WOLL Magazin Winter 2016 für Brilon, Olsberg, Marsberg, Willingen und Diemelsee
Woll, sagt man im Sauerland. WOLL - Das Magazin aus dem Sauerland über Sauerländer Lebensart. WOLL wie Worte, Orte, Land und Leute.
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Mäuseinvasion<br />
In diesem Jahr hatten wir eine ungeheure Anzahl von Mäusen,<br />
die beinahe alles verzehrten, was auf dem Felde gewachsen war.<br />
Mehrere Felder konnten gar nicht gemäht werden. Und von<br />
dem, was gewachsen war, überließen uns diese schändlichen Tiere<br />
kaum ein Viertel. Eine so ungeheure Menge von Mäusen wissen<br />
sich auch die ältesten Menschen nicht zu besinnen, denn sie fraßen<br />
nicht allein beinahe die ganze <strong>Winter</strong>- <strong>und</strong> Sommersaat,<br />
sondern sogar das Gras von den Wiesen <strong>und</strong> das junge Holz im<br />
Walde. An vielen Orten, wo diese Mäuse alle Baumrinde wegfraßen<br />
<strong>und</strong> das Holz dadurch trocken wurde, ist der Schaden auf<br />
mehrere Tausend Taler geschätzt worden. Auch der im Herbst<br />
gesäte grüne Roggen war von ihnen aufgefressen worden.<br />
Familiäre Ereignisse<br />
In diesem Jahr, nämlich den 15. April, reiste ich nach Münster<br />
<strong>und</strong> brachte meinen Sohn daselbst aufs Gymnasium. Am 11.<br />
Dezember abends um vier Uhr starb mein Schwiegervater J.<br />
Casp. Lohmann an einer Lungenentzündung.<br />
GRABKREUZ: JOSEPH LOHMANN<br />
wegen des Viehsterbens zu erleiden, denn mein bestes Pferd, eine<br />
<strong>für</strong> 24 Reichstalern frisch gekaufte Kuh <strong>und</strong> zwei Schweine krepierten<br />
mir in kurzer Zeit.<br />
<strong>Winter</strong>einbruch im Frühjahr<br />
Die Witterung in diesem Jahr war abwechselnd gut <strong>und</strong> schlecht.<br />
Der <strong>Winter</strong> immer regnerisch, nur wenig kalt. Das Frühjahr<br />
zeigte sich sehr früh, denn schon am 18. Februar konnten die<br />
Pflüge zu Felde ziehen. In den Gärten wurde gearbeitet, um 12.<br />
April waren alle Obstbäume schon in der herrlichsten Blüte.<br />
Auch die <strong>Winter</strong>saat blühte allenthalben. Diese schöne<br />
Frühlingszeit dauerte aber nur bis zum 16. April. Vom 17. auf<br />
den 18. April in der Nacht fing es an, so stark zu frieren, dass alle<br />
Blüten, das Laub an den Bäumen verfror. Und diese Kälte mit<br />
Regen <strong>und</strong> Schnee vermischt, hielt an bis August. Von dieser Zeit<br />
an blieb es gut bis nach vollendeter Arbeit, den 18. Oktober.<br />
Napoleons Waterloo <strong>und</strong> Verbannung auf St. Helena<br />
In der politischen Welt trug sich in diesem Jahr eine große<br />
Begebenheit zu. Napoleon, der von den Alliierten auf der Insel<br />
Elba im vorigen Jahr verbannt war, kam am 1. März wieder in<br />
Frankreich an. Er hatte kaum 300 Mann bei sich <strong>und</strong> eroberte<br />
damit in 20 Tagen ganz Frankreich, denn am 21. März hielt er<br />
schon seinen Einzug in Paris. Am 20. März war der König<br />
geflüchtet. Bis zum 14. Juni war seine Armee schon bis über<br />
30.000 Mann angewachsen. Hätte er diese Armee auf einem<br />
Punkt fechten lassen, hätte er damit im Sinn gehabt, damit<br />
Frankreich auf allen Punkten zu decken <strong>und</strong> vor fremden Einfall<br />
zu bewahren, so wäre er wieder als Sieger aus dem Feld gezogen<br />
<strong>und</strong> dann wehe dem armen Deutschland.<br />
Am 14. Juni rückte er mit seiner Armee bis Waterloo vor. Bis zum<br />
18. dauerte die Schlacht <strong>und</strong> bis dahin war er immer noch Sieger<br />
über die zwei berühmten Feldherren Wellington <strong>und</strong> Blücher.<br />
Am 18. aber sammelte sich die geschlagene preußische Armee.<br />
Während er mit Wellington stark im Gefecht war, fiel sie ihm im<br />
Rücken <strong>und</strong> schlug ihn so total, dass Napoleon seine Flucht zu<br />
Fuß nehmen musste.<br />
Er eilte nach Paris, legte dort nochmals die Kaiserkrone nieder,<br />
ergab sich den Engländern zum Gefangenen <strong>und</strong> wurde auf die<br />
Insel St. Helena verbannt.<br />
Weitere Katastrophen kündigen sich an<br />
Da das ganze Menschengeschlecht nun in diesem Jahr so viel<br />
Elend durch den schweren Krieg, durch die anhaltende Witterung,<br />
durch den ungeheuren Mäusefraß ausgestanden, so glaubte man,<br />
mit dem Frieden wäre nun auch alles Unglück überstanden <strong>und</strong><br />
schmeichelte sich eine frohe Zukunft.<br />
Aber keiner berechnet, was Johannes schon in seiner Offenbarung<br />
sagte, wo er das Elend der Menschen beschreibt: „Siehe, ein<br />
Unglück ist vorbei <strong>und</strong> ein größeres folgt auf dem Fuße nach!“ ■<br />
<strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> <strong>2016</strong> - 41