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Hohenzollerische Heimat - Hohenzollerischer Geschichtsverein eV

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Sage. Damit wurde der Gegensatz zwischen der hohen dynastiegeschichtlichen<br />

Bedeutung des Verkaufs und der - vermeintlichen<br />

Geringfügigkeit des Verkaufspreises bis ins Extreme gedehnt. Der<br />

Urheber dieser neuen Version ist bisher unbekannt.<br />

Die Schalksburg und die Veräußerung der Schalksburgherrschaft<br />

interessierten die Menschen in der Region also weiterhin und gaben<br />

Anlass, zu immer neuen Varianten der Erzählung. In der im 19.<br />

Jahrhundert von Wilhelm Hauff poetisch ausgestalteten Version des<br />

Verkaufs ist die Sache nochmals dahingehend zugespitzt, dass der<br />

Hirschgulden über Nacht völlig entwertet wurde, so dass die geprellten<br />

zollerischen Vettern nicht einmal mehr ihre Zeche für den<br />

Wein bezahlen konnten, in dem sie ihren Kummer ertränkten.<br />

Nach diesem Beitrag über die Erzähltradition des Verkaufs werden<br />

in den folgenden Aufsätzen die historischen Hintergründe aufgearbeitet:<br />

Der Beitrag von Professor Dr. Wilfried Schöntag, früherer<br />

Präsident des Landesarchivs Baden-Württemberg, befasst sich mit<br />

der „Herrschaft Schalksburg im Spannungsfeld zwischen Hohenzollern<br />

und Hohenberg im 13. Jahrhundert". Um 1179 hatten sich<br />

die Linien Hohenberg und Zollern getrennt, der Besitz wurde aufgeteÜt.<br />

Obendrein finden sich die Verwandten nach der Linientrennung<br />

in unterschiedlichen politischen Lagern wieder: Die Hohenberger<br />

zählten nach dem Tode des Stauferkaisers Friedrichs II. im<br />

Jahre 1250 zur Klientel der Habsburger, wogegen sich die Zollern<br />

mit Württemberg verbündeten. Die Zugehörigkeit zu unterschiedlichen<br />

Parteiungen führte zu kriegerischen Auseinandersetzungen<br />

zwischen Zollern und Hohenbergern in einem Zeitraum, der mit<br />

den Jahren 1267 und 1286 markiert werden kann. Zudem kam es<br />

um 1267 zu einer weiteren Besitzauseinandersetzung zwischen<br />

den beiden Linien. Andererseits verloren die Zollern damals nicht<br />

nur Gebiete aufgrund von Teilungen, sondern sie konnten auch Zugewinne<br />

verbuchen, wie die Herrschaft Mühlheim in der ersten<br />

Hälfte des 13- Jahrhunderts. Fortan trachteten die Zollern offenbar<br />

danach, den Bereich zwischen der alten Grafschaft Zollern und der<br />

Herrschaft Mühlheim an sich zu bringen, um eine möglichst<br />

großflächige Herrschaft zu errichten: Wahrscheinlich erwarb man<br />

Bahngen 1255 von den Erben der Grafen von Urach, danach die<br />

Schalksburg und die alte Herrschaft Burgfelden von den Grafen<br />

von Veringen. Als im Jahre 1288 die Linie Zollern-Zollern eingerichtet<br />

und von der neuen Linie Zollern-Schalksburg getrennt<br />

wurde, erhielt die neue Linie genau diese frisch erworbenen Gebiete:<br />

die Herrschaft Mühlheim und die neu konstruierte Herrschaft<br />

Schalksburg, deren Zentrum Bahngen werden sollte. Die Besitzteilung<br />

und Linienbildung erfolgte im Rahmen einer gängigen<br />

Teilung innerhalb einer Adelsfamilie und nicht aufgrund politischen<br />

Drucks, etwa um einen „Pufferstaat" zwischen den verfeindeten<br />

Hohenbergern und Zollern zu büden, wie dies in älteren Forschungsarbeiten<br />

zum Teil angenommen wurde. Obwohl der Streit<br />

zwischen Zollern und Hohenbergern auf Reichsebene verlagert<br />

worden war, als die Zollern auf der Seite Württembergs gegen König<br />

Rudolf von Habsburg und die mit ihm verbundenen Hohenberger<br />

gestanden waren, nahm der König die Zollern 1286 doch wieder<br />

in seine Huld auf, und die Linienbildung blieb von diesem Zwist<br />

unbeeinflusst.<br />

Eigens hingewiesen sei auf das Forschungsresultat Schöntags, dass<br />

sich im Randbereich der aneinandergrenzenden Herrschaftsgebiete<br />

der Hohenberger, Zollern und Württemberger der dort ansässige<br />

Ortsadel teilweise von der Herrschaft emanzipieren und im<br />

15. Jahrhundert den Weg in die Reichsritterschaft finden konnte.<br />

Als Beispiele seien die ritterschafthchen Herrschaften in Geislingen,<br />

Roßwangen-Dotternhausen oder Lautlingen genannt.<br />

Dr. Casimir Bumiller, Historiker und Publizist, befasst sich mit<br />

dem „schalksburgischen Jahrhundert" in der hohenzollerischen<br />

30<br />

Geschichte, also mit der Linie Zollern-Schalksburg und den näheren<br />

Umständen des Verkaufs der Herrschaft Schalksburg 1403.<br />

Sein Beitrag unterstreicht nochmals, dass die Besitzteilung von<br />

1288 als ein üblicher Vorgang innerhalb von Hochadelshäusern<br />

und nicht als fremdbestimmter Eingriff anzusehen ist. Die Linie<br />

Schalksburg dürfte dabei mit den Herrschaften Schalksburg und<br />

Mühlheim den bedeutenderen Besitz erhalten haben. Die Teilung<br />

der Linien 1288 brachte zwar einen Machtverlust für die Zollern<br />

mit sich, konnte andererseits aber theoretisch zum Erhalt der Familie<br />

beitragen. Die Linie Zollern-Schalksburg erlosch allerdings<br />

bereits nach 120 Jahren als im Jahre 1408 Graf Mülli starb. Die Linie<br />

existierte also vornehmlich im 14. Jahrhundert. Dieses Jahrhundert<br />

war von wirtschaftlichen und demographischen Krisen gekennzeichnet:<br />

Unter anderem erlebte die adlige Herrschaft des Rittertums<br />

einen Einbruch, der an den militärischen Niederlagen von<br />

Ritterheeren deutlich wird. Die Pestwellen führten zu einem Rückgang<br />

der Bevölkerung.<br />

Auch die Schalksburger waren offenbar von den Krisen betroffen,<br />

denn sie sahen sich zu Besitzveräußerungen gezwungen. Hierbei<br />

mag auch die Notwendigkeit, Aussteuern für Familienmitglieder<br />

aufzubringen, eine Rolle gespielt haben. Die Ministerialität, die Gefolgschaft<br />

der Grafen, dünnte ebenfalls im Laufe des 14. Jahrhunderts<br />

aus; vor allem konnten die Schalksburger keinen Hof mehr<br />

als gesellschaftlichen Mittelpunkt - gerade für die adhgen Ministerialen<br />

- entwickeln, über die Bumiller einen Überblick gibt. Die<br />

Grafen von Schalksburg standen ihrerseits in Bündnissystemen<br />

und in Fürstendiensten. Je nach politischer Konstellation und Interessenlage<br />

finden sie sich sowohl auf Seiten Habsburgs als auch<br />

Württembergs.<br />

Schließlich beleuchtet Bumiller die konkreten Umstände zur Zeit<br />

des Verkaufs der Herrschaft Schalksburg: Graf Mülli befand sich<br />

damals in einer deprimierenden Lage, denn bereits 1377 war der<br />

Bruder in der Schlacht bei Reutlingen gefallen und der einzige<br />

Sohn verstarb just im Jahre 1403- Obendrein dürfte die wirtschaftliche<br />

Lage des Grafen nicht rosig gewesen sein, so mussten unter<br />

anderem sieben Geschwister Mitgiften erhalten. Aus der wirtschaftlichen<br />

Notlage heraus hatte er schon 1391 die Herrschaft<br />

Mühlheim veräußert. Wegen seiner vermutlichen Schulden und<br />

weil er kinderlos war, sah sich Graf Mülli offenbar dazu gezwungen,<br />

auch die Herrschaft Schalksburg zu verkaufen. Eine Veräußerung<br />

an die zollerischen Vettern schloss sich dabei wohl aus, denn<br />

diese befanden sich selbst in einer desolaten familiären und wirtschaftlichen<br />

Lage, so dass sie die Mittel für einen Erwerb der Herrschaft<br />

nicht aufbringen konnten. Jedenfalls geschah der Verkauf<br />

der Schalksburgherrschaft mit Wissen, wenn nicht gar Zustimmung<br />

zumindest eines Teils der zollerischen Verwandschaft. So besiegelte<br />

Graf Friedrich Ostertag als Vogt Verena von Kyburgs, die als Ehefrau<br />

Graf Mülhs Mitverkäuferin der Schalksburgherrschaft war, die Verkaufsurkunde.<br />

Bereits die Veräußerung Mühlheims war offenbar mit<br />

„rat" der zollerischen Verwandtschaft geschehen. Dass die Herrschaft<br />

Schalksburg gerade an Württemberg ging, lag nahe, denn diesem<br />

Hause war Graf Mülli verbunden. Damit dürfte Bumiller die historischen<br />

Umstände des Verkaufs erfasst haben, die sich anders<br />

darstellen als in der späteren mündlichen Erzähltradition.<br />

Dr. Volker Trugenberger, Leiter der Abteilung Staatsarchiv Sigmaringen<br />

des Landesarchivs Baden-Württemberg, untersucht im Anschluss<br />

den „Erwerb der Herrschaft Schalksburg im Kontext der<br />

württembergischen Territorialpolitik". Württemberg war bestrebt,<br />

sein Territorium gegen den Konkurrenten Habsburg auszudehnen.<br />

Verschiedentlich konnte es im Raum zwischen Schwarzwald und<br />

Schwäbischer Alb bzw. zwischen Neckar und Donau im 14. Jahrhundert<br />

Gebiete erwerben, in den Jahren 1306/17 beispielsweise

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