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Die ganze Gans EIN BELIEBTER BRATVOGEL VON VOLKER GEDASCHKE Besonders in der Weihnachtszeit werden gern die alten Traditionen gepflegt. Was wären diese Festtage ohne Weihnachtsstollen, Weihnachtsgebäck, Weihnachtsbaum und „Stille Nacht“? Fehlen darf jetzt auch nicht die Martinsgans, der liebste Winterbraten der Deutschen. Der Namensgeber Startschuss wird am 11.November gegeben, dem Festtag des Heiligen Martin von Tours (316 –397). Von ihm hat die populäre Form des Gänsebratens ihren Namen. Der Sohn eines römischen Rittmeisters ist Schutzpatron unter anderem der Hirten, Wirte, Bettler, Haustiere und Gänse. Bis heute unvergessen ist das Mantel –Wunder. An einem kalten Wintertag flehte ein halbbekleideter Bettler um ein Almosen. Da nahm er sein Schwert und teilte seinen weiten Offiziersmantel in der Mitte und gab ihm die Hälfe. Eine weitere Legende berichtet, dass er sich in einem Gänsestall versteckt haben soll, als man ihn 371 zum Bischof von Tours wählen wollte. Aber die Gänse konnten den Schnabel nicht halten, schnatterten, was das Zeug hielt und haben ihn so verraten. Daraufhin hat er die Gänse geschlachtet und gebraten. Der Martinstag war in früheren Zeiten zugleich ein Zins – und Abgabetermin. In der Naturalwirtschaft galt die Gans als ein beliebtes Zahlungsmittel. An diesem Tag wurde der Gänsebraten gegessen und der dazu gehörende neue „Märtnswein“ getrunken, um sich für die bevorstehende vierzigtägige Fastenzeit bis Weihnachten zu stärken. Die Füllung Wird die Gans unter kulinarischem Aspekt betrachtet, so findet sich eine Fülle von Rezepten, ausgehend vom Mittelalter bis in unsere Gegenwart. Auch stellt sich die Frage nach der Füllung. Die bekannteste Einlage stammt aus der alten ostjüdisch –polnischen Küche, bestehend aus Äpfeln, geschälten Kastanien und Beifuß. Deutsche Köchin und französischer Koch Hilfe bietet auch Henriette Davids (1801 –1876), die berühmteste Kochbuchautorin Deutschlands. Ihr „Praktisches Kochbuch“ entwickelte sich zum Bestseller des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Das Buch gehörte zur Grundausstattung vieler deutscher Haushalte. Paul Bocuse ist ein französischer Koch, Gastronom und Kochbuchautor, der bekannteste und einer der besten Köche des 20. Jahrhunderts. Er meint, dass Weihnachten ein außergewöhnliches Fest sei, deshalb sollte es schon etwas Besonderes geben. Er macht Lust auf etwas Neues und entführt seine Gans nach Asien. Das Rezept der Großmutter Soll es aber bodenständig sein, so greifen viele zurück auf das Rezept der lieben Großmutter. Ihre Bratregeln lauten: Gans waschen, trocken tupfen, innen und außen salzen, Füllung nach Belieben. Haut mit Holzstäbchen einstechen. Den Bratvogel zuerst mit der Brust nach unten auf die Saftpfanne legen. Häufig mit Bratensaft oder heißem Wasser übergießen. Bei circa 4 kg Gewicht 170 –200 Grad Celsius etwa 3 ½ Stunden braten. Die Großmutter dachte immer daran, die Gans vor dem Tranchieren wenigstens zehn Minuten ausruhen zu lassen, damit der Saft sich verteilen kann und nicht herausläuft. ...oder doch lieber ins Restaurant Wird in der Weihnachtszeit ein Restaurant aufgesucht, so haben die Gäste heute die Möglichkeit, eine Gans für vier Personen mit Beilagen und inklusiv einer Flasche Rotwein zu einem Festpreis zu ordern. Es ist doch auch amüsant, wenn ein beflissener Ober diesen edlen Bratvogel offeriert und die existenzielle Frage, die aus drei Worten besteht, an die Gäste richtet: „Brust oder Keule?“ 32 - WOLL Winter 2016
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