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WOLL Magazin Winter 2016 für Brilon, Olsberg, Marsberg, Willingen und Diemelsee

Woll, sagt man im Sauerland. WOLL - Das Magazin aus dem Sauerland über Sauerländer Lebensart. WOLL wie Worte, Orte, Land und Leute.

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Der damalige Organist wurde hellhörig, ohne Noten, nur nach<br />

Gehör eine Orgel zu spielen? Dieses musste eine Begabung, eine<br />

auffallend musikalische Person sein. Der Organist besuchte die<br />

Eltern von Raphael Jürgens <strong>und</strong> riet ihnen, dem Jungen ein<br />

Klavier zu kaufen. Gesagt, getan, ein Klavier stand im Raum.<br />

Es gilt das bekannte Sprichwort „Von nichts, kommt nichts“,<br />

<strong>und</strong> Jürgens wurde zu einer interaktiven, musikalischen<br />

Gehörbildung geschickt, um seine Fähigkeiten zu trainieren,<br />

noch besser, Intervalle hörend, zu erkennen, Melodien <strong>und</strong><br />

Tonfolgen aus dem Gedächtnis heraus nachzuspielen.<br />

Während seiner Schulzeit fand das übliche Schulpraktikum statt<br />

<strong>und</strong> <strong>für</strong> ihn stand fest, einen Platz bei einem Orgelbauer zu finden.<br />

In Oberkirchen in Schmallenberg bei der Firma Albers<br />

konnte er sich seinen Wunsch erfüllen. Die Schule, die jeden<br />

Prak ti kan ten aufsucht, war über diese Ent fer nung nicht gerade<br />

angetan, dennoch trugen seine Eltern sämtliche Kosten, um<br />

einen Einblick in den Beruf des Orgelbauers zu schaffen. Nach<br />

diesem bedeutungsvollen Praktikum stand nun endgültig fest, es<br />

wird der Beruf des Orgelbauers werden.<br />

Mit dem Eintritt in die Lehrzeit 1991 bei der Firma Sauer in<br />

Höxter, konnte Jürgens sich das Wissen, die Feinmechanik, die<br />

verschiedenen Werkstoffe, aneignen. Nach den Lehrjahren verbrachte<br />

er weitere Gesellenjahre in Höxter <strong>und</strong> bei seiner damaligen<br />

Praktikumsfirma in Oberkirchen, bis er sich zur<br />

Meisterschule in Ludwigsburg einschrieb. Ein Jahr Vollzeit, um<br />

den letzten Schliff seines Traumberufs zu unterschreiben. 40 bis<br />

50 Orgeln hat er bereits in verschiedenen Firmen mitgebaut <strong>und</strong><br />

bislang 3 eigenständige Orgeln in seiner Werkstatt in Elpe. Eine<br />

kleine Orgel befindet sich mit 4 Registern - geeignet <strong>für</strong> Chor<br />

<strong>und</strong> Orchestermusik - in der St. Martin Kirche, eine im eigenen<br />

Wohnzimmer <strong>und</strong> eine 11 Register große in der Kapelle in der<br />

Klinik.<br />

Durch eine großzügige Spenderin im Jahr 2012 konnte der<br />

Orgelbaumeister sein ganzes kreatives Schaffen zeigen.<br />

„Wie lange braucht man, um so eine große Orgel fertigzustellen?“,<br />

fragen wir den sehr sympathischen Orgelbaumeister. „Von<br />

der Planung über die komplexe Gedanken- <strong>und</strong> Ideenentwicklung<br />

bis zum Ende reift <strong>und</strong> gedeiht so ein Projekt gute 2 Jahre“, so<br />

Jürgens. „Orgelbauer sind Handwerker, gleichzeitig auch<br />

Künstler.<br />

Die Orgel muss als Gesamtkunstwerk gesehen werden. In der<br />

Einige Gedanken des Orgelbauers<br />

Der Gedanke beim Entwurf der Orgel <strong>und</strong> deren<br />

Schleierbretter war etwas <strong>für</strong> die Region Typisches aufzugreifen,<br />

was hier die weitläufigen Eichenwälder sind. Aus<br />

Eichenholz, das die Orgelbauer seiner Dauerhaftigkeit wegen<br />

seit jeher gerne verwenden, ist auch die ganze Orgel gearbeitet.<br />

Also Eichenlaub in hartes Eichenholz gehauen, das passt.<br />

Ob es nun Zufall ist oder nicht, mit ihrer symbolischen<br />

Bedeutung steht die Eiche ihrer Standfestigkeit <strong>und</strong> ihres<br />

Alters wegen <strong>für</strong> Widerstand <strong>und</strong> ewiges Leben.<br />

Ich hoffe, dass gerade hier im Krankenhaus sich die Kraft der<br />

Eiche auf den Betrachter überträgt <strong>und</strong> auch er den Stürmen<br />

seines Lebens trotzt <strong>und</strong> die Krankheit überwindet. Möge die<br />

ganze Orgel mit ihrem harmonisch klassischen Prospekt wie<br />

ein Ruhepol in unserer aufgekratzt hektischen Welt sein <strong>und</strong><br />

mit dem Frieden der Eichenwälder das Leben symbolisieren.<br />

Raphael Jürgens<br />

Fotos: AirStativ<br />

<strong>WOLL</strong> <strong>Winter</strong> <strong>2016</strong> - 37

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