Anlage 7
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Gutachten/Nr. TPA/04/GF 1.4/2320/02<br />
Untersuchung von flugbetrieblichen Auswirkungen<br />
auf die Sicherheit von Betriebsanlagen und den Arbeitsschutz<br />
der Firmen TICONA und InfraServ in Kelsterbach für den Ist-Fall<br />
<strong>Anlage</strong> 7: Auswirkungsbetrachtungen<br />
<strong>Anlage</strong> 7: Auswirkungsbetrachtungen 1<br />
<strong>Anlage</strong> 7.1: Freisetzung von Bortrifluorid 2<br />
<strong>Anlage</strong> 7.2: Brand von Methanol 4<br />
<strong>Anlage</strong> 7.3: Explosionsereignisse 10<br />
<strong>Anlage</strong> 7.4: Brand in der Ethylen-Verdichterstation 13<br />
<strong>Anlage</strong> 7.5: Explosion in der Ethylen-Verdichterstation 17<br />
<strong>Anlage</strong> 7.6: Brand im Lager P 205 23<br />
<strong>Anlage</strong> 7.7: Freisetzung von Formaldehyd 25<br />
<strong>Anlage</strong> 7.8: Abriss der Erdgasleitung 29<br />
<strong>Anlage</strong> 7.9: Abriss der Methanol-Versorgungsleitung 32<br />
<strong>Anlage</strong> 7.10: Brand von Triethylamin 34<br />
In der vorliegenden <strong>Anlage</strong> sind die Ergebnisse der durchgeführten Freisetzungs-, Brand- und<br />
Explosionsberechnungen dargestellt.<br />
Im Rahmen dieses Gutachtens werden anhand des von dem Werk Kelsterbach der Firma TICONA<br />
GmbH ausgehenden stofflichen Gefährdungspotenzials Auswirkungsbetrachtungen für ausgewählte<br />
Szenarien durchgeführt. Im Einzelnen werden folgende Szenarien als abdeckend für die<br />
unterschiedlichen Gefahrenmerkmale der Stoffe beschrieben:<br />
1. Freisetzung von BF3 (Gefährdung durch sehr giftige Stoffe)<br />
2. Brand von Methanol in den Tanklägern 84, 84N und 85 (Gefahren durch leichtentzündliche<br />
Flüssigkeiten bezüglich Brandauswirkungen)<br />
3. Explosion von Methanoldämpfen in den Tanklägern 84, 84N und 85 (Gefahren durch<br />
leichtentzündliche Flüssigkeiten bezüglich Explosionsauswirkungen)<br />
4. Brand von Ethylen (Gefahren durch hochentzündliche Gase bezüglich Brandauswirkungen)<br />
5. Explosion von Ethylen in der Ethylenverdichterstation (Gefährdung durch hochentzündliche<br />
Gase)<br />
6. Brand im Lager P 205 (Gefährdung durch Brandgase)<br />
7. Freisetzung von Formaldehyd (giftiger Stoff im Tanklager 84)<br />
8. Brand von Erdgas (hochentzündliches Gas im Bereich der Straße 02)<br />
9. Abriss und Brand der Methanol-Versorgungsleitung zwischen P 252 (Methanol-Abfüllstation)<br />
und dem Tanklager 84/85 sowie der Methanol-Pipeline im Eingangsbereich des Geländes der<br />
Fa. TICONA GmbH<br />
10. Brand von Triethylamin (brennbare Flüssigkeit im Bereich des Tanklagers 85)<br />
TÜV Pfalz <strong>Anlage</strong>n und Betriebstechnik GmbH Datei: <strong>Anlage</strong>_7_Auswirkungsbetrachtung_Rev-B<br />
Geschäftsfeld 1.4 <strong>Anlage</strong>nsicherheit Stand: 09. Februar 2005<br />
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Gutachten/Nr. TPA/04/GF 1.4/2320/02<br />
Untersuchung von flugbetrieblichen Auswirkungen<br />
auf die Sicherheit von Betriebsanlagen und den Arbeitsschutz<br />
der Firmen TICONA und InfraServ in Kelsterbach für den Ist-Fall<br />
<strong>Anlage</strong> 7.1: Freisetzung von Bortrifluorid<br />
Auf Grundlage der von TICONA zur Verfügung gestellten Informationen über die Lagerung von BF3 in<br />
einem Bunker und die Lage und maximale Freisetzungsmenge der BF3-Rohrleitung zwischen dem<br />
BF3-Bunker und der Polymerisationsanlage wurde die Freisetzung von BF3 aus einer durch<br />
Trümmerflug beschädigten Rohrleitung berechnet.<br />
Nach den Angaben von TICONA erfolgt die BF3-Lagerung so, dass auch im Fall eines<br />
Flugzeugabsturzes auf den BF3-Bunker oder die Einwirkungen eines Kerosinbrandes keine<br />
Freisetzung von BF3 aus einer der BF3-Kugeln zu besorgen ist. Daher verbleibt als einziges<br />
Freisetzungsszenario (auch im Sinne eines „Dennoch-Szenario“) nur der Abriss der BF3-Leitung.<br />
Die Ausbreitungsbetrachtungen wurden mit dem anerkannten Verfahren nach der VDI Richtlinie 3783<br />
Blatt 1 [VDI-1987] durchgeführt. Die Berechnungen wurden für die Rauhigkeitsklasse 5 gemäß VDI<br />
3783 Blatt 1 durchgeführt. Dieser Wert kann für ein bebautes Werksgelände angesetzt werden. Für<br />
die Berechnung wurde eine spontane Freisetzung der maximal in der Rohrleitung befindlichen BF3-<br />
Menge von 300 g mit einer Sekunde Dauer angenommen. Die Annahme einer Entspannung in dieser<br />
Zeit ist nur für den Fall eines Trümmerflugs auf eine abgeschlossene Rohrleitung von geringem<br />
Volumen realistisch. Berechnungen für längere Freisetzungszeiten von 10 s bzw. 100 s zeigen<br />
allerdings, dass diese bzgl. der Immissionskonzentrationen ein konservativer Ansatz darstellt.<br />
Bewertung und Resultate:<br />
In der VDI-Richtlinie 3783 Blatt 1 [VDI-1987] wird für die ungünstigste Ausbreitungssituation eine<br />
Sperrschicht in 20 m Höhe vorgegeben. Dieser Wert wurde Konservativerweise in der Berechnung<br />
zugrunde gelegt.<br />
Die Erhöhung der effektiven Freisetzungshöhe durch den Auftrieb des freigesetzten BF3 aufgrund des<br />
Brandes von im Flugzeug mitgeführtem Kerosin wurde nicht berücksichtigt, da konservativ davon<br />
ausgegangen werden kann, dass der Abriss der BF3-Leitung auch durch Trümmerflug, abseits eines<br />
Kerosinbrandes erfolgen kann.<br />
Zusammenfassend sind in folgender Tabelle <strong>Anlage</strong> 7.1-1 die für das Szenario 1.a. verwendeten<br />
Eingabeparameter für die Berechnung nach VDI 3783 Blatt 1 aufgelistet:<br />
Parameter Werte<br />
Freisetzungshöhe Bodennah (1,2 m)<br />
Freisetzungsrate an BF3<br />
Höhe der Sperrschicht 20 m<br />
mittlere Windgeschwindigkeit 3 m/s<br />
Rauhigkeitsklasse 5<br />
Tabelle <strong>Anlage</strong> 7.1-1: Berechnungsparameter<br />
300 g/s, spontan in 1 s<br />
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auf die Sicherheit von Betriebsanlagen und den Arbeitsschutz<br />
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Abbildung <strong>Anlage</strong> 7.1-1 zeigt das Ergebnis der im Rahmen des vorliegenden Gutachtens<br />
durchgeführten Berechnungen mit der im VDI-Modell festgelegten Höhe der Sperrschicht von 20 m<br />
mit bodennaher Freisetzung bei einer spontan freigesetzten Menge von 300 g BF3 für die ungünstige<br />
Ausbreitungssituation (ohne thermische Überhöhung).<br />
Der ERPG-2-Wert von BF3 (30 mg/m 3 ) wird unter dieser Annahme ab einer Entfernung von etwa 55 m<br />
und der IDLH-Wert (70 mg/m 3 ) ab ca. 40 m unterschritten. Der ERPG-3 (100 mg/m 3 ) von BF3 wird bei<br />
einer Distanz vom Freisetzungsort von etwa 35 m unterschritten.<br />
max. Immisionskonzentration in mg / m 3<br />
1.000<br />
100<br />
10<br />
1<br />
Freisetzung von 300 g BF 3 aus der Dosierleitung<br />
von dem BF 3 -Bunker zu der Polymerisationsanlage<br />
Freisetzung 300 g/s; bodennah,<br />
20 m Sperrschicht, spontane Freisetzung 1s<br />
ERPG-2-Wert = 30 mg/m 3<br />
IDLH-Wert = 70 mg/m 3<br />
ERPG-3-Wert = 100 mg/m 3<br />
0,1<br />
0 100 200 300 400 500 600 700 800 900 1.000<br />
Entfernung in m<br />
Abb. <strong>Anlage</strong> 7.1-4: Ausbreitungsdiagramm für die Freisetzung von BF3 beim Bruch der<br />
Rohrleitung zwischen dem BF3-Bunker und der Polymerisationsanlage<br />
Die Freisetzung aus größerer Höhe, z.B. bei einem Abriss auf der Rohrbrücke oder im Gebäude der<br />
Polymerisationsanlage würde zu einer geringfügigen Verschiebung des Immissionsmaximums hin zu<br />
größeren Radien führen. Da allerdings in diesen Fällen immer auch von einem lokalen Brand<br />
auszugehen ist, resultieren in Kombination mit der thermischen Überhöhung durch den Brand<br />
insgesamt geringere Einwirkungsradien. Daher ist die hier betrachtete Bodennahe Freisetzung<br />
abdeckend.<br />
Eine Gefährdung von Personen außerhalb des <strong>Anlage</strong>ngeländes oder im Bereich des<br />
Verwaltungsgebäudes kann vernünftigerweise ausgeschlossen werden.<br />
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<strong>Anlage</strong> 7.2: Brand von Methanol<br />
Zum Brand von Methanol werden in diesem Gutachten folgende Szenarien betrachtet:<br />
2.a. Brand im Tanklager 84, 84 N und 85 durch Zerstörung sämtlicher Methanoltanks.<br />
2.b. Brand im Tanklager 84, 84 N und 85 durch Zerstörung eines Methanoltanks in der größten<br />
Tanktasse.<br />
Betrachtet werden die Auswirkungen der beim Brand resultierenden Wärmestrahlung.<br />
Zu 2.a.<br />
Die Wärmestrahlung hängt von der Windgeschwindigkeit und der Lachengröße ab. Die Berechnungen<br />
im Rahmen des vorliegenden Gutachtens erfolgten für eine Windgeschwindigkeit von 3 m/s. Die obere<br />
Grenze für die Lachenfläche bei einem flächendeckenden Brand im Tankfeld 84, 85N und 85<br />
entspricht einem Wert von etwa 3.900 m 2 , wenn man unterstellt, dass keine weiteren Flächen<br />
außerhalb der Tankläger mit Methanol bedeckt werden. Im Falle eines Absturzes ist allerdings davon<br />
auszugehen, dass die Rückhaltefunktion der Tanktasse nicht mehr gegeben ist. In diesem Fall können<br />
größere Brandflächen (bis zu 5.000 m 2 ) auftreten. Die nachfolgend beschriebenen Berechnungen<br />
beziehen sich daher auf eine Fläche der brennenden Methanollache von 5.000 m 2 .<br />
Die zusätzlichen Brandflächen, die durch einen Kerosinbrand hervorgerufen werden, sind nicht<br />
berücksichtigt. Unterstellt man, dass sich ein Kerosinbrand entlang der Streufläche ausbildet, so<br />
ergäbe sich unter der Annahme einer Streubreite von 65 m (entspricht der Spannweite des<br />
Flugzeugs) und einer Streulänge von 100 m eine betroffene Fläche von 6.500 m 2 . Die Streulänge von<br />
100 m ist allerdings nur im dicht bebauten Bereich der Produktionsanlagen plausibel. Im weniger<br />
bebauten östlichen <strong>Anlage</strong>ngelände sind Streulängen bis zu 400 m möglich 1 .<br />
Bei dem nicht ausgeschlossenen Brand der Produktionsanlagen ergeben sich ebenfalls Flächen, die<br />
in einer Größenordnung von 5.000 m 2 .<br />
Nach dem Yellow Book der TNO [TNO-1997] kann die Wärmeleistung in Abhängigkeit von der Distanz<br />
zur Lache, dem Lachendurchmesser und der Windgeschwindigkeit mit Hilfe eines von der TNO<br />
entwickelten Punktstrahlungsmodells berechnet werden. Neben der Verbrennungsenthalpie wird bei<br />
diesem Modell die Flammenlänge benötigt. Bei den Berechnungen für die Szenarien 2.a. und 2.b.<br />
kamen drei Modelle zur Ermittlung der Flammenlänge zum Einsatz.<br />
Im Einzelnen handelt es sich dabei um:<br />
•<br />
•<br />
•<br />
Modell nach Thomas [TNO-1997]<br />
Modell nach Moorhouse [UBA-2000]<br />
Modell der American Gas Association (AGA) [UBA-2000].<br />
1 Die Werte für Streulängen ergeben sich aus der Auswertung von Absturzdaten; siehe <strong>Anlage</strong> 8<br />
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auf die Sicherheit von Betriebsanlagen und den Arbeitsschutz<br />
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In allen drei Modellen wird die Abbrandrate der brennenden Substanz benötigt. Sie wurde nach dem<br />
Modell von Burgess und Zabetakis [UBA-2000] berechnet. Hiernach gilt für die<br />
Abbrandgeschwindigkeit:<br />
mit:<br />
v = v<br />
∞<br />
⋅ [ 1−<br />
exp( −k<br />
1<br />
⋅ d)]<br />
� v: Abbrandgeschwindigkeit in cm/min<br />
� v∞: Abbrandgeschwindigkeit für eine Lache mit unendlichem Durchmesser<br />
(= 0,17 cm/min für Methanol) [UBA-2000]<br />
� k1: Konstante (= 0,046 für Methanol) [UBA-2000]<br />
� d: Lachendurchmesser in cm<br />
Die Abbrandrate m’ ergibt sich aus der Multiplikation der Abbrandgeschwindigkeit mit der Dichte von<br />
Methanol. Sie beträgt 794 kg/m³ bei 20°C [VDI-1994]. Es zeigt sich, dass die Abbrandrate für<br />
sämtliche in diesem Gutachten betrachten Lachenbrandszenarien mit Methanol unabhängig von der<br />
jeweiligen Lachengröße einen Wert von 0,023 kg/m 2 ⋅s annimmt.<br />
Um die Strahlungsdichte in einem vorgegebenen Abstand vom Brandherd zu berechnen, wird die<br />
Verbrennungsenthalpie von Methanol benötigt. Sie wurde dem „Yellow Book“ der TNO entnommen<br />
und beträgt 1,958⋅10 7 J/kg [TNO-1997].<br />
Für den Fall, dass die Lachenfläche infolge der Zerstörung der Tanktasse 5.000 m 2 beträgt, ist der<br />
Wärmestrahlungsfluss als Funktion der Entfernung in der folgenden Abbildung <strong>Anlage</strong> 7.2.1 für eine<br />
Windgeschwindigkeit von 3 m/s dargestellt. Gezeigt sind die einzelnen Funktionen für die<br />
unterschiedlichen Flammenlängenmodelle. Für die Bewertung der Auswirkungen auf benachbarte<br />
<strong>Anlage</strong>teile oder Bereiche außerhalb des Betriebsbereichs wird auf die Resultate mit dem<br />
konservativsten Modell (AGA-Modell) zurückgegriffen.<br />
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auf die Sicherheit von Betriebsanlagen und den Arbeitsschutz<br />
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Wärmestrahlungsfluss in kW/m 2<br />
40<br />
35<br />
30<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
Methanollache<br />
3 m/s Windgeschwindigkeit<br />
5.000 m 2 Lachenfläche<br />
Thomas-Modell<br />
Moorhouse-Modell<br />
AGA-Modell<br />
0<br />
0 100 200 300 400 500<br />
Entfernung in m<br />
Abb. <strong>Anlage</strong> 7.2-1: Wärmestrahlungsfluss als Funktion der Entfernung bei einem Methanolbrand<br />
für eine Lachenfläche von 5.000 m 2 für verschiedene Modelle.<br />
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Zu 2.b.:<br />
Für das Szenario 2.b gilt gleiches wie für Szenario 2.a., mit dem Unterschied, dass mit der Größe der<br />
Tanktasse von 462 m 2 die Lachenfläche festgelegt ist. Die folgende Abbildung <strong>Anlage</strong> 7.2-2 zeigt den<br />
resultierenden Wärmestrahlungsfluss als Funktion der Entfernung von der Tanktasse für die<br />
verwendeten Flammenlängemodelle.<br />
Wärmestrahlungsfluss in kW/m 2<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
Methanollache<br />
3 m/s Windgeschwindigkeit<br />
462 m 2 Lachenfläche<br />
Thomas-Modell<br />
Moorhouse-Modell<br />
AGA-Modell<br />
0<br />
0 25 50 75 100 125 150 175 200<br />
Entfernung in m<br />
Abb. <strong>Anlage</strong> 7.2-2: Wärmestrahlungsfluss als Funktion der Entfernung bei einem Methanolbrand<br />
für eine Lachenfläche von 462 m 2 für verschiedene Modelle.<br />
Nachfolgend wird die Auswirkung eines Methanolbrands für die freigesetzte Menge aller<br />
Methanoltanks betrachtet. Die Entfernung des Methanollagers zu der im Süden angrenzenden ICE-<br />
Linie und zur Autobahn A3 beträgt ca. 280 m. Die nord-westliche Bahnlinie sowie die Bundesstrasse<br />
B43 befinden sich in einer Entfernung von 160 m vom Methanollager. Für den Fall von Lachenflächen<br />
bis 5.000 m 2 , ergeben sich nach den einzelnen Modellen in 160 m Entfernung für eine<br />
Windgeschwindigkeit von 3 m/s folgende Wärmestrahlungsdichten:<br />
•<br />
•<br />
•<br />
Thomas-Modell: 2,3 kW/m 2<br />
Moorhouse-Modell: 4,2 kW/m 2<br />
AGA-Modell: 14,2 kW/m 2<br />
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Die Skalierung der Flammenhöhe mit der Lachenfläche ist für die drei Modelle in den folgenden<br />
Gleichungen angegeben und in der Abbildung <strong>Anlage</strong> 7.2-3 dargestellt. Hierbei ist zu beachten, dass<br />
die Gleichungen für kreisförmige Lachen gelten, in denen über der Lachenfläche eine gleichförmige<br />
Abbrandrate vorliegt. Dies ist außer bei einem Brand in einer abgegrenzten Tanktasse nicht gegeben.<br />
In so weit stellen die Gleichungen eine konservative Beschreibung von Brandauswirkungen dar.<br />
Thomas-Modell:<br />
l(u) =<br />
mit uC<br />
= 3<br />
Moorhouse-Modell<br />
AGA-Modell<br />
mit<br />
l(<br />
u)<br />
=<br />
0,67<br />
⎛ m' ⎞<br />
55 ⋅ d⋅<br />
⎜ ⎟ ⋅u'<br />
(u)<br />
⎜ ρL<br />
g d ⎟<br />
⎝ ⋅ ⋅ ⎠<br />
g ⋅ m'⋅d<br />
ρ<br />
L<br />
⎛<br />
6,<br />
2 ⋅ d⋅<br />
⎜<br />
⎝ ρ<br />
L<br />
m'<br />
⎞<br />
⎟<br />
⋅ g⋅<br />
d ⎟<br />
⎠<br />
−0,<br />
19<br />
0,<br />
254<br />
⎛ m'<br />
⎞<br />
l( u)<br />
= d⋅<br />
⎜ ⎟ ⋅u'<br />
( u)<br />
⎜<br />
L g d ⎟<br />
⎝ ρ ⋅ ⋅ ⎠<br />
0,21<br />
⋅u'<br />
( u)<br />
0,<br />
06<br />
� u: Windgeschwindigkeit in m/s (= 3 m/s)<br />
−0,<br />
044<br />
� ρL: Dichte der Luft in kg/m 3 (= 1,2 kg/m 3 )<br />
� g: Erdbeschleunigung (= 9,81 m/s 2 )<br />
� d: Lachendurchmesser<br />
� u’(u) skalierte Windgeschwindigkeit u/uc<br />
� m’ Abbrandrate (= 0,023 kg/m 2 s, siehe oben)<br />
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Flammenlänge in m<br />
350<br />
300<br />
250<br />
200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
Flammenlängenmodell nach<br />
Thomas<br />
Moorhouse<br />
AGA<br />
0<br />
500 1.000 1.500 2.000 2.500 3.000 3.500 4.000 4.500 5.000<br />
Lachenfläche in m 2<br />
Abb. <strong>Anlage</strong> 7.2-3: Flammenhöhe als Funktion der Lachenfläche für die drei Modelle<br />
Unter Berücksichtigung der kurzen Einwirkzeit auf vorbeifahrende Züge auf der nord-westlich<br />
angrenzenden Bahnlinie, kann bei Wärmestrahlungen bis zu 14,2 kW/m 2 (AGA-Modell) eine<br />
Gefährdung von Personen oder eine nachteilige Wirkung auf die Sicherheit des Zugs ausgeschlossen<br />
werden.<br />
Da bei den Betrachtungen die abschirmende Wirkung von Gebäuden in der „Sichtlinie“ zwischen dem<br />
Brandherd und der Bahnlinie bzw. der Straße nicht berücksichtigt wurde, kann unterstellt werden,<br />
dass auch größere Brände zu keiner Gefährdung führen.<br />
Von dieser Aussage ausgenommen sind ausdrücklich Primärbrände durch das abgestürzte Flugzeug,<br />
insbesondere wenn der Absturz in unmittelbarer Nähe zu externen Verkehrseinrichtungen erfolgt.<br />
Neben den Auswirkungen eines Brandes auf Menschen, Gebäude und Verkehrswege außerhalb des<br />
Betriebsbereichs der Fa. TICONA GmbH sind die Auswirkungen auf benachbarte <strong>Anlage</strong>teile<br />
innerhalb des Betriebsbereichs zu betrachten. Insbesondere bei einem Absturzereignis im Bereich der<br />
Produktionsanlagen ist von einem Brandereignis auszugehen, das den gesamten <strong>Anlage</strong>nkomplex im<br />
Westen des Werksgeländes zwischen den Bauten 24, 44, 41 und 62 sowie den Tankläger 84 bis 85<br />
erfasst.<br />
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<strong>Anlage</strong> 7.3: Explosionsereignisse<br />
In diesem Abschnitt wird eine Explosion im Bereich der Methanoltanks unterstellt. Es wird bei den<br />
Berechnungen konservativ davon ausgegangen, dass die unter dem Dampfdruck des Methanols<br />
stehenden Lagertanks durch Trümmerflug aufreißen, die Gasphase ausströmt, sich mit dem<br />
Luftsauerstoff durchmischt und als zündfähige Wolke „explodiert“. Das freie Volumen aller<br />
Methanoltanks im Tanklager 84/85 beträgt in Summe 1.500 m 3 . Bei einem Dampfdruck von 130 mbar<br />
(bei 20°C) ergibt sich eine Masse von 250 kg Methanol in der Dampfphase bezogen auf das<br />
angenommene freie Volumen von 1.500 m 3 . Die angenommene Gasmasse ist ausreichend<br />
konservativ ohne unrealistisch zu sein. Der Gutachter führte Berechnungen mit unterschiedlichen<br />
Modellen durch. Diese waren im Einzelnen:<br />
•<br />
•<br />
•<br />
TNT-Modell [UBA-2000]<br />
Modell nach Kogarko-Brötz [UBA-2000]<br />
Multi-Energy-Modell nach TNO [TNO-1997]<br />
Für die drei obengenannten Explosionsmodelle wird die Verbrennungsenthalpie von Methanol<br />
benötigt. Sie beträgt nach dem Yellow Book der TNO [TNO-1997] 1,958⋅10 4 kJ/kg. Beim Multi-Energy-<br />
Modell der TNO wurde eine mittlere Verdämmung angenommen. Die maximalen<br />
Explosionsüberdrücke als Funktion der Entfernung vom Explosionszentrum, die sich aus den oben<br />
genannten Modellen ergeben, sind in Abbildung <strong>Anlage</strong> 7.3-1 dargestellt.<br />
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Explosionsüberdruck in mbar<br />
300<br />
250<br />
200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
Masse von Methanol: 250 kg<br />
TNT-Modell<br />
Kogarko-Brötz-Modell<br />
TNO-Multi-Energy-Modell<br />
0<br />
0 50 100 150 200 250 300 350 400<br />
Entfernung in m<br />
Abb. <strong>Anlage</strong> 7.3-1: Maximale Explosionsüberdrücke für unterschiedliche Modelle bei der<br />
Explosion von 250 kg Methanoldampf<br />
Nach Abbildung <strong>Anlage</strong> 7.3-1 ergeben sich für die unterschiedlichen Explosionsmodelle folgende<br />
Gefährdungsradien:<br />
Explosionsüberdruck in mbar TNT-Modell Kogarko-Brötz Multi-Energy Modell<br />
300 (schwere Gebäudeschäden) 28 m 19 m 12 m<br />
100 (reparable Gebäudeschäden) 58 m 47 m 44 m<br />
30 (50 % der Fensterscheiben bersten) 166 m 111 m 134 m<br />
10 (10 % der Fensterscheiben bersten) 349 m 305 m 387 m<br />
Tabelle <strong>Anlage</strong> 7.3-1: Entfernungsradien bei der Explosion aller Methanoltanks für die<br />
verschiedenen Explosionsmodelle<br />
Nachfolgend werden die Auswirkungen einer Explosion im Tanklager auf der dem Betriebsgelände<br />
der Fa. TICONA angrenzenden Autobahn A3 bzw. ICE-Linie und der angrenzenden nord-westlichen<br />
Bahnlinie (S-Bahn) bzw. Bundesstrasse B43 betrachtet. Die Entfernung vom Methanollager zur<br />
Autobahn A3 und der ICE-Linie beträgt ca. 280 m. Als Entfernung zwischen dem Methanollager zur<br />
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Untersuchung von flugbetrieblichen Auswirkungen<br />
auf die Sicherheit von Betriebsanlagen und den Arbeitsschutz<br />
der Firmen TICONA und InfraServ in Kelsterbach für den Ist-Fall<br />
nord-westlichen Bahnlinie bzw. der parallel hierzu verlaufenden Bundesstrasse B43 wurde ein Wert<br />
von etwa 160 m ermittelt.<br />
Für die vom Gutachter verwendeten Modelle ergeben sich folgende Explosionsüberdrücke im Bereich<br />
der nord-westlichen Bahnlinie bzw. der Bundestrasse B43 (160 m Entfernung Methanollager), unter<br />
der Annahme, dass ein Leerraumvolumen von 1.500 m 3 Methanoldampf in den Tanks gezündet wird:<br />
•<br />
•<br />
•<br />
TNT-Modell: 30 mbar<br />
Kogarko-Brötz-Modell: 21 mbar<br />
Multi-Energy-Modell: 25 mbar<br />
Mit einer explosionsfähigen Masse von 250 kg Methanol, ist davon auszugehen, dass ein<br />
Explosionsereignis im Methanollager zu keinen Personenschäden auf der nord-westlichen Bahnlinie<br />
führt.<br />
Der maximale Explosionsdruck auf der Autobahn A3 liegt unter 30 mbar, so dass in den Fahrzeugen<br />
von keiner ernsthaften Gefährdung in Folge einer oder mehrerer Explosionen im Methanoltanklager<br />
ausgegangen werden kann.<br />
Bei der Bewertung der Ergebnisse ist zu beachten, dass die vollständige Zündung des gesamten<br />
Gasvolumens eine konservative Annahme darstellt. Im Falle eines Flugzeugtreffers mit Folgebrand ist<br />
von einem deflagrativen Abbrennen anstelle von einer detonativ verlaufenden Explosion auszugehen.<br />
Auch die Auswirkungen auf externe Verkehrseinrichtungen (Autobahn A3, ICE-Linie, Bahnlinie im<br />
Nord-Westen und Bundesstraße B43) werden durch die berechneten Explosionsüberdrücke<br />
konservativ wiedergegeben, da Abschirmeffekte durch Gebäudeteile, durch die Erdwälle zwischen<br />
dem <strong>Anlage</strong>ngelände und der ICE-Trasse bzw. der Autobahn bei der Berechnung nicht berücksichtigt<br />
wurden.<br />
In so weit sind die Berechnungen, soweit es um Explosionsereignisse im Tanklager oder auch in<br />
Produktionsanlagen geht, insgesamt als abdeckend und konservativ einzustufen.<br />
Die Auswirkungsradien durch Explosionen liegen unter oder maximal in der gleichen Größe, wie die<br />
durch einen Flugzeugabsturz verursachten Schadensareale.<br />
Für Explosionsereignisse, die sich direkt durch den Flugzeugabsturz ergeben, insbesondere wenn<br />
dies in der Nähe der Verkehrswege erfolgt, gilt diese Aussage nicht.<br />
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auf die Sicherheit von Betriebsanlagen und den Arbeitsschutz<br />
der Firmen TICONA und InfraServ in Kelsterbach für den Ist-Fall<br />
<strong>Anlage</strong> 7.4: Brand in der Ethylen-Verdichterstation<br />
Im Folgenden wird der Brand in der Ethylenverdichterstation als direkte Folge eines<br />
Flugzeugabsturzes betrachtet. Angenommen wird, dass sich das aus zwei Saugleitungen (DN 150;<br />
30 bar) austretende Ethylen sofort entzündet 2) . Die hieraus resultierende Wärmestrahlung wird nach<br />
einem Modell der TNO [TNO-1997] berechnet. Es wird vereinfachend angenommen, dass die<br />
austretenden Jets aus den beiden Leitungen zusammengefasst werden können. Dies ist eine sehr<br />
konservative Betrachtungsweise (vgl. auch Abschnitt 7.5).<br />
Beim Abriss einer DN 150 Leitung ergibt sich für den Freisetzungsmassenstrom von Ethylen ein Wert<br />
von 80 kg/s. Für den zusammengefassten Jet verdoppelt sich dieser auf 160 kg/s. Mit dem Ansatz von<br />
Considine und Grint [UBA-2000] ergibt sich damit eine Flammenlänge L und die halbe Breite W in<br />
Abhängigkeit des Massenstroms m’ unter Betrachtung des zusammengefassten Jets (2 × DN 150) zu<br />
und<br />
L = 9.<br />
1⋅<br />
m′<br />
W = 0.<br />
25 ⋅ L<br />
Es ergibt sich damit eine Flammenlänge von 115 m bei einer halben Breite von 29 m. Der Ansatz von<br />
Considine und Grint beruht auf experimentellen Ergebnissen mit Ethylenfreistrahlen und ist daher<br />
nach Ansicht der Gutachter für die Auswirkungsbetrachtung dieses Szenarios geeignet.<br />
Bei diesem sehr konservativen Ansatz ist zu beachten, dass bei der Ermittlung der Flammenlängen<br />
eine unbehinderte Ausbreitung des Freistrahljets unterstellt wurde. Die bauliche Situation im Bereich<br />
der Ethylen-Verdichterstation sowie die mit einem Flugzeugabsturz einhergehende Streuung von<br />
Trümmerteilen läst eine derartige Situation in der Realität nicht zu. Daher ist für eine realistische<br />
Betrachtung von einem Gasbrand auszugehen, der in Größenordnung des vom Flugzeugabsturz<br />
betroffenen Gebiets liegt, unabhängig ob ein oder beide Rohre abreißen bzw. sich zu einem<br />
gemeinsamen Jet vereinigen.<br />
Für die Berechnungen im vorliegenden Gutachten wird nicht berücksichtigt, dass der Druck innerhalb<br />
der Rohrleitung beim Rohrleitungsabriss mit zunehmender Entspannung des Gases abnimmt und sich<br />
dadurch der Massenfluss und die Flammenlänge verringert. Auch die Alternative einer automatisch<br />
wirkenden Absperrung (Schnellschlussarmaturen) wird nicht rechnerisch betrachtet, wenngleich diese<br />
Möglichkeit grundsätzlich besteht. In Abhängigkeit vom Ort der Schnellschlussarmaturen, die in jedem<br />
Fall ausreichend weit außerhalb der Absturzzone entfernt sein müssen, reduziert sich das zur<br />
Verfügung stehende Gasinventar. Dies führt zu einem schnellen Absinken des Gasdruckes in der<br />
Rohrleitung und damit zu einer Reduzierung der Länge der Jetflamme und zu einer zeitlichen<br />
Abnahme der Brandauswirkungen. Die hier beschriebenen Berechnungen stellen somit eine<br />
Maximalabschätzung dar und sind daher als konservativ anzusehen.<br />
Die nach dem Ansatz von Considine und Grint ermittelten Flammenkonturen sind in Abbildung<br />
Anhang 7.4-1 für den Jet aus einer DN 150-Leitung sowie den zusammengefassten Freistrahl aus<br />
zwei abgerissenen DN-150 Leitungen dargestellt.<br />
2) Die Freisetzung aus den Druckleitungen mit 40 bar wird in Abschnitt 7.5 betrachtet.<br />
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Abstand senkrecht zur Strahlachse in m<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
-10<br />
-20<br />
-30<br />
-40<br />
einmal DN 150<br />
zweimal DN 150<br />
(vereinigter Freistrahl)<br />
-50<br />
0 20 40 60 80 100 120 140<br />
Entfernung im m<br />
Abb. <strong>Anlage</strong> 7.4-1: Abmessungen der Flammenkonturen bei einem Freistrahljet beim Freisetzen<br />
von Ethylen (Berechnung nach Considine und Grint)<br />
Die von dieser Flammenkontur ausgehende Wärmestrahlung lässt sich für die beiden betrachteten<br />
Fälle (einmal DN 150 und zweimal DN 150) wie folgt nach TNO [TNO-1997] berechnen. Für den<br />
Wärmestrahlungsfluss Q(r) in Abhängigkeit von der Distanz r zur Flammenoberfläche gilt:<br />
mit:<br />
Q(<br />
r)<br />
Fs<br />
⋅ ∆hc<br />
⋅ m<br />
=<br />
2<br />
4 ⋅ π ⋅ r<br />
h<br />
� Fs: Abstrahlungsfaktor, d.h. Bruchteil der Wärme, die von der<br />
Flammenoberfläche abgestrahlt wird (s.u)<br />
� ∆hc: Verbrennungsenthalpie (= 4,71⋅10 7 J/kg für Ethylen [TNO-1979])<br />
� mh: Abbrandgeschwindigkeit in kg/s (s.u.)<br />
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Nach TNO [TNO-1997] entspricht die Abbrandgeschwindigkeit der Freisetzungsrate für die brennbare<br />
Substanz in kg/s. Für den Fall, dass nur ein Freistrahl betrachtet wird, beträgt die Abbrand-<br />
geschwindigkeit somit 80 kg/s, werden beide Freistrahlen zusammengefasst beträgt sie 160 kg/s. Der<br />
Bruchteil der Wärme Fs, die von der Flammenoberfläche abgestrahlt wird, kann nach einem Verfahren<br />
der TNO [TNO-1997] berechnet werden. Hierzu benötigt man die Geschwindigkeit des austretenden<br />
Freistrahls u bzw. den statischen Druck pc in der Ebene der Ausflussöffnung.<br />
Der statische Druck pc kann wie folgt berechnet werden:<br />
mit:<br />
p<br />
c<br />
= p<br />
init<br />
⎛ 2 ⎞<br />
⋅ ⎜ ⎟<br />
⎝ γ + 1⎠<br />
γ−1<br />
γ<br />
� pinit: Ausgangsdruck in Pa (= 30⋅10 5 Pa)<br />
� γ: Adiabatenexponent (= 1,4)<br />
Die Mach-Zahl für den austretenden Freistrahl folgt hieraus mit:<br />
Ma =<br />
( γ + 1)<br />
⎛ pc<br />
⎞<br />
⋅ ⎜ ⎟<br />
⎜ p ⎟<br />
⎝ u ⎠<br />
γ − 1<br />
γ−1<br />
γ<br />
wobei pu den Umgebungsdruck (= 1,013⋅10 5 Pa) darstellt.<br />
Die Freistrahlgeschwindigkeit ergibt sich damit aus:<br />
mit:<br />
u = Ma ⋅<br />
γ ⋅ R ⋅ T<br />
M<br />
i<br />
− 2<br />
� M: molare Masse (= 0,028 kg/mol)<br />
� R: universelle Gaskonstante (= 8,314 J/(mol K))<br />
� Ti: Temperatur des Freistrahls<br />
Die Berechnungsgleichung für die Temperatur des Freistrahls lautet mit der Temperatur des Gases in<br />
der Rohrleitung Ts (= 293,15 K):<br />
⎛ p<br />
T i = Ts<br />
⋅ ⎜<br />
⎝ p<br />
u<br />
init<br />
Hieraus folgt für den Bruchteil der Wärme, die von der Flammenoberfläche abgestrahlt wird:<br />
⎞<br />
⎟<br />
⎠<br />
γ−1<br />
γ<br />
F = 0,<br />
21⋅<br />
exp( −0,<br />
00323 ⋅ u)<br />
+ 0,<br />
11<br />
s<br />
Für die hier betrachteten Szenarien errechnet sich für FS ein Wert von 0,132, d.h. 13,2 % der beim<br />
Brand freigesetzte Wärme wird in Form von Wärmestrahlung an die Umgebung abgegeben.<br />
Wie aus der letzten Gleichung deutlich wird, ist der Abstrahlungsfaktor Fs proportional exp(-u), d.h. je<br />
höher die Ausströmgeschwindigkeit ist, umso geringer ist der Anteil der an die Umgebung<br />
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abgegebenen Wärme. Daher wurde die Wärmeberechnung mit dem niedrigeren Druck der Saugseite<br />
durchgeführt, da die Ausströmgeschwindigkeit proportional dem Austrittsdruck ist.<br />
Der Wärmestrahlungsfluss ausgehend von der Flammenkontur in Abhängigkeit zur Entfernung von<br />
der Flamme ist in folgender Abbildung grafisch für den Fall des einzelnen und des<br />
zusammengefassten Freistrahls dargestellt:<br />
Wärmestrahlungsfluss in kW/m 2<br />
40<br />
35<br />
30<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
Freistrahlbrand Ethylen (Verdichterstation)<br />
einmal DN 150 (30 bar)<br />
zweimal DN 150 (je 30 bar)<br />
(zusammengefasster Freistrahl)<br />
0<br />
0 25 50 75 100 125 150 175 200 225 250 275 300 325 350<br />
Entfernung in m<br />
Abb. <strong>Anlage</strong> 7.4-2: Wärmestrahlungsfluss als Funktion der Entfernung von der<br />
Flammenoberfläche beim Freistrahlbrand von Ethylen in der Verdichterstation<br />
für den einzelnen und den zusammengefassten Freistrahl<br />
Für den Fall, dass beide Freistrahlen zusammengefasst werden können, wird der krit. Wärme-<br />
strahlungsfluss für Personen von 10 kW/m 2 ab 92 m und für Gebäude von 8 kW/m 2 ab 102 m<br />
Entfernung von der Flammenoberfläche unterschritten. Mit der Flammenlänge von 115 m ergibt sich<br />
somit ein Gefährdungsradius von 207 m (für Personen) bzw. 217 m (für benachbarte <strong>Anlage</strong>nteile).<br />
Wenn davon ausgegangen wird, dass sich kein ungehinderter Freistrahl ausbildet, dann beträgt der<br />
Gefährdungsradius max. 92 für Personen bzw. 102 m für Gebäude.<br />
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<strong>Anlage</strong> 7.5: Explosion in der Ethylen-Verdichterstation<br />
Der Abriss verschiedener Ethylen-Rohrleitungen auf der Druckseite ist Gegenstand dieses<br />
Abschnitts 3) .<br />
Folgende Szenarien werden im Einzelnen betrachtet:<br />
5.a. Abriss einer Rohrleitung DN 150 mit 40 bar Arbeitsdruck an der Nordwestwand des Gebäudes<br />
P 257<br />
5.b. Abriss einer Rohrleitung DN 200 mit 40 bar Arbeitsdruck an der Südseite des Gebäudes<br />
P 257<br />
5.c. Abriss von drei Leitungen DN 200 mit je 40 bar Arbeitsdruck<br />
Aufgrund des Abrisses der Rohrleitungen durch Trümmerflug kommt es zur Ausbildung eines<br />
Freistrahls. Als Folgewirkungen der Freisetzungen werden eine Explosion sowie ein Freistrahlbrand<br />
betrachtet.<br />
Wenngleich das unterstellte Ereignis des Abrisses dreier Leitungen (Szenario 5.c.) aufgrund der<br />
räumlichen Anordnung prinzipiell denkbar ist (Abb. <strong>Anlage</strong> 4.1-2 in <strong>Anlage</strong> 4), da alle Leitungen an<br />
einem Sammler einbinden, ist die Vereinigung der drei Strahlen zu einem gemeinsamen Jet als<br />
unwahrscheinlich einzustufen. Grund hierfür ist zum einen, dass die Leitungen von oben nach unten in<br />
den Sammler eingebunden sind und daher bei einem Abriss der vertikalen Leitungsführung die drei<br />
Strahlen auf den Boden gerichtet sind ohne dass sich ein Freistrahljet ausbilden kann. Bei einem<br />
vollständigen Abriss in der horizontalen Leitungsführung würden sich die Freisetzungsstrahlen in der<br />
Längsachse des Verdichtergebäudes ausbreiten. Eine Freisetzung nach Außen kann bei intaktem<br />
Gebäude nur in westlicher Richtung erfolgen. Da bei einem Absturz eines Flugzeuges auf oder in das<br />
Verdichtergebäude plausiblerweise auch die Zerstörung des Verdichtergebäudes zu unterstellen ist,<br />
muss von Trümmern und verbogenen Leitungen ausgegangen werden. Diese Effekte sprechen gegen<br />
einen glatten Rohrleitungsabriss gleichzeitig an drei Leitungen, die alle in die gleiche Richtung zeigen<br />
und in der die Ausbildung eines Freistrahles nicht durch Trümmer behindert wird. Dies bedeutet, dass<br />
das Szenarium 5.c. nur eintreten kann, wenn gleichzeitig die folgenden Bedingungen erfüllt sind:<br />
•<br />
•<br />
•<br />
Glatter Abriss aller drei Leitungen DN 200, ohne strahlverzerrende Einschnürungen.<br />
Gleiche horizontale Ausrichtung der offenen Leitungsenden.<br />
Freies Ausströmungsfeld ohne strahlverzerrende Hindernisse.<br />
Grundsätzlich gelten diese Bedingungen auch für die beiden anderen Szenarien, da auch in diesen<br />
Fällen ein ungehinderter Freistrahl sich nur ausbilden kann, wenn es zu keinen strahlverzerrenden<br />
Einschnürungen kommt, der Strahl nicht gegen den Boden gerichtet ist und wenn keine Hindernisse<br />
im Freistrahlweg liegen.<br />
Berechnet man die Iso-Konzentrationslinien für die UEG von Ethylen (2,7 Vol-%) [Naber-1991] mit<br />
dem Programm HGJET von Prof. Schatzmann [Schatzmann-1979], so ergeben sich für eine Leitung<br />
3)<br />
Die Freisetzung auf der Saugseite (30 bar) ist in Abschnitt 7.4 betrachtet.<br />
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DN 150 und 40 bar bei einem Rohrleitungsabriss Distanzen für den EX-Bereich bis 80 m und bei<br />
3 × 200 DN bis 190 m (siehe folgende Abbildung <strong>Anlage</strong> 7.5-1).<br />
Ausdehnung senkrecht zur Strahlachse in m<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
-5<br />
-10<br />
-15<br />
Isokonzentrationslinien: Freisetzung von Ethylen (UEG = 2,7 Vol-%)<br />
dreimal DN 200 (40 bar)<br />
DN 150 (40 bar)<br />
-20<br />
0 20 40 60 80 100 120 140 160 180 200<br />
Entfernung vom Freisetzungsort in m<br />
Abb. <strong>Anlage</strong> 7.5-1: Iso-Konzentrationslinien bei der Ethylenfreisetzung<br />
Im weiteren Gang der Berechnungen soll die im Freistrahl freigesetzte Menge an Ethylen zünden. Die<br />
Berechnungen der hieraus resultierenden Explosionsüberdrücke wurden mit den in <strong>Anlage</strong> 7.3<br />
genannten Modellen durchgeführt. Die hierbei zugrundegelegten explosionsfähigen Massen von<br />
Ethylen für die im Einzelnen betrachteten Szenarien sind in nachstehender Tabelle angegeben.<br />
Rohrleitung Massenstrom in kg/s explosionsfähige Masse in kg<br />
DN 150 mit 40 bar 131 431<br />
DN 200 mit 40 bar 232 1.021<br />
3 × DN 200 mit 40 bar 696 5.287<br />
Tabelle <strong>Anlage</strong> 7.5-1: Explosionsfähige Massen bei der Freisetzung von Ethylen nach dem Abriss<br />
einer oder mehrerer Rohrleitungen<br />
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Der für die einzelnen Rohrleitungen bzw. freigesetzten Massen von Ethylen aus Tabelle <strong>Anlage</strong> 7.5-1<br />
resultierende Überdruck bei einer Gaswolkenexplosion ist als Funktion der Entfernung in den<br />
Abbildungen <strong>Anlage</strong> 7.5-2 bis 7.5-4 grafisch dargestellt.<br />
Bei den durchgeführten Explosionsdruckberechnungen ist allerdings zu beachten, dass diese unter<br />
der Annahme durchgeführt wurden, dass sich zuerst ein ungestörter Freistrahl ausbildet, der dann<br />
über den Volumenbereich zwischen der unteren und oberen Explosionsgrenze zündet. Sowohl im<br />
Falle eines Flugzeugabsturzes als auch bei der Einwirkung größerer Trümmer kann unterstellt<br />
werden, dass unmittelbar nach dem Abriss der Leitungen auch eine Zündquelle zur Verfügung steht.<br />
In diesem Fall steht deutlich weniger Gasvolumen zur Zündung zur Verfügung. Daher sind die<br />
angegebenen Explosionsüberdrücke als konservative Werte einzustufen.<br />
Geht man von einer ungerichteten Gasfreisetzung aus, dann bleibt die freigesetzte Gasmasse gleich,<br />
nur die räumliche Verteilung und die Durchmischung des Gases ändern sich. In diesem Fall ist das<br />
TNO-Modell das geeignete Modell. Wenn eine unveränderte zündfähige Masse angenommen wird,<br />
liegen für die Grenzwerte 200 bzw. 300 mbar die Gefährdungsradien bei 55 bzw. 84 m, d.h. bei ca.<br />
der Hälfte der mit dem TNT-Modell ermittelten Radien (104 bzw. 162 m).<br />
Explosionsüberdruck in mbar<br />
300<br />
250<br />
200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
Masse von Ethylen: 431 kg<br />
TNO-Multi-Energy-Modell<br />
TNT-Modell<br />
Kogarko-Brötz-Modell<br />
0<br />
0 100 200 300 400 500 600 700<br />
Entfernung in m<br />
Abb. <strong>Anlage</strong> 7.5-2: Explosionsüberdrücke bei der Ethylenfreisetzung (DN 150 mit 40 bar)<br />
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der Firmen TICONA und InfraServ in Kelsterbach für den Ist-Fall<br />
Explosionsüberdruck in mbar<br />
300<br />
250<br />
200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
Masse von Ethylen: 1.021 kg<br />
TNO-Multi-Energy-Modell<br />
TNT-Modell<br />
Kogarko-Brötz-Modell<br />
0<br />
0 200 400 600 800<br />
Entfernung in m<br />
Abb. <strong>Anlage</strong> 7.5-3: Explosionsüberdrücke bei der Ethylenfreisetzung (DN 200 mit 40 bar)<br />
Explosionsüberdruck in mbar<br />
300<br />
250<br />
200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
Masse von Ethylen: 5.287 kg<br />
TNO-Multi-Energy-Modell<br />
TNT-Modell<br />
Kogarko-Brötz-Modell<br />
0<br />
0 200 400 600 800 1000 1200 1400 1600 1800<br />
Entfernung in m<br />
Abb. <strong>Anlage</strong> 7.5-4: Explosionsüberdrücke bei der Ethylenfreisetzung (3 × DN 200 mit 40 bar)<br />
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Im Folgenden wird nach der Explosion von einem Folgebrand des Ethylenjets ausgegangen. Dies ist<br />
eine konservative Betrachtungsweise, da es nicht gleichzeitig zur Ausbildung einer stabilen Flamme<br />
mit den gleichen Abmessungen wie dem zündfähigen Bereich, wenn ein Freistrahl verzögert gezündet<br />
wird, kommt. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass in der Realität nicht von einem stationären<br />
Freisetzungsmassenstrom ausgegangen werden kann, sondern dass sich der Freisetzungsmassen-<br />
strom aufgrund des abnehmenden Drucks verringert und damit zu geringeren Auswirkungen führt.<br />
Für die zu Beginn dieses Abschnitts genannten Szenarien zur Freisetzung von Ethylen aus einer oder<br />
mehreren Rohrleitungen wurden in Analogie zu den Berechnungen in <strong>Anlage</strong> 7.4 die resultierenden<br />
Wärmestrahlungsflüsse in Abhängigkeit zur Entfernung der Flammenoberfläche berechnet. Die<br />
zugrundegelegten Massenströme und Rohrleitungsdurchmesser sind der Tabelle <strong>Anlage</strong> 7.5-1 zu<br />
entnehmen. Die Ergebnisse der Berechnung hierzu sind in folgender Abbildung <strong>Anlage</strong> 7.5-5<br />
dargestellt.<br />
Wärmestrahlungsfluss in kW/m 2<br />
40<br />
35<br />
30<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
Freistrahlbrand Ethylen (Pipelines)<br />
DN 150 (40 bar)<br />
DN 200 (40 bar)<br />
dreimal DN 200 (je 40 bar)<br />
0<br />
0 50 100 150 200 250 300 350<br />
Entfernung in m<br />
Abb. <strong>Anlage</strong> 7.5-5: Wärmestrahlungsfluss als Funktion der Entfernung von der<br />
Flammenoberfläche beim Freistrahlbrand von Ethylen aus Ethylenpipelines.<br />
Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass möglicherweise andere Freistrahlkonfigurationen, als die oben<br />
gemachte Annahme des Zusammenfassens dreier Freistrahlen zu einem Freistrahl, zu größeren<br />
Gefährdungen führen können. So ist z. B. denkbar, dass sich die drei Freistrahlen in 3<br />
unterschiedliche Richtungen ausbreiten. Dies führt zwar zu kürzeren Freistrahllängen, allerdings ist in<br />
diesem Fall die gefährdete Fläche größer.<br />
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auf die Sicherheit von Betriebsanlagen und den Arbeitsschutz<br />
der Firmen TICONA und InfraServ in Kelsterbach für den Ist-Fall<br />
Auf der Basis weiterer Berechnungen nach dem Freistrahlmodell nach Considine und Grint [UBA-<br />
2000], bei denen unterstellt wird, dass sich ein Freistrahl in jeder horizontalen Richtung um das<br />
Gebäude ausbilden kann, wobei als Quelle eine Leitung mit DN 200 (Massenstrom 232 kg/s, siehe<br />
Tab. <strong>Anlage</strong> 7.5-1) angenommen wurde, ergibt sich eine Gefahrenzone um das Verdichtergebäude<br />
von 259 m. Dieser Wert setzt sich additiv aus der Flammenlänge (139 m) und der Entfernung von der<br />
Flammenoberfläche zusammen, bei der ein kritischer Wärmestrahlungsfluss für Gebäude (vgl. hierzu<br />
auch <strong>Anlage</strong> 7.1) von 8 kW/m² unterschritten wird. Wenn davon ausgegangen wird, dass sich kein<br />
ungehinderter Freistrahl ausbildet, dann beträgt der Gefährdungsradius max. 120 m (gestrichelter<br />
Radius in der folgenden Abbildung).<br />
100 m<br />
Abb. <strong>Anlage</strong> 7.5-6: Gefahrenbereich um das Verdichtergebäude bei der Ethylenfreisetzung mit<br />
nachfolgendem Brand (kritische Bestrahlungsstärke für Fabrikgebäude<br />
8 kW/m², vgl. hierzu auch <strong>Anlage</strong> 7.1)<br />
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Untersuchung von flugbetrieblichen Auswirkungen<br />
auf die Sicherheit von Betriebsanlagen und den Arbeitsschutz<br />
der Firmen TICONA und InfraServ in Kelsterbach für den Ist-Fall<br />
<strong>Anlage</strong> 7.6: Brand im Lager P 205<br />
In diesem Kapitel werden die Auswirkungen eines Brandes im Lager P 205, in dem nicht<br />
störfallrelevante Stoffe, insbesondere große Mengen an Kunststoffen gelagert werden, untersucht.<br />
Dabei handelt es sich nach den Angaben von TICONA um folgende Kunststofftypen:<br />
Kunststofftyp Handelsname Elementarbestandteile<br />
Polyoxymethylen Hostaform® C, H, O<br />
Polyester Vectra® C, H, O<br />
Glasfaserverstärkte Kunststoffe Celstran® C, H, N, O<br />
Polyphenylensulfid Fortron® C, H, S<br />
Tabelle <strong>Anlage</strong> 7.6-1: Gelagerte Kunststoffe auf dem Werksgelände der Fa. TICONA GmbH<br />
Aufgrund der Elementarzusammensetzung der gelagerten Kunststoffe sind nur die Produkte<br />
Celstran® und Fortron® zu betrachten. Die beiden anderen Produkte Hostaform® und Vectra®<br />
tragen im Brandfall nur durch die üblichen Brandgase CO, CO2 und NOx zur Freisetzung bei, die auch<br />
beim Brand von Kerosin entstehen. Beim Brand von Celstran® kann neben NOx das Schadgas HCN<br />
(Cyanwasserstoff) entstehen. Wenngleich NOx als thermisch stabilere Verbindung im Rauchgas<br />
dominiert, wird die Bildung von HCN als abdeckende Schadgaskomponente beim Brand von<br />
Kunststoffen eingestuft [Ortner-1995]. Abhängig vom Stickstoffanteil können zwischen 1 und 10 % des<br />
verbrannten Kunststoffes als HCN freigesetzt werden. Da diese Verbindung im Vergleich zu SO2<br />
thermisch instabiler ist, wird bei einem durch Kerosin verursachten Großbrand selbst im Falle einer<br />
höheren Bildungsrate von HCN der Beitrag zur toxischen Freisetzung gering ausfallen.<br />
Daher wird ausgehend von den oben aufgeführten Kunststoffen im Folgenden als Szenario ein Brand<br />
von Fortron® betrachtet mit der Bildung von Schwefeldioxid. Die maximal gelagerte Menge an<br />
Fortron® beträgt nach Angaben von TICONA max. 500 Tonnen.<br />
Untersuchungen, die zum Brandverhalten von Fortron® im Brandhaus der Fa. Höchst durch den<br />
Gutachter TÜV Pfalz durchgeführt wurden zeigen:<br />
•<br />
•<br />
•<br />
Fortron® brennt unter den Bedingungen einer Unterfeuerung (beim Versuch Methanol) nicht<br />
eigenständig,<br />
die Abbrandrate, d.h. der Massenverlust war innerhalb der Messunsicherheiten nicht feststellbar,<br />
die SO2-Bildungsrate betrug im Mittel 28,3 mg/s.<br />
Wie die Brandversuche gezeigt haben, kann Fortron® nur in Anwesenheit eines brennbaren Stoffes<br />
brennen. Eine eigenständiger Beitrag von Fortron® zur Wärmeemission konnte nicht festgestellt<br />
werden. Daher muss nach Ansicht des Gutachters im Falle eines Flugzeugabsturzes die mitgeführte<br />
Kerosinmenge beim Brandereignis im Lager berücksichtigt werden, da es ohne einen Kerosinbrand zu<br />
keinem eigenständigen Abbrand von Fortron® kommt.<br />
Da bereits die Emission ohne thermische Überhöhung zu keiner Grenzwertüberschreitung kommt,<br />
wurde auf die thermische Überhöhung nicht weiter untersucht.<br />
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auf die Sicherheit von Betriebsanlagen und den Arbeitsschutz<br />
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Der Parameterstudie lagen folgende Ausbreitungsparameter zugrunde:<br />
� Freisetzungshöhe: bodennah<br />
� Quellstrom: 28,3 mg/s<br />
� Rauhigkeitsklasse: 5 (z0 = 1,2 m)<br />
� Bebauungshöhe: 20 m<br />
Das hieraus errechnete Ausbreitungsdiagramm ist in der folgenden Abbildung <strong>Anlage</strong> 7.6-1<br />
dargestellt.<br />
max. Immisionskonzentration in mg / m 3<br />
1.000<br />
100<br />
10<br />
1<br />
0,1<br />
0,01<br />
Freisetzung von SO 2 durch Brand in P205<br />
Freisetzung von 2.83·10 -2 g/s; bodennah,<br />
20 m Sperrschicht, ungünstigste Ausbreitungssituation<br />
ERPG-2-Wert = 8 mg/m 3<br />
IDLH-Wert = 266 mg/m 3<br />
ERPG-3-Wert = 40 mg/m 3<br />
1E-3<br />
0 100 200 300 400 500 600 700 800 900 1.000<br />
Entfernung in m<br />
Abb. <strong>Anlage</strong> 7.6-1: Ausbreitungsdiagramm für die Freisetzung von SO2 aus Fortron® bei Brand<br />
des Lager P 205 ohne Berücksichtigung des zusätzlichen thermischen<br />
Auftriebs durch brennendes Kerosin<br />
Aus Abb. <strong>Anlage</strong> 7.6-1 ist ersichtlich, dass der ERPG-2-Wert (8 mg/m 3 ) und der ERPG-3-Wert<br />
(40 mg/m 3 ) zu keiner Zeit überschritten wird.<br />
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<strong>Anlage</strong> 7.7: Freisetzung von Formaldehyd<br />
Als zusätzliches Szenario wird im Folgenden die Freisetzung von Formaldehyd als weiterer giftiger<br />
Stoff betrachtet.<br />
Hierbei wird angenommen, dass die drei Formaldehyd-Behälter im Tanklager 84 durch einen<br />
Flugzeugabsturz oder Trümmerflug oder durch die Druckwelle einer Explosion zerstört werden. Wie<br />
der <strong>Anlage</strong> 2.4 entnommen werden kann, liegt der maximale Hold-Up bei 600.000 kg. Die Behälter<br />
besitzen zusammen ein Gesamtvolumen von 600 m 3 . Es wird nun angenommen, dass diese 600 m 3<br />
eine Lache bilden, aus der das Formaldehyd abdampft. Da anzunehmen ist, dass durch den<br />
Flugzeugabsturz die Tanktasse zerstört wird und somit ihre Rückhaltefunktion verliert (vgl.<br />
Ausführungen in <strong>Anlage</strong> 4), wird eine freie Lachenausbreitung unterstellt. Durch diese Annnahme<br />
werden die Szenarien „Zerstörung durch Trümmerflug“ bzw. „Druckwelle“ mit abgedeckt.<br />
Die Größe der Lache wird mit einer Fläche von 5.000 m 2 abgeschätzt, da zum einen die Ausbreitung<br />
der Lache durch Aufkantungen zur Straße gehindert und zum anderen durch den Anstieg des<br />
Geländes im Bereich des Lagers begrenzt wird. Der zur Berechnung des Abdampfstromes benötigte<br />
Partialdruck von Formaldehyd über der wässrigen Lösung wurde mit nachfolgender Gleichung<br />
berechnet [Ullmann-2000].<br />
mit:<br />
p<br />
⎡<br />
0,<br />
1333 ⋅F<br />
⋅ exp⎢−<br />
F<br />
⎣<br />
⎡<br />
3451,<br />
72 248.<br />
257,<br />
3⎤⎤<br />
⋅ ⎢−12,<br />
0127 + + ⎥⎥<br />
⎣<br />
T T ⎦⎦<br />
0,<br />
0876<br />
D = 2<br />
� pD: Partial-Dampfdruck in kPa<br />
� F: Massenteil von Formaldehyd in der wässrigen Lösung in %<br />
� T: Temperatur in K<br />
Der Massenanteil an Formaldehyd in den Lagertanks beträgt gemäß den Angaben im Sicherheits-<br />
bericht 55%. Für 20°C erhält man einen Dampfdruck von 1,71 mbar.<br />
Mit der Lachenfläche von 5.000 m² und dem berechneten Partialdruck von Formaldehyd ergibt sich<br />
mit der Gleichung für die Lachenverdampfung nach TNO [TNO-1979] ein Freisetzungsmassenstrom<br />
bei einer Windgeschwindigkeit von 1 m/s von 14 g/s und bei einer Windgeschwindigkeit von 3 m/s ein<br />
Freisetzungsmassenstrom von 33,1 g/s.<br />
Mit diesen Werten wird eine Ausbreitungsberechnung nach VDI 3783 Blatt 1 durchgeführt. Die hieraus<br />
erhaltenen Immissionskonzentrationen als Funktion der Entfernung vom Freisetzungsort ist in Abb.<br />
<strong>Anlage</strong> 7.7-1 dargestellt. Die restlichen Freisetzungsparameter entsprechen denen bei der<br />
Ausbreitungsrechnung für BF3 in <strong>Anlage</strong> 7.1.<br />
Eine thermische Überhöhung wurde im vorliegenden Fall nicht berücksichtigt, da die frei aufgestellten<br />
Formaldehyd-Behälter, auch bei größeren Abständen durch die Einwirkung von Trümmerflug oder<br />
Explosionsdruck beschädigt werden können, ohne dass in unmittelbarer Nähe sich ein Folgebrand<br />
durch den Flugzeugabsturz ausbildet.<br />
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auf die Sicherheit von Betriebsanlagen und den Arbeitsschutz<br />
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max. Immissionskonzentration in mg/m 3<br />
1.000<br />
100<br />
10<br />
1<br />
0,1<br />
Freisetzung von 600 m 3 Formaldehyd<br />
Lachenverdampfung<br />
ungünstigste Ausbreitungssituation (14,0 g/s)<br />
mittlere Ausbreitungssituation<br />
(Windgeschwindigkeit: 3 m/s; 33,1 g/s)<br />
ERPG-2-Wert<br />
IDLH-Wert<br />
ERPG-2-Wert<br />
0,01<br />
0 100 200 300 400 500 600 700 800 900 1.000<br />
Entfernung in m<br />
Abb. <strong>Anlage</strong> 7.7-1: Ausbreitungsdiagramm für die Freisetzung von 600 m 3 Formaldehyd<br />
Der ERPG-2-Wert für Formaldehyd (12,5 mg/m 3 ) wird bei ungünstigster Ausbreitungssituation ab<br />
einer Entfernung von etwa 112 m unterschritten. Der IDLH-Wert (25 mg/m 3 ) wird ab einer Distanz von<br />
69 m unterschritten. Ein Unterschreiten des ERPG-3-Werts für Formaldehyd (31,25 mg/m 3 ) erfolgt ab<br />
einer Entfernung von ca. 60 m.<br />
Ergänzend zur oben beschriebenen Ausbreitungsberechnung wurde der Einfluss einer brennenden<br />
Kerosinlache auf die Abdampfrate für Formaldehyd untersucht. Aufgrund der Wärmeeinstrahlung des<br />
brennenden Kerosins auf die Formaldehydlache kommt es zur Temperaturerhöhung der Lache, was<br />
eine höhere Abdampfrate zur Folge hat.<br />
Es wird im Folgenden von einer brennenden Kerosinmenge von 20 t ausgegangen. Hieraus ergibt<br />
sich nach Tabelle <strong>Anlage</strong> 7.1-2 ein Durchmesser der brennenden Kerosinlache von 78,8 m. Bei einer<br />
Windgeschwindigkeit von 1 m/s ergibt sich nach dem Modell nach Thomas (siehe <strong>Anlage</strong> 7.2) eine<br />
Flammenhöhe von 37,5 m. Die Kerosinflamme wurde demnach als senkrechte Wand mit der Breite<br />
von 78,8 m und einer Höhe von 37,5 m modelliert. Der Wärmestrom, der von dieser Wand emittiert<br />
wird, beträgt nach dem Mudan-Modell (siehe Anhang 7.1) 20 kW/m 2 .<br />
Die Lache wird als quadratische Fläche angenommen, die Seitenlänge dieser Fläche ergibt sich aus<br />
der oben genannten Lachenfläche von 5000 m 2 zu 70,7 m. Der Abstand der Flammenfläche zur Lache<br />
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wurde variiert. Der gesamte aus der Formaldehydlache freigesetzte Formaldehydmassenstrom ist für<br />
ausgewählte Abstände zur Flammenwand in folgender Tabelle dargestellt.<br />
Abstand Flammenoberfläche – Lache in m Abdampfrate für Formaldehyd in g/s<br />
25 1.380<br />
100 488<br />
200 29,0<br />
ohne Einwirkung von brennendem Kerosin 14,0<br />
Tab. <strong>Anlage</strong> 7.7-1: Abdampfraten für Formaldehyd als Funktion des Abstands der<br />
brennenden Kerosinlache<br />
Die größte Abdampfrate für Formaldehyd ergibt sich bei einem Abstand der Flammenwand zur<br />
Formaldehydlache von 25 m. Für größere Abstände wird der Einfluss der Kerosinflamme auf die<br />
Abdampfrate von Formaldehyd immer geringer und nähert sich dem Wert (14 g/s) an, der sich ohne<br />
Berücksichtigung der Kerosinflamme ergibt.<br />
Bei kleineren Abständen würden sich noch größere Abdampfraten ergeben, allerdings kann bei<br />
kleineren Abständen davon ausgegangen werden, dass sich aufgrund der direkten<br />
Flammeneinwirkung der Kerosinflamme das freigesetzte Formaldehyd entzündet und unter den<br />
vorhandenen Vollbrandbedingungen zu H2O und CO2 verbrannt wird. Für die Ausbreitungs-<br />
betrachtung nach VDI 3783 Blatt 1 wird daher konservativ von einem Formaldehydmassenstrom von<br />
1.380 g/s ausgegangen.<br />
Zusätzlich muss für die Ausbreitungsberechnung nach VDI 3783 Blatt 1 die thermische Überhöhung,<br />
welche durch das brennende Kerosin verursacht wird, mit berücksichtigt werden. Für einen Brand von<br />
20 t Kerosin liegt die emittierte Wärmeleistung bei 97,6 MW.<br />
Die Formaldehydlache wird bei der Ausbreitungsberechnung als Flächenquelle mit den<br />
Ausdehnungen in x und y-Richtung von 70,7 m berücksichtigt. Der flächenbezogene Massenstrom<br />
ergibt sich aus der Abdampfrate (1.380 g/s) und der Lachenfläche (5.000 m 2 ) zu 0,2716 g/(m 2 ·s).<br />
Die aus der Ausbreitungsberechnung erhaltenen Ergebnisse sind für die ungünstigste<br />
Ausbreitungssituation in folgender Abbildung dargestellt. Zusätzlich ist zum Vergleich der Graph für<br />
die ungünstigste Ausbreitungssituation aus Abbildung 7.7-1 mit eingetragen.<br />
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max. Immissionskonzentration in mg/m 3<br />
1.000<br />
100<br />
10<br />
Freisetzung von 600 m 3 Formaldehyd<br />
Lachenverdampfung<br />
ungünstigste Ausbreitungssituation (14,0 g/s)<br />
ungünstigste Ausbreitungssituatiom<br />
(1.380 g/s; thermische Überhöhung: 97,6 MW)<br />
ERPG-2-Wert<br />
IDLH-Wert<br />
0 100 200 300 400 500<br />
Entfernung in m<br />
Abb. <strong>Anlage</strong> 7.7-2: Ausbreitungsdiagramm für die Freisetzung von 600 m 3 Formaldehyd mit und<br />
ohne Berücksichtung des Einflusses von brennendem Kerosin.<br />
Der ERPG-2-Wert von Formaldehyd (12,5 mg/m 3 ) wird bei ungünstigster Ausbreitungssituation unter<br />
Berücksichtigung des Kerosinbrands in ca. 130 m Entfernung von der Lache unterschritten. Dies sind<br />
etwa 20 m mehr als für den Fall ohne Berücksichtigung des Einflusses des Kerosinbrands. Der IDLH-<br />
Wert von Formaldehyd (25 mg/m 3 ) wird bei Berücksichtigung des Kerosinsbrands nach ca. 50 m<br />
Entfernung von der Lachenfläche unterschritten. Bei der Ausbreitungsberechnung ohne den Einfluss<br />
des brennenden Kerosins ergab sich hierfür eine Entfernung von 69 m. Die Berechnungen zeigen,<br />
dass unter dem Einfluss des brennenden Kerosins trotz eines fast um einen Faktor 100 größeren<br />
Freisetzungsmassenstroms für Formaldehyd eine nur geringe Erhöhung des Gefährdungsradius von<br />
ca. 20 m resultiert.<br />
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<strong>Anlage</strong> 7.8: Abriss der Erdgasleitung<br />
Nachstehend werden die Auswirkungen des Abrisses der durch den östlichen Werksteil führenden<br />
Erdgasleitung (DN 250, PN 25) untersucht. Aufgrund der freigesetzten Menge ist dieser Fall zwar<br />
durch die Freisetzung, den Brand und die Explosion von Ethylen (<strong>Anlage</strong>n 7.4 und 7.5) abgedeckt. Da<br />
die Erdgasleitung allerdings in einem anderen Werksbereich liegt, ist die Auswirkung im Fall eines<br />
Flugzeugabsturzes nach Auffassung des Gutachters zu betrachten, da hierdurch Folgeereignisse auf<br />
andere <strong>Anlage</strong>ngebäude sowie die Infrastruktur des Werks ausgehen können.<br />
Es wird im Folgenden angenommen, dass die Erdgasleitung aufgrund eines Flugzeugabsturzes<br />
abreißt und so das unter Druck (16 bar(ü)) in der Rohrleitung befindliche Erdgas in Form eines<br />
Freistrahls freigesetzt und gezündet wird.<br />
Die Freistrahllänge wurde mit dem Modell von Cook, Bahrami und Whitehouse [UBA-2000] berechnet.<br />
Mit diesem Ansatz ergibt sich die Flammenlänge L eines brennenden Freistrahls und der Radius der<br />
Flammen R(s) im Abstand s vom Freisetzungsort in Abhängigkeit des Massenstroms m’, wie folgt:<br />
und<br />
h ( ' m [ 00326 , 0 L ∆ − ⋅<br />
=<br />
R ( s)<br />
= 0,<br />
29 ⋅ s ⋅ [log<br />
10<br />
0,<br />
478<br />
c )]<br />
( L / s)]<br />
Konservativ wurde für das Erdgas ein Gehalt von 100 % Methan angenommen. Für die Verbren-<br />
nungsenthalpie -∆hc wurde der Wert für Methan von 50,11⋅10 3 kJ/kg [TNO-1979] eingesetzt.<br />
In <strong>Anlage</strong> 2.13 sind die Rohrleitungsdurchmesser der verschiedenen Erdgasleitungen angegeben. Die<br />
austretenden Massenströme wurden mit Hilfe der Bernoulli Gleichung für den kritischen Ausfluss<br />
berechnet. Mit einer konservativ angenommenen Ausflusszahl von 0,7 und einem Adiabaten-<br />
exponenten von 1,31 errechnen sich für die einzelnen Rohrleitungsdurchmesser die in folgender<br />
Tabelle angegebenen Massenströme.<br />
Rohrleitungsdurchmesser Massenstrom in kg/s<br />
DN 250 35<br />
DN 150 12,6<br />
DN 80 3,6<br />
DN 50 1,4<br />
Tabelle <strong>Anlage</strong> 7.8-1: Massenströme beim Abriss verschiedener Erdgasleitungen<br />
Für die einzelnen Rohrleitungsdurchmesser ergeben sich hiermit die in Abb. <strong>Anlage</strong> 7.8.1 angegeben<br />
Flammenkonturen.<br />
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0<br />
, 5
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Abstand senkrecht zur Strahlachse in m<br />
10,0<br />
7,5<br />
5,0<br />
2,5<br />
0,0<br />
-2,5<br />
-5,0<br />
-7,5<br />
DN 250<br />
DN 150<br />
DN 80<br />
DN 50<br />
-10,0<br />
0 20 40 60 80 100<br />
Abstand im m<br />
Abb. <strong>Anlage</strong> 7.8-1: Kontur der Freistrahlflamme bei der Freisetzung von Erdgas für verschiedene<br />
Rohrleitungsdurchmesser<br />
Die hieraus errechneten Flammenlängen für die einzelnen Rohrleitungsdurchmesser sind in<br />
nachstehender Tabelle zusammengefasst.<br />
Rohrleitungsdurchmesser Flammenlänge in m<br />
DN 250 86<br />
DN 150 52<br />
DN 80 29<br />
DN 50 18<br />
Tabelle <strong>Anlage</strong> 7.8-2: Flammenlängen beim Freistrahlbrand von Erdgas<br />
Analog zu den Betrachtungen zur Freisetzung von Ethylen aus einer Pipeline (<strong>Anlage</strong> 7.5) ist bei der<br />
Freisetzung von Erdgas anzumerken, dass die in Tabelle <strong>Anlage</strong> 7.8-2 angegebenen Flammenlängen<br />
konservative Maximalwerte darstellen, da bei einem Rohrleitungsabriss nicht von einer „idealen“<br />
Ausströmungskontur auszugehen ist.<br />
Ausgehend von den Flammenlängen für die Erdgas-Freistrahlbrände wurde in Analogie zu den<br />
Berechnungen für die Ethylen-Freistrahlen in <strong>Anlage</strong> 7.4 bzw. 7.5 der Wärmestrahlungsfluss als<br />
Funktion der Entfernung von der Flammenkontur mit dem in <strong>Anlage</strong> 7.4 vorgestellten Modell der TNO<br />
berechnet. Die Ergebnisse hierzu sind in folgender Abbildung <strong>Anlage</strong> 7.8-2 dargestellt.<br />
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Wärmestrahlungsfluss in kW/m 2<br />
30<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
Freistrahlbrand Erdgasleitungen<br />
DN 50<br />
DN 80<br />
DN 150<br />
DN 250<br />
0<br />
0 10 20 30 40 50 60 70 80<br />
Entfernung in m<br />
Abb. <strong>Anlage</strong> 7.8-2: Wärmestrahlungsfluss als Funktion der Entfernung von der Flammenober-<br />
fläche beim Freistrahlbrand von Erdgas aus verschiedenen Rohrleitungen<br />
Die in der <strong>Anlage</strong> 6.4 eingezeichneten Gefährdungsradien ergeben sich hieraus aus der Entfernung<br />
von der Flammenoberfläche, bei welcher der kritische Wärmestrahlungsfluss von 8 kW/m 2 (für<br />
benachbarte <strong>Anlage</strong>teile) bzw. 10 kW/m 2 (für Personen) unterschritten wird, zuzüglich der Flammen-<br />
länge für die jeweilige Rohrleitung (siehe Abb. <strong>Anlage</strong> 7.8-2).<br />
Unter Berücksichtigung der Sicherheitsabsperrarmatur erfolgt nach einem Rohrleitungsabriss ein<br />
Abschalten der Erdgasförderung aus sicherer Entfernung vom Gelände der TICONA/InfraServ. Daher<br />
ist die Freisetzungsmasse auf den Rohrleitungsinhalt begrenzt. Unter konservativen Annahmen ist<br />
von einer maximalen Masse von ca. 780 kg auszugehen. Dies bedeutet, dass die oben beschriebenen<br />
Brandszenarien nur für einen Zeitraum von 22 (DN 250) bis 560 s (DN 25) wirksam sind. Daher ist<br />
insbesondere bei den großen Rohrleitungsquerschnitten nicht von einer Gefährdung von<br />
<strong>Anlage</strong>nteilen duch die Wärmestrahlung auszugehen. Nur im Bereich der unmittelbaren Flammenfront<br />
können Sekundärbrände entstehen. Diese liegen allerdings in einem Einwirkungsbereich, der bereits<br />
durch die Brandauswirkung des primären Flugzeugabsturzes betroffen ist.<br />
TÜV Pfalz <strong>Anlage</strong>n und Betriebstechnik GmbH Datei: <strong>Anlage</strong>_7_Auswirkungsbetrachtung_Rev-B<br />
Geschäftsfeld 1.4 <strong>Anlage</strong>nsicherheit Stand: 09. Februar 2005<br />
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Gutachten/Nr. TPA/04/GF 1.4/2320/02<br />
Untersuchung von flugbetrieblichen Auswirkungen<br />
auf die Sicherheit von Betriebsanlagen und den Arbeitsschutz<br />
der Firmen TICONA und InfraServ in Kelsterbach für den Ist-Fall<br />
<strong>Anlage</strong> 7.9: Abriss der Methanol-Versorgungsleitung<br />
<strong>Anlage</strong> 7.9 untersucht die Auswirkungen des Abrisses der Methanol-Versorgungsleitung. Aufgrund der<br />
maximalen Freisetzungsmengen für Methanol (s.u.) ist das Ereignis zwar durch die Freisetzung, den<br />
Brand und die Explosion im Tanklager 84/85 (siehe <strong>Anlage</strong>n 7.2 und 7.3) abgedeckt. Da die Methanol-<br />
Versorgungsleitung allerdings in einem anderen Werksbereich liegt, ist die Auswirkung im Fall eines<br />
Flugzeugabsturzes nach Auffassung des Gutachters zu betrachten, da hierdurch Folgeereignisse auf<br />
andere <strong>Anlage</strong>ngebäude sowie die Infrastruktur des Werks ausgehen können.<br />
Aus den Angaben zur Versorgungsleitung in <strong>Anlage</strong> 2.13 (Länge: 400 m; DN 150) errechnet sich ein<br />
freies Volumen der Rohrleitung von 7 m 3 . Es wird im Folgenden angenommen, dass die<br />
Versorgungsleitung aufgrund der Auswirkungen eines Flugzeugabsturzes abreißt und das gesamte<br />
Volumen an Methanol ausläuft und eine Lache bildet und entzündet wird. Da Methanol in der<br />
Versorgungsleitung unter Druck gefördert wird, ist konservativ zu unterstellen, dass bis zum Auslösen<br />
der Pumpenabschaltung die Förderung weiterläuft. Daher wird ein austretendes Methanolvolumen von<br />
10 m 3 angenommen. Die Lachenfläche kann mit der Mindestlachentiefe von 25 mm zu 400 m 2<br />
berechnet werden [UBA-2000]. Der Wert für die Mindestlachentiefe gilt für lehmigen, sandigen Boden<br />
und ist als konservativ anzusehen, da aufgrund der Einwirkung des abstürzenden Flugzeugs auf den<br />
Boden keine freie Lachenausbreitung mehr gegeben ist. Mit den in <strong>Anlage</strong> 7.2 angegebenen Modellen<br />
zur Flammenlänge wurden Berechnungen zum Wärmestrahlungsfluss als Funktion der Entfernung zur<br />
brennenden Lache durchgeführt, deren Ergebnisse in Abb. <strong>Anlage</strong> 7.9-1 dargestellt sind.<br />
TÜV Pfalz <strong>Anlage</strong>n und Betriebstechnik GmbH Datei: <strong>Anlage</strong>_7_Auswirkungsbetrachtung_Rev-B<br />
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Gutachten/Nr. TPA/04/GF 1.4/2320/02<br />
Untersuchung von flugbetrieblichen Auswirkungen<br />
auf die Sicherheit von Betriebsanlagen und den Arbeitsschutz<br />
der Firmen TICONA und InfraServ in Kelsterbach für den Ist-Fall<br />
Wärmestrahlungsfluss in kW/m 2<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
Methanollache (aus Versorgungsleitung)<br />
3 m/s Windgeschwindigkeit<br />
Freisetzung von 10 m 3 Methanol<br />
Thomas-Modell<br />
Moorhouse-Modell<br />
AGA-Modell<br />
0<br />
0 20 40 60 80 100 120 140 160<br />
Entfernung in m<br />
Abb. <strong>Anlage</strong> 7.9-1: Wärmestrahlungsfluss beim Brand von Methanol an der Methanol-<br />
Versorgungsleitung<br />
Die Gefährdungsradien für Personenschäden und Schäden an benachbarten <strong>Anlage</strong>teilen sind in<br />
<strong>Anlage</strong> 6.3 eingetragen.<br />
Analoge Berechnungen wurden für den Fall des Abrisses der Methanol-Pipeline durchgeführt. In<br />
<strong>Anlage</strong> 2.13 errechnet sich aus der Länge und dem Durchmesser der Rohrleitung (110 m bzw.<br />
DN 150) ein Freisetzungsvolumen von 2 m 3 . Dieser Fall ist durch das zuvor beschriebene Szenario<br />
abgedeckt. Bei dem angegebenen Freisetzungsvolumen ist zu beachten, dass durch die<br />
Sicherheitsschaltungen die Förderpumpe abgeschaltet wird. Unter der Annahme, dass nicht mehr als<br />
die beim Abriss der Methanol-Versorgungsleitung betrachtete Menge (10 m 3 ) freigesetzt wird, ist<br />
dieser Fall durch den Abriss der Methanol-Versorgungsleitung mit abgedeckt. Daher wird auf die<br />
Darstellung der Wärmestrahlungsdichte als Funktion der Entfernung verzichtet. Zur Abschätzung der<br />
Einwirkung auf benachbarte <strong>Anlage</strong>nteile und Personen sind die Gefährdungsradien ebenfalls in<br />
<strong>Anlage</strong> 6.3 angegeben.<br />
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Gutachten/Nr. TPA/04/GF 1.4/2320/02<br />
Untersuchung von flugbetrieblichen Auswirkungen<br />
auf die Sicherheit von Betriebsanlagen und den Arbeitsschutz<br />
der Firmen TICONA und InfraServ in Kelsterbach für den Ist-Fall<br />
<strong>Anlage</strong> 7.10: Brand von Triethylamin<br />
Im Rahmen dieses Kapitels werden die Auswirkungen eines Brandes von Triethylamin untersucht. Da<br />
Triethylamin zusätzlich zur Brandlast im Bereich der Produktionsanlage beiträgt, wird dieses Szenario<br />
mit betrachtet.<br />
Im Tanklager 85 befinden sich bis zu 40.000 kg Triethylamin (siehe <strong>Anlage</strong> 2.1). Es wird<br />
angenommen, dass diese 40.000 kg vollständig freigesetzt werden. Aus der Dichte von Triethylamin<br />
von 729 kg/m 3 [VDI-1994] errechnet sich das Volumen von Triethylamin zu etwa 55 m 3 . Es wird<br />
zusätzlich angenommen, dass die Tanktasse bei Aufprall des Flugzeugs mit zerstört wird. Die<br />
Triethylaminlache breitet sich somit in der Umgebung aus. Als Mindestlachentiefe nach Opschoor<br />
[UBA-2000] wird hier 25 mm angenommen (unebener, sandiger Boden). Für die Lachengröße ergibt<br />
sich hiermit ein Wert von 2.200 m 2 .<br />
Die Berechnung der Abbrandrate m’ in kg/m 2 ⋅s für Triethylamin kann aus mit dem Modell nach<br />
Burgess [UBA-2000] wie folgt berechnet werden:<br />
mit:<br />
m'<br />
=<br />
∆h<br />
v<br />
n ⋅ ∆h<br />
+ c ( T − T )<br />
� n: Umrechnungsfaktor (= 0.001 kg/m 2 ⋅s)<br />
p<br />
c<br />
s<br />
u<br />
� ∆hc: Verbrennungsenthalpie von Triethylamin (s.o) (= 3,964⋅10 7 J/kg) [Stein-<br />
leitner-1989]<br />
� ∆hv: Verdampfungsenthalpie von Triethylamin bei Siedetemperatur<br />
(= 3,15⋅10 5 J/kg) [ChemEng-1992]<br />
� cP: spez. Wärmekapazität von Triethylamin bei Siedetemperatur<br />
(= 2.531J/kg⋅K ) [ChemEng-1992]<br />
� TS: Siedetemperatur von Triethylamin (= 362.7 K) [ChemEng-1992]<br />
� Tu: Umgebungstemperatur (= 293,15 K)<br />
Hiermit errechnet sich für Triethylamin ein Wert von 0,081 kg/m 2 ⋅s. Die Wärmestrahlungsdichte als<br />
Funktion des Abstands wurde mit Hilfe der in <strong>Anlage</strong> 7.2 genannten Flammenlängen-Modelle nach<br />
Thomas, Moorhouse und AGA berechnet.<br />
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Gutachten/Nr. TPA/04/GF 1.4/2320/02<br />
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Wärmestrahlungsfluss in kW/m 2<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
Triethylaminlache<br />
3 m/s Windgeschwindigkeit<br />
Freisetzung von 40.000 kg<br />
Thomas-Modell<br />
Moorhouse-Modell<br />
AGA-Modell<br />
0<br />
0 100 200 300 400 500 600<br />
Entfernung in m<br />
Abb. <strong>Anlage</strong> 7.10-1: Wärmestrahlungsfluss beim Brand von Triethylamin im Tanklager 85<br />
Die Gefährdungsradien sind in <strong>Anlage</strong> 6.3 eingetragen. Aufgrund der um mehr als einen Faktor 2<br />
größeren Verbrennungsenthalpie des Triethylamins, im Vergleich zu Methanol, ergeben sich trotz der<br />
kleineren Lachenfläche vergleichbare Werte wie im Falle des Methanolbrands mit einer<br />
angenommenen Lachenfläche von 5.000 m² (siehe <strong>Anlage</strong> 7.2).<br />
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