Graf István Burián, ein ungarischer Diplomat und gemeinsamer ...

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Tamás Goreczky: Graf István Burián, ein ungarischer Diplomat und gemeinsamer Minister im Dienste der Österreichisch–Ungarischen Monarchie Unter den Neuentdeckungen Andrássys machte eindeutig Stefan Burián die größte Karriere. Seine Laufbahn begann am 9. Dezember 1872, als ihn Andrássy zum Konsulpraktikanten der III. Abteilung ernannte, sein Eid legte er zwei Tage später am 11. Dezember vor dem Baron Adalbert Orczy, dem Ministerialabteilungschef ab. 20 Er war also knapp 22 Jahre alt, als er seine erste Ernennung erhielt. Er kam am 27. Dezember in Alexandrien an und trat zum Dienst am Generalkonsulat noch am selben Tag an. 21 An diesem vom handelspolitischen Gesichtspunkt aus wichtigen Standort zog er selbst noch nicht besonders die Aufmerksamkeit seiner Vorgesetzten auf sich. Als Konsulpraktikant der III. Abteilung stand er nur provisorisch im Staatdienst, und entsprechend der auf den Konsulaten beziehenden inneren Vorschriften ging ihm im Rang noch der Botschaftsattaché o. Z. auch voraus. Er wurde nur vom 23. November 1873 festangestellt und dann zum ersten ordentlichen Konsulpraktikanten befördert, zuerst mit 700, dann mit 800 Forint Gehalt. 22 Am 6. November 1874 wurde er mit einer ministerialen Anweisung nach Bukarest versetzt und mit Wirkung vom 24. November seinem Dienst in Alexandrien enthoben. 23 Aber er kam nur am 1. Januar 1875 an seinem neuen Standort an, worüber der Außenminister Andrássy eine sofortige Aufklärung verlangte, weil er das Ministerium von der Verspätung unverzüglich berichten hätte sollen. 24 Burián redete sich mit der Umständlichkeit der Anfänger in respektvollem Ton heraus, nach dem die Behauptung er solle sich die Zeit in Alexandrien und Konstantinopel für Stadtbesichtigung und Einkauf stehlen, überhaupt nicht wahr sei, die Verspätung wurde davon erregt, dass er noch auf Zeit in Ägypten im Dienst bleiben sollte. 25 Am 1. November 1875 wurde er zum Vizekonsul ernannt, den Eid legte er am 16. November ab. 26 Er blieb drei Jahre in Bukarest, dann wurde er nach Belgrad versetzt. Er verließ die rumänische Hauptstadt am 13. Dezember 1878 und kam in seinen neuen Standort am 1. Januar 1879 an. 27 Es war eine ganz andere Welt als die den aristokratischen Jünglingen reservierte westeuropäischen Städten, wo die Altersgenossen Buriáns das Leben und die vornehme Gesellschaft genießend in der Wirklichkeit nichts machten. 28 Burián dagegen arbeitete, studierte, strengte sich 20 Ministerialdekret, Abschrift, 9. 12. 1872. HHStA, AR, Personalia (F4), Kart. 44, Burián. Eidesurkunde, 11. 12. 1872. HHStA, AR, F4, Kart. 44, Burián. 21 Cischini an Andrássy, Telegramm, Alexandrien, 27. 12. 1872. HHStA, AR, F4, Kart. 44, Burián. 22 Kanzleikonzept, 23. 11. 1873. HHStA, AR, F4, Kart. 44, Burián. 23 Ministerialdekret, Abschrift, 6. 11. 1874. HHStA, AR, F4, Kart. 44, Burián. 24 Calice an das Ministerium, Telegramm, Bukarest, 1. 1. 1875. HHStA, AR, F4, Kart. 44, Burián. Calice an Andrássy, Bukarest, 5. 1. 1875. HHStA, AR, F4, Kart. 44, Burián. 25 Burián an das Ministerium, Bukarest, 10. 1. 1875. HHStA, AR, F4, Kart. 44, Burián. 26 Kanzleikonzept, 1. 11. 1875. HHStA, AR, F4, Kart. 44, Burián. Eidesurkunde, 16. 11. 1875. HHStA, AR, F4, Kart. 44, Burián. 27 Ministerialdekret, Abschrift, 30. 11. 1878. HHStA, AR, F4, Kart. 44, Burián. Hoyos an Andrássy, Telegramm, Bukarest, 13. 12. 1878. HHStA, AR, F4, Kart. 44, Burián. Herbert an das Ministerium, Telegramm, Belgrad, 3. 1. 1879. HHStA, AR, F4, Kart. 44, Burián. 28 CSÁKY, Eva‐Marie (Hg.): Vom Geachteten zum Geächteten. Erinnerungen des k. und k. Diplomaten und k. ungarischen Außenministers Emerich Csáky 1882‐1961. Wien‐Köln‐Weimar, 1992. 342

ÖT KONTINENS, az Új‐ és Jelenkori Egyetemes Történeti Tanszék közleményei, N o 2010, ELTE, BUDAPEST, 2011. an und in Belgrad mischte er sich unwillkürlich dem Kompetenzkonflikt zwischen dem diplomatischen Geschäftsträger Baron Franz Paul Herbert und dem Generalkonsul Ritter Adalbert Angel. Der Letztere nannte Burián zum Quertreiber, der die Eifersucht des Generalkonsuls völlig auf sich zog, als ihn Baron Herbert einmal mit der Vertretung Buriáns beauftragte, der aber theoretisch sein Untergebener war. 29 Dieses Klima gefiel dem jungen und ehrgeizigen Vizekonsul nicht, deshalb wollte er so schnell wie möglich aus Belgrad kommen, im vollen Einverständnis mit dem Generalkonsul Angel. In einem Brief schrieb er mit etlicher Sorge und Antipathie über den Twen, Anfänger konsularischen Beamten zum Béni Kállay außenministerialischen Abteilungsleiter: Wenn Burián nach Wien fährt, um dort um seine Versetzung zu bitten, dann sollte das Ministerium seinen Auftrag befördern, denn „er passt nicht her und auch nicht zu Herbert, der ihn ganz verderben wird. Wenn er unter gute Hände kommt, die sein Talent richtig zu leiten und seine Selbstüberschätzung etwas zu dämpfen, dagegen mehr sein Herz kultivieren verstehen werden, so könnte ein vorzüglicher Mensch aus ihm werden, sonst wird er aber total verdorben und nur Täuschungen ausgesetzt” 30 Sein Chef wollte wahrscheinlich einfach den übertrieben ambitiösen jungen Untergebenen abhängen. Burián lernte sicherlich aus diesem Fall, fortan wird er nur gelobt, vorwiegend seine Fähigkeiten und sein „Diensteifer”. 31 Nach der Bitte Angels angemessen wurde Burián nach einem einjährigen Dienst nach Sofia in Bulgarien versetzt. 32 Er verließ Belgrad am 7. April 1880 und kam zwei Tage später in der bulgarischen Hauptstadt an, wo er gleichfalls als Vizekonsul diente und mit Zulagen insgesamt 1200 Forint Gehalt erhielt. 33 Allerdings suchte ihn gleich nach ein paar Monaten sein Chef Graf Rudolf Khevenhüller um seine Ernennung zum außerordentlichen Konsul an. Khevenhüller schrieb: „Burián sei für Ihre Exzellenz nicht unbekannt, deshalb scheint es nicht besonders nötig ihn mit lobenden Worten anzubetreffen. Burián ist eine kostbare Kraft, deren Anstellung in höheren und bedeutungsvolleren Dienstplätzen vom Gesichtspunkt des obersten Dienstes aus empfehlenswert scheint. Burián ist nicht nur einer unter den begabten Jungen, denen ich im Laufe meiner diplomatischen und konsularischen Laufbahn kennenlernte, sondern er soll bestimmt der fleißigste und gründlichste unter denen sein.” 34 Weiterhin glaubt er, dass es vielleicht eine Beförderung außer der Reihe bedeutet, aber im Falle Buriáns sei es auf jeden Fall 91. MUSULIN, Alexander Freiherr von: Das Haus am Ballplatz. Erinnerungen eines österreichisch‐ ungarischen Diplomaten. München, 1924. 27. 29 Anger an Kállay, Belgrad, 28. 12. 1879. HHStA, Politisches Archiv (PA), XL, Nachlass Kállay, Kart. 333. 30 Anger an Kállay, Privatbrief, Belgrad, 21. 10. 1879. HHStA, PA, XL, Nachlass Kállay, Kart. 333. 31 SOMOGYI Éva: Hagyomány és átalakulás. Állam és bürokrácia a dualista Habsburg Monarchiában. Budapest, 2006. 193. 32 Ministerialdekret, Abschrift, 15. 3. 1880. HHStA, AR, F4, Kart. 44, Burián. 33 Herbert an Haymerle, Telegramm, Belgrad, 9. 4. 1880. HHStA, AR, F4, Kart. 44, Burián. Khevenhüller an Haymerle, Telegramm, Sofia, 12. 4. 1880. HHStA, AR, F4, Kart. 44, Burián. 34 Khevenhüller an Haymerle, eigenhändiger Brief, Sofia, 16. 11. 1880. HHStA, AR, F4, Kart. 44, Burián. 343

Tamás Goreczky: <strong>Graf</strong> <strong>István</strong> <strong>Burián</strong>, <strong>ein</strong> <strong>ungarischer</strong> <strong>Diplomat</strong> <strong>und</strong> gem<strong>ein</strong>samer Minister im Dienste der<br />

Österreichisch–Ungarischen Monarchie<br />

Unter den Neuentdeckungen Andrássys machte <strong>ein</strong>deutig Stefan <strong>Burián</strong> die<br />

größte Karriere. S<strong>ein</strong>e Laufbahn begann am 9. Dezember 1872, als ihn Andrássy<br />

zum Konsulpraktikanten der III. Abteilung ernannte, s<strong>ein</strong> Eid legte er zwei Tage<br />

später am 11. Dezember vor dem Baron Adalbert Orczy, dem<br />

Ministerialabteilungschef ab. 20 Er war also knapp 22 Jahre alt, als er s<strong>ein</strong>e erste<br />

Ernennung erhielt. Er kam am 27. Dezember in Alexandrien an <strong>und</strong> trat zum Dienst<br />

am Generalkonsulat noch am selben Tag an. 21 An diesem vom handelspolitischen<br />

Gesichtspunkt aus wichtigen Standort zog er selbst noch nicht besonders die<br />

Aufmerksamkeit s<strong>ein</strong>er Vorgesetzten auf sich. Als Konsulpraktikant der III.<br />

Abteilung stand er nur provisorisch im Staatdienst, <strong>und</strong> entsprechend der auf den<br />

Konsulaten beziehenden inneren Vorschriften ging ihm im Rang noch der<br />

Botschaftsattaché o. Z. auch voraus. Er wurde nur vom 23. November 1873<br />

festangestellt <strong>und</strong> dann zum ersten ordentlichen Konsulpraktikanten befördert,<br />

zuerst mit 700, dann mit 800 Forint Gehalt. 22<br />

Am 6. November 1874 wurde er mit <strong>ein</strong>er ministerialen Anweisung nach<br />

Bukarest versetzt <strong>und</strong> mit Wirkung vom 24. November s<strong>ein</strong>em Dienst in<br />

Alexandrien enthoben. 23 Aber er kam nur am 1. Januar 1875 an s<strong>ein</strong>em neuen<br />

Standort an, worüber der Außenminister Andrássy <strong>ein</strong>e sofortige Aufklärung<br />

verlangte, weil er das Ministerium von der Verspätung unverzüglich berichten<br />

hätte sollen. 24 <strong>Burián</strong> redete sich mit der Umständlichkeit der Anfänger in<br />

respektvollem Ton heraus, nach dem die Behauptung er solle sich die Zeit in<br />

Alexandrien <strong>und</strong> Konstantinopel für Stadtbesichtigung <strong>und</strong> Einkauf stehlen,<br />

überhaupt nicht wahr sei, die Verspätung wurde davon erregt, dass er noch auf<br />

Zeit in Ägypten im Dienst bleiben sollte. 25<br />

Am 1. November 1875 wurde er zum Vizekonsul ernannt, den Eid legte er am<br />

16. November ab. 26 Er blieb drei Jahre in Bukarest, dann wurde er nach Belgrad<br />

versetzt. Er verließ die rumänische Hauptstadt am 13. Dezember 1878 <strong>und</strong> kam in<br />

s<strong>ein</strong>en neuen Standort am 1. Januar 1879 an. 27 Es war <strong>ein</strong>e ganz andere Welt als<br />

die den aristokratischen Jünglingen reservierte westeuropäischen Städten, wo die<br />

Altersgenossen <strong>Burián</strong>s das Leben <strong>und</strong> die vornehme Gesellschaft genießend in der<br />

Wirklichkeit nichts machten. 28 <strong>Burián</strong> dagegen arbeitete, studierte, strengte sich<br />

20<br />

Ministerialdekret, Abschrift, 9. 12. 1872. HHStA, AR, Personalia (F4), Kart. 44, <strong>Burián</strong>.<br />

Eidesurk<strong>und</strong>e, 11. 12. 1872. HHStA, AR, F4, Kart. 44, <strong>Burián</strong>.<br />

21<br />

Cischini an Andrássy, Telegramm, Alexandrien, 27. 12. 1872. HHStA, AR, F4, Kart. 44, <strong>Burián</strong>.<br />

22<br />

Kanzleikonzept, 23. 11. 1873. HHStA, AR, F4, Kart. 44, <strong>Burián</strong>.<br />

23<br />

Ministerialdekret, Abschrift, 6. 11. 1874. HHStA, AR, F4, Kart. 44, <strong>Burián</strong>.<br />

24<br />

Calice an das Ministerium, Telegramm, Bukarest, 1. 1. 1875. HHStA, AR, F4, Kart. 44, <strong>Burián</strong>.<br />

Calice an Andrássy, Bukarest, 5. 1. 1875. HHStA, AR, F4, Kart. 44, <strong>Burián</strong>.<br />

25<br />

<strong>Burián</strong> an das Ministerium, Bukarest, 10. 1. 1875. HHStA, AR, F4, Kart. 44, <strong>Burián</strong>.<br />

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Kanzleikonzept, 1. 11. 1875. HHStA, AR, F4, Kart. 44, <strong>Burián</strong>. Eidesurk<strong>und</strong>e, 16. 11. 1875. HHStA,<br />

AR, F4, Kart. 44, <strong>Burián</strong>.<br />

27<br />

Ministerialdekret, Abschrift, 30. 11. 1878. HHStA, AR, F4, Kart. 44, <strong>Burián</strong>. Hoyos an Andrássy,<br />

Telegramm, Bukarest, 13. 12. 1878. HHStA, AR, F4, Kart. 44, <strong>Burián</strong>. Herbert an das Ministerium,<br />

Telegramm, Belgrad, 3. 1. 1879. HHStA, AR, F4, Kart. 44, <strong>Burián</strong>.<br />

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CSÁKY, Eva‐Marie (Hg.): Vom Geachteten zum Geächteten. Erinnerungen des k. <strong>und</strong> k.<br />

<strong>Diplomat</strong>en <strong>und</strong> k. ungarischen Außenministers Emerich Csáky 1882‐1961. Wien‐Köln‐Weimar, 1992.<br />

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