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BMW_III

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Alternativ zum hier<br />

gezeigten <strong>BMW</strong>-<br />

Spezialwerkzeug<br />

kann das erhitzte<br />

Kettenrad und das<br />

Kugellager auch mit<br />

einem Rohr und einer<br />

M8-Gewindespindel<br />

aufgepresst werden.<br />

Irgendwann klemmt das Ganze: Jetzt<br />

setzen wir das Rohr mit dem Balkenwerkzeug<br />

als Mutternauflage auf die<br />

Gewindestange, drehen eine Mutter<br />

M8 darauf und ziehen das Kettenrad<br />

bis zum Anschlag fest.<br />

Es versteht sich wohl von selbst,<br />

dass man an einem Präzisionsteil<br />

wie der Kurbelwelle auf keinen Fall<br />

mit dem Hammer „arbeitet“, denn<br />

ein Hundertstel Millimeter Schlag<br />

ist da schnell zusammen!<br />

Das Einfädeln des<br />

Kettenschlosses<br />

geht am besten in<br />

dieser Position.<br />

Zur Montage legen wir das Motorgehäuse<br />

am besten mit der Kupplungsseite<br />

auf die Werkbank und fädeln<br />

die Kurbelwelle von der Motorvorderseite<br />

ein.<br />

Jetzt wird das Motorgehäuse im Bereich<br />

des vorderen Ausschnitts auf<br />

etwa 100 °C erwärmt, dann rutscht<br />

der vordere Lagerdeckel leicht in seinen<br />

Sitz; die vier Befestigungsschrauben<br />

(SW 13) werden mit<br />

25 Nm festgezogen.<br />

Jetzt wird die fertig vorbereitete<br />

Nockenwelle in das Motorgehäuse<br />

eingesetzt und der Nockenwellen -<br />

lagerflansch festgeschraubt.<br />

Als nächstes wird das Kettenrad auf<br />

die Kurbelwelle gepresst. Dazu<br />

benötigen wir ein Rohr mit einem Innendurchmesser<br />

von 35,5 mm und<br />

einer Länge von 110 mm (Außendurchmesser<br />

45–50 mm) sowie die<br />

Gewindestange M8, die schon zum<br />

Ausziehen des Kurbelwellen-Lagerdeckels<br />

diente. Sie wird vorab in das<br />

Gewinde der Kurbelwelle eingeschraubt,<br />

dann erwärmen wir das<br />

Kettenrad auf 100–120 Grad und<br />

schieben es dann so weit wie möglich<br />

auf den vorderen Lagerzapfen,<br />

wobei wir darauf achten, dass die<br />

Passfeder auf der Kurbelwelle und<br />

die Passfedernut im Kettenrad miteinander<br />

fluchten.<br />

Auf die gleiche Weise wie das Kettenrad<br />

wird das Stützkugellager (Bezeichnung<br />

16007C3, also leichte<br />

Baureihe mit vergrößertem Radialspiel)<br />

aufgesetzt. Allgemein werden<br />

Wälzlager am besten im Ölbad erwärmt,<br />

um lokale Überhitzung und<br />

damit Gefügeveränderungen zu vermeiden.<br />

Nun kann die Steuerkette aufgelegt<br />

werden, wobei wir darauf achten,<br />

dass die Markierungen der beiden<br />

Kettenräder genau übereinanderstehen.<br />

Bei Motoren mit ursprünglich<br />

zweireihiger Kette legt man die ersatzweise<br />

verwendete einreihige<br />

Kette auf die vordere Kettenreihe der<br />

Duplexkettenräder auf und montiert<br />

sorgfältig das Kettenschloss. Wie üblich<br />

zeigt dabei die geschlossene<br />

Seite der Kettenschlossfeder in Laufrichtung<br />

der Kette (wie fast alle Motoren<br />

weltweit laufen auch die <strong>BMW</strong>-<br />

Boxer von vorn gesehen im Uhrzeigersinn).<br />

Bei Motoren mit dem neueren<br />

Lagerdeckel und einreihiger<br />

Kette muss zuvor der Kettenspanner<br />

eingebaut sein. Beim Auflegen der<br />

Kette erleichtert ein Helfer, der den<br />

Kettenspanner zurückdrückt, die Arbeit<br />

erheblich. Anschließend das Sichern<br />

des Kettenspanners mit dem<br />

Sprengring nicht vergessen.<br />

Anschließend wird bei Motoren mit<br />

dem neuen Lagerdeckel die Laufschiene<br />

links von der Kurbelwelle<br />

festgeschraubt. Sie wird so einge-<br />

Motor 48


stellt, dass sie nach mehrmaligem<br />

Durchdrehen des Motors in Laufrichtung<br />

ganz leicht an der Kette anliegt.<br />

Aufgabe dieser Laufschiene ist<br />

es, das Peitschen der Kette, insbesondere<br />

im Leerlauf, zu unterbinden.<br />

Die Laufschiene<br />

(links im Bild) sollte<br />

leicht an der Kette<br />

anliegen. Einbaurichtung<br />

des Kettenschlosses<br />

beachten.<br />

Montage der<br />

Ölpumpe. Der<br />

O-Ring wird immer<br />

erneuert, der Deckel<br />

darf keine starken<br />

Riefen haben.<br />

Montage von Ölpumpe und<br />

Schwungscheibe<br />

Nun wenden wir uns wieder der<br />

Rückseite des Motors zu; dazu stellen<br />

wir ihn aufrecht auf den Ölwannenflansch<br />

und montieren die Ölpumpe.<br />

Dabei wird der O-Ring im<br />

Ölpumpendeckel immer erneuert.<br />

Falls der Deckel undicht war, kontrollieren<br />

wir ihn auf Verzug und<br />

tauschen ihn im Zweifelsfalle aus.<br />

Falls er starke Laufspuren hat, kann<br />

er auf einer Glasplatte mit Schleifleinen<br />

abgezogen werden. Dabei darauf<br />

achten, dass der Deckel nach<br />

dem Abziehen eben ist.<br />

Die nächste Arbeit ist das Aufsetzen<br />

des Schwungrades. Wenn das Axialspiel<br />

der Kurbelwelle in Ordnung<br />

war (0,08–0,1 mm), setzen wir die<br />

originale hintere Anlaufscheibe auf<br />

die zwei Fixierstifte im Gehäuse auf<br />

und montieren dann den hinteren<br />

Simmerring. Dazu wird in jedem<br />

Fall ein Einpresswerkzeug benötigt,<br />

sonst beschädigt man den teuren<br />

Simmerring gleich beim Einbau.<br />

Einpresswerkzeug<br />

aus Kunststoff<br />

zum Montieren<br />

des Kurbelwellensimmerrings.<br />

49 Motor


Die unten abgebildete Tabelle gibt<br />

eine grobe Orientierung, wie ein<br />

Zweiventiler abhängig vom Ein-<br />

satzzweck konfiguriert sein sollte,<br />

um eine ausgewogene Motorcharakteristik<br />

sicher zu stellen.<br />

Erfahrungswerte<br />

zur optimalen<br />

Konfiguration eines<br />

<strong>BMW</strong>-Zweiventilers<br />

abhängig von der<br />

gewünschten<br />

Motorcharakteristik.<br />

Eckwerte verschiedener Konzepte für 2V-Motoren<br />

GS-Motor Tourenmotor Rennmotor<br />

Motorcharakteristik Low-End Torque Ausgewogenes Maximale Nennleistung<br />

Verhältnis von<br />

und Drehvermögen<br />

Durchzugsvermögen<br />

und Nennleistung<br />

Bohrung 94–98 mm 94–98 mm 94–98 mm<br />

Verdichtungsverhältnis 8,8–9,2 8,8–9,5 9,5–11<br />

Kraftstoff (Oktanzahl) Super 95 Super 95 Super 98<br />

oder E10<br />

oder E10<br />

Zündung Einfach oder Einfach oder Doppelzündung<br />

Doppelzündung<br />

Doppelzündung<br />

Nockenwelle 296° 308–320° 320–344°<br />

Vergaser-Durchmesser 32 mm 32 mm 40 mm (Bing)<br />

oder 40 mm<br />

oder Keihin/Mikuni<br />

Einlassventil-Durchmesser 42 mm 42 mm 44 mm<br />

oder 44 mm<br />

oder 46 mm<br />

Motor-Feintuning Empfohlen Empfohlen Notwendig<br />

Ventiltriebsüberarbeitung Empfohlen Empfohlen Notwendig<br />

Hardwareaufwand mäßig mäßig hoch<br />

Abstimmungsaufwand mäßig mäßig hoch<br />

Eckdaten verschiedener Nockenprofile<br />

Aus der Theorie ist von einer Nockenwelle zu fordern,<br />

dass sie die Ventile so schnell wie möglich auf einen<br />

möglichst großen Hub öffnet und im optimalen Zeitpunkt<br />

so schnell wie möglich schließt. Damit wird ein<br />

maximaler Zeitquerschnitt für die Füllung des Zylinders<br />

möglich. Natürlich ist der optimale Öffnungs- und<br />

Schließzeitpunkt stark von der Motordrehzahl abhängig<br />

– eine für alle Drehzahlen optimale Nockenwelle gibt es<br />

deshalb nicht. Die nachfolgende Übersicht zeigt<br />

die wichtigsten Eckdaten einiger Nockenprofile für den<br />

Zweiventiler.<br />

Die meisten Zweiventiler laufen serienmäßig mit der bekannten<br />

308 Grad Nockenwelle mit 9,39 mm Hub an<br />

Ein- und Auslass. Damit bauen die Motoren schon bei<br />

niedrigsten Drehzahlen einen sehr ausgewogenen<br />

Drehmomentverlauf auf, sind aber bei maximalem<br />

Drehmoment und maximaler Leistung begrenzt. Das<br />

Profil wurde bereits in den frühen sechziger Jahren von<br />

Paul Rosche („Nocken-Paule“) entwickelt. Für den schwe -<br />

ren und weichen Ventiltrieb der Baureihe fallen die<br />

möglichen Beschleunigungen und Verzögerungswerte<br />

zwangsläufig sehr moderat aus. Dazu kommen lange<br />

und flache Anlauframpen, um Spiele und Elastizitäten<br />

des Ventiltriebs möglichst geräuscharm zu überwinden.<br />

Das gelingt nur bedingt, zudem sind die langen Rampen<br />

ungünstig für Füllung, Klopfneigung und Ladungswechsel.<br />

Nach dem gleichen Muster ist die 336 Grad Nockenwelle<br />

gestrickt. Um mehr Zeitquerschnitt zu verwirklichen,<br />

wurde der Hub auf 10,7 mm erhöht. Wegen der möglichen<br />

Beschleunigungen und Verzögerungen ergibt sich<br />

damit zwangsläufig die längere Öffnungszeit. Der für<br />

die Nennleistung entscheidende Einlassschluss erfolgt<br />

Diese Werte<br />

kann man bei<br />

unbekannten Nockenwellen<br />

wie im<br />

Bild gezeigt mit<br />

Messuhr und Gradscheibe<br />

am eigenen<br />

Motor ermitteln.<br />

Vergleich Hub und Öffnungszeiten verschiedener Nockenwellen<br />

Seriennocke Nocke Asymmetr. Rennnocke<br />

308 Grad 336 Grad Nocke<br />

Auslasshub 9,39 mm 10,70 mm 9,85 mm 11,25 mm<br />

Auslass öffnet -300 Grad vor OT -315 Grad vor OT -300 Grad vor OT -265 Grad vor OT<br />

Auslass schließt 70 Grad nach OT 80 Grad nach OT 70 Grad nach OT 55 Grad nach OT<br />

Überschneidung 155 175 190 115<br />

Einlasshub 9,39 mm 10,70 mm 10,70 mm 11,25 mm<br />

Einlass öffnet 85 Grad vor OT 95 Grad vor OT 120 Grad vor OT 60 Grad vor OT<br />

Einlass schließt 285 Grad nach OT 290 Grad nach OT 305 Grad nach OT 305 Grad nach OT<br />

Motor 84


Wie empfindlich ein gut abgestimmter<br />

Motor auf Änderungen an diesen<br />

Parametern reagiert, zeigt das Beispiel<br />

des Luftfilterdeckels. Serienmäßig<br />

sind hier zwei Ansaugschnorchel<br />

mit unterschiedlichem Durchmesser<br />

verbaut. Wer den kleinen<br />

Schnorchel durch das große Exemplar<br />

ersetzt, wird statt höherer<br />

Nennleistung eine herbe Enttäuschung<br />

erleben: Der Motor hat dann<br />

bei 4500 U/min ein deutliches<br />

Drehmomentloch.<br />

Drehmomentloch<br />

statt höherer Nennleistung:<br />

Das ist<br />

das Ergebnis, wenn<br />

der kleine Ansaugschnorchel<br />

durch den<br />

großen ersetzt wird.<br />

Abtasten<br />

der Ventilerhebung<br />

mit Messuhr und<br />

Gradscheibe.<br />

entsprechend später als bei der 308 Grad-Nockenwelle.<br />

Die 336 Grad-Nockenwelle wurde in den siebziger Jahren<br />

von <strong>BMW</strong> an Sportfahrer zusammen mit hochverdichteten<br />

Kolben, Unterlagen für die Ventilfedern und<br />

einer Anleitung zum Erleichtern der Schwungscheibe<br />

abgegeben. Damit konnten <strong>BMW</strong>-Fahrer bei den damals<br />

populären Zuvis noch erstaunlich lange die kräftigeren<br />

japanischen Vierzylinder in Schach halten. Wenn die<br />

Gesamtabstimmung passt, ist die 336 Grad-Nockenwelle<br />

Grundlage für mehr Dampf über 4000 U/min; allerdings<br />

geht der bekannte Druck des Zweiventilers bei niedrigen<br />

Drehzahlen etwas verloren.<br />

85 Motor


Grundauslegungs -<br />

daten verschiedener<br />

Varianten des<br />

luftgekühlten<br />

4V-Boxermotors.<br />

Von allen Varianten hat der GS-<br />

Motor mit relativ zahmen Steuerzeiten<br />

und dem ausgeprägten Druck<br />

von ganz unten auch das geringste<br />

Verdichtungsverhältnis aller Varianten,<br />

zumal er auf die Verwendung<br />

von Super 95 ausgelegt ist. Die<br />

leistungsstärkere R 1200 R und<br />

R1200S haben sportlichere Steuerzeiten<br />

für höhere Spitzenleistung,<br />

müssen dafür aber auf Zylinderfüllung<br />

und Druck von ganz unten verzichten<br />

und können dafür wegen geringerer<br />

Klopfneigung bei niedrigen<br />

Drehzahlen höher verdichtet werden.<br />

Dies auch deshalb, weil die Motoren<br />

auf Super 98 ausgelegt sind.<br />

Als Spitzenmotorisierung mit ihrem<br />

R1200GS R1200R R1200 S R 1200 HP2<br />

(Modell 2007)<br />

Max. Leistung/U/min 98/7500 109/7500 122/8250 133/8800<br />

Max. Drehmoment/U/min 115/5500 115/6000 112/6800 125/6600<br />

Kraftstoff Super 95 Super 98 Super 98 Super 98<br />

Verdichtungsverhältnis 11,0:1 12:1 12,5:1 12,5:1<br />

R 1200 S gestiegenen Füllung bei<br />

niedrigen Drehzahlen kann das sehr<br />

hohe Verdichtungsverhältnis von<br />

12,5:1 beibehalten werden, weil der<br />

linsenförmige Brennraum extrem<br />

klopfunempfindlich verbrennt.<br />

Verdichtungserhöhung beim<br />

Zweiventiler<br />

Nehmen wir einen absolut braven<br />

Zweiventiler mit 800 cm 3 und einem<br />

Verdichtungsverhältnis von 8,2:1.<br />

Dem fräsen wir den Zylinderkopf<br />

rücksichtslos so ab, dass das Verdichtungsverhältnis<br />

auf 10,0 gesteigert<br />

wird. Dann kann über den verbesserten<br />

thermischen Wirkungsgrad<br />

des Arbeitsprozesses mit einer<br />

über 30% gestiegene Spitzendruck<br />

im Brennraum. In Extremfällen<br />

können dabei durchaus Pleuellager<br />

ausfallen, Zylinderkopfdichtungen<br />

durchbrennen oder bei nicht angepasster<br />

Zündkennlinie Feuerstege<br />

vom Kolben abschmelzen. Realistischer<br />

ist beim Zweiventiler eine dezente<br />

Verdichtungserhöhung, etwa<br />

von 8,5:1 beim 1000er Motor auf<br />

9,2:1. Dabei kann eine um 2,7%<br />

höhere Leistung erwartet werden,<br />

beim R 100 R-Motor also 61,6 PS<br />

statt 60 PS – nicht gerade der Knüller.<br />

Und selbst bei dieser moderaten<br />

Erhöhung steigt der Spitzendruck<br />

schon um über 10%.<br />

Extrem<br />

kompakter und<br />

klopffester<br />

Brennraum aus<br />

der <strong>BMW</strong><br />

HP2 Sport.<br />

Duchgebrannte<br />

Kopfdichtung –<br />

dieser Zweiventiler<br />

lief kurzzeitig mit<br />

einem Verdichtungsverhältnis<br />

von 11:1.<br />

aufwändigen Radialvierventiler bietet<br />

die HP2 Sport im Vergleich zur<br />

R1200S mehr Drehmoment sowohl<br />

oben als auch unten. Ergebnis eines<br />

leichteren und steiferen Ventiltriebs<br />

mit optimierter Ventilerhebung, entdrosselter<br />

Saug- und Abgasanlage<br />

und eines sehr klopffesten Brennraums.<br />

Trotz einer gegenüber der<br />

theoretischen Leistungszunahme<br />

um 6,8% gerechnet werden. Der<br />

50 PS-Motor hätte also nach einer<br />

solchen Kur 53,4 PS. Das scheint<br />

zunächst beachtlich, ist aber gemessen<br />

an der sehr deutlichen Erhöhung<br />

des Verdichtungsverhältnisses<br />

nicht gerade weltbewegend.<br />

Kehrseite der Medaille ist der um<br />

Im gleichen Maß wie sich die<br />

Leistung des Motors bei Volllast<br />

theoretisch erhöht, erhöht sich sein<br />

Wirkungsgrad. Im Teillastbetrieb<br />

hat der Motor mit höherem Ver -<br />

dichtungsverhältnis den geringeren<br />

Kraftstoffverbrauch. In Zeiten steigenden<br />

Energiebewusstseins ein<br />

weiterer wichtiger Grund, warum<br />

beim Verdichtungsverhältnis die<br />

Grenze nach oben ausgelotet wird.<br />

Dieses Potential wird oft überschätzt,<br />

denn neben dem Verdichtungsverhältnis<br />

gibt es weitere<br />

Grundvoraussetzungen für günstigen<br />

Verbrauch und hohe Leistung.<br />

Motor 90


Halbkugelbrennraum<br />

eines Zweiventil -<br />

motors. Die Doppel -<br />

zündung erlaubt<br />

höhere Verdichtungsverhältnisse.<br />

Im Vergleich<br />

dazu ein<br />

moderner Vierventildachbrennraum.<br />

Sogenannte Sparbüchse.<br />

Durchgeschmolzener<br />

Kolbenboden<br />

wegen stark<br />

klopfender Verbrennung<br />

und zu hoher<br />

Materialtemperatur.<br />

Dazu gehören ein optimaler Ladungswechsel,<br />

eine effiziente Verbrennung,<br />

niedrige Reibung des Motors<br />

und die optimale Abstimmung<br />

von Vergaser und Zündung, – also<br />

das gesamte Programm beim Motortuning.<br />

Auch wird oft übersehen,<br />

dass extrem hoch verdichtete Mo -<br />

toren zu rauem Lauf beim Gasaufziehen<br />

und unangenehm hohem<br />

Bremsmoment beim Gaswegnehmen<br />

neigen. Umgekehrt ist die oft ge lobte<br />

Laufkultur vieler Veteranen neben<br />

den damals üblichen großen<br />

Schwungmassen vor allem auf die<br />

moderaten Verdichtungsverhältnisse<br />

zurückzuführen – ein gewichtiger<br />

Grund, bei dieser Variablen nicht<br />

unbedingt an die Grenze zu gehen.<br />

Wenn ein Motor ohnehin geöffnet<br />

wird und vorher nicht durch klopfende<br />

Verbrennung aufgefallen ist,<br />

kann eine Erhöhung des Verdichtungsverhältnisses<br />

um 0,2–0,3 Einheiten<br />

durch Abplanen des Zylinderkopfes<br />

in Betracht gezogen werden.<br />

Wie bereits erwähnt sollte man<br />

davon keine Wunder erwarten. Eine<br />

etwas stärkere Erhöhung der Verdichtung<br />

um etwa 0,5 Punkte kann<br />

in Erwägung gezogen werden, wenn<br />

schärfere Nockenwellen eingebaut<br />

werden sollen, die geringere Füllung<br />

bei niedrigen Drehzahlen erwarten<br />

lassen oder wenn ein auf Normalbenzin<br />

ausgelegter Motor auf Super<br />

95 umgestellt wird. Bei jeder Verdichtungserhöhung<br />

und beim Einbau<br />

einer anderen Nockenwelle<br />

muss unbedingt der Freiraum des<br />

Kolbens zum Kopf und zu den Ventilen<br />

überprüft werden: 1,5 Millimeter<br />

sollten keinesfalls unterschritten<br />

werden. Empfehlenswert ist eine<br />

Reinigung der Brennräume durch<br />

Glasstrahlen und anschließendes<br />

Glätten der Brennraumoberfläche,<br />

um Ansetzen von Ölkohle zu vermeiden<br />

und Klopfnester zu besei -<br />

tigen.<br />

Bei so viel Aufwand versteht sich<br />

von selbst, dass bei Mehrzylindermotoren<br />

die Brennräume ausgelitert<br />

werden, um gleiches Verdichtungsverhältnis<br />

an allen Zylindern sicher<br />

zu stellen. Details dazu siehe Kapitel<br />

Motoroptimierung und Tuning.<br />

Die Vergaser<br />

Die Gemischaufbereitung übernehmen<br />

an den Zweiventilern in klassischer<br />

Weise Vergaser, die sich je<br />

nach Motor in der Bauart und der<br />

Bedüsung unterscheiden. Neben der<br />

Gemischaufbereitung übernimmt<br />

der Vergaser natürlich auch die<br />

wichtige Aufgabe, die vom Motor<br />

abgegebene Leistung gemäß dem<br />

Fahrerwunsch zu regeln. Sie wird<br />

beim Ottomotor durch eine Drossel<br />

bewerkstelligt, die je nach Vergaserausführung<br />

in Form eines Schiebers<br />

(Schiebervergaser) bzw. einer<br />

Drosselklappe (Gleichdruckvergaser)<br />

ausgeführt ist. Charakteristisch<br />

für Ottomotoren ist, dass sie bei<br />

jedem Betriebszustand für eine aussetzerfreie<br />

Verbrennung ein genau<br />

definiertes Kraftstoff-Luftgemisch<br />

verlangen, dessen Zusammensetzung<br />

durch die sogenannte Luftzahl Lambda<br />

beschrieben wird. Es bedeuten:<br />

91 Motor


Die Kerbverzahnung<br />

der Getriebe -<br />

eingangswelle und<br />

der Kupplungsnabe<br />

wird vor dem Einbau<br />

ins Fahrwerk leicht<br />

mit Kupplungsnabenfett<br />

bestrichen.<br />

Bei dieser Anordnung<br />

ist L1 = 300 mm,<br />

L2 = 350 mm.<br />

Um die Kreuzgelenkschrauben<br />

mit 40 Nm<br />

anzuziehen, müssen<br />

am Drehmomentschlüssel<br />

34 Nm<br />

eingestellt werden.<br />

Getriebe 138<br />

verzahnung auf der Getriebeeingangswelle<br />

gereinigt und mit einem<br />

Spezialfett von LUK oder Fichtel &<br />

Sachs für diese heikle Stelle geschmiert<br />

werden. Bevor wir die Getriebehalteschrauben<br />

endgültig festziehen,<br />

wird die Getriebeeingangswelle<br />

mehrfach axial in der Kupplungsverzahnung<br />

hin und her bewegt,<br />

damit das Kupplungsnabenfett<br />

gleichmäßig in der Kerbverzahnung<br />

verteilt wird. Damit wird optimale<br />

axiale Beweglichkeit der Reibscheibe<br />

sichergestellt.<br />

Auf eine kritische Stelle beim Einbau<br />

der Kardanwelle sollte noch<br />

hingewiesen werden: Beim Anziehen<br />

der Kreuzgelenkschrauben<br />

muss das vorgeschriebene Anzugsdrehmoment<br />

von 40 Nm genau eingehalten<br />

werden, sonst können<br />

Spezialschlüssel<br />

zum Anziehen der<br />

Kreuzgelenkschrauben<br />

mit dem vorgeschriebenen<br />

Anzugsdrehmoment.<br />

diese hochbeanspruchten Schrauben<br />

im Betrieb abreißen und schwere<br />

Schäden verursachen.<br />

Ich habe mir dazu an einen kräftigen<br />

Innenzwölfkant-Ringschlüssel<br />

SW 10 eine Stahlplatte anschweißen<br />

lassen, in die ein ½ Zoll-Vierkant<br />

eingefeilt wurde. In diesen Vierkant<br />

kann der Antrieb eines handelsüb -<br />

lichen Drehmomentschlüssels gesteckt<br />

werden, wie es das Bild zeigt.<br />

Wichtig dabei ist: Der Drehmomentschlüssel<br />

darf jetzt nicht auf 40 Nm<br />

eingestellt werden, sondern das<br />

Drehmoment muss im Verhältnis<br />

der beiden Hebellängen reduziert<br />

werden, da der Knickpunkt des<br />

Schlüssels nicht in Schraubenmitte,<br />

sondern deutlich weiter außen liegt.<br />

Das am Drehmomentschlüssel einzustellende<br />

Moment ergibt sich nach<br />

folgender Formel:<br />

M D =40 Nm x L 1 / L 2<br />

wobei L 1 der Abstand von Handgriffmitte<br />

bis zum Drehpunkt der<br />

Ratsche des Drehmomentschlüssels<br />

und L 2 der Abstand von Handgriffmitte<br />

bis zum Mittelpunkt der<br />

Schraube ist.<br />

Wie aus der Beschreibung hervorgeht,<br />

sollte dazu ein Drehmomentschlüssel<br />

verwendet werden, der<br />

beim Erreichen des vorgeschriebenen<br />

Moments knackt, ein primitiver<br />

Zeigerdrehmomentschlüssel ist für<br />

solche Arbeiten viel zu ungenau.<br />

Diese Beschreibung hört sich ziemlich<br />

aufwendig an, wer aber jemals<br />

die Folgeschäden abgescherter<br />

Kreuzgelenkschrauben gesehen hat,<br />

wird sich die Mühe sicher gerne machen.<br />

Als abschließende Arbeit müssen die<br />

Schwingenlager eingestellt werden,<br />

diese Arbeit wird im Kapitel „Das<br />

<strong>BMW</strong>-Fahrwerk – Hinterradschwinge<br />

und Federbeine“ beschrieben.


Modellpflege<br />

des Fünfganggetriebes<br />

In seiner Bauzeit ab Herbst 1973<br />

musste das Fünfganggetriebe einige<br />

Modifikationen über sich ergehen<br />

lassen.<br />

Rechts der<br />

neuere Schalt -<br />

automat mit den<br />

spitzeren<br />

Raststufen.<br />

Eine spielfreie<br />

Schaltumlenkung<br />

mit hochpräzisen<br />

Gelenkköpfen ver -<br />

bessert die Getriebeschaltbarkeit.<br />

Das<br />

Schauglas zeigt den<br />

Ölstand und verrät<br />

Wasser im Getriebeöl<br />

sofort.<br />

Die Einführung des Ölleitblechs zur<br />

besseren Schmierung der Abtriebswelle<br />

wurde schon erwähnt. In den<br />

darauffolgenden Jahren galten die<br />

Verbesserungen hauptsächlich dem<br />

Schaltautomaten, denn die Schaltbarkeit<br />

war entgegen aller Theorie<br />

nicht so viel besser als beim Vierganggetriebe.<br />

Hier erfolgten mehrere<br />

Änderungen an den Kurvenscheiben.<br />

Wenn Sie mit der Schaltbarkeit<br />

Ihres Getriebes nicht zufrieden sind,<br />

lohnt der Einbau der letzten Version.<br />

Ab Herbst 1977 betätigte der Schalthebel<br />

den Schaltautomaten über ein<br />

Umlenkgestänge, mit dem sich die<br />

Schaltbarkeit etwas verbessert. Vorteilhaft<br />

ist dabei, dass damit die<br />

Lage des Schalthebels exakt auf die<br />

Ergonomie des Fahrers eingestellt<br />

werden kann. An dieser Stelle lohnt<br />

Links das erste<br />

Fünfganggetriebe<br />

bis Herbst 1978,<br />

in der Mitte die<br />

Version mit dem<br />

verrippten Gehäuse<br />

für die schwere<br />

Schwungscheibe,<br />

rechts die letzte<br />

Version ab Herbst<br />

1980 für die leichte<br />

Schwungscheibe.<br />

139 Getriebe


Umbauten<br />

Typisch für die Zweiventilbaureihe<br />

ist das sogenannte „offene Design“,<br />

das alle klassischen Motorradkonzepte<br />

auszeichnet: Die Maschine besteht<br />

aus gestalterisch getrennten<br />

Baugruppen wie Lampe, Schutzbleche,<br />

Tank, Sitzbank und eventuell<br />

dem Heckbürzel wie bei der R90S.<br />

Mit der R90S bemächtigten sich<br />

erstmals die Designer der Gestaltungsaufgabe<br />

und entwickelten eine<br />

Gesamtlinie für das Produkt Motorrad<br />

ähnlich wie im Automobilbau<br />

längst üblich. Eines der ersten<br />

durchgestylten <strong>BMW</strong>-Motorräder<br />

war die R100RS mit ihrer als „Karosserie“<br />

bezeichneten Vollverkleidung.<br />

Die Einzelbauteile sind nun<br />

gestalterisch miteinander verbunden<br />

und lassen sich nicht einfach<br />

voneinander trennen – man spricht<br />

von „geschlossenem“ Design.<br />

So ist die Beliebtheit klassisch gestylter<br />

<strong>BMW</strong>s auch darauf zurückzuführen,<br />

dass sie mit ihrem offenen<br />

Design eine hervorragende Basis für<br />

Eigenbauten abgeben. Schon bei<br />

einer R100RS wird dies erheblich<br />

aufwendiger. Beim Designkonzept<br />

der Vierventilboxer steigt der Aufwand<br />

eines selbst gestalteten Motorrades<br />

ins schier Unermessliche.<br />

Ausnahme ist die R nineT, deren<br />

Gestaltung klassische Ansätze aufgreift.<br />

Eine oft umgesetzte Umbauidee<br />

lehnt sich an das Konzept englischer<br />

Café-Racer aus den sechziger Jahren<br />

an. Das waren Nortons, Triumphs,<br />

BSA oder Vincent, an denen aller<br />

entbehrlicher Zierrat entfernt wur -<br />

de. Typisch für diese Ära ist die<br />

reichliche Verwendung von Chrom<br />

und poliertem Aluminium.<br />

Anregung und Beispiel für diese Motorradgattung<br />

auf <strong>BMW</strong>-Basis liefert<br />

Manfred Zeugners Café-Racer. Insgesamt<br />

vier solcher Maschinen hat<br />

er inzwischen aufgebaut – sie unterscheiden<br />

sich in vielen Details und<br />

diese vorerst letzte ist die beste, so<br />

Manfred Zeugner. Basis war eine<br />

R 100 R, die komplett gestrippt<br />

wurde. Das schwere Rahmenheck<br />

fiel der Säge zum Opfer, die Sitzbank<br />

Manfred Zeugners<br />

Café-Racer.<br />

Tipps 252


ist selbst gebaut. Bestechend ist<br />

neben der gestalterischen Finesse<br />

auch die handwerkliche Perfektion<br />

im Detail, eine Grundvoraussetzung<br />

für die TÜV-Abnahme eines solchen<br />

Eigenbaus.<br />

Nach vier Café-Racern hat Manfred<br />

aus einer R100Mystic einen federleichten<br />

Scrambler gebaut. Besonderheit<br />

ist der modulare Aufbau der<br />

Anbauteile, mit der die Maschine in<br />

einer Stunde Umbauzeit ein völlig<br />

neues Äußeres bekommt. Durch<br />

konsequente Gewichtsreduzierung<br />

wiegt die Maschine nur gut 170 Kilogramm<br />

mit vollem Tank.<br />

Manfred Zeugner<br />

mit seinem<br />

modular aufgebauten<br />

Scrambler.<br />

Der Scrambler<br />

von der<br />

rechten Seite.<br />

253 Tipps

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