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Magazin GARCON - Essen, Trinken, Lebensart Nr. 41

Berliner Gastgeberin des Jahres, erste Sardinenbar, Neue Restaurants, Sawade Schokolade, Wüsthof, Rational, Hofpfisterei, Frischdienst Berlin, Popcorn, Toller Hecht, Hechtgerichte, Terra Madre 2016

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Kulinarische Nachlese RUBRIKEN<br />

Meist finden wir beim Blättern in alten Kochbüchern Lesezeichen,<br />

häufig sind es Einkaufszettel, manchmal Fahrscheine, seltener Visitenkarten.<br />

In diesem Bändchen entdeckten wir zwischen den Seiten 148<br />

und 149 ein Kalenderblatt: Sonntag, 16. Juni, auf der Rückseite die<br />

erste Strophe eines Eichendorff-Gedichtes. Das Internet macht´s<br />

möglich – Sonntag, der 16.Juni, das war der 16. Juni 1985.<br />

Fünf Tage zuvor fand auf der Glienicker Brücke der größte Agentenaustausch<br />

der Nachkriegsgeschichte statt. Ob die Kochbuchleserin<br />

– wir vermuten, es war eine Frau, weil sich in der DDR, wie wir<br />

oft hören, Männer selten fürs Kochen begeisterten – ob sie also je<br />

von diesem Ereignis erfuhr, das wissen wir nicht. Wir wissen nur,<br />

dass sie sich für das Holsteiner Schnitzel interessierte, denn dieses<br />

Gericht ist mit einem kleinen Kreuz gekennzeichnet. Und zwei<br />

Zutaten sind unterstrichen: Lachs und Kaviar...<br />

Wieviele Kochbücher in der DDR gedruckt wurden, darüber gibt<br />

es keine Angaben. Gemessen an dem, was in unseren Regalen<br />

steht, dürften es nicht allzu viele gewesen sein: „Wir kochen gut –<br />

1.000 mehr als erprobte Rezepte für den Haushalt, zusammengestellt<br />

unter Berücksichtigung der modernen Ernährungslehre“,<br />

erschienen 1968 im Leipziger Verlag für die Frau war wohl der Klassiker,<br />

eine Art DDR-Mini-Dr.Oetker (Dr.Oetker´s Schulkochbuch erschien<br />

1927, 1. Auflage: 600.000 Exemplare, das wird „Wir kochen<br />

gut“ wohl nicht auf die Waage gebracht haben.)<br />

Dann ist da noch „Unser großes Kochbuch – Vom Frühstück bis<br />

zum Abendbrot“, erschienen 1970, ebenfalls in Leipzig.<br />

Aufgefallen ist uns, dass 1968 noch Produkte wie Seezunge,<br />

Steinbutt, Languste aufgeführt und Rezepte aus Finnland, Frankreich,<br />

Holland abgedruckt wurden – zwei Jahre später nichts mehr<br />

davon. Woran das wohl gelegen haben mag?<br />

Jutta Voigt, die 2008 das wirklich lesenswerte Buch „Der Geschmack<br />

des Ostens“ herausbrachte, hat eine Antwort: „Was es in<br />

der DDR nicht gab, durfte nicht existieren, um keine ‚künstlichen<br />

Bedürfnisse‘ zu wecken.“<br />

Der Band „Berliner Küche“, erschienen 1983, kommt da nicht in<br />

Verlegenheit. Seezunge, Steinbutt und Langusten gehörten auch<br />

in Westberlin nicht zu den Produkten, derer sich die Berliner Küche<br />

rühmen durfte.<br />

Da wie dort war die Fleischeslust das Seligmachende, dort wohl<br />

noch mehr. Die Zahlen kennen wir: Der Pro-Kopf-und-Jahr-Konsum<br />

an Fleisch lag in der DDR bei sagenhaften 96 Kilogramm, und wenn<br />

wir schon mal bei Statistiken sind – bei Butter waren es 15,7 Kilogramm,<br />

hinzu kamen noch 53 Kilogramm Zucker und 307 Eier. Pro<br />

Kopf. Da war die DDR also tatsächlich Weltspitze.<br />

Bibliotheca-Culinaria<br />

Zehdenicker Straße 16<br />

10119 Berlin-Mitte<br />

Tel. 030 – 47 37 75 70<br />

www.bibliotheca-culinaria.de<br />

Gerhard Redlich, Küchenchef im DDR-Interhotel Stadt Berlin (1988).<br />

GARÇON<br />

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