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Graf István Burián, ein ungarischer Diplomat und gemeinsamer ...

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Tamás Goreczky: <strong>Graf</strong> <strong>István</strong> <strong>Burián</strong>, <strong>ein</strong> <strong>ungarischer</strong> <strong>Diplomat</strong> <strong>und</strong> gem<strong>ein</strong>samer Minister im Dienste der<br />

Österreichisch–Ungarischen Monarchie<br />

Zusammenwirkung Mitteleuropas. Es wurde auch über Polen diskutiert, aber es<br />

kam nicht zum Abschluss. Auf die besetzten polnischen Gebiete wurden Probleme<br />

aufgetaucht, die nicht gelöst wurden.<br />

<strong>Burián</strong> sah als <strong>ein</strong>ziges Ziel s<strong>ein</strong>er zweiten Amtszeit den Friedensschluss. Er<br />

konnte nur <strong>ein</strong> Frieden mit Über<strong>ein</strong>stimmung s<strong>ein</strong>, da der Krieg für die<br />

Mittelmächte nicht gewinnbar war. „Dieses Ziel” – schreibt <strong>Burián</strong> – „wurde nicht<br />

erreicht. Das Schicksal ging unerbittlich s<strong>ein</strong>en Weg bis zum schrecklichen Ende. Ich<br />

hatte m<strong>ein</strong>e letzte, wenn auch bescheidene Hoffnung aufgebaut auf das<br />

Bewußts<strong>ein</strong>, daß wir in der Lage wären, den Frieden durchaus den Gr<strong>und</strong>sätzen<br />

anzupassen, welche unsere Gegner immer auf den Lippen führten. Doch erwiesen<br />

sich jene Gr<strong>und</strong>sätze schließlich nur als <strong>ein</strong>e Falle, in die man uns lockte”. 120 Die<br />

Entente wollte im Bewussts<strong>ein</strong> s<strong>ein</strong>es Gewinns k<strong>ein</strong>en Frieden mit<br />

Über<strong>ein</strong>stimmung. Als dann Österreich‐Ungarn vom Karl IV. am 16. Oktober 1918<br />

zum B<strong>und</strong>esstaat erklärt wurde, <strong>und</strong> die Nationalräte sich der Reihe nach bildeten,<br />

den Zerfall der dualistischen Monarchie vorher projizierend, <strong>Burián</strong> bot s<strong>ein</strong>e<br />

Abdankung an, die vom Herrscher am 24. Oktober 1918 genehmigt wurde. 121<br />

So endete die 45‐jährige Laufbahn Stefan <strong>Burián</strong>s, die am Mittelmeer, in Alexandrien<br />

anfing, dann durch die Staaten des Balkans nach Wien führte, wo er nach dem Herrscher<br />

<strong>ein</strong>er der wichtigsten Amtsträger der dualistischen Monarchie wurde. „Eine politische<br />

Amtsführung” – schreibt in s<strong>ein</strong>en Memoiren – „wertet sich nach dem Erfolg. Dieser<br />

konnte mir in der Hauptsache, die m<strong>ein</strong> Sinnen <strong>und</strong> Trachten erfüllte, nicht beschieden<br />

s<strong>ein</strong>. Und doch blicke ich mit ruhigem Gewissen auf m<strong>ein</strong>e Tätigkeit zurück”. 122<br />

<strong>Burián</strong> sah im Laufe s<strong>ein</strong>es Lebens immer die Monarchie für s<strong>ein</strong> Vaterland an,<br />

<strong>und</strong> er blieb der Dynastie bis ans Ende treu. Trotzdem konnte er das Vertrauen der<br />

Österreicher nicht gewinnen, obwohl er nicht solche „typisch ungarische”<br />

Eigenschaften aufwies, die eventuell die Antipathie s<strong>ein</strong>er Umgebung auslösen<br />

konnten. <strong>Burián</strong> verfügte sich anhand s<strong>ein</strong>es Familiennamens vermutlich über<br />

slowakische Wurzel <strong>und</strong> nannte sich für Ungarer, er gab sofort nach s<strong>ein</strong>em<br />

Amtsantritt <strong>ein</strong> R<strong>und</strong>schreiben in dem Ministerium heraus, in dem er die<br />

Aufmerksamkeit s<strong>ein</strong>er Untergeordneten auf die korrekte ungarische Schreibweise<br />

s<strong>ein</strong>es Namens richtet. 123 Zugleich ist es <strong>ein</strong>e Tatsache, dass er nicht so sehr an<br />

Ungarn hing, als diejenige, im gem<strong>ein</strong>samen auswärtigen Dienst tätigen<br />

ungarischen <strong>Diplomat</strong>en, die Güter zu Hause hatten, wie zum Beispiel Ladislaus<br />

Szögyény‐Marich. S<strong>ein</strong>e Kriegsmemoiren schrieb er auch auf Deutsch, aber s<strong>ein</strong><br />

Tagebuch führte er eben auf Ungarisch. In s<strong>ein</strong>em Fall also, auf die Frage, ob er<br />

sich im Dienste der Dynastie oder der Nation stehend betrachtete, gibt s<strong>ein</strong> ganzer<br />

Lebensweg die Antwort damit, dass Stefan <strong>Burián</strong> nicht nur an s<strong>ein</strong>en<br />

ausländischen Standorten, sondern auch in Wien <strong>ein</strong> selbstbewusster Ungarer<br />

blieb <strong>und</strong> nebenbei <strong>ein</strong> gewissenhafter <strong>Diplomat</strong> <strong>und</strong> Minister der dualistischen<br />

Monarchie war.<br />

120<br />

BURIÁN, <strong>Graf</strong> Stephan: 275.<br />

121<br />

Kaiserliches Dekret, Abschrift, 24. 10. 1918. HHStA, AR, F4, Kart. 44, <strong>Burián</strong>.<br />

122<br />

BURIÁN, <strong>Graf</strong> Stephan: 310.<br />

123<br />

Zirkular, Abschrift, 31. 1. 1915. HHStA, AR, F4, Kart. 44, <strong>Burián</strong>.<br />

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