ADAC Urlaub Januar-Ausgabe 2017, Hessen-Thüringen
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Inspiration Neuseeland<br />
Wie groß ich<br />
mich fühle!“,<br />
platzt es aus<br />
einem Touristen<br />
in der<br />
Reisegruppe heraus. Und das hat<br />
nichts mit überzogenem Ego zu tun.<br />
Wir bewegen uns einfach in einer<br />
Welt für Kleine. Um eines der Erdhäuschen<br />
mit den runden Holztüren<br />
zu betreten, muss man sich ducken.<br />
An einer Leine weht Mini-Wäsche<br />
im Wind, in Mini-Schubkarren liegt<br />
geerntetes Gemüse. Wie ein Riese<br />
steht man in der blühenden Wiesenlandschaft<br />
vor dem grasgrün bewachsenen<br />
Hügel. Eigentlich wohnen<br />
darin die Hobbits – die kleinen<br />
Wesen mit den großen Füßen aus<br />
der Fantasiereihe „Herr der Ringe“.<br />
Das originalgetreue Filmset im<br />
Dorf Hobbiton, gut zwei Autostunden<br />
südlich von Auckland, ist<br />
ein Touristenmagnet und zugleich<br />
ein guter Startpunkt, um sich auf<br />
Neuseeland einzustimmen. Denn das<br />
ganze Land scheint geradezu einer<br />
märchenhaften Fantasiewelt entsprungen<br />
zu sein: Auf der Nordinsel<br />
Grüne<br />
Vulkanseen<br />
Emerald Lakes<br />
am Alpine<br />
Crossing im<br />
Tongariro-<br />
Nationalpark<br />
Kiwi<br />
Das Nationalsymbol<br />
Neuseelands<br />
ist<br />
nachtaktiv und<br />
lebt nur hier<br />
dampfen und blubbern spektakuläre<br />
Vulkanlandschaften mit turmhohen<br />
Geysiren, smaragdgrünen Kraterseen<br />
und heißen Schlammbecken,<br />
wie im Tongariro-Nationalpark oder<br />
um Rotorua. Es gibt verwunschene<br />
Regenwälder mit über 50 Meter hohen<br />
Kauri-Bäumen wie im Waipoua<br />
Forest. Und auf der größeren Südinsel<br />
verzaubert die Golden Bay mit subtropischer<br />
Vegetation und goldgelben<br />
Stränden, bevor sich die Neuseeländischen<br />
Alpen mit imposanten Fjorden,<br />
Wasserfällen und eisigen Gletscherlandschaften<br />
erheben.<br />
Den Legenden der Maori nach,<br />
den Nachfahren der polynesischen<br />
Ureinwohner, entstand die Südinsel,<br />
nachdem der Halbgott<br />
Aoraki in einem Unwetter<br />
kenterte und sein<br />
Boot versteinerte.<br />
Aoraki rettete sich<br />
und verharrt noch<br />
heute auf dem Kiel,<br />
als höchster Berg<br />
Neuseelands – der<br />
über 3700 Meter hohe<br />
Mount Cook. Die Nordinsel<br />
bilden hingegen die verwandelten<br />
Überreste eines mächtigen<br />
Fangs, den der Halbgott Maui einst<br />
aus dem Meer zog. Tatsächlich<br />
spaltete sich Neuseeland vor rund<br />
85 Millionen Jahren vom Urkontinent<br />
Gondwana ab und driftete ostwärts.<br />
Abgeschieden im Pazifik und vulkanischen<br />
und tektonischen Aktivitäten<br />
ausgesetzt, schuf die Natur hier eine<br />
dramatische Landschaft mit einer einzigartigen<br />
Flora und Fauna. Tiere wie<br />
der nachtaktive Kiwi-Vogel, Neuseelands<br />
Nationalsymbol, und dreiäugige<br />
Tuatara-Echsen leben nur hier.<br />
Hinzu kommen mittlerweile rund<br />
40 Millionen Schafe, die sich das<br />
Land, das etwa so groß ist wie unsere<br />
alten Bundesländer, mit seinen rund<br />
4,6 Millionen Einwohnern (etwa soviel<br />
wie im Großraum Berlin) teilen.<br />
Mit anderen Worten: Reisende treten<br />
sich hier so gut wie nie auf die Füße.<br />
Und weil alles relativ kompakt beeinanderliegt,<br />
lassen sich die schönsten<br />
Seiten der beiden Inseln wunderbar<br />
auf einer zwei- bis dreiwöchigen Tour<br />
entdecken, als Selbstfahrer mit dem<br />
Auto. Unterwegs übernachtet man<br />
am besten in Hotels oder einem<br />
landestypischen Bed & Breakfast.<br />
Unser nächster Stopp liegt entspannte<br />
drei Stunden Fahrtzeit gen<br />
Süden entfernt und hat erst mal wieder<br />
etwas mit „Herr der Ringe“ zu<br />
tun. Denn im Tongariro-Nationalpark<br />
sind auch einige Filmstatisten<br />
zu finden, allen voran die dramatischen<br />
Vulkane. Der Höhepunkt in<br />
dieser Gegend ist Mount Ngauruhoe,<br />
ein Bilderbuchkegel von fast 2300<br />
Metern Höhe. Am besten nähert<br />
man sich der unwirtlichen Mondlandschaft<br />
auf dem bekannten Wanderweg<br />
Tongariro Alpine Crossing.<br />
Eine Strecke ist rund 19 Kilometer<br />
lang und nicht zu unterschätzen. Ein<br />
Wanderer gibt schon nach 20 Minuten<br />
steinigem Fußweg auf, denn in<br />
Badelatschen ist dieser nun wirklich<br />
nicht zu bewältigen! Aber immerhin<br />
kann man nicht verloren gehen,<br />
denn der Pfad ist gut ausgeschildert<br />
und ausgetreten. So schweift<br />
der Blick entspannt in die Ferne:<br />
Bergmassive, die stündlich anders<br />
auszusehen scheinen. Je nach Lichteinfall<br />
schimmern sie dramatisch<br />
schwarz oder freundlich bläulich.<br />
Nach dem ersten wirklich schweißtreibenden<br />
Anstieg wird man mit<br />
einem Blick auf einen smaragdfarbenen<br />
See gelockt. Mehrere<br />
Gipfelanstiege folgen, die jedes<br />
Mal mit Traumpanoramen belohnt<br />
werden. Versprochen!<br />
Einen<br />
Traumblick<br />
auf die Stadt<br />
bietet eine<br />
Fahrt mit dem<br />
Wellington<br />
Cable Car<br />
Nach so viel Natur wird es Zeit für<br />
ein bisschen Großstadt-Flair und<br />
Bummel-Modus: Wellington ist der<br />
letzte Ort auf der Nordinsel, für den<br />
wir halten. Schon alleine wegen des<br />
Duftes. Hier riecht es überall nach<br />
frisch gerösteten Kaffeebohnen.<br />
Mittlerweile ist die entspannte Stadt<br />
mit den rund 160.000 Einwohnern<br />
nicht nur für die senkrecht einfallenden<br />
Winde, gegen die kein Schirm<br />
eine Chance hat, bekannt. Fragt man<br />
in einem der Szene-Cafés, etwa im<br />
„Midnight Espresso“, wo denn die<br />
ganzen britischen Teetrinker abgeblieben<br />
sind, bekommt man nur ungläubige<br />
Blicke von den sonst durchweg<br />
tiefenentspannten und überaus<br />
freundlichen Neuseeländern. Hier<br />
wird auch noch um Mitternacht das<br />
Herz mit einem starken Espresso<br />
zum Schneller-Schlagen gebracht.<br />
So verliebt man sich irgendwie<br />
zwangsläufig in „Welly“. Und taucht<br />
in das Leben der Hauptstadt ein.<br />
Heißt: Museen besuchen, in Restaurants<br />
schlemmen, in Designerläden<br />
stöbern – bitte einmal Zivilisation<br />
auftanken, bis es wieder in die endlose<br />
Natur geht! Halt, stopp ... da der<br />
berühmte „Kiwi“ so schwer in der<br />
freien Wildbahn zu erspähen ist,<br />
lohnt sich auch noch ein Abstecher<br />
in den nahen Tierpark. Dort stakst<br />
der kugelig-kleine, fast blinde Vogel<br />
mit dem langen Schnabel umher.<br />
Aber nicht enttäuscht sein, denn<br />
die nachtaktive Schnepfe bewegt<br />
sich nur im Dunkeln.<br />
Zeit für einen Inselwechsel: Mit<br />
der Fähre setzt man auf die andere<br />
Hälfte des Landes, also die Südinsel,<br />
Redwood Forest<br />
Kerzengerade<br />
ragen die Baumriesen<br />
bei Rotorua<br />
in den Himmel<br />
26 1/<strong>2017</strong>