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Graf István Burián, ein ungarischer Diplomat und gemeinsamer ...

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Tamás Goreczky: <strong>Graf</strong> <strong>István</strong> <strong>Burián</strong>, <strong>ein</strong> <strong>ungarischer</strong> <strong>Diplomat</strong> <strong>und</strong> gem<strong>ein</strong>samer Minister im Dienste der<br />

Österreichisch–Ungarischen Monarchie<br />

zeigten, doch nach diesen Begegnungen wurde <strong>Burián</strong> in Berlin „geradezu als <strong>ein</strong><br />

Unglück” gesehen. 101 In Wien fiel das Wort unter anderem auch auf die<br />

territorialen Zugeständnisse, dieses Mal aber für Rumänien. Rumänien sollte die in<br />

die Türkei gerichteten Munitionstransporte durch s<strong>ein</strong> Gebiet gehen lassen, <strong>und</strong><br />

Kanzler Bethmann‐Hollweg so wie der auswärtige Staatssekretär Gottlieb von<br />

Jagow, wollte für <strong>Burián</strong> klar machen, dass es „an der Dardanellensache der Erfolg<br />

des ganzen Krieges hänge”. 102 Davon konnte er aber weder Tisza noch <strong>Burián</strong><br />

überzeugen, so kam das Wiener Treffen in ziemlich frostiger Stimmung an die<br />

Reihe. <strong>Burián</strong> lud ja die zwei Politiker zu ihm nicht an. Wie früher Südtirol in Bezug<br />

auf Italien, so hielt er Siebenbürgern oder Bukowina nicht für <strong>ein</strong> geeignetes<br />

Mittel, um Rumänien vom Krieg fernzuhalten. „Es wäre”, schreibt er, „das Signal<br />

zu weiteren Erpressungen im großen <strong>und</strong> kl<strong>ein</strong>en gewesen”. 103 Er kannte die<br />

Auffassung des rumänischen Ministerpräsidenten Brătianu, der k<strong>ein</strong>en <strong>ein</strong>zigen<br />

Augenblick an den Gewinn der Entente bezweifelte, <strong>und</strong> sich mit den möglichst<br />

wenigsten Opfern, im günstigsten Moment zu den Gewinnern anschließen wollte.<br />

Ein Kriegssieg <strong>und</strong> die Kriegsbeute, die er mit sich bringt, waren weitaus<br />

verlockender für den Rumänen, als das großzügigste territoriale Zugeständnis, was<br />

die Monarchie machen konnte. Im Kronrat vom 27. August 1916 entschied sich<br />

Rumänien in den Krieg gegen die Mittelmächte zu ziehen. Damit wurde die<br />

rumänische Frage auch entschieden, alle bisherige Anstrengungen der<br />

Außenpolitik der Monarchie, „welche seit Jahrzehnten den Weg der Sicherung der<br />

rumänischen Interessen im Rahmen der bestehenden Staatsgebilde suchten”, 104<br />

erwiesen sich vergeblich.<br />

Auch in der polnischen Frage tauchten zwischen <strong>Burián</strong> <strong>und</strong> den deutschen<br />

Alliierten M<strong>ein</strong>ungsunterschiede auf, die sich auf die Angliederung des bis dahin zu<br />

Russland gehörenden Kongresspolens vorbereiteten, was aber für die Monarchie<br />

unakzeptabel war. So begannen sie in Berlin darüber nachzudenken, dass – wie<br />

sich Albrecht Bernstorff vor dem in der Wiener Botschaft in Deutschland<br />

arbeitender <strong>Diplomat</strong>en, vor <strong>Graf</strong> Joseph Redlich äußerte – „unmöglich sei, die<br />

künftigen Verhandlungen wegen des Friedens <strong>und</strong> Polens mit <strong>Burián</strong> zu führen.<br />

Dieser müsse verschwinden”. 105<br />

Innerhalb der Grenzen vermehrten sich auch die kritischen Töne gegen <strong>Burián</strong>.<br />

Der Gesandte Baron Georg Franckenst<strong>ein</strong> zum Beispiel beklagte sich darüber, dass<br />

„<strong>Burián</strong> auf niemand höre, k<strong>ein</strong>en Referenten um Rat frage, daß er vielmehr diesen<br />

lange Vorträge in höchst flüssiger <strong>und</strong> gepflegter Sprache halte, die s<strong>ein</strong>e An‐ <strong>und</strong><br />

Absichten mit voller Deutlichkeit zum Ausdruck bringen. Das ganze Haus<br />

perhorresziert den „Professor» <strong>und</strong> habe k<strong>ein</strong> Vertrauen zu ihm”. 106 Ähnlich<br />

101<br />

BURIÁN, <strong>Graf</strong> Stephan: 57. Schickssalsjahre Österreichs, 1908–1918. Das politische Tagebuch<br />

Joseph Redlichs. Bd. II. 45.<br />

102<br />

Schickssalsjahre Österreichs, 1908‐1918. Das politische Tagebuch Joseph Redlichs. Bd. II. 51.<br />

103<br />

BURIÁN, <strong>Graf</strong> Stephan: 56.<br />

104<br />

Ebd. 61<br />

105<br />

Schickssalsjahre Österreichs, 1908‐1918. Das politische Tagebuch Joseph Redlichs. Bd. II. 54.<br />

106 Ebd. 20.<br />

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