WOLL Magazin Winter 2016 für Brilon, Olsberg, Marsberg, Willingen und Diemelsee
Woll, sagt man im Sauerland. WOLL - Das Magazin aus dem Sauerland über Sauerländer Lebensart. WOLL wie Worte, Orte, Land und Leute.
Woll, sagt man im Sauerland. WOLL - Das Magazin aus dem Sauerland über Sauerländer Lebensart. WOLL wie Worte, Orte, Land und Leute.
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Hubertas Ecke<br />
Tach zusammen! - Da ist sie<br />
wieder. Ja, auch die dunkle<br />
Jahreszeit. Doch die meine ich<br />
gerade mal nicht, aber ich glaube,<br />
es hat etwas damit zu tun.<br />
Irgendwie werden die Zweibeiner<br />
jetzt nämlich wieder seltsam. Hat<br />
es vielleicht doch mit der dunklen<br />
Jahreszeit oder der fehlenden<br />
Sonne zu tun? Ich weiß es nicht<br />
genau, aber was ich immer wieder<br />
feststelle, ist, dass die<br />
Zweibeiner jedes Jahr um diese<br />
Zeit ein großes Ziel verfolgen: Sie wollen ein besserer Mensch<br />
werden. Ich könnte wiehern, wenn ich es könnte, aber so oder<br />
so ist es zum Schreien. Ich dachte nämlich immer, dass Meineid<br />
bei den Zweibeinern unter Strafe steht. Mein Besitzer ist da sogar<br />
das ganze Jahr über das glänzende Beispiel. Nach jedem<br />
Trinkgelage meint er am nächsten Tag, dem Tod näher zu sein<br />
als dem Leben. Und wenn er dann so „still“ vor sich hin leidet,<br />
dann schwört er jedes Mal: „Nie wieder Alkohol, ooh, wie geht<br />
es mir doch schlecht, ich werde nie wieder Alkohol trinken!“<br />
Und wie lange hält es an? Und so ist es ganz besonders bei fast<br />
allen Zweibeinern um diese Jahreszeit. Alle wollen ein besserer<br />
Mensch werden. Mein Rückenfell sträubt sich jedes Mal, wenn<br />
die ach so fromme Nachbarin während der Vorweihnachtszeit,<br />
die bei ihr schon ganz früh angefangen hat, weil, Originalzitat:<br />
„Zu Weihnachten keine Lebkuchen mehr zu bekommen sind“,<br />
den ganzen Tag aus ihrem gekippten Küchenfenster meine<br />
Koppel <strong>und</strong> die gesamte Nachbarschaft mit `Macht hoch die<br />
Tür, die Tor macht weit ‘oder `Ihr Kinderlein kommet, so kommet<br />
doch all...´ zudröhnt. War es doch genau sie, die sich vehement<br />
im Sommer darüber echauffierte, als eine Flüchtlingsfamilie<br />
mit ihren fünf kleinen Kindern ein leerstehendes Haus schräg<br />
gegenüber ihrer Straße als neues sicheres Zuhause zugewiesen<br />
bekommen hat. Apropos sicheres<br />
Zuhause, ihr Mann, der schon so<br />
oft zitierte Technikfreak, hat sich<br />
im Herbst bei der von den<br />
<strong>Brilon</strong>er Bauhandwerkern <strong>und</strong><br />
der Kreispolizeibehörde initiierten<br />
Aktion <strong>für</strong> ein sicheres<br />
Zuhause alles erklären lassen, <strong>für</strong><br />
nicht effizient genug eingestuft<br />
<strong>und</strong> selbst ein Sicherungssystem<br />
<strong>für</strong> sein Heim erdacht. Seit dem<br />
wird unsere Wohngegend regelmäßig,<br />
vorzugsweise nachts, von<br />
schrillem Sirenengeheul <strong>und</strong> gleißendem Licht gekrönt. Unser<br />
Jäger hat schon mehrfach angedroht, beim nächsten Mal das<br />
Ding vom Dach zu schießen. Mir kommt dazu grade so ein<br />
Gedanke bezüglich guter Vorsätze in den Kopf. Ach was. Das<br />
mit den guten Vorsätzen überlasse ich dann doch lieber den<br />
Zweibeinern. Sind es vor Weihnachten die Vorsätze, etwas Gutes<br />
tun zu müssen, schlägt es mit einem geheimnisvollen Tag mit<br />
viel Geböller <strong>und</strong> Lichtersternen am Himmel in unbändigen<br />
Tatendrang um. Nicht mehr rauchen, mehr bewegen, vielleicht<br />
sogar Sport machen, weniger Alkohol, weniger Fleisch da<strong>für</strong><br />
mehr Gemüse. Was hab ich nicht schon so alles hören müssen.<br />
Am meisten gefällt mir dabei der ebenfalls schon so oft beschriebene<br />
„Abnehmfreak“, der alle immer bekehren will, ihm gleich<br />
zu tun. Er ist dieses Mal mein Held der guten Vorsätze. Er schafft<br />
es nämlich jedes Jahr zu Silvester lautstark zu verkünden, dass<br />
das jetzt seine letzte Zigarette sei! Ach ja - Man möge mir verzeihen,<br />
wenn ich mal wieder jemandem durch meine veröffentlichte<br />
Sichtweise zu nahe trete, weil er sich hierbei wieder findet:<br />
Aber schließlich bin ich ja nur ein Sauerländer Esel ■<br />
Foto: AirStativ<br />
„Bis die Tage!“, verbleibt Eure Huberta.<br />
60 - <strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> <strong>2016</strong>