-


fragten. Ich entscheide mich deshalb dazu, dem<br />

Basiselement, das von seiner Funktion her dem<br />

Prinzip einer Klammer entspricht, einen mus-<br />

kulösen und beinartigen Charakter zu verleihen.<br />

Als Analogie verwende ich daher den menschli-<br />

chen Körper. Mit Bildern von Body Buildern und<br />

anatomischen Darstellungen versuche ich die<br />

Gestaltprinzipien des Körpers zu verstehen. Die<br />

Vorlagen können nicht 1:1 in der Formenspra-<br />

che umgesetzt werden. Beispielsweise wirkt der<br />

Körper des Bodybuilders übertrieben und schwer.<br />

Jedoch ergibt sich hier ein definiertes Linienspiel<br />

das als Anregung dienen kann.<br />

Nach einigen Ent- und Verwürfen entsteht<br />

schließlich - durch Betonung spitzer Kanten -<br />

eine technisch wirkende Form, die durch das He-<br />

rauswölben von weichen Volumen muskulös und<br />

kraftvoll wirkt. Im hinteren Teil des Bogens erge-<br />

ben sich abgerundete Trapeze. Sie unterstreichen<br />

das klammerartige des Teils und stellen eine<br />

Volumenanhäufung an den am meisten belaste-<br />

ten Stellen dar. Kontrastiert wird das freiförmige<br />

Klammerelement durch geometrische Ovalprofi-<br />

le, die am vorderen Teil der Basis angebracht sind<br />

und als bewegliche Brücke dienen.<br />

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Seite 62<br />

3D-Scanning<br />

& CAD-Modelling<br />

In den Räumen der Firma Tagoon Engineering<br />

in Weeze habe ich die Möglichkeit, einzelne Teile<br />

meiner Konstruktion mit einem 3D-Laserscanner<br />

zu digitalisieren. Die gescannten Flächen lie-<br />

gen nach dem Scannen als Polygonnetz vor und<br />

können mit dem ‚FreeForm Modelling System‘<br />

intuitiv weiterverarbeitet werden. Das Eingabege-<br />

rät ‚Phantom‘ gibt dabei haptische Rückkopplung.<br />

Unsaubere Stellen im digitalen Modell können<br />

damit schnell geglättet werden, Hälften können


gespiegelt und Änderungen können schnell aus-<br />

probiert werden.<br />

Nach dem Scannen ist das Modell allerdings noch<br />

nicht fertig; es folgt der Schritt des Reenginee-<br />

rings. Damit die Flächen einen sauberen Licht-<br />

lauf haben wird der Körper im Flächenmodeller<br />

Rhinoceros nachgebaut. Das Scannmodell dient<br />

dabei als Vorlage, von dem Linien und Spanten<br />

abgenommen werden können. In diesem System<br />

lässt sich das Objekt genauer und geometrisch<br />

korrekt aufbauen. Nach wie vor fließen gestalteri-<br />

sche Änderungen in die Arbeit mit ein. Mehr und<br />

mehr Einzelteile entstehen im digitalen Raum.<br />

Dem Basiselement werden die Brücke aus Oval-<br />

profilen, Räder, Stützräder, die Vorderradgabel,<br />

der Antrieb, u.v.m zugefügt.<br />

Im Programm SolidWorks können die einzelnen<br />

Teile importiert werden und auf Kollision hin<br />

überprüft werden. Die Wirkung der nun fertig<br />

gestalteten Teile zueinander in ihrer Bewegung<br />

kann in der Virtualität erfahrbar gemacht werden.<br />

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Seite 64<br />

Modellbau<br />

Die einzelnen Komponenten des Entwurfs wer-<br />

den größtenteils mit Hilfe zweier CNC-Fräsen und<br />

einer Rapid-Prototypingmaschine hergestellt. Die<br />

gefrästen bzw. gedruckten Teile müssen danach<br />

noch geschliffen und zusammengesetzt werden.<br />

Selbst im Modellbau werden noch einige gestal-<br />

terische Entscheidungen getroffen. Beispielswei-<br />

se wird ein Gelenk als zu klein und zerbrechlich<br />

beurteilt. Das Teil muss anders dimensioniert<br />

und neu gefertigt werden. Alternativen bei den<br />

Heckleuchten werden am Modell besprochen<br />

und nachträglich umgesetzt. - Schließlich hat das<br />

montierte Modell in seiner vollen Größe eine ganz<br />

andere Wirkung als das Computermodell.


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PHASE 2 | Konzeption / Gestaltung<br />

Seite 66<br />

Look & Feel<br />

Klappmechanismen<br />

Karbon<br />

Liegesitz<br />

farbliche Akzentpunkte<br />

Kardanantrieb<br />

Codura-Netzstoff als Sitzpolster


Hohlkammerfelgen<br />

farbige Reifen<br />

Karbonspeichen<br />

Skaterollen<br />

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Seite 68<br />

Komponenten<br />

Abb.: Schematische Darstellung eines Kardanantriebs<br />

Abb.: Kardanantrieb,<br />

Quelle: www.kardanbike.ch<br />

Kardanantrieb<br />

• großer Wirkungsgrad durch Spiralverzahnte<br />

Kegelräder<br />

• hochwertiges Material; Kegelräder aus gehär-<br />

tetem Chrom Molybdän<br />

• alle bewegten Teile sauber gekapselt im Alu-<br />

minium-Druckguss-Gehäuse<br />

• hohe Betriebssicherheit<br />

• verschleißfrei<br />

• sauber und wartungsarm<br />

• kompakter Aufbau<br />

• alle Kraftübertragungsteile sind umhüllt (gerin-<br />

ge Unfallgefahr)<br />

• komfortabler, ruhiger Lauf<br />

Karbonrahmen und -gabel<br />

• extrem leichtes und stabiles Material<br />

• Fasern haben eine hohe Zugbelastung<br />

• passendes Material <strong>für</strong> kleine und mittlere<br />

Serienfertigung, weil die Herstellung meist<br />

Handarbeit erfordert<br />

• bei Sichtkarbon optisch ansprechende Ober-<br />

fläche<br />

Trommelbremse hinten<br />

Für die hinteren Räder ist eine spezielle Trom-<br />

melbremse angedacht, über die die Räder mit<br />

Steckachsen aufgeschoben werden können. Das<br />

Rad läßt sich so problemlos aufstecken und wie-<br />

der abnehmen. Bremszüge laufen getunnelt im<br />

Rahmen.


Achtgang - Nabenschaltung<br />

• wartungsarme Technik<br />

• keine offenen, sich bewegende Teile<br />

Cordura Netz als Sitzbezug<br />

• robustes und reißfestes Textil<br />

• mit dem schweißabsorbierenden Träger-<br />

material entstehen optisch reizvolle Moires<br />

Rennsportreifen<br />

hinten: ausgestattet mit glatten Seitenwänden<br />

und einer besonders robusten Gummimischung<br />

im Mittellaufteil des Reifens, verfügt der RightRun<br />

über eine Pannenschutzeinlage.<br />

vorn: Wettkampfreifen mit geringem Gewicht und<br />

niedrigem Rollwiderstand.<br />

Beide Reifentypen sind nicht abfärbend und kön-<br />

nen selbst auf Hallenboden eingesetzt werden.<br />

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Seite 70<br />

Finish<br />

Zum Schluß stellt sich die Frage nach der Farb-<br />

wahl. Der Sitzbezug besteht aus einem festen<br />

und dicken Textil in Rot, der mit einem schwarzen<br />

Netzstoff überspannt ist. Es ergibt sich dadurch<br />

ein changierendes Muster. Im Zusammenspiel<br />

wirkt der Sitz tief dunkelrot. Ich wähle deshalb<br />

als Farbe <strong>für</strong> die lackierten Teile ebenfalls ein<br />

dunkles Rot, was auf der gleichen Farbskala<br />

liegt, jedoch in einer helleren Abstufung besser<br />

wirkt. An Akzentpunkten, wie Reifen und Bedie-<br />

nelementen bzw. Stellteilen, wird ein Verkehrsrot<br />

verwendet. Die Brücke aus Aluprofilen, sowie die<br />

Kardanwelle werden in Silber gespritzt. Felgen,<br />

Bremsen und diverse andere Details sind in Matt<br />

Schwarz gehalten.<br />

Es ergibt sich in diesem Zusammenspiel von<br />

Farbe und Material eine nicht ganz alltägliche<br />

Kombination, die gleichermaßen Eleganz und<br />

Sportlichkeit an den Tag legt.


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Seite 72<br />

Modellfotos<br />

Das fertige Modell wird im Präsentationsraum<br />

zusammengebaut und aufgestellt. Produktgrafik<br />

läßt das Handbikemodell realistisch erscheinen.<br />

Weitere Details, wie z.B. ein Gepäckträger aus<br />

Netzstoff mit Erste Hilfe-Set, vervollständigen<br />

diesen Eindruck.


Produkt im Rollstuhlmodus. Speedwheeler ausgeklappt zum Liegehandbike.<br />

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Seite 74<br />

Abmessungen<br />

810 mm<br />

480 mm<br />

320 mm<br />

875 mm


530 mm<br />

670 mm<br />

1890 mm<br />

1400 mm<br />

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Seite 76<br />

Danksagung Dank geht an:<br />

• meine beiden Diplombetreuer Prof. Kurt Meh-<br />

nert und <strong>Thomas</strong> Kropp <strong>für</strong> Ihren Rat in techni-<br />

schen und gestalterischen Fragen<br />

• an die Firma Tagoon Engineering <strong>für</strong> Möglich-<br />

keiten des 3D-Scannens<br />

• an die Firma Necumer <strong>für</strong> ihr Materialsponso-<br />

ring<br />

• an die Firma Bohle, <strong>für</strong> die freundliche Bereit-<br />

stellung von Fahrrad- und Rollstuhlreifen<br />

• an die Firma Weinkauf <strong>für</strong> ihre Beratung zum<br />

Material Karbon<br />

• an die zahlreichen Helfer, die mir den Rücken<br />

gestärkt haben!


Ehrenwörtliche<br />

Erklärung<br />

Hiermit erkäre und bestätige ich, die vorliegende<br />

Diplomarbeit selbstständig erarbeitet zu haben.<br />

<strong>Thomas</strong> <strong>Lessel</strong><br />

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