FLUG REVUE 01/2017
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<strong>01</strong> 2<strong>01</strong>7<br />
Deutschland € 5,30 www.flugrevue.de<br />
<strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong><br />
TOP<br />
AKTUELL<br />
• REPORTAGE •<br />
A350-1000<br />
Erstflug<br />
Das Luft- und Raumfahrt-Magazin<br />
Airshow in Zhuhai<br />
CHINAS<br />
BESTER<br />
NBAA-MESSE<br />
Neue Ideen gegen<br />
die Absatzflaute<br />
10 000. AIRBUS<br />
Mit Hightech zum<br />
Weltkonzern<br />
CH-47 GEGEN CH-53K<br />
Luftwaffe will<br />
neue Helikopter<br />
FIGHTER<br />
UMWELT<br />
MTU verbessert<br />
Getriebefan<br />
737<br />
BEI LUFTHANSA<br />
Der letzte Flug<br />
mit „Bobby“<br />
GROSSE PLÄNE VON MUSK<br />
So besiedeln wir den Mars<br />
Österreich € 6,00, Schweiz sfr 10,<br />
Dänemark dkr 58, Benelux € 6,20,<br />
Slowakei € 8,40, Italien € 6,90
SO STARK.<br />
CHINOOK.<br />
Der H-47F Chinook setzt mit einem einzigartigen Leistungs- und Einsatzprofil weltweit den Maßstab für<br />
Mittelschwere bis Schwere Transporthubschrauber. Der H-47F Chinook ist leistungsstärker als je zuvor. Er ist<br />
mit modernster Flugsteuerungstechnik und einem vollintegrierten digitalen Cockpit ausgestattet und ist auch<br />
unter anspruchsvollsten Bedingungen voll einsetzbar: in großer Höhe, bei widriger Witterung, bei Tag oder<br />
Nacht. Ob Truppen- und Materialtransporte, Einsätze von Spezialeinheiten, Such- und Rettungsaktionen oder<br />
Katastrophenhilfe, es gibt nur einen, der alles kann. Der Chinook.
Januar<br />
Kurs<br />
Boeing baut um<br />
Fluggeräte im Heft<br />
16 Airbus, diverse Modelle<br />
34 Airbus A350<br />
55 AVIC AG600<br />
24 Boeing 737<br />
44 Boeing CH-47 Chinook<br />
12 Bombardier Global 7000<br />
52 Chengdu J-20; J-10B<br />
80 Convair B-58 Hustler<br />
50 Eurofighter<br />
44 Sikorsky CH-53K<br />
King Stallion<br />
52 Xian H-6<br />
Fotos: Boeing, Patrick Holland-Moritz<br />
Noch nie hat Boeing den Chef<br />
der Zivilflugzeugsparte von<br />
außen geholt, doch seit dem<br />
21. November 2<strong>01</strong>6 steht mit Kevin G. McAllister<br />
ein Manager an der Spitze der Commercial Airplanes,<br />
der in den vergangenen fast drei Jahrzehnten<br />
bei GE Aviation Karriere gemacht hat.<br />
McAllister löst Ray Conner ab, der seit fast 40<br />
Jahren bei Boeing ist und in einer Übergangsphase<br />
bis Ende 2<strong>01</strong>7 noch Vice Chairman des Gesamtkonzerns<br />
bleibt. Gleichzeitig mit der Top-Personalie<br />
verkündete Boeing-Chef Dennis Muilenburg<br />
eine Umstrukturierung im Servicebereich. Die zivilen<br />
und militärischen Dienstleistungsbereiche<br />
sowie Tochterfirmen wie Aviall und Jeppesen werden<br />
unter dem Namen Boeing Global Services zusammengelegt.<br />
Chef wird Stanley A. Deal, der<br />
den Auftrag hat, die Umsätze in den nächsten<br />
zehn Jahren von derzeit etwa 15 Milliarden Dollar<br />
auf über 45 Milliarden Dollar zu verdreifachen.<br />
Boeing stellt sich also in den Zeiten eines abflauenden<br />
Booms im Verkehrsflugzeuggeschäft für die<br />
Herausforderungen der kommenden Jahre neu<br />
auf. Man bleibt bei seinen Kerngeschäften und<br />
setzt nicht auf futuristische Ideen im Stile des Silicon<br />
Valley. Ob man damit auf Dauer seine Position<br />
als größter Luft- und Raumfahrtkonzern der<br />
Welt halten kann, muss sich zeigen. Auf jeden Fall<br />
gibt es für McAllister genügend Handlungsdruck:<br />
Er muss bei den margenstarken Großraumjets<br />
den schwierigen Übergang zur 777X bewältigen<br />
und über das nächste Entwicklungsprogramm<br />
entscheiden. Dabei hat er es mit einer Regierung<br />
in Washington zu tun, deren Handelspolitik<br />
Boeing in wichtigen Absatzmärkten richtige Probleme<br />
bereiten könnte.<br />
Karl Schwarz<br />
Stellvertretender Chefredakteur<br />
Zahl<br />
des<br />
Monats8600<br />
Erwartete Geschäftsreisejet-Produktion weltweit von 2<strong>01</strong>6 bis 2026 im Wert von<br />
240 Milliarden Euro gemäß der neuesten Studie von Honeywell. Dies entspricht<br />
einem Rückgang von sechs bis sieben Prozent gegenüber der Vorjahresprognose.<br />
E -Kiosk<br />
Aus dem Heft ins Netz: Auf der Website der<br />
<strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> finden Sie jetzt einen E-Kiosk zum<br />
Herunterladen von <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong>-Heftinhalten.<br />
www.flugrevue.de <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> JANUAR 2<strong>01</strong>7 3
34<br />
Das Airbus-Zweistrahler-<br />
Flaggschiff startete Ende<br />
November zum Erstflug.<br />
<strong>01</strong>/2<strong>01</strong>7<br />
INHALT<br />
TAKE-OFF<br />
16 10 000. Airbus ausgeliefert<br />
Vom kleinen Start-up zu Europas<br />
Global Player im Flugzeugbau<br />
ZIVILLUFTFAHRT<br />
24 Lufthansa mustert die Boeing 737 aus<br />
Mit dem „Bobby“-Abschiedsflug noch<br />
einmal nach Hamburg und zurück<br />
30 Niedrigpreis-Airline Kulula<br />
Wie ein afrikanischer Branchenneuling<br />
erfolgreich Werbe-Aufsehen erregt<br />
34 Airbus A350-1000 startet zum Erstflug<br />
So will Airbus das Boeing-Erfolgsmodell<br />
777-300ER übertrumpfen<br />
BUSINESS AVIATION<br />
40 NBAA 2<strong>01</strong>6 in Orlando<br />
Große Neuankündigungen blieben aus,<br />
dafür gibt es reichlich Updates und Visionen<br />
MILITÄRLUFTFAHRT<br />
44 Chinook gegen CH-53K<br />
Die Luftwaffe sucht einen neuen großen<br />
Transporthubschrauber und hat die Wahl<br />
zwischen zwei US-Mustern<br />
50 RAF auf Asientour<br />
Mit dem Eurofighter bei Übungen in<br />
Malaysia, Japan und Südkorea<br />
52 Airshow China in Zhuhai<br />
Details zum Stealth-Fighter J-20 und<br />
anderen interessanten Debütanten<br />
4 <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> JANUAR 2<strong>01</strong>7<br />
30<br />
16<br />
Schwarzer Humor bei Afrikas<br />
Low-Cost-Pionier Kulula<br />
Stammkunde Singapore Airlines<br />
übernahm den 10 000. Airbus.<br />
Das komplette Heft gibt es auch als E-Paper.<br />
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MILITÄRLUFTFAHRT<br />
56 Freundeskreis Luftwaffe<br />
50 Jahre Pilotenausbildung in Sheppard<br />
TECHNIK<br />
60 Getriebefan soll sparsamer werden<br />
MTU forscht im Rahmen des Clean-Sky-<br />
Programms an neuen Technologien<br />
66 3D-Druck und Verbundwerkstoffe<br />
Zulieferer zeigen auf der AIRTEC ihr Können<br />
RAUMFAHRT<br />
72 Elon Musk will den Mars besiedeln<br />
Wir stellen die Pläne des SpaceX-Chefs für<br />
eine neue Rakete und ein Raumschiff vor<br />
76 Schiaparellis harte Landung<br />
Warum der ExoMars-Lander abstürzte<br />
78 Raumfahrt-News<br />
HISTORIE<br />
80 Convair B-58 Hustler<br />
Mit dem Mach-2-Atombomber stieß die<br />
USAF in neue Leistungsbereiche vor<br />
50<br />
Mit dem Eurofighter Typhoon<br />
war die Royal Air Force auf<br />
großer Asientour.<br />
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UNSERE TITELTHEMEN finden Sie hier<br />
Auf der NBAA in Orlando kündigte<br />
40 Embraer neue Vermarktungsideen an.<br />
34<br />
40<br />
16<br />
44<br />
24<br />
52<br />
60<br />
72<br />
Sikorsky hat die CH-53K im Flugtest, die<br />
44 auch für die Luftwaffe interessant ist.<br />
Fotos: USAF, Comair, Sikorsky, Airbus (2), Mitropoulos;<br />
Titelfotos: Airbus, Butowski, NASA/Rawlings, Steinke<br />
RUBRIKEN<br />
3 Kurs im Januar<br />
6 Leserforum<br />
8 News<br />
15 VIP-Interview mit Josef Gropper,<br />
Geschäftsführer von Liebherr-Aerospace<br />
Lindenberg<br />
33 Passagier und Kabine<br />
65 Briefing: Bläserschaufel<br />
68 Berufe: Die Ausbildung der Heron-<br />
Drohnenpiloten bei der Luftwaffe<br />
69 Jobbörse<br />
84 Service: Kalender, Impressum<br />
86 Nachbrenner: Große USA-Leserreise der<br />
<strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> nach Seattle und Nellis AFB<br />
90 Vorschau<br />
<strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> JANUAR 2<strong>01</strong>7 5
Leserforum<br />
redaktion@flugrevue.de <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong>, Leuschnerstraße 1, 7<strong>01</strong>74 Stuttgart<br />
<strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> 11/16<br />
China will die An-225 in Serie<br />
produzieren<br />
Die Antonow An-225, das größte derzeit im<br />
Einsatz befindliche Flugzeug der Welt, könnte<br />
wieder in Serie gebaut werden. Dies finde<br />
ich im Angesicht der momentanen wirschaftlichen<br />
Lage mehr als fraglich. Es ist zu beobachten,<br />
dass vermehrt Airlines ihre vierstrahligen<br />
Muster außer Dienst stellen (z. B. KLM)<br />
und Großraumflugzeuge wie der Airbus<br />
A380 einen starken Rückgang der Bestellungen<br />
verzeichnen. Selbst die Produktionsrate<br />
der Boeing 747-8 wird gedrosselt. Welche<br />
Airline soll also als Abnehmer für die An-225<br />
anvisiert werden? Ist die An-225 überhaupt<br />
heutzutage noch rentabel mit sechs Triebwerken,<br />
welche die Wartung verteuern?<br />
Kurzum, wird es jemals zu einer Produktionsreihe<br />
der Antonow kommen? Trotz meiner<br />
Skepsis würde ich mich auf jeden Fall darüber<br />
freuen, diesen imposanten Vogel häufiger in<br />
der Luft zu sehen.<br />
Marius Gobrecht, Hamburg<br />
•<br />
<strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> 12/16<br />
Nordkoreas erste Airshow<br />
Zu meiner großen Enttäuschung muss ich<br />
leider sagen, ist der Autor weit hinter den<br />
Möglichkeiten zurückgeblieben, die in diesem<br />
Artikel lesenswert gewesen wären. Viele<br />
mittlerweile seltene Flugzeugtypen wie die<br />
Tu-134, An-24 und Tu-154B wurden fotografisch<br />
nicht berücksichtigt. Die größte Enttäuschung<br />
ist aber, dass auf die wirkliche<br />
Sensation anlässlich dieser Flugschau weder<br />
textlich noch bildlich eingegangen wurde. In<br />
Schreiben lohnt sich!<br />
Unter allen Leserbrief-Autoren des vergangenen<br />
Monats haben wir ein Exemplar des<br />
Herpa-Weihnachtsfliegers 2<strong>01</strong>6 verlost.<br />
Das Metallmodell des Airbus A350-900<br />
im Maßstab 1:500 hat einen Wert von<br />
32,95 Euro und geht an Marius Gobrecht.<br />
<strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> 11/16<br />
Aufholjagd<br />
In Ihrem Bericht über die A350 werden<br />
schon wieder Probleme mit der Produktion<br />
dieses Flugzeuges offengelegt. Ich<br />
bin entsetzt, dass bei fast allen Flugzeugund<br />
Hubschrauber-Projekten in den letzten<br />
zehn Jahren nur Probleme auftraten.<br />
Ich frage mich, ob deutsche oder europäische<br />
Ingenieure noch in der Lage sind,<br />
große Projekte zu steuern und zu beherrschen.<br />
Ich bin mir nicht sicher, ob es früher<br />
weniger Probleme gab oder ob diese<br />
Wonsan wurde erstmals ein Flugzeugmuster<br />
westlicher Bauart im Besitz der Air Koryo<br />
vorgeführt. Es handelt sich dabei um die<br />
neuseeländische PAC P-750 XSTOL.<br />
Ebenso enttäuschend ist es, bisher noch<br />
nichts über die im April 2<strong>01</strong>5 erfolgte Präsentation<br />
der in Eigenregie gefertigten Cessna-<br />
182-Nachbauten in Nordkorea gelesen zu<br />
haben, obwohl diese Information auch mit<br />
Bildmaterial durch die staatliche Nachrichtenagentur<br />
verbreitet worden ist.<br />
In diesem Zusammenhang wurde auch über<br />
eine Modernisierung der An-2 mit Glascockpit<br />
berichtet. Es wäre interessant gewesen,<br />
zu erfahren, ob die in Wonsan vorgeführte<br />
Maschine mit der Bordnummer 621 über ein<br />
solches Cockpit verfügt, da dieses Cockpit<br />
bisher nur in der Maschine mit der Bordnummer<br />
8<strong>01</strong> gezeigt wurde. Es ist weniger<br />
nur weniger publiziert wurden. Liegt es<br />
nun daran, dass in den Firmen der Rotstift<br />
angesetzt wurde, um Entwicklungs-,<br />
Planungs-, Testzeiten etc. zu kürzen, oder<br />
sind unsere Manager und Ingenieure<br />
nicht mehr in der Lage, solche komplexen<br />
Projekte zu stemmen? Ist die Ausbildung<br />
in den Universitäten veraltet, um mit solchen<br />
Herausforderungen mitzuhalten?<br />
Fast jeder Betriebswirtschaftler sagt doch,<br />
dass Fehler, die spät erkannt werden,<br />
deutlich mehr Kosten verursachen, als<br />
wenn man es gleich richtig gemacht hätte.<br />
Es stehen nun halbfertige Flugzeuge<br />
auf dem Airbus-Gelände herum, die aufwendig<br />
nachgearbeitet werden müssen.<br />
Es macht mich wirklich betroffen, dass<br />
immer wieder solche Probleme auftauchen<br />
und offensichtlich unsere Manager<br />
und Ingenieure nichts daraus lernen, um<br />
es beim nächsten Projekt besser zu machen.<br />
Es wird immer mehr gejammert,<br />
dass alles schwierig und sehr problematisch<br />
ist. Ich denke, die Projekte sollten<br />
seriös geplant und die Herausforderungen<br />
einfach mit viel Professionalität rechtzeitig<br />
gelöst werden.<br />
Hans-Joachim Ewald, Berlin<br />
als ein Trost, dass andere Zeitschriften ebenfalls<br />
keine Informationen zu den wirklichen<br />
Sensationen veröffentlicht haben.<br />
Matthias Muth, Biederitz<br />
•<br />
WWW.<strong>FLUG</strong><strong>REVUE</strong>.DE<br />
Neues Überschallprojekt<br />
für 40 Passagiere<br />
Ich kann mir kaum vorstellen, dass das zu<br />
dem Preis [etwa 5000 US-Dollar für den Flug<br />
von New York nach London und zurück;<br />
die Red.] rentabel sein soll. Das hat es bei der<br />
Concorde doch auch gekostet.<br />
Und so viel Sprit wird der neue Jet kaum<br />
sparen, erst recht bei so wenigen Passagieren.<br />
Von den Entwicklungskosten will<br />
ich gar nicht an fangen.<br />
Daniel Eisenschenk, via Facebook<br />
Foto: Airbus<br />
Meinung<br />
gefragt<br />
Gerne veröffentlichen wir Ihre Meinung. Schicken Sie uns Ihren Leserbrief (für Rückfragen bitte unbedingt mit<br />
Adresse und Telefonnummer) an: E-Mail: redaktion@flugrevue.de, Fax: +49 711 182-1781<br />
Die in Leserbriefen geäußerte Meinung muss nicht mit der der Redaktion übereinstimmen. Wir behalten uns die Kürzung von Leserbriefen aus redaktionellen Gründen vor.<br />
6 <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> JANUAR 2<strong>01</strong>7<br />
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News ZIVIL- UND MILITÄRLUFTFAHRT<br />
Foto: Airbus<br />
DRITTE TANKPOSITION HINTER DEM RUMPF<br />
Tanker-Tests mit der A400M<br />
Airbus Defence & Space hat in Spanien weitere Luftbetankungsversuche<br />
mit dem A400M-Transporter<br />
durchgeführt. Dabei ging es um Tests hinter der<br />
mittleren Tankposition im Rumpf. Diese Tankposition erlaubt<br />
Durchflussraten von 2000 Litern und ist besonders<br />
für die Betankung größerer Flugzeuge – in diesem Fall einer<br />
weiteren A400M – geeignet. Bei zwei Flügen führten die<br />
A400M-Prototypen laut Hersteller über 50 Kontakte durch,<br />
sowohl im Geradeaus- als auch im Kurvenflug. Die A400M<br />
hat eine Basis-Kraftstoffkapazität von 63 500 Litern. Dazu<br />
könnten ergänzend zwei je 7200 Liter große Tanks im<br />
Frachtraum installiert werden. Unterdessen haben die spanischen<br />
Luftstreitkräfte am 17. November formell ihre erste<br />
A400M in Empfang genommen. Sie ist in Saragossa stationiert.<br />
Spanien ist der sechste Kunde, der die A400M in<br />
Dienst stellt. Sie ersetzt die C-130 Hercules der spanischen<br />
Luftstreitkräfte. Im September hatten sich Spanien und Airbus<br />
Defence & Space auf einen neuen Lieferplan geeinigt:<br />
14 Flugzeuge werden bis 2022 übergeben, die 13 weiteren<br />
allerdings erst ab 2025.<br />
Foto: General Atomics Aeronautical Systems<br />
Forschung am biegsamen Flügel<br />
Die NASA und das Massachussetts Institute of Technology, MIT, arbeiten an<br />
einem „Morphing“ Wing“, dessen Form sich stufenlos an verschiedene Flugzustände<br />
anpassen lässt. Die Forscher entwarfen ein mit Folie bespanntes Flügelgerüst<br />
aus 3D-gedruckten Verbundwerkstoff-Teilen, das mittels zweier Stellmotoren<br />
im Rumpf des Versuchsträgers in seiner Gesamtheit verbogen werden kann.<br />
Erste Windkanaltests zeigten, dass die aerodynamischen Eigenschaften denen<br />
eines konventionellen Flügels entsprechen, bei nur einem Zehntel des Gewichts.<br />
Avenger ER im Flugtest<br />
General Atomics Aeronautical Systems hat am 27. Oktober mit der Flugerprobung<br />
einer neuen Version des jetgetriebenen Predator C Avenger begonnen. Die<br />
Flugdauer steigt von 15 auf 20 Stunden. Der Avenger ER hat eine um etwa drei Meter<br />
auf 23,15 m verlängerte Spannweite. Die Tankkapazität ist auf 4580 kg erhöht.<br />
Als Nutzlast werden nun 1360 kg im Rumpf genannt. Neben Radar- und elektrooptischen<br />
Sensoren kann die Avenger mit der JDAM-Bombe bewaffnet werden.<br />
Foto: MIT News Office<br />
8 <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> Januar 2<strong>01</strong>7 www.flugrevue.de
Foto: Mitsubishi Aircraft Corp.<br />
Mitsubishi testet MRJ in den USA<br />
Nach einer Strecke von 14 000 Kilometern ist der dritte MRJ-Prototyp, FTA-4, Mitte<br />
November in den USA eingetroffen, wo er Flugtests am Great Country Airport in Moses Lake,<br />
Washington, absolviert. Die Reise aus Nagoya führte in knapp 19 Flugstunden via Guam, die<br />
Marschallinseln und Hawaii zunächst nach San José (Foto). Schon seit Mitte Oktober weilt<br />
FTA-1 in den USA. Mitsubishi Aircraft nutzt Moses Lake als Testflugbasis und dortige US-<br />
Spezialisten von AeroTEC als Unterstützung bei der möglichst schnellen Zulassung ihres neuen<br />
Regionaljets. Am 22. November startete in Nagoya als vierter MRJ auch Prototyp FTA-3 zum<br />
erfolgreichen Erstflug. Unterdessen konnte Mitsubishi im November den statischen Belastungstest<br />
in Japan erfolgreich abschließen. Dabei wurde das Flugzeug mit der 1,5-fachen<br />
Höchstlast beaufschlagt, die jemals in einem Flugzeugleben zu erwarten ist.<br />
„Das Verhalten Einzelner kann erhebliche<br />
Kosten für alle verursachen.“<br />
EU-Verkehrskommissarin Violeta Bulc zum Lufthansa-Streik<br />
SALIS-Partner der<br />
NATO trennen sich<br />
Mit zwei separaten Verträgen will die<br />
NATO ihre Partner im Projekt „Strategic<br />
Airlift Interim Solution“ (SALIS) künftig verpflichten,<br />
nachdem diese ihre Zusammenarbeit<br />
untereinander zum Jahreswechsel<br />
beenden. Demnach übernehmen die russsische<br />
Volga-Dnepr mit „Ruslan SALIS“<br />
und die ukrainische „Antonov SALIS“ mit<br />
getrennten Flotten von bis zu zehn bzw.<br />
sieben Antonow An-124 Schwerlasttransporte<br />
für zwölf NATO-Mitglieder sowie für<br />
Schweden und Finnland. Die Logistikdrehscheibe<br />
von SALIS bleibt in Halle/Leipzig.<br />
Foto: Volga-Dnepr<br />
Foto: Boeing<br />
Erste Taurus an Südkorea übergeben<br />
Die Taurus Systems GmbH hat das erste Los der Abstandslenkflugkörper Taurus KEPD 350K<br />
an die Luftwaffe Südkoreas übergeben. Laut Hersteller liegt man voll im Plan, auch die Integration<br />
in die Boeing F-15K soll demnächst abgeschlossen werden. Südkorea hatte Ende 2<strong>01</strong>3<br />
insgesamt 170 Taurus im Wert von 270 Millionen Euro bestellt. Taurus KEPD 350K ist eine<br />
verbesserte und weiterentwickelte Version des Lenkflugkörpers KEPD 350, den die deutsche<br />
Luftwaffe 2005 und die spanische Luftwaffe 2009 in Dienst gestellt hat. Sie verfügt über ein<br />
neues GPS-System von Rockwell Collins, das ein Modul zur Störunterdrückung beinhaltet.<br />
Daher musste eine US-Exportgenehmigung eingeholt werden. In Südkorea sind die Taurus<br />
für die Bekämpfung nordkoreanischer Raketenstellungen und Atomanlagen vorgesehen. Eine<br />
Entscheidung zur Beschaffung von weiteren 90 Lenkflugkörpern wird derzeit vorbereitet.<br />
WTO-Tauziehen um<br />
Flugzeugbau-Hilfen<br />
Die Welthandelsorganisation WTO<br />
hat Ende November US-Steuererleichterungen<br />
für die Boeing 777X in Höhe<br />
von 5,7 Mrd. Dollar für unzulässig erklärt.<br />
Die Subvention müsse unverzüglich<br />
eingestellt werden. Damit steht es<br />
im seit Jahrzehnten erbittert geführten<br />
Streit der Europäer und Amerikaner nun<br />
„1:1“. Erst im September hatte die WTO<br />
auch Airbus gerügt, unzulässige Hilfen<br />
für das Programm A380 erhalten zu<br />
haben. Beide Seiten werfen sich jeweils<br />
eine unfaire Handelspraxis vor. Die WTO<br />
selbst hat keine Sanktionsmöglichkeiten,<br />
kann aber Regierungen zu Sanktionen<br />
autorisieren. Die USA und die EU haben<br />
bisher keine WTO-Verfahren gegen<br />
China, Russland oder Kanada angestrengt,<br />
die ihre Luftfahrtindustrie ebenfalls<br />
erheblich fördern.<br />
www.flugrevue.de <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> Januar 2<strong>01</strong>7 9
News ZIVIL- UND MILITÄRLUFTFAHRT<br />
MINDESTENS 14 NEUE EXPRESSFRACHTER FÜR UPS<br />
Großauftrag rettet den Jumbo<br />
Foto: UPS<br />
Der amerikanische Expressfracht-Riese United Parcel<br />
Service (UPS) sichert mit einem Großauftrag für 14<br />
Boeing 747-8F und 14 Optionen die Produktion des<br />
Jumbo-Jets. UPS erhält die neu gebauten Vierstrahler zwischen<br />
2<strong>01</strong>7 und 2020. Sie sollen auf internationalen Langstrecken<br />
eingesetzt werden. Der tatsächliche Auftragswert<br />
wurde nicht genannt. Nach Boeing-Listenpreis läge die Bestellung<br />
bei 5,3 Milliarden Dollar. Der größe Jumbo-Auftrag<br />
seit Ende 2007 verdoppelt nahezu den 747-Auftragsbestand<br />
bei Boeing und sichert die zuletzt auf nur noch 0,5 Flugzeuge<br />
pro Monat gesenkte Produktionsrate. Der Flugzeughersteller<br />
hatte sogar schon eine Einstellung des Programms<br />
erwogen. Boeing hofft auf eine baldige Erholung des Frachtermarktes<br />
und auf eine neue Nachfrage für den Jumbo gegen<br />
Ende dieser Dekade, wenn viele ältere 747-400-Frachter<br />
ersetzt werden müssen.<br />
Foto: Textron<br />
Waffentests mit der Scorpion<br />
Das leichte Erdkampfflugzeug Scorpion von Textron AirLand<br />
hat im Oktober 2<strong>01</strong>6 über der White Sands Missile Range, New Mexico,<br />
erstmals Raketen und Lenkwaffen getestet. Bei den Versuchsflügen<br />
wurden sowohl ungelenkte Hydra-70-Raketen als auch die<br />
mit Lasersuchkopf versehene Variante APKWS von BAE Systems verschossen.<br />
Dazu kam der Einsatz der AGM-114F Hellfire (Foto). Die<br />
Zielbeleuchtung erfolgte zunächst vom Boden aus. Anschließend<br />
wurde der unter dem Rumpf der Scorpion platzierte Sensorbehälter<br />
L-3 Wescam MX-15Di verwendet. Die Vorbereitung für die Waffentests<br />
dauerte laut Hersteller nur drei Monate. Der erste Prototyp<br />
setzt nun sein Versuchsprogramm fort. In Kürze soll auch die erste<br />
dem geplanten Serienstandard entsprechende Scorpion fliegen.<br />
10 <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> Januar 2<strong>01</strong>7<br />
Erste Cowling für die A330neo<br />
Die FACC AG aus Österreich hat Ende Oktober im Werk Reichersberg<br />
die erste CFK-Triebwerksverkleidung für den Airbus A330neo<br />
an Safran Nacelles übergeben. Die 2,2 Meter langen, sogenannten<br />
Cowlings mit einem Durchmesser von 3,7 Metern umschließen<br />
künftig die beiden Trent-7000-Triebwerke des überarbeiteten Airbus-Erfolgsmodells.<br />
Sie können zur Wartung geöffnet werden.<br />
Für die A330neo liefert FACC auch Störklappen und Verkleidungen<br />
der Landeklappenträger. Allein die A330neo-Cowlings können bei<br />
FACC ein Umsatzvolumen von bis zu 100 Millionen Dollar erreichen<br />
und 70 Arbeitsplätze sichern. Mittlerweile ist die erste endmontierte<br />
A330neo bei Airbus zur Triebwerksinstallation geschleppt worden.<br />
Foto: FACC AG
Goodyear tauft zweiten Zeppelin<br />
Auf den Namen „Wingfoot Two“ hat der amerikanische Reifenhersteller<br />
Goodyear Ende Oktober am Endmontagestandort Wingfoot<br />
Lake in Ohio seinen zweiten Zeppelin NT getauft (hinten im<br />
Bild). Mit drei im Jahr 2<strong>01</strong>1 bestellten Zeppelinen NT löst Goodyear<br />
seine Werbeflotte von Prallluftschiffen ab (vorne). Der 75 Meter<br />
lange Zeppelin NT, ein Starrluftschiff mit tragendem Innengerüst<br />
und 8425 Kubikmeter Volumen, kann 13 Passagiere und in der<br />
neuesten Ausführung LZ N07-1<strong>01</strong> sogar 15 Fluggäste befördern.<br />
Hersteller des Zeppelin NT ist die deutsche Zeppelin Luftschifftechnik<br />
in Friedrichshafen.<br />
GE kauft<br />
Concept<br />
Laser<br />
Auf der Suche<br />
nach einem Hersteller<br />
von 3D-Druckern<br />
hat GE ein Auge auf Deutschland geworfen.<br />
Nachdem der US-Technologiekonzern Ende Oktober mit der<br />
geplanten Übernahme des Lübecker Anlagenherstellers SLM Solutions<br />
an den Aktionären gescheitert ist, soll der Kauf des deutschen<br />
3D-Druck-Pioniers Concept Laser bis Ende 2<strong>01</strong>6 unter Dach und Fach<br />
sein. GE will für 549 Millionen Euro zunächst 75 Prozent an dem Familienunternehmen<br />
mit Sitz im oberfränkischen Lichtenfels übernehmen.<br />
In einigen Jahren soll aber die komplette Übernahme erfolgen.<br />
Foto: Concept Laser<br />
❱❱❱ kurz notiert<br />
Der Fleet Air Arm der Royal Navy hat in Yeovilton seinen<br />
letzten von 28 AW159-Marinehubschraubern erhalten.<br />
Das Wildcat-Programm hat ein Volumen von 1,7 Milliarden<br />
Pfund (1,9 Mrd. Euro). Neben den Marinehubschraubern<br />
gehen 34 Wildcat AH1 an das Army Air Corps.<br />
Die erste Poseidon für die Royal Australian Air Force<br />
wurde am 16. November 2<strong>01</strong>6 in der Hauptstadt Canberra<br />
in Empfang genommen. Die australische Regierung plant die<br />
Beschaffung von 15 Flugzeugen, von denen zwölf bisher fest<br />
bestellt sind. Sie ersetzen die 19 AP-3C Orions und werden für<br />
die Seeüberwachung und die U-Boot-Bekämpfung eingesetzt.<br />
Singapur kauft bei Airbus Helicopters und Boeing eine<br />
unbekannte Anzahl mittlerer und schwerer Transporthubschrauber<br />
vom Typ H225M beziehungsweise CH-47F.<br />
Damit werden ältere Super Pumas und Chinooks ersetzt,<br />
die seit 1983 beziehungsweise 1994 im Einsatz sind.<br />
Am 29. November startete der erste Airbus A350-900 für<br />
Lufthansa in Toulouse zum Erstflug. Das Flugzeug mit der<br />
Werknummer MSN74, die künftige D-AIXA, soll noch vor<br />
Weihnachten übergeben werden und nach dem Einbau von<br />
Sitzen in Deutschland ab Februar seinen Liniendienst aufnehmen.<br />
Als erste Route plant Lufthansa München – Delhi.<br />
Foto: Goodyear<br />
Airbus streicht Stellen<br />
Konzernweit 1164 Stellen, davon 429 in Deutschland,<br />
streicht die Airbus-Gruppe zum Jahreswechsel. Damit vollendet<br />
das Unternehmen seine angekündigte Verlagerung des<br />
Hauptsitzes nach Toulouse und löst die Verwaltungszentralen<br />
in Ottobrunn und Paris auf. In Toulouse will sich die Konzernführung<br />
auf die dort vorhandenen Strukturen der Verkehrsflugzeugsparte<br />
stützen, sodass die übergeordnete Konzernführungsebene<br />
teilweise eingespart werden kann. Weitere<br />
325 Stellen sind von Paris und München nach Toulouse<br />
verlagert worden.<br />
F-35B auf der USS „America“<br />
Das US Marine Corps hat ein dreiwöchiges Testprogramm mit der<br />
F-35B auf dem kleinen Träger USS „America“ durchgeführt. Insgesamt<br />
sechs Flugzeuge sind beteiligt. Die Versuche auf der LHA-6 umfassten<br />
weitere Tests im Rahmen des Entwicklungsprogramms (DT-III =<br />
Development Test) und die Truppenerprobung. Entsprechend waren<br />
die Staffeln VX-23 (Air Test & Evaluation Squadron) aus Patuxent River<br />
und die VMX-1 (Marine Operational Test and Evaluation Squadron)<br />
aus Yuma beteiligt. Für die Piloten der VX-23 ging es hauptsächlich<br />
darum, den sicheren Flugbereich der F-35B mit dem neuen 3F-Softwarestandard<br />
auszuloten. Für die VMX-1 stehen der normale Flugbetrieb<br />
und die Wartung auf dem Schiff im Vordergrund.<br />
Foto: Lockheed Martin<br />
www.flugrevue.de<br />
<strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> Januar 2<strong>01</strong>7 11
News ZIVIL- UND MILITÄRLUFTFAHRT<br />
Pilotenlegende<br />
Bob Hoover gestorben<br />
Foto: Bombardier<br />
BOMBARDIER TESTET NEUEN BUSINESS JET<br />
Erstflug der Global 7000<br />
Mit dem Erstflug von Flight Test Vehicle 1 hat Bombardier Business Aircraft<br />
am 4. November das Flugtest- und Zulassungsprogramm für<br />
seinen neuesten Langstrecken-Business-Jet begonnen. Er soll ab der<br />
zweiten Jahreshälfte 2<strong>01</strong>8 ausgeliefert werden. Der Erstflug im kanadischen<br />
Toronto dauerte zwei Stunden und 27 Minuten. Am Steuer saßen Kapitän Ed<br />
Grabman und Copilot Jeff Karnes, außerdem war Flugtestingenieur Jason<br />
Nickel an Bord. Beim Erstflug wurden zunächst die grundsätzliche Funktionsfähigkeit<br />
der Systeme, die Bedienbarkeit und die Flugeigenschaften untersucht.<br />
Die Flugleistungen lagen im erwarteten Bereich. Stufenweise kletterte der Zweistrahler<br />
auf 20 000 Fuß (6096 m) Höhe und erreichte 240 Knoten (444 km/h)<br />
Geschwindigkeit. Die Global 7000 bietet bis zu vier getrennte Aufenthaltsbereiche<br />
für Passagiere an.<br />
Im Alter von 94 Jahren ist am 25. Oktober<br />
der amerikanische Pilot Robert A. „Bob“<br />
Hoover verstorben. Hoover kämpfte im Zweiten<br />
Weltkrieg als US-Jagdflieger und wurde<br />
abgeschossen. Mit einer Fw 190 floh er aus<br />
deutscher Kriegsgefangenschaft in Barth.<br />
Nach dem Krieg wurde er Testpilot und begleitete<br />
Chuck Yeager. Seit 1948 Zivilist, flog<br />
er als Instrukteur aber die F-86 noch im Koreakrieg.<br />
Ab 1961 war er Airshow-Pilot, wobei<br />
seine Kunstflugvorführung „Energy Routine“<br />
mit abgestellten Triebwerken legendär wurde.<br />
Foto: Tyson van Rininger<br />
Foto: Luftwaffe/Heyn<br />
Rolls-Royce erprobt Großgetriebe<br />
Im neuen Testzentrum in Dahlewitz erfolgte Ende Oktober der<br />
Erstlauf des Leistungsgetriebes für das künftige UltraFan-Triebwerk<br />
des britischen Herstellers. Im Lageprüfstand wurde zunächst das dynamische<br />
Verhalten der Bauteile und des Ölkreislaufs bei geringem<br />
Druck und niedrigen Geschwindigkeiten validiert. Weitere Tests sollen<br />
Daten zu Kombinationen aus niedriger Leistung und hoher Geschwindigkeit<br />
bei unterschiedlichen Nick- und Rollwinkeln in verschiedenen<br />
Höhen liefern. Hochleistungstests sind für 2<strong>01</strong>7 geplant. Das Getriebe<br />
soll künftige Triebwerke um bis zu 25 Prozent effizienter machen.<br />
Heron 1 der Luftwaffe<br />
in Mali im Einsatz<br />
Am 1. November startete eine Heron 1 der Luftwaffe in<br />
Gao, Mali, zu ihrem ersten „operationellen Flug“ im Rahmen<br />
der UN-Mission MINUSMA. Die Vorbereitungen für den<br />
Aufklärungseinsatz dauerten etwa sechs Wochen, wobei das<br />
notwendige Material über Luft- und Landtransport angeliefert<br />
wurde. Soldaten der All Sources Information Fusion Unit<br />
(ASIFU) und zivile Mitarbeiter von Airbus Defence and Space<br />
Airborne Solutions arbeiteten Hand in Hand. Nach Tests Ende<br />
Oktober stellt die Bundeswehr der UN nun ein „entscheidendes<br />
Einsatzmittel“ zur Verfügung. Zehn Soldaten des<br />
Kontingents gehören der Einsatzstaffel Heron in Mali an.<br />
Foto: Rolls-Royce<br />
12 <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> Januar 2<strong>01</strong>7<br />
www.flugrevue.de
FASZINATION (F)LIEGT IN DER LUFT<br />
Der Begriff »Warbird« lässt bei jedem Flugzeugenthusiasten das Herz<br />
höher schlagen. Namen wie Spitfire, Mustang, Focke Wulf oder der<br />
letzte noch fliegende Avro Vulcan sind nur einige dieser Legenden,<br />
die auf Flugshows rund um den Globus stets zigtausende Zuschauer<br />
anlocken. Andreas Zeitler reist seit Jahren um die Welt und fotografiert<br />
Warbirds – herausgekommen ist eine beachtliche Gesamtschau,<br />
die dem Leser in diesem einzigartigen Bildband präsentiert wird. Der<br />
Fokus liegt dabei auf dem Bildmaterial, das durch technische Daten<br />
und eine kurze Historie sowie den Verbleib der jeweiligen Maschine<br />
abgerundet wird.<br />
192 Seiten, 238 Bilder<br />
ISBN 978-3-613-03900-1<br />
c 29,90<br />
Der Zweite Weltkrieg war eine absolute Hochzeit der Militärentwicklung.<br />
Zu Anfang des Krieges flogen in vielen Streitkräften noch<br />
Doppeldecker – am Ende standen einsatzbereite Strahlflugzeuge zur<br />
Verfügung. Alexander Lüdeke widmet sich umfassend den alliierten<br />
Kampfflugzeugen. Der Begriff »Kampfflugzeuge« umfasst dabei<br />
sowohl Jäger als auch Bomber.<br />
224 Seiten, 220 Bilder<br />
ISBN 978-3-613-03898-1<br />
c 29,90<br />
Zehn entscheidende Luftschlachten<br />
des Zweiten Weltkriegs – aus<br />
alliierter Sicht. Seltene Dokumentarfotos<br />
ergänzen und erläutern<br />
die spannenden Schilderungen<br />
ebenso wie die eindrucksvollen<br />
Farbtafeln, welche die entscheidenden<br />
Kampfhandlungen<br />
detailliert wiedergeben. Eine<br />
eindrucksvolle Schilderung der<br />
historischen Ereignisse, die bis<br />
heute nichts von ihrer Faszination<br />
eingebüßt haben.<br />
232 Seiten, 137 Bilder,<br />
10 Strichzeichnungen<br />
ISBN 978-3-613-03938-4<br />
c 19,95<br />
Überall, wo es Bücher gibt, oder unter<br />
WWW.MOTORBUCH-VERSAND.DE<br />
Service-Hotline: 0711 / 78 99 21 51
News ZIVIL- UND MILITÄRLUFTFAHRT<br />
Helionix-Avionik auch<br />
für H135 zugelassen<br />
Foto: Lufthansa<br />
A340-TRIEBWERK CFM56-5C<br />
100 000 Stunden in Betrieb<br />
Das erste CFM56-5C hat die Schwelle von 100 000 Flugstunden überschritten.<br />
Das Triebwerk von CFM International mit der Seriennummer<br />
74<strong>01</strong>46 ist der Antrieb eines Airbus A340 von Lufthansa. Seinen ersten<br />
Einsatz hatte dieses CFM56-5C am 16. November 1993 an der Lufthansa-<br />
A340-200 mit der Kennung D-AIBF auf Position 3 (rechts innen). Das Flugzeug<br />
wurde 2004 verkauft. Heute fliegt das Triebwerk an der Lufthansa-<br />
A340-300, D-AIGS (siehe Foto) auf Position 1 (links außen). Es wurde insgesamt<br />
viermal komplett bei Lufthansa Technik überholt.<br />
Die EASA hat das Helionix-Avioniksystem<br />
von Airbus Helicopters nun auch für die H135<br />
zugelassen. Geliefert werden die so ausgerüsteten<br />
Hubschrauber ab nächstem Jahr. Die<br />
Helionix-Avionik war bisher für die H175 und<br />
die H145 erhältlich. Nun wurde sie auch in<br />
das kleinere Modell integriert. Die H135 ist<br />
mit drei großen Bildschirmen ausgestattet<br />
und erhält ein GTN-750-Gerät, welches GPS,<br />
Navigation und Kommunikation kombiniert.<br />
Ein wichtiges Element von Helionix ist zudem<br />
das TAS620A, das vor anderem Verkehr im<br />
Umfeld des Hubschraubers warnt. Ein wichtiger<br />
Kunde für die EC135 mit Helionix ist Ascent<br />
Flight Training, das einen Vertrag für die<br />
Ausbildung von Hubschrauberpiloten mit dem<br />
britischen Verteidigungsministerium hat.<br />
Foto: Elbit/Jamie Hunter<br />
G 120TP für britisches<br />
Militärpilotentraining<br />
Affinity Flight Training Services hat neun<br />
Monate nach Auftragserteilung die ersten<br />
beiden Grob G 120TP für die Ausbildung<br />
nach RAF Barkston Heath geliefert. Die von<br />
einem Turboprop angetriebenen Trainer werden<br />
im Rahmen des MFTS (Military Flight<br />
Training Programme) zur Grundausbildung<br />
von Piloten für die Royal Air Force, die Royal<br />
Navy und das Army Air Corps genutzt. Mit<br />
ihnen sollen die Schüler auch erste Navigationserfahrung<br />
sammeln sowie Nacht- und Instrumentenflüge<br />
machen. Für MFTS beschafft<br />
Affinity bei Grob insgesamt 38 G 120TP.<br />
14 <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> Januar 2<strong>01</strong>7<br />
Frachter für Hahn<br />
Eine fest stationierte Boeing 747-400F<br />
pendelt seit November vom Frankfurt-<br />
Hahn Airport aus wöchentlich im Linienverkehr<br />
nach Greenville-Spartanburg in<br />
South Carolina, USA. Der Frachtjumbo von<br />
Air Atlanta Icelandic ist für die Spedition<br />
Senator International auf dem Hunsrück-<br />
Flughafen beheimatet und wird zwischen<br />
seinen Linieneinsätzen von Chapman Freeborn<br />
für weitere Flüge vermarktet. Der mit<br />
einem Bugtor ausgestattete Frachter nimmt<br />
124 Tonnen Fracht auf.<br />
Foto: Flughafen Hahn<br />
Etihad und Airbus<br />
bauen die A380 um<br />
Grundüberholungen und Umbauten<br />
gebrauchter Airbus A380 wollen Etihad<br />
Airways und Airbus in einem neuen Gemeinschaftsunternehmen<br />
ab 2<strong>01</strong>7 in<br />
Abu Dhabi anbieten. Die Partner wollen<br />
dort große Wartungsereignisse ab den C-<br />
Checks, Ersatzteile, Ingenieurleistungen<br />
und Kabinenumbauten schlüsselfertig und<br />
aus einer Hand anbieten. Als Zielgruppe<br />
kommen besonders A380-Leasingrückläufer<br />
in Frage, deren aufwendiger Umbau<br />
die nur auf den laufenden Betrieb ausgelegten<br />
Werften der Betreiber oft überfordert.<br />
Etihad Airways Engineering hat<br />
bereits C-Checks und große Kabinenumbauten<br />
für Etihad-A380 durchgeführt.<br />
www.flugrevue.de<br />
Foto: Etihad Airways
VIP-Interview<br />
Der Ingenieur Josef Gropper ist seit 16 Jahren Geschäftsführer von Liebherr-Aerospace Lindenberg<br />
sowie Managing Director und Chief Operating Officer bei Liebherr-Aerospace & Transportation, Frankreich.<br />
Im Interview spricht er über Perspektiven in China und den Hochlauf neuer Flugzeugprogramme.<br />
Herr Gropper, Liebherr-Aerospace<br />
kooperiert im Rahmen von<br />
Gemeinschaftsunternehmen mit<br />
Rolls-Royce und der chinesischen<br />
Firma Landing Gear Advanced<br />
Manufacturing (LAMC). Sind Joint<br />
Ventures die Zukunft für Liebherr-<br />
Aerospace?<br />
Diese beiden Joint Ventures tragen maßgeblich<br />
zu unserer Strategie bezüglich<br />
der Erschließung neuer Märkte bei. Die<br />
Aerospace Transmission Technologies<br />
GmbH haben wir mit Rolls-Royce für<br />
die Entwicklung von Fähigkeiten und<br />
Kapazität zur Produktion von Leistungsgetrieben<br />
für das UltraFan-Triebwerksdesign<br />
gegründet. Dank unseres langjährigen<br />
Erfolgs sowie großen Know-hows<br />
im Bereich Hubschraubergetriebe und<br />
Zahnräder, die an unserem Standort<br />
Friedrichshafen, dem Kompetenzzentrum<br />
für Getriebe, produziert werden,<br />
können wir Wesentliches im Rahmen<br />
dieses Unternehmens beitragen. Und<br />
China ist ein Zukunftsmarkt. Das Land<br />
hat Potenzial, und wir verfolgen auch<br />
hier mit unserem Joint Venture Liebherr<br />
LAMC Aviation (Changsha) Co. eine<br />
langfristige Strategie.<br />
Welche Erfahrungen haben Sie<br />
bisher bei der Zusammenarbeit<br />
mit China gemacht?<br />
Das Joint Venture wurde mit LAMC<br />
gegründet, um gemeinsam Fahrwerke<br />
für chinesische Flugzeugprogramme<br />
herzustellen. Unsere Erfahrungen sind<br />
dabei sehr positiv. Wir haben uns auf<br />
die chinesische Kultur eingestellt und<br />
im beiderseitigen Umgang eine gute<br />
geschäftliche Basis gefunden.<br />
Inwieweit erhöht der beispiellose<br />
Produktionshochlauf bei den Flugzeugherstellern<br />
in der jüngeren<br />
Vergangenheit den Druck auf Zulieferer<br />
wie Liebherr-Aerospace?<br />
„Wir sind<br />
für weiteres<br />
Wachstum gut<br />
vorbereitet.“<br />
Wir haben in den vergangenen Jahren<br />
neben den Aufträgen für diverse Flugsteuerungssysteme<br />
zum Beispiel auch<br />
sieben verschiedene Fahrwerksprogramme<br />
parallel hochgefahren, darunter für<br />
die Bombardier C Series und den Airbus<br />
A350 XWB. Dass das alles reibungslos<br />
funktioniert, liegt auch daran, dass wir<br />
rechtzeitig Kapazitäten geschaffen haben.<br />
Wir investieren langfristig in unsere<br />
Standorte – unabhängig davon, ob es<br />
gut oder kurzfristig mal nicht optimal<br />
läuft. In Lindenberg haben wir schon<br />
2<strong>01</strong>0 damit begonnen, unsere Planung<br />
für die „Fabrik 2020“ zu entwerfen und<br />
umzusetzen. Unsere Produktionsflächen<br />
Foto: Liebherr-Aerospace<br />
wurden um 50 Prozent vergrößert, der<br />
Logistikfluss wurde optimiert und ein<br />
voll automatisiertes Lager gebaut. Wir<br />
sind auch für weiteres Wachstum sehr<br />
gut vorbereitet. Das konnten wir auch<br />
Boeing zeigen, als es um die Aufträge<br />
für die Komponenten des Klappsystems<br />
der Flügelenden, die Antriebseinheit<br />
und den Hydraulikmotor des Betätigungssystems<br />
der Flügelvorderkante<br />
sowie für die Stellantriebe für das Hochauftriebssystem<br />
der 777X ging.<br />
Welche Trends in der Luftfahrt<br />
beeinflussen Ihr Unternehmen?<br />
Eines der Top-Themen ist der 3D-Druck<br />
beziehungsweise das selektive Laserschmelzen.<br />
Wir sind zurzeit dabei, Teile<br />
nach diesem Verfahren zu produzieren<br />
und auf ihre Flugfähigkeit zu testen. Gerade<br />
bei komplexen Bauteilen sehen wir<br />
ein großes Potenzial in Sachen Leichtbau<br />
und Geometriefreiheit. Für uns<br />
steht auch die Entwicklung von Schlüsseltechnologien<br />
für das More Electric<br />
Aircraft in den Bereichen Flugsteuerung<br />
und Fahrwerk sowie Klimatisierung für<br />
Flugzeuge und Hubschrauber im Vordergrund.<br />
Außerdem beschäftigen wir<br />
uns intensiv mit Industrie-4.0-Themen.<br />
Spüren Sie an Ihrem Standort in<br />
Lindenberg im Allgäu den immer<br />
wieder zitierten Mangel an Fachkräften?<br />
Die meisten jungen Menschen zieht es<br />
verständlicherweise in die Großstädte,<br />
aber für Familien mit Kindern bietet das<br />
Allgäu viele Möglichkeiten. Der Freizeitwert<br />
ist hoch, wir haben kaum Arbeitslosigkeit<br />
und geringere Lebenshaltungskosten.<br />
Der erwartete Fachkräftemangel<br />
trifft auf uns noch nicht zu. Wir haben<br />
ein gutes Image und gelten als attraktiver<br />
Arbeitgeber, das Thema haben wir<br />
natürlich trotzdem im Blick.<br />
FR<br />
Die Fragen stellte Ulrike Ebner<br />
Mehr im<br />
Internet:<br />
Unter dem Suchbegriff „Liebherr-Aerospace“ finden Sie auf www.flugrevue.de Artikel zu dem Zulieferer mit<br />
Standorten in Lindenberg, Toulouse, Guaratinguetá (Brasilien), Nischni Nowgorod (Russland) und Changsha (China).<br />
www.flugrevue.de <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> Januar 2<strong>01</strong>7 15
HÖH<br />
Take-Off<br />
Airbus liefert das 10 000. Flugzeug aus<br />
Von SEBASTIAN STEINKE<br />
Vom zarten Pflänzchen zum<br />
Global Player: Europas Erfolgsprojekt<br />
Airbus ist einer der<br />
beiden weltweiten Riesen im<br />
Flugzeugbau und konnte<br />
nun das 10 000. Flugzeug,<br />
eine A350-900, an Singapore<br />
Airlines übergeben.<br />
16 <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> Januar 2<strong>01</strong>7
EN-<br />
<strong>FLUG</strong><br />
Foto: Airbus<br />
<strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> Januar 2<strong>01</strong>7 17
Take-Off<br />
Airbus liefert das 10 000. Flugzeug aus<br />
Das erfolgreiche Konzept<br />
einer sehr ähnlichen<br />
Flugzeugfamilie machte<br />
Airbus zum Global Player.<br />
Drei Mann, mechanische Steuerhörner<br />
und Rundinstrumente<br />
zeigt der Blick in diese frühe A300.<br />
Mit der elektronisch gesteuerten<br />
A320 legte Airbus die Grundlage<br />
für alle seine heutigen Flugzeuge.<br />
HIGHTECH<br />
AUS<br />
Diese nagelneue A350-900 mit<br />
der Registrierung 9V-SMF ist der<br />
10 000. ausgelieferte Airbus.<br />
18 <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> Januar 2<strong>01</strong>7<br />
www.flugrevue.de
EUROPA<br />
Fotos: Airbus, Lufthansa, Steinke<br />
Im Glascockpit der jüngsten A350.<br />
SIA hat für beide Piloten Head-up-<br />
Displays als Extra bestellt.<br />
www.flugrevue.de <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> Januar 2<strong>01</strong>7 19
Take-Off<br />
Airbus liefert das 10 000. Flugzeug aus<br />
Hamburgs Halle 9<br />
wurde zum Vorbild<br />
für die A320-<br />
Endmontagen in<br />
Tianjin und Mobile.<br />
DEUTSCH-<br />
LAND<br />
BAUT MIT<br />
Vor fünf Dekaden waren<br />
wir ein kleines Start-up-<br />
Unternehmen“, erinnerte<br />
sich Airbus-Konzernchef Tom Enders bei<br />
der feierlichen Übergabe des 10000. Airbus-Passagierflugzeugs<br />
am 14. Oktober<br />
2<strong>01</strong>6. „In den siebziger Jahren hatten wir<br />
in manchen Jahren mehr Absagen als Bestellungen<br />
und haben manchmal nur ein<br />
halbes Flugzeug im Jahr gebaut. Heute<br />
liefern wir 600 Flugzeuge pro Jahr aus!“<br />
Es habe 19 Jahre lang gedauert, die ersten<br />
1000 Flugzeuge zu liefern. Vor neun<br />
Jahren sei man bei der 5000. Auslieferung<br />
angelangt und nun stehe bereits die<br />
10 000. auf dem Programm; es ist die insgesamt<br />
sechste A350-900 für Singapore<br />
Airlines.<br />
„Der heutige Nieselregen verheißt in<br />
China Wohlstand“, lobte SIA-Vorstandschef<br />
Goh Choon Phong mit asiatischer<br />
Höflichkeit das trübe Toulouser Herbstwetter.<br />
„Ich gratuliere Airbus von Herzen.<br />
Wir haben eine lange Arbeitsbeziehung<br />
mit Airbus durch alle Ebenen hindurch.<br />
Sie basiert auf Vertrauen.“ Singapore<br />
Airlines kooperiere auch bei<br />
Wartung und Training mit dem Hersteller.<br />
„Ein phänomenaler Erfolg!“, meinte<br />
Goh Choon Phong. „Mit unserer A350<br />
schaffen wir mehr Routen nonstop und<br />
machen unser Drehkreuz Changi besser.<br />
Damit steigern wir unseren Wert.“<br />
Die Ziele San Francisco sowie künftig<br />
Los Angeles und New York wird SIA<br />
mit dem neuen Zweistrahler bedienen.<br />
Sie hat dazu 61 Flugzeuge, darunter sieben<br />
in der Ultralangstrecken-Variante,<br />
bestellt. Der SIA-Chef kündigte aber<br />
auch an, dass seine Airline, einst weltweiter<br />
Erstbetreiber der A380, auch dem<br />
größten Airbus-Muster treu bleibe.<br />
„2<strong>01</strong>7 erhalten wir die nächsten fünf<br />
Flugzeuge mit einer völlig neuen Kabine.<br />
Wenn die herauskommt, wird sie einen<br />
Wow-Faktor erzeugen und branchenweit<br />
führend sein.“<br />
Schon heute sitzen zehn Prozent aller<br />
Fluggäste in London-Heathrow in einer<br />
A380, sagte der Airbus-Geschäftsführer<br />
für den Kundenbereich, John Leahy. Nur<br />
mit größtmöglichen Flugzeugen könne<br />
man auf slot-beschränkten Airports<br />
überhaupt noch wachsen. Der New Yorker<br />
mit irischen Wurzeln wurde bei Airbus<br />
intern noch belächelt, als er 1995<br />
ankündigte, bis zum Jahr 2000 die Hälfte<br />
des einst von Boeing, Lockheed und Mc-<br />
Donnell Douglas beherrschten Marktes<br />
für Airbus zu erobern. Dafür hatte er<br />
stark steigende Produktionsraten verlangt.<br />
Leahys Erfolgsrezept: für jeden<br />
Kunden maßgeschneiderte Verträge, Respekt<br />
und Loyalität auch gegenüber<br />
Branchenneulingen, überzeugende Präsentationen<br />
mit tiefer Fachkenntnis und<br />
unermüdlicher persönlicher Einsatz mit<br />
häufigen Kundenbesuchen. Der schlagfertige<br />
Leahy ist seit 1985 bei Airbus und<br />
für den Aufstieg des europäischen Herstellers<br />
wesentlich mitverantwortlich.<br />
„John und sein Team haben die Mehrzahl<br />
der jetzt gelieferten 10 000 Flugzeuge,<br />
etwa 8800, verkauft“, lobte Tom Enders.<br />
„Die nächsten 10 000 Flugzeuge<br />
bauen wir dann aber in viel mehr Varianten<br />
und Versionen als bisher“, blickte der<br />
Konzernchef voraus. „Unsere Flugzeuge<br />
20 <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> Januar 2<strong>01</strong>7<br />
www.flugrevue.de
Die A330 war<br />
weitaus erfolgreicher<br />
als ihre Schwester,<br />
die A340.<br />
Endmontage der<br />
A350. Alle Jets entstehen<br />
im Verbund<br />
der Partner.<br />
Übergabe mit<br />
John Leahy, Goon<br />
Choon Phong und<br />
Tom Enders (von l.).<br />
Airbus-Ingenieure<br />
arbeiten rund um<br />
den Globus. Die<br />
vernetzte Konstruktionssoftware<br />
hilft<br />
beim Erkennen von<br />
Fehlern.<br />
Die A300, MSN1, F-WUAC<br />
wurde im Mai 1974 mit der<br />
Registrierung F-OCAZ an<br />
Air France ausgeliefert.<br />
werden sicherer werden, besser vernetzt,<br />
einfacher zu warten und komfortabler<br />
sein, mehr Plätze an Bord haben, schneller<br />
zu konstruieren und zu bauen sein<br />
und weniger kosten. Die Digitalisierung<br />
wird die nächste ganz große Sache.“<br />
Die Digitalisierung war auch schon<br />
1987 eine ganz große Sache für Airbus,<br />
als man sich mit dem ersten Verkehrsflugzeug<br />
mit elektronischer Flugsteuerung,<br />
der A320, auf den Markt wagte.<br />
Hier werden die Steuereingaben von<br />
elektronischen Ruderpedalen und Sidesticks<br />
per Kabel und nicht mehr per mechanischem<br />
Seilzug weitergeleitet und<br />
von einem Computer gefiltert. Dieser<br />
optimiert die Kommandos, sodass immer<br />
nur widerstandsärmste Ruderausschläge<br />
gegeben werden müssen. Zudem kann<br />
die Elektronik gefährliche Fluglagen wie<br />
zu steile Kurven oder zu schnelles oder<br />
zu langsames Tempo automatisch verhindern<br />
und Turbulenzen ausbügeln. Die<br />
ebenfalls elektronische Schubkontrolle<br />
(FADEC) kann notfalls mit Vollgas eingreifen.<br />
Nur noch zwei Piloten sind in<br />
diesem wegweisenden Glascockpit nötig;<br />
der Bordingenieur ist überflüssig. Es<br />
wurde zum Vorbild der gesamten Flugzeugfamilie,<br />
auch A330/A340, A350<br />
und A380 folgten diesem Konzept.<br />
Kaum zu glauben ist dagegen, wie konventionell<br />
Airbus mit der A300, Erstflug<br />
1972, einst begonnen hatte. Rundinstrumente,<br />
elektromechanische Steuerhörner<br />
und ein dritter Mann im Cockpit zeugen<br />
von einem klassischen Ansatz. Neu<br />
dagegen war, ein Großraumflugzeug mit<br />
nur noch zwei Triebwerken, den damals<br />
neuen Mantelstromtriebwerken, zu motorisieren.<br />
Dadurch sparte man immerhin<br />
20 Prozent Kraftstoff gegenüber den<br />
dreistrahligen Konkurrenten. Der Mittelstreckenjet<br />
A300 konnte dank seines<br />
kreisrunden Großraum-Rumpfquerschnitts<br />
zudem Frachtcontainer im Unterdeck<br />
paarweise befördern. Diesen<br />
Trumpf erkannte Airbus vor dem ameri-<br />
Fotos: Airbus (4), FR-Archiv<br />
www.flugrevue.de<br />
<strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> Januar 2<strong>01</strong>7 21
Take-Off<br />
Airbus liefert das 10 000. Flugzeug aus<br />
Hamburg ist das Herz der A320-<br />
Fertigung. Wesentliche Teile der<br />
A350 und A380 werden hier<br />
entwickelt und produziert.<br />
Computerbrillen<br />
zeigen den<br />
Arbeitern bei der<br />
Kabinenausstattung<br />
die Daten<br />
der vom Kunden<br />
bestellten<br />
Einbauten.<br />
Dadurch klappt<br />
der Einbau<br />
schneller.<br />
Die neuesten Triebwerke<br />
machen den Airbus-<br />
Kassenschlager A320neo<br />
zum leisen Sparmeister.<br />
kanischen Hersteller Boeing, der die damals<br />
ebenfalls neue 767 dafür ein entscheidendes<br />
Quäntchen zu schmal ausgelegt<br />
hatte. Bei 777 und 787 hat Boeing<br />
dieses Versäumnis behoben.<br />
Dafür galt das weit verteilte Airbus-<br />
Produktionssystem jahrzehntelang den<br />
Amerikanern als hoffnungslos unterlegen.<br />
Erst nach eifersüchtigem Tauziehen<br />
vergaben die europäischen Partner<br />
Frankreich, Großbritannien, Spanien<br />
und Deutschland jeweils die Arbeitspakete<br />
an einem Programm, die dann in<br />
den Werken der Partner gebaut und zur<br />
Endmontage geliefert wurden. Airbus<br />
war lange nur eine lose Arbeitsgemeinschaft<br />
unabhängiger Flugzeughersteller.<br />
Erst seit 2000 als EADS und seit 20<strong>01</strong><br />
als Airbus SAS ist der Hersteller juristisch<br />
gesehen ein eigenes Unternehmen.<br />
Heute gilt das Produktionssystem als<br />
eingespielt, und sogar Hauptkonkurrent<br />
Boeing hat bei seinem Dreamliner eine<br />
ähnliche weltweite Kooperation mit<br />
Transport zur Endmontage in Everett<br />
und Charleston gewählt. Beide Hersteller<br />
wetteifern um die höchsten Produktionsraten,<br />
die mit optimierten Abläufen und<br />
neuester Robotertechnik bei sinkenden<br />
Kosten auf neue Höchststände gebracht<br />
werden sollen. Airbus zählt im Auftragsbuch<br />
16 746 Bestellungen, von denen bei<br />
Redaktionsschluss bereits 10 036 ausgeliefert<br />
waren.<br />
FR<br />
REKORD-<br />
RATEN<br />
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Fotos: Airbus<br />
22 <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> Januar 2<strong>01</strong>7
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Zivilluftfahrt<br />
Lufthansa-Abschied von der 737<br />
Mit Sonderflügen hat<br />
Lufthansa ihre Boeing 737<br />
aus dem Bestand verabschiedet.<br />
Boeings<br />
erfolgreichstes Verkehrsflugzeug<br />
war einst unter<br />
Mitwirkung der deutschen<br />
Airline auf den Weg<br />
gebracht worden.<br />
Von SEBASTIAN STEINKE<br />
Bye-bye,<br />
Emotionaler<br />
Abschied von<br />
„Bobby“.<br />
Aus Frankfurt machte sich<br />
LH9922 ein letztes Mal auf den<br />
Weg nach Hamburg.
Bobby<br />
Auch die verkürzte Version<br />
Boeing 737-500 verließ die<br />
Lufthansa-Flotte.<br />
Fotos: Ismael Abeytua/AirTeamImages, Lufthansa, Steinke<br />
Man weiß bei der 737 immer,<br />
woran man ist“, lobt Lufthansa-Kapitän<br />
Rainer Frischkorn die<br />
Flugeigenschaften der Boeing 737.<br />
Schon 17 Jahre lang ist er auf dem<br />
kleinsten Flugzeugmuster der Lufthansa-<br />
Flotte unterwegs und mittlerweile Technischer<br />
Pilot. Gerade hat Frischkorn,<br />
unter Führung von 737-Flottenchef Kapitän<br />
Ulrich Pade, Lufthansas letzte Boeing<br />
737-300 (D-ABEC, „Karlsruhe“)<br />
von Frankfurt zu einer letzten Stippvisite<br />
nach Hamburg zu Lufthansa Technik<br />
gebracht. Jetzt wartet er bei einer Tasse<br />
Gulaschsuppe im Hangar auf den baldigen<br />
Start zum Rückflug. „Ich habe das<br />
Flugzeug nie in einem Zustand erlebt,<br />
wo ich sage, ich weiß nicht mehr,<br />
was hier vor sich geht“, spielt der erfahrene<br />
Linienpilot auf die gedanklichen<br />
Herausforderungen an, denen sich seine<br />
Pilotenkollegen auf hochentwickelteren<br />
Flugzeuge mit elektronischer Flugsteuerung<br />
besonders in der Anfangsphase<br />
stellen mussten.<br />
Eine Boeing 737 könne man notfalls<br />
auch ohne Hydraulik und nur „mit Gewalt“<br />
am mechanischen Steuerhorn und<br />
über die Pedale steuern, der zweite<br />
Mann im Cockpit übernehme dann allerdings<br />
unterstützend die Bedienung<br />
der Schubhebel. Simpel, robust und extrem<br />
zuverlässig, das ist das Erfolgsgeheimnis<br />
des bei Lufthansa nach einem<br />
Boeing-Kinderbuch intern „Bobby“ genannten<br />
Zweistrahlers. Nicht einmal<br />
Radabdeckungen hat die 737 am<br />
Hauptfahrwerk. Was nicht da ist, kann<br />
auch nicht kaputt gehen.<br />
Mitte der 60er Jahre hatte Lufthansa<br />
bei Boeing die Entwicklung des Kassenschlagers<br />
ins Rollen gebracht, als die<br />
Airline ein seit 1958 kursierendes Zweistrahlerkonzept<br />
von Boeing durch eigene<br />
Forderungen veränderte: 82 Passagiere<br />
mit Gepäck sollten über eine Reichweite<br />
von 900 Kilometern komfortabel transportiert<br />
werden können, wünschte sich<br />
die deutsche Fluggesellschaft, die schon<br />
damals mit 707 und 727 ein Boeing-<br />
Großkunde war. Boeing-Chefingenieur<br />
Joe Sutter, später auch Vater der 747,<br />
schlug einen pummeligen Zweistrahler<br />
mit einer besonders wartungsfreundliwww.flugrevue.de<br />
<strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> Januar 2<strong>01</strong>7 25
Zivilluftfahrt<br />
Lufthansa-Abschied von der 737<br />
chen Triebwerksanordnung unter den<br />
Flügeln vor. Die Rumpfsektionen übernahm<br />
er kostensparend im Baukastensystem<br />
von Boeing 707 und 727.<br />
Im Februar 1965 bestellte Lufthansa<br />
22 Boeing 737-100, die sie offiziell<br />
„CityJet“ nannte. Am 9. April 1967 startete<br />
in Seattle die 737 zum Erstflug.<br />
Noch vor Jahresende übernahm Lufthansa<br />
ihr erstes Flugzeug, die D-ABEC, eine<br />
„Namensvetterin“ der heutigen 737-300<br />
„Echo Charlie“ in Hamburg. Mit nur<br />
noch zwei Piloten und ohne Bordingenieur<br />
hat die 737 ein Besatzungsmitglied<br />
weniger im engen Cockpit als ihre fast<br />
gleichalte Schwester, die 727.<br />
Bei Lufthansa wird die 737 zum<br />
Erfolgsmodell. 146 Flugzeuge sind im<br />
Lauf der Jahrzehnte hier im Einsatz.<br />
Nach der 737-100 folgt bald die um zwei<br />
Meter gestreckte Version 200 als „Quick<br />
Change“-Kombi mit seitlicher Frachttür<br />
und später als „Advanced“ mit sparsameren<br />
JT8D-Triebwerken von Pratt &<br />
Whitney. Danach werden auch die 737-<br />
300, -400 und die kurze -500 beschafft.<br />
Aus dieser Generation, ausgerüstet mit<br />
bulligen CFM-56-Triebwerken, stammen<br />
auch die jetzt ausgemusterten Flugzeuge.<br />
Wie alt die „Karlsruhe“ schon ist,<br />
sieht man dem im Juli 1991 gelieferten<br />
Zweistrahler nicht an. Die Kabine geht<br />
innen fast noch als „ladenneu“ durch:<br />
neueste Recaro-Sitze, völlig unzerkratzte<br />
Kabinenverkleidungen und ein properes<br />
Ambiente. Nur die großen Drucktasten<br />
zum Rufen der Stewardess und die kleineren<br />
Gepäck fächer deuten auf ein Design<br />
aus früheren Jahren hin. Sie ist die<br />
letzte ihrer 737, die Lufthansa nun verabschiedet<br />
hat. Auch im Cockpit, mittlerweile<br />
mit verschlossenen „Augenbrauen“-Oberlichtfenstern,<br />
hatte Lufthansa<br />
ihre 737 immer auf dem Stand der Technik<br />
gehalten: Electronic Flight Bags zeigen<br />
die Anflugkarten papierlos und berechnen<br />
die Startstrecken. Ein Bodenkollisionsschutz-System<br />
(EGPWS) – das<br />
die 737 übrigens schon vor der A320-<br />
Flotte erhielt – warnt das Flugzeug vor<br />
unerwarteten Hindernissen; Schlechtwetteranflüge<br />
unter CAT-IIIa-Bedingungen<br />
(bis zu 200 Meter Sicht und 50 Fuß<br />
Entscheidungshöhe) sind dank entsprechender<br />
Ausstattung möglich. Mit dem<br />
System RAAS wird die Crew beim Start<br />
vor dem eventuellen Aufrollen auf die<br />
falsche Piste gewarnt.<br />
„Es ist eng, aber wenn man drinsitzt,<br />
ist es okay“, sagt Kapitän Frischkorn über<br />
das Cockpit. „Das Reinkommen hält<br />
jung. Aerodynamisch bedingt ist es laut<br />
Erfolgsmodell Boeing 737<br />
Mit 13 568 festen Bestellungen, von denen aktuell 9247 ausgeliefert sind, ist die Boeing 737<br />
das Brot-und-Butter-Modell des amerikanischen Herstellers und der meistgebaute Passagierjet.<br />
Die zweistrahlige 737 rundete einst das Boeing-Angebot nach unten ab und war, dank<br />
ihres aufwendigen Klappensystems, auch auf kurzen Pisten einsetzbar. Die niedrige Höhe des<br />
Frachtraums macht sogar eine manuelle Beladung direkt vom Vorfeld aus und die Nutzung<br />
eingebauter Bordtreppen möglich. Immer neue 737-Generationen, darunter nach der<br />
Premierengeneration „Jurassic“ (inoffiziell), „Classic“, „Next Generation“ (NG) und schließlich<br />
die „MAX“, halten das Erfolgsmodell mit zeitgemäßen Triebwerken konkurrenzfähig. Schon<br />
seit der NG schafft das einstige Kurzstreckenmodell dank eines neuen, größeren Flügels<br />
US-transkontinentale Reichweite. Wegen des anhaltenden Erfolgs steigert Boeing die<br />
737-Produktionsrate in Renton bis 2<strong>01</strong>8 auf 52 Flugzeuge im Monat.<br />
Noch mit Logo-Banderole auf dem<br />
Leitwerk baute Boeing die erste LH-737.<br />
Das blaue Fensterband verlieh „Bobby“<br />
optisch mehr Länge.<br />
Dank ihrer kurzen Spannweite passte die 737 („Schweinchen“) mühelos in<br />
die Frankfurter „Schweinebucht“, also an die engsten Gatepositionen.<br />
Die erste LH-Flugkapitänin, Nicola Lisy,<br />
flog 2000 im Cockpit einer Boeing 737.<br />
Fotos: FR-Archiv (5), Steinke (3)<br />
26 <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> Januar 2<strong>01</strong>7<br />
www.flugrevue.de
Werksfoto einer fabrikneuen<br />
Boeing 737-300 vor der<br />
Übergabe an Lufthansa.<br />
Die Niete zeugen von Strukturarbeiten<br />
im Laufe eines langen Flugzeuglebens.<br />
Feierabend in Frankfurt voller wehmütiger<br />
Abschiedsstimmung.<br />
Flugbegleiterinnen zeigen sich Fotos aus<br />
frühen 737-Jahren mit einer First Class.<br />
Boeing-737-Versionen bei Lufthansa<br />
Quelle: Lufthansa<br />
Boeing<br />
737-100<br />
Boeing<br />
737-200QC<br />
Boeing<br />
737-200 Adv.<br />
Boeing<br />
737-300<br />
Boeing<br />
737-400<br />
Boeing<br />
737-500<br />
Spannweite 28,4 m 28,4 m 28,4 m 28,9 m 28,9 m 28,9 m<br />
Länge 28,7 m 30,5 m 30,5 m 33,4 m 36,4 m 31 m<br />
Höhe 11,3 m 11,3 m 11,3 m 11,1 m 11,1 m 11,1 m<br />
Kabinenbreite 3,5 m 3,5 m 3,5 m 3,5 m 3,5 m 3,5 m<br />
Bestuhlung 8 F/82 Y 8 F/95 Y 8 F/1<strong>01</strong> Y 8 F/102 Y 128 8 F/88 Y/C<br />
max. Startmasse 44 200 kg 50 200 kg 47 900 kg 56 465 kg 61 610 kg 52 400 kg<br />
Reisegeschwindigkeit 830 km/h 830 km/h 780 km/h 795 km/h 795 km/h 795 km/h<br />
Triebwerke P&W JT8D P&W JT8D P&W JT8D CFM56 CFM56 CFM56<br />
Verbrauch 2600 l/h 3000 l/h 2900 l/h 2700 l/h 3250 l/h 2500 l/h<br />
Anzahl 22 6 38 45 7 30<br />
Einsatz 1968 – 1981 1970 – 1993 1981 – 1997 1986 – 2<strong>01</strong>6 1992 – 1997 1991 – 2<strong>01</strong>6<br />
www.flugrevue.de <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> Januar 2<strong>01</strong>7 27
Zivilluftfahrt<br />
Lufthansa-Abschied von der 737<br />
Die 737 im Lufthansa-Einsatz<br />
geflogene Kilometer: 2 300 000 000<br />
beförderte Passagiere: 250 Mio.<br />
längste Route: Frankfurt – Las Palmas (3200 km)<br />
Die 737 besticht durch ihre Einfachheit und Zuverlässigkeit.<br />
Nicht einmal Radabdeckungen hat der Zweistrahler.<br />
Beim abendlichen Wassersalut der Frankfurter Feuerwehr<br />
zeigte sich beim Blick aus der Kabine sogar ein Regenbogen.<br />
LH-Kapitän Rainer Frischkorn steuerte die „Karlsruhe“ beim<br />
Abschiedsflug Ende Oktober nach Hamburg.<br />
Fotos: Lufthansa (2), Steinke<br />
hier, aber dagegen haben wir Kopfhörer<br />
mit aktiver Geräuschunterdrückung auf.“<br />
Auch die Triebwerke lobt er für ihre Zuverlässigkeit.<br />
Nur ganz am Anfang seien<br />
sie eisempfindlich gewesen. „Das ganze<br />
Ding ist ein Arbeitspferd“, lautet das zufriedene<br />
Fazit des Piloten.<br />
In der Kabine erinnern sich die Flugbegleiterinnen<br />
noch einmal an vergangene<br />
Zeiten und betrachten alte Fotos der<br />
737 „Quick Change“. Tagsüber flog man<br />
Passagiere, nachts beförderte man Luftpost.<br />
Seinerzeit wurde, sogar auf kurzen<br />
innerdeutschen Flügen, im vorderen Abteil<br />
der Ersten Klasse warmes Essen serviert.<br />
Die alten Küchen wurden längst<br />
verkleinert und Garderobenschränke zugunsten<br />
weiterer Sitze ausgebaut, denn<br />
damals waren die Flugpreise viel höher<br />
als heute. Eine Stewardess hat für den<br />
Sonderflug Ende Oktober noch einmal<br />
eine Originaluniform aus den siebziger<br />
Jahren angelegt: ein sonnengelbes Minikleid<br />
mit passendem Cape und übergroßer<br />
Schirmmütze.<br />
Bei Lufthansa hat die A320-Familie<br />
von Airbus die Boeing 737 abgelöst. Die<br />
Vereinheitlichung macht Ersatzteilhaltung<br />
und Personaleinsatz effizienter und<br />
billiger. Der Boeing 737 bleibt der Lufthansa-Konzern<br />
aber dennoch treu: Lufthansa<br />
Technik betreut weiterhin 452<br />
Flugzeuge für 43 Kunden und hat gerade<br />
für Hamburg die Ansiedlung einer Triebwerkswerkstatt<br />
für die künftige Boeing<br />
737 MAX beschlossen.<br />
Die letzten bei Lufthansa verbliebenen<br />
Boeing 737 machten sich nach ihrer<br />
Ausmusterung Anfang November auf<br />
den Weg nach Florida, wo sie durch einen<br />
Flugzeughändler verkauft werden.<br />
Die „Karlsruhe“ befand sich dagegen bei<br />
Redaktionsschluss dieser Ausgabe, sorgfältig<br />
abgeklebt und wettergeschützt<br />
konserviert, noch auf der Südseite des<br />
Frankfurter Flughafens. Lufthansa-Kapitän<br />
Frischkorn schult demnächst auf die<br />
Boeing 747-400 um.<br />
FR<br />
28 <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> Januar 2<strong>01</strong>7<br />
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Zivilluftfahrt<br />
Afrikas größte Niedrigpreis-Airline<br />
Afrika<br />
zum halben Preis<br />
Mit kleinem Budget Aufsehen erregen<br />
– das gehört zum Geschäftsprinzip<br />
aller Niedrigpreis-Airlines.<br />
Der Meister dieses Fachs<br />
ist in Afrika beheimatet, es ist die über<br />
Südafrika hinaus bisher kaum bekannte<br />
Fluggesellschaft kulula. Das Zulu-Wort<br />
kulula bedeutet „leicht“, ist sprachlich<br />
also angelehnt an easyJet. Gegründet<br />
wurde die Airline 20<strong>01</strong> als Tochter der<br />
börsennotierten Comair. Sie war die erste<br />
und ist heute – mit bald zwölf Boeing<br />
737 – die größte Billigfluggesellschaft<br />
des afrikanischen Kontinents.<br />
„Die größten Low-Cost-Märkte Afrikas<br />
sind Südafrika und Nigeria – hier<br />
vor allem bei den Inlandsflügen – sowie<br />
Kenia“, sagt Shaun Pozyn, Marketingchef<br />
von Comair/kulula im Interview<br />
mit der <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> in Johannesburg.<br />
„Grenzüberschreitend gibt es zu viel Bürokratie<br />
und Protektionismus.“ Daher<br />
30 <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> Januar 2<strong>01</strong>7<br />
fliegt kulula ausschließlich innerhalb<br />
Südafrikas, während panafrikanische<br />
Gesellschaften wie Fastjet zu kämpfen<br />
haben. „In Afrika wächst die Mittelklasse<br />
nur sehr, sehr langsam“, klagt Eric<br />
Venter, CEO von Comair und Mitgründer<br />
von kulula. Selbst in Südafrika, der<br />
größten Wirtschaftsmacht des Kontinents<br />
mit 54 Millionen Einwohnern,<br />
kann sich ein großer Teil der Bevölkerung<br />
Flugreisen gar nicht leisten. „Gerade<br />
mal fünf bis acht Prozent der Menschen<br />
fliegen“, berichtet Shaun Pozyn.<br />
„Und eine Familie würde eher mit dem<br />
Auto von Johannesburg nach Durban<br />
fahren, weil sie dort eben auch mobil<br />
sein muss, da es keinen verlässlichen öffentlichen<br />
Nahverkehr gibt.“<br />
Südafrikas Inlandsmarkt beschränkt<br />
sich auf wenige lukrative Routen, allen<br />
voran die Rennstrecke zwischen Johannesburg<br />
und Kapstadt, ein Zwei-Stun-<br />
kulula<br />
Als Tochter der südafrikanischen<br />
Comair Limited aus<br />
Johannesburg fliegt kulula<br />
unter deren Airline-Code MN<br />
(IATA) bzw. CAW (ICAO). Die<br />
jüngsten Leasingflugzeuge<br />
tragen die neuesten „Split<br />
Scimitar Winglets“ von<br />
Aviation Partners Boeing und<br />
eine rein grüne Lackierung.<br />
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Mit einzigartigen Lackierungen und günstigen<br />
Preisen will kulula Afrikas Einwohner für den Flugverkehr<br />
begeistern. Schon jetzt ist sie die größte<br />
Low-Cost-Airline des Kontinents.<br />
Während der obere Jet Bauteile<br />
erläutert, orientiert sich die<br />
unten abgebildete737 an der<br />
Beschriftung von Umzugskisten.<br />
den-Flug. kulula bedient die Route bis<br />
zu 4-mal wöchentlich je Richtung, während<br />
ihre Mutter Comair hier sogar bis<br />
zu 76 Starts je Richtung anbietet. An<br />
zweiter Stelle folgt die Route Johannesburg<br />
– Durban, dann Kapstadt – Durban.<br />
Von den 411 Flügen, die die Fluggesellschaft<br />
pro Woche anbietet, finden<br />
bis zu 60 Prozent in diesem „goldenen<br />
Dreieck“ statt. Zusammen mit Comair/<br />
BA kommt sie auf rund 35 Prozent<br />
Marktanteil im Inland, wobei 20 Prozent<br />
auf kulula selbst entfallen. Die finanziell<br />
angeschlagene Staatslinie South African<br />
Airways (SAA) und deren Billigtochter<br />
Mango, die zehn Boeing 737 betreibt, erreichen<br />
gemeinsam rund 56 Prozent.<br />
EXTRAS WERDEN GEGEN<br />
AUFPREIS VERKAUFT<br />
„Seit Südafrika Anfang der 1990er Jahre<br />
dereguliert wurde, sind etwa elf Airlines<br />
gekommen und wieder verschwunden“,<br />
sagt Shaun Pozyn. Seit 2<strong>01</strong>4 versucht<br />
sich als dritte Kraft der ebenfalls private<br />
Billigflieger FlySafair mit sieben Boeing<br />
737. „In Südafrika ist der Low-Cost-<br />
Markt von Hybridangeboten geprägt.<br />
Man kauft nicht nur den simplen Sitz<br />
wie bei Ryanair, sondern es gibt flexible<br />
Tickets sowie Sitze mit mehr Beinfreiheit,<br />
Sitzplatzwahl oder Übergepäck gegen<br />
Aufpreis, außerdem Verpflegung.<br />
Wir haben sogar unsere eigene Cateringfirma“,<br />
erläutert Pozyn. Seit 2<strong>01</strong>1 wurde<br />
die Flotte aus derzeit neun Boeing 737-<br />
800 und einer 737-400 einer Kabinenerneuerung<br />
unterzogen, mit neuen Sitzen<br />
und einem firmeneigenen Teppichmuster.<br />
Zwei fabrikneue Boeing 737-<br />
800 aus einer Comair-Bestellung sind für<br />
die kulula-Flotte vorgesehen.<br />
kulula arbeitet rund 25 bis 30 Prozent<br />
günstiger als Comair/BA, das liegt<br />
vor allem an der engeren Bestuhlung.<br />
Während eine Boeing 737-800 bei der<br />
Mutter 174 Passagiere befördert, finden<br />
im selben Flugzeugtyp bei kulula 186<br />
Fluggäste Platz. Der Standardabstand<br />
beträgt hier 29 bis 30 Zoll (ca. 73 bis 76<br />
cm), in der sogenannten Stretch-Zone<br />
gibt es sogar knapp 84 Zentimeter Fußraum.<br />
Die Flugpreise sind dafür günstig:<br />
Von Johannesburg nach Kapstadt kostet<br />
der Flug ab umgerechnet 57 Euro, und<br />
dabei ist schon ein Koffer inklusive.<br />
Comair verlangt mit mindestens 105 Euro<br />
fast das Doppelte. „Wir haben insge-<br />
Fotos: Brian Spurr/AirTeamImages, HAM Five/AirTeamImages, Spaeth, kulula<br />
<strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> Januar 2<strong>01</strong>7 31
Zivilluftfahrt<br />
Afrikas größte Niedrigpreis-Airline<br />
samt 5,1 Millionen Passagiere im Jahr<br />
befördert. Das verteilt sich etwa gleich<br />
auf beide Marken, und profitabel waren<br />
wir immer“, so Shaun Pozyn.<br />
Ein Erfolgsfaktor bei kulula ist der<br />
Humor. Weltruhm erlangte insbesondere<br />
eine Boeing 737-800, die bis Mitte 2<strong>01</strong>5<br />
mit einem witzigen Look für Aufsehen<br />
sorgte. „Flying 1<strong>01</strong>“, hieß das Design,<br />
entworfen von einer kulula-Grafikerin.<br />
„Wir brauchten damals neue Lackierungen<br />
für gebraucht übernommene Flugzeuge.<br />
Es war Teil einer Strategie, das<br />
Fliegen zu entmystifizieren und sollte<br />
Unbekanntes rund ums Reisen mit dem<br />
Flugzeug erklären.“<br />
AUSGEFALLENE LACKIERUNG<br />
ALS WERBETRÄGER<br />
Unter dem Cockpitfenster hieß es da<br />
„the big cheese“ („breites Grinsen“),<br />
oder eine Bordtoilette wurde umgangssprachlich<br />
als „loo“ bezeichnet, nicht ohne<br />
den folgenden Hinweis: „mile-high<br />
club initiation chamber“, in Anspielung<br />
auf eine mögliche Nutzung zur Zweisamkeit.<br />
Solche Sprüche hat sich noch<br />
keine Airline getraut, aber bei der kulula-Klientel<br />
kam das gut an.<br />
Derzeit fliegen nur noch zwei Flugzeuge<br />
mit Sonderbemalung: „This Way<br />
Up“, nachempfunden der Beschriftung<br />
großer Transportkartons, und die einzige<br />
737-400 ist als „Camoplane“ unterwegs,<br />
mit Tarnmuster und dem Slogan: „Uns<br />
hat keiner kommen sehen“. Seitdem kulula<br />
statt Gebrauchtjets fabrikneue 737-<br />
800 aus Seattle bekommt, sind der Kreativität<br />
Grenzen gesetzt. „Da mussten wir<br />
einheitliche Vorgaben machen und haben<br />
deshalb jetzt die ‚K dot’ genannte<br />
Standardbemalung eingeführt“, erklärt<br />
Marketing-Chef Pozyn.<br />
Schließlich hat kulula noch eine weitere<br />
Methode, um auf sich aufmerksam<br />
zu machen: den Humor der Flugbegleiter.<br />
Dafür ist der Carrier sogar berühmt,<br />
und die Passagiere sind regelrecht enttäuscht,<br />
wenn sie auf ihrem Flug nicht<br />
mindestens einen Spruch wie diesen hören:<br />
„Das Wetter am Ziel ist 30 Grad<br />
mit aufgerissener Wolkendecke, aber wir<br />
versuchen noch, die repariert zu bekommen,<br />
bevor wir landen. Danke, und vergessen<br />
Sie nicht: Niemand liebt Sie und<br />
Ihr Geld mehr als kulula Airlines!“ FR<br />
ANDREAS SPAETH<br />
Diese Boeing 737-800 hat<br />
eine Kabinenausstattung<br />
mit dem neuen „Boeing<br />
Sky Interior“.<br />
In Südafrika ist Fliegen<br />
noch ein Verkehrsmittel<br />
für wenige. Die Mittelklasse<br />
muss noch wachsen.<br />
Fotos: Spaeth (3), kulula<br />
32 <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> Januar 2<strong>01</strong>7
News PASSAGIER UND KABINE<br />
Skandinavischer Stil<br />
in der First Class<br />
Foto: JetBlue Fotos: Lufthansa, Rohde & Schwarz<br />
Schneller durch<br />
die Schleuse<br />
Mit dem Pilotprojekt „Easy Security“ testet der Köln Bonn Airport Verfahren für<br />
eine beschleunigte Passagierkontrolle. Dabei kommen neuartige Körperscanner zum<br />
Einsatz, die alle Passagiere ohne Armheben durchleuchten. Für das Projekt wurden auf<br />
Initiative des Bundesinnenministeriums und des Bundesverbandes der Deutschen Luftverkehrswirtschaft<br />
in enger Zusammenarbeit der Bundespolizei, dem Sicherheitsdienstleister<br />
Kötter Aviation Security, dem Flughafen Köln/Bonn und der Lufthansa Group, die<br />
bestehenden Abläufe analysiert und Optimierungsmöglichkeiten identifiziert. „Easy<br />
Security“ folgt dem Prinzip, dass jeder Fluggast den Kontrollprozess in seinem eigenen<br />
Tempo durchlaufen könne, ohne andere Passagiere zu behindern oder selbst eingeschränkt<br />
zu werden. Das soll die Kontrolle für Fluggäste und Mitarbeiter übersichtlicher<br />
und entspannter machen. Künftig können bis zu fünf Fluggäste gleichzeitig ihre Gepäckwannen<br />
am Band befüllen und individuell auflegen. Ziel ist ein gleichmäßiger Zulauf von<br />
zu kontrollierendem Gepäck, das konstant durch eine Röntgenanlage läuft und von<br />
mehreren Auswertern überprüft wird, während die Fluggäste selbst mithilfe neuester<br />
Sicherheitsscanner kontrolliert werden.<br />
Mehr Komfort<br />
mobil bezahlen<br />
Mit der Software „Apple Pay“ können<br />
Nutzer von iPhones und iPads Tickets für<br />
Flüge von JetBlue, Emirates, British Airways<br />
und easyJet bargeld- und kreditkartenlos<br />
bezahlen. Bisher ist das seit 2<strong>01</strong>5 schrittweise<br />
erweiterte Programm nur bei Apple-<br />
Pay-Pionier JetBlue schon zum Bezahlen an<br />
Bord geeignet. Neben Verpflegung und<br />
Getränken kann man hier auch Kissen und<br />
Sitze mit größerem Abstand buchen und<br />
mobil bezahlen. Die 3500 Flugbegleiter<br />
nehmen<br />
die Zahlung<br />
per<br />
Funkbefehl<br />
auf ihrem<br />
iPad an<br />
Bord entgegen.<br />
Das Gepäck<br />
stets im Blick<br />
Die Fly-Delta-App von<br />
Delta Air Lines benachrichtigt<br />
Nutzer neuerdings mit<br />
einer Push-Meldung über den aktuellen<br />
Status ihres Gepäcks und ermöglicht die<br />
Verfolgung auf einer Karte. Möglich machen<br />
das Gepäcketiketten mit RFID-Transponder,<br />
die die amerikanische Airline im Sommer<br />
2<strong>01</strong>6 eingeführt hat.<br />
Fotos: Delta Air Lines<br />
Mit dem Konzept „SkyStue“ will das<br />
norwegische Industriedesign-Büro Hareide<br />
Design die First Class zum bequemen<br />
Wohnzimmer machen. Die kleine Privatkabine<br />
verfügt über zwei Sitze und einen<br />
ausklappbaren Tisch, an dem zwei Personen<br />
dinieren können. Belüftung, Massagefunktion<br />
und aktive Lärmreduzierung sind<br />
im Hauptsitz integriert und können über<br />
eine App auf dem Smartphone gesteuert<br />
werden. Zum Schlafen lässt sich der Sitz<br />
in ein 70 x 220 Zentimeter großes Bett<br />
umfunk tionieren. Kunden für das Konzept<br />
gibt es bislang allerdings noch nicht.<br />
❱❱❱ kurz notiert<br />
Die Fluggesellschaft TAP Portugal<br />
erneuert die Kabinenausstattung<br />
ihrer A320-Flotte. 41 Flugzeuge<br />
werden mit den Recaro-Sitzen<br />
SL3510 und BL3530 bestückt. In die<br />
Kabine der A319 und A320 passen<br />
so zwölf Sitze mehr, bei der A321<br />
sind es 16 zusätzliche Plätze.<br />
Für Nutzer des Facebook-Messengerdienstes<br />
bietet Lufthansa einen<br />
automatisierten Service, der nach<br />
günstigen Flugpreisen sucht. Der<br />
Chatbot Mildred befindet sich noch<br />
in der Beta-Phase und versteht bisher<br />
Deutsch und Englisch.<br />
Die International Airlines Group (IAG)<br />
führt WLAN auf der Kurzstrecke<br />
ein. Bis zu 341 Flugzeuge sollen mit<br />
der Technologie für das European<br />
Aviation Network von Telekom und<br />
Inmarsat ausgerüstet werden. Vom<br />
Sommer 2<strong>01</strong>7 an soll es für Passagiere<br />
von British Airways, Vueling, Iberia<br />
und Aer Lingus verfügbar sein.<br />
Foto: Hareide Design Norway<br />
www.flugrevue.de <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> Januar 2<strong>01</strong>7 33
Zivilluftfahrt<br />
Erstflug der A350-1000<br />
34 <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> Januar 2<strong>01</strong>7<br />
www.flugrevue.de
Extra long body<br />
Das längste A350-Familienmitglied, der Airbus A350-1000, startete mit den<br />
stärksten Triebwerken der Europäer in Toulouse zum Erstflug.<br />
Premieren-Moment:<br />
Soeben hat die A350<br />
erstmals Fahrwerk<br />
und Landeklappen<br />
eingefahren.<br />
<strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> Januar 2<strong>01</strong>7 35<br />
Foto: Airbus
Zivilluftfahrt<br />
Erstflug der A350-1000<br />
Fotos: Airbus<br />
Von SEBASTIAN STEINKE<br />
Flughafen Toulouse-Blagnac<br />
am Morgen des 24. November.<br />
Trotz grauen Novemberhimmels<br />
und feuchter Witterung herrscht<br />
gespannte Erstflugstimmung. Die Airbus-Mitarbeiter<br />
sind aus den Werkshallen<br />
und Büros an den Vorfeldrand geströmt.<br />
Mit laufenden Triebwerken steht<br />
die erste A350-1000, MSN059, bereits<br />
am Ende der Startbahn 32L und wartet<br />
nur noch auf den Falcon-20-Business-Jet<br />
in der Platzrunde, der ihren Flug als Fotoplattform<br />
der Testabteilung begleiten<br />
wird. Der übrige Flugbetrieb ruht.<br />
Als die Falcon 20 ins kurze Endteil<br />
eindreht, gibt Flug AIB<strong>01</strong>L Schub. Stobende<br />
Gischtwolken hinter den beiden<br />
Rolls-Royce-Triebwerken künden davon,<br />
dass die Turbofans volle Leistung abgeben.<br />
1,3 Tonnen Luft zieht jedes Triebwerk<br />
pro Sekunde durch seine Gehäuse,<br />
in die ein Concorde-Rumpf passen würde.<br />
Immerhin sind die neuesten Trent<br />
XWB-97 mit 432 Kilonewton Leistung<br />
die stärksten Triebwerke, die Airbus<br />
jemals in einem Verkehrsflugzeug installiert<br />
hat. Jede einzelne der 68 Verdichterschaufeln<br />
erzeugt die Kraft eines Formel-<br />
1-Rennwagens.<br />
Nach müheloser Beschleunigung<br />
und erstaunlich leise hebt die A350-<br />
1000 sanft ab und entschwebt, in lockerer<br />
Formation mit der Falcon fliegend,<br />
in der niedrigen Wolkendecke. Landeklappen<br />
und Fahrwerk bleiben noch<br />
ausgefahren. In dieser Konfiguration<br />
könnte man bei Bedarf sofort wieder<br />
landen. Mit vorsichtigen Steuereingaben<br />
und simulierten Landeanflügen in sicherer<br />
Höhe beginnt das Flugtestprogramm,<br />
das bis zur Zulassung der<br />
A350-1000 insgesamt 1600 Stunden<br />
umfassen wird. Drei Flugzeuge werden<br />
dafür im Einsatz sein, bei der A350-900<br />
waren es noch fünf.<br />
Nach dem Start im „Direct Law“ der<br />
Flugsteuerung schaltet die Crew mit den<br />
Testpiloten Hugues van der Stichel,<br />
Frank Chapmann und Test Flight Engineer<br />
Gérard Maisonneuve im Cockpit<br />
und den Flight Test Engineers Patrick du<br />
Ché, Emanuele Costanzo und Stéphane<br />
Vaux in der Kabine in den „Normal<br />
Law“-Modus um. Damit filtern die Computer<br />
an Bord, wie im späteren Linienbetrieb,<br />
automatisch alle Steuerbefehle<br />
und optimieren die Ausschläge der Steuerflächen.<br />
Währenddessen beobachtet<br />
und filmt die Falcon den Airbus: Treten<br />
Flüssigkeiten, etwa Kerosin oder Hydrauliköl<br />
aus? Vibrieren oder lösen sich<br />
Teile? Alles in Ordnung, „very normal“,<br />
funkt die Testcrew. Nun kann auch die<br />
Druckkabine in Betrieb genommen werden.<br />
Dafür klettert die A350 auf Höhen<br />
bis zu Flugfläche 250 (7600 Meter) und<br />
Mit gesetzten Klappen und Vorflügeln<br />
tastet sich die A350 an den unteren<br />
Rand des Geschwindigkeitsspektrums.<br />
erfliegt schon das für den Normalbetrieb<br />
übliche Geschwindigkeitsspektrum zwischen<br />
145 und 340 Knoten.<br />
„Beim gesamten Erstflug ist man so<br />
konzentriert, da merkt man gar keine<br />
einzelnen Momente besonderer Anspannung<br />
mehr“, berichtet Flugtestingenieur<br />
Patrick du Ché kurz nach der Landung<br />
im Gespräch mit der <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong>. Bei<br />
einem Erstflug seien der Termindruck<br />
und die Anwesenheit der Medien die<br />
größte Besonderheit. „Eigentlich ist alles<br />
schon vorher gelöst. Wir testen die sogenannten<br />
‚degraded modes‘ (Störungen<br />
und Ausfälle) im Labor, im Flugsimulator<br />
und in unserem Gesamtsystemsimulator<br />
‚Iron Bird‘. Vor allem Dinge, die<br />
man niemals erwartet: Sie steuern nach<br />
links, aber das Flugzeug fliegt nach<br />
rechts. Oder irgendein System fällt aus.<br />
Heute, beim echten Flug, war alles transparent.“<br />
Patrick du Ché – er sitzt als Head of<br />
Flight & Integration Tests in der Kabine<br />
und gibt die Kommandos beim Testflug<br />
– blickt auf die noch bevorstehende<br />
größte Herausforderung: „Der Test der<br />
Maximalgeschwindigkeit V D /M D in ein<br />
36 <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> Januar 2<strong>01</strong>7<br />
www.flugrevue.de
Zum Start strömten die Airbus-<br />
Mitarbeiter aus ihren Büros<br />
und Werkshallen.<br />
Nach dem reibungslosen<br />
Erstflug verlässt die erleichterte<br />
Crew ihr Testflugzeug.<br />
A350-Konstrukteur Didier Evrard zeigt<br />
Fabrice Brégier das neue Trent XWB-97.<br />
Beim gesamten Erstflug blieb<br />
die A350-1000 in räumlicher<br />
Nähe zu Toulouse.<br />
<strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> Januar 2<strong>01</strong>7 37
Zivilluftfahrt<br />
Erstflug der A350-1000<br />
Mit einer sanften Landung endete der<br />
erste Flug einer A350-1000.<br />
Der ausfahrbare<br />
Schleppkegel misst den<br />
ungestörten Druck.<br />
Die Hauptfahrwerke<br />
der A350-1000 haben<br />
jeweils sechs Räder.<br />
Beim Erstflug trägt<br />
die Crew feuerfeste<br />
Overalls.<br />
Techniker bringen Helme<br />
und Fallschirme von Bord.<br />
Empfang nach der Landung<br />
durch Fabrice Brégier.<br />
38 <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> Januar 2<strong>01</strong>7
Fotos: Airbus, Steinke (6)<br />
bis zwei Monaten ist das Kritischste.“<br />
Bei diesen Hochgeschwindigkeitstests<br />
erfliegt die A350 im Sturzflug ihre absolute<br />
Maximalgeschwindigkeit, direkt an<br />
der Bruchgrenze. Danach muss das Flugzeug<br />
erst mal zur Strukturinspektion.<br />
„Wir machen das schrittweise bei vier<br />
bis sechs Flügen. Wir sind keine Cowboys.<br />
Wir gehen so langsam vor, dass bei<br />
den schwierigen Themen eigentlich<br />
nichts Unerwartetes mehr passiert“, sagt<br />
du Ché. „Überraschungen kommen dann<br />
eher aus den Bereichen, aus denen man<br />
sie nicht mehr erwartet hat, das lehrt jedenfalls<br />
die Erfahrung.“<br />
BODENSTATIONEN AUCH<br />
IN BREMEN UND HAMBURG<br />
Damit während der Testflüge schon<br />
kleinste Abweichungen sofort bemerkt<br />
werden, misst MSN059 ständig 600 000<br />
Flugdaten, die an 3300 Messpunkten, zu<br />
denen 120 Kilometer Kabel an Bord verlegt<br />
wurden, gewonnen werden. Bis zu<br />
15 Videokameras zeigen auch den Telemetrieräumen<br />
in Toulouse, Bremen,<br />
Hamburg und Filton in Echtzeit die Lage<br />
an Bord. Durchschnittlich 100 Mbit Daten<br />
pro Sekunde überträgt das Testflugzeug<br />
an den Boden.<br />
Bis zu drei Flugtestingenieure und<br />
höchstens zwei Triebwerksspezialisten<br />
sind in der Kabine. Sie können hier alle<br />
Cockpitanzeigen, Systemdaten und Aufzeichnungen<br />
abrufen. Auf Knopfdruck<br />
können außerdem 60 jeweils vorbereitete<br />
Testszenarien ausgelöst werden. Dabei<br />
greifen die Ingenieure tief in die<br />
Bordcomputer des Flugzeugs ein, etwa<br />
um gezielt Schwingungen einzuleiten,<br />
welche die Flugzeugstruktur anschließend<br />
dämpfen muss. Hinter der Ingenieurstation<br />
befinden sich die typischen<br />
Ballasttank-Fässer mit zehn Tonnen<br />
Wasser-Glykol-Gemisch. Durch Umpumpen<br />
kann man die Schwerpunktlage<br />
in nur vier Minuten um bis zu zehn Prozent<br />
verändern, was sich direkt auf die<br />
Flugeigenschaften auswirkt. Ganz hinten,<br />
im Heck der kargen, unverkleideten<br />
Kabine lassen sich bei Bedarf auch noch<br />
51 Passagiersitze einbauen. Hier können<br />
Techniker mitfliegen, wenn der Prototyp<br />
auf entlegenen Außenstationen betreut<br />
werden soll.<br />
Nach vier Stunden und 18 Minuten<br />
schwebt die A350-1000 wieder in Toulouse<br />
ein und landet sanft. „Wir haben<br />
alle Ziele erreicht. Das wird ein großartiges<br />
Flugzeug!“, sagt Testpilot Hugues<br />
van der Stichel direkt nach dem Flug.<br />
Airbus-Chef Fabrice Brégier klingt kämpferischer:<br />
„Die A350-1000 hat die Boeing<br />
777-300ER gekillt. Boeing musste<br />
die 777-9 starten, schon lange vor unserem<br />
Erstflug. Mehr Sitze hat die 777-9<br />
nur, damit sie bei den Kosten pro Sitz<br />
wettbewerbsfähig ist, nicht weil der<br />
Markt diese Sitze nachfragt. Was wir<br />
wollten, haben wir erreicht.“<br />
In der zweiten Jahreshälfte 2<strong>01</strong>7 soll<br />
Qatar Airways die erste A350-1000<br />
übernehmen. Sie ist der größte Kunde<br />
mit Bestellungen für 37 Flugzeuge. Airbus<br />
hat bisher 195 A350-1000 an elf<br />
Kunden verkauft.<br />
FR<br />
Airbus A350-1000<br />
Zweistrahliges Langstrecken-Verkehrsflugzeug<br />
für 366 Passagiere bei Dreiklassenbestuhlung<br />
oder maximal 440<br />
• Länge: 73,78 m, Höhe: 17,08 m,<br />
Spannweite: 64,75 m<br />
• Rumpfverlängerung: 6 Spante vorne,<br />
5 Spante hinten; Hauptfahrwerk mit<br />
je sechs Rädern, vertiefte Flügelhinterkante,<br />
verstärkte Struktur<br />
• Triebwerke Rolls-Royce Trent XWB-<br />
97; höherer Luftdurchsatz, adaptives<br />
Kühlsystem für die Startphase<br />
• Leermasse: 220 t, max. Startmasse:<br />
308 t, Reichweite: 14 800 km<br />
• Listenpreis: 355,7 Mio. Dollar<br />
Testflugzeug MSN059<br />
Schwere Testausrüstung. Testumfang: 600 Flugstunden.<br />
Erstflug, Erschließung des Flugbereichs,<br />
Festlegung der Konfiguration, Systemtests,<br />
Triebwerkstests, Modifikationstests nach der<br />
Zulassung<br />
Testflugzeug MSN071<br />
Schwere Testausrüstung. Testumfang: 500 Flugstunden.<br />
Leistungstests, Systemtests, Triebwerkstests,<br />
Kältetests, Höhentests, Hitzetests<br />
Testflugzeug MSN065<br />
Leichte Testausrüstung. Testumfang: 500 Flugstunden.<br />
Kabinenentwick lung und Zulassung,<br />
ETOPS-Zulassung, Streckenflugerprobung,<br />
Lärmtests<br />
Im Netz<br />
http://www.a350xwb.com<br />
Messstreifen auf der<br />
Außenhaut melden Daten<br />
an die Bordcomputer.<br />
www.flugrevue.de <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> Januar 2<strong>01</strong>7 39
Business Aviation<br />
NBAA 2<strong>01</strong>6 in Orlando<br />
Über 25 000 Besucher und fast<br />
1200 Aussteller aus mehr als 90<br />
Ländern fanden sich Anfang November<br />
in den Hallen des Convention<br />
Center in Orlando, Florida, zum Branchentreff<br />
der NBAA ein. Das Außengelände<br />
auf dem Executive Airport war mit<br />
114 ausgestellten Mustern vollständig<br />
ausgebucht. „In der Messehalle und am<br />
Flugplatz bezeugte die Anzahl der Besucher<br />
und Aussteller den Erfolg der<br />
NBAA-BACE“, verkündete NBAA-Vorstand<br />
und CEO Ed Bolen. „Mindestens<br />
genauso wichtig ist, dass dadurch deutlich<br />
wurde, wie umfangreich die Industrie<br />
ist und welchen Stellenwert sie nach<br />
wie vor am US- und Weltmarkt besitzt.“<br />
Der Schweizer Hersteller Pilatus<br />
sorgte für eine der Premieren: Der zweite<br />
PC-24-Prototyp hatte sein aktuell laufendes<br />
Testflugprogramm unterbrochen<br />
und war am Mittwoch im Static Display<br />
ausgestellt. Während der letzten Monate<br />
hatte er Tests der Avionik und des Autopiloten<br />
und sogenannte Hot and Cold<br />
Weather Trials durchlaufen. Über 1000<br />
Flugstunden wurden bisher absolviert.<br />
Die Tests auf unbefestigten Pisten sollen<br />
im kommenden Frühjahr beginnen.<br />
BEWÄHRTE KONZEPTE MIT<br />
FRISCHER TECHNIK<br />
Gleichzeitig stellte Pilatus das 2<strong>01</strong>6er-<br />
Modell des Dauerbrenners PC-12 NG<br />
vor. Die Verbesserungen umfassen einen<br />
Fünfblattpropeller aus Verbundwerkstoff<br />
sowie aerodynamische Optimierungen,<br />
welche die maximale Reisegeschwindigkeit<br />
auf 285 Knoten (528<br />
km/h) erhöhen. Auch eine neue Avioniksoftware<br />
ist an Bord. Die Schweizer<br />
rechnen mit der Auslieferung von rund<br />
90 Exemplaren im Jahr 2<strong>01</strong>6, was einem<br />
Anstieg von über 20 Prozent gegenüber<br />
2<strong>01</strong>5 entspricht. Somit ist die PC-12<br />
NG nach Angaben von Pilatus Aircraft<br />
das meistverkaufte einmotorige Turbopropflugzeug<br />
der Welt.<br />
Der brasilianische Flugzeughersteller<br />
Embraer gab eine Überarbeitung der<br />
Legacy 650 bekannt. Der Medium-Jet<br />
mit Platz für 14 Passagiere tritt künftig<br />
als Legacy 650E (E für Evolution) an.<br />
Der Innenraum präsentiert sich mit neu<br />
gestalteten Sitzbezügen, drei Kabinenbereichen<br />
und bietet den größten Gepäckraum<br />
dieser Flugzeugklasse. Die<br />
40 <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> Januar 2<strong>01</strong>7<br />
Fotos: Alexandros Mitropoulos, Boeing<br />
Evolution<br />
Boeing bietet<br />
verschiedene<br />
Versionen der<br />
BBJ MAX an.<br />
www.flugrevue.de
statt Revolution<br />
Eine richtige Sensation gab es auf der<br />
diesjährigen NBAA in Orlando nicht. Viele<br />
Hersteller zeigten Updates ihrer Muster.<br />
Für die Vermarktung gibt es neue Ideen,<br />
die sich an aktuellen Trends orientieren.<br />
Das Außengelände<br />
auf dem Orlando<br />
Executive Airport war<br />
komplett ausgebucht.<br />
Die Cessna Citation<br />
Longitude war kurz<br />
nach ihrem Erstflug in<br />
Orlando zu Gast.<br />
www.flugrevue.de <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> Januar 2<strong>01</strong>7 41
Business Aviation<br />
NBAA 2<strong>01</strong>6 in Orlando<br />
Embraer verpasst<br />
der Legacy 650 mit<br />
einem neuen<br />
Cockpit ein Update.<br />
wichtigsten Änderungen aber gibt es im<br />
Cockpit: So ist das Autothrust-System<br />
künftig Standard. Die vom Passagiermodell<br />
ERJ-145 abgeleitete VIP-Variante<br />
verfügt über ein Cockpit mit dem<br />
modernen Honeywell-Primus-Elite-Avioniksystem.<br />
Es umfasst ein Synthetic Vision<br />
System, das ein TCAS beinhaltet<br />
und in Echtzeit die per Satellitenkommunikation<br />
empfangenen Wetterberichte<br />
in den aktuellen Flugplan einarbeitet.<br />
Die Auslieferungen dieser Variante sollen<br />
bereits im kommenden Jahr beginnen.<br />
Der Listenpreis beträgt 25,9 Millionen<br />
Dollar (etwa 23,4 Mio. Euro).<br />
Der CEO der Embraer Executive<br />
Jets, Marco Túlio, brachte zudem noch<br />
eine Vision mit nach Orlando: „Viele Jets<br />
unserer privaten Kunden sind durchschnittlich<br />
nur 300 Stunden im Jahr in<br />
der Luft“, sagte er. „Unsere Flugzeuge<br />
sind aber für 30 000 Betriebsstunden<br />
ausgelegt.“ Warum also nicht die Idee<br />
von Uber übertragen? Bei der in den<br />
USA populären App können die Nutzer<br />
Fahrdienste von Privatpersonen buchen<br />
und damit das teurere Taxi umgehen.<br />
„Damit können wir den Luxus und die<br />
Zeitersparnis eines Privatflugzeugs einer<br />
breiten Masse zugänglich machen“, so<br />
Túlio. Der Aufpreis gegenüber einem Linienflug<br />
im mittleren dreistelligen Bereich<br />
würde von vielen Geschäftsreisenden<br />
gezahlt werden, für die sich die Anschaffung<br />
eines kompletten Jets nicht<br />
lohne. Die Firma Daher hat mit der Turboprop<br />
TBM900 ähnliche Pläne und<br />
könnte die Jets im Hinblick auf die Betriebskosten<br />
sogar noch unterbieten.<br />
Für das obere Ende des Angebots<br />
kündigte Boeing die VIP-Variante der<br />
737 MAX 7 an, die als BBJ MAX 7 ver-<br />
Gulfstream<br />
brachte die<br />
erste G500 im<br />
Serienstand<br />
nach Florida.<br />
GulfstreamTestpilot<br />
Eric Holmberg erklärt<br />
das symmetrische<br />
Cockpit der G500.<br />
42 <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> Januar 2<strong>01</strong>7<br />
Fotos: Alexandros Mitropolous, Embraer (1)<br />
www.flugrevue.de
Die Cirrus SF50<br />
feierte ihre Zulassung<br />
mit einem Besuch<br />
auf der NBAA.<br />
marktet wird. Sie folgt auf die 737-700<br />
und ist mit neuen Triebwerken vom Typ<br />
LEAP-1B ausgestattet. Boeing verspricht<br />
eine Reichweite von bis zu 13 2960 Kilometern<br />
und Betriebskosten, die um etwa<br />
zehn Prozent unter denen des bisherigen<br />
Modells liegen sollen.<br />
ERSTER SINGLE-JET DER WELT<br />
ZUGELASSEN<br />
Dassault stellte ein Upgrade für ihre<br />
dreistrahlige Legacy-650-Konkurrenz,<br />
die Falcon 900LX, vor. Die 2<strong>01</strong>0 zugelassene<br />
LX erhielt ein zeitgemäßes, stylishes<br />
Innendesign, dazu im Cockpit<br />
Dassaults FalconEye Combined Vision<br />
System sowie eine neue elektronische<br />
Bordbibliothek.<br />
Der US-amerikanische Hersteller Cirrus<br />
feierte die Zulassung seines Vision-<br />
Jets nach einer über zehnjährigen Entwicklungs-<br />
und Erprobungsphase. Die<br />
SF50 ist das erste zertifizierte Geschäftsreiseflugzeug,<br />
mit nur einem Turbofan,<br />
dem FJ33-4A-19 von Williams International.<br />
Im Dezember sollen bereits die ersten<br />
Lieferungen des knapp zwei Millionen<br />
Euro teuren Minijets beginnen.<br />
Auf dem Weg zur Zulassung liegt<br />
Gulfstream mit der G500 im Zeitplan.<br />
Der Hersteller rechnet mit der FAA-<br />
Zertifizierung für das kommende Jahr.<br />
In Orlando konnten die Besucher erstmals<br />
die Kabine und das Cockpit der<br />
G500 besichtigen. Ausgestellt war der<br />
fünfte Prototyp; er verfügt über eine<br />
vollständige Kabinenausstattung. Seine<br />
etwas größere Schwester, die G650, soll<br />
Ende des Jahres zum Erstflug starten.<br />
Wann sie ihr Messedebüt gibt, ist hingegen<br />
noch nicht klar.<br />
FR<br />
ALEXANDROS MITROPOULOS<br />
Airbus beginnt die<br />
Vermarktung der<br />
neuen ACJneo.<br />
114 Flugzeuge konnten<br />
die Besucher auf dem<br />
Static Display sehen.<br />
www.flugrevue.de <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> Januar 2<strong>01</strong>7 43
Militärluftfahrt<br />
CH-47F gegen CH-53K<br />
Über mehrere Generationen hinweg hat Boeing die<br />
Chinook verbessert. Sie soll noch Jahrzehnte fliegen.<br />
44 <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> Januar 2<strong>01</strong>7<br />
www.flugrevue.de
US-<br />
Wahl<br />
Die Luftwaffe sucht einen<br />
Nachfolger für ihre Sikorsky-<br />
CH-53-Modelle. Boeing und<br />
Sikorsky konkurrieren um das<br />
Geschäft. Die Lieferungen<br />
sollen 2022 beginnen.<br />
Von KARL SCHWARZ<br />
Nach langer erfolgreicher<br />
Nutzung“ werde die ab<br />
1972 zunächst beim Heer<br />
eingeführte CH-53 „innerhalb der kommenden<br />
etwa zehn Jahre an ihr geplantes<br />
Nutzungsdauerende kommen“, schreibt<br />
das Verteidigungsministerium in seinem<br />
Papier zur Militärischen Luftfahrtstrategie.<br />
Deshalb müssten Nachfolgeplanungen<br />
rechtzeitig erfolgen, „um zum einen<br />
nicht den technologischen Anschluss zu<br />
verlieren und zum anderen eine kostenintensive<br />
Innutzungshaltung alternder<br />
Luftfahrzeuge … zu vermeiden“.<br />
Was Letzteres heißt, zeigt sich derzeit<br />
beim Avionik-Modernisierungspro-<br />
Fotos: Lockheed Martin, US Army<br />
www.flugrevue.de<br />
Die K-Version der CH-53 wurde von<br />
Grund auf neu entwickelt.
Militärluftfahrt<br />
CH-47F gegen CH-53K<br />
DIE CH-53K HAT DIE<br />
DOPPELTE NUTZLAST<br />
DER CH-53G<br />
gramm CH-53GA. Die Auslieferung der<br />
40 Hubschrauber durch Airbus Helicopters<br />
wird sich mindestens 26 Monate<br />
länger hinziehen als geplant, was „größtenteils<br />
auf technische Störungen der<br />
Luftfahrzeuge, auf fehlende Ersatzteile<br />
und auf inzwischen zunehmende Kapazitätsengpässe<br />
beim Auftragnehmer“ zurückzuführen<br />
sei, so der neueste Ministeriumsbericht<br />
zu den aktuellen Rüstungsprogrammen.<br />
Ein Nachfolger muss also her, was<br />
keine ganz neue Erkenntnis ist. Schon<br />
vor über einem Jahrzehnt gab es nämlich<br />
erste Überlegungen zu einem Future<br />
Transport Helicopter, der in deutschfranzösischer<br />
Zusammenarbeit entwickelt<br />
werden sollte. Trotz umfangreicher<br />
Studien und der zeitweiligen Einbindung<br />
der EDA (Europäische Verteidigungsagentur)<br />
wurde daraus aber nichts. Unter<br />
anderem ausufernde Forderungen an<br />
das Nutzraumvolumen und eine absehbar<br />
geringe Stückzahl führten zu exorbitanten<br />
Kosten, die in keiner Weise tragbar<br />
waren.<br />
Für die Luftwaffe, die die CH-53-<br />
Flotte 2<strong>01</strong>3 von den Heeresfliegern<br />
übernommen hat, bleibt somit nur der<br />
Weg, ein vorhandenes Muster zu beschaffen.<br />
Das als Basis dafür notwendige<br />
Dokument „Fähigkeitslücke und Funktionale<br />
Forderung“ wurde vom Generalinspekteur<br />
der Bundeswehr am 27. Juni<br />
2<strong>01</strong>6 abgezeichnet.<br />
Laut einer Sprecherin des Verteidigungsministeriums<br />
ist das Ziel „ein Produkt,<br />
das bei höheren Reichweiten und<br />
mit eingerüsteter Einsatzausrüstung<br />
(zum Beispiel Schutzausstattung, Be-<br />
Schwerlasthubschrauber – Die Daten<br />
CH-53G CH-47F Chinook CH-53K King Stallion<br />
Besatzung 4 4 5<br />
Soldaten 36 oder 24 Tragbahren 33 – 55 30 – 55<br />
Antrieb 2 x GE T64-GE-100 2 x Honeywell<br />
T55-GA-714A<br />
3 x GE T408-GE-400<br />
Leistung 2 x 3225 kW 2 x 3530 kW 3 x 5395 kW<br />
Rotordurchmesser 21,95 m 2 x 18,29 m 24,00 m<br />
Länge 20,47 30,14 m 30,30 m<br />
Rumpflänge – 15,46 m 22,27 m<br />
Frachtraum – 2,29 x 1,98 x 9,19 m 2,74 x 2,00 x 9,14 m<br />
Leermasse 10 700 kg 11 550 – 12 950 kg 15 070 kg<br />
Nutzlast intern/extern 5500 kg / 7255 kg n.b. / 11 790 kg n.b. / 16 330 kg<br />
max. Startmasse 19 050 kg 22 680 – 24 495 kg 39 900 kg<br />
Höchstgeschwindigkeit 295 km/h 302 km/h ca. 315 km/h<br />
Marschgeschwindigkeit 215 km/h 240 – 295 km/h ca. 275 km/h<br />
Dienstgipfelhöhe ca. 2750 m 6095 m 4380 m<br />
Steigrate 9,25 m/s 7,7 m/s 13,0 m/s<br />
Reichweite 455 km ca. 740 – 1100 km ca. 850 km<br />
waffnung, etc.) eine nutzbare Zuladung<br />
erreicht, die höher ist als die ehemalige<br />
Standardlast einer CH-53G. Das Ladevolumen<br />
orientiert sich dabei am aktuellen<br />
Stand. Zum Erreichen von Reichweitenforderungen<br />
ist voraussichtlich eine<br />
Luftbetankungsfähigkeit vonnöten. Ein<br />
weiterer Fähigkeitsaufwuchs ist missionsorientiert,<br />
insbesondere für die Unterstützung<br />
von Spezialkräften und die<br />
Fähigkeit Combat Search and Rescue zu<br />
erwarten.“<br />
46 <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> Januar 2<strong>01</strong>7<br />
www.flugrevue.de
Die Flugerprobung der CH-53K läuft bei<br />
Sikorsky in West Palm Beach, Florida.<br />
Obwohl sich das Ministerium mit<br />
Details zu den Anforderungen bedeckt<br />
hält, ist klar, dass nur zwei marktverfügbare<br />
westliche Muster für die Rolle des<br />
künftigen STH (Schwerer Transporthubschrauber)<br />
in Frage kommen. So stehen<br />
sich bei der für 2<strong>01</strong>8 vorgesehenen formellen<br />
Ausschreibung wohl die Boeing<br />
CH-47F Chinook in der Ausführung mit<br />
großen Tanks und die Sikorsky (heute<br />
Teil von Lockheed Martin) CH-53K<br />
King Stallion gegenüber – eine Wahl,<br />
wie sie so ähnlich auch in den 1960er<br />
Jahren getroffen werden musste.<br />
Auch wenn es sich um dieselbe Typenreihe<br />
handelt, so hat die K-Version<br />
mit der bei der Bundeswehr in Dienst<br />
stehenden CH-53G/GS/GE/GA nichts<br />
mehr gemein. Vielmehr handelt es sich<br />
um eine komplette Neuentwicklung für<br />
das US Marine Corps, mit größerem<br />
Frachtraum, mehr Nutzlast und besseren<br />
Leistungen vor allem in großen Höhen<br />
und bei Hitze. Eckpunkt ist die Fähigkeit,<br />
eine Außenlast von 12,2 Tonnen an<br />
den drei Haken 200 Kilometer weit zu<br />
bringen und dann zum Startpunkt zurückzukehren.<br />
Für den internen Transport<br />
von Fahrzeugen und Material wurde<br />
der Kabinenquerschnitt auf 2,74 x<br />
2 Meter vergrößert. So passen laut Sikorsky<br />
auch zwei je 4500 Kilogramm<br />
schwere 463L-Paletten hinein.<br />
Nach diversen Verzögerungen aufgrund<br />
von Problemen unter anderem mit<br />
dem Hauptgetriebe befindet sich die<br />
CH-53K seit dem 27. Oktober 2<strong>01</strong>5 in<br />
der Flugerprobung. Seit dem 2. September<br />
2<strong>01</strong>6 ist auch der vierte und letzte<br />
Prototyp in der Luft. Bis Mitte Oktober<br />
wurde dann in West Palm Beach (Florida)<br />
die erste, zweiwöchige Truppenerprobungsphase<br />
(OT-B1) durchgeführt.<br />
Auf dem Plan standen Flüge mit Außenlasten<br />
von 12 200 Kilogramm und Missionsprofile,<br />
bei denen eine Last von 5445<br />
Kilogramm über 110 Nautische Meilen<br />
(205 km) verfrachtet wurde. Beim OT-<br />
B1 wurde die CH-53K King Stallion<br />
erstmals von einer Crew des Marine<br />
Corps betrieben. „Alle Testziele wurden<br />
erreicht“, so Colonel Hank Vanderborght,<br />
Programm-Manager des USMC.<br />
Der Abschluss von OT-B1 ist einer<br />
der Voraussetzungen für die Freigabe<br />
der Vorserie des Hubschraubers durch<br />
das Pentagon. Dies ist für das erste<br />
Quartal 2<strong>01</strong>7 geplant. Ziel ist es, die anfängliche<br />
Einsatzbereitschaft mit vier<br />
CH-53K im Jahr 2<strong>01</strong>9 zu erreichen. Bis<br />
2031 sollen 200 Maschinen beschafft<br />
werden.<br />
Als Modell hatte Sikorsky die CH-53K<br />
in deutschen Farben auf der ILA in<br />
Berlin gezeigt.<br />
Für das US Marine Corps sind vor allem<br />
die Außenlastfähigkeiten der CH-53K<br />
bei Landeoperationen wichtig.<br />
Fotos: FR/Karl Schwarz, Sikorsky (2)<br />
www.flugrevue.de <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> Januar 2<strong>01</strong>7 47
Militärluftfahrt<br />
CH-47F gegen CH-53K<br />
Eigentlich sollten die stark geforderten<br />
CH-53 noch länger fliegen.<br />
Fotos: Bundeswehr/Sandra Ellbern, DND-MDN Canada<br />
Zu den Kunden der aktuellen CH-47F<br />
gehört auch Kanada. Die RCAF wählte<br />
die Ausführung mit großen Tanks.<br />
Während die King Stallion also noch<br />
im Testprogramm ist, handelt es sich bei<br />
Boeings CH-47F Chinook um ein ausgereiftes<br />
Produkt, das derzeit in Philadelphia<br />
für die US Army und den Export in<br />
Serie gebaut wird. 350 Standardmodelle<br />
und 80 Maschinen mit großen Tanks seien<br />
inzwischen ausgeliefert worden, so<br />
der Hersteller. Insgesamt sind 800 Chinooks<br />
aller Versionen weltweit im<br />
Dienst, darunter in den Niederlanden,<br />
Großbritannien, Italien und Kanada.<br />
Obwohl das Tandemrotormuster seit<br />
über 50 Jahren im Einsatz steht, wird<br />
das amerikanische Heer wohl noch bis<br />
2060 auf den Transporthubschrauber<br />
zählen. Bis dahin wird es aus Sicht von<br />
Boeing natürlich noch weitere Modernisierungsprogramme<br />
geben, wie es auch<br />
in den vergangenen Jahrzehnten der Fall<br />
war. Unter der Bezeichnung „Block II“<br />
werden verschiedene Technologien untersucht,<br />
um die Nutzlast (wieder) zu<br />
erhöhen und den Wartungsaufwand zu<br />
verringern. Zum Beispiel sollen neue<br />
Rotorblätter getestet werden, die alleine<br />
ein Nutzlastplus von 905 Kilogramm bewirken.<br />
Honeywell arbeitet parallel dazu<br />
mit Firmenmitteln an einer Leistungssteigerung<br />
des T55-Triebwerks, das von<br />
3500 auf 4470 Kilowatt gepuscht werden<br />
soll. Die Umstellung auf den Block-<br />
II-Standard könnte 2021 erfolgen.<br />
Die Bundeswehr hat also die Wahl<br />
zwischen zwei Mustern, die die Anforderungen<br />
durchaus erfüllen können. Beide<br />
lassen sich mit einer Luftbetankungssonde<br />
bestücken. Und beide haben zum Beispiel<br />
das gleiche Common-CAAS-Cockpit<br />
von Rockwell Collins. Vom Konzept<br />
her sind sie natürlich sehr unterschiedlich:<br />
Während die Chinook das Arbeitspferd<br />
der US Army ist, wurde die King<br />
Stallion auf die immer sehr speziellen<br />
Forderungen des US Marine Corps maßgeschneidert<br />
und bietet eine über 40<br />
Prozent größere Nutzlast. Bei den Kosten<br />
dürfte die Chinook die Nase vorn haben<br />
– jedenfalls verspricht Boeing „äußerst<br />
wettbewerbsfähige Anschaffungsund<br />
Betriebskosten“.<br />
Beide Firmen dürften zudem versuchen,<br />
die deutsche Industrie einzubinden.<br />
Momentan hält man sich diesbezüglich<br />
allerdings noch bedeckt, man will<br />
erst einmal die genauen Anforderungen<br />
des Verteidigungsministeriums hinsichtlich<br />
der Industrieunterstützung im Betrieb<br />
analysieren. Bei der CH-53K wäre<br />
zumindest MTU schon dabei. Der Triebwerkshersteller<br />
hat einen Programmanteil<br />
von 18 Prozent an der T408-Wellenturbine.<br />
Die Stückzahl ist noch im Fluss. Sie<br />
hängt von Parametern wie den geforderten<br />
Flugstunden der Flotte pro Jahr und<br />
den von Deutschland im NATO-Rahmen<br />
bereitzustellenden Hubschraubern ab.<br />
Derzeit hat die Bundeswehr zum Beispiel<br />
35 CH-53 gemeldet, aus einem Bestand<br />
von 64 Hubschraubern. Für die<br />
Beschaffer gilt es also viele Faktoren abzuwägen,<br />
bevor die für Mitte 2<strong>01</strong>9 geplante<br />
Vertragsunterzeichnung für ein<br />
Muster erfolgt. Der „abschließende Finanzbedarf“<br />
sei noch nicht ermittelt, so<br />
eine Ministeriumssprecherin. Mit dem<br />
Beginn der Lieferungen wird ab 2022<br />
gerechnet.<br />
FR<br />
48 <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> Januar 2<strong>01</strong>7<br />
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Fliegende<br />
Legenden<br />
www.klassiker-der-luftfahrt.de<br />
Jetzt neu im Handel
Militärluftfahrt<br />
Royal Air Force<br />
Großbritannien ist ein global engagiertes<br />
Land“ und sei deshalb immer<br />
daran interessiert, seine Beziehungen<br />
zu Partnern gerade in Asien<br />
zu verbessern, begründete Air Chief<br />
Marshall Sir Stephen Hillier eine der<br />
größten Verlegeübungen der Royal Air<br />
Force in den letzten Jahren. Bei „Eastern<br />
Venture“ waren nicht nur Eurofighter<br />
aus Lossiemouth beteiligt, sondern zur<br />
Unterstützung auch die Voyager-Tanker<br />
(A330 MRTT) sowie C-17- und Hercules-Transporter.<br />
Unabhängig davon lief<br />
auch der Besuch der Red Arrows in China<br />
und in anderen Ländern der Region<br />
unter „Eastern Venture“.<br />
Als Erstes galt es für acht Eurofighter<br />
Typhoon der RAF, mit der Unterstützung<br />
von zwei Voyagern in mehreren<br />
Etappen von Schottland nach Butter-<br />
Eurofighter<br />
auf Asientour<br />
Für Übungen in Malaysia, Japan und Südkorea verlegte<br />
die Royal Air Force acht Eurofighter nach Asien.<br />
Die Crews konnten wertvolle Erfahrungen sammeln.<br />
In Japan übten die Eurofighter zusammen<br />
mit den F-2A der 3rd Kokudan.<br />
Voyager-Tanker waren für die weiten Verlegungsflüge unverzichtbar.<br />
Hier wirft ein Eurofighter einen Schatten auf den Rumpf.<br />
50 <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> Januar 2<strong>01</strong>7<br />
www.flugrevue.de
In Osan trafen die RAF-Crews auf F-15K<br />
Slam Eagle und KF-16 der Südkoreaner<br />
sowie F-16C der US Air Force.<br />
Die Zusammenarbeit mit den Kollegen<br />
aus Asien war für die RAF-Besatzungen<br />
eine wertvolle Erfahrung.<br />
worth im Norden Malaysias zu verlegen<br />
– eine Strecke von etwa 12 250 Kilometern.<br />
Derweil wurden auch 32 Tonnen<br />
Fracht und über 160 Mann Personal<br />
nach Asien gebracht. Nach einer ersten<br />
Orientierung standen zunächst einige<br />
gemeinsame Flüge mit F/A-18 Hornets<br />
der Royal Australian Air Force auf dem<br />
Programm, bevor am 4. Oktober die<br />
Großübung „Bersama Lima 2<strong>01</strong>6“<br />
durchgeführt wurde. Bei ihr waren neben<br />
71 Flugzeugen auch elf Schiffe aus<br />
den Ländern des „Five Power Defence<br />
Arrangements“ (Großbritannien, Malaysia,<br />
Singapur, Australien und Neuseeland)<br />
dabei. Hauptaufgabe der Typhoons<br />
war die Luftraumsicherung.<br />
Während die Kampfjets in Butterworth<br />
von Crews der No 1(F) Squadron<br />
geflogen wurden, übernahm für den<br />
weiteren Verlauf der Asientour die No<br />
2(AC) Squadron das Regiment. Sie verlegte<br />
mit vier Typhoons nach dem Ende<br />
von „Bersama Lima“ 5600 Kilometer<br />
nonstop in den Norden von Japan auf<br />
den Fliegerhorst Misawa (auch von den<br />
USA genutzt). Dort fand bis zum 4. November<br />
das Manöver „Guardian North“<br />
statt, bei dem die Koku Jieitai (japanische<br />
Luftstreitkräfte) zum ersten Mal<br />
mit anderen ausländischen Streitkräften<br />
als den USA übte. Selbst Verteidigungsministerin<br />
Tomomi Inada war für das<br />
wichtige Ereignis vor Ort. Bei den gemeinsamen<br />
Trainingsflügen im Rahmen<br />
von „Guardian North“ ging es hauptsächlich<br />
um komplexe Abfangjagd-Einsätze,<br />
bei denen „wir viel voneinander<br />
lernen konnten“, so Air Chief Marshall<br />
Hillier. Japans F-2A (3rd Kokudan) aus<br />
Misawa und F-15J/DJ Eagle aus Chitose<br />
(2nd Kokudan) sind gerade im Norden<br />
viel beschäftigt. Allein im ersten Halbjahr<br />
habe man 160 Alarmstarts gezählt,<br />
erklärte Verteidigungsministerin Inada.<br />
Im Anschluss an den Aufenthalt in<br />
Japan stand eine weitere Premiere an –<br />
die südkoreanischen Luftstreitkräfte übten<br />
erstmals nicht nur mit der US Air<br />
Force, sondern mit einem weiteren aus-<br />
ländischen Partner. Die Eurofighter der<br />
RAF kamen dafür nach Osan und flogen<br />
vom 7. bis 10. November im Rahmen<br />
von „Invincible Shield“ mit F-15K Slam<br />
Eagle, KF-16 sowie den vor Ort stationierten<br />
F-16C/D Fighting Falcon und<br />
A-10C Thunderbolt II des 51st Fighter<br />
Wing der USAF. Ihre Rolle war dabei<br />
einmal mehr die Luftraumsicherung,<br />
während Südkoreaner und Amerikaner<br />
auch Angriffsmissionen flogen.<br />
Auf dem Rückweg in die Heimat<br />
machten die Eurofighter der Royal Air<br />
Force dann noch Station in Brunei, wo<br />
sie zusammen mit dem Voyager-Tanker<br />
dem Kommandeur der Royal Brunei Armed<br />
Forces, Generalmajor Dato Paduka<br />
Seri Mohd Tawih bin Abdullah, vorgeführt<br />
wurden. Denn neben der Überprüfung<br />
der Verlegefähigkeiten und dem<br />
Training mit ungewohnten Partnern haben<br />
solche Touren immer auch die Aufgabe,<br />
Flagge zu zeigen und für britische<br />
Produkte zu werben.<br />
FR<br />
KARL SCHWARZ<br />
Start in Butterworth. Das Wetter war in<br />
Malaysia nicht immer optimal.<br />
Fotos: MoD Crown Copyright – Neil Bryden/Martin Pert, USAF (1)<br />
www.flugrevue.de <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> Januar 2<strong>01</strong>7 51
Militärluftfahrt<br />
Airshow in Zhuhai<br />
Chinas Neue<br />
Die Luftfahrtschau in Zhuhai war Anfang November<br />
einmal mehr das Schaufenster für die neuesten<br />
chinesischen Militärflugzeuge. Sogar der große<br />
Stealth-Fighter J-20 gab ein kurzes Debüt.<br />
Text und Fotos: PIOTR BUTOWSKI<br />
Nur am Eröffnungstag waren zwei<br />
Chengdu J-20 bei einer kurzen<br />
Flugdemonstration zu sehen.<br />
52 <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> Januar 2<strong>01</strong>7<br />
www.flugrevue.de
Seit Jahren war darüber spekuliert<br />
worden, wann China<br />
sein modernstes Fighter-Muster,<br />
die Chengdu J-20, endlich<br />
in Zhuhai zeigen würde –<br />
nun war es so weit. Das Debüt des großen<br />
Jägers/Jagdbombers am Eröffnungstag<br />
der Luftfahrtschau dauerte aber<br />
kaum mehr als eine Minute. Zwei Jets<br />
flogen in Formation über die Bahn, einer<br />
kehrte für zwei weitere Überflüge zurück.<br />
Die grau lackierten Maschinen hatten<br />
keine Kennungen, sodass man nur<br />
spekulieren kann, dass sie zur Vorserie<br />
gehören, von der inzwischen wohl sieben<br />
Exemplare ausgeliefert wurden.<br />
Zwei J-20 sind angeblich auf der Basis<br />
Dingxin stationiert, wo sich das taktische<br />
Trainingszentrum der chinesischen<br />
Luftstreitkräfte befindet (siehe auch<br />
<strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> 5/2<strong>01</strong>6).<br />
Die Vorserienflugzeuge (Erstflug Januar<br />
2<strong>01</strong>6) entsprechen weitgehend den<br />
sechs Prototypen, die 2<strong>01</strong>4 und 2<strong>01</strong>5 in<br />
die Erprobung gingen, allerdings sollte<br />
ihre Ausrüstung umfassender sein. Das<br />
AESA-Radar stammt wohl vom Nanjing<br />
Research Insitute of Electronics Technology.<br />
Wie die F-35 hat die J-20 einen elektrooptischen<br />
Sensor unter dem Bug sowie<br />
kleinere Sensoren an mehreren Stellen<br />
der Zelle für eine 360-Rundumsicht.<br />
Zur Bewaffnung im internen Schacht<br />
gehören Luft-Luft-Lenkwaffen wie die<br />
PL-12, PL-15 oder die PL-21. Seitliche<br />
Schächte nehmen zwei PL-10 mit Infrarotsuchkopf<br />
auf. Als Antrieb dienen<br />
nach wie vor zwei Saturn AL-31FN Serie<br />
3 aus russischer Produktion, die je<br />
132,4 Kilonewton Schub bieten. Wie<br />
weit die Entwicklung eigener Triebwerke<br />
wie dem WS-10G (130 bis 150 kN) oder<br />
dem WS-15 (160 bis 170 kN) gediehen<br />
ist, blieb auch in Zhuhai unklar.<br />
Während sich die J-20 zum ersten<br />
Mal zeigte, war die Shenjang J-31 diesmal<br />
nur als Modell zu sehen. Es scheint<br />
so, dass dieser Fighter nicht für den eigenen<br />
Bedarf, sondern unter der Bezeichnung<br />
FC-31 nur für den Export gedacht<br />
ist und entsprechend keine Priorität genießt.<br />
Angeblich will Shenjang bald ein<br />
zweites Exemplar in die Luft bringen.<br />
Das am Stand gezeigte Modell lässt auf<br />
Änderungen am Leitwerk und an den<br />
Flügelspitzen schließen.<br />
Ein Debütant bei der Airshow China<br />
war die Chengdu J-10B, die sich seit<br />
Die J-20 hat zwar typische Stealth-<br />
Formen, aber auch konventionelle<br />
Schubdüsen für die Triebwerke.<br />
2<strong>01</strong>3 in der Serienfertigung befindet und<br />
ebenfalls mit dem russischen Al-31FN-<br />
Triebwerk bestückt ist (siehe <strong>FLUG</strong> RE-<br />
VUE 12/2<strong>01</strong>6). Hier war vor allem die<br />
Bewaffnung interessant, wie die erstmals<br />
gezeigte PL-10E. Der Lenkflugkörper<br />
mit IR-Sensor hat eine Reichweite von<br />
20 Kilometern und soll dank Schubvektorsteuerung<br />
wesentlich wendiger sein<br />
als ältere Modelle.<br />
Neben den Fightern war die neueste<br />
Ausführung des Bombers Xian H-6 zu<br />
Eine neue Ausführung der Y-9 ist die<br />
KJ-200 mit großem Radom, das drei<br />
AESA-Antennen beherbergt.<br />
Xian baut die H-6 noch<br />
immer. Sie wurde mit<br />
vielen Waffen gezeigt.<br />
sehen. Diese auf der Tupolew Tu-16<br />
„Badger“ aus den 1950er Jahren basierende<br />
Baureihe hat mit der K-Variante<br />
ein Turbofan-Triebwerk erhalten, was<br />
eine gründliche Umkonstruktion des<br />
Flügel-Rumpf-Bereichs erforderte. Statt<br />
eines Mikulin RD-3M ist nun das<br />
D-30KP-2 eingebaut, das 117,7 Kilonewton<br />
Schub liefert (statt 93,2 kN) und<br />
deutlich weniger Kraftstoff verbraucht.<br />
Damit soll die Reichweite auf 8000 Kilometer<br />
steigen. Neben den neuen Triebwww.flugrevue.de<br />
<strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> Januar 2<strong>01</strong>7 53
Militärluftfahrt<br />
Airshow in Zhuhai<br />
Zu Schleuderpreisen<br />
erhältlich ist der Trainer<br />
Guizhou JL-9 (FTC-2000).<br />
Chengdu baut UAVs<br />
ähnlich den Predator<br />
und Reaper aus den USA.<br />
Die ARJ-21 (vorn) ist<br />
inzwischen genauso im<br />
Dienst wie die Y-20.<br />
Die CAIC WZ-10 ist der<br />
erste chinesische Kampfhubschrauber.<br />
werken verfügt die H-6K über ein großes<br />
Radar im Bug und IR/TV-Sensoren<br />
unter dem Rumpf sowie Datenfunkantennen.<br />
Die H-6K kann bis zu sechs<br />
Marschflugkörper unter den Flügeln tragen,<br />
darunter die erstmals gezeigte CJ-20<br />
(Chang Jian / langes Schwert). Sie ist<br />
seit 2<strong>01</strong>0 im Dienst und soll auf der russischen<br />
X-55 basieren, von der sich die<br />
Chinesen in der Ukraine einige Exemplare<br />
besorgt hatten. Auch die größere YJ-<br />
63 war vertreten. Nach dem Erstflug im<br />
Januar 2007 begann die Serienfertigung<br />
der H-6K angeblich 2<strong>01</strong>1, und seither<br />
wird jährlich rund ein Dutzend der Bomber<br />
produziert. Drei Regimenter der<br />
Luftstreitkräfte sind damit ausgestattet.<br />
China zeigte in Zhuhai auch seine<br />
beiden Kampfhubschrauber Z-10/WZ-<br />
10 und Z-19. Die Z-10 war vor vier Jahren<br />
schon einmal kurz im Flug präsentiert<br />
worden. Sie ist mit den Panzerabwehrlenkwaffen<br />
KD-9 und KD-10 ausgerüstet.<br />
Die neue K-Version soll über<br />
bessere Zielsuchsysteme und möglicherweise<br />
über stärkere Triebwerke verfügen.<br />
Auf dem Stand von Avicopter war<br />
die Harbin Z-19E zu sehen, bei der Bauteile<br />
des älteren Z-9-Modells verwendet<br />
werden. Neben der Produktion für die<br />
Heeresflieger wird nun offenbar auch<br />
der Export ins Auge gefasst.<br />
Exporterfolge vermeldeten die Chinesen<br />
in Zhuhai für die Guizhou FTC-<br />
2000, einen kleinen Jettrainer (Abflugmasse<br />
9800 kg), der seinen Stammbaum<br />
auf die MiG-21 zurückverfolgen kann.<br />
Der Sudan hat sechs der sehr billig erhältlichen<br />
Maschinen bestellt, und mit<br />
Nigeria sind Verhandlungen im Gange,<br />
hieß es. Ist die FTC-2000 ein alter Bekannter,<br />
so war die Shaanxi KJ-500 ein<br />
weiterer Debütant in Zhuhai. Dieses<br />
Frühwarnflugzeug basiert auf dem<br />
Transporter Y-9, hat aber nicht wie die<br />
KJ-200 eine lange Antennenverkleidung<br />
auf dem Rumpf, sondern ein konventionelles<br />
Rotodom. Darin sind in Dreiecksform<br />
Antennen mit elektronischer<br />
Strahlschwenkung installiert. Seit dem<br />
Erstflug 2<strong>01</strong>3 sind mindestens vier Maschinen<br />
ausgeliefert worden.<br />
Wie im Westen werden auch in China<br />
derzeit sehr viele unterschiedliche unbemannte<br />
Fluggeräte entwickelt. Das<br />
mit Abstand erfolgreichste Muster ist<br />
wohl die Wing Loong der Chengdu Aircraft<br />
Corporation, die seit 2007 fliegt<br />
www.flugrevue.de
COMAC will zusammen mit der<br />
russischen OAK einen Großraum-Verkehrsjet<br />
entwickeln.<br />
beitet an einer Wing Loong I-D, die mit<br />
Dieselmotor eine besonders lange Einsatzdauer<br />
von 35 Stunden erreichen soll.<br />
Dazu kommt mit der Cloud Shadow<br />
(Yunying) ein jetgetriebenes Modell, das<br />
bis zu 620 km/h schnell sein soll.<br />
Chengdus Konkurrent im Drohnenbereich<br />
ist CASC (China Aerospace Science<br />
and Technology Corporation), die<br />
in Zhuhai ihr Modell CH-5 Caihong<br />
zeigte (max. Abflugmasse 3000 kg). Es<br />
Zivile Aufträge<br />
Für die Verkehrsflugzeughersteller wird der<br />
chinesische Markt allgemein als einer der<br />
zukunftsträchtigsten angesehen, mit Absatzchancen<br />
von 5900 bis 6800 Maschinen bis<br />
zum Jahr 2035, unter der Voraussetzung eines<br />
ständigen Passagierzuwachses von 6,1 Prozent<br />
pro Jahr. Entsprechend waren Airbus, Boeing,<br />
Embraer, Suchoi und die einheimische COMAC<br />
mit ihren Modellen ARJ-21 und C919 in Zhuhai<br />
stark präsent. Sie konnten laut Messeveranstalter<br />
Aufträge und Optionen für knapp 190<br />
Flugzeuge verbuchen. Allein 56 C919 und<br />
32 ARJ-21 wurden von chinesischen Leasinggesellschaften<br />
bestellt. COMAC zeigte auch<br />
ein Modell des Großraumflugzeugs C9X9, das<br />
man zusammen mit der russischen Industrie<br />
entwickeln will. Es soll 280 Passagieren Platz<br />
bieten und eine Reichweite von 12 000 Kilometern<br />
haben. Ein Erstflug ist für die erste<br />
Hälfte des nächsten Jahrzehnts zu erwarten.<br />
und inzwischen in die Vereinigten Arabischen<br />
Emirate, nach Saudi-Arabien, Pakistan,<br />
Kasachstan und Ägypten exportiert<br />
wurde. Das UAV wird vermutlich<br />
von den Saudis über dem Jemen eingesetzt.<br />
Viermal schwerer ist die Wing<br />
Loong II, die sich gerade in der Erprobung<br />
befindet. Sie entspricht von der<br />
Größe her der MQ-9 und kann an sechs<br />
Aufhängungspunkten bis zu 480 Kilogramm<br />
Waffenlast tragen. Chengdu arergänzt<br />
die kleineren Muster CH-3 (630<br />
kg) und CH-4 (1330 kg), die alle mit<br />
dem gleichen Datenlink betrieben werden<br />
können. Als Bewaffnung hat die<br />
CH-5 die Panzerabwehrrakete AR-1 und<br />
die FT-9-Bomben (50 kg).<br />
FR<br />
Der Wasserdrache<br />
Neben dem Militärtransporter Y-20 und<br />
dem Verkehrsflugzeug C919 gehört das<br />
Amphibienflugzeug AG600 aktuell<br />
zu den großen chinesischen Flugzeugprojekten.<br />
Der Prototyp wurde bei einer<br />
Roll-out-Feier am 23. Juli 2<strong>01</strong>6 erstmals<br />
offiziell vorgestellt und war natürlich in<br />
Zhuhai zu sehen, denn die Endmontage<br />
erfolgte am Platz bei der Zhuhai<br />
Yanzhou Aircraft Corporation. Einzelne<br />
Baugruppen stammen von Xian (Flügel,<br />
Teile des Rumpfs) und Hanzhong<br />
(Leitwerk, Heck). Der Erstflug soll im<br />
Frühjahr 2<strong>01</strong>7 erfolgen. Den Bedarf<br />
sieht die zuständige CAIGA (China<br />
Aviation Industry General Aircraft, Teil<br />
von AVIC) bei bis zu 50 Flugzeugen im<br />
Lande selbst, plus Export. Laut Hersteller<br />
liegen bereits Absichtserklärungen<br />
für 17 Flugzeuge vor. Die beim Institut<br />
605 konstruierte AG600 (früher JL600)<br />
ist mit einer Spannweite von 38,8<br />
Metern und einer Länge von 36,95<br />
Metern das derzeit größte Amphibium<br />
der Welt. Als Antrieb dienen vier schon<br />
recht betagte WJ6-Turboprops, die für<br />
eine Höchstgeschwindigkeit von 560<br />
km/h sorgen sollen. Einsatzbereiche für<br />
die AG600 sind die Brandbekämpfung<br />
(bis zu 12 Tonnen Löschmittel) und<br />
Such- und Rettungsdienste. Auch der<br />
Einsatz bei der chinesischen Marine für<br />
die U-Boot-Bekämpfung ist denkbar.<br />
www.flugrevue.de <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> Januar 2<strong>01</strong>7 55
Freundeskreis Luftwaffe<br />
Editorial<br />
Sehr geehrte Leserinnen<br />
und Leser, verehrte Mitglieder!<br />
Am Ende dieses Jahres können wir auf<br />
zwölf Monate erfolgreiche Vereinsarbeit<br />
und engagierte Mitgestaltung seitens vieler<br />
unserer Mitglieder zurückblicken. Für<br />
das treue Interesse an den Informationen<br />
auf diesen Seiten und für die lebhafte Beteiligung<br />
an den vielfältigen Veranstaltungen<br />
danke ich Ihnen sehr herzlich.<br />
Mein besonderer Dank geht an die Sektionsleiter,<br />
die in diesem Jahr wieder durch<br />
ideenreiches Wirken und persönlichen<br />
Zeiteinsatz ein gutes Gelingen ermöglicht<br />
haben. Dank auch an alle, die uns von<br />
außen unterstützen, die Ziele unseres<br />
Vereins lebendig, informativ und anspruchsvoll<br />
zu verwirklichen.<br />
Im kommenden Jahr werden wir Ihnen<br />
erneut ein breit gefächertes Programm<br />
mit Informationsveranstaltungen, Besuchen<br />
und Möglichkeiten der Begegnung<br />
im Bereich der Luft- und Raumfahrt<br />
anbieten. Die Übersicht der von<br />
unserer Geschäftsstelle zentral geplanten<br />
Vorhaben wird in der Februar-Ausgabe<br />
der <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> veröffentlicht. Die<br />
Sektionen informieren über eigene<br />
Veranstaltungen zu gegebener Zeit auf<br />
der Homepage.<br />
Ihnen, verehrte Mitglieder, und den<br />
Lesern dieses Forums wünsche ich ein<br />
frohes Weihnachtsfest und ein gutes<br />
und glückliches neues Jahr.<br />
Mit freundlichen Grüßen<br />
Botho Engelien, Präsident<br />
Zum Geburtstag<br />
50 Jahre<br />
Für die praktische Ausbildung ihrer<br />
Jetpiloten nutzte die Luftwaffe in<br />
den USA bereits ab 1956 freie Kapazitäten<br />
im Rahmen des Mutual Defence<br />
Assistance Program (MDAP).<br />
1963 wurde auf der Williams Air Force<br />
Base in Arizona erstmals eine deutsche<br />
Staffel aufgebaut. Sie verlegte schließlich<br />
1966 auf die Sheppard AFB in Texas,<br />
wo die US Air Force ihren 3630th<br />
Flying Training Wing (heute 80th Flying<br />
Training Wing) aufgestellt hatte. Der<br />
Im Namen des Vorstands gratuliert Präsident Botho Engelien den folgenden Jubilaren, die im Januar<br />
Geburtstag haben, ganz herzlich: Gustav Funke (91), Heinz Oldenburg (91), Adolf Tröster (87),<br />
Maximilian Ludwig Endner (87), Dr. Joachim Bentzien (87), Helmut von Harten (86), Wolfgang<br />
Thom (86), Heinz Pfarrherr (86), Horst Jungkurth (84), Herbert Koch (84), Dieter Noll (83),<br />
Hermann Mockel (82), Manfred Backerra (81), Dr. Jürgen Malaszkiewicz (81), Jürgen Schlüter<br />
(80), Hermann Adam (80), Karl-Rudolf Lenz (75), Jürgen Pütz (75) Gerd Wiemann (75), Roland<br />
Völkel (75), Christoph Irmisch (70), Robert Braun (70), Helga Reiter (70), Günter Wache (60),<br />
Heinz-Bernd Veldhuis (50), Ralf Bahr (50).<br />
Pilotenschmiede<br />
in Sheppard<br />
Wer Jetpilot werden möchte, der kommt an Sheppard<br />
nicht vorbei. Dort werden junge Flugschüler der Luftwaffe<br />
ausgebildet – und das seit 50 Jahren.<br />
Flugbetrieb begann mit 26 Schülern am<br />
24. August 1966. Aufbauend auf den<br />
positiven Erfahrungen der gemeinsamen<br />
Flugzeugführerausbildung der amerikanischen,<br />
deutschen und später auch niederländischen<br />
Luftstreitkräfte, entschieden<br />
sich 1980 genau 13 Nationen für<br />
Sheppard AFB, um ein gemeinsames<br />
Programm für ihre Militärpilotenausbildung<br />
zu etablieren. Im Herbst 1981<br />
wurde mit der Klasse 83-<strong>01</strong> das „Euro<br />
NATO Joint Jet Pilot Training“ (ENJJPT)<br />
aus der Taufe gehoben. Seit Beginn der<br />
multinationalen Kooperation wurden etwa<br />
7000 Flugschüler ausgebildet, davon<br />
etwa 1300 deutsche Flugzeugführer.<br />
Derzeit stellen neben Deutschland sechs<br />
weitere NATO-Mitglieder sowohl Flugschüler<br />
als auch Lehrer im UPT (Undergraduate<br />
Pilot Training).<br />
Während des rund 55 Wochen langen<br />
Lehrgangs durchlaufen die Flug-<br />
www.flugrevue.de
Die T-38 sind inzwischen Oldies.<br />
Sie sollen ab 2024 ersetzt werden.<br />
220 Flugstunden stehen auf dem Programm<br />
der Undergraduate-Ausbildung.<br />
Beim ENJJPT sind die Piloten in ein<br />
internationales Umfeld eingebettet.<br />
Zunächst fliegen die Schüler in Sheppard auf der Beechcraft T-6A Texan II.<br />
Sie löste ab Frühjahr 2008 das Jetmuster Cessna T-37 „Tweet“ ab.<br />
schüler eine intensive theoretische und<br />
eine Simulatorausbildung. Die praktischen<br />
Anteile werden heute auf der<br />
Beech T-6 Texan II sowie der Northrop<br />
T-38C Talon erflogen. Inhalte der Ausbildung<br />
sind unter anderem Sicht-/<br />
lnstrumentenflug, Tiefflug/Navigation,<br />
Formationsflüge sowie Notverfahren.<br />
Mit erfolgreichem Bestehen des Lehrganges<br />
hat der durchschnittliche Flugschüler<br />
rund 220 Flugstunden, 80 Simulatorflüge<br />
sowie rund 350 Stunden theoretische<br />
Ausbildung absolviert.<br />
Nachdem im UPT die fliegerischen<br />
Grundfertigkeiten vermittelt wurden,<br />
durchlaufen die jungen Piloten in Sheppard<br />
einen weiteren Ausbildungsgang<br />
als Vorbereitung auf die Waffensystemausbildung<br />
auf ihrem zukünftigen Einsatzmuster.<br />
Im Ausbildungsabschnitt<br />
„Introduction to Fighter Fundamentals“<br />
(IFF) werden die taktischen Grundlagen<br />
der militärischen Fliegerei vermittelt.<br />
Der siebenwöchige Lehrgang umfasst<br />
sowohl Luftkampf als auch Luft-Boden-<br />
Einsatzverfahren und bereitet somit auf<br />
die spätere Einsatzrolle vor.<br />
Die Vorteile für die gemeinsame Ausbildung<br />
auf der Sheppard AFB sind heute<br />
noch genauso aktuell wie damals: optimale<br />
Rahmenbedingungen für die fliegerische<br />
Ausbildung und ideale klimatische<br />
Bedingungen. Das multinationale<br />
Programm trägt aber auch zum besseren<br />
interkulturellen Verständnis bei. Für Of-<br />
fiziere, die sich immer häufiger mit multinationalen<br />
Einsatzszenarien auseinandersetzen<br />
müssen, ist das besonders<br />
wichtig.<br />
Mit ENJJPT blickt die Luftwaffe heute<br />
auf eine 35-jährige multinationale Erfolgsgeschichte<br />
zurück. „Ein zusätzlicher<br />
und erfreulicher Meilenstein ist die<br />
Aufnahme Rumäniens als vierzehnte<br />
Geschäftsstelle<br />
Die Geschäftsstelle Freundeskreis<br />
Luftwaffe ist von Montag bis<br />
Donnerstag von 9 bis 12 Uhr besetzt.<br />
Tel. +49 2203 64815<br />
Fax +49 2203 800397<br />
Homepage<br />
www.freundeskreis-luftwaffe.de<br />
E-Mail<br />
office@freundeskreis-luftwaffe.de<br />
Anschrift<br />
Freundeskreis Luftwaffe e.V.,<br />
Geschäftsstelle, Wahn 504 / 10,<br />
Postfach 906110, 51127 Köln<br />
Bankverbindung<br />
VR-Bank Rhein-Sieg eG<br />
BIC: GENODED1RST<br />
IBAN: DE 05 3706 9520 1114 5450 11<br />
Referent für Presseund<br />
Öffentlichkeitsarbeit<br />
c/o Geschäftsstelle FKLw,<br />
E-Mail: presse@freundeskreis-luftwaffe.de<br />
Nation, und dieser zeigt, wie wichtig<br />
und erfolgreich dieses NATO-Programm<br />
ist“, so General Karl Müllner, Inspekteur<br />
der Luftwaffe. ENJJPT soll auch zukünftig<br />
den Maßstab für die Qualität der<br />
Ausbildung der NATO-Piloten setzen.<br />
Daher wurde der Nutzungsvertrag bis<br />
ins Jahr 2026 verlängert.<br />
FR<br />
PIZ LW / KS<br />
Sektion Dresden<br />
Leiter Rainer Appelt,<br />
Minna-Herzlieb-Str. 41, 02828 Görlitz<br />
Tel. 03581 / 765514<br />
E-Mail m.r.appelt@web.de<br />
Sektion München<br />
Leiter Heinz Gerrits,<br />
Gustav-Mahler-Weg 13, 85598 Baldham<br />
Tel./Fax 08106 / 302728<br />
E-Mail c.h.gerrits@t-online.de<br />
Sektion Berlin<br />
Leiter Günther Hoffmann,<br />
Kladower Damm 276c, 14089 Berlin<br />
Tel. 030 / 36804392<br />
E-Mail guenther_hoffmann@alice-dsl.de<br />
Sektion Nörvenich<br />
Leiter Clemens Teuchert,<br />
Oerkhaushof 24, 40723 Hilden<br />
Tel. <strong>01</strong>72 / 2524069<br />
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Fotos: Ulrich Metternich (2), USAF<br />
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nach unserer Serie<br />
„Berufe in der Luftfahrt”<br />
58 <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> Januar 2<strong>01</strong>7 www.flugrevue.de
Das Büro des Freundeskreises Luftwaffe e.V. ist montags bis donnerstags von<br />
9.00 bis 12.00 Uhr besetzt. Rückfragen werden dort zu diesen Zeiten unter den Telefonnummern<br />
0 22 03 / 6 48 15 (mit Anrufbeantworter) und 0 22 03 / 9 08 26 53 beantwortet.<br />
Schriftliche Zusendungen können an folgende Adresse gerichtet werden:<br />
Geschäftsstelle Freundeskreis Luftwaffe e.V. – Generalsekretär – Wahn 504/10,<br />
Postfach 90 61 10, 51127 Köln<br />
Aufnahme-Antrag (bitte Druckbuchstaben)<br />
Name, Vorname:<br />
Straße, Hausnr.:<br />
PLZ, Ort:<br />
Geburtsdatum, Nationalität:<br />
Beruf, Telefon, E-Mail:<br />
Unterschrift:<br />
Einverständnis des Erziehungsberechtigten:<br />
Ich habe ein neues Mitglied geworben:<br />
Mitglieds-Nr.:<br />
(Eintrag durch Geschäftsstelle)<br />
Ich möchte Mitglied im Freundeskreis Luftwaffe e.V. werden. Der Jahresbeitrag beträgt 62,00 € und<br />
schließt den monatlichen Bezug der <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> mit ein. Schüler/Studenten (ausgenommen Bundeswehr, Polizei,<br />
duales Studium und Auszubildende) zahlen 31,00 €.<br />
Mitgliedsnummer Datum Name Unterschrift<br />
Freundeskreis Luftwaffe e.V., Postfach 90 61 10 Wahn 504 / 10, 51127 Köln<br />
%JÈS@GECP'BCLRGjI?RGMLQLSKKCP"#888"GC+?LB?RQPCDCPCLX+GREJGCBQLSKKCPUGPBQCN?P?RKGRECRCGJR<br />
SEPA-Lastschriftmandat: Ich ermächtige den Freundeskreis Luftwaffe e.V., Zahlungen von meinem Konto mittels Lastschrift einzuziehen.<br />
Zugleich weise ich mein Kreditinstitut an, die vom Freundeskreis Luftwaffe e.V. auf mein Konto gezogenen Lastschriften einzulösen.<br />
Hinweis: Ich kann innerhalb von acht Wochen, beginnend mit dem Belastungsdatum, die Erstattung des belasteten Betrages verlangen.<br />
Es gelten dabei die mit meinem Kreditinstitut vereinbarten Bedingungen.<br />
Kreditinstitut (SWIFT/BIC)<br />
Name des Kontoinhabers (falls abweichend):<br />
Datum, Ort, Unterschrift:<br />
Das Team der<br />
wünscht<br />
allen Lesern und Kunden<br />
frohe Festtage und „Many Happy Landings“<br />
im neuen Jahr!<br />
Mitglied werden im Freundeskreis Luftwaffe<br />
IBAN<br />
✃<br />
Was will der Freundeskreis<br />
Luftwaffe ?<br />
Seit 1984 besteht der Freundeskreis<br />
Luftwaffe, der sich zum Ziel gesetzt<br />
hat, die Kommunikation und die<br />
Begegnung zwischen Luftfahrt, Luftwaffe<br />
und Allgemeinheit zu fördern.<br />
Er ist unabhängig und überparteilich<br />
und daher offen für alle, die sich mit<br />
der Bundeswehr und mit der Luftwaffe<br />
verbunden fühlen. Besonders bei der<br />
Jugend will der Freundeskreis nicht<br />
nur das Interesse an der Luftwaffe,<br />
sondern auch die Begeisterung für das<br />
Fliegen fördern.<br />
Mehrere Informationsveranstaltungen<br />
DÝP(SECLBJGAFCjLBCLHÈFPJGAFQR?RR<br />
bei denen nicht nur Verbände besichtigt<br />
werden können, sondern auch<br />
QCJ@QRECkMECLUGPB<br />
Darüber hinaus werden Informationsbesuche<br />
bei der Bundeswehr, den<br />
Aliierten und der Industrie angeboten.<br />
Rund 1400 Mitglieder zählt der Freundeskreis<br />
Luftwaffe im In- und Ausland.<br />
Anzeigenannahme: Fax 0711/182-1027 oder jruprecht@motorpresse.de<br />
www.flugrevue.de<br />
<strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> Januar 2<strong>01</strong>7 59
Technik<br />
Triebwerksdemonstrator SAGE 4<br />
Noch sparsamer, leiser und emissionsärmer: Der Münchener Triebwerksbauer<br />
MTU Aero Engines hat neue Technologien für die PW1000G-Familie erprobt.<br />
Getriebefan<br />
Von ULRIKE EBNER<br />
Das Testprogramm hatte es<br />
in sich. 107 Stunden lang<br />
wurde der Getriebefan-<br />
Triebwerksdemonstrator auf dem Entwicklungsprüfstand<br />
von MTU in München<br />
auf Herz und Nieren untersucht<br />
und dabei auch bis aufs Äußerste strapaziert.<br />
Das Ziel: neue Technologien zu erproben,<br />
die den Antrieb noch effizienter<br />
machen. Denn der spezifische Treibstoff-<br />
verbrauch soll noch einmal deutlich reduziert<br />
werden.<br />
Dabei verbraucht das im Januar 2<strong>01</strong>6<br />
am Airbus A320neo (new engine option)<br />
eingeführte PW1100G-JM im Vergleich<br />
zum Referenz-Triebwerk IAE<br />
V2500 des A320ceo (current engine option)<br />
bereits 16 Prozent weniger Kerosin.<br />
„Wir streben an, bis 2030 minus 25<br />
Prozent zu erreichen“, sagt Dr. Joachim<br />
Wulf, Chefingenieur Technologiedemonstratoren<br />
bei MTU. Kurzfristig soll<br />
der Kraftstoffverbrauch immerhin um<br />
zwei bis drei Prozent sinken.<br />
Mit SAGE 4 (Sustainable and Green<br />
Engines, nachhaltige und grüne Triebwerke)<br />
verantwortet MTU einen von<br />
fünf Triebwerksdemonstratoren im europäischen<br />
Forschungsprogramm Clean<br />
Sky (siehe Kasten S. 64). Die Testläufe<br />
fanden von Oktober bis Dezember 2<strong>01</strong>5<br />
statt. Der US-Hersteller Pratt & Whitney<br />
stellte dafür ein PW1500G zur Verfügung,<br />
das normalerweise in der Bombar-<br />
Rund drei Monate<br />
dauerten die SAGE-<br />
4-Tests auf dem<br />
größten Prüfstand<br />
in München.<br />
Fotos: MTU Aero Engines, Pratt & Whitney<br />
60 <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> Januar 2<strong>01</strong>7<br />
www.flugrevue.de
2.0<br />
dier C Series zum Einsatz kommt. Nach<br />
der detaillierten Datenauswertung, deren<br />
Ergebnisse kürzlich vorgestellt wurden,<br />
sind die MTU-Ingenieure zufrieden.<br />
„Wir haben zahlreiche neue Technologien<br />
getestet. Viele haben ihre Technologiereife<br />
unter Beweis gestellt. Einzelne<br />
Elemente sind bereits ready to fly“, sagt<br />
Dr. Jörg Henne, Leiter Entwicklung und<br />
Technologie bei MTU.<br />
Der Fokus von SAGE 4 lag auf Neuerungen<br />
im Hochdruckverdichter und der<br />
schnelllaufenden Niederdruckturbine.<br />
Für beide Komponenten ist MTU bei der<br />
Getriebefan-Familie von Pratt & Whitney<br />
verantwortlich. Verbesserungspotenzial<br />
sehen die Ingenieure vor allem bei<br />
leichten und hitzebeständigen Materialien,<br />
neuen Herstellungsverfahren und<br />
Designanpassungen. „Wir wollten die<br />
Technologiereife neuer gewichtssparender<br />
Bauweisen und Materialien unter<br />
weiter gesteigerten mechanischen und<br />
thermischen Belastungen erbringen sowie<br />
den mechanischen Nachweis fortschrittlicher<br />
aerodynamischer Designs<br />
der Beschaufelung antreten“, so Wulf.<br />
Neue Simulationsmethoden und Messverfahren<br />
kamen ebenfalls zum Einsatz.<br />
Entwickelt wurden die nun getesteten<br />
Innovationen seit 2008. „Damals haben<br />
wir erkannt, dass die Möglichkeiten<br />
des Getriebefans noch längst nicht ausgereizt<br />
sind“, sagt Technik-Vorstand Dr.<br />
Rainer Martens. MTU hat dabei mit<br />
mehr als 20 europäischen Partnern zusammengearbeitet,<br />
darunter kleine und<br />
mittlere Unternehmen wie die britische<br />
Firma Meggit Polymers and Composites,<br />
aber auch Hochschulen und Forschungseinrichtungen<br />
wie das iwb Anwenderzentrum<br />
Augsburg, der Technologietransferstelle<br />
des Instituts für Werkzeugmaschinen<br />
und Betriebswissenschaften<br />
(iwb) der TU München. „Wir gewinnen<br />
nicht nur neue Hardware, sondern auch<br />
neue Partner“, sagt Henne. In München<br />
wurde schließlich das sogenannte Supermodul<br />
montiert – bestehend aus der Niederdruckturbine<br />
von MTU, dem Turbinenaustrittsgehäuse<br />
des britisch-schwedischen<br />
Unternehmens GKN Aerospace<br />
sowie Welle und Lagerkammer von Pratt<br />
& Whitney – und in den P-1500G-Getriebefan<br />
integriert.<br />
NEUARTIGE DICHTUNGEN<br />
IM HOCHDRUCKVERDICHTER<br />
Ein wesentlicher Beitrag zur Steigerung<br />
der Effizienz sind neue Dichtungstechnologien,<br />
die Strömungsverluste minimieren.<br />
Im Hochdruckverdichter von<br />
SAGE 4 wurden Dichtungsträger aus<br />
hochtemperaturfestem, kohlefaserver-<br />
Niederdruckverdichter<br />
Pratt & Whitneys Getriebefan-Familie PW1000G<br />
Bläser<br />
Hochdruckverdichter<br />
Niederdruckturbine<br />
Untersetzungsgetriebe<br />
Brennkammer<br />
Hochdruckturbine<br />
Bei konventionellen Triebwerken sitzen Bläser und Niederdruckturbine auf einer Welle.<br />
Beim Getriebefan von Pratt & Whitney sorgt ein Planetengetriebe dafür, dass der Bläser<br />
langsamer und die Niederdruckturbine schneller laufen kann. Das steigert den Wirkungsgrad;<br />
Kerosinverbrauch, CO 2 -Ausstoß und Lärmpegel sinken. MTU ist verantwortlich für<br />
die Niederdruckturbine und die ersten vier Stufen des Hochdruckverdichters.<br />
www.flugrevue.de <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> Januar 2<strong>01</strong>7 61
Technik<br />
Triebwerksdemonstrator SAGE 4<br />
stärktem Kunststoff mit Teflonschaum<br />
erprobt. „Sie halten rund 100 Grad Celsius<br />
mehr aus als die bisher im Verdichterbereich<br />
eingesetzten Kunststoffe“,<br />
sagt Wulf. Gleichzeitig seien sie leichter<br />
und teilweise sogar günstiger in der Fertigung<br />
als Bauteile aus Metall. „Die Tests<br />
waren sehr erfolgreich. Wir haben die<br />
Dichtungsträger anschließend auf Risse<br />
und interne Beschädigungen geprüft und<br />
keine negativen Erkenntnisse gewonnen.“<br />
Matthew Denmead, Entwicklungsingenieur<br />
bei Meggitt, ist überzeugt,<br />
dass sich das neue Material in Triebwerken<br />
durchsetzen wird: „Durch die deutliche<br />
Gewichtseinsparung haben<br />
Kohlefasern gerade<br />
in Hochtemperaturbereichen<br />
großes Potenzial.“<br />
Zum Einsatz<br />
kamen im Hochdruckverdichter<br />
zudem additiv gefertigte<br />
Dichtungsträ-<br />
ger aus einer Nickel-Basislegierung. Sie<br />
wurden bei Testläufen mit konventionellen<br />
Dichtungsträgern aus zusammengelöteten<br />
Blechen verglichen – ebenfalls<br />
mit positiven Ergebnissen. Solche gedruckten<br />
Dichtungsträger könnten schon<br />
bald per selektivem Laserschmelzverfahren<br />
in Serie gefertigt werden, so MTU.<br />
Um den Wirkungsgrad des Hochdruckverdichters<br />
weiter zu verbessern,<br />
wurde auch der Strömungswiderstand<br />
verringert. Dafür wurden die Oberflächen<br />
von rotierenden und nicht-rotierenden<br />
Verdichterschaufeln poliert und<br />
mit einem Erosionsschutz versehen.<br />
In der Niederdruckturbine<br />
wurde das Design der „Outer<br />
Die Niederdruckturbine<br />
ist sehr<br />
hohen Temperaturen<br />
und Drehzahlen ausgesetzt.<br />
Die Laufschaufeln<br />
der dritten<br />
Stufe bestehen aus<br />
Titanaluminid.<br />
Cavities“ angepasst. Das sind die offenen<br />
Räume zwischen dem eigentlichen<br />
Gaskanal und den statischen Gehäusebauteilen,<br />
die üblicherweise mit Hilfe<br />
von Labyrinthdichtungen zwischen dem<br />
Gehäuse und dem äußeren Schaufeldeckband<br />
abgedichtet werden. „Dadurch<br />
können die Leckageströme besser<br />
kanalisiert und Strömungsverluste verringert<br />
werden“, sagt Wulf. Zudem wurde<br />
das Gehäuse überarbeitet und mit einer<br />
veränderten Kühlluftführung versehen.<br />
Die Ingenieure optimierten auch<br />
die Schaufeln aerodynamisch, was zu<br />
dünneren Kanten führt. Ebenfalls erprobt<br />
wurde ein neu entwickeltes Dämpfungssystem<br />
für die erste Laufschaufelstufe.<br />
Nicht nur im Hochdruckverdichter,<br />
auch im Turbinenbereich wurden neue<br />
Dichtungstechnologien untersucht.<br />
„Erstmals haben wir in der schnelllaufenden<br />
Niederdruckturbine Bürstendichtungen<br />
eingesetzt“, erklärt Wulf. Bürstendichtungen<br />
bestehen aus tausenden<br />
Am 1. Juli 2<strong>01</strong>6 nahm Swiss als erste Airline die<br />
Bombardier CS100 mit PW1500G-Antrieb in Empfang.<br />
62 <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> Januar 2<strong>01</strong>7<br />
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PW1500G Daten<br />
Bläserdurchmesser<br />
Architektur<br />
PW1519G PW1521G PW1524G PW1525G*<br />
185,42 cm<br />
Bläser, Getriebe, Niederdruckverdichter (3 Stufen), Hochdruckverdichter<br />
(8), Hochdruckturbine (2), Niederdruckturbine (3)<br />
Startschub 84,5 kN 93,4 kN 103,6 kN 103,6 kN<br />
Nebenstromverhältnis 12:1<br />
Flugzeug Bombardier CS100 Bombardier CS100, CS300<br />
* liefert unter bestimmten Bedingungen bis zu fünf Prozent mehr Schub<br />
Drähten, die mit einem Kerndraht in einem<br />
Klemmrohr fixiert werden. Die anströmenden<br />
Gase drücken diese Drähte<br />
gegen den Stützring und verdichten sie.<br />
Bisher wurden solche Dichtungen vor allem<br />
bei kleineren Durchmessern verwendet,<br />
wo die Relativgeschwindigkeit<br />
von bewegten zu statischen Teilen geringer<br />
ist. Im Vergleich zu den üblicherweise<br />
verwendeten Labyrinthdichtungen<br />
hätten sie aber eine bessere Dichtwirkung,<br />
was den Gesamtwirkungsgrad des<br />
Triebwerks erhöhe. „Die Tests unter realen<br />
Triebwerksbedingungen mit maximaler<br />
Wärmeerzeugung im Dichtspalt waren<br />
erfolgreich“, sagt Wulf. Ebenfalls eine<br />
Premiere in der Niederdruckturbine<br />
hatten hitzeresistente, leichte keramische<br />
Faserverbundwerkstoffe. Bauteile<br />
aus CMC (Ceramic Matrix Composite)<br />
wurden bei SAGE 4 als Isoliersegmente<br />
im Triebwerksgehäuse verbaut.<br />
Der Triebwerksdemonstrator durchlief<br />
auf dem größten Prüfstand bei MTU<br />
in München insgesamt 500 Zyklen, also<br />
jeweils Start, Hochfahren auf maximale<br />
Leistung sowie Landung beziehungsweise<br />
eine längere Leerlaufphase. „Jeder<br />
Zyklus schädigt die Bauteile. So bekommen<br />
wir einen Lebensdauernachweis“,<br />
erklärt Wulf. Bei den Testläufen wurde<br />
das Triebwerk mechanisch und thermisch<br />
auch jenseits der üblichen Limits<br />
von Serientriebwerken gefahren, um das<br />
Verhalten der neuen Technologien besser<br />
zu verstehen.<br />
WEITERE TECHNOLOGIEN IN<br />
DER ENTWICKLUNG<br />
So wurde die Niederdruckturbine beispielsweise<br />
bei einem Stresstest auf 105<br />
Prozent der zulässigen Drehzahl gebracht.<br />
„Das ist sehr spannend, weil wir<br />
Aufschluss über das Vibrationsverhalten<br />
bekommen“, sagt Wulf. Bei einem sogenannten<br />
Thermal Survey wurden die<br />
Bauteile bei Temperaturen oberhalb des<br />
regulären Betriebsbereichs bis zu sechs<br />
Hitzebeständige<br />
Dichtungsringe aus<br />
kohlefaserverstärktem<br />
Kunststoff sind<br />
besonders leicht.<br />
Dichtungsträger aus<br />
dem 3D-Drucker:<br />
Die Serienfertigung<br />
könnte bei MTU<br />
bald starten.<br />
Zum ersten Mal<br />
testete MTU keramische<br />
Verbundwerkstoffe<br />
als<br />
Isoliersegment im<br />
Gehäuse.<br />
Fotos: MTU Aero Engines, Swiss<br />
www.flugrevue.de <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> Januar 2<strong>01</strong>7 63
Technik<br />
Triebwerksdemonstrator SAGE 4<br />
Stunden lang geprüft. Und bei einem<br />
„Rub-in Test“ legten es die MTU-Ingenieure<br />
auf einen besonders tiefen Einrieb<br />
zwischen Rotor und Gehäuse an. „Dadurch<br />
gewinnen wir Erfahrungen, ob die<br />
neuen Dichtungstechnologien das geforderte<br />
stabile Anstreifverhalten zeigen“,<br />
erklärt Wulf.<br />
Insgesamt 600 Messstellen lieferten<br />
während der Erprobung Daten. Zwischen<br />
den Testläufen wurde das Triebwerk<br />
regelmäßig von außen und – mit<br />
Hilfe von Boroskopen – von innen inspiziert,<br />
um nachvollziehen zu können, wie<br />
sich die einzelnen Komponenten durch<br />
die Belastung verändern. Anschließend<br />
wurde der Demonstrator in seine Einzelteile<br />
zerlegt und intensiv untersucht, um<br />
eventuell entstandene Risse oder andere<br />
Schäden zu identifizieren.<br />
„Ziel eines solchen Tests ist es natürlich<br />
auch, zu lernen, was noch nicht wie<br />
gewünscht funktioniert und was folglich<br />
noch weiterentwickelt werden muss“,<br />
sagt Wulf. Denn die Arbeit ist mit der<br />
Auswertung der Testdaten für MTU<br />
nicht beendet. Auch im Rahmen des<br />
Nachfolgeprogramms Clean Sky 2, das<br />
seit 2<strong>01</strong>4 und bis 2020 läuft, werden<br />
weitere Technologien entwickelt, um das<br />
ehrgeizige Ziel einer Treibstoffreduzierung<br />
um bis zu zehn Prozentpunkte im<br />
Vergleich zum heutigen Getriebefan zu<br />
erreichen. Zur Erprobung sollen wieder<br />
Demonstratoren dienen, die zwischen<br />
2<strong>01</strong>7 und 2020 getestet werden könnten.<br />
EINSATZ IN DER NÄCHSTEN<br />
GETRIEBEFAN-GENERATION<br />
Wann genau die mit SAGE 4 erprobten<br />
Technologien in Serientriebwerken eingeführt<br />
werden, steht noch nicht fest.<br />
Die neuen Materialien, Bauweisen und<br />
Designs sollen aber unmittelbar in die<br />
nächste Generation von Getriebefan-<br />
Triebwerken einfließen, heißt es bei<br />
MTU. „Wir sprechen hier von Antrieben,<br />
die bereits im Laufe des kommenden<br />
Jahrzehnts fliegen könnten“, sagt<br />
Henne.<br />
FR<br />
Forschungsprogramm<br />
Clean Sky<br />
Clean Sky ist ein Gemeinschaftsvorhaben<br />
der EU-Kommission und der europäischen<br />
Luftfahrtindustrie. Die öffentlich-private<br />
Partnerschaft koordiniert und fördert die<br />
Forschung an Zukunftstechnologien, die<br />
Flugzeuge leiser und umweltfreundlicher<br />
machen sollen. Die Initiative Clean Sky 1<br />
startete 2008 und läuft Ende 2<strong>01</strong>6 aus.<br />
Ausgestattet mit einem Budget von<br />
1,6 Milliarden Euro, sollte Clean Sky 1<br />
dabei helfen, zunächst die Ziele des<br />
Advisory Council for Aeronautics Research<br />
in Europe (ACARE 2020) und ab 2<strong>01</strong>1 der<br />
Strategie Flightpath 2050 zu erreichen.<br />
Dazu gehören eine Reduzierung der<br />
CO 2 -Emissionen um 75 Prozent, eine<br />
Senkung des Stickoxidausstoßes um<br />
90 Prozent und eine Lärmverringerung um<br />
65 Prozent im Vergleich zum Jahr 2000.<br />
2<strong>01</strong>4 begann das Nachfolgeprogramm<br />
Clean Sky 2, das noch bis 2020 dauert.<br />
Vier Milliarden Euro stehen dafür zur<br />
Verfügung.<br />
Ein additiv gefertigter Dichtungsträger wird auf seine<br />
Schwingungsfestigkeit überprüft.<br />
Das Turbinenaustrittsgehäuse stammt vom britischschwedischen<br />
Luftfahrtzulieferer GKN Aerospace.<br />
Das „Supermodul“<br />
aus<br />
Niederdruckturbine,<br />
Turbinenaustrittsgehäuse,<br />
Welle<br />
und Lagerkammer<br />
ist<br />
das Kernstück<br />
von SAGE 4.<br />
Fotos: MTU Aero Engines<br />
64 <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> Januar 2<strong>01</strong>7<br />
www.flugrevue.de
Briefing<br />
Luft- und Raumfahrt von A bis Z<br />
FOLGE 021<br />
Bläserschaufel<br />
Gewicht zu sparen, kamen im Inneren<br />
der Schaufeln anstatt des Wabenkerns<br />
schließlich Rippen zum Einsatz, ähnlich<br />
wie in Flugzeugflügeln. Dank immer besserer<br />
Simulationsmethoden erhielten sie<br />
eine geschwungene und damit noch aerodynamischere<br />
Form.<br />
Moderne Bläserschaufeln bestehen<br />
aus Verbundwerkstoffen und erhalten<br />
nur eine Vorderkante aus Metall, was bei<br />
immer größeren Schaufellängen Gewicht<br />
spart. Erstmals setzte der US-Hersteller<br />
Die Bläserschaufeln des LEAP-Triebwerks von CFM International bestehen aus<br />
leichtem, 3D-gewebtem Kohlefaserverbundwerkstoff.<br />
Ihnen verdankt das Turbofan-Triebwerk<br />
seinen Namen: den Bläserschaufeln,<br />
auf Englisch: fan blades. Sie verdichten<br />
die Luft vor dem Niederdruckverdichter<br />
vor und beschleunigen den<br />
größten Anteil der angesaugten Luftmasse<br />
am Kerntriebwerk vorbei. Damit<br />
sorgen die Schaufeln des Bläsers bei modernen<br />
Antrieben für etwa 75 bis 85<br />
Prozent des Schubs. Gleichzeitig müssen<br />
sie einiges aushalten. Sie sind Temperaturen<br />
zwischen -50 und +50 Grad Celsius,<br />
Staub, Regen und Vogelschlägen ausgesetzt.<br />
Zudem wirken im Betrieb Radialkräfte,<br />
die dem Gewicht einer Dampflokomotive<br />
entsprechen.<br />
Seit dem ersten Turbofan, dem Rolls-<br />
Royce Conway aus den 1950er Jahren,<br />
hat sich das Design der Bläserschaufeln<br />
weiterentwickelt. Da die Fan-Sektion im<br />
Lauf der Zeit immer größer wurde, um<br />
das Nebenstromverhältnis zu erhöhen,<br />
musste das Augenmerk zunehmend auf<br />
Leichtbau gelegt werden. Die erste Generation<br />
bestand noch aus dünnen, komplett<br />
aus einer Titanlegierung gefertigten<br />
Blättern, deren sogenannte Snubber ein<br />
Verdrehen verhindern. Diese Stege auf<br />
der Saug- und Druckseite sind zwischen<br />
den einzelnen Schaufeln nicht fest verbunden.<br />
Durch diese auch „mid-span<br />
shroud“ genannte Stütze können Vibrationen<br />
gedämpft werden.<br />
Um die Triebwerksleistung zu erhöhen,<br />
wurden die Ganzmetall-Blätter zunächst<br />
durch breitere, leichtere Hohlschaufeln<br />
mit Wabenkern ersetzt. Mit<br />
ihrem aerodynamischen Profil kommen<br />
sie ohne Snubber aus, was Strömungsverluste<br />
und Lärm verringert. Sie sind<br />
zudem toleranter gegenüber Vogelschlag.<br />
Durch Verbreiterung der Schaufeln<br />
kommt ein solcher Bläser auch mit<br />
einer geringeren Stückzahl aus. Rolls-<br />
Royce führte diese „wide-chord blades“<br />
als erster Triebwerkshersteller 1984 im<br />
RB211-535-E4 für die Boeing 757 und<br />
die Tupolew Tu-204-120 ein. Um weiter<br />
Die ersten RB211-Triebwerke von<br />
Rolls-Royce verfügten über eine Fanbeschaufelung<br />
mit „mid-span shroud“.<br />
General Electric 1995 Fanschaufeln aus<br />
kohlefaserverstärktem Verbundwerkstoff<br />
am GE90 (Boeing 777) ein. Bläser aus<br />
Verbundwerkstoffen werden seither<br />
auch in den Triebwerken GEnX (Boeing<br />
787, 747-8), LEAP (Airbus A320neo,<br />
Boeing 737 MAX, Comac C919) und<br />
GE9X (Boeing 777X) verwendet. Auch<br />
Rolls-Royce setzt bei künftigen Triebwerken<br />
auf Kohlefaserverbundwerkstoffe<br />
mit Titanvorderkante.<br />
FR<br />
ULRIKE EBNER<br />
Fotos: Cyril Abad/CAPA Pictures/Safran, Rolls-Royce<br />
www.flugrevue.de <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> Januar 2<strong>01</strong>7 65
Technik<br />
AIRTEC 2<strong>01</strong>6<br />
An der A380 kommen<br />
Rumpfschalen aus<br />
glasfaserverstärktem<br />
Aluminium zum<br />
Einsatz. Der Werkstoff<br />
soll weiterentwickelt<br />
werden.<br />
Neue Technologien und Herstellungsverfahren<br />
eröffnen neue<br />
Möglichkeiten, aber nicht immer<br />
verläuft ihre Einführung reibungslos.<br />
Das kennen Zulieferer ebenso gut<br />
wie die großen Flugzeughersteller. Bis<br />
die Serienfertigung der Boeing 787 eingespielt<br />
war, dauerte es lange. Das lag<br />
unter anderem am hohen Anteil von Verbundwerkstoffen.<br />
„Veränderungen sind<br />
immer schmerzhaft“, sagte Thomas K.<br />
Tsotsis, Technical Fellow bei Boeing auf<br />
der AIRTEC Ende Oktober in München.<br />
„Sie betreffen die komplette Lieferkette.“ Neue Prozesse seien<br />
dabei ebenso nötig wie neue Fähigkeiten. Letztere haben sich<br />
zahlreiche Zulieferer längst angeeignet, beispielsweise Premium<br />
Aerotec. Für den Airbus A350 und Boeings Dreamliner<br />
stellt die Airbus-Tochter in Nordenham Rumpfschalen aus<br />
kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff (Carbon-Fiber-Reinforced<br />
Plastic, CFRP) her. Verbundwerkstoffe müssen aber<br />
nicht immer aus Kohlefaser bestehen.<br />
HYBRIDWERKSTOFF FÜR <strong>FLUG</strong>ZEUGRÜMPFE<br />
66 <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> Januar 2<strong>01</strong>7<br />
Fotos: Airtec, Ebner, Premium Aerotec (2)<br />
Die Kraft<br />
der Veränderung<br />
Additive Fertigung, weiterentwickelte Verbundwerkstoffe<br />
und neue Akteure: Für Luft- und Raumfahrtzulieferer stehen<br />
spannende Zeiten an, wie die Messe AIRTEC zeigte.<br />
Zur A380 steuert Premium Aerotec Rumpfschalen aus glasfaserverstärktem<br />
Aluminium (Fibre-Metal Laminates, FML) bei.<br />
Diesen leichten, ermüdungsbeständigen Werkstoff, der aus<br />
dünnen Aluminium- und Glasfaser-Prepreg-Schichten aufgebaut<br />
ist, wollen die Ingenieure weiterentwickeln und eines Tages<br />
automatisiert produzieren. Momentan ist er nur sehr aufwendig<br />
in reiner Handarbeit herzustellen<br />
– lediglich 200 Quadratmeter werden<br />
pro Monat gefertigt – und dadurch<br />
recht teuer. Auf der AIRTEC stellte<br />
Kai Fortkamp von Premium Aerotec<br />
ein Projekt für ein Kurzstreckenflugzeug<br />
vor, dessen Rumpf komplett aus<br />
dem neuen Material bestehen soll. Dafür<br />
arbeitet das Unternehmen seit drei<br />
Jahren mit Fokker, Airbus und dessen<br />
Tochterunternehmen Stelia zusammen.<br />
Bis 2<strong>01</strong>8 soll der Technologie-Reifegrad 6 (auf einer Skala<br />
von 1 bis 9) erreicht sein.<br />
Neben Verbundwerkstoffen stand auf der AIRTEC mit dem<br />
metallischen 3D-Druck auch ein Herstellungsverfahren im Fokus,<br />
das zunehmend in die Luft- und Raumfahrtbranche Einzug<br />
hält. Die ersten nichttragenden Teile aus dem Drucker fliegen<br />
bereits, beispielsweise Einspritzdüsen im LEAP-Triebwerk<br />
von CFM International für den Airbus A320neo und die Boeing<br />
737 MAX. In München präsentierten die großen deutschen<br />
Hersteller SLM und EOS ihre Anlagen und damit gefertigte<br />
Bauteile, beispielsweise eine Brennkammer – aus einem Stück,<br />
mit einem Laserstrahl aus Metallpulver in unterschiedlichen<br />
Schichtdicken aufgeschmolzen. Die Münchener Airbus-Tochter<br />
APWorks zeigte anhand eines erstmals im Mai 2<strong>01</strong>6 vorgestellten<br />
Elektromotorrads, welche bionischen Formen und Gewichtseinsparungen<br />
durch additive Fertigung möglich sind.<br />
Auf der AIRTEC erhielten<br />
Besucher einen Überblick über<br />
die Möglichkeiten der additiven<br />
Fertigung, rechts eine<br />
gedruckte Brennkammer.
Zulieferermesse AIRTEC<br />
Die elfte Auflage der AIRTEC fand vom 25. bis 27. Oktober 2<strong>01</strong>6 in<br />
München statt. Erstmals wurde sie gleichzeitig mit der Euromold<br />
veranstaltet, die Unternehmen aus Werkzeug- und Formenbau,<br />
Design und Produktentwicklung – hauptsächlich aus der Automobilbranche<br />
– eine Plattform bietet. Auf dem Programm standen<br />
zudem rund 200 Vorträge rund um<br />
3D-Druck, unbemanntes Fliegen<br />
und die Kommerzialisierung der<br />
Raumfahrt.<br />
Nach Angaben des Veranstalters<br />
AIRTEC waren 500 Aussteller aus<br />
35 Nationen präsent, offizielles Gastland war Indonesien.<br />
Vom 24. bis 26. Oktober 2<strong>01</strong>7 sollen die beiden Messen wieder<br />
zeitgleich auf dem Messegelände München stattfinden.<br />
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Der fahrbereite Prototyp, dessen Rahmen einem Skelett ähnelt,<br />
wiegt 35 Kilogramm. Das sind laut Airbus etwa 30 Prozent<br />
weniger als andere Elektromotorräder dieser Klasse.<br />
Doch für Zulieferer birgt der 3D-Druck auch Risiken.<br />
„Die Hürde ist relativ hoch: Man braucht Maschinen, ausgebildetes<br />
Personal, und bis die Anlagen im Serienbetrieb laufen,<br />
kann es eine Weile dauern“, sagte Andreas Solbach vom<br />
Laser Zentrum Nord (LZN) in Hamburg. Eine Herausforderung<br />
sei es zudem, den Ingenieuren die Angst vor den damit<br />
einhergehenden Veränderungen im Konstruktionsprozess zu<br />
nehmen sowie die richtigen Bauteile dafür zu finden. Unterstützung<br />
dabei bieten neben dem LZN und APWorks andere<br />
spezialisierte Unternehmen wie 3D-Laserdruck aus Reutlingen<br />
und FIT Production mit Sitz im oberpfälzischen Lupburg<br />
an, die ebenfalls auf der AIRTEC vertreten waren.<br />
„NEW SPACE“ ALS CHANCE<br />
Nicht nur neue Materialien und Herstellungsmethoden sind<br />
Herausforderungen für die Zulieferer, sondern auch neue<br />
Akteure, die in den Markt drängen. Vor allem die Raumfahrtlandschaft<br />
hat sich in den vergangenen Jahren verändert,<br />
private Unternehmen wie SpaceX machen den etablierten<br />
Firmen Konkurrenz. Zusammengefasst wird das unter dem<br />
Schlagwort „New Space“. „Ich persönlich freue mich über<br />
diese Entwicklung“, sagte Gerd Gruppe, Mitglied im Vorstand<br />
des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt<br />
(DLR) und für das Raumfahrtmanagement zuständig. Durch<br />
neue Player gebe es neue Services und auch neue Länder, die<br />
in Raumfahrt investierten. Die Rolle einer öffentlichen Institution<br />
wie dem DLR sieht Gruppe vor allem darin, die Ministerien<br />
bei der Entwicklung einer sinnvollen Industriepolitik<br />
zu unterstützen. Er stellte zwei DLR-Initiativen vor, die neue<br />
Akteure in der Raumfahrt fördert: Das Projekt InnoSpace<br />
bringt Ideen, finanzielle Mittel und Menschen, auch aus<br />
raumfahrtfremden Branchen, zusammen, während sich die<br />
Komponenteninitiative vor allem an kleine und mittlere Unternehmen<br />
richtet und ihnen Türen öffnen soll, die für sie<br />
normalerweise geschlossen sind. „New Space kann ein echtes<br />
Erfolgsmodell sein“, so Gruppe.<br />
FR<br />
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an, die von der DPV Deutscher Pressevertrieb GmbH auf mein Konto gezogenen Lastschriften einzulösen. Die Mandatsreferenz wird mir<br />
separat mitgeteilt. – Hinweis: Ich kann innerhalb von acht Wochen, beginnend mit dem Belastungsdatum, die Erstattung des belasteten<br />
Betrages verlangen. Es gelten dabei die mit meinem Kreditinstitut vereinbarten Bedingungen.<br />
Ich bezahle per Rechnung.<br />
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Berufe in der Luftfahrt<br />
Unbemannte Fluggeräte haben<br />
zwar keinen Piloten an Bord, angesichts<br />
der langen Flugzeiten<br />
von militärischen Aufklärungsdrohnen<br />
ist der Personalaufwand im Einsatz dennoch<br />
hoch. So sind für die drei von der<br />
Luftwaffe in Afghanistan verwendeten<br />
IAI Heron 1 ständig 14 Piloten, die Air<br />
Vehicle Operators, vor Ort; als zweites<br />
Einsatzgebiet kam jüngst noch Mali dazu.<br />
Das bedeutet also, dass nach wie vor<br />
Heron-Crews ausgebildet werden müssen.<br />
Für die Aufgabe werden Offiziere<br />
des Fliegerischen Dienstes<br />
(Luftfahrzeugführer)<br />
und Feldwebel oder Offiziere<br />
(Tactical Opera-<br />
In dieser Ausgabe<br />
Ausbildung<br />
für das UAV<br />
Heron 1<br />
bei der Luftwaffe<br />
Die UAV-Piloten<br />
der Luftwaffe<br />
In Afghanistan und nun auch in Mali setzt die Luftwaffe<br />
das unbemannte Überwachungssystem Heron 1 ein. Dafür<br />
müssen Piloten und Sensorbediener ausgebildet werden.<br />
tors) umgeschult.<br />
Die Ausbildung<br />
findet generell beim<br />
Hersteller auf dem<br />
Flugplatz Ein Shemer<br />
in Israel statt. IAI hat<br />
an seiner Akademie<br />
schon über 80 Piloten und mehr als 50<br />
TacOps für die Bundeswehr geschult.<br />
Dazu kamen viele Techniker der Airbus-<br />
Tochterfirma ADAS (Airbus DS Airborne<br />
Solutions). Das Trainingsprogramm<br />
dauert knapp elf Wochen und<br />
gliedert sich in zwei große Abschnitte.<br />
Zunächst steht ein intensiver Theoriekurs<br />
von etwa vier Wochen an. In dessen<br />
Verlauf werden die Schüler mit dem<br />
komplexen Aufbau der Kontrollstation<br />
und des ferngesteuerten Luftfahrzeuges<br />
vertraut gemacht und erlernen die Bedienung<br />
der Hard- und Software.<br />
Auf die Theorie folgt die Praxisphase.<br />
Für diesen Teil werden Luftfahrzeugführer<br />
(RPA-Führer) und Nutzlastbediener<br />
(Tactical Operator) voneinander getrennt<br />
unterrichtet, sodass das Training<br />
optimiert durchgeführt werden kann.<br />
Wie in der Fliegerei üblich, beginnt der<br />
Abschnitt mit einer Simulatorphase, in<br />
der man praktische Erfahrung und<br />
Handlungssicherheit im Umgang mit<br />
dem Luftfahrzeug und den jeweiligen<br />
Sensoren erlangt. Neben der normalen<br />
Bedienung erlernt man hier auch das<br />
Abhandeln der Notverfahren, die im Betrieb<br />
eines Luftfahrzeuges notwendig<br />
werden können.<br />
Ein Team aus Pilot<br />
und Nutzlastbediener<br />
kontrolliert die<br />
Heron 1 im Einsatz.<br />
Hat man das Simulatortraining erfolgreich<br />
absolviert, geht es daran, den<br />
Heron 1 sicher durch den Luftraum Israels<br />
zu steuern und das Erlernte weiter zu<br />
festigen und zu vertiefen. Nach 14 erfolgreichen<br />
Flügen kommt der finale<br />
Checkflug, in dem man einem Fluglehrer<br />
zum letzten Mal beweisen muss, dass<br />
man den sicheren Umgang mit dem<br />
Luftfahrzeug beherrscht.<br />
Das einzige, was der Besatzung jetzt<br />
noch fehlt, ist Erfahrung im Hinblick auf<br />
die Einsatzerfordernisse. Dazu wird ein<br />
einwöchiges Teamtraining absolviert.<br />
Dieses wird gemeinsam durchgeführt,<br />
um das Zusammenspiel zwischen AVO<br />
(Air Vehicle Operator) und TacOp zu<br />
trainieren.<br />
Der Pilot steuert das Flugzeug über<br />
Tastatur und Trackball, muss aber je<br />
nach Mission nicht oft eingreifen, denn<br />
der Heron 1 ist grundsätzlich fähig, vollautomatisch<br />
zu fliegen, wobei GPS zur<br />
Navigation benutzt wird und eine programmierte<br />
Route abgeflogen wird.<br />
Starts und Landungen erfolgen im normalen<br />
Flugbetrieb ausschließlich vollautomatisch.<br />
„Es fehlen typische Eindrücke<br />
wie in einem Flugzeug, wie Vibrationen,<br />
g-Kräfte, Gerüche und Geräusche“,<br />
Fotos: Bundeswehr, Rheinmetall Defence<br />
68 <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> Januar 2<strong>01</strong>7<br />
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DREI MONATE BEIM HERSTELLER IAI IN ISRAEL<br />
8145032-11-1.QXD_Layout 1 10.10.16 11:12 Seite 1<br />
sagen Piloten, die den Heron 1 vom<br />
Boden aus steuern. „Aber dafür kann<br />
man zum Beispiel mit der Infrarot-<br />
Kamera bei Nacht sehen oder mal<br />
eben einen Techniker in die Bodenstation<br />
rufen.“<br />
„Gar nicht so einfach, sich im<br />
dreidimensionalen Raum zurechtzufinden“,<br />
beschreibt Hauptmann Johannes<br />
Fuchs die Herausforderung.<br />
Seine Aufgabe im Team: Er ist Nutzlastbediener.<br />
Das bedeutet, dass ihm<br />
die Steuerung der Kameras, die Berechnung<br />
aller möglichen Daten, aber<br />
auch die erste Bewertung der Lage,<br />
wie sie der Heron aus großer Höhe<br />
sieht, obliegt. Handelt es sich um ein<br />
militärisches Fahrzeug oder um ein<br />
ziviles? Sind es sechs oder doch eher<br />
acht Personen, die dort auf dem Bildschirm<br />
zu erkennen sind? Die Videos<br />
werden an die Auswerter und bei Bedarf<br />
auch an die unterstützten Bodentruppen<br />
geliefert, sodass sich ein besseres<br />
Lagebild ergibt.<br />
Frisch ausgebildete Heron-1-<br />
Crews gehen jedes Jahr mehrfach<br />
in den Einsatz. Allerdings sind die<br />
Einsatzzeiträume beim „fliegenden<br />
Personal“ wesentlich kürzer als beim<br />
Rest der Truppe.<br />
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Mandatsreferenz wird mir separat mitgeteilt. Hinweis: Ich kann innerhalb von acht Wochen, beginnend<br />
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Raumfahrt<br />
Interplanetares Transportsystem<br />
Nächster<br />
Halt: Mars<br />
SpaceX-Chef Elon Musk<br />
hat Ideen, Geld und<br />
die nötigen Spezialisten<br />
für ein neues bemanntes<br />
Marsprogramm.<br />
Seine Pläne klingen<br />
wie eine spannende<br />
Science-Fiction.<br />
Von RUDOLF HOFSTÄTTER<br />
Fotos: SpaceX<br />
Eine Siedlung auf dem Mars:<br />
Es klingt nach dem Stoff für<br />
einen Hollywoodstreifen,<br />
doch für den SpaceX-Gründer Elon<br />
Musk ist es eine ernst gemeinte Zukunftsvision.<br />
Die Menschheit soll bald<br />
nicht mehr nur auf der Erde leben, sondern<br />
zu einer, wie Musk es nennt, multiplanetaren<br />
Spezies werden. Welche technischen<br />
Voraussetzungen dazu nötig<br />
sind, erläuterte der US-Milliardär Ende<br />
September 2<strong>01</strong>6 auf dem Kongress der<br />
Internationalen Astronautischen Föderation<br />
im mexikanischen Guadalajara.<br />
Das Problem: Mit traditionellen Methoden<br />
in der Art des Apollo-Programms<br />
würde die Reise einer Person zum Mars<br />
etwa zehn Milliarden US-Dollar kosten.<br />
Wenn der Flugpreis dem Wert eines<br />
Hauses in den USA von rund 200 000<br />
Dollar entspräche, wäre die Gründung<br />
einer selbsterhaltenden Zivilisation auf<br />
dem Mars sehr viel wahrscheinlicher.<br />
Die Reisekosten müssten also um fünf<br />
Millionen Prozent sinken.<br />
Das klingt unmöglich. Und doch<br />
könnten sich laut Musk die Kosten um<br />
etwa viereinhalb Größenordnungen verbessern<br />
lassen. Jede Größenordnung entspricht<br />
dem Faktor 10. Wichtig sind Ver-<br />
besserungen um zwei bis zweieinhalb<br />
Größenordnungen durch eine volle Wiederverwendung<br />
der Technik. Die beiden<br />
anderen Größenordnungen kommen<br />
vom Auftanken im Erdorbit, einer Treibstoffproduktion<br />
auf dem Mars und der<br />
Wahl des richtigen Treibstoffs.<br />
EINE TREIBSTOFFFABRIK<br />
AUF DEM ROTEN PLANETEN<br />
Volle Wiederverwendung ist sogar bei einem<br />
Orbitalsystem schwer zu erreichen.<br />
Diese Herausforderung ist noch größer<br />
für ein System für den Flug zu einem anderen<br />
Planeten. Nur alle 26 Monate gibt<br />
es die Gelegenheit, zum Mars zu starten.<br />
Ein Marsraumschiff bräuchte für die lange<br />
Reise und die große Nutzlast riesige<br />
Tanks, daher ist es sinnvoll, es erst im<br />
Erdorbit zu beladen und mit Treibstoff<br />
zu füllen. Genau das ist eines der wesentlichen<br />
Elemente von Musks Konzept.<br />
Ohne Tanken im Orbit wären die<br />
Kosten pro Ticket eine halbe Größenordnung,<br />
etwa 500 Prozent, höher.<br />
Die Wahl des richtigen Treibstoffs ist<br />
ebenfalls wichtig. Heutige Raketen verwenden<br />
meist eine teure, hochverfeinerte<br />
Form von Flugzeugkerosin. Es auf<br />
dem Mars herzustellen ist schwierig,<br />
weil es dort kein Öl gibt. Die Kosten,<br />
auf dem Mars Wasserstoff zu produzieren<br />
und zu speichern, sind sehr hoch. So<br />
war schließlich klar, dass Methan auf<br />
ganzer Linie der Sieger ist. Der Mars<br />
eignet sich für die Treibstoffproduktion<br />
72 <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> Januar 2<strong>01</strong>7<br />
www.flugrevue.de
Auf zu anderen Planeten: SpaceX<br />
will seine Marsrakete von der<br />
Startrampe 39A des Kennedy<br />
Space Center abheben lassen.<br />
In einem Parkorbit wird das<br />
Raumschiff vor dem Flug<br />
zum Roten Planeten betankt,<br />
beladen und belegt.<br />
Riesige Kryotanks aus Kohlefaser fassen genügend<br />
Treibstoff für den Flug zum Mars und zurück.<br />
Marsrakete und Raumschiff sollen von den neuen Raptor-Motoren<br />
angetrieben werden. Im Jahr 2<strong>01</strong>6 fand der erste Testlauf statt.<br />
www.flugrevue.de <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> Januar 2<strong>01</strong>7 73
Raumfahrt<br />
Interplanetares Transportsystem<br />
Musks Vision geht über den Mars hinaus. Auch das Jupitersystem<br />
soll eines Tages für Menschen erreichbar sein.<br />
Fotos: SpaceX<br />
gut, weil in seiner Atmosphäre Kohlendioxid<br />
und im Boden Wassereis vorkommen.<br />
Unter Anwendung der Sabatier-<br />
Reaktion ließen sich so Methan und Sauerstoff<br />
herstellen, die als Treibstoff und<br />
Oxidator verwendet werden können.<br />
ERSTES ENTWICKLUNGS<br />
RAUMSCHIFF IN VIER JAHREN<br />
Auf dem Weg zu einem größeren Raumschiff<br />
will SpaceX seine Dragon-Kapsel<br />
der Version 2 mit Bremstriebwerken<br />
erstmals 2<strong>01</strong>8 und vielleicht auch 2020<br />
jeweils unbemannt starten. Dragon soll<br />
dann mindestens zwei oder drei Tonnen<br />
Nutzlast transportieren. In jedem Startfenster<br />
will man eine Dragon und<br />
schließlich das große Raumschiff zum<br />
Mars senden. Das erste besetzte Raumschiff<br />
soll frühestens 2024 starten und<br />
2025 ankommen. „An den Elementen<br />
des interplanetaren Transportsystems<br />
werden wir angesichts eines begrenzten<br />
Budgets versuchen, viele Fortschritte zu<br />
machen. Hoffentlich werden wir imstande<br />
sein, das erste Entwicklungsraumschiff<br />
in vielleicht rund vier Jahren zu<br />
vollenden und mit ihm suborbitale Flüge<br />
zu beginnen“, so Musk.<br />
Die Entwicklung der Rakete sei relativ<br />
einfach, weil es sich um einen größeren<br />
Falcon-9-Booster handelt. Ein Unterschied<br />
ist eine bessere Kohlefaser der<br />
Primärstruktur. Die Marsrakete soll ihren<br />
enormen Schub durch 42 der in der<br />
Entwicklung befindlichen Raptor-Triebwerke<br />
erhalten. Die sieben Triebwerke<br />
in der Mitte des Clusters sind beweglich,<br />
um die Rakete zu steuern. Die anderen<br />
werden in ihrer Position fixiert.<br />
SpaceX‘ riesige Marsrakete soll das<br />
Raumschiff eines Tages vom Kennedy<br />
Space Center in Florida aus in eine Erdparkbahn<br />
bringen. Der wiederverwendbare<br />
Booster kommt zurück und kann<br />
den Tanker starten, der die Treibstofftanks<br />
enthält. Bis zu fünf Flüge sind dafür<br />
möglich. Dann wird die Fracht angeliefert.<br />
Sobald sich das Startfenster öffnet,<br />
beginnt das interplanetare Schiff<br />
seine Reise zum Mars. Mindestens 100<br />
Passagiere sollen darin Platz finden,<br />
wahrscheinlich sogar 200 oder mehr, um<br />
die Kosten pro Person zu reduzieren.<br />
Dabei soll es weder eng noch langweilig<br />
werden. „Um wirklich Spaß und eine<br />
tolle Zeit zu haben, muss es lustig und<br />
SpaceX‘ Marsrakete und Raumschiff<br />
Die Primärstruktur soll aus Kohlefaser bestehen<br />
spannend sein”, so Musk. Das Schiff<br />
umfasst eine Drucksektion und einen<br />
Frachtbereich. Dahinter liegt der Flüssigsauerstoff-Tank.<br />
Er ist der schwierigste<br />
Teil des Raumschiffs, sodass man damit<br />
zuerst begonnen hat. Dahinter ist<br />
der Treibstofftank mit neun Triebwerken.<br />
Die Tanks sollen aus Kohlefaser bestehen.<br />
Obwohl das ein unglaublich starker<br />
Werkstoff ist, können der superkalte<br />
Flüssigsauerstoff und das flüssige Methan<br />
Lecks und Risse im Tank verursachen.<br />
Solche Kryotanks aus Kohlefaser<br />
sind daher eine immense Herausforderung.<br />
Erste Tests mit dem kryogenen<br />
Treibstoff waren ohne Lecks oder größere<br />
Probleme erfolgreich.<br />
Das Raumschiff soll etwa 30 Jahre<br />
lang halten, für 12 bis 15 Flüge. Nachdem<br />
es auf dem Mars gelandet ist, wird<br />
42 Raptor-Triebwerke Booster mit Tanks<br />
74 <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> Januar 2<strong>01</strong>7<br />
www.flugrevue.de
Mit den Bremstriebwerken könnte das Raumschiff<br />
auch auf dem Jupitermond Europa landen.<br />
das Schiff aufgetankt und kehrt wieder<br />
zur Erde zurück. Abhängig von der jeweiligen<br />
Konstellation von Erde und<br />
Mars beträgt die Reisezeit, mit sechs Kilometern<br />
pro Sekunde Abfluggeschwindigkeit,<br />
nur mehr 80 Tage. Sie soll in<br />
ferner Zukunft auf nur noch 30 Tage<br />
verbessert werden. Das Raumschiff soll<br />
„Heart of Gold“ heißen, wie in Douglas<br />
Adams Roman „Per Anhalter durch die<br />
Galaxis“. Jeder Mensch, der zum Mars<br />
will und geeignet ist, kann mitfliegen.<br />
Auch Rückflugmöglichkeiten wird es geben,<br />
nur so werden mehr Personen reisen<br />
wollen. Eine Optimierung im Laufe<br />
der Zeit erlaube einen Ticketpreis von<br />
rund 140 000 Dollar. Mit weniger Gepäck<br />
könnten die Reisekosten zum Mars<br />
sogar unter 100 000 Dollar fallen. Die<br />
erste Arbeit ist, so Musk, „eine Basis auf<br />
REISEN AN DEN RAND<br />
DES SONNENSYSTEMS<br />
dem Mars zu errichten. Danach geht es<br />
so bald wie möglich um eine sich selbst<br />
erhaltende Zivilisation auf dem Mars.“<br />
Wenn alles gut geht, könnte das interplanetare<br />
Transportsystem, bestehend<br />
aus Rakete, Tanker, Raumschiff<br />
und Treibstofffabrik auf dem Mars, in<br />
zehn Jahren Wirklichkeit sein. Dass das<br />
sehr ambitioniert ist, weiß auch Musk:<br />
„Da sind zu viele Risiken, es wird viel<br />
kosten, und vielleicht wird es nicht gelingen.<br />
Wir werden aber unser Bestes<br />
geben.” Musk geht davon aus, dass eine<br />
sich selbst erhaltende Mars-Zivilisation<br />
etwa eine Million Menschen umfassen<br />
wird. „Da man nur alle zwei Jahre fliegen<br />
kann, sind das mit 100 Personen<br />
pro Schiff insgesamt 10 000 Flüge. Vielleicht<br />
wird dazu die Größenordnung<br />
von 1000 Schiffen nötig sein.“ Bis eine<br />
Million Menschen auf dem Mars sind,<br />
könnte es also zwischen 40 und 100<br />
Jahre dauern.<br />
In die Entwicklung des interplanetaren<br />
Transportsystems steckt SpaceX momentan<br />
noch relativ wenig Geld, einige<br />
zig Millionen Dollar, knapp fünf Prozent<br />
des Firmenbudgets. Ab 2<strong>01</strong>8 sollen dafür<br />
mehr Ressourcen investiert werden.<br />
Finanzieren will SpaceX das Projekt<br />
durch den Start vieler Satelliten, den<br />
Transport von Fracht und Astronauten<br />
zur ISS, aber auch durch Crowdfunding,<br />
Regierungsgelder oder eine öffentlichprivate<br />
Partnerschaft in den USA und<br />
mit anderen Staaten.<br />
Und nicht zuletzt<br />
durch Musks Milliarden:<br />
„Ich habe<br />
wirklich keine andere<br />
Motivation für<br />
das Ansammeln von Vermögen, außer<br />
um in der Lage zu sein, den größten Beitrag<br />
dazu zu leisten, das Leben multiplanetar<br />
zu machen.”<br />
Das interplanetare Transportsystem<br />
erlaube es auch, so Musk, überall hinzufliegen,<br />
von Planet zu Planet, von Mond<br />
zu Mond. Wenn man im Asteroidengürtel<br />
zwischen Mars und Jupiter oder auf<br />
einem der Jupitermonde ein Treibstoffdepot<br />
errichte, könne man vom Mars<br />
zum Jupiter fliegen. Mit derartigen Tankstellen<br />
entlang des Weges seien Reisen<br />
auch an den äußeren Rand des Sonnensystems<br />
möglich.<br />
FR<br />
9 Raptor-Triebwerke<br />
Raumschiff<br />
Größer als die Mondrakete Saturn V<br />
Nicht nur bei der Höhe hat SpaceX die Nase vorn<br />
Marsrakete Saturn V<br />
Startmasse 10 500 t 3039 t<br />
Startschub 128 MN 35 MN<br />
Gesamthöhe 122 m 111 m<br />
Tankdurchmesser 12 m 10 m<br />
Nutzlast bei 550 t 135 t<br />
einmaliger Nutzung<br />
Nutzlast bei 300 t –<br />
Wiederverwendung<br />
www.flugrevue.de <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> Januar 2<strong>01</strong>7 75
Raumfahrt<br />
ExoMars-Mission<br />
Auf dem Foto des Mars Reconnaissance<br />
Orbiter (MRO) der<br />
amerikanischen Raumfahrtbehörde<br />
NASA sind zwei helle und ein<br />
dunkler Fleck auf der Marsoberfläche<br />
zu sehen. Das ist alles, was vom europäischen<br />
Landemodul Schiaparelli übriggeblieben<br />
ist. Eigentlich sollte der<br />
Eintritts-, Abstiegs- und Landedemonstrator<br />
(EDM / Entry, Descent and Landing<br />
Demonstrator Module) am<br />
19. Oktober nach rund siebenmonatiger<br />
Reise sanft auf unserem Nachbarplaneten<br />
aufsetzen. Stattdessen ist er<br />
offenbar aus einer Höhe von etwa 3700<br />
Metern mit mehr als 300 Stundenkilometern<br />
aufgeschlagen und sehr wahrscheinlich<br />
explodiert.<br />
Dabei sah zunächst alles ganz gut<br />
aus. Schiaparelli trennte sich drei Tage<br />
vor der geplanten Landung vom Trace<br />
Gas Orbiter (TGO). Etwa eine Stunde,<br />
bevor er die Marsatmosphäre erreichte,<br />
erwachte er aus dem Schlafmodus. Der<br />
Bordcomputer schaltete sich ein, um<br />
die Landung vorzubereiten, die Telekommunikations-,<br />
Flugführungs- und<br />
Kontroll- sowie Navigationssysteme<br />
wurden gestartet. Mit rund 21000<br />
km/h trat Schiaparelli in die Atmo -<br />
sphäre ein.<br />
BREMSTRIEBWERKE VIEL ZU KURZ IN BETRIEB<br />
Etwa dreieinhalb Minuten später, auf einer Höhe von rund<br />
zwölf Kilometern, öffnete sich der Bremsfallschirm. Zwei Minuten<br />
danach sollten der Fallschirm und der hintere Teil des<br />
Hitzeschilds abgeworfen werden und die neun Bremstriebwerke<br />
die Abstiegsgeschwindigkeit von 250 auf 4 km/h verlangsamen.<br />
Doch etwa 50 Sekunden vor der geplanten Landung<br />
brach das Signal ab.<br />
Schmerzhaftes Déjà-vu<br />
Bereits bei ihrer ersten Marsmission 2003 scheiterte die ESA bei dem<br />
Versuch, eine Sonde zu landen. Der von Großbritannien verantwortete<br />
Lander Beagle-2 war wie Schiaparelli huckepack auf einem Satelliten,<br />
dem Mars Express Orbiter, zum Roten Planeten gereist. Sechs<br />
Tage vor der geplanten Landung am 25. Dezember 2003 trennte er<br />
sich ab und meldete sich danach nicht mehr. Erst im Januar 2<strong>01</strong>5<br />
entdeckte der MRO das verschollen geglaubte Landegerät auf der<br />
Oberfläche, sogar mit teilweise entfalteten Solarpaneelen. Woran genau<br />
es gehapert hat, lässt sich allerdings nicht herausfinden. Beagle-2<br />
hat keine Daten von seinem Abstieg und der Landung gesammelt.<br />
Absturz auf dem<br />
Roten Planeten<br />
Mit dem ersten Teil der europäisch-russischen ExoMars-<br />
Mission wollten die Europäer eigentlich zeigen, dass auch<br />
sie ein Raumfahrzeug auf dem Mars landen können.<br />
Bei der Pressekonferenz einen Tag nach dem missglückten<br />
Manöver versuchte Johann-Dietrich Wörner, Generaldirektor<br />
der europäischen Raumfahrtagentur, vergeblich, die ExoMars-<br />
Mission von ESA und Roskosmos trotzdem als vollen Erfolg<br />
zu verkaufen. „Die sehr gute Nachricht ist: Der TGO ist sehr<br />
erfolgreich in seinen Orbit eingeschwenkt.“ Damit sei der<br />
Marssatellit sowohl bereit für den Beginn wissenschaftlicher<br />
Untersuchungen der Atmosphäre als auch für Datenrelais-<br />
Dienste. Letztere wären vor allem für den zweiten Teil der<br />
Mission wichtig, bei der ein Rover auf dem Mars landen und<br />
dort Oberfläche und Untergrund untersuchen soll. Der Start<br />
war ursprünglich für 2<strong>01</strong>8 geplant und wurde im Frühjahr um<br />
zwei Jahre verschoben – aus technischen und finanziellen<br />
Gründen. Insgesamt werden die Kosten für die beiden Missionen<br />
auf 1,3 Milliarden Euro veranschlagt.<br />
Doch was genau ist bei Schiaparellis Landung schiefgelaufen?<br />
„Ab dem Punkt, als der Fallschirm abgetrennt wurde,<br />
passen Schiaparellis Daten nicht zu unseren Erwartungen“,<br />
sagte ESA-Flugleiter Andrea Accomazzo. Die Bremstriebwerke<br />
hätten zwar gezündet und seien drei oder vier Sekunden in<br />
Betrieb gewesen – das ist allerdings deutlich kürzer als die geplanten<br />
29 Sekunden. Die dementsprechend noch vollen Hydrazintanks<br />
sind beim Aufprall wohl explodiert. Schon wenige<br />
Tage nach dem Absturz gab es erste Spekulationen über einen<br />
Softwarefehler, genährt durch Aussagen von Rolf Densig,<br />
76 <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> Januar 2<strong>01</strong>7<br />
www.flugrevue.de
Eintritt in die<br />
Marsatmosphäre<br />
Zeit: 0 s<br />
Höhe: 121 km<br />
Geschwindigkeit:<br />
21 000 km/h<br />
Harte Landung<br />
Rund sechs Minuten sollte der Abstieg von Schiaparelli dauern. Allerdings<br />
verhielt sich das Landemodul in der Schlussphase nicht wie geplant und in<br />
der Grafik dargestellt.<br />
Atmosphärenbremsung<br />
Zeit: 1 min 12 s<br />
Höhe: 45 km<br />
Geschwindigkeit: 19 000 km/h<br />
Aktivierung<br />
des Fallschirms<br />
Zeit: 3 min 21 s<br />
Höhe: 12 km<br />
Geschwindigkeit:<br />
1730 km/h<br />
Abtrennung<br />
vorderer Hitzeschild,<br />
Radar wird<br />
eingeschaltet<br />
Zeit: 4 min 1 s<br />
Höhe: 7,8 km<br />
Geschwindigkeit: 320 km/h<br />
Abtrennung<br />
Fallschirm<br />
und hinterer<br />
Hitzeschild<br />
Zeit: 5 min 22 s<br />
Höhe: 1,2 km<br />
Geschwindigkeit: 240 km/h<br />
Zündung Bremstriebwerke<br />
Zeit: 5 min 23 s<br />
Höhe: 1,1 km<br />
Geschwindigkeit: 250 km/h<br />
ESA-Direktor für Missionsbetrieb und Leiter des Raumfahrtkontrollzentrums<br />
ESOC in Darmstadt. „So weit wir<br />
das bisher rekonstruieren können, hat die Software aus<br />
einem Radar-Höhenmessgerät mit der allgemeinen Navigationssoftware<br />
nicht richtig gesprochen“, so Densig am<br />
24. Oktober gegenüber dem Deutschlandfunk.<br />
FEHLER IN DER SOFTWARE<br />
Mittlerweile haben ESA-Experten mehrere hundert Megabyte<br />
an Daten analysiert, die Schiaparelli während seines<br />
Abstiegs sendete. Die ESA gab am 23. November<br />
neue Erkenntnisse zur Absturzursache bekannt und bestätigte<br />
im Wesentlichen die Theorie eines Software-Problems.<br />
Demnach habe der Doppler-Radarhöhenmesser<br />
zwar korrekt funktioniert. Allerdings habe die IMU (Inertial<br />
Measurement Unit/Trägheitplattform) unerklärlicherweise<br />
nach dem Öffnen des Fallschirms länger als<br />
erwartet, etwa eine Sekunde lang, Maximalwerte der<br />
Drehraten geliefert. Aufgrund der fehlerhaften Daten<br />
berechnete das Navigationssystem eine negative Höhe –<br />
Schiaparelli dachte, er sei 2000 Meter unter der Oberfläche.<br />
Deshalb wurden der Fallschirm und der hintere<br />
Hitzeschild zu früh abgesprengt, die Bremstriebwerke<br />
zu kurz gezündet und bereits die Bodensysteme aktiviert.<br />
Dieses Verhalten habe man in Computersimulationen<br />
exakt nachstellen können.<br />
„Das sind immer noch sehr vorläufige Schlussfolgerungen<br />
unserer technischen Untersuchung“, sagte David<br />
Parker, ESA-Direktor für bemannte Raumfahrt und robotische<br />
Exploration. Schlussendliche Sicherheit werde<br />
es erst Anfang 2<strong>01</strong>7 geben. Dann soll der Bericht einer<br />
Hochauflösende Bilder des Mars Reconnaissance<br />
Orbiter (MRO) der NASA vom 1. November zeigen<br />
die Absturzstelle von Schiaparelli in der Meridiani-<br />
Planum-Region.<br />
100 Meter<br />
Die Hauptaufschlagstelle umfasst<br />
einen Bereich von etwa<br />
15 x 40 Metern. Schiaparelli<br />
hat einen Krater mit rund<br />
2,4 Metern Durchmesser und<br />
0,5 Metern Tiefe hinterlassen.<br />
10 Meter<br />
Der Fallschirm und der<br />
hintere Hitzeschild befinden<br />
sich etwa 900 Meter südlich<br />
der Absturzstelle.<br />
Der vordere<br />
Hitzeschild liegt<br />
vermutlich so,<br />
dass die helle<br />
Isolierschicht im<br />
Innern sichtbar ist.<br />
nach dem Absturz eingesetzten unabhängigen Untersuchungskommission<br />
erscheinen. Mit Schiaparelli wollte die ESA Schlüsseltechnologien<br />
für weitere Marsmissionen testen. Dass tatsächlich ein Software-Problem<br />
zum Absturz geführt hat, ist tendenziell eine gute<br />
Nachricht für die Raumfahrtagentur. Denn das lässt sich vermutlich<br />
einfacher beheben als ein Fehler im Design des Landers.<br />
FR<br />
ULRIKE EBNER<br />
Fotos: ESA/ATG medialab, ESA/Ducros, NASA/JPL-Caltech/University of Arizona<br />
www.flugrevue.de <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> Januar 2<strong>01</strong>7 77
News RAUMFAHRT<br />
VIER WEITERE SATELLITEN IM ALL<br />
Zuwachs für Galileo<br />
Erstmals beförderte eine Ariane 5<br />
am 17. November vier Galileo-<br />
Satelliten gleichzeitig in den Orbit.<br />
Damit besteht die Konstellation des<br />
europäischen Satellitennavigationssystems<br />
aus 18 Satelliten. Nun können<br />
nach Angaben der europäischen Raumfahrtagentur<br />
ESA die ersten Dienste<br />
starten, darunter der offene Dienst, den<br />
jedermann zur Positionsbestimmung<br />
nutzen kann. Auch der Such- und Rettungsdienst<br />
soll eingeschränkt zur Verfügung<br />
stehen. Vollständig funktionsfähig<br />
wird das Galileo-System erst 2020<br />
sein, wenn 30 Satelliten die Erde umkreisen,<br />
davon sechs als Ersatz. Es war<br />
der erste Start der Schwerlastversion<br />
Ariane 5 ES, die über einen von<br />
Airbus Safran Launchers neu<br />
entwickelten Nutzlast-Dispenser<br />
verfügt.<br />
Foto: ESA / Carril<br />
Wieder ein Europäer auf der ISS<br />
Der Franzose Thomas Pesquet, der Russe Oleg Nowizki und die US-Amerikanerin Peggy<br />
Whitson (von li.) sind am 17. November an Bord einer Sojus-Rakete in Baikonur gestartet und<br />
zwei Tage später an der Internationalen Raumstation ISS angekommen. Während ihres<br />
sechsmona tigen Aufenthalts stehen rund 250 Experimente auf dem Plan, darunter 50 aus Europa.<br />
Pesquet ist der zehnte Franzose im All. Für den 38-jährigen Luft- und Raumfahrtingenieur<br />
und Ex-Airline-Piloten ist es der erste Flug in den Weltraum. Der letzte ESA-Astronaut auf der ISS<br />
war der Brite Tim Peake. Er kehrte nach einem halben Jahr auf der ISS am 18. Juni 2<strong>01</strong>6 zurück.<br />
Foto: NASA/Bill Ingalls<br />
Foto: ESA<br />
Milchstraßen-Panorama<br />
Aus Daten der Gaia-Sonde hat die ESA eine Sternendichte-Karte der<br />
Milchstraße erstellt. Dafür wurden Helligkeitsdaten von mehreren Millionen<br />
Sternen über 18 Monate akkumuliert. Gaia verfügt über zwei optische<br />
Teleskope und drei wissenschaftliche Instrumente, die präzise Position und<br />
Geschwindigkeit von Sternen erfassen. So soll innerhalb von fünf Jahren<br />
die bislang detaillierteste 3D-Karte unserer Galaxie entstehen.<br />
78 <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> Januar 2<strong>01</strong>7<br />
www.flugrevue.de
Foto: NASA/Chris Gunn<br />
NASA beginnt Tests<br />
mit Webb-Teleskop<br />
20 Jahre nach Beginn der Entwicklung<br />
hat die NASA den Hauptspiegel des James-<br />
Webb-Teleskops fertiggestellt und erste<br />
Tests erfolgreich durchgeführt. Der Spiegel<br />
besteht aus 18 Segmenten und hat einen<br />
Durchmesser<br />
von 6,5 Metern.<br />
Bei dem<br />
8,7 Mrd. Euro<br />
teuren Projekt<br />
kooperieren<br />
NASA, ESA<br />
und die kanadische<br />
Weltraumbehörde<br />
CSA. Der Start<br />
ist für 2<strong>01</strong>8<br />
geplant.<br />
Navy übt Bergung<br />
Mit einer Testversion des künftigen bemannten<br />
Raumschiffs Orion haben NASA<br />
und US Navy Ende Oktober eine Reihe von<br />
Bergungsverfahren im Pazifik trainiert.<br />
Dabei kamen Navy-Taucher, verschiedene<br />
Boote und weiteres Equipment zum Einsatz,<br />
die die Raumkapsel zum amphibischen<br />
Transportdock USS „San Diego“ brachten.<br />
Es ist der fünfte Test dieser Art. Orion soll<br />
an Bord der neuen NASA-Schwerlastrakete<br />
Space Launch System (SLS) Ende 2<strong>01</strong>8 erstmals<br />
starten. Die ersten bemannten Missionen<br />
sollen Astronauten zum Mond und<br />
später zum Mars bringen.<br />
Foto: NASA/Bill White<br />
❱❱❱ kurz notiert<br />
Chinas sechste bemannte Mission<br />
Shenzhou-11 landete am 18. November<br />
in der Inneren Mongolei in China.<br />
Nach 33 Tagen im Erdorbit kehrten<br />
die Taikonauten Jing Haipeng und<br />
Chen Dong wohlbehalten zurück. Sie<br />
hatten beim bisher längsten bemannten<br />
Raumflug Chinas Versuche im<br />
Raumlabor Tiangong-2 absolviert.<br />
Mars One Ventures geht an die<br />
Frankfurter Börse. Die britische Firma<br />
soll das Geld für die Marskolonisierungspläne<br />
der niederländischen<br />
Mars-One-Stiftung besorgen.<br />
Ursprünglich sollte ein Reality-TV-<br />
Format die Pläne einer dauerhaften<br />
Marssiedlung finanzieren, doch der<br />
Vertrag mit der Produktionsfirma<br />
Endemol kam nicht zustande.<br />
Der Raumgleiter SpaceShipTwo<br />
von Virgin Galactic war am 3. November<br />
zum dritten Captive-Carry-Test in<br />
der Luft. Dabei war er die ganze Zeit<br />
mit dem Mutterschiff WhiteKnight-<br />
Two gekoppelt. Eigentlich sollte<br />
Anfang November der erste Gleitflug<br />
stattfinden, doch das Team habe<br />
einen weiteren Blick auf etwas<br />
Foto: MIT Lincoln Laboratory<br />
Kleinsatelliten zur Erdbeobachtung<br />
Klein, leicht, günstig: In den kommenden Monaten startet die NASA fünf Missionen<br />
mit Kleinsatelliten. Ihre Abmessungen variieren nach Angaben der US-Weltraumbehörde<br />
zwischen der Größe eines Brotlaibs und einer kleinen Waschmaschine. Dadurch sollen<br />
Entwicklungs- und Startkosten niedrig gehalten werden, denn oft können solche Kleinsatelliten<br />
als sekundäre Nutzlast im Rahmen anderer Missionen mitbefördert werden.<br />
Auch Studenten und Forscher sollen sich daran beteiligen können. Mit Hilfe dieser Miniatur-<br />
Raumfahrzeuge will die NASA unter anderem das Innere von Hurrikanen untersuchen<br />
und die Windintensität über dem Meer messen, um neue Erkenntnisse über die Entstehung<br />
von tropischen Zyklonen und Taifunen zu gewinnen.<br />
werfen wollen, teilte Virgin Galactic<br />
vage via Twitter mit.<br />
Die Langer Marsch 5 (CZ-5), Chinas<br />
stärkste Rakete, ist am 3. November<br />
erfolgreich zum Erstflug abgehoben.<br />
Gestartet war sie vom neuen Gelände<br />
Wenchang auf der Insel Hainan. Die<br />
erste CZ-5 beförderte die geostationäre<br />
Oberstufe Shijian.<br />
Foto: Virgin Galactic<br />
„Ein Flug zum Mond oder zum Mars<br />
ist ein riesiger Traum von mir.“ Alexander Gerst, deutscher ESA-Astronaut<br />
www.flugrevue.de <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> Januar 2<strong>01</strong>7 79
Historie<br />
Für die Ausbildung wurden acht<br />
Flugzeuge zu TB-58A umgerüstet.<br />
Convair B-58 Hustler<br />
Mach-2-Bomber<br />
Vor 60 Jahren flog der erste überschallschnelle Bomber der US Air Force. Die Hustler<br />
vereinte modernste Systeme und Bauweisen in einer kompakten Zelle. Zahlreiche Rekorde<br />
zeigten ihre einzigartige Leistungsfähigkeit.<br />
Fotos: Convair (2), USAF<br />
VON KARL SCHWARZ<br />
Die großen Bomberflotten<br />
der US Army Air<br />
Forces hatten im Zweiten<br />
Weltkrieg eine entscheidende Rolle<br />
gespielt, und auch für die seit 1947 eigenständige<br />
US Air Force hatte die Weiterentwicklung<br />
der Bomber eine hohe<br />
Priorität. Immer wieder wurden umfangreiche<br />
Studien in Auftrag gegeben.<br />
Unter dem Namen GEBO II (General<br />
Bomber) untersuchten Boeing und Convair<br />
ab Juni 1949 diverse Konzepte. Im<br />
April 1950 passte die Air Force die Forderungen<br />
an und verlangte nun zumindest<br />
für Teile der Mission Geschwindigkeiten<br />
bis Mach 1.5 – damals unglaubliche<br />
Werte, denn selbst einen überschallschnellen<br />
Jäger gab es noch nicht.<br />
Im Februar 1951 erhielten beide Firmen<br />
sogenannte Phase-I-Verträge für<br />
weitere Arbeiten. Convair favorisierte<br />
dabei zunächst einen kleinen Deltaflügler,<br />
der unter einer B-60 ins Zielgebiet<br />
Im schlanken Rumpf saß die Crew in<br />
Einzelcockpits hintereinander.<br />
getragen werden sollte (Projekt MX-<br />
1626). Im Dezember 1951 kam man<br />
davon aber ab und schlug eine Konstruktion<br />
mit Deltaflügel und zwei<br />
Triebwerken vor, die einen großen Bombenbehälter<br />
tragen sollte. Am 8. Dezember<br />
1951 gab das Pentagon auch die<br />
Ausschreibung für einen strategischen<br />
Bomber (SAB-51) heraus. Konkurrenten<br />
blieben Boeing und Convair, die ihre<br />
Entwürfe weiter optimierten. Das Projekt<br />
MX-1964 hatte nun vier Triebwerke<br />
in Gondeln unter den vergrößerten<br />
Deltaflügeln und eine Kanone im Heck.<br />
Die Ergebnisse wurden am 9. Oktober<br />
1952 dem Air Research and Development<br />
Command präsentiert, wobei<br />
der Convair-Entwurf klar als vielversprechender<br />
bewertet wurde. Entsprechend<br />
erhielt das Unternehmen einen<br />
Entwicklungsauftrag für die nun als<br />
B-58 gelistete Konstruktion. Über die<br />
kommenden zwei Jahre wurden immer<br />
wieder Detailänderungen vorgenommen<br />
wie die Einschnürung des Rumpfs<br />
in der Mitte entsprechend der Flächenwww.flugrevue.de
Kurzinfo<br />
Baujahr: 1956 bis 1962<br />
Stückzahl: 116<br />
Herstellungsland: USA<br />
Waffen und mehr Kraftstoff wurden im großen<br />
Behälter unter dem Rumpf untergebracht.<br />
regel (Reduzierung des Widerstands).<br />
Nach den finalen Änderungen im August<br />
1954 konnte im Werk Fort Worth<br />
mit dem Bau der beiden XB-58A begonnen<br />
werden. Nach dem Roll-out im August<br />
1956 hob die erste Hustler am 11.<br />
November 1956 mit Cheftestpilot Beryl<br />
Eickson am Steuer zum Jungfernflug ab.<br />
Am 30. Dezember wurde erstmals<br />
Überschallgeschwindigkeit erreicht, am<br />
29. Juni 1957 zum ersten Mal Mach 2.<br />
Das Testprogramm gestaltete sich<br />
sehr umfangreich, denn die B-58 vereinte<br />
eine ganze Reihe neuer Technologien<br />
in sich. Eine Besonderheit war zum Beispiel<br />
die Beplankung, für die extrem<br />
steife Sandwichplatten verwendet wurden.<br />
Sie bestanden aus Aluminium, das<br />
unter hohem Druck und hoher Temperatur<br />
mit einem Wabenkern (Glasfaser<br />
oder Aluminium) verklebt wurde.<br />
Als Triebwerke verwendete man die<br />
J79 von General Electric, wie sie auch<br />
im Starfighter eingebaut wurden. Im<br />
Einlauf gab es einen in Längsrichtung<br />
verstellbaren Kegel, der automatisch für<br />
die optimale Luftzufuhr über den gesamten<br />
Geschwindigkeitsbereich sorgte.<br />
Ihre Waffen trug die B-58 in einem<br />
großen Behälter unter dem Rumpf, der<br />
zugleich als Treibstofftank diente. Verschiedene<br />
Ausführungen wurden gebaut,<br />
darunter eine mit Kameras für die<br />
Aufklärung und eine mit Störsendern.<br />
Ein Wunderwerk der Präzision war<br />
das ASQ-42(V) von Sperry, das in Zeiten<br />
lange vor dem GPS auch über Stunden<br />
die Position mit Abweichungen von<br />
unter 400 Metern ermittelte. Inputs erhielt<br />
das Navigationssystem von einer<br />
kardanisch aufgehängten Trägheitsplattform,<br />
einem Sternensucher, einem<br />
Dopplerradar und einem Radarhöhenmesser.<br />
Auch das Angriffsradar im Bug<br />
konnte für die Positionsbestimmung benutzt<br />
werden. Die Bedienung oblag dem<br />
Navigator, während der DSO (EloKa-<br />
Offizier) die umfangreichen elektronischen<br />
Störsysteme bediente. Der Pilot<br />
und die beiden anderen Besatzungsmitglieder<br />
saßen hintereinander in Einzelcockpits.<br />
Für den Ausstieg selbst bei<br />
Überschallgeschwindigkeiten in großer<br />
Höhe wurden Rettungskapseln von<br />
Stanley Aviation verwendet.<br />
Nach der Erprobung, bei der es zu<br />
mehreren tödlichen Unfällen gekommen<br />
war, begannen die Lieferungen der<br />
B-58A im Dezember 1959, zunächst an<br />
die 65th Training Squadron in Carswell<br />
auf der anderen Seite des Flugplatzes in<br />
Fort Worth. Zwei Geschwader wurden<br />
mit der Hustler ausgerüstet. Den Anwww.flugrevue.de<br />
<strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> Januar 2<strong>01</strong>7 81
Historie<br />
Technische Daten<br />
Convair B-58A Hustler<br />
Typ: strategischer Bomber<br />
Hersteller: Convair, Fort Worth, Texas<br />
Besatzung: 3<br />
Triebwerke: 4 General Electric J79-GE-5C<br />
Leistung: je 69,94 kN mit Nachbrenner<br />
Länge: 29,49 m<br />
Höhe: 9,12 m<br />
Spannweite: 17,32 m<br />
Flügelfläche 143,25 m 2<br />
Leermasse: 24 000 kg<br />
max. Startmasse: 75 740 kg<br />
Höchstgeschwindigkeit: Mach 2.1<br />
Dienstgipfelhöhe: 18 600 m<br />
max. Steigrate: 86,3 m/s<br />
max. Reichweite: 8200 km<br />
Bewaffnung: eine 20-mm-Kanone<br />
M61 Vulcan mit 1120 Schuss im Heck<br />
plus 8800 kg Waffenlast (Atombomben)<br />
Fotos: Convair (2), Lockheed Martin, USAF; Zeichnung: Michele Marsan<br />
82 <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> Januar 2<strong>01</strong>7<br />
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Die B-58 trug ihre Atombomben im Unterrumpfbehälter.<br />
Vor dem Bug ist die Heckkanone aufgebaut.<br />
Die B-58 hatte, wie andere Convair-<br />
Muster der Zeit, einen einfachen<br />
Deltaflügel mit dünnem Profil.<br />
fang machte 1960 der 43rd Bombardment<br />
Wing in Carswell AFB, Texas, der<br />
später nach Little Rock in Arkansas verlegte.<br />
Dazu kam ab 1961 der 305th<br />
Bombardment Wing in Bunker Hill,<br />
Idaho. Bis September 1962 verließen<br />
116 B-58 die große Fertigungshalle von<br />
Convair (später General Dynamics) in<br />
Fort Worth. Davon wurden 17 als RB-<br />
58A für die Aufklärung umgerüstet.<br />
Aus YB-58-Testflugzeugen entstanden<br />
acht TB-58A für die Pilotenausbildung.<br />
Um die Leistungsfähigkeit der B-58<br />
zu demonstrieren, flogen die Crews der<br />
USAF mit dem neuen Bomber diverse<br />
Rekorde. Über eine Strecke von 1000<br />
Kilometern erreichte die Hustler zum<br />
Beispiel 2067 km/h, und ein Hin- und<br />
Rückflug von Los Angeles nach New<br />
York dauerte gerade einmal 4 Stunden<br />
41 Minuten.<br />
Im Gegensatz zur Boeing B-52 (im<br />
Dienst ab 1955) war die B-58 nicht in<br />
der konventionellen Rolle im Vietnamkrieg<br />
involviert, sondern blieb rein auf<br />
Einsätze mit Atombomben fokussiert.<br />
Viele Jahre standen die Flugzeuge in<br />
ständiger Alarmbereitschaft, um innerhalb<br />
von fünf Minuten abzuheben. Auf<br />
dem Weg zu ihren vorgegebenen Zielen<br />
in der Sowjetunion waren sie auf die<br />
Unterstützung durch KC-135-Tanker<br />
angewiesen.<br />
Durch die Einführung besserer Luftabwehrraketen<br />
und Radarsysteme war<br />
auch für die überschallschnelle Hustler<br />
ein Angriff aus großer Höhe bald undenkbar.<br />
Es wurden daher veränderte<br />
Einsatzkonzepte mit dem Zielanflug in<br />
Höhen um 150 Meter eingeführt. Hier<br />
rechnete man sich gute Überlebenschancen<br />
aus, zumal die Radarrückstrahlfläche<br />
der B-58 weit unter der der<br />
B-52 lag. Allerdings wurde die Zelle viel<br />
stärker belastet, was Verstärkungen<br />
notwendig machte.<br />
Aspekte wie der hohe Wartungsaufwand,<br />
die starke Abhängigkeit von Tankern<br />
und diverse Unfälle – 17 Flugzeuge<br />
gingen im Einsatz verloren – brachten<br />
die B-58 bald in die Kritik. Verteidigungsminister<br />
McNamara wies bereits<br />
1965 die Ausmusterung bis Anfang<br />
1970 an. Dies wurde zwar wieder rückgängig<br />
gemacht, doch als sich die Air<br />
Force 1969 neuen Sparzwängen gegenübersah,<br />
entschied sich das Strategic<br />
Air Command dafür, mehr B-52 zu behalten.<br />
Verteidigungsminister Melvin<br />
Laird ordnete daher am 31. Oktober<br />
1969 die Stilllegung der Hustler-Flotte<br />
bis zum 31. Januar 1970 an. Die meisten<br />
Bomber wurden zur Einlagerung auf<br />
die Davis-Monthan AFB geflogen und<br />
nach einigen Jahren für die Verschrottung<br />
verkauft.<br />
FR<br />
Convair untersuchte verschiedene Behälterformen<br />
und Triebwerksanordnungen.<br />
Für die Flugerprobung wurden rund<br />
30 Hustler verwendet. Sie entstanden<br />
im Convair-Werk in Fort Worth.<br />
<strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> Januar 2<strong>01</strong>7 83
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A340 und 767 ist gelungen. An der<br />
Bildqualität ist durchweg nichts auszusetzen<br />
Bis auf eine Ausnahme wurden<br />
alle Fotos vom Boden aus geschossen,<br />
sodass etwas die Dynamik fehlt.<br />
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Airshow-Aufnahmen auch einige<br />
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den durchweg dynamischen Bildern<br />
werden unter anderem die F-16, der<br />
Eurofighter, die MiG-29 und die F-22<br />
präsentiert. Als Oldie ist eine flugfähig<br />
gehaltene Saab Viggen mit dabei, die<br />
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Fighter 2<strong>01</strong>7. Bildformat 50 x<br />
28 cm. ISBN 978-3-941856-67-7.<br />
Elementbuch Verlag, Schlierbach.<br />
24,95 Euro<br />
Wertung • • • • • <br />
Hubschrauber<br />
Eine bunte Mischung von zivilen und<br />
militärischen Hubschraubern zeichnet<br />
diesen Kalender aus. Die Motive<br />
könnten allerdings etwas dynamischer<br />
sein. Zu sehen sind vom kleinen Guimbal<br />
Cabri bis zum Super Puma alle<br />
Größenklassen. Selbst der Bluecopter-<br />
Forschungshubschrauber von Airbus<br />
Helicopters ist dabei. Dazu kommen<br />
Oldies wie Sea King und Sea Knight.<br />
Helicopter 2<strong>01</strong>7. Bildformat 50 x<br />
28 cm. ISBN 978-3-941856-64-6.<br />
Elementbuch Verlag, Schlierbach.<br />
24,95 Euro<br />
Militärhubschrauber<br />
Dieser recht kleine Kalender konzentriert<br />
sich ganz auf militärische<br />
Drehflügler. Die Aufnahmen von<br />
Apache, Black Hawk, Sea King, Bo 105,<br />
Puma oder Chinook und Mi-24 wurden<br />
offenbar ausschließlich auf englischen<br />
Flugtagen gemacht. Sie sind nichts<br />
Besonderes, und oftmals tut schlechtes<br />
Wetter sein Übriges, um einen grauen,<br />
verwaschenen Eindruck zu vermitteln.<br />
Militärhubschrauber 2<strong>01</strong>7.<br />
Bildformat 30 x 17 cm. ISBN 978-<br />
3-664-82409-0. Calvendo Verlag,<br />
Unterhaching. 19,90 Euro<br />
Luftschiffe<br />
2<strong>01</strong>7 erwartet Luftschifffreunde, Technikbegeisterte<br />
und Liebhaber der Ästhetik<br />
der Schwarz-Weiß-Fotografie ein<br />
besonders stimmungsvoller Kalender.<br />
Zwölf selten veröffentlichte Aufnahmen,<br />
die durch das natürliche Spiel von Licht<br />
und Schatten zwischen klaren und<br />
unscharfen Konturen eine besondere<br />
Atmosphäre zaubern, erinnern an die<br />
legendäre Zeppelin-Ära von vor über<br />
100 Jahren. Die Auflage ist limitiert.<br />
Zeppeline 2<strong>01</strong>7. Bildformat<br />
68 x 49 cm. www.luftschiffbauzeppelin.de.<br />
31,50 Euro<br />
Oldies<br />
Historisch wertvolle Flugzeuge zeigt<br />
die schweizerische Vereinigung AMPA<br />
in ihrem Aero-Retro-Kalender für das<br />
Jahr 2<strong>01</strong>7. Bekannte europäische<br />
Fotografen zeigen einen schönen<br />
Querschnitt durch die in Europa<br />
fliegenden klassischen Flugzeuge.<br />
Das Layout ist leider nicht ganz so<br />
gelungen. Kurze Informationen zu den<br />
gezeigten Mustern runden das Bild<br />
jedoch passend ab.<br />
Aero-Retro 2<strong>01</strong>7. Bildformat 48 x<br />
33 cm. ISBN 978-3-990-25255-0.<br />
Freya Verlag. 29,90 Euro<br />
Wertung • • • • <br />
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84 <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> JANUAR 2<strong>01</strong>7<br />
www.flugrevue.de
Legenden<br />
Schon fast eine Legende unter den<br />
Fotografen und im Kalendergeschäft ist<br />
der Brite John Dibbs. In jedem Jahr zieren<br />
seine ganz besonderen Bilder die<br />
Cover der Luftfahrtmagazine weltweit.<br />
Die besten Aufnahmen erscheinen im<br />
„Flying Legends“-Kalender. In Zusammenarbeit<br />
mit der Sammlung in Duxford<br />
entsteht immer wieder ein Werk<br />
der Spitzenklasse. Aktuell gibt es mit<br />
der Platinum Edition auch ein größeres<br />
Format. Diese Ausführung beginnt bereits<br />
mit September 2<strong>01</strong>6 und umfasst<br />
16 Blätter. Bei den gezeigten Mustern<br />
handelt es sich um die „üblichen<br />
Verdächtigen“, bestehend aus Spitfire,<br />
Mustang und Bf 109. Ausnahmen sind<br />
die Iljuschin Il-2 Schturmowik und ein<br />
Fieseler Storch.<br />
Flying Legends 2<strong>01</strong>7. Bildformat<br />
43 x 30 cm. ISBN 978-1631062063.<br />
The Plane Picture Company,<br />
Seattle. Ca. 16,50 Euro<br />
Airliner<br />
Eine durchaus ansprechende Auswahl<br />
an Verkehrsflugzeugen wird bei diesem<br />
recht kleinen Kalender präsentiert,<br />
wobei alle Aufnahmen aus der<br />
Spotter-Perspektive am Flughafen<br />
gemacht wurden. Dabei gibt es auch<br />
einige schöne Nachtaufnahmen wie<br />
von der A380 von Korean Air oder<br />
der Iljuschin Il-96 von Aeroflot in<br />
Salzburg. Zu den Raritäten zählen eine<br />
A320 von Small Planet Airlines und<br />
eine Boeing 747-400 der japanischen<br />
Regierung. Ansonsten ist die Boeing<br />
777 überdurchschnittlich vertreten, mit<br />
Maschinen von Kenya Airways, Korean<br />
Air, TAM und Singapore Airlines. Als<br />
historisches Highlight hat sich noch<br />
eine Lisunow Li-2 der ungarischen<br />
Goldtimer Foundation eingeschlichen.<br />
Welt der Flugzeuge 2<strong>01</strong>7.<br />
Bildformat 30 x 17 cm. ISBN 978-<br />
3-664-98797-9. Calvendo Verlag,<br />
Unterhaching. 19,90 Euro<br />
Luftfahrtplakate<br />
Außergewöhnlich und nostalgisch ist<br />
der im Delius Klasing Verlag erschienene<br />
Kalender zum Thema historische<br />
Luftfahrtplakate. Reproduktionen<br />
wunderschöner Werbeplakate aus den<br />
frühen Jahren der zivilen Luftfahrt bis<br />
in die sechziger Jahre, darunter von der<br />
Deutschen Luft Hansa, TWA, KLM und<br />
sogar Japan Air Transport, sind eine<br />
attraktive Alternative zu den Motiven<br />
üblicher Bildkalender. Darüber hinaus<br />
beeindruckt das große Format, in dem<br />
die Plakate abgebildet sind.<br />
Historische Luftfahrtplakate 2<strong>01</strong>7.<br />
Bildformat 55 x 37 cm.<br />
ISBN 978-3-667-10488-5. Delius<br />
Klasing Verlag. 29,90 Euro<br />
Ghosts<br />
Bereits zum 37. Mal gibt es den<br />
Ghosts-Kalender des amerikanischen<br />
Fotografen Philip Makanna. In gewohnter<br />
Weise zeigt er die bekanntesten<br />
Warbirds in ihrem Element. Neben<br />
den starken Motiven unterstützen<br />
Informationen über die einzelnen<br />
Muster, Drei-Seiten-Ansichten sowie<br />
Details zu den verschiedenen Einheiten<br />
das Konzept dieses Kalenders. Manche<br />
Bilder der 2<strong>01</strong>7er Ausgabe wirken<br />
leider etwas blass. Eine abgeänderte<br />
Ausgabe im größeren Format (60 x 40<br />
cm, 24,99 Euro), aber ohne Zusatzinfos,<br />
ist beim Heel-Verlag erschienen. Für<br />
2<strong>01</strong>7 hat Makanna auch wieder einen<br />
„Ghosts – World War I“-Kalender im<br />
Programm, mit erstklassigen Aufnahmen<br />
vom Dreidecker bis zu frühen<br />
Bombern.<br />
Ghosts 2<strong>01</strong>7. Bildformat 44 x 29,5<br />
cm. ISBN 978-3958432567. www.<br />
ghosts.com, USA. 14,99 Dollar<br />
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<strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> erscheint monatlich, Einzelheft € 5,30 (A: € 6,00, CH:<br />
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Luftfahrt zum Kombipreis mit rund 15 % Preisvorteil. Jahrespreis für<br />
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www.flugrevue.de <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> JANUAR 2<strong>01</strong>7 85
Nachbrenner<br />
<strong>FLUG</strong>-<strong>REVUE</strong>-LESERREISE<br />
Viva<br />
Text und Fotos: KARL SCHWARZ<br />
Die PB4Y-2 ist eine Version<br />
des B-24-Bombers.<br />
Mit der F-16 Fighting Falcon fliegen die<br />
Thunderbirds bereits seit über 30 Jahren.<br />
www.flugrevue.de
Die Thunderbirds hatten<br />
in Nellis ein Heimspiel.<br />
Las Vegas!<br />
Die Nellis Air Force Base bei Las Vegas feierte ihr 75-jähriges Bestehen mit einer großen<br />
Flugshow. Für die Teilnehmer der <strong>FLUG</strong>-<strong>REVUE</strong>-Leserreise einer der Höhepunkte des US-Trips.<br />
Home of the Thunderbirds, Sitz des USAF<br />
Warfare Center und Schauplatz der „Red<br />
Flag“-Übungen – die kaum 20 Kilometer<br />
Luftlinie vom berühmten „Strip“ in Las<br />
Vegas gelegene Nellis AFB gehört zu den<br />
bekanntesten Basen der US Air Force. Aufgebaut<br />
wurde sie ab 1941 zunächst für die<br />
Ausbildung von Bordschützen. Grund genug also für einen Jubiläumsflugtag.<br />
Die Aviation Nation Show fand nach einer<br />
durch Sparzwänge bedingten Unterbrechung im Jahr 2<strong>01</strong>5<br />
wieder Mitte November statt. Sie bot wie viele Flugtage auf<br />
US-Militärbasen eine Mischung aus Vorführungen ziviler<br />
Kunstflieger und Warbirds und den Fähigkeitsdemonstrationen<br />
der Transporter, Hubschrauber und Kampfjets. So traten<br />
am Vormittag nach dem Start mit der unvermeidlichen Nationalhymne<br />
zum Beispiel die West Coast Ravens auf, eine<br />
Truppe von nicht weniger als 24 kleinen RV-Eigenbauten, die<br />
mit diversen präzisen Formationen glänzten.<br />
In der Folge hatten die Warbirds den Himmel über Nellis<br />
für sich. Mit dabei waren die North American F-86 Sabre und<br />
www.flugrevue.de <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> Januar 2<strong>01</strong>7 87
Nachbrenner<br />
<strong>FLUG</strong>-<strong>REVUE</strong>-LESERREISE<br />
Die Zeit der QF-4 Phantom als<br />
Zieldrohne ist abgelaufen.<br />
Rare Flugzeuge in<br />
der Luft über Nellis<br />
ihr Gegner aus dem Koreakrieg, die MiG-15, in diesem Fall ein<br />
Doppelsitzer Lim-2 polnischer Herkunft. Als viermotorigen<br />
Bomber gab es nicht die B-17, sondern die sehr seltene Consolidated<br />
PB4Y-2 Privateer zu sehen. Diese Variante der B-24<br />
wurde bis Anfang der 1950er Jahre für die Seeüberwachung<br />
eingesetzt. Seltenheitswert hat heute auch der Auftritt einer<br />
F-4 Phantom, denn die QF-4-Drohnen werden zum Jahresende<br />
außer Dienst gestellt und durch QF-16, die Variante der Fighting<br />
Falcon, ersetzt. Bevor die Air Force das Regiment übernahm,<br />
durfte der Auftritt eines mit Strahltriebwerk bestückten<br />
Jet Car nicht fehlen.<br />
Die USAF hatte natürlich ihre neuesten Muster im Flugprogramm.<br />
Nach einer mit vielen Explosionen untermalten Angriffsdemonstration<br />
von F-16, F-15 Eagle und A-10 Thunderbolt<br />
zeigte die F-22A Raptor, welche unglaublichen Manöver<br />
ein Fighter mit bärenstarken Triebwerken und Schubvektorsteuerung<br />
fliegen kann. Die F-35 hielt sich da dezent zurück<br />
und beteiligte sich nur am Heritage Flight in Formation mit der<br />
F-22 und der F-86. Dafür durfte die US Navy zeigen, was ihre<br />
F/A-18F Super Hornet so alles kann.<br />
Höhepunkt für die einheimischen Besucher war wie immer<br />
die Vorführung der Thunderbirds, die bereits die Flugvorbereitung<br />
und das Einsteigen als Präzisionsshow inszenieren. Das<br />
Flugprogramm selbst ist eine etwas unharmonische Kombination<br />
aus Formationswechseln und Solodisplays, wobei man<br />
eben merkt, dass mit nur sechs Flugzeugen im Vergleich zu<br />
den neun Maschinen bei den großen europäischen Teams die<br />
Optionen begrenzter sind. Das tut der Begeisterung des Publikums<br />
aber keinen Abbruch.<br />
Auch die Teilnehmer der großen US-Leserreise der <strong>FLUG</strong><br />
<strong>REVUE</strong> kamen bei der Aviation Nation Show voll auf ihre<br />
Kosten. Der Besuch in Nellis war der Abschluss einer Tour, die<br />
in Seattle begonnen hatte. Gleich zu Beginn gab es im Boeing-<br />
Werk in Everett Einblicke in die Produktion der Großraumflugzeuge<br />
des Unternehmens, das 2<strong>01</strong>6 seinen 100. Gründungstag<br />
feierte. Während der Hallenbereich für die Großteilefertigung<br />
des Jumbo Jets gähnend leer war, lief am anderen<br />
Ende des (nach Volumen) größten Gebäudes der Welt die Endmontage<br />
von 777 und 787 auf Hochtouren. Bald wird zum<br />
Beispiel der 500. Dreamliner an Kunden übergeben.<br />
Im nur wenige Kilometer entfernten Restaurierungszentrum<br />
des Museum of Flight trafen die <strong>FLUG</strong>-<strong>REVUE</strong>-Leser auf<br />
einen heute vergessenen Teil der 100-jährigen Boeing-Geschichte:<br />
Die vordere Rumpfsektion des Modells 2707 erinnert<br />
an das 1971 aufgegebene Projekt eines Überschall-Verkehrsflugzeugs<br />
für über 250 Passagiere. Gleich nebenan, am Paine<br />
Field, ging es noch weiter zurück in die Geschichte. Milliardär<br />
Paul Allen hat in seiner Flying Heritage Collection vor allem<br />
F-22A, F-86 und die<br />
F-35 beim traditionellen<br />
Heritage Flight.<br />
88 <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> Januar 2<strong>01</strong>7
Nicht nur im Museum of<br />
Flight bekamen die <strong>FLUG</strong>-<br />
<strong>REVUE</strong>-Leser viel zu sehen.<br />
Ein Reststück aus der<br />
Boeing-Geschichte ist die<br />
Rumpfsektion der 2707.<br />
top restaurierte und zum großen Teil flugfähige Jäger aus dem<br />
Zweiten Weltkrieg versammelt. Dazu zählen die einzige originale<br />
Focke-Wulf Fw 190 D, eine originale Fw 190 A-5 und eine<br />
Iljuschin Il-2 Schturmowik. Auch das von Allen finanzierte<br />
SpaceShipOne und sein Trägerflugzeug White Knight sind<br />
jetzt in der Sammlung zu sehen.<br />
Mit dem Museum of Flight bietet Seattle eines der besten<br />
US-Flugzeugmuseen. Neben den bekannten Boeing-Mustern<br />
sind dort auch Berühmtheiten wie die Lockheed A-12 und die<br />
Concorde ausgestellt. Sehr umfangreich ist zudem die Präsentation<br />
von Flugzeugen aus dem Ersten Weltkrieg, die in ihrem<br />
damaligen Umfeld gezeigt werden. Neben einem Trainingsmodell<br />
des Space Shuttle in Originalgröße hat das Museum seit<br />
dem Herbst seine Großflugzeuge inklusive dem ersten Prototyp<br />
der Boeing 747 unter einem Dach neu arrangiert.<br />
FR<br />
Alle Großflugzeuge des<br />
Museum of Flight sind<br />
nun unter einem Dach.<br />
<strong>FLUG</strong>-<strong>REVUE</strong>-Leserreisen 2<strong>01</strong>7<br />
Bei unserer US-Tour 2<strong>01</strong>7 kann man einen Mustang-Flug buchen. Die Airshows in Fairford (Mitte: Boeing Apache) und<br />
in Shukowski (rechts: Suchoi T-50) versprechen wieder ein Flugprogramm voller Action.<br />
Während die Teilnehmer unserer großen<br />
US-Tour noch von ihren Eindrücken in Seattle,<br />
Nellis AFB und Las Vegas zehren, hat sich die<br />
Redaktion der <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> zusammen mit den<br />
Spezialisten des DER-Reisebüros in Frankfurt an<br />
die Planung für das Jahr 2<strong>01</strong>7 gesetzt.<br />
Natürlich dürfen dabei die Top-Shows in<br />
Großbritannien nicht fehlen. Vom 7. bis 9. Juli<br />
geht es zu den Flying Legends nach Duxford,<br />
wo jede Menge Spitfires, Mustangs und<br />
andere Warbirds für Action sorgen. Zudem<br />
schauen wir bei der Shuttleworth Collection<br />
mit ihren raren Oldies vorbei. Den Besuch des<br />
größten Militärflugtags der Welt in Fairford<br />
kombinieren wir mit Besuchen in Yeovilton<br />
und Duxford (Reisedauer: 14. bis 17 Juli). Die<br />
zwei Tage auf dem Royal International Air<br />
Tattoo sollten wieder spektakuläre Flugvorführungen<br />
und seltene Besucherflugzeuge bieten.<br />
Einen interessanten Einblick in die neuesten<br />
russischen Entwicklungen erhalten unsere<br />
Leser bei der Reise zur MAKS vom 16. bis<br />
20. August. Mit dabei ist ein Besuch im großen<br />
Monino-Museum und Sightseeing in<br />
Moskau. Im Herbst starten wir schließlich<br />
wieder zu einer großen USA-Tour (19. bis<br />
26. Oktober). Diesmal sind wir in Texas zu Gast,<br />
wo wir einige Museen, den Flugzeugträger<br />
Lexington und die NASA in Houston<br />
besuchen. Dabei besteht auch die seltene<br />
Möglichkeit, in einem Warbird mitzufliegen.<br />
Bei den Wings over Houston schnuppern wir<br />
Airshow-Luft. Es lohnt sich also, wieder bei<br />
einer der <strong>FLUG</strong>-<strong>REVUE</strong>-Leserreisen dabei zu<br />
sein und sich schon einmal den Urlaub zu<br />
reservieren. Weitere Infos folgen in den<br />
nächsten Ausgaben. Fragen beantwortet schon<br />
jetzt Bernhard Langer vom DER-Reisebüro<br />
unter Tel. 069 9288689-11.<br />
Fotos: Piotr Butowski, Karl Schwarz, Scott Slocum<br />
www.flugrevue.de <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> Januar 2<strong>01</strong>7 89
Vorschau<br />
02/17<br />
Die neue <strong>FLUG</strong> <strong>REVUE</strong> erscheint am 9. Januar 2<strong>01</strong>7<br />
EUROFIGHTER<br />
Ausrüstung<br />
Neue Systeme und Waffen sollen den<br />
Eurofighter noch vielseitiger machen.<br />
Welche Nutzer was planen, lesen Sie<br />
in der nächsten Ausgabe.<br />
SPECIAL<br />
OPERATIONS<br />
Bei den<br />
Spezialisten<br />
der USAF in<br />
Hurlburt Field<br />
Wir bitten um Verständnis, wenn angekündigte Beiträge aus aktuellen Gründen in eine andere Ausgabe verschoben werden.<br />
REPORTAGE<br />
Wartung über Nacht<br />
Verkehrsflugzeuge müssen möglichst<br />
viel fliegen. Für die notwendigen regelmäßigen<br />
Kontrollen und eventuelle<br />
Reparaturen bleibt nur die Nacht.<br />
Worauf die Techniker dabei besonders<br />
achten, erfahren Sie im nächsten Heft.<br />
FRANKFURT<br />
Neue Airlines<br />
Um weiter zu wachsen, lockt Frankfurt<br />
neue Fluggesellschaften mit Rabatten<br />
an den Main. Selbst Ryanair schreckt<br />
nicht mehr vor dem Betrieb auf dem<br />
Hub-Airport zurück und fordert Lufthansa<br />
auf ihrer Heimatbasis heraus.<br />
RAKETENPROJEKTE<br />
Blue Origin<br />
US-Milliardäre haben<br />
die Raumfahrt als<br />
Betätigungsfeld<br />
entdeckt. Amazon-<br />
Gründer Jeff Bezos<br />
hat mit Blue Origin<br />
hochfliegende Pläne,<br />
die weit über den<br />
Weltraumtourismus<br />
hinausgehen.<br />
Fotos: Blue Origin, Eurofighter, Fraport, Lufthansa Technik/Jan Brandes<br />
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