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Regiobote Winter 2016

Regionalmagazin für den Raum Achim, Ahausen, Bassum, Fischerhude, Hellwege, Ottersberg, Oyten, Rotenburg/W., Scheeßel, Sottrum, Stuckenborstel

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Ein Haus lebt Literatur<br />

Kempowski Stiftung Haus Kreienhoop in Nartum<br />

Text und Fotos: Claudia Kalusky<br />

Oben links:<br />

Walter Kempowski<br />

im Portrait des<br />

Berliner Malers<br />

Johannes Grützke<br />

Daneben:<br />

Sonderausgabe<br />

Walter Kempowski<br />

Kempowski Stiftung<br />

Haus Kreienhoop<br />

Zum Röhrsberg 24<br />

27404 Nartum<br />

Tel.: 04288 / 438<br />

Walter Kempowski zählt sicherlich zu einem<br />

der facettenreichsten deutschen Schriftsteller<br />

der Moderne. Er galt als hervorragender Beobachter<br />

und akribischer Chronist.<br />

1929 wurde Walter Kempowski als Sohn eines<br />

Reeders in Rostock geboren.<br />

Die Kriegsgeschehnisse irritierten den Heranwachsenden<br />

enorm; er verweigerte Schulbesuche<br />

und die stupiden Regeln der Hitlerjugend.<br />

Nach Kriegsende begann er eine Kaufmannslehre,<br />

1947 floh er in den Westen, vor allem deshalb,<br />

weil ihn das totalitäre Auftreten der russischen<br />

Besatzer abschreckte.<br />

In Westdeutschland wollte er über die Zustände<br />

in Ostdeutschland berichten, besonders über<br />

das Ausmaß der sowjetischen Demontagen, die<br />

weit über das vertraglich vereinbarte Ausmaß<br />

hinausgingen. Als Beweismaterial hatte der<br />

junge Mann Frachtpapiere im Gepäck, die sein<br />

Bruder Robert im Rahmen seiner beruflichen<br />

Tätigkeit beiseite geschafft hatte.<br />

Diese übergab Walter Kempowski dem amerikanischen<br />

Geheimdienst.<br />

Ein Jahr später wurde Kempowski, der mit seinem<br />

Bruder und seiner Mutter die endgültige<br />

Flucht in den Westen plante, wegen Spionage<br />

vom sowjetischen Militärtribunal verhaftet<br />

und zu 25 Jahren Arbeitslager verurteilt; als<br />

vermeintliche Mittäter wurden seine Mutter<br />

und sein Bruder ebenfalls in Haft genommen.<br />

Die Familie verlor nicht nur ihre Freiheit, sondern<br />

ihr gesamtes Hab und Gut.<br />

Die nächsten acht Jahre verbrachte Kempowski<br />

im berüchtigten Zuchthaus Bautzen, das er<br />

später als seine Universität bezeichnete, denn<br />

während der Haft fand er erstmalig großes Interesse<br />

an den Lebensläufen seiner Zeitgenossen,<br />

was sehr prägend für sein weiteres Schaffen<br />

war. Doch bis ins Alter wurde er immer<br />

wieder von Schuldgefühlen gegenüber seiner<br />

Familie geplagt.<br />

Nach seiner vorzeitigen Entlassung aus dem<br />

Gefängnis, machte er 1957 sein Abitur nach<br />

und studierte Pädagogik in Göttingen. Während<br />

des Studiums lernte er die Pfarrerstochter<br />

Hildegard Janssen kennen, die er vom Fleck<br />

weg heiratete. Diese Jahre stellten für den bereits<br />

schwer geprüften Menschen wohl äußerst<br />

glückliche Zeiten dar.<br />

Ab 1960 arbeiteten er und seine Frau an verschiedenen<br />

Orten im Kreis Rotenburg / Wümme<br />

als Dorfschullehrer. Parallel begann er mit<br />

4 04/16

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