WOLL Magazin Winter 2016 für Brilon, Olsberg, Marsberg, Willingen und Diemelsee

Woll, sagt man im Sauerland. WOLL - Das Magazin aus dem Sauerland über Sauerländer Lebensart. WOLL wie Worte, Orte, Land und Leute. Woll, sagt man im Sauerland. WOLL - Das Magazin aus dem Sauerland über Sauerländer Lebensart. WOLL wie Worte, Orte, Land und Leute.

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21.12.2016 Aufrufe

Wir und das Holz EIN TREUER BEGLEITER – NICHT NUR IN DER NATUR Manches in unserem Leben ist so selbstverständlich geworden, dass wir es gar nicht mehr wahrnehmen. Natürlich fällt jedem von uns sofort etwas zum Thema Holz ein, doch wie omnipräsent dieser Werkstoff unser Leben begleitet, zeigt sich Tag für Tag. Wir stehen morgens auf, im Regelfall aus einem Bett aus Holz, öffnen eine Tür aus Holz, gehen anschließend vielleicht über Parkett oder Dielen ins Bad, manchmal ist der Toilettendeckel noch aus Holz, aber spätestens beim Griff zum Toilettenpapier sind wir wieder bei einem Produkt aus Holz. Nach dem Duschen zurück zum Kleiderschrank, dem Holzprodukt. Über die Treppe, wahrscheinlich zumindest ein Teil davon aus Holz, geht es hinunter in die Küche. Auch wenn die Oberfläche vielleicht im Kunststofflack glänzt, innen befindet sich ein Kern aus gepressten Sägespänen. Ja, sogar die Filtertüte um einen leckeren Kaffee aufzubrühen, ist aus dem Ursprungsprodukt Holz. Wer macht sich schon darüber Gedanken, wenn man auf dem Stuhl und Tisch aus Holz sein Butterbrot auf dem hölzernen Frühstücksbrettchen zurechtmacht, während die Zeitung aus Papier, eben wieder einem Holzprodukt, griffbereit daneben liegt. So zieht sich der Werkstoff Holz durch unseren gesamten Tagesablauf. Genau wie jetzt, wenn Sie, lieber Leser, eben jetzt diese WOLL-Ausgabe in ihren Händen halten. Auch WOLL ist eigentlich aus Holz. Ein Produkt, das insbesondere hier im Sauerland scheinbar im Überfluss wächst. Doch so einfach wie es scheint, ist es leider nicht. Was für die meisten als willkommener Ort für Wanderungen oder Spaziergänge genutzt wird, ist für den Forstmann dasselbe wie für den Landwirt Feld und Acker. Nach einem gut durchdachten System heißt es, die richtigen Standorte und Sorten für einen gesunden und ertragreichen Wald zu wählen. Auch wenn ein Baum scheinbar von ganz allein wächst, bedeutet es in Wirklichkeit aber ein über mehrere Jahrzehnte dauerndes permanentes und vorausschauendes Handeln für den Forstmann. Waren vor nicht allzu langer Zeit großflächige Kahlschläge ganzer Wälder und anschließender Aufforstung von Hand durch Setzlinge noch die Regel, so geht man heute neue Wege. „Wir lassen die Natur für uns arbeiten“, erklärt Revierleiter Sebastian Schönnenberg in einem Waldstück zwischen Brilon und Olsberg, das zur Durchforstung ansteht. „Durch gezieltes Auslichten erneuert sich der Wald durch die sogenannte Naturverjüngung. Doch den kleinen Bäumen, die scheinbar zu Hauf in kleinen Gruppen auf dem lichten Waldboden wachsen, muss besondere Beachtung geschenkt werden.“ „Wenn die Triebspitze länger als die Äste des obersten Kranzes ist, fängt der Baum an in die Höhe zu ziehen und wächst zu einem schlanken geraden Stamm“, zeigt der Förster an einer jungen Fichte. „Sind die Seitentriebe allerdings länger, dann ist der Nachwuchsbaum am sogenannten Hocken. Das bedeutet, wir müssen für mehr Licht sorgen und gezielte Fällungen aus dem Bestand vornehmen. Dabei ist aber auch der Gesamtbestand 56 - WOLL Winter 2016

Förster. „Das hat zu Irritationen geführt, ja sogar von einer Waldautobahn war die Rede. Doch die Maßnahme hat einen wichtigen Hintergrund. Bei den alten Rinnen hätte der Rücketrecker so tief gestanden, dass das Rückeseil über die denkmalgeschützten Wüsten gescheuert und irreparable Schäden verursacht hätte. In ein, zwei Jahren ist dieser Weg wieder bis auf einen schmalen Trampelpfad zugewachsen.“ FÖRSTER ZEIGT TRIEBSPITZE zu betrachten. Die hier angrenzende Jungbuchenbestand braucht immer noch einen passenden Kronenschirm, um optimal heranwachsen zu können.“ Jetzt fällt auf, dass aus den ehemaligen Fichtenmonokulturen ein breitgefächerter Mischwald nachwächst. Man hat aus den Folgen des Jahrhundertsturms `Kyrill´ gelernt. Mit fachmännischem Blick wählt der Revierleiter einzelne Bäume in dem 106 Jahre alten Bestand aus und markiert diese mit einem schrägen Strich aus einer Spraydose. FÖRSTER MARKIERT FÄLLBAUM Das Zeichen für seine Forstwirte, welcher Baum gefällt werden soll. In diesem Bereich eine besondere Herausforderung. „Hier neben dem Weg befinden sich historische Überreste einer alten Siedlung, sogenannte Wüstungen“, zeigt Schönnenberg in den Bestand, der eigentlich aussieht wie ein ganz gewöhnlicher Wald. Doch diese Wüstungen stehen unter Denkmalschutz, genau wie der alte Hohlweg, der durch den Bestand führt. „Wir mussten den von den großen Treckerreifen total ausgefahrenen sowie vom Regenwasser tief ausgespülten Weg auffüttern“, erklärt der Dann zeigt er auf die in kurzen Abständen eingebrachten Rinnen und Wälle in dem Weg, die das Regenwasser seitlich in den Wald ableiten. „So ist das halt“, resümiert der Förster. „In den alten Rinnen hatte sich ein dort verlaufendes Kabel frei gespült, und ein Mountainbiker ist dadurch zum Sturz gekommen. Wir waren Schuld. Jetzt ist der Weg sicher und trotzdem sind nicht alle zufrieden. Wir bewegen uns immer in einem Spagat, um alle Bedürfnisse unter einen Hut zu bringen. Die Forstwirtschaft, die Jagd, den Tourismus, den Denkmal- und Naturschutz sowie für die allgemeine Sicherheit im Wald zu sorgen.“ Dann schlägt der Mann des Waldes ein Notizbuch auf. Zahlenkolonnen reihen sich an Zahlenkolonnen. Für den Laien ein Wirrwarr, doch der erfahrene Förster kann in eben dieser Forstbetriebskarte genau nachlesen, auf welchen Flächen welche Baumarten wachsen, wie viel in einem Jahr an Masse nachwächst, wie dicht die Bäume stehen und welche Qualität heranwächst und wie viel gefällt werden kann, um keinen Raubbau zu betreiben. „Es geht nicht einfach nach Gutdünken wie viel ich herausnehmen kann, sondern es gibt klare Regeln, um die Nachhaltigkeit zu gewährleisten. Im Schnitt wird so alle fünf Jahre jeder Bestand einmal durchforstet“, fasst der Revierleiter zusammen, ehe es in den benachbarten Bestand geht, in dem die Fällarbeiten schon im vollen Gange sind. Eine Motorsäge kreischt, dann verstummt sie kurz und ein lautes „Aaachtung“ schallt aus dem deutlich abgesperrten Waldstück. Die Säge heult wieder auf und als sie wieder verstummt, ist erst ein Knacken, dann ein Rauschen, geendet mit einem dumpfen Aufschlag, zu hören. Ein weiterer Baum liegt am Boden, und schon heulen die Motorsägen wieder auf, um den Stamm für den Abtransport durch den Holzrücker mit seinem Spezialschlepper vorzubereiten. Am Wegesrand liegen schon Fichtenstämme in verschieden Längen und Dicken entlang des Weges und warten auf den Abtransport. Drei Meter lange `Rollen´, sei es der untere Teil des Stammes oder als Normstücke entweder für die Sägewerke, um Dachlatten oder Bretter daraus zu schneiden oder als Holz für die Spanplattenindustrie. Daneben, unübersehbar das 20 Meter WOLL Winter 2016 - 57

Förster. „Das hat zu Irritationen geführt, ja sogar von einer<br />

Waldautobahn war die Rede. Doch die Maßnahme hat einen<br />

wichtigen Hintergr<strong>und</strong>. Bei den alten Rinnen hätte der<br />

Rücketrecker so tief gestanden, dass das Rückeseil über die denkmalgeschützten<br />

Wüsten gescheuert <strong>und</strong> irreparable Schäden<br />

verursacht hätte. In ein, zwei Jahren ist dieser Weg wieder bis auf<br />

einen schmalen Trampelpfad zugewachsen.“<br />

FÖRSTER ZEIGT TRIEBSPITZE<br />

zu betrachten. Die hier angrenzende Jungbuchenbestand braucht<br />

immer noch einen passenden Kronenschirm, um optimal heranwachsen<br />

zu können.“<br />

Jetzt fällt auf, dass aus den ehemaligen Fichtenmonokulturen ein<br />

breitgefächerter Mischwald nachwächst. Man hat aus den Folgen<br />

des Jahrh<strong>und</strong>ertsturms `Kyrill´ gelernt. Mit fachmännischem<br />

Blick wählt der Revierleiter einzelne Bäume in dem 106 Jahre<br />

alten Bestand aus <strong>und</strong> markiert diese mit einem schrägen Strich<br />

aus einer Spraydose.<br />

FÖRSTER MARKIERT FÄLLBAUM<br />

Das Zeichen <strong>für</strong> seine Forstwirte, welcher Baum gefällt werden<br />

soll. In diesem Bereich eine besondere Herausforderung. „Hier<br />

neben dem Weg befinden sich historische Überreste einer alten<br />

Siedlung, sogenannte Wüstungen“, zeigt Schönnenberg in den<br />

Bestand, der eigentlich aussieht wie ein ganz gewöhnlicher Wald.<br />

Doch diese Wüstungen stehen unter Denkmalschutz, genau wie<br />

der alte Hohlweg, der durch den Bestand führt. „Wir mussten<br />

den von den großen Treckerreifen total ausgefahrenen sowie<br />

vom Regenwasser tief ausgespülten Weg auffüttern“, erklärt der<br />

Dann zeigt er auf die in kurzen Abständen eingebrachten<br />

Rinnen <strong>und</strong> Wälle in dem Weg, die das Regenwasser seitlich in<br />

den Wald ableiten. „So ist das halt“, resümiert der Förster. „In<br />

den alten Rinnen hatte sich ein dort verlaufendes Kabel frei<br />

gespült, <strong>und</strong> ein Mountainbiker ist dadurch zum Sturz gekommen.<br />

Wir waren Schuld. Jetzt ist der Weg sicher <strong>und</strong> trotzdem<br />

sind nicht alle zufrieden. Wir bewegen uns immer in einem<br />

Spagat, um alle Bedürfnisse unter einen Hut zu bringen. Die<br />

Forstwirtschaft, die Jagd, den Tourismus, den Denkmal- <strong>und</strong><br />

Naturschutz sowie <strong>für</strong> die allgemeine Sicherheit im Wald zu<br />

sorgen.“ Dann schlägt der Mann des Waldes ein Notizbuch auf.<br />

Zahlenkolonnen reihen sich an Zahlenkolonnen. Für den Laien<br />

ein Wirrwarr, doch der erfahrene Förster kann in eben dieser<br />

Forstbetriebskarte genau nachlesen, auf welchen Flächen welche<br />

Baumarten wachsen, wie viel in einem Jahr an Masse nachwächst,<br />

wie dicht die Bäume stehen <strong>und</strong> welche Qualität heranwächst<br />

<strong>und</strong> wie viel gefällt werden kann, um keinen Raubbau zu<br />

betreiben. „Es geht nicht einfach nach Gutdünken wie viel ich<br />

herausnehmen kann, sondern es gibt klare Regeln, um die<br />

Nachhaltigkeit zu gewährleisten. Im Schnitt wird so alle fünf<br />

Jahre jeder Bestand einmal durchforstet“, fasst der Revierleiter<br />

zusammen, ehe es in den benachbarten Bestand geht, in dem die<br />

Fällarbeiten schon im vollen Gange sind. Eine Motorsäge<br />

kreischt, dann verstummt sie kurz <strong>und</strong> ein lautes „Aaachtung“<br />

schallt aus dem deutlich abgesperrten Waldstück. Die Säge heult<br />

wieder auf <strong>und</strong> als sie wieder verstummt, ist erst ein Knacken,<br />

dann ein Rauschen, geendet mit einem dumpfen Aufschlag, zu<br />

hören. Ein weiterer Baum liegt am Boden, <strong>und</strong> schon heulen die<br />

Motorsägen wieder auf, um den Stamm <strong>für</strong> den Abtransport<br />

durch den Holzrücker mit seinem Spezialschlepper vorzubereiten.<br />

Am Wegesrand liegen schon Fichtenstämme in verschieden<br />

Längen <strong>und</strong> Dicken entlang des Weges <strong>und</strong> warten auf den<br />

Abtransport. Drei Meter lange `Rollen´, sei es der untere Teil des<br />

Stammes oder als Normstücke entweder <strong>für</strong> die Sägewerke, um<br />

Dachlatten oder Bretter daraus zu schneiden oder als Holz <strong>für</strong><br />

die Spanplattenindustrie. Daneben, unübersehbar das 20 Meter<br />

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