09.12.2012 Aufrufe

Graf István Burián, ein ungarischer Diplomat und gemeinsamer ...

Graf István Burián, ein ungarischer Diplomat und gemeinsamer ...

Graf István Burián, ein ungarischer Diplomat und gemeinsamer ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Tamás Goreczky: <strong>Graf</strong> <strong>István</strong> <strong>Burián</strong>, <strong>ein</strong> <strong>ungarischer</strong> <strong>Diplomat</strong> <strong>und</strong> gem<strong>ein</strong>samer Minister im Dienste der<br />

Österreichisch–Ungarischen Monarchie<br />

Fall war, dass es in der Innenpolitik völlig unbekannte <strong>und</strong> eben deshalb<br />

unparteiische <strong>Diplomat</strong>en <strong>ein</strong>e Mittlerfunktion in der Handlung von<br />

innenpolitischen Krisen auf sich nahmen; so zum Beispiel László Szögyény‐Marich,<br />

der als Berliner Gesandte zur Zeit der Regierungskrise von 1905‐06 zu vermitteln<br />

versuchte, <strong>und</strong> er empfing in s<strong>ein</strong>em Landbesitz in Csór auch Franz Kossuth.<br />

Trotzdem übernahm er nicht die Aufforderung, vielleicht weil er s<strong>ein</strong>e Mission<br />

schon von vornher<strong>ein</strong> erfolglos urteilte. 1905 war er aber schon nicht mehr <strong>ein</strong> im<br />

ungarischen innenpolitischen Kreis völlig unbekannter <strong>Diplomat</strong>, sondern <strong>ein</strong><br />

gem<strong>ein</strong>samer Minister, der die Autorität des Herrschers hinter sich hatte. So reiste<br />

er nach der Wahlniederlage Stefan Tiszas nach Budapest, um Julius Andrássy von<br />

der Regierungsbildung zu überzeugen. Trotzdem scheiterte s<strong>ein</strong><br />

Vermittlungsversuch wegen des unversöhnlichen Gegensatzes zwischen Tisza <strong>und</strong><br />

Andrássy. 82<br />

Stefan <strong>Burián</strong> blieb bis 1912 an der Spitze des Gem<strong>ein</strong>samen<br />

Finanzministeriums. Am 17. Februar wurde er zur Absage gezwungen, da der<br />

Herrscher den <strong>Graf</strong> Leopold Berchtold zum Gem<strong>ein</strong>samen Außenminister<br />

ernannte, wer <strong>ungarischer</strong> Staatsbürger war, <strong>und</strong> nach dem dualistischen<br />

Gewohnheitsrecht war es nicht möglich, gleichzeitig zwei Magyaren in der<br />

Regierung zu haben. <strong>Burián</strong>s Absage wurde mit Wirkung vom 20. Februar von<br />

Franz Joseph genehmigt, zugleich drückte er s<strong>ein</strong> Bedauern wegen solch <strong>ein</strong>er<br />

Entwicklung der Dinge aus, <strong>und</strong> er versprach, dass er falls der Vakanz <strong>ein</strong>er zu<br />

s<strong>ein</strong>em Rang angemessene Stelle s<strong>ein</strong>e Ernennung auf jeden Fall befördern wird. 83<br />

„Wir haben in vollstem Einvernehmen zusammengearbeitet. Sie besitzen m<strong>ein</strong><br />

vollstes Vertrauen immer weiter. Ich nehme nicht Abschied. Ich werde Sie noch oft<br />

sehen.” 84 Mit diesen Worten bedankte sich der Herrscher in der am 16. Februar in<br />

Schönbrunn gehaltenen Audienz für die Dienste <strong>Burián</strong>s, der am nächsten Tag<br />

auch offiziell s<strong>ein</strong>e Entlassung <strong>ein</strong>reichte <strong>und</strong> auf s<strong>ein</strong>e baldige Ernennung zum<br />

Botschafter vertraute: „Nur aber wurde m<strong>ein</strong>e Beförderung zum Botschafter<br />

versprochen. Gut! Otium cum dignitate.” – schrieb er in s<strong>ein</strong> Tagebuch am Tage<br />

s<strong>ein</strong>er Absage. 85<br />

Die Beförderung zum Botschafter wurde sich aber verspätet. Vergebens fuhr er<br />

von Zeit zu Zeit von Budapest nach Wien um sich zu orientieren, das Ergebnis war<br />

immer dasselbe: Er soll noch warten. Im Juni wurde der Posten des Washingtoner<br />

Gesandten vakant, aber er bewarb sich nicht darum, weil wie er in s<strong>ein</strong>em<br />

Tagebuch schrieb: „Ich habe Anspruch auf <strong>ein</strong>en europäischen Standort.” 86 Im<br />

November war er auch beim Herrscher, der ihn „im gnädigen Empfang zukommen<br />

ließ.” Er brachte den Madrider Standort zur Sprache, worauf S<strong>ein</strong>e Majestät so<br />

82<br />

HAJDU: 558.<br />

83<br />

<strong>Burián</strong> an Franz Joseph, Wien, 17. 2. 1912. Kabinettskanzlei, Geheimakten, Kart. 40,<br />

Gem<strong>ein</strong>same Finanzminister. Entwurf <strong>ein</strong>es Ah. Handschreibens an den gem<strong>ein</strong>samen<br />

Finanzminister, Stefan Freiherr von <strong>Burián</strong>, Wien, 20. 2. 1912. Kabinettskanzlei, Geheimakten,<br />

Kart. 40, Gem<strong>ein</strong>same Finanzminister.<br />

84<br />

Tagebücher vom Stefan <strong>Burián</strong> 1907‐1922. Budapest, 1999. 45.<br />

85<br />

Ebd.<br />

86<br />

Ebd. 50.<br />

354

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!