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Die Münze – Gewicht und Feingehalt - money trend

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WILFRIED MAHLIG<br />

<strong>Die</strong> <strong>Münze</strong> <strong>–</strong> <strong>Gewicht</strong> <strong>und</strong> <strong>Feingehalt</strong><br />

Handels- <strong>und</strong> Münzgewichte<br />

von den Anfängen bis zur Gegenwart<br />

Vorwort<br />

Zu den wohl interessantesten Beschäftigungen eines leidenschaftlichen<br />

<strong>und</strong> engagierten <strong>Münze</strong>nsammlers gehört sicherlich<br />

auch die Beschäftigung mit den historischen <strong>und</strong> wirtschaftlichen<br />

Hintergründen einer Münzprägung. Viele Tausende<br />

numismatische Fachbücher, Abhandlungen <strong>und</strong> Kataloge<br />

zu bestimmten Abschnitten der Münzgeschichte sind in der<br />

Vergangenheit geschrieben worden, die aktuellsten <strong>und</strong> gebräuchlichsten<br />

Standardwerke über die weltweite Gold- <strong>und</strong><br />

Silbermünzenprägung (Friedberg, Krause Mishler u.a.) bieten<br />

hierzu schon eine Fülle von Informationen. Auch die technischen<br />

Parameter einer <strong>Münze</strong> (Rauhgewicht, Feingewicht <strong>und</strong><br />

<strong>Feingehalt</strong>) werden genauestens bis auf 4 Stellen nach dem<br />

Komma sowohl in Gramm als auch in Feinunzen angegeben.<br />

Allerdings stellt sich spätestens an dieser Stelle die Frage, wie<br />

denn ein Münzmeister im Altertum überhaupt eine <strong>Münze</strong> wie<br />

z. B. eine persische Golddareike zu 8,4 g oder eine silberne attische<br />

Tetradrachme zu 17,5 g herstellen konnte, wenn die<br />

Maßeinheit Gramm für das <strong>Gewicht</strong> dieser Stücke überhaupt<br />

erst nach 1799 schrittweise eingeführt wurde. Ebenso stutzig<br />

machen <strong>Feingehalt</strong>sangaben für arabische Dinare des 7. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />

von 975/1000 fein, auch diese Angabe wurde erst mit<br />

der Einführung des metrischen Systems möglich. Natürlich<br />

sind die in den heutigen Katalogwerken verwendeten <strong>Gewicht</strong>s-<br />

<strong>und</strong> <strong>Feingehalt</strong>sangaben Ergebnisse einer genauen Untersuchung<br />

der entsprechenden <strong>Münze</strong>n mit heutigen modernen<br />

Methoden, vor allem bei solchen Stücken, bei denen keine<br />

schriftlichen Urk<strong>und</strong>en <strong>und</strong> Überlieferungen hinsichtlich der<br />

gesetzlichen Vorschriften über die münztechnischen Parameter<br />

vorliegen. Andererseits gibt es jedoch auch eine Fülle historisch<br />

überlieferter Verfügungen, Edikte <strong>und</strong> Gesetze, in denen<br />

die damals Prägeberechtigten genau die Ausbringung der entsprechenden<br />

<strong>Münze</strong>n nach " Schrot <strong>und</strong> Korn " festlegten. Damit<br />

sind wir aber schon bei der Problematik der historischen<br />

Münz- <strong>und</strong> Handelsgewichte sowie der Festlegung, Bestimmung<br />

<strong>und</strong> Kontrolle des <strong>Feingehalt</strong>es der Münzmetallegierungen<br />

bei Gold- <strong>und</strong> Silbermünzen. Leider ist es dem Verfasser<br />

nicht gelungen, in der doch sehr umfangreichen numismatischen<br />

Literatur ein deutschsprachiges, modernes <strong>und</strong> allgemeinverständliches<br />

Gesamtwerk zur Problematik der <strong>Gewicht</strong>e<br />

<strong>und</strong> <strong>Feingehalt</strong>sdefinitionen von der Antike bis zur Gegenwart<br />

zu finden. So führte notgedrungenerweise die Suche in einer<br />

Vielzahl, oft auch fremdsprachlicher Publikationen zu einer<br />

Faktensammlung, die mit der nachfolgenden Abhandlung<br />

dem interessierten <strong>Münze</strong>nfre<strong>und</strong> vorgestellt werden soll, jedoch<br />

keinen Anspruch auf Vollständigkeit erebt.<br />

Ausgangspunkt ist das antike Mesopotamien, welches als<br />

Ursprung der Verwendung von Edelmetallen als Zahlungsmittel<br />

(Hacksilber) gilt. Der Bogen spannt sich dann über die entscheidenden<br />

Schritte der antiken <strong>und</strong> mittelalterlichen Münzprägung<br />

bis zur Einführung des heutigen metrischen Systems.<br />

Dabei war es allerdings notwendig, sich auf die jeweils ersten<br />

initialen Prägungen zu konzentrieren, bei denen noch der unmittelbare<br />

Zusammenhang zwischen den Handelsgewichten<br />

<strong>und</strong> den daraus gebildeten Münzgewichten deutlich sichtbar<br />

war. Im Zuge der über die gesamte Epoche der Prägung von<br />

<strong>Münze</strong>n aus Edelmetallen anhaltenden Münzverschlechterung<br />

wurden die <strong>Münze</strong>n fortlaufend im Rauhgewicht <strong>und</strong> auch zum<br />

großen Teil im Feingewicht reduziert, was zur Folge hatte, daß<br />

die ursprüngliche Übereinstimmung von Handelsgewichtseinheit<br />

<strong>und</strong> <strong>Münze</strong> immer wieder verloren ging.<br />

Außerdem wurde durchgängig das Prinzip der Vorrangigkeit<br />

der Handelsgewichte angewendet, welches bedeutet, daß<br />

zunächst die Handelsgewichte <strong>und</strong> deren systematischer Aufbau<br />

aus Basisgewichten in Form von Getreidekörnern, später<br />

auch theoretischen Körnern, über kleine, mittlerer <strong>und</strong> große<br />

<strong>Gewicht</strong>seinheiten erläutert wird <strong>und</strong> daraus die Bildung der<br />

Münzgewichte hergeleitet wird. Nicht außer Acht gelassen<br />

wurden auch die orientalischen <strong>Münze</strong>n, wobei jedoch nur<br />

schwerpunktmäßig einige arabisch- islamische, islamisch- indische<br />

<strong>und</strong> osmanische Münztypen <strong>und</strong> deren <strong>Gewicht</strong>sgr<strong>und</strong>lagen<br />

betrachtet werden konnten.<br />

Mit besonderer Sorgfalt wurde darauf geachtet, die komplexen<br />

Beziehungen zwischen der Entwicklung von <strong>Gewicht</strong>ssystemen,<br />

der Entwicklung des Handels, der mathematischen Gr<strong>und</strong>lagen<br />

(Zahlensysteme) <strong>und</strong> der Münzprägung herauszuarbeiten.<br />

Sicherlich wird dieser Versuch eines Überblicks noch viele<br />

Fragen offen lassen <strong>und</strong> an bestimmten Stellen auch Widerspruch<br />

hervorrufen, insbesondere da dies keine Arbeit eines Berufsnumismatikers<br />

ist. An dieser Stelle seien alle Leser herzlichst<br />

dazu aufgerufen, ihre Meinungen, Kritiken, Widersprüche<br />

<strong>und</strong> Anregungen sowie neue Fakten dem Verfasser mitzuteilen.<br />

A <strong>–</strong> Allgemeiner Teil<br />

Historische <strong>Gewicht</strong>e <strong>und</strong> ihre Bedeutung für<br />

die Münzprägung <strong>und</strong> Geldgeschichte<br />

1. Antike<br />

Für die nomadisierenden Viehzüchter <strong>und</strong> seßhaften<br />

Ackerbauern sowie die Handwerker <strong>und</strong> Kaufleute der Urgesellschaft<br />

<strong>und</strong> Sklavenhaltergesellschaft waren die geistigen<br />

Operationen des Zählens <strong>und</strong> das praktische Bestimmen von<br />

Mengeneinheiten <strong>und</strong> <strong>Gewicht</strong>en unabdingbare Notwendigkeit<br />

für das Bestimmen der Größe von Tierherden oder der<br />

Menge der geernteten landwirtschaftlichen Erzeugnisse. Ein<br />

Tauschhandel von Vieh, landwirtschaftlichen Produkten <strong>und</strong><br />

handwerklichen Erzeugnissen wäre ohne Mengenverhältnisse<br />

nicht möglich gewesen. Zählen, Wiegen <strong>und</strong> Messen waren<br />

gr<strong>und</strong>legende Vorraussetzungen für einen Warenaustausch.<br />

Gr<strong>und</strong>lage für das Zählen waren die 10 Finger beider Hände,<br />

Gr<strong>und</strong>lage des Messens die Fingerbreite (Zoll), die Handbreite,<br />

die Fußlänge (Fuß) oder Unterarmlänge (Elle) bzw. die<br />

Schrittlänge (Schritt). Nach der Erfindung der Waage wurde<br />

das Wiegen zur am meisten genutzten Methode, allerdings eignete<br />

sich dafür kein menschlicher Körperteil als Vergleichsmaß.<br />

Da die wichtigste Lebensgr<strong>und</strong>lage Getreide, vor allem<br />

Gerste <strong>und</strong> Weizen darstellte, wurden Getreidekörner zur Basis<br />

aller bekannten <strong>Gewicht</strong>ssystem. <strong>Die</strong>se Getreidekörner<br />

hatten auch noch den Vorteil, daß sich die <strong>Gewicht</strong>sbasis mit<br />

jeder neuen Ernte ständig selbst reproduzierte. Durch Zusammenfassung<br />

einer relativ großen Anzahl von Körnern zu einer<br />

größeren Einheit wurde außerdem ein Durchschnittsgewicht<br />

gebildet, welches die <strong>Gewicht</strong>stoleranzen einzelner Körner<br />

128 mt 10/2003


vernachlässigbar machte. Zunächst spielte die Gerste eine<br />

wichtigere Rolle als Weizen, so daß Gerstenkörner die ersten<br />

Basisgewichte der sich herausbildenden <strong>Gewicht</strong>ssysteme bildeten.<br />

<strong>Die</strong> überragende Rolle des Weizens als Brotgetreide<br />

führte aber dazu, daß auch Weizenkörner zunächst gemeinsam<br />

mit Gerste oder allein zum Basisgewicht wurden. Eines der ersten<br />

uns heute bekannten <strong>Gewicht</strong>ssysteme entwickelte sich<br />

bereits vor mehr als 4500 Jahren im Siedlungsgebiet der Sumer<br />

zwischen Euphrat <strong>und</strong> Tigris, in Mesopotamien. Ebenso sind<br />

hier die Anfänge der Benutzung von Edelmetallen als Wertmesser<br />

<strong>und</strong> Zahlungsmittel <strong>und</strong> damit vormünzlichen Geldformen<br />

zu suchen. Silber in Form von Barren, Ringen, Drähten<br />

<strong>und</strong> Blechen, die zur Anhäufung bestimmter <strong>Gewicht</strong>e bequem<br />

zerhackt werden konnten bildeten ein erstes allgemeines<br />

Tauschmittel (Hacksilber). Im Gegensatz zu den in Ägypten,<br />

Indien <strong>und</strong> China herausgebildeten Zahlensystemen, welche<br />

sogenannte Zehnersysteme darstellten, hatten die Sumer in<br />

Mesopotamien eine Methode derausgef<strong>und</strong>en, wie man mit<br />

den zehn Fingern beider Hände nicht nur bis Zehn, sondern bis<br />

60 zählen konnte. Bereits 2 Personen konnten ohne schriftliches<br />

Aufzeichnen problemlos bis 3600 nur mit ihren Fingern<br />

zählen, im Zehnersystem wären sogar 3 Personen bei 1000 am<br />

Ende ihrer Möglichkeiten gewesen. Das Sexagesimalsystem<br />

(mathematisch ein Positionssystem zur Basis 60) wurde natürlich<br />

nicht nur zum Zählen von Gegenständen sondern auch als<br />

Zahlensystem für die Bildung der kleinen, mittleren <strong>und</strong><br />

großen <strong>Gewicht</strong>seinheiten benutzt, wobei als kleinstes unteilbares<br />

Basisgewicht ein Gerstenkorn benutzt wurde.<br />

Mesopotamien - Sumer, Babylon, seit 2000 v. u. Z.<br />

Basisgewicht: Gerstenkorn (ca. 44,5 mg) - Gran<br />

Zahlensystem: reines Sexagesimalsystem<br />

180 Grän = 1 Schekel (ca.8 g)<br />

60 Schekel = 1 Mine (ca. 480 g)<br />

60 Minen = 1 sumerisches Talent (ca. 28,8 kg)<br />

Hethiter in Kleinasien seit 17. Jh. v. u. Z.<br />

Basisgewicht: Gerstenkorn (ca. 44,5 mg) - Gran<br />

Zahlensystem: Sexagesimalsytem mit Abweichungen<br />

180 Grän = 1 Schekel (ca. 8 g)<br />

40 Schekel = 1 Mine (ca 320 g)<br />

60 Minen = 1 hethitisches Talent (ca.19,2 kg)<br />

Mesopotamien - Chaldäer, Babylon 9.-7. Jh v. u. Z.<br />

Basisgewicht: Weizenkorn (ca. 46,7 mg) - Gran<br />

Zahlensystem: Sexagesimalsystem<br />

180 Grän = 1 leichter Schekel (ca. 8,4 g)<br />

360 Grän = 1 schwerer Schekel (ca. 16,8 g)<br />

60 leichte Schekel = 1 leichte Mine (ca. 504 g)<br />

60 schwere Schekel = 1 schwere Mine (ca. 1008 g)<br />

60 leichte Minen = 1 kleines Talent (ca. 30,3 kg)<br />

60 schwere Minen = 1 großes Talent (ca. 60,6 kg)<br />

<strong>Die</strong> semitischen Chaldäer benutzten anscheinend als Basisgewicht<br />

anstelle der Gerstenkörner bereits die schwereren<br />

Weizenkörner.<br />

<strong>Die</strong> ersten in der Geschichte der Menschheit geprägten <strong>Münze</strong>n<br />

sind die kleinasiatischen Elektronprägungen. <strong>Die</strong>se <strong>Münze</strong>n<br />

wurden aus einer in den Flußseifen kleinasiatischer Flüsse vorkommenden<br />

natürlichen Gold-Silber Legierung geprägt. <strong>Die</strong><br />

wohl allerersten Stücke stammen wahrscheinlich aus Lydien aus<br />

der Zeit vor der Herrschaft von König Alyattes, also etwa um<br />

625 v. u. Z. Nahezu gleichzeitig prägten aber auch andere , vorwiegend<br />

griechische Städte Kleinasiens erste Elektronmünzen,<br />

denen bald auch Silberprägungen <strong>und</strong> ab der Herrschaft des lydischen<br />

Königs Kroisos (561-546 v. u. Z.) auch Prägungen aus<br />

reinem Gold folgten. Somit dürften die für die sich entwickelnde<br />

Münzprägung ausschaggebenden <strong>Gewicht</strong>ssysteme sowohl das<br />

lydische als auch das griechische <strong>Gewicht</strong>ssystem sein.<br />

<strong>Die</strong> Lyder ihrerseits übernahmen ihre ersten Münzprägungen<br />

aus Elektron, Gold <strong>und</strong> Silber das babylonische <strong>Gewicht</strong>s-<br />

<strong>money</strong> <strong>trend</strong> SPEZIAL II<br />

system. Lydien verwendete für seine ursprüngliche Elektron<strong>und</strong><br />

Silberprägung zunächst noch das Gerstenkorn als Basisgewicht.<br />

Erst nach 561 v. u. Z. treten neben den Gerstenkörnern<br />

auch etwas schwerere Weizenkörner als Basisgewichte für die<br />

Goldprägung in Erscheinung. Somit unterscheiden sich auch<br />

die auf dieser unterschiedlichen Gr<strong>und</strong>lage gebildeten größeren<br />

<strong>Gewicht</strong>seinheiten geringfügig.<br />

Lydien - Kleinasien seit 7. Jh v. u. Z.<br />

Basisgewicht: Gerstenkorn (ca. 44,5 mg) oder Weizenkorn<br />

(ca. 45 mg) - Gran<br />

Zahlensystem: Sexagesimalsystem, ergänzt<br />

180 Grän (45 mg) = 1 Stater (ca. 8,1 g)<br />

für Goldprägungen<br />

240 Grän (44,5 mg) = 1 Stater (ca. 10,68 g) für Silberprägungen,<br />

Gold sehr selten !<br />

360 Grän (44,5 mg) = 1 Stater (ca. 16 g)<br />

für Elektronprägungen<br />

30 Elekronstater oder<br />

45 Silberstater oder<br />

60 Goldstater = 1 Mine (ca. 481 - 486 g)<br />

60 Minen = 1 lydisches Talent (ca. 29 kg)<br />

<strong>Die</strong> Perser übernahmen nach der Eroberung Lydiens<br />

zunächst das lydische <strong>Gewicht</strong>ssystem für ihre Münzprägung.<br />

König Dareios I. führte ab 521 v. u. Z. dann einheitliche <strong>Gewicht</strong>e<br />

für das gesamte Persische Reich ein <strong>und</strong> nahm dazu als<br />

Gr<strong>und</strong>lage das babylonisch/chaldäische System mit dem<br />

schwereren Weizenkorn als Basisgewichte.<br />

Persien- Kleinasien (altes Persisches Reich) seit 521 v. u. Z.<br />

Basisgewicht: Weizenkorn (ca. 46,7 mg) - Gran<br />

Zahlensystem: Sexagesimalsystem , ergänzt<br />

120 Grän = 1 Siglos (ca. 5,6 g) für Silber<br />

180 Grän = 1 Stater (ca. 8,4 g) für Gold, später<br />

Dareike genannt<br />

60 Stater (Dareiken) = 1 Mine (ca. 504 g)<br />

60 Minen = 1 persisches Talent (ca. 30 kg)<br />

Für die anfängliche Münzprägung griechischer Städte aus<br />

Elektron wurde zunächst noch das lydische <strong>Gewicht</strong>ssystem<br />

benutzt, welches auf dem babylonischen System aufbaute. Für<br />

die überwiegende Silbermünzenprägung wurden zumeist eigenständige<br />

griechische <strong>Gewicht</strong>ssysteme benutzt, die im Gegensatz<br />

zu den babylonischen, lydischen <strong>und</strong> persischen <strong>Gewicht</strong>ssystemen<br />

nicht mehr das Sexagesimalsystem als mathematische<br />

Gr<strong>und</strong>lage besaßen. <strong>Die</strong> griechischen Zahlensysteme<br />

waren Zehnersysteme, zum Teil noch mit einem überlagertem<br />

Fünfersystem (Athen). Für die <strong>Gewicht</strong>sdefinition wurde nun<br />

ein Mischsystem aus Sexagesimal-, Dezimal- <strong>und</strong> Fünfersystem,<br />

welches mathematisch gesehen den Vorläufer des späteren<br />

römischen Duodezimalsystems darstellte. Außerdem entsprachen<br />

die <strong>Gewicht</strong>seinheiten genau den Geldeinheiten.<br />

Mit dem attischen <strong>Gewicht</strong>ssystem (eingeführt 600 v. u. Z.<br />

durch den Gesetzgeber Solon) wird die Abkehr vom Sexagesimalsystem<br />

deutlich. Nicht mehr ein ganzzahliges Vielfaches<br />

der Basis 60 (2, 3, 4 oder 6 mal 60 Grän) sondern ein Vielfaches<br />

der neuen Basis 12 (8 mal 12 = 96 Grän) ergibt das neue Hauptnominal<br />

1 Drachme.<br />

Griechenland -Athen seit 600 v. u. Z.<br />

Basisgewicht: Getreidekorn (ca. 45,4 mg) - Gran<br />

Zahlensystem: Mischsystem aus Sexagesimal-, Dezimal- <strong>und</strong><br />

Fünfersystem<br />

16 Grän = 1 Obolos (ca. 0,73 g)<br />

6 Oboloi = 1 Drachme (ca. 4,36 g) = 96 Grän<br />

4 Drachmen = 1 Tetradrachme (ca. 17,5 g)<br />

25 Tetradrachmen = 1 Mine (ca. 436 g) = 100 Drachmen<br />

60 Minen = 1 attisches Talent (ca. 26,2) kg)<br />

mt 10/2003 129


<strong>Die</strong> <strong>Münze</strong> <strong>–</strong> <strong>Gewicht</strong> <strong>und</strong> <strong>Feingehalt</strong><br />

<strong>Die</strong> äußerst umfangreiche römische Münzprägung geschah<br />

bis auf wenige Ausnahmen auf der Basis des <strong>Gewicht</strong>ssystems<br />

des römischen Pf<strong>und</strong>es. Das römische Korn ist auf Gr<strong>und</strong> seines<br />

hohen Durchschnittsgewichtes eindeutig Weizen. <strong>Die</strong>ses<br />

<strong>Gewicht</strong>ssystem wurde auch nach dem Untergang Roms bis<br />

zur Einführung des Karlspf<strong>und</strong>es in Europa (um 781) <strong>und</strong> im<br />

byzantinischen Reich bis zu dessen Untergang 1453 benutzt.<br />

Rom <strong>und</strong> Byzanz nach dem 5. Jh. v. u. Z.<br />

Basisgewicht: Weizenkorn (ca. 47,4 mg) - Gran<br />

Zahlensystem : Duodezimalsystem<br />

24 Grän = 1 Scripulum (1,14 g)<br />

24 Scripula = 1 Unze (27,29 g) = 576 Grän<br />

12 Unzen = 1 römisches Pf<strong>und</strong> (327,45 g)<br />

= 288 Scripula = 6912 Grän<br />

Der Zusammenhang <strong>Gewicht</strong>ssystem <strong>und</strong><br />

Zahlensystem<br />

<strong>Die</strong> Zusammenfassung kleinster unteilbarer <strong>Gewicht</strong>seinheiten<br />

(Basisgewichte) setzte die Existenz eines Zählsystems mittels<br />

Zahlen <strong>und</strong> Ziffern <strong>und</strong> eines mathematischen Systems der<br />

Bildung von Vielfachen oder Teilen einer Gr<strong>und</strong>einheit vorraus.<br />

Das erste uns interessierende Zahlensystem ist das aus Mesopotamien<br />

stammende babylonische Zahlensystem, ein Positionssystem<br />

mit der Basis 60, allgemein bekannt als Sexagesimalsystem.<br />

<strong>Die</strong> ersten <strong>Gewicht</strong>ssystem nutzen diese babylonische System,<br />

in dem ganzzahlige Vielfache von 60 die jeweils höhere Zusammenfassung<br />

der <strong>Gewicht</strong>seinheiten bilden (Bsp. 1):<br />

Interessant für die Geschichte der Münzprägung ist nun,<br />

daß vor allem in Lydien <strong>und</strong> Persien genau die erste Potenz:<br />

der Stater als kleine geprägte Menge Edelmetall mit staatlicher<br />

Garantie als Hauptnominal ausgeprägt wurde.<br />

In Griechenland waren neben dem babylonischen Zahlensysten<br />

noch das attische oder herodianische sowie das milesi-<br />

Bsp. 1:<br />

Bsp. 2:<br />

Bsp. 3:<br />

sche Zahlensystem in Gebrauch. Beide Systeme waren von den<br />

ägyptischen <strong>und</strong> altindischen Zahlensystemen (Zehnersystem<br />

oder dekadisches System oder Dezimalsystem genannt) beeinflußte<br />

<strong>und</strong> abgeleitete Systeme. Im attischen System war dem<br />

Dezimalsystem noch ein Fünfersystem überlagert, die praktisch<br />

verwendete Kombination des attischen mit dem babylonischen<br />

System kennen wir heute unter der Bezeichnung Duodezimal-<br />

oder Zwölfersystem. <strong>Die</strong> relativ große Basis 60 des babylonischen<br />

Systems wurde durch 1 Fünftel dieses Wertes, die<br />

Basis 12 ersetzt, womit die Rechenvorgänge vereinfacht wurden.<br />

Auch konnten jetzt besser Teilmengen gebildet werden,<br />

wie das attische <strong>Gewicht</strong>ssystem zeigt (Bsp. 2).<br />

<strong>Die</strong>se zugegebenermaßen recht komplizierte Faktorenzerlegung<br />

macht die Vermischung der Zahlensysteme deutlich.<br />

<strong>Die</strong> Bildung der Mehrfachmengen geht jetzt über die Multiplikation<br />

der Gr<strong>und</strong>zahl 12 mit bestimmten Faktoren, aber nicht<br />

mehr über deren Potenzen , die Bildung der Teilmengen ebenso,<br />

wo nun Teile der Gr<strong>und</strong>zahl selbst (2/3 von 12 = 8, 1/2 von<br />

12 = 6, 1/3 von 12 = 4, 1/6 von 12 = 2) als Faktoren zur Multiplikation<br />

mit dem Basisgewicht Gran auftraten. Als Ergänzung<br />

wurde auch noch der Faktor 5 benutzt.<br />

<strong>Die</strong> Römer , die Teile des griechischen Zahlen- <strong>und</strong> <strong>Gewicht</strong>ssystems<br />

übernahmen, vereinfachten diese zu einem reinen<br />

Duodezimalsystem mit der Gr<strong>und</strong>zahl 12 , wobei als Faktor<br />

selbst nur 2 <strong>und</strong> 2 mal 2 = 4 benutzt wurden (Bsp. 3).<br />

<strong>Die</strong>ses Zahlen- <strong>und</strong> <strong>Gewicht</strong>ssystem blieb dann mit Abwandlungen<br />

bis zur Einführung des Dezimalsystems bestehen<br />

<strong>und</strong> war auch Gr<strong>und</strong>lage der Handelstätigkeit <strong>und</strong> der Münzprägung.<br />

Der <strong>Feingehalt</strong> der Münzmetallegierungen<br />

antiker Prägungen<br />

<strong>Die</strong> Frage einer exakten Definition des <strong>Feingehalt</strong>es stellte<br />

sich bei den ersten initialen Münzprägungen in Kleinasien (Lydien/<br />

Ionien) nicht.<br />

Zunächst wurde Elektron,<br />

eine natürliche<br />

Legierung von Gold<br />

<strong>und</strong> Silber mit einem<br />

Goldanteil von durchschnittlich<br />

450/1000,<br />

die aus den Flußseifen<br />

vieler Flüsse Kleinasiens<br />

gewaschen wurde,<br />

für die Münzprägung<br />

ohne weitere Bearbeitung<br />

verwendet. Auch<br />

die lydischen, persischen<br />

<strong>und</strong> griechischen<br />

Silbermünzen wurden<br />

aus dem bei der Verhüttung<br />

der Silbererze<br />

anfallenden Silber geprägt,<br />

ohne daß spezielle<br />

Verfahren zur Erzielung<br />

eines bestimmten<br />

Silbergehaltes angewand<br />

wurden. <strong>Die</strong><br />

Art der verarbeiteten<br />

Silbererze (vorwiegend<br />

silberreicher Bleiglanz)<br />

<strong>und</strong> die seit mehr als<br />

Tausend Jahren angewandten<br />

Methoden der<br />

Hüttentechnik mit<br />

anschließendem Feinbrennen<br />

führten zu Silber<br />

mit relativ hohem<br />

130 mt 10/2003


<strong>Feingehalt</strong> (ca. 960/1000) fein. Bereits aber unter König Kroisos<br />

von Lydien (nach 561 v. u. Z.) werden die seit den Zeiten<br />

des ägyptischen Pharaos Ramses II. um 1286 v. u. Z. bekannten<br />

Methoden der Scheidung von Gold <strong>und</strong> Silber (Zementation<br />

durch Glühen mit Kochsalz <strong>und</strong> anschließendes Feinbrennen<br />

unter Bleizusatz) <strong>und</strong> die ebenfalls von ägyptischen Goldschmieden<br />

entwickelten Methoden der sogenannten Feuerprobe<br />

zur Prüfung der Edelmetalle auf unedle Beimengungen angewandt.<br />

<strong>Die</strong>s führt letztendlich dazu, daß bis in die römische<br />

Zeit hinein die Gold- <strong>und</strong> Silbermünzen aus möglichst reinem<br />

Edelmetall geprägt werden, so rein, wie es technologisch eben<br />

möglich ist. Eine spezielle Definition des <strong>Feingehalt</strong>es, die auf<br />

Gr<strong>und</strong>lage der verwendeten <strong>Gewicht</strong>ssysteme ohne weiters<br />

möglich gewesen wäre, ist bisher in den überlieferten Quellen<br />

noch nicht entdeckt oder publiziert worden. Allerdings scheinen<br />

die Griechen hier bereits erste Methoden entwickelt zu haben,<br />

wie zielgerichtete Kupferzusätze zu Silbermünzen zur Erhöhung<br />

der Festigkeit oder künstlich hergestellte mindere<br />

Gold/Silber Legierungen zur Prägung von Elektronmünzen<br />

zeigen. Aber erst in der römischen <strong>und</strong> byzantinischen Münzprägung<br />

wird umfangreich bewußt <strong>und</strong> zielgerichtet im Zuge<br />

der Münzverschlechterung aus fiskalischen Gründen das möglichst<br />

reine Silber mit unedlen Kupferzusätzen gestreckt. Das<br />

römische <strong>Gewicht</strong>ssystem mit dem Pf<strong>und</strong> zu 12 Unzen mit jeweils<br />

24 Skripula zu je 24 Grän aber auch das griechische <strong>Gewicht</strong>ssystem<br />

mit der Drachme zu 96 Grän boten einfache<br />

Möglichkeiten den <strong>Feingehalt</strong> einer Edelmetallegierung zu definieren<br />

<strong>und</strong> zu bestimmen.<br />

Praktisch könnte dies wie folgt ausgesehen haben:<br />

Um den Silbergehalt griechischer <strong>Münze</strong>n zu bestimmen<br />

untersucht man <strong>Münze</strong>n im genauen <strong>Gewicht</strong> einer attischen<br />

Drachme (Probiergewicht) mittels der Feuerprobe, d.h. das<br />

Münzsilber wird unter Bleizusatz geschmolzen, anschließend<br />

wird durch Auflasen von Luft das Blei oxydiert <strong>und</strong> nimmt dabei<br />

die Verunreinigungen auf. Nach Beendigung des Prozesses<br />

<strong>und</strong> Abkühlung wird das übrigbleibende Silberklümpchen erneut<br />

gewogen <strong>und</strong> der <strong>Gewicht</strong>sverlust durch erneutes Wiegen<br />

festgestellt. Dabei bedeutet jedes Grän <strong>Gewicht</strong>sverlust einen<br />

entsprechenden Anteil unedler Beimengungen bzw. kein feststellbarer<br />

<strong>Gewicht</strong>sverlust, daß es sich um reines Silber handelt.<br />

Es liegt die Vermutung nahe, daß bereits im alten Griechenland<br />

ein <strong>Feingehalt</strong>ssystem auf 96/96 Teile Basis bestanden<br />

haben könnte, so wie es nachweislich in Byzanz, im arabisch/islamischen<br />

Kalifat <strong>und</strong> auch im alten Rußland später<br />

verwendet wurde.<br />

Bei den Römern bietet sich eine ähnliche Erklärung an,<br />

wenn man von einem Probiergewicht von 4 Skripula mit ebenfalls<br />

insgesamt 96 Grän ausgeht.<br />

Interessant ist die Tatsache, daß in der römischen Kaiserzeit<br />

angefangen bei Kaiser Nero bis zur Münzreform des Kaisers<br />

Diocletian auch der Goldanteil im Münzgold für die Aureusprägungen<br />

zeitweilig zielgerichtet verringert wurde. Da ein<br />

Kupferzusatz relativ leicht <strong>und</strong> schnell mittels der Feuerprobe<br />

nachzuweisen war, wurde teilweise der Goldanteil durch Silberzusatz<br />

verringert. Dadurch mußten die zu untersuchenden<br />

<strong>Münze</strong>n zunächst eingeschmolzen werden, die Schmelze in<br />

Wasser gegossen werden, um möglichst kleine Körnchen zu erhalten,<br />

<strong>und</strong> anschließend diese Körnchen unter Zusatz von<br />

Kochsalz einem mehrstündigem Glühen unterhalb des<br />

Schmelzpunktes unterzogen werden, um das Silber vom Gold<br />

zu trennen (Zementation). Um diese aufwendige Prozedur zu<br />

umgehen, benutzten die Kaufleute <strong>und</strong> Geldwechsler die bereits<br />

seit dem alten Ägypten bekannte <strong>und</strong> seit 300 v. u. Z auch<br />

aus dem alten Griechenland schriftlich überlieferte Strichprobe<br />

auf einem schwarzen Probierstein (Lydit- Kieselschiefer).<br />

Durch den Vergleich der Strichfarbe des Probestückes <strong>und</strong> der<br />

Strichfarbe reinen Goldes konnten somit zumindest <strong>Münze</strong>n<br />

aus reinem <strong>und</strong> solche aus minderwertigerem Gold unterschieden<br />

werden.<br />

2. Mittelalter bis Neuzeit<br />

<strong>money</strong> <strong>trend</strong> SPEZIAL II<br />

Der Zusammenbruch des weströmischen Reiches <strong>und</strong> die<br />

Ereignisse der Völkerwanderung brachten für die Münzprägung<br />

<strong>und</strong> den Geldverkehr in Europa gravierende Einschnitte.<br />

Obwohl römische <strong>und</strong> auch byzantinische <strong>Münze</strong>n noch jahrh<strong>und</strong>ertelang<br />

weiterbenutzt wurden, nahm die Prägung rapide<br />

ab. Teilweise kam es sogar zu einem reinen Naruralaustausch.<br />

Einige Völker prägten Nachahmungen römischer <strong>und</strong> byzantinischer<br />

<strong>Münze</strong>n, insbesondere die Nachprägungen der goldenen<br />

1/3 Solidus Stücke, Triens genannt, hatten zeitweise eine<br />

gewisse Bedeutung als Zahlungsmittel. Vielfach wurden auch<br />

wieder Silberbarren für größere Zahlungen benutzt. Für große<br />

Teile Europas bedeutete jedoch die Zeit der Völkerwanderung<br />

eine münzlose Periode.<br />

Von den vielen zeitweiligen Staats- <strong>und</strong> Reichsgründungen<br />

erwies sich letztendlich jedoch nur das Frankenreich als lebensfähig<br />

<strong>und</strong> bildete den Ausgangspunkt für die europäische<br />

Münzprägung des Mittelalters. Auch im Mittelalter bilden<br />

Gersten- <strong>und</strong> vorwiegend Weizenkörner die Basisgewichte für<br />

die Bildung größerer <strong>Gewicht</strong>seinheiten. <strong>Die</strong> im Altertum<br />

doch recht großen Abweichungen größerer <strong>Gewicht</strong>szusammenfassungen,<br />

z.B. der Mine ergaben sich aus der unterschiedlichen<br />

Zahl der Basisgewichte, die zu höheren <strong>Gewicht</strong>seinheiten<br />

zusammengefaßt wurden. Das römische Pf<strong>und</strong> mit<br />

327 g verglichen mit der attischen Mine zu 436 g stellt genau<br />

3/4 der Mine dar. Hier setzt nun die nach dem Zusammenbruch<br />

des weströmischen Reiches festzustellende Herausbildung<br />

differierender <strong>Gewicht</strong>seinheiten im europäischen<br />

Raum an. Im wesentlichen bilden sich 3 verschiedene <strong>Gewicht</strong>ssysteme<br />

heraus, schwere Pf<strong>und</strong>e in 16 Unzen-Teilung,<br />

leichte Pf<strong>und</strong>e in 12 Unzen-Teilung sowie die Mark in 8 Unzen-<br />

Teilung. Historisches Vorbild der schweren Pf<strong>und</strong>e<br />

scheint die attische Mine zu sein, das der leichten Pf<strong>und</strong>e das<br />

röm. Pf<strong>und</strong>. <strong>Die</strong> Mark als ursprünglich nordgermanisches <strong>Gewicht</strong><br />

könnte ihren Ursprung ebenfalls in der attischen Mine<br />

haben, die geographische Entfernung <strong>und</strong> die Zeitspanne zwischen<br />

der Ablösung der Mine durch das röm Pf<strong>und</strong> (3. Jh.)<br />

<strong>und</strong> dem urk<strong>und</strong>lichen Erwähnen der Mark (9. Jh.) lassen daran<br />

aber viele Zweifel aufkommen. Wahrscheinlicher ist schon<br />

die Ableitung aus dem schweren karolingischen Pf<strong>und</strong> des 8.<br />

Jh. als dessen Hälfte, mit größter Wahrscheinlichkeit stellt die<br />

Mark aber wohl 8 Unzen des Römerpf<strong>und</strong>es zu 12 Unzen dar<br />

(die Nordische Mark entspricht exakt 2/3 des Römerpf<strong>und</strong>es).<br />

Gr<strong>und</strong>sätzlich bildeten die schweren Pf<strong>und</strong>e vielfach die<br />

Gr<strong>und</strong>lage der Handelsgewichte, leichte Pf<strong>und</strong>e <strong>und</strong> auch<br />

Marken wurden überwiegend für den Handel mit hochwertigen<br />

Gütern, Edelmetallen oder als Münzgr<strong>und</strong>gewichte für<br />

die Münzprägung verwendet.<br />

Eines der ersten urk<strong>und</strong>lich erwähnten schweren Pf<strong>und</strong>e<br />

war das Karlspf<strong>und</strong>, welches nach 780 im Frankenreich Gr<strong>und</strong>lage<br />

der Silbermünzenprägung war. Leider sagen die überlieferten<br />

Urk<strong>und</strong>en wenig zu seinem Gebrauch als Handelsgewicht<br />

<strong>und</strong> seinem tatsächlichen <strong>Gewicht</strong> sowie zu seinem Basisgewichtes<br />

aus, nur die Tatsache, daß 16 Unzen ein Pf<strong>und</strong> bilden<br />

<strong>und</strong> daraus 240 Silberpfennige geprägt wurden ist belegt.<br />

Somit sind alle weiteren Aussagen spekulativ, auch wenn sie<br />

sich auf historisch vergleichbare Vorgänge beziehen. Theoretisch<br />

wäre folgende Einteilung des Karlspf<strong>und</strong>es denkbar:<br />

Europa- Frankenreich- Karolinger ab 781<br />

<strong>Gewicht</strong>spf<strong>und</strong> (Handelsgewicht)<br />

Basisgewicht: Weizenkorn ( wahrscheinlich ca. 47,8 mg ) Gran<br />

Zahlensystem: Mischsystem (5,10,12-er System)<br />

40 Grän = 1 Pfenniggewicht (um 1,91 g)<br />

-1,79 g bis 2,03 g bei F<strong>und</strong>münzen !<br />

15 Pfenniggewichte = 1 Unze (um 28,7 g)<br />

16 Unzen = 1 Karlspf<strong>und</strong> (um 460 g)<br />

= 240 Pfenniggewichte<br />

mt 10/2003 131


<strong>Die</strong> <strong>Münze</strong> <strong>–</strong> <strong>Gewicht</strong> <strong>und</strong> <strong>Feingehalt</strong><br />

Betrachtet man andere, in 16 Unzen geteilte Handelsgewichtspf<strong>und</strong>e,<br />

so sind diese meist in 16 Unzen zu 16 Drams<br />

(engl. Po<strong>und</strong> avoirdupois), 16 Unzen zu 36 Lot (Deutschland)<br />

16 Unzen zu 2 Marcs zu 12 Deniers geteilt (Frankreich- Livre<br />

poid de marcs , Spanien- kastilische Libra ), diese sind aber wesentlich<br />

später entstanden, haben jedoch ihren Ursprung alle<br />

im Karlspf<strong>und</strong>.<br />

Eindeutig historisch belegt ist jedoch die Einteilung als sogenanntes<br />

Zählpf<strong>und</strong> für den Geldverkehr.<br />

Zählpf<strong>und</strong> (Münzprägung-Geldverkehr)<br />

12 Pfennige (Denare) = 1 Schilling (Solidus oder Sol)<br />

20 Schillinge = 1 Pf<strong>und</strong> = 240 Pfennige<br />

Zählpf<strong>und</strong> <strong>und</strong> <strong>Gewicht</strong>spf<strong>und</strong> stimmten anfänglich überein,<br />

d.h. aus einem <strong>Gewicht</strong>spf<strong>und</strong> möglichst reinem Silber<br />

wurden tatsächlich 240 Pfennige geprägt. Im Zuge der Münzverschlechterung<br />

wurden die Pfennige dann leichter <strong>und</strong> die<br />

Qualität des Münzsilbers verschlechterte sich ebenfalls. Ein<br />

Zählpf<strong>und</strong> (240) Pfennige wog somit wesentlich weniger als ein<br />

<strong>Gewicht</strong>spf<strong>und</strong> <strong>und</strong> enthielt noch viel weniger reines Silber.<br />

Ein direkt aus dem Karlspf<strong>und</strong> hervorgegangenes schweres<br />

16 Unzen Handelsgewichtspf<strong>und</strong> war das Pariser Pf<strong>und</strong> (Livre<br />

de Parisi), welches sowohl für den Handel aus auch für die<br />

Münzprägung Verwendung fand.<br />

Frankreich- Paris um 1200<br />

Basisgewicht: Weizenkorn (ca. 47,8 mg) Grain<br />

Zahlensystem: Mischsystem<br />

Als Zählpf<strong>und</strong>:<br />

12 Deniers parisi = 1 Sol (Schilling)<br />

20 Sols = 240 Deniers parisi = 1 Livre parisi<br />

Als Handelsgewichtspf<strong>und</strong>:<br />

40 Grains = 1 Denier parisi (ca. 1,91 g)<br />

15 Deniers parisi = 1 Unze (ca. 28,68 g)<br />

16 Unzen = 1 Livre parisi (etwa 459 g)<br />

Daraus entwickelte sich als Handelsgewichtspf<strong>und</strong> das bis<br />

zur französischen Revolution verwendete Livre poid<br />

Frankreich nach 1205<br />

Basisgewicht: Weizenkorn (47,8 mg) Grain<br />

Zahlensystem: Mischsystem<br />

32 Grains = 1 Esterlin (Pfenniggewicht<br />

- ca. 1,53 g)<br />

20 Esterlins = 1 Unze (30,6 g)<br />

8 Unzen = 1 Marc (244,75 g) identisch mit der<br />

Marc de Troyes<br />

2 Marc = 1 Livre poid de marc (489,5 g)<br />

100 Livres = 1 Quintal (48,951 kg)<br />

Andere schwere Handelsgewichtspf<strong>und</strong>e auf der Gr<strong>und</strong>lage<br />

des Karlspf<strong>und</strong>es sowie der französischen Livre parisi <strong>und</strong><br />

Livre poid waren:<br />

England- Großbritannien (später auch USA) nach 1526<br />

Basisgewicht: theoretisches Korn (64,8 mg) Grain troy<br />

Zahlensystem: Mischsystem<br />

7000 Grains troy = 1 Po<strong>und</strong> avoirdupois<br />

das englische Handelpf<strong>und</strong> hat nur eine theoretische Verknüpfung<br />

mit dem Basisgewicht, kleinste Einheit ist Dram (abgeleitet<br />

von Drachme) = 1,77185 g<br />

16 Drams = 1 Ounce (28,35 g)<br />

16 Ounces = 1 Po<strong>und</strong> avoirdupois (453,593 g)<br />

14 Po<strong>und</strong>s = 1 Stone (6,35 kg)<br />

2 Stones = 1 Quarter (12,7 kg)<br />

4 Quarters = 1 H<strong>und</strong>redweight (50,802 kg)<br />

20 H<strong>und</strong>redweight = 1 Ton (1.016 kg)<br />

Deutschland- rheinische Gebiete ab 12. Jh<br />

Basisgewicht: Weizenkorn (48 mg) - As oder Aß oder Esschen<br />

Zahlensystem: Mischsystem<br />

19 As = 1 Pfennig (0,913 g)<br />

4 Pfennig = 1 Quentchen (3,653 g)<br />

4 Quentchen = 1 Lot (14,613 g)<br />

2 Lot = 1 Unze (29,226 g)<br />

8 Unzen = 1 Mark - Kölnische Mark (233,81 g)<br />

2 Mark = 1 Pf<strong>und</strong> (468 g)<br />

100 Pf<strong>und</strong> = 1 Zentner (46,77 kg)<br />

20 Zentner = 1 Tonne Waren (935 kg)<br />

2 Tonnen = 1 Schiffslast (1871 kg)<br />

Spanien- Königreich Kastilien <strong>und</strong> Leon 13. Jh, seit dem 15. Jh<br />

ganz Spanien <strong>und</strong> Portugal<br />

Basisgewicht: Weizenkorn (50 mg)- Grano, gleich dem Grano<br />

Münzgewicht<br />

Zahlensystem: Mischsystem<br />

16 Granos<br />

Münzgewicht = 1 Grano-Handelsgewicht (0,8 g)<br />

36 Granos<br />

Handelsgewicht = 1 Onza (28,8 g)<br />

8 Onzas = 1 Marco (230,348 g)<br />

2 Marcos = 1 Libra (460 g)<br />

25 Libras = 1 Arroba 11,5 kg)<br />

4 Arrobas = 1 Quintal (46,009 kg)<br />

20 Quintales = 1 Tonelada (920,2 kg)<br />

Rußland ab 11. Jh<br />

Basisgewicht: Getreidekorn (44,4 mg) Dolja<br />

Zahlensystem: Mischsystem<br />

96 Dolej = 1 Solotnik (4,266 g)<br />

3 Solotnik = 1 Lot (12,797 g)<br />

32 Lot = 1 russ. Pf<strong>und</strong> (409,512 g)<br />

40 Pf<strong>und</strong> = 1 Pud (16,38 kg)<br />

10 Pud = 1 Berkowetz (163,8 kg)<br />

12 Berkowetz = 1 Tonne (1965,6 kg)<br />

Das russische Pf<strong>und</strong> ist nachweislich byzantinischen Ursprungs.<br />

<strong>Die</strong> Maßeinheit Solotnik entspricht genau dem <strong>Gewicht</strong><br />

der im 10./11. Jh geprägten, leicht im <strong>Gewicht</strong> reduzierten<br />

byzantinischen Goldsolidi. Da 2 Lot allgemein 1 Unze darstellen,<br />

kann somit das russ. Pf<strong>und</strong> mit zu den 16 Unzen Pf<strong>und</strong>en<br />

gerechnet werden.<br />

Eine wenig bekannte Tatsache ist, daß Byzanz im 10. Jh<br />

durch seine Hinwendung zur griechischen Tradition auch das<br />

Basisgewicht seines <strong>Gewicht</strong>ssystems änderte. Vor allem bei<br />

der Solidusprägung trat an Stelle des röm. Gran zu ca. 47,4 mg<br />

das geringfügig leichtere griechische Gran zu ca. 44,3 mg, welches<br />

nun in der Münzprägung zu einer merklichen Verringerung<br />

der Rauhgewichte der <strong>Münze</strong>n führte, die für den inneren<br />

Zahlungsverkehr benutzt wurden. Für den Außenhandel wurde<br />

teilweise weiterhin nach dem röm. Pf<strong>und</strong> als Gr<strong>und</strong>gewicht<br />

geprägt.<br />

Byzanz nach dem 10. Jh.<br />

Basisgewicht: Getreidekorn- Gerste ? (ca 44,3 mg) - Gran<br />

Zahlensystem: Duodezimalsystem<br />

24 Grän = 1 Scripulum (1,06 g)<br />

24 Scripula = 1 Unze (25,52 g)<br />

12 Unzen = 1 byzantinisches Pf<strong>und</strong> (306,2 g)<br />

Da die Aufzahlen auf das Pf<strong>und</strong> (72 Stück) nicht verändert<br />

wurden, sind die nach diesem neuen Münzgr<strong>und</strong>gewicht geprägten<br />

Solidi nur ca 4,25 g schwer anstelle der früheren Solidi<br />

zu 4,54 g auf der <strong>Gewicht</strong>sbasis röm. Pf<strong>und</strong>. Ob sich diese Veränderungen<br />

auch auf das Handelsgewichtspf<strong>und</strong> erstreckte, ist<br />

noch nicht tiefgründiger untersucht worden.<br />

132 mt 10/2003


<strong>Die</strong> anderen europäischen leichten Pf<strong>und</strong>e in 12 Unzen-<br />

Teilung dienten meist dem Handel mit Edelmetallen sowie als<br />

Münzgr<strong>und</strong>gewichte für die Münzprägung. Auch hier ist der<br />

Charakter der <strong>Gewicht</strong>spf<strong>und</strong>es von der Verwendung als Zählpf<strong>und</strong><br />

zu unterscheiden. Als Zählpf<strong>und</strong> gilt immer: 240 Denare<br />

= 20 Schilling = 1 Pf<strong>und</strong> !<br />

Frankreich, Handelsstadt Tours um 1200<br />

Basisgewicht: Weizenkorn (47,8 mg) Grain<br />

Zahlensystem: Duodezimalsystem, ergänzt<br />

Als <strong>Gewicht</strong>spf<strong>und</strong>:<br />

32 Grains = 1 Esterlin (1,53 g)<br />

20 Esterlins = 1 Unze (30,6 g)<br />

12 Unzen = 1 Livre tournoise (ca. 367 g)<br />

Als Zählpf<strong>und</strong>:<br />

12 Deniers tournoise = 1 Sol (Schilling)<br />

20 Sols = 1 Livre tournoise<br />

gleichzeitig galt aber auch:<br />

15 Deniers tournoise = 12 Deniers parisi<br />

1 Livre tournoise <strong>und</strong> 60 Denier tornoise (300 Deniers Tournoise)<br />

= 1 Livre parisi (240 Deniers parisi)<br />

Nahezu identisch mit dem Livre de tournoise ist das Livre<br />

de troyes der Handelsstadt Troyes, beide haben das gleiche<br />

Weizenkorn zu 47,8 g (bezeichnet als Grain ) als Basisgewicht.<br />

Frankreich, Handelsstadt Troyes um 1200<br />

Basisgewicht: Weizenkorn (47,8 mg) Grain<br />

Zahlensystem: Duodezimal, ergänzt<br />

Als <strong>Gewicht</strong>spf<strong>und</strong>:<br />

32 Grains = 1 Esterlin (1,53 g)<br />

20 Esterlins = 1 Unze (30,6 g)<br />

12 Unzen = 1 Livre de troyes (ca. 367 g)<br />

Mit der Übernahme des Troypf<strong>und</strong>es <strong>und</strong> der daraus abgeleiteten<br />

Troymark als Gr<strong>und</strong>lage für die Münzprägung in ganz<br />

Frankreich erhalten beide die Bezeichnung Pariser Troypf<strong>und</strong><br />

<strong>und</strong> Pariser Troymark.<br />

England ab 11. Jh.<br />

Basisgewicht: Weizenkorn (45,6 mg) Grain<br />

Zahlensystem: Duodezimal, ergänzt<br />

Als <strong>Gewicht</strong>spf<strong>und</strong>:<br />

32 Grains = 1 Sterling Penny (1,458 g)<br />

20 Sterling Pence = 1 Ounce (29,16 g)<br />

12 Ounces = 1 Towerpo<strong>und</strong> (349,92 g)<br />

Als Zählpf<strong>und</strong>:<br />

12 Sterling Pence = 1 Shilling<br />

20 Shillings = 1 Po<strong>und</strong> = 240 Pence<br />

1526 führt England das sogenannte Po<strong>und</strong> Troy für die<br />

Münzprägung ein, verwendet allerdings als Basisgewicht ein<br />

theoretisches schwereres Korn (64,8 mg). <strong>Die</strong>ses <strong>Gewicht</strong>ssystem<br />

bleibt Gr<strong>und</strong>lage der Münzprägung bis 1971 <strong>und</strong> ist auch<br />

gegenwärtig noch <strong>Gewicht</strong>sgr<strong>und</strong>lage im internationalen Edelmetallhandel<br />

! <strong>Die</strong>ses Po<strong>und</strong> Troy ist nicht zu verwechseln mit<br />

dem französischen Livre de troyes, welches das natürliche Weizenkorn<br />

als Basisgewicht hat.<br />

England ab 1526<br />

Basisgewicht: theoretisches Korn (64,8 mg) Grain troy<br />

Zahlensystem: Duodezimal,ergänzt<br />

Als <strong>Gewicht</strong>spf<strong>und</strong>:<br />

24 Grains troy = 1 Pennyweight (1,55 g)<br />

20 Pennyweights = 1 Ounce (31,1035 g)<br />

12 Ounces = 1 Po<strong>und</strong> troy (373,242 g)<br />

Als Zählpf<strong>und</strong>:<br />

12 Pence = 1 Shilling<br />

20 Shillings = 1 Po<strong>und</strong> = 240 Pence<br />

<strong>money</strong> <strong>trend</strong> SPEZIAL II<br />

Ein ebenfalls leichtes 12 Unzen- Pf<strong>und</strong> ist das in Deutschland<br />

bis 1872 verwendete Apothekerpf<strong>und</strong>, welches jedoch<br />

vorwiegend als Medizinalgewicht gebraucht wurde <strong>und</strong> keine<br />

Verwendung in der Münzprägung fand. Seine Bildung zeigt<br />

aber sehr deutlich die Vermischung alter griechischer <strong>und</strong> römischer<br />

<strong>Gewicht</strong>seinheiten.<br />

Deutschland, 16. Jh bis 1872<br />

Basisgewicht: theoretisches Korn (60 mg) - Gran<br />

Zahlensystem: Mischsystem<br />

Als Medizinalgewichtspf<strong>und</strong>:<br />

20 Grän = 1 Skrupel (1,2 g)<br />

3 Skrupel = 1 Drachme (3,6 g)<br />

8 Drachmen = 1 Unze (28,8 g)<br />

12 Unzen = 1 dt. Apothekerpf<strong>und</strong> (345,6 g)<br />

Italien, oberitalienische Handelstädte, Florenz ab 12./13. Jh<br />

Basisgewicht: Weizenkorn ( 47,2 mg) - Grano<br />

Zahlensystem: Mischsystem<br />

Als <strong>Gewicht</strong>spf<strong>und</strong>:<br />

40 Granos = 1 Danaro (1,886 g)<br />

15 Danari = 1 Onza (28,295 g)<br />

12 Onzas = 1 Florentiner Pf<strong>und</strong> (339,54 g)<br />

Als Zählpf<strong>und</strong>:<br />

12 Danari = 1 Soldo (Schilling)<br />

20 Soldi = 1 Florentiner Pf<strong>und</strong> = 240 Danari<br />

Das Florentiner Pf<strong>und</strong> ist die Gr<strong>und</strong>lage für die im 13. Jh<br />

wieder einsetzende Prägung von Goldmünzen. <strong>Die</strong> Standardgoldmünze<br />

aus Florenz basiert auf dem Florentiner <strong>Gewicht</strong>s<strong>und</strong><br />

Zählpf<strong>und</strong>. 1 Floren sollte wertgleich einem Pf<strong>und</strong> (Zählpf<strong>und</strong><br />

= 240 Stück) der lokalen Florentiner Pfennige sein. Da zu<br />

dieser Zeit Zählpf<strong>und</strong> <strong>und</strong> <strong>Gewicht</strong>spf<strong>und</strong> auf Gr<strong>und</strong> der Münzverschlechterung<br />

schon nicht mehr übereinstimmten, läßt sich so<br />

die <strong>Gewicht</strong>sgr<strong>und</strong>lage der Goldprägungen nicht ermitteln. Da<br />

aber das <strong>Gewicht</strong> der Floren recht genau bekannt ist (3,537 g),<br />

ebenso der <strong>Feingehalt</strong> (möglichst reines Gold) ergibt sich für<br />

den Floren eine Aufzahl von 96 Stück auf das Florentiner Pf<strong>und</strong><br />

bzw. 67 Stück für die in der Folgezeit geprägten Nachahmungen<br />

auf Basis der vielfach dazu verwendeten Kölner Mark.<br />

Anmerkung: <strong>Die</strong> große Konfusion bei den <strong>Gewicht</strong>en beginnt<br />

mit dem leider völlig mißlungegenen Versuch, zur Zeit<br />

Karls des Großen anstelle der relativ kostanten Basisgewichte<br />

in Form der Weizenkörner die Silberpfennige in einer Zusammenfassung<br />

von 240 Stück ebenfalls zum Basisgewicht einer<br />

größeren Einheit: des Pf<strong>und</strong>es zu machen. Aus verschiedenen,<br />

vorwiegend fiskalischen Gründen, konnten die Pfennige als<br />

Basisgewichte nicht konstant hergestellt werden, ihre Verringerung<br />

im Rauhgewicht (<strong>und</strong> zusätzlich auch wertmäßig durch<br />

Verschlechterung des <strong>Feingehalt</strong>es) führten notwendigerweise<br />

zu einer Differenzierung in Zählpf<strong>und</strong> <strong>und</strong> <strong>Gewicht</strong>spf<strong>und</strong>.<br />

Für die Handelspf<strong>und</strong>e wurden deswegen weiter die Weizenkörner<br />

als Basisgewichte benutzt, die Münzprägung benutze<br />

diese Handelpf<strong>und</strong>gewichte ebenfalls als Münzgr<strong>und</strong>gewichte<br />

<strong>und</strong> glich die Differenzen zwischen <strong>Gewicht</strong>spf<strong>und</strong> <strong>und</strong><br />

Zählpf<strong>und</strong> dadurch aus, indem die Aufzahlen erhöht wurden,<br />

es wurden mehr als 240 Denare aus dem Handelsgewichtspf<strong>und</strong><br />

Münzsilber geprägt.<br />

mt 10/2003 133


<strong>Die</strong> <strong>Münze</strong> <strong>–</strong> <strong>Gewicht</strong> <strong>und</strong> <strong>Feingehalt</strong><br />

Vor der karolingischen Münzreform von 781 war der Denar<br />

mit dem byzantinischen Goldsolidus verknüpft (40 Denare = 1<br />

Solidus), die Anzahl der aus einem Pf<strong>und</strong> Münzsilber (es handelte<br />

sich dabei um das röm. Pf<strong>und</strong>) geprägten Denare wurde<br />

niemals zur Definition des Pf<strong>und</strong>gewichtes selbst benutzt, sie<br />

richtete sich nach dem Wertverhältnis von Gold zu Silber <strong>und</strong><br />

betrug zwischen 240 <strong>und</strong> 264. Erst das Verschwinden der Bezugsbasis<br />

Goldsolidus führte zu dem mißlungenen Verknüpfungsversuch.<br />

Durch die Verknüpfung der Pfennige mit dem <strong>Gewicht</strong>spf<strong>und</strong><br />

zu 16 Unzen entstand ein <strong>Gewicht</strong>verhältnis von 40<br />

Weizenkörnern (Grän) zu einem Denar, welches beim Übergang<br />

auf die leichten <strong>Gewicht</strong>spf<strong>und</strong>en zu 12 Unzen zunächst erhalten<br />

blieb, schließlich jedoch auf 32 Grän pro Denar gesenkt<br />

wurde, welches zu einer praktischen <strong>Gewicht</strong>sreduktion des Denars<br />

von urprünglich ca. 1,9 g auf ca. 1,5 g führte. England versuchte<br />

nach 1526 durch Einführung eines theoretischen kleinsten<br />

Basisgewichtes (Grain-troy genannt) <strong>und</strong> einem Verhältnis<br />

24 Grains = 1 Pennyweight alle nachfolgenden größeren <strong>Gewicht</strong>seinheiten<br />

zu definieren, was bis zur Einführung des Dezimalsystems<br />

mit Gramm <strong>und</strong> Kilogramm auch Bestand hatte.<br />

Daß es sich hierbei um ein rechnerisches, theoretisches Basigewicht<br />

handelt, zeigt das eigentliche <strong>Gewicht</strong> dieses Korns,<br />

es beträgt 64,8 mg (engl. Korn) <strong>und</strong> ist damit nicht mehr mit<br />

dem gegenständlichen Weizenkorn zu min. 45 bis max. 50 mg<br />

identisch. Das auf dieser Basis definierten <strong>Gewicht</strong>spf<strong>und</strong><br />

diente fast ausschließlich dem Edelmetallhandel oder der<br />

Münzprägung. In nahezu allen anderen europäischen Ländern<br />

war zu dieser Zeit schon schrittweise der Übergang zur Mark<br />

als Münzgr<strong>und</strong>gewicht <strong>und</strong> für die Definition des <strong>Feingehalt</strong>es<br />

der Münzmetallegierungen vollzogen.<br />

<strong>Die</strong> Mark war ursprünglich ein nordgermanisches <strong>Gewicht</strong><br />

für den Metallhandel, also ein Handelsgewicht. Schon um die<br />

Zeitenwende betrieben die Germanen mit den Römern in<br />

friedlichen Zeiten regen Tauschhandel <strong>und</strong> benutzten dazu das<br />

röm Pf<strong>und</strong> zu 12 Unzen. Im Ostseeraum <strong>und</strong> Südskandinavien<br />

entwickelte sich daraus die Mark zu 8 Unzen für den Handel<br />

mit Metallen, speziell für den Edelmetallhandel, für andere<br />

Handelwaren wurde weiterhin das röm Pf<strong>und</strong> benutzt. Zur<br />

Unterscheidung wurde nun den <strong>Gewicht</strong>sstücken für den Metallhandel<br />

sowie den Edelmetallbarren ein Stempel eingeschlagen,<br />

eine Markierung oder Marke, die dann der größten <strong>Gewicht</strong>seinheit<br />

ihren Namen gab.<br />

In der ersten Hälfte des 11. Jahrh<strong>und</strong>erts führte dann der<br />

Dänenkönig Knut der Große, der neben Dänemark, Norwegen<br />

<strong>und</strong> Südskandinavien auch das von ihm eroberte England beherrschte,<br />

die Mark als Münzgr<strong>und</strong>gewicht für die Ausprägung<br />

der englischen Silbertribute ( 82500 engl. Pf<strong>und</strong> zu ca. 350 g =<br />

28,875 Tonnen) ein. Um möglichst viele Silberpfennige zu erhalten,<br />

ließ er nicht wie sonst üblich 240 Pence aus dem engl.<br />

Towerpf<strong>und</strong> zu 12 Unzen <strong>Gewicht</strong>, sondern 240 Pence aus der<br />

Mark zu 8 Unzen prägen, wobei das <strong>Gewicht</strong> der Unze der<br />

Mark gleich dem <strong>Gewicht</strong> der Unze des Towerpf<strong>und</strong>es war.<br />

<strong>Die</strong>s bedeutete, daß der Penny statt ca. 1,5 g nur noch ca. 1 g<br />

<strong>Gewicht</strong> hatte. Nach den Dänenherrschern wurde dann jedoch<br />

mit 160 Pence auf die Towermark geprägt, der Penny zu 1,45 g.<br />

Im Anschluß daran übernahmen auch andere Länder wie<br />

Frankreich, Deutschland, Italien <strong>und</strong> das sich reorganisierende<br />

Spanien sowie Portugal die Mark als Münzgr<strong>und</strong>gewicht <strong>und</strong><br />

betrachteten diese als die Hälfte der in 16 Unzen geteilten<br />

Handelspf<strong>und</strong>e oder als 2/3 der in 12 Unzen geteilten leichten<br />

Pf<strong>und</strong>e, die vielfach schon als Münzgr<strong>und</strong>gewichte Verwendung<br />

gef<strong>und</strong>en hatten.<br />

<strong>Die</strong> wichtigsten Marken wären:<br />

Skandinavien- Dänemark, Schweden, Norwegen, Ostseeraum,<br />

spätestens ab 10. Jh. Nordische Mark<br />

Basisgewicht: Weizenkorn (47 mg)- Grän<br />

Zahlensystem: Mischsystem<br />

Zählmark<br />

1 Mark = 16 Skillinge zu je 12 Penninge<br />

= 192 Penninge (Pfennige)<br />

<strong>Gewicht</strong>smark = 8 Unzen<br />

24 Grän = 1 Penning (1,13 g)<br />

8 Penninge = 1 Örtug (9,1 g)<br />

3 Örtug = 1 Öre (27,28 g) - Unze<br />

8 Öre = 1 Nordische Mark (218,3 g)<br />

Frankreich 13. Jh, spätestens 1266<br />

Pariser Troymark- Marc de Troyes<br />

Basisgewicht: Weizenkorn - Grain (47,8 mg)<br />

Zahlensystem: Duodezimal, ergänzt<br />

Zählmark<br />

1 Mark = 8 Sols (Schillinge) zu je 20 Esterlins<br />

= 160 Esterlins (Pfennige)<br />

1 Esterlin = 2 Mailles (Halbpfennige) zu je<br />

2 Felins (Viertelpfennige) = 4 Felins<br />

<strong>Gewicht</strong>smark = 8 Unzen<br />

32 Grains = 1 Esterlin (1,53 g)<br />

20 Esterlins = 1 Unze (30,6 g)<br />

8 Unzen = 1 Marc de troyes (ca. 244,75 g)<br />

Spanien / Portugal, 13. Jh<br />

Kastilische Mark<br />

Basisgewicht: Weizenkorn- Grano- (50 mg) = 1 Grano Münzgewicht<br />

(0,05 g)<br />

Zahlensystem: Duodezimal, ergänzt<br />

Zählmark:<br />

1 Marco = 160 Dineros (Pfennige)<br />

<strong>Gewicht</strong>smark = 8 Onzas<br />

16 Granos<br />

Münzgewicht = 1 Grano Handelsgewicht (0,8 g)<br />

36 Granos<br />

Handelsgewicht = 1 Onza (28,8 g)<br />

8 Onzas = 1 Marco (230,348 g)<br />

Deutschland seit 12. Jh.<br />

Kölnische Mark<br />

Basisgewicht: Weizenkorn - As (48 mg) 304 As = 1 Lot<br />

Zahlensystem: Duodezimal, ergänzt<br />

Zählmark:<br />

1 Mark = 160 Pfennige<br />

<strong>Gewicht</strong>smark = 8 Unzen<br />

19 As = 1 Richtpfennig (0,913 g)<br />

4 Richtpfennige = 1 Quentchen (3,653 g)<br />

4 Quentchen = 1 Lot (14,613 g)<br />

2 Lot = 1 Unze (29,226 g)<br />

16 Lot = 1 Mark (233,81 g)<br />

England 11. Jh. bis 16. Jh<br />

Towermark<br />

Basisgewicht: Weizenkorn - Grain (45,6 mg)<br />

Zahlensystem: Duodezimal, ergänzt<br />

Zählmark<br />

1 Towermark = 8 Shillings zu je 20 Sterlings<br />

= 160 Sterlings (Pfennige)<br />

1 Sterling penny = 2 Halfpence (Halbpfennige)<br />

zu je 2 Farthings (Viertelpfennige)<br />

= 4 Farthings<br />

<strong>Gewicht</strong>smark = 8 Unzen<br />

32 Grains = 1 Pennyweight (1,458 g)<br />

20 Pennyweights = 1 Ounce (29,16 g)<br />

8 Ounces = 1 Towermark (233,275 g)<br />

134 mt 10/2003


Da ähnlich wie beim Pf<strong>und</strong> auch bei der Mark Zählmark<br />

<strong>und</strong> <strong>Gewicht</strong>smark bald auseinanderliefen, wurde das Münzwesen<br />

bald unüberschaubar. Verschärft wurde die ganze Sache<br />

noch, wenn beispielsweise um 1266 in Frankreich schwere<br />

Pfennige auf <strong>Gewicht</strong>sbasis Livre de parisi zu 16 Unzen <strong>und</strong><br />

leichte Pfennige auf <strong>Gewicht</strong>sbasis Livre tournoise zu 12 Unzen<br />

geprägt wurden, die münzrechtlichen Vorschriften aber auf<br />

die Marc de Troyes ausgerichtet wurden. Zu diesen beiden<br />

französischen Pfennigsorten liefen auch noch englische Sterlings<br />

auf Basis des Towerpf<strong>und</strong>es zu 12 Unzen um, die nun in<br />

ein entsprechendes Wertverhältnis zu den französischen Pfennigen<br />

gebracht werden mußten. So galten also 30 englische<br />

Sterlings = 120 Deniers tournoise = 96 Deniers parisi deren einzelne<br />

münzrechtlichen Vorschriften wie folgt aussahen:<br />

- engl. Sterlings: 243 Stück aus dem Towerpf<strong>und</strong> (349,91 g)<br />

11 Ounces 2 Pennyweights (925/1000) fein<br />

- Denier parisi: 212 Stück aus der Pariser Troymark (244,75<br />

g) 4 Deniers 12 Grains (359/1000) fein<br />

- Denier tournoise: 220 Stück aus der Pariser Troymark (244,75<br />

g) 3 Deniers 18 Grains (299/1000) fein<br />

Als letztes kam noch das Problem hinzu, daß das englische<br />

Münzsilber bezogen auf Feinsilber eingeteilt wurde, 11 Oz. 2<br />

dwt. bedeutet hier 232/240 fein (925/1000). <strong>Die</strong> französischen<br />

<strong>Feingehalt</strong>sangaben bezogen sich jedoch auf handelsübliches<br />

Königssilber, das sogenannte Argent le- roy, welches selbst nur<br />

23/24 (958/1000) fein war. Das heißt für die Wertbestimmung<br />

der französischen Pfennige, daß der Denier tournoise aus 3<br />

Den. 18 Grs. feinem Argent le- roy 90/288 von 23/24 Feinsilber<br />

enthielt ! Praktisch waren die r<strong>und</strong> 1,44 g ; 1,15 g sowie 1,11 g<br />

schweren Pfennige von der unk<strong>und</strong>igen einfachen Bevölkerung<br />

ohne Waage kaum auseinanderzuhalten, nur an Hand des<br />

Münzbildes war eine Zuordnung möglich. Da sich der Wert<br />

aber auf 4: 1,25; 1 belief, wird wohl so mancher dabei recht übel<br />

übers Ohr gehauen worden sein.<br />

Um 1200 kam nun, angetrieben durch die Kaufleute, die<br />

sich zunehmend in Handelsverbänden zusammenschlossen, ein<br />

Prozeß in Gang, die Münzprägung auf einheitliche Münzgr<strong>und</strong>gewichte<br />

zu beziehen <strong>und</strong> ein verläßliches System der<br />

Charakterisierung des <strong>Feingehalt</strong>es der <strong>Münze</strong>n zu schaffen,<br />

um der Münzverschlechterung <strong>und</strong> dem Münzwirrwarr ein Ende<br />

zu setzen. Gegen erhebliche Widerstände der regierenden<br />

Herrscher (einige waren regelrechte Initiatoren einer betrügerischen<br />

Münzverschlechterung z.B. König Philipp IV. von<br />

Frankreich- genannt der Münzfälscher) zog sich dieser Prozeß<br />

bis ins 16. Jahrh<strong>und</strong>ert hin. Eine europaweite Vereinheitlichung<br />

der <strong>Gewicht</strong>e war unter den herrschenden feudalabsolutistischen<br />

Verhältnissen natürlich nicht zu erreichen, jeder<br />

Herrscher bestand eigennützig auf seinem Münzregal zum<br />

Zwecke der Bereicherung. Das Aufkommen größerer Silberprägungen<br />

(Groschen, Taler) sowie die wiedereinsetzende<br />

Goldprägung (Gulden, Dukaten) führten dann allerdings wenigstens<br />

zu einer Vereinheitlichung der Münzgr<strong>und</strong>gewichte<br />

im nationalen Rahmen, wobei einige dieser Münzgr<strong>und</strong>gewichte<br />

dann fast europaweit auch von anderen Ländern benutzt<br />

wurden (Kölner Mark für fast die gesamte europäische<br />

Dukatenprägung).<br />

Dem Prozeß der Münzverschlechterung konnte allerdings<br />

auch damit nicht Einhalt geboten werden, einzig <strong>und</strong> allein der<br />

Dukaten blieb davon verschont. Münzgr<strong>und</strong>gewicht wurde in<br />

den meisten Ländern die Mark, welche weiterhin als Teil zu 8<br />

Unzen der regionalen Handelsgewichtspf<strong>und</strong>e zu 12 oder 16<br />

Unzen betrachtet wurde. Allerdings wurde nun eine völlig andere<br />

Einteilung der Mark vorgenommen, bei der die Unze als<br />

Teil der Mark überhaupt nicht mehr vorkam.<br />

<strong>Die</strong> romanischen Länder Italien, Frankreich <strong>und</strong> Spanien<br />

teilten die Mark:<br />

1 Mark = 12 Deniers zu je 24 Grän = 288 Grän<br />

<strong>Die</strong> Begriffe Denier <strong>und</strong> Grän haben bei dieser Einteilung<br />

überhaupt nichts mehr mit dem Pfennig oder dem Weizenkorn<br />

<strong>money</strong> <strong>trend</strong> SPEZIAL II<br />

als kleinstes <strong>Gewicht</strong> zu tun, sie sind reine abstrakte Begriffskategorien<br />

<strong>und</strong> Mengenbezeichnungen.<br />

<strong>Die</strong> meisten anderen europäischen Länder wie Deutschland,<br />

Niederlande, Polen, Ungarn, die skandinavischen Länder,<br />

vor allem aber viele Gebiete der Habsburger Monarchie<br />

teilten die Mark:<br />

1 Mark = 16 Lot zu je 18 Grän = 288 Grän<br />

Da Silber das einzige verwendete Münzmetall war, bezogen<br />

sich diese Vorschriften natürlich auf Silbermünzen.<br />

Mit dem erneuten Einsetzen der Goldprägung nach jahrh<strong>und</strong>ertelanger<br />

Pause wurde nun auch eine Übertragung auf<br />

die Goldmünzen notwendig, allerdings geschah das europaweit<br />

einheitlich:<br />

anfänglich in Anlehnung <strong>und</strong> nach arabischem <strong>und</strong> byzantinischem<br />

Vorbild<br />

1 Mark = 24 Karat zu je 4 Grän = 96 Grän bis zum Anfang<br />

des 16. Jahrh<strong>und</strong>ert dann aber allgemein<br />

1 Mark = 24 Karat zu je 12 Grän = 288 Grän<br />

Da allerdings kein eigenes Basisgewicht wie bei den Handelsgewichtspf<strong>und</strong>en<br />

gewählt wurde, sondern eben 8 Unzen<br />

Handelsgewicht gleich dem <strong>Gewicht</strong> der Mark waren, waren<br />

die einzelnen Marken regional im <strong>Gewicht</strong> genauso verschieden<br />

wie die zugr<strong>und</strong>eliegenden Handelsgewichtspf<strong>und</strong>e.<br />

Das <strong>Gewicht</strong> der wichtigsten Marken hatte folgende Beträge:<br />

Kölner Mark: 233,865 g<br />

Kastilische/Spanische Mark: 230,348 g<br />

Pariser Troymark: 244,753 g<br />

Londoner Towermark: 233,275 g<br />

Prager Mark: 250,601 g<br />

Wiener Mark: 280,644 g<br />

<strong>Die</strong>se neue <strong>und</strong> von den gegenständlichen Pfennigen <strong>und</strong><br />

Weizenkörnern als Basisgewichte völlig getrennte, mathematisch<br />

abstrakte Einteilung lieferte gleichzeitig die Möglichkeit<br />

der <strong>Feingehalt</strong>sdefinition auf Basis der Mark zu 288 Grän, indem<br />

nun 288 von maximal möglichen 288 Grän als theoretisch<br />

völlig reines Gold<br />

(Feingold) oder theoretisch völlig reines Silber (Feinsilber)<br />

betrachtet werden. Jede beliebige Zusammensetzung der<br />

Münzmetallegierung kann somit in Schritten von 1/288 beschrieben<br />

werden, nichts anderes tun wir heute mit der <strong>Feingehalt</strong>sbeschreibung<br />

in 1/1000 Schritten bei Promille oder in<br />

1/100 Schritten bei der Prozentangabe im Dezimalsystem.<br />

Das vordezimale System ist das Duodezimalsystemmit der<br />

Gr<strong>und</strong>zahl 12:<br />

Gold:<br />

fortlaufende ganzzahlige Grän 1,2,3,...,12,...24,...36,...288<br />

die der Gr<strong>und</strong>zahl 12 entsprechende Menge Grän ergibt<br />

zusammengefaßt 1 Karat<br />

24 von 24 Karat gelten als Feingold<br />

Silber - romanische Länder:<br />

fortlaufende ganzzahlige Grän 1,2,3,...,12,...24,...,36,...288<br />

die der verdoppelten Gr<strong>und</strong>zahl 2x12=24 entsprechende Menge<br />

Grän ergibt 1 Denier<br />

12 von 12 Deniers gelten als Feinsilber<br />

Silber - andere Länder:<br />

fortlaufende ganzzahlige Grän 1,2,3,...,12,...24,...,36,...288<br />

die der Gr<strong>und</strong>zahl 12 vermehrt um deren Hälfte 12+6=18 entsprechende<br />

Menge Grän ergibt 1 Lot<br />

16 von 16 Lot gelten als Feinsilber<br />

Da England nicht zur abstrakten Mark überging, sondern<br />

bis 1526 das Towerpf<strong>und</strong> <strong>und</strong> danach das englische Troypf<strong>und</strong><br />

benutzte wurde die <strong>Feingehalt</strong>sdefinition auf Pf<strong>und</strong>basis vorgenommen.<br />

mt 10/2003 135


<strong>Die</strong> <strong>Münze</strong> <strong>–</strong> <strong>Gewicht</strong> <strong>und</strong> <strong>Feingehalt</strong><br />

Gold <strong>und</strong> Silber auf Basis Towerpo<strong>und</strong> - 240 von maximal<br />

möglichen 240 Anteilen<br />

fortlaufende ganzzahlige Sterlings 1,2,3,...,12,...24,...,36,...240<br />

20 Sterlings (Pennyweights) werden zu einer Unze<br />

zusammengefaßt<br />

12 von 12 Unzen gelten als Feingold oder Feinsilber<br />

Gold <strong>und</strong> Silber auf Basis Po<strong>und</strong> Troy - 5760 von maximal<br />

möglichen 5760 Anteilen<br />

fortlaufende ganzzahlige Grains 1,2,3,...,24,...,48,...,5760<br />

24 Grains ergeben 1 Pennyweight<br />

20 Pennyweights werden zu einer Unze zusammengefaßt<br />

12 von 12 Unzen gelten als Feingold oder Feinsilber<br />

Interessant ist die Tatsache, daß England nur wenig Veränderungen<br />

im <strong>Feingehalt</strong> seiner <strong>Münze</strong>n vornahm.<br />

So sind Silbermünzen mit Ausnahme der Pfennigteilstücke<br />

nahezu ausnahmslos 11 oz. 2 dwt. = 925/1000 fein, die über die<br />

Jahrh<strong>und</strong>erte gleichbleibende Qualität gab diesem Münzsilber<br />

den Namen Sterlingssilber.<br />

Bei Goldprägungen wurde seit 1344 das sogenannte Standardgold<br />

(ein hochreines Münzgold mit etwa 995/1000 fein) für<br />

das es keine Vorschrift im engl. System gibt, benutzt, seit dem<br />

16. Jh das Kronengold zu 11Ounces fein<br />

(auch Angabe als 11/12; 22 Karat im Marksystem, 916-<br />

2/3/1000 fein im metrischen Promillesystem).<br />

Rußland, welches keine Mark für die Münzprägung kannte,<br />

benutzte das arabisch/byzantinische Vorbild der <strong>Feingehalt</strong>sdefinition<br />

zu 96 Teilen auf der Basis des Handelsgewichtspf<strong>und</strong>es.<br />

<strong>Die</strong> sogenannte russische Probe, die russische Form der<br />

<strong>Feingehalt</strong>skennzeichnung ergibt für Gold <strong>und</strong> auch für Silber<br />

folgendes Bild:<br />

Gold <strong>und</strong> Silber auf Basis russ. Pf<strong>und</strong> - 96 von maximal<br />

möglichen 96 Anteilen<br />

fortlaufende ganzzahlige Solotnik 1,2,3,...,24,...,48,...,96<br />

96 von 96 Solotnik gelten als Feingold oder Feinsilber<br />

Spricht man in Rußland von einer 88-er Probe beispielsweise<br />

bei Goldprägungen zu 5 Rubel, dann bedeutet dies: 22 Karat<br />

oder 916-2/3 / 1000 fein in anderen Systemen.<br />

Bei bestimmten Nachprägungen ausländischer <strong>Münze</strong>n<br />

(Dukaten) wurde das System durch eine weitere Unterteilung<br />

des Solotnik erweitert: Dukatengold- 986/1000 fein, 23 Karat 8<br />

Grän fein, russ. 94-2/3 Probe.<br />

Genaugenommen ist dies nichts anderes als die auf Markbasis<br />

erfolgte ursprüngliche <strong>Feingehalt</strong>sdefinition, allerdings<br />

nicht 1 Mark zu 24 Karat zu 4 Grän = 96 Grän sondern 1 Pf<strong>und</strong><br />

= 96 Solotnik !<br />

Für die praktische Münzprägung mußte die zunächst abstrakte<br />

Mark nun aber doch mit einem konkreten meßbaren<br />

Handelsgewicht verb<strong>und</strong>en werden, schließlich lieferten die<br />

Silbergruben <strong>und</strong> -hütten Barren im <strong>Gewicht</strong> von so<strong>und</strong>soviel<br />

Handelspf<strong>und</strong> oder kauften Aufkäufer der Münzstätten auf<br />

Märkten alte <strong>Münze</strong>n <strong>und</strong> Silbergerät pf<strong>und</strong>weise auf. Über<br />

die Beziehung 1 Mark = 8 Unzen Handelsgewicht hatte die<br />

Mark dann doch ein gegenständliches oder theoretisches Korn<br />

als Basisgewicht <strong>und</strong> somit ein zugeordnetes Handelsgewicht,<br />

wobei nun kleine Messinggewichte die Gr<strong>und</strong>einheit Korn <strong>und</strong><br />

dessen Mehrfachzusammenfassungen darstellten. <strong>Die</strong> konkrete<br />

Zuordnung von <strong>Gewicht</strong>seinheiten zur Mark <strong>und</strong> deren Teilen<br />

ergab nun folgendes Bild:<br />

Skandinavien- Nordische Mark<br />

Basisgewicht: theoretisches Korn- Grän zu 0,758 g gebildet aus<br />

16 Weizenkörnern zu je 47 mg<br />

12 Grän = 1 Karat (9,12 g)<br />

18 Grän = 1 Lot (13,64 g)<br />

16 Lot = 1 Mark<br />

24 Karat = 1 Mark<br />

1 Nordische Mark (218,3g) = 4608 Weizenkörner a 47 mg<br />

England - Towermark:<br />

Basisgewicht: gegenständliches Weizenkorn - Grain (45,6 mg)<br />

32 Grains = 1 Pennyweight (1,458 g)<br />

20 Pennyweights = 1 Ounce (29,16 g)<br />

8 Unzen = 1 Towermark<br />

1 Towermark (233,275 g) = 5120 Weizenkörner a 45,6 mg<br />

<strong>Die</strong> Towermark wurde nur als <strong>Gewicht</strong>smark benutzt, <strong>Feingehalt</strong><br />

wurde auf Basis Towerpf<strong>und</strong> definiert !<br />

Frankreich - Pariser Troymark- Marc de Troyes<br />

Basisgewicht: theoretisches Korn- Grain zu 0,85 g<br />

12 Grains = 1 Karat (10,2 g)<br />

24 Grains = 1 Denier (20,40 g)<br />

12 Deniers = 1 Mark<br />

24 Karat = 1 Mark<br />

1 Marc de troyes (ca. 244,75 g) = 5120 Weizenkörner a 47,8 mg<br />

Spanien / Portugal - Kastilische Mark<br />

Basisgewicht: theoretisches Korn- Grano Handelsgewicht (0,8<br />

g) gebildet aus 16 Grano Münzgewicht (0,05 g), dies ist identisch<br />

mit dem spanischen Weizenkorn (50 mg)<br />

12 Granos = 1 Quilate (9,6 g) - Karat<br />

24 Granos = 1 Dinero (19,2 g)<br />

12 Dineros = 1 Marco<br />

24 Quilates = 1 Marco<br />

1 Marco (230,348) = 4608 Granos (Münzgewicht = Weizenkörner<br />

a 50 mg)<br />

Deutschland - Kölnische Mark<br />

Basisgewicht: theoretisches Korn- Grän zu 0,812 g gebildet aus<br />

304/18 Weizenkorn - As zu 48mg<br />

12 Grän = 1 Karat (9,744 g)<br />

18 Grän = 1 Lot (14,61 g) = 304 As<br />

16 Lot = 1 Mark<br />

24 Karat = 1 Mark<br />

1 Mark (233,81 g) = 4864 As (Weizenkörner a 48 mg)<br />

<strong>Die</strong> Verknüpfung der Mark zu 288 Grän (an sich abstrakte<br />

Teilmengen einer Gesamtmenge ohne Maßeinheit) mit der<br />

konkreten <strong>Gewicht</strong>smark führte nun dazu, daß auch der kleinste<br />

Teil der Mark, nämlich 1/288 als Korn oder Gran betrachtet<br />

wurde <strong>und</strong> ein konkretes <strong>Gewicht</strong> zugeordnet bekam, welches<br />

als theoretisches Korn eine Zusammenfassung einer bestimmten<br />

Anzahl Basisgewichte (Weizenkorn darstellte). Ebenso erhielt<br />

das 12 oder 18- fache dieses theoretischen Korns als Karat<br />

oder Lot ein konkretes <strong>Gewicht</strong> zugeordnet. <strong>Die</strong> begriffliche<br />

Nichtunterscheidung zwischen dem Gran als Basisgewicht<br />

Weizenkorn <strong>und</strong> dem Gran als theoretischem Korn als 1/288stel<br />

Teil der Mark führt allerdings oft zu Mißverständnissen genau<br />

wie beim Pf<strong>und</strong> (<strong>Gewicht</strong>spf<strong>und</strong>- Zählpf<strong>und</strong>).<br />

Neben ihrer Funktion als Definition des <strong>Feingehalt</strong>es <strong>und</strong><br />

als Münzgewichtsmark diente die Mark auch noch als sogenannte<br />

Probiermark im praktischen Verlauf der Herstellung<br />

der Münzmetalle (Tiegelprobe), bei den Proben bei der Münzherstellung<br />

(Stockprobe) oder bei der Überprüfung <strong>und</strong> Bewertung<br />

fremder <strong>Münze</strong>n. Als Probiergewicht für die praktische<br />

<strong>Feingehalt</strong>sbestimmung (meist in Form der Feuerprobe)<br />

mußte eine bestimmte Menge (<strong>Gewicht</strong>) Probegut festgelegt<br />

werden, sie durfte nicht zu groß, wegen des Arbeitsaufwandes<br />

<strong>und</strong> des relativ hohen Wertes, aber auch nicht zu klein sein, um<br />

brauchbare Ergebnisse zu erzielen. <strong>Die</strong> günstigste Menge war<br />

erfahrungsgemäß 1/64 der <strong>Gewicht</strong>smark; die sogenannte Probiermark,<br />

welche nun genauso wie die Mark eingeteilt wurde:<br />

bei Silber in Deutschland in 16 Probierlot zu 18 Probiergrän.<br />

<strong>Gewicht</strong>smäßig zugeordnet wurden nun auch die 64-sten Teile<br />

der entprechenden <strong>Gewicht</strong>e:<br />

136 mt 10/2003


zum Beispiel:<br />

Kölner Mark - 233,81 g<br />

Probiermark - 1/64 <strong>Gewicht</strong>smark = 3,653 g<br />

Probiermark zu 16 Probierlot zu 18 Probiergrän = 288 Probiergrän;<br />

1 Probiergrän = 12,685 mg<br />

oder<br />

Kastilische Mark - 230,348 g<br />

Probiermark- 1/64 <strong>Gewicht</strong>smark = 3,599 g<br />

Probiermark zu 12 Deniers zu 24 Grän = 288 Probiergrän; 1<br />

Probiergrän = 12,5 mg<br />

Auf diese Art <strong>und</strong> Weise konnte aus der nach der Bearbeitung<br />

der Probe zurückbleibenden Menge des reinen Edelmetall<br />

unmittelbar auf die Zusammensetzung der Probe geschlossen<br />

werden.<br />

Am Beispiel einer spanischen Münzstätte sei dies abschließend<br />

einmal etwas genauer erläutert:<br />

Von den zu untersuchenden <strong>Münze</strong>n wurde eine Probiermark<br />

im <strong>Gewicht</strong> von 1/64 Mark abgewogen <strong>und</strong> unter Zusatz<br />

von etwas Blei <strong>und</strong> Flußmittel in einer Kupelle, einem kleinen<br />

flachen Tiegelchen aus porösem Ton geschmolzen, durch ständiges<br />

Aufblasen von Luft wurden die unedlen Beimengungen<br />

<strong>und</strong> Verunreinigungen verflüchtigt <strong>und</strong> oxidiert <strong>und</strong> reicherten<br />

sich in der Schlacke an, welche von der Oberfläche abgekratzt<br />

wurde. Weiteres Aufblasen von Luft oxidierte dann auch das<br />

restliche Blei zu Bleiglätte, welches von der Tiegelwand weitgehend<br />

aufgesogen wurde.<br />

Übrig blieb nahezu reines Silber (über 99%), welches nach<br />

dem Abschrecken mit Wasser nun ausgewogen wurde. Dazu<br />

wurde das Probeklümpchen gewogen <strong>und</strong> der <strong>Gewicht</strong>sverlust<br />

gegenüber dem urprünglichen Probegewicht festgestellt.<br />

Jeder <strong>Gewicht</strong>sverlust von 1 Probiergrän bedeutete nun<br />

1/288 weniger reines Silber in der Probe. Stellte man nach der<br />

Bearbeitung fest, daß der Proberückstand beispielsweise 28<br />

Probiergrän leichter als die ursprüngliche Probe ist ergibt sich<br />

der <strong>Feingehalt</strong> nach folgender Überlegung:<br />

1 Probiermark 12 Deniers feines Silber würde 288 Probiergrän<br />

Silber enthalten, wenn 28 Probiergrän aus der Probiermark<br />

entfernt wurden, bleiben 260 Probiergrän übrig, das<br />

überprüfte Silber enthielt also 260 Probiergrän Silber <strong>und</strong> 28<br />

Probiergrän unedle Zusätze was unmittelbar umgerechnet(260<br />

= 10x24 +20) eine Feinheit von 10 Deniers 20 Grän für das<br />

überprüfte Münzsilber ergibt (ca. 903/1000 fein).<br />

<strong>Die</strong>s entspricht in heutigen Maßeinheiten: - Probiermark -<br />

ca. 3,6g; - <strong>Gewicht</strong>sverlust 350 mg<br />

<strong>Die</strong> Genauigkeit der Bestimmung der Zusammensetzung<br />

der Silberlegierung hing also im wesentlichen von der Sorgfalt<br />

der Tiegelprobe <strong>und</strong> der Genauigkeit der Waage ab, <strong>und</strong> es ist<br />

so nicht verw<strong>und</strong>erlich, daß es zu erheblichen Abweichungen<br />

kam.<br />

Für die Interpretation <strong>und</strong> die Zuordnung der Angaben alter<br />

urk<strong>und</strong>licher Überlieferungen ist es unbedingt notwendig<br />

zu ermitteln, was konkret mit den Bezeichnungen, Pf<strong>und</strong>,<br />

Mark, Unze, Lot, Denier, Karat <strong>und</strong> Gran gemeint ist, begrifflich<br />

wurde damals z.B. das Gran als Weizenkorn, das Gran als<br />

theoretisches Korn, das Gran als Handelsgewicht , das Gran als<br />

Münzgewicht, das Gran als Probiergran oder das Gran als 288er<br />

Teil der Mark für die Definition des <strong>Feingehalt</strong>es nicht extra<br />

unterschieden, wir lesen nur Gran !<br />

<strong>Die</strong> Umstellung der nichtmetrischen nationalen <strong>Gewicht</strong>ssystem<br />

auf metrische Einheiten nach dem Vorbild des nach der<br />

französischen Revolution eingeführten Kilogramm zu 1000<br />

Gramm, oft über den Zwischenschritt des sogenannten metrischen<br />

Pf<strong>und</strong>es zu 500g, führte dann auch zur Übernahme des<br />

metrischen Pf<strong>und</strong>es oder des Kilogramms als Münzgr<strong>und</strong>gewicht.<br />

<strong>Die</strong> Feinheit des Münzmetalls wurde von nun an ebenfalls<br />

auf Basis Kilogramm = 1000 Gramm definiert: <strong>Die</strong> Angabe<br />

900/1000 feines Gold besagt doch nichts weiter, als daß in<br />

theoretisch einem Kilogramm dieser Legierung 900 Gramm<br />

Gold <strong>und</strong> 100 Gramm Zusätze enthalten sind.<br />

<strong>money</strong> <strong>trend</strong> SPEZIAL II<br />

Allerdings hielten sich im internationalen Edelmetallhandel<br />

die mittelalterlichen <strong>Gewicht</strong>s- <strong>und</strong> <strong>Feingehalt</strong>seinheiten<br />

bis in die heutige Zeit.<br />

3. Andere, außereuropäische <strong>Gewicht</strong>e<br />

Alle bisherigen Ausführungen beziehen sich auf den europäischen<br />

<strong>und</strong> kleinasiatischen Raum von den Anfängen der<br />

Benutzung von Edelmetallen als Geld <strong>und</strong> Zahlungsmittel bis<br />

zur heutigen Zeit. China, Japan, Indien <strong>und</strong> auch die arabischislamischen<br />

Herrschaftsbereiche blieben bislang ausgeklammert.<br />

<strong>Die</strong>s hat mehrere Gründe:<br />

Japan <strong>und</strong> China prägten bis in die Neuzeit so gut wie keine<br />

<strong>Münze</strong>n, die <strong>Münze</strong>n wurden meist aus Messing gegossen, die<br />

neuzeitlichen Prägungen haben den amerikanischen Dollar<br />

<strong>und</strong> dessen <strong>Gewicht</strong>sgr<strong>und</strong>lage zum Vorbild. <strong>Die</strong> altindischen<br />

<strong>Münze</strong>n basieren auf griechischen, römischen <strong>und</strong> einheimischen<br />

<strong>Gewicht</strong>sgr<strong>und</strong>lagen, deren konkrete Zusammenhänge<br />

noch nicht bis ins Detail erforscht sind. Ähnlich wie bei den<br />

europäisch/kleinasiatischen <strong>Gewicht</strong>en scheinen auch hier bestimmte<br />

Samen (Molukkabohne, Gunjapflanze, Johannisbrotbaum)<br />

die Gr<strong>und</strong>lage zu bilden.<br />

<strong>Die</strong> islamischen Araber hatten als ursprüngliche Nomaden<br />

<strong>und</strong> nicht seßhafte Viehzüchter kein Basisgewicht in Form des<br />

Getreidekorns. Sie übernahmen bereits lokal herausgebildete<br />

Basisgewichtseinheiten seßhafter Ackerbauernkulturen in den<br />

von ihnen eroberten Gebieten, die ihrerseit griechische, römische<br />

<strong>und</strong> byzantinische <strong>Gewicht</strong>e zur Gr<strong>und</strong>lage hatten. Das<br />

von den Arabern am häufigsten benutzte <strong>Gewicht</strong> Mitkal, auch<br />

Miskal genannt, war sowohl babylonisch, griechisch, römisch/byzantinisch<br />

<strong>und</strong> ptolemäisch/ägyptisch abgeleitet <strong>und</strong><br />

varierte in den einzelnen Gebieten erheblich :<br />

Kleinasien/ Syrien - 1 Mitkal malaya = 1/6 ägyptischrömischer<br />

Unze = 4,72 g<br />

Ägypten - 1 Mitkal = 1 Solidus = 4,54 g<br />

= 4 röm./byz. Scripula<br />

Arabien - 1 Mitkal = 4,25 g<br />

Nordafrika/ Tunis - 1 leichter Mitkal = 3,932 g<br />

Stadt Buschir/<br />

Pers. Golf - 1 schwerer Mitkal = 4,84 g<br />

Persien (1297-1878) - 1 Miskal = 4,61 g = 24 Nokhod<br />

Aus der um 700 beginnenden Münzprägung des arabisch -<br />

islamischen Kalifats läßt sich kein differenziertes eigenständiges<br />

<strong>Gewicht</strong>ssystem herleiten, auch hier waren Münzsysteme<br />

der eroberten Gebiete Vorbild: Silberprägungen nach sassanidischem<br />

Vorbild- <strong>Gewicht</strong>sgr<strong>und</strong>lage griechische Drachme,<br />

reduziert<br />

Goldprägungen nach byzantinischem Vorbild- <strong>Gewicht</strong>sgr<strong>und</strong>lage<br />

Solidus , reduziert<br />

Als sicher gilt, daß die Araber in Münzgewichte <strong>und</strong> Handelsgewichte<br />

unterschieden <strong>und</strong> das in Indien verbreitete Dezimalsystem<br />

sowie die indischen Ziffern (Zahlzeichen) zu den<br />

uns heute bekannten arabischen Zahlen des Zehnersystems<br />

weiterentwickelten.<br />

<strong>Die</strong> arabisch/islamischen <strong>Gewicht</strong>ssysteme entwickelten<br />

<strong>und</strong> differenzierten sich genauso wie die europäischen Systeme.<br />

Dazu kommt noch, daß die Gr<strong>und</strong>einheit Mitkal, auch<br />

Miskal genannt, aus verschiedenen früheren <strong>Gewicht</strong>ssystemen<br />

mit unterschiedlichen Basisgewichten gebildet wurde. Der<br />

auf griechischer Basis gebildete leichte Mitkal (griech. Korn zu<br />

44,3mg) war zudem nur eine Zusammenfassung von nur 88<br />

Korn, <strong>und</strong> nicht wie sonst üblich 96 Korn. Der normale arabische<br />

Mitkal mit griech. Korn (44,3 mg - 96 Korn pro Mitkal)<br />

war Gr<strong>und</strong>lage der Goldprägung , der arabisch/islamischen Dinare<br />

<strong>und</strong> wurde später sogar von Byzanz <strong>und</strong> Rußland als <strong>Gewicht</strong>sgr<strong>und</strong>lage<br />

für die Münzprägung übernommen. Auf der<br />

Basis des römischen Korns (47,3 mg) wurden in Syrien/Kleina-<br />

mt 10/2003 137


<strong>Die</strong> <strong>Münze</strong> <strong>–</strong> <strong>Gewicht</strong> <strong>und</strong> <strong>Feingehalt</strong><br />

sien der Mitkal malaya aus 100 Korn <strong>und</strong> der ägyptische Mitkal<br />

aus 96 Korn gebildet. Einen besonders schweren Mitkal benutzten<br />

die Händler am persischen Golf, den Mitkal von Bushir,<br />

der offensichtlich eine Zusammenfassung von 100 Korn zu<br />

48,4 mg darstellte.<br />

Im Verlauf des 8. bis 15. Jahrh<strong>und</strong>erts erfuhr der Mitkal eine<br />

Reihe von Veränderungen. In vielen Gebieten wurden letztendlich<br />

nur noch 72 Korn zu 44,3 mg zu einer größeren Einheit<br />

zusammengefaßt, die Dirhem oder Dram (abgeleitet von<br />

Drachme) genannt wurde. <strong>Die</strong>se bildete vor allem im späteren<br />

Osmanischen Reich die Gr<strong>und</strong>lage der Handelsgewichte. Ähnlich<br />

wie in Europa wurden auch im arabisch/islamischen<br />

Machtbereich, der ja zeitweilig Gebiete von Spanien bis<br />

einschließlich Indien umfaßte, verschiedene lokale Handelsgewichtspf<strong>und</strong>e<br />

auf 12 oder auch 16 Unzen-Teilung gebildet. Das<br />

Prinzip ist das gleiche wie in Europa:<br />

Basisgewicht: Getreidekorn ( 44,3 - 48,4 mg) - Gran<br />

Zahlensystem: Mischsystem<br />

72 Grän = 1 Dirhem (ca. 3,2 g) auch Dram<br />

oder Drem genannt<br />

88, 96 oder 100 Grän = 1 Mitkal (3,9 g - 4,84 g)<br />

6 Mitkal = 1 Uckia (Unze)<br />

100 bis 140 Dirhem = 1 Rottel<br />

12 oder 16 Uckia = 1 Rottel (Pf<strong>und</strong>)<br />

4 Rottel = 1 Oka<br />

36, 40 oder 44 Oka = 1 Kantar (Zentner)<br />

Über die Herausbildung einer Mark <strong>und</strong> der Definition des<br />

<strong>Feingehalt</strong>es auf Basis der Mark liegen keine verläßlichen Informationen<br />

vor. Mit großer Wahrscheinlichkeit wurde ein System,<br />

ähnlich dem späteren russischen System der Probe zu 96<br />

Teilen benutzt, welches Rußland von Byzanz übernahm. Vieles<br />

deutet darauf hin, daß es die die Araber selbst waren, die dieses<br />

erste universelle System der <strong>Feingehalt</strong>sdefinition entwickelten.<br />

(s. auch spezieller Teil)<br />

4. Zusammenfassung:<br />

<strong>Die</strong> Entwicklung der <strong>Gewicht</strong>e steht in einem engen Zusammenhang<br />

zur Entwicklung der menschlichen Gesellschaft.<br />

<strong>Die</strong> Landwirtschaft als Ernährungsgr<strong>und</strong>lage, der Handel zum<br />

Austausch der erzeugten Produkte <strong>und</strong> auch die Mathematik<br />

mit ihren Zahlensystemen spielen eine bestimmende Rolle bei<br />

der Herausbildung <strong>und</strong> Veränderung der <strong>Gewicht</strong>e. Bis ins 19.<br />

Jahrh<strong>und</strong>ert spielen die beiden wichtigsten Getreidearten für<br />

die menschliche Ernährung (Gerste <strong>und</strong> Weizen) die gr<strong>und</strong>legende<br />

Rolle bei den Basisgewichten.<br />

Ihre Domestikation begann etwa 6000 Jahre v. u. Z. in den<br />

Randgebieten des Mittelmeeres, in Transkaukasien sowie<br />

Kleinasien (Anatolien), in einem geografischen Bereich, in<br />

dem auch die Wiege der Münzprägung liegt. Gemäß ihrer<br />

überragenden Bedeutung wird zunächst die Gerste (Hordeum-<br />

Arten) in Form der Gerstenkörner als Basisgewicht für die Bildung<br />

größerer <strong>Gewicht</strong>seinheiten benutzt. Interessant ist, daß<br />

in einem Zeitraum von 2000 v. u. Z. bis 700 v. u. Z. keine merkliche<br />

Veränderung im Durchschnittsgewicht der Gerstenkörner<br />

(um 44,5 mg) auftrat. Anscheinend wurde von allen Kulturen<br />

die gleiche Gerstenart angebaut <strong>und</strong> verwendet (Hordeum<br />

vulgare). Mit der zunehmend wichtiger werdenden Rolle des<br />

Weizens als Brotgetreide fanden nun aber ab dem 7. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

v. u. Z. überwiegend Weizenkörner als Basisgewichte Verwendung.<br />

Der Anbau unterschiedlicher Weizenarten in den<br />

einzelnen Kulturen <strong>und</strong> die züchterische Weiterentwicklung<br />

der Weizenarten für einen höheren Ertrag spiegeln sich nun in<br />

den Durchschnittsgewichten der Weizenkörner wieder, wobei<br />

allgemein eine Erhöhung des Durchschnittsgewichtes von etwa<br />

45 mg um 700 v. u. Z. bis auf etwa 50 mg im 15. Jh. festzustellen<br />

ist. <strong>Die</strong> züchterische Bearbeitung der urprünglichen Weizenar-<br />

ten Einkorn (Triticum monococcum) <strong>und</strong> Emmer (Triticum dicoccon)<br />

zum Saatweizen (Triticum aestivum) bis hin zum heutigen<br />

Weizen (Triticum vulgare) sowie die unterschiedlichen<br />

klimatischen Bedingungen in den einzelnen Gebieten machen<br />

es allerdings unmöglich, die aus den praktisch verwendeten<br />

<strong>Gewicht</strong>en ermittelten Durchschnittsgewichte konkreten Weizenarten<br />

in bestimmten Zeitabschnitten zuzuordnen.<br />

Übersicht Körnergewichte:<br />

Hordeum-Arten (Gerstenkörner- 2, 4 oder 6 zeilige Gerste)<br />

ab 2000 v. u. Z. Mesopotamien, Babylon<br />

Durchschnittsgewicht ca. 44,5 mg<br />

ab 1700 v. u. Z. Kleinasien, Hethiter<br />

Durchschnittsgewicht ca. 44,5 mg<br />

ab 700 v. u. Z. Kleinasien, Lydien<br />

Durchschnittsgewicht ca. 44,5 mg<br />

Triticum-Arten (Weizenkörner- Einkorn, Emmer, Hartweizen,<br />

Saatweizen)<br />

ab 561 v. u. Z Kleinasien/Lydien<br />

Durchschnittsgewicht ca. 45 mg<br />

ab 600 v. u. Z. Griechenland, Athen<br />

Durchschnittsgewicht ca. 45,5 mg<br />

ab 546 v. u. Z. Kleinasien/ Persien<br />

Durchschnittsgewicht ca. 46,7 mg<br />

ab 560 v. u. Z. Aigina<br />

Durchschnittsgewicht ca. 47,0 mg<br />

ab 5.-2.Jh v.u.Z. Italien, Rom<br />

Durchschnittsgweicht ca. 47,4 mg<br />

vor 1200 Frankreich<br />

Durchschnittsgewicht ca. 47,8 mg<br />

nach 1266 Frankreich<br />

Durchschnittsgewicht ca. 47,8 mg<br />

1297- 1878 Persien<br />

Durchschnittsgewicht ca. 48,0 mg<br />

ab 12. Jh. Deutschland, Köln<br />

Durchschnittsgewicht ca. 48,0 mg<br />

ab 13.-15. Jh Spanien/Portugal<br />

Durchschnittsgewicht ca. 50,0 mg<br />

Spätestens im 15. Jahrh<strong>und</strong>ert sowie in Verbindung mit der<br />

Einführung der Mark verschwinden allerdings die im Individualgewicht<br />

differierenden gegenständliche Weizenkörner als<br />

Basisgewichte <strong>und</strong> werden durch kleine Messinggewichte mit<br />

konstantem, genau definiertem <strong>Gewicht</strong> ersetzt. Ebenso entstehen<br />

kleinste theoretische Basisgewichte für verschiedene<br />

Marken <strong>und</strong> Pf<strong>und</strong>e.<br />

Genauso wichtig wie die botanischen Fakten sind auch die<br />

aus der Entwicklung der Mathematik herrührenden Einflüsse<br />

auf die Definition <strong>und</strong> den Umgang mit <strong>Gewicht</strong>en sowie die<br />

Stückelung der Münznominale. Aus historischen Forschungen<br />

von Völkerk<strong>und</strong>lern <strong>und</strong> Archäologen wissen wir, daß erste<br />

Zahlensysteme bereits etwa 2000 v. u. Z. sowohl im alten China<br />

<strong>und</strong> Indien als auch in Ägypten vorhanden waren <strong>und</strong> nachweislich<br />

dezimal aufgebaut waren (Gr<strong>und</strong>lage: Zehn Finger,<br />

die die Menschen zum Zählen benutzten). Ebenso gab es bereits<br />

Zahlzeichen (Ziffern), mit denen bestimmte Mengen dargestellt<br />

werden konnten. In China waren es die Bambus- oder<br />

Stäbchenziffern, in Indien die Kharostischen Ziffern <strong>und</strong> in<br />

Ägypten sogenannte Individualzeichen für Zehnerpotenzen,<br />

die durch Reihung Zahlen darstellen konnten.<br />

Das für die <strong>Gewicht</strong>sdefinition <strong>und</strong> die Münzprägung bedeutsame<br />

babylonische Zahlensystem war ein Positionssystem<br />

ähnlich dem altindischen Dezimalsystem, allerdings nicht mit<br />

der Basis 10 sondern mit der Basis 60 (Sexagesimalsystem).<br />

Zur Fixierung der Zahlen benutze man seit dem 3. Jahrtausend<br />

v. u. Z. Keilschrifttafeln, wobei durch Reihung dreier verschiedener<br />

Zeichen (Keil, Winkelhaken <strong>und</strong> Nullzeichen) die Zah-<br />

138 mt 10/2003


len im Positionssystem zur Basis 60 dargestellt werden konnten.<br />

Im alten Griechenland wurden das attische (nach der Stadt<br />

Athen benannt) <strong>und</strong> das milesische (nach der Stadt Milet benannt)<br />

Zahlensystem benutzt. <strong>Die</strong>se Systeme waren an das altägyptische<br />

<strong>und</strong> altindische Zehnersystem angelehnte Dezimalsysteme,<br />

denen allerdings noch ein Fünfersystem überlagert<br />

war.<br />

<strong>Die</strong> Darstellung der Zahlen wurde durch Individualzeichen<br />

(griechische Buchstaben) <strong>und</strong> deren Reihung vorgenommen.<br />

Für die <strong>Gewicht</strong>sdefinition sowie die Nominalstückelung wurde<br />

allerdings ein Mischsystem aus griechischem Zehner/Fünfersystem<br />

<strong>und</strong> dem babylonischen Sexagesimalsystem verwendet,<br />

welches in der Konsequenz eigentlich dann ein Positionssystem<br />

mit der Basis 12, das sogenannte Duodezimalsystem<br />

darstellte. Als reines Duodezimalsystem wurde es dann von<br />

den Römern, Byzantinern <strong>und</strong> nachfolgend fast allen andern<br />

münzprägenden Nationen verwendet. Zur Darstellung der<br />

Zahlen wurden neben den griechischen Buchstaben vielfach<br />

die umständlichen römischen Zahlzeichen bis ins 16. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

benutzt.<br />

Seit dem 6. Jahrh<strong>und</strong>ert entwickelte sich das altindische<br />

Dezimalsystem zu dem heutigen, allseits verwendeten dezimalen<br />

Positionssystem mit den uns bekannten Ziffern, die eigentlich<br />

indischen Ursprungs sind. Den Arabern aus Damaskus<br />

<strong>und</strong> Bagdad, dem Zentrum des Kalifats verdanken wir eigentlich<br />

unsere heutigen Zahlen <strong>und</strong> Rechenmethoden, die über<br />

das von den Arabern eroberte Spanien zwischen dem 10. <strong>und</strong><br />

12. Jh. nach Europa gelangten. Für die Einteilung der <strong>Gewicht</strong>e<br />

sowie für die Münzprägung wurde das Dezimalsystem jedoch<br />

erst im 18. <strong>und</strong> 19. Jh. übernommen. <strong>Die</strong> meisten Staaten<br />

Europas definierten ihre <strong>Gewicht</strong>e erst gegen Ende des 19.<br />

Jahrh<strong>und</strong>erts auf der Basis des Kilogramms, seit Mitte des 19.<br />

Jh aber vielfach bereits auf Basis des metrischen Pf<strong>und</strong>es zu<br />

500 g. Als letzter europäischer Staat wechselte 1971 Großbritannien<br />

in seinem Münzsystem von der altkarolingischen Einteilung<br />

des Pf<strong>und</strong>es zum Dezimalsystem.<br />

Betrachtet man abschließend die Entwicklung der <strong>Gewicht</strong>e<br />

unter evolutionstheoretischen <strong>und</strong> dialektischen Aspekten<br />

im Zusammenhang mit den wichtigsten Epochen <strong>und</strong> Zeitabschnitten<br />

der Entwicklung der menschlichen Gesellschaft auf<br />

sozialökonomischen Gebiet, so korrelieren auffällig viele wichtige<br />

Veränderungen bei den <strong>Gewicht</strong>en mit bedeutenden sozialökonomischen<br />

Umwälzungen.<br />

<strong>Die</strong> Ablösung der Urgesellschaft durch die erste Form der<br />

Klassengesellschaft ist verb<strong>und</strong>en mit dem Aufkommen des<br />

Naturalaustauschs (Handel) <strong>und</strong> vormünzlichen Geldformen<br />

(Hacksilber). Gleichzeitig entwickelt sich ein erster Basisstandard<br />

bei den <strong>Gewicht</strong>en im alten Mesopotamien (Sumer, Babylonier):<br />

Korn- 3 x 60 = 1 Schekel x 60 = 1 Mine x 60 = 1 Talent<br />

<strong>Die</strong> Hethiter in Kleinasien variieren nun diesen Basisstandard<br />

zu ersten Mal:<br />

Korn- 3 x 60 = 1 Schekel x 40 = 1 Mine x 60 = 1 Talent<br />

<strong>Die</strong> semitischen Chaldäer in Mesopotamien <strong>und</strong> Babylon variieren<br />

den Basisstandard nun weiter:<br />

Korn- 3 x 60 = 1 leichter Schekel x 60 = 1 leichte Mine<br />

x 60 = 1 kleines Talent<br />

6 x 60 = 1 schwerer Schekel x 60 = 1 schwere Mine<br />

x 60 = 1 großes Talent<br />

Mit dem Einsetzen erster Münzprägungen in Kleinasien (Lydien,<br />

Ionien) erfolgt eine noch weitgehendere Differenzierung:<br />

Korn- 3 x 60 = 1 Goldstater x 60 = 1 leichte Mine<br />

x 60 = 1 kleines Talent<br />

4 x 60 = 1 Silberstater x 60 = 1 mittlere Mine<br />

x 60 = 1 mittleres Talent<br />

6 x 60 = 1 Elektronstater x 60 = 1 schwere Mine<br />

x 60 = 1 großes Talent<br />

Von den Lydern ist allerdings im Gegensatz zu den semitischen<br />

Völkern (Chaldäer) keine urk<strong>und</strong>lich überlieferte Unterscheidung<br />

in große <strong>und</strong> kleine <strong>Gewicht</strong>e bekannt. Somit wäre<br />

die wahrscheinlichere Variante ein variiertes <strong>und</strong> kombiniertes<br />

System:<br />

Korn- 3 x 60 = 1 Goldstater x 60 = 1 Mine x 60 = 1 Talent<br />

4 x 60 = 1 Silberstater x 45 = 1 Mine x 60 = 1 Talent<br />

6 x 60 = 1 Elektronstater x 30 = 1 Mine x 60 = 1 Talent<br />

Bei den lydischen Goldprägungen scheint sich nun auch der<br />

Wechsel vom ursprünglich verwendeten Gerstenkorngewicht<br />

zum etwas schwereren Weizenkorngewicht zu vollziehen.<br />

Das altpersische Reich benutzte einen variierten <strong>und</strong> kombinierten<br />

eigenen <strong>Gewicht</strong>sstandard:<br />

Korn- 2 x 60 = 1 Siglos (Silber) x 90 = 1 Mine x 60 = 1 Talent<br />

3 x 60 = 1 Stater (Gold) x 60 = 1 Mine x 60 = 1 Talent<br />

<strong>Die</strong> großartigen kulturellen Leistungen der alten Griechen<br />

zeigen sich nun auch bei der Einführung eines qualitativ wesentlich<br />

besseren <strong>und</strong> einfacheren <strong>Gewicht</strong>ssystems, welches<br />

die nahezu perfekte <strong>und</strong> hochentwickelte Nominalstückelung<br />

des lydischen bimetallischen Münzsystems mit der vereinfachten<br />

Bildung der <strong>Gewicht</strong>seinheiten kombiniert. Bsp. Athen- attisch-euböischer<br />

Fuß<br />

Korn- x 16 = 1 Obol x 6 = 1 Drachme x 100 = 1 Mine x 60 = 1<br />

Talent<br />

Andere griechische Stadtstaaten benutzten in der Anfangsphase<br />

teilweise noch auf babylonischem, lydischem oder persischem<br />

Fuß aufgebaute <strong>Gewicht</strong>ssysteme, gingen aber im 5. Jh.<br />

v. u. Z. vielfach zum attischen System über. <strong>Die</strong> Abweichungen<br />

im <strong>Gewicht</strong> der Nominale erklärt sich aus der Tatsache, daß<br />

nicht immer wie in Athen 96 Korn zur <strong>Gewicht</strong>sdefinition des<br />

Hauptnominals Drachme verwendet wurden. (s. Anhang Nominaltabelle)<br />

Der herausragende Beitrag Roms ist die Schaffung eines<br />

qualitativ völlig neuen <strong>und</strong> besseren <strong>Gewicht</strong>ssystems auf der<br />

mathematischen Basis des Duodezimalsystems:<br />

Korn- 2 x 12 = 1 Scripulum<br />

2 x 12 = 1 Uncia x 12 = 1 Libra (Pf<strong>und</strong>)<br />

<strong>money</strong> <strong>trend</strong> SPEZIAL II<br />

Das römische Pf<strong>und</strong> zu 12 Unzen ist nun der Ausgangspunkt<br />

für die weitgehende Differenzierung der mittelalterlichen<br />

<strong>Gewicht</strong>e durch Kombination unterschiedlichster Teilungen.<br />

Im wesentlichen erfolgt eine Differenzierung wie früher in<br />

Mesopotamien bei den Chaldäern <strong>und</strong> in Kleinasien bei den<br />

Lydern. Dem antiken großen, mittleren <strong>und</strong> kleinen Talent<br />

entsprechend werden nun schwere 16- Unzen Handelsgewichtspf<strong>und</strong>e,<br />

mittlere 12- Unzen Handelsgewichts- <strong>und</strong> Apothekerpf<strong>und</strong>e<br />

<strong>und</strong> die leichte 8- Unzen Mark Edelmetall <strong>und</strong><br />

Münzgewicht gebildet.<br />

Das Basissystem bildet hierbei das römische Pf<strong>und</strong> zu 12<br />

Unzen:<br />

schwere 16 Unzen Handelsgewichtspf<strong>und</strong>e:<br />

Korn- x 96 = 1 Solotnik x 3 = 1 Lot x 32 = 1 Pf<strong>und</strong> (Rußland-<br />

2 Lot = 1 Unze)<br />

x 96 = 1 Miskal x 6 = 1 Unze x 16 = 1 Rottel (Arabien-<br />

Handelspf<strong>und</strong>)<br />

mt 10/2003 139


<strong>Die</strong> <strong>Münze</strong> <strong>–</strong> <strong>Gewicht</strong> <strong>und</strong> <strong>Feingehalt</strong><br />

x 40 = 1 Denier parisi x 15 = 1 Unze x 16 = 1 Livre parisi<br />

(Frankreich)<br />

x 32 = 1 Esterlin x 20 = 1 Unze x 16 = 1 Livre poid (Handelspf<strong>und</strong><br />

Frankreich)<br />

x 19 = 1 Richtpfennig x 4 = 1 Quentchen x 4 = 1 Lot x 2<br />

= 1 Unze x 16 = 1 rheinischesPf<strong>und</strong><br />

mittlere 12 Unzen Handelsgewichtpf<strong>und</strong>e, Apothekerpf<strong>und</strong>e<br />

<strong>und</strong> Medizinalgewichte:<br />

Korn- x 96 = 1 Miskal x 6 = 1 Unze x 12 = 1 leichtes Rottel<br />

(Arabien)<br />

x 32 = 1 Esterlin x 20 = 1 Unze x 12 = 1 Livre de troyes<br />

(Pariser Troypf<strong>und</strong>)<br />

x 32 = 1 Sterling x 20 = 1 Unze x 12 = 1 Towerpo<strong>und</strong><br />

(England)<br />

x 24 = 1 Pennyweight x 20 = 1 Unze x 12 = 1 Po<strong>und</strong> troy<br />

(Engl. Troypf<strong>und</strong>)<br />

8 Unzen Mark, leichtes Handelsgewicht, überwiegend<br />

Münz- <strong>und</strong> Edelmetallgewicht:<br />

Korn- x 32 = 1 Esterlin x 20 = 1 Unze x 8 = 1 Pariser Troymark<br />

x 32 = 1 Sterling x 20 = 1 Unze x 8 = 1 Londoner Towermark<br />

x 24 = 1 Penning x 8 = 1 Örtug x 3 = 1 Öre x 8 = 1 Nordische<br />

Mark<br />

x 19 = 1 Richtpfennig x 4 = 1 Quentchen x 4 = 1 Lot x 2<br />

= 1 Unze x 8 = 1 Kölner Mark<br />

x 16 = 1 Grano x 36 = 1 Onza x 8 = 1 kastilische Mark<br />

<strong>Die</strong> in den Zeiten des Feudalabsolutismus entstandene Differenzierung<br />

in lokale <strong>Gewicht</strong>sstandards einzelner Herrschaftsbereiche<br />

stellt allerdings am Beginn des Übergangs zur kapitalistischen<br />

Industriegesellschaft ein großes Hemmnis für Handel,<br />

Industrie, Wirtschaft <strong>und</strong> Finanzwesen dar. So beginnt ab 1799<br />

die Ablösung der mittelalterlichen <strong>Gewicht</strong>sstandard durch das<br />

vom französischen Nationalkonvent beschlossene Metrische System<br />

(c-g-s System: Zentimeter- Gramm- Sek<strong>und</strong>e System). Im<br />

Verlauf des 19. <strong>und</strong> 20. Jh. wird nun weltweit als <strong>Gewicht</strong>ssystem<br />

das heute bekannte <strong>und</strong> benutzte System eingeführt:<br />

1 Gramm x 1000 = 1 Kilogramm<br />

Als Vergleichsbasis erhielt dazu jeder Staat, der dieser internationalen<br />

Konvention beitrat, eine Kopie des vom Internationalen<br />

Büro für Maß <strong>und</strong> <strong>Gewicht</strong> im Pavillion von Breteuil<br />

bei Sevres in der Nähe von Paris aufbewahrten Urkilogramms.<br />

B- Spezieller Teil<br />

1. Vom Ursprung des Zählens <strong>und</strong> Rechnens<br />

Zählsysteme <strong>und</strong> Zahlensysteme<br />

Das Zählen von Gegenständen , Tieren <strong>und</strong> landwirtschaftlichen<br />

Erzeugnissen setzt die Herausbildung einer artikulierten<br />

Sprache <strong>und</strong> damit verb<strong>und</strong>en die Entstehung von abstrakten<br />

Zahlwörtern voraus. <strong>Die</strong>ser Entwicklungsstand war in den<br />

verschiedenen Kulturen Ägyptens, Indiens, Chinas <strong>und</strong> Mesopotamiens<br />

bereits im 3. <strong>und</strong> 2. Jahrtausend vor unserer Zeitrechnung<br />

erreicht.<br />

Das Zählen geschah anfänglich mit Hilfe der zehn Finger<br />

der beiden Hände, wobei eine Fixierung in Form von Zahlzeichen<br />

(Zahlensymbole, Ziffern) nicht erfolgte <strong>und</strong> auch nur<br />

Zahlwörter von 1 bis 10 gebräuchlich waren.<br />

Archäologische <strong>und</strong> völkerk<strong>und</strong>liche Forschungen haben<br />

ergeben, daß mit diesen ersten manuellen Fingerzählsystemen<br />

bereits Mengen beliebiger Größenordnung bestimmt werden<br />

konnten, indem mehrere Personen als Zähler fungierten.<br />

Manuelles Fingerzählsystem - Zehnersystem - altchinesisch, altindisch,<br />

altägyptisch, altsumerisch, altgriechisch<br />

Darstellung der Zahlen 1 bis 10 mit den Fingern<br />

Das Zählen geschah mit den zehn Fingern beider Hände,<br />

wobei die Anzahl der ausgestreckten Finger jeweils die Einer<br />

von 1 bis 9 bedeuteten. Waren alle Finger gestreckt, so bedeutete<br />

dies 10, war kein Finger gestreckt so bedeutete dies nichts,<br />

also Null, obwohl es dafür noch kein Zahlwort gab.<br />

<strong>Die</strong> Ermittlung von Mengen größer als 10 mittels mehrerer<br />

Zählpersonen<br />

Das Zählen größerer Mengen, beispielsweise von Tierherden<br />

mit mehreren h<strong>und</strong>ert Tieren geschah nun auf folgendem<br />

Wege: Drei Personen stellten sich am Eingang eines umzäunten<br />

Kraals auf, in den die Tiere hineingetrieben wurden. <strong>Die</strong><br />

erste Person zählte mit ihren Fingern die vorbeilaufenden Tiere<br />

mit den Fingern bis 10 ab, die zweite Person zählte mit ihren<br />

10 Fingern ab, wie oft bei der ersten Person alle 10 Finger gestreckt<br />

waren, entsprechend verfuhr die dritte Person bezüglich<br />

der vollen Hände der zweiten Person. Auf diese Weise<br />

konnten Tierherden bis 1000 Tiere von drei Personen gezählt<br />

werden, obwohl nur Zahlwörter von 1 bis 10 gebräuchlich waren.In<br />

unserem Beispiel repräsentieren die drei Zählpersonen<br />

sozusagen die die Positionen im Positionssystem zur Basis 10,<br />

der erste Zähler die Einer, der zweite Zähler die Zehner <strong>und</strong><br />

der dritte Zähler die H<strong>und</strong>erter.<br />

Manuelles Fingerzählsystem - Sechzigersystem - Mesopotamien<br />

seit 3. Jahrtausend v.u.Z.<br />

Darstellung der Zahlen 1 bis 60 mit nur 10 Fingern durch eine<br />

Person<br />

<strong>Die</strong>ses Fingerzählsystem beruht ebenfalls auf den jeweils 5<br />

Fingern einer Hand, ebenso wurden beide Hände mit ihren insgesamt<br />

10 Fingern benutzt. Allerdings wurde dabei das Zählen<br />

mit der rechten Hand von 1 bis 5 mit verschiedenen Fingerstellungen<br />

der linken Hand kombiniert. Stellt man sich beide Hände<br />

mit dem Handrücken zum Gesicht, beide Daumen zur Mitte<br />

vor, geschah das Zählen folgendermaßen: <strong>Die</strong> rechte Hand<br />

zählte mittels Ausstreckens der Finger beginnend mit dem<br />

Daumen von 1 bis 5, bei 6 wurde die rechte Hand wieder geschlossen<br />

<strong>und</strong> der Daumen der linken Hand ausgetreckt.<br />

Anschließend zählte die rechte Hand weiter von 7 bis 11, bei<br />

zwölf wurde der Zeigefinger der linken Hand gestreckt, die<br />

rechte Hand wieder geschlossen. Auf diese Weise konnte<br />

zunächst bis 30 gezählt werden, bis alle 5 Finger der linken<br />

Hand gestreckt waren. <strong>Die</strong> nacheinander ausgestreckten Finger<br />

der linken Hand repräsentierten somit die Zahlen 6; 12; 18;<br />

24 <strong>und</strong> 30. Das Weiterzählen erfolgte nun genauso, die rechte<br />

Hand zählte 31 bis 35, bei 36 wurde nun der Daumen der linken<br />

Hand eingeknickt,die Finger der rechten Hand ebenfalls geschlossen.<br />

Bei 42 knickte der linke Zeigefinger zurück, bei 48<br />

der Mittelfinger, bei 54 der Ringfinger bei 60 zuletzt auch der<br />

kleine Finger, sodaß beide Hände wieder geschlossen waren.<br />

Zur Vermeidung von Verwechslungen bei zwei geschlossenen<br />

Händen (Nichts, Null oder 60) war nun ab 60 ein zweiter<br />

Zähler notwendig, der nunmehr mit seinen Fingern abzählte,<br />

wie oft der erste Zähler bis 60 gezählt hatte. Mittels dieser Methode,<br />

die Gr<strong>und</strong>lage des sumerischen Sexagesimalsystems<br />

wurde, konnten zwei Personen bereits bis 3600 zählen, drei<br />

Personen sogar bis 216000 !<br />

Nachteilig bei beiden Fingerzählsystemen war jedoch, daß<br />

die Darstellung der gezählten Menge nur mit den Fingerstellungen<br />

der am Zählen beteiligten Personen erfolgte, gingen<br />

diese auseinander, so ging auch das Zählergebnis verloren. Somit<br />

entwickelten sich schnell Methoden, um das gezählte Ergebnis<br />

zu fixieren, es entstanden Zahlensymbole, sogenannte<br />

Ziffern <strong>und</strong> damit natürlich auch sogenannte Zahlensysteme,<br />

140 mt 10/2003


mit denen ein Zählen <strong>und</strong> Rechnen auch ohne Finger möglich<br />

wurde. Entsprechend den vorhandenen Mitteln <strong>und</strong> Möglichkeiten<br />

wurden verschiedene Methoden der Zahlendarstellung<br />

<strong>und</strong> Fixierung benutzt. Zunächst benutzte man kleine Holzstäbchen,<br />

die ähnlich der Fingerstellungen ausgelegt wurden<br />

<strong>und</strong> damit die Zahlenwerte repräsentierten.<br />

Chinesische Bambusstäbchen- Ziffern<br />

Indische Stäbchenziffern (Kharosti- Ziffern)<br />

<strong>Die</strong> praktische Möglichkeit, Symbole oder Zahlzeichen in<br />

weiche Materialien einzuritzen oder mittels Holzkohle, farbiger<br />

Mineralien bzw. flüssiger Farben (Tinte,Tusche) auf helle<br />

Untergründe (Baumrinde, Tierhäute, Papyrus, Papier) zu<br />

schreiben, führte dann zur Entwicklung der eigentliche Ziffern,<br />

wobei jede Zahl ein möglicht einfaches, unverwechselbares<br />

Zahlzeichen erhielt.<br />

Indische Brahmi Ziffern<br />

Griechische Buchstabenziffern (attische Zahlen)<br />

<strong>Die</strong> attischen Zahlen wurden meist für die Bezeichnung der<br />

Spalten des Rechenbrettes (Abakus) benutzt. Zur Fixierung<br />

der eigentlichen Zahlenwerte wurden kleine Rechensteine in<br />

den Spalten des Rechenbrettes benutzt.<br />

Ein Nachteil all dieser Systeme war, da es sich noch nicht<br />

um entwickelte Posionssysteme handelte, das Fehlen des Zeichens<br />

Null, zur Bezeichnung unbesetzter Stellen. Um Zahlenwerte<br />

oder Zähl- bzw. Rechenergebnisse darzustellen mußten<br />

die Zahlensymbole auf Rechentischen oder Rechenbrettern<br />

mit Hilfe von Rechenstäbchen oder Rechensteinen dargestellt<br />

werden. Um Verwechslungen auszuschließen, war es notwendig,<br />

den Zehnern, H<strong>und</strong>ertern, Tausendern usw. spezielle Symbole<br />

zuzuordnen, um die wahre Größe der Zahl zu ermitteln.<br />

Eines der ersten vollentwickelten Zahlensysteme war das<br />

altägyptische Zahlensystem, ein Zehnersystem mit aus der<br />

ägyptischen Bilderschrift der Hieroglyphen hervorgegangenen<br />

Zahlzeichen. <strong>Die</strong>se Zahlzeichen waren Individualzeichen einer<br />

bestimmten Zehnerpotenz. Damit war das altägyptische System<br />

ein wirkliches Positionssystem zur Basis 10, das Zahlzeichen<br />

bestimmte die Position, die Anzahl der dargestellten<br />

gleichartigen Zahlzeichen die tatsächliche Anzahl, Ziffern für<br />

die Bezeichnung der Zahlenwerte von 1 bis 9 gab es allerdings<br />

nicht.<br />

Altägyptisches dekadisches Positionssystem<br />

<strong>money</strong> <strong>trend</strong> SPEZIAL II<br />

Auch dieses System hatte noch den Nachteil des fehlenden<br />

Nullzeichens, da die Zahlzeichen aber bis 10 hoch 6 = 1 Million<br />

reichten, war es recht praktikabel <strong>und</strong> einfach, da es mit 7 verschiedenen<br />

Positionszeichen auskam.<br />

Bereits im 3. Jahrtausend v.u. Z. hatte sich im Zweistromland<br />

zwischen Euphrat <strong>und</strong> Tigris, dem antiken Mesopotamien<br />

bei den Sumern auf Gr<strong>und</strong>lage des von ihnen entwickelten<br />

Fingerzählsystems bis 60 ein Positionssystem ähnlich dem<br />

ägyptischen Positionssystem entwickelt, allerdings nicht mit<br />

der Basis 10, sondern mit derBasis 60, das sogenannte Sexagesimalsystem<br />

. Auch für die Darstellung der Zahlenwerte entwickelten<br />

die Sumer ein äußerst einfaches <strong>und</strong> praktisches System.<br />

<strong>Die</strong> Zahlenwerte wurden mit einem keilförmig angespitzten<br />

Holzstäbchen in feuchte Tontäfelchen gedrückt, Fehler<br />

konnten durch Glattstreichen <strong>und</strong> Neuschreiben korrigiert<br />

werden, wenn es notwendig war, das Ergebnis aufzubewahren,<br />

wurden die Täfelchen in der Sonne getrocknet, war es von besonderer<br />

Wichtigkeit, wurden sie im Feuer gebrannt <strong>und</strong> waren<br />

somit zur dauerhaften Aufbewahrung geeignet. Im Gr<strong>und</strong>e genommen<br />

genügten 2 Zeichen, ein senkrecht eingedrückter Keil<br />

für die Einer (a), ein waagerecht eingedrückter Keil (b) auch<br />

Winkelhaken genannt für die Zehner. Seit etwa 600 v. u. Z.<br />

wurde sogar ein sogenanntes Lückenzeichen für unbesetzte<br />

Positionen (Nullzeichen) verwendet, um Verwechslungen auszuschließen,<br />

<strong>Die</strong>se Nullzeichen (c) bestand aus zwei übereinanderliegenden,<br />

schwach eingedrückten Winkelhaken. <strong>Die</strong><br />

Darstellung der Einer sowie der Zehner durch zwei verschiedene<br />

Symbole zeigt aber auch beim Sexagesimalsystem die<br />

Verwandschaft mit dem eigentlichen Dezimalsystem.<br />

Sumerisch- babylonisches sexagesimales Positionssystem<br />

<strong>Die</strong>ses Zahlensystem war das erste, welches für die Definition<br />

der <strong>Gewicht</strong>e <strong>und</strong> damit für die Münzprägung Verwendung<br />

fand. Sowohl die allerersten <strong>Münze</strong>n überhaupt (lydische<br />

<strong>und</strong> griechische Elektronprägungen), als auch die lydische <strong>und</strong><br />

altpersische Gold- <strong>und</strong> Silberprägung basieren auf diesem System.<br />

Selbst die ursprünglichen griechischen Silberprägungen<br />

nutzten noch vielfach <strong>Gewicht</strong>sstandards auf Basis des babylonischen<br />

Schekels im Sexagesimalsystem. In der Folgezeit wur-<br />

mt 10/2003 141


<strong>Die</strong> <strong>Münze</strong> <strong>–</strong> <strong>Gewicht</strong> <strong>und</strong> <strong>Feingehalt</strong><br />

den jedoch einfachere System benutzt, die wir als griechisches<br />

<strong>und</strong> römisches Duodezimalsystem kennen <strong>und</strong> die sich teilweise<br />

bis ins 19. Jh. hielten. Das Duodezimalsystem stellt eigentlich<br />

nur eine Vereinfachung des babylonischen Sexagesimalsystems<br />

dar, durch die Reduzierung der relativ großen Basis 60<br />

auf ein Fünftel dieses Wertes, nämlich die Basis 12 wurden die<br />

Rechenvorgänge vereinfacht. Da andererseits auch Vielfache<br />

von 10 als Zwischenstufen verwendet wurden, ist auch hier der<br />

Bezug zum eigentlichen Dezimalsystem gegeben. In Spanien<br />

<strong>und</strong> seinen Kolonien entwickelte sich als Sonderform für die<br />

Bezeichnung der Münznominale das Oktalsystem, welches auf<br />

besonders einfacher Weise die Verdoppelung oder Halbierung<br />

der Nominalwerte ermöglichte.<br />

<strong>Die</strong>se <strong>und</strong> die folgenden dekadischen Systeme wurden nun<br />

zur Gr<strong>und</strong>lage der Münzgewichte, zur Bezeichnung der Nominale,<br />

der Kennzeichnung der Prägejahre sowie auch für die Definition<br />

der <strong>Feingehalt</strong>e benutzt.<br />

Waren diese Zahlensysteme einerseits von herausragender<br />

Bedeutung für die Festlegung der Handelsgewichte <strong>und</strong> der<br />

daraus resultierenden Münzgewicht, für die Arbeit der Münzmeister<br />

<strong>und</strong> für die Handelstätigkeit <strong>und</strong> Buchführung der<br />

Kaufleute, Steuerbeamten u.s.w. so bemerkt andererseits der<br />

Münzsammler bei der Betrachtung der <strong>Münze</strong>n zunächst<br />

nichts davon. Der Wert <strong>und</strong> Wechselkurs zu anderen <strong>Münze</strong>n<br />

ergab sich bei den Edelmetallmünzen (Elektron, Silber, Gold)<br />

einzig <strong>und</strong> allein aus dem <strong>Gewicht</strong>, die Angabe eines Nominalwertes<br />

in Form eines Zahlzeichens erfolgte nicht. Erst mit dem<br />

Auftreten der extensiven <strong>Münze</strong>nprägung aus unedlen Metallen<br />

in römischer <strong>und</strong> byzantinischer Zeit wurden römische<br />

Zahlzeichen zur Bezeichnung der Nominalwerte bei Kupfer<br />

<strong>und</strong> Bronzeprägungen (z. B. Nummienangaben) benutzt. Zahlenmäßige<br />

Angaben zu Rauhgewicht, Feingewicht <strong>und</strong>/oder<br />

<strong>Feingehalt</strong> von Gold- <strong>und</strong> Silbermünzen wurden ebenfalls erst<br />

im 18. /19. Jh üblich.<br />

<strong>Die</strong> früheste Darstellung von Zahlzeichen auf <strong>Münze</strong>n wird<br />

zur Angabe des Prägejahres (Datierung) benutzt <strong>und</strong> reicht bis<br />

in die griechisch- hellenistische Zeit zurück. Vielfach wurde jedoch<br />

an Stelle der eigentlichen<br />

Jahreszahl nur das Regierungsjahr des betreffenden Herrschers<br />

angegeben. Erst bei den arabisch/ islamischen <strong>Münze</strong>n<br />

wurde die genaue Datierung (Jahreszahlen nach Hedschra,<br />

Jahr des Regierungsantritts + Anzahl der Regierungsjahre =<br />

Prägejahr) zur Regel. Im europäischen Raum erfolgte eine<br />

durchgängige Datierung erst ab dem 16. Jh, gleichzeitig setzte<br />

sich die Bezeichnung der Nominalstufen mittels römischer<br />

oder indisch/arabischer Zahlen zunehmend gegen die Wortbezeichnungen<br />

durch.<br />

Slawische Buchstabenziffern<br />

Römische Zahlzeichen (Buchstabenziffern)<br />

I = 1 ; V = 5 ; X = 10 ; L = 50 ; C = 100 ; D = 500 ; M = 1000<br />

Sowohl römische als auch slawische Buchstabenziffern haben<br />

ihren Ursprung im griechischen Zahlensystem, welches<br />

sich aus dem milesischen altgriechischen System entwickelte.<br />

<strong>Die</strong> Bildung der Zahlen erfolgt im wesentlichen durch Zusammenfügen<br />

der entsprechenden Ziffern für die<br />

Einer,Zehner,H<strong>und</strong>erter u.s.w. von rechts nach links.<br />

Das Tausendfache einer Zahl wurde durch Unterstreichen<br />

(römisch) oder Überstreichen (slawisch) des entsprechenden<br />

Zeichens dargestellt.<br />

Chinesische Zahlzeichen<br />

Zahl moderne Form alte Form<br />

Ähnlich wie beim ägyptischen Positionssystem werden<br />

beim chinesischen Dezimalsystem alle Positionen bis 10 hoch 6<br />

= 1 Million mit Individualsymbolen besetzt. <strong>Die</strong> Zahlzeichen<br />

von 1 bis 9 ergeben in additiver <strong>und</strong> multiplikativer Form mit<br />

den Positionssymbolen der Zehnerpotenzen die entsprechenden<br />

Zahlen, wobei die Einer jedoch immer links stehen. Rechts<br />

stehende Einer werden mit dem links danebenstehenden Wert<br />

multipliziert.<br />

Das am weitesten entwickelte Dezimalsystem war das milesische<br />

Zahlensystem. Alle Buchstaben des griechischen Alpha-<br />

142 mt 10/2003


ets sowie 3 Buchstaben des semitischen Alphabets (Vau = 6,<br />

Koppa = 90, Sampi = 900) erhielten einen Zahlenwert zugeordnet<br />

<strong>und</strong> zwar im Bereich der Einer, Zehner <strong>und</strong> H<strong>und</strong>erter.<br />

Für die Tausender verwendete man wieder die Buchstaben der<br />

Einer mit einem zusätzlichen Punkt oder kleinem Strich links<br />

unten. Für die Zehntausender setzte man zwei Punkte über die<br />

entsprechenden Buchstaben der Gr<strong>und</strong>zahl.<br />

<strong>Die</strong> Schreibweise der Zahlen erfolgte wie auch heute gebräuchlich<br />

vom höchsten Zahlenwert links zum kleinsten Zahlenwert<br />

rechts.<br />

Griechisch / byzantinisches Zahlensystem<br />

(Milesisches Zahlensystem)<br />

Unser heutiges modernens dezimales Positionssystem zur<br />

Basis 10 entwickelte sich aus den indischen Zahlen- <strong>und</strong> Ziffernsystemen.<br />

Erstmals im 8. Jh trat sowohl bei den Indern als<br />

auch bei den Arabern das Nullzeichen als kleiner Kreis oder<br />

Punkt nachweislich in Erscheinung, womit nun ein vollentwickeltes<br />

Positionssystem zur Verfügung stand, welches sich<br />

von Indien über Arabien, die iberische Halbinsel bis nach Europa<br />

verbreitete.<br />

Indisches System (Wandinschrift von Gualiori)<br />

Ostarabische Ziffern (oben) <strong>und</strong> Westarabische Ziffern (unten)<br />

Schreibweise indisch/arabischer Ziffern in Europa<br />

a) 11. Jh<br />

b) 15. Jh. (oben) ; 16.- 19. Jh. (unten)<br />

c) moderne heutige Schreibweise<br />

1 2 3 4 5 6 7 8 9 0<br />

2. Vom Anfang der Münzprägung<br />

<strong>money</strong> <strong>trend</strong> SPEZIAL II<br />

<strong>Die</strong> nachfolgenden Abschnitte geben die persönlichen Meinungen<br />

<strong>und</strong> Schlußfolgerungen des Autors zu einigen wesentlichen<br />

Etappen der mehr als 2500 Jahre währenden Geschichte<br />

der Münzprägung wieder. Sie beruhen auf einer jahrzehntelangen<br />

Sammeltätigkeit <strong>und</strong> der Auswertung einer Vielzahl numismatischer<br />

<strong>und</strong> historischer Veröffentlichungen, können jedoch<br />

nicht frei von Irrtümern, Fehlinterpretationen <strong>und</strong> schon<br />

gar nicht vollständig sein. In einigen Fällen weichen sie von der<br />

vorherrschenden Lehrmeinung der Fachnumismatik ab <strong>und</strong><br />

sollten Denkanstoß <strong>und</strong> Diskussionsgr<strong>und</strong>lage für eine weitere<br />

tiefgreifende Forschung sein.<br />

Sowohl eine mathematisch- systematische Untersuchung<br />

der Münzfüße antiker Prägungen als auch eine zusammenhängende<br />

Darstellung der <strong>Gewicht</strong>sgr<strong>und</strong>lagen der sogenannten<br />

orientalischen Prägungen scheint es in der deutschsprachigen<br />

numismatischen Literatur nicht zu geben. <strong>Die</strong> Suche nach einer<br />

modernen zusammenhängenden Darstellung der Entwicklung<br />

der <strong>Gewicht</strong>e <strong>und</strong> daraus abgeleiteten Münzfüße aus der<br />

Zeit vor der Einführung des Dezimalsystems sowie einer allgemein<br />

verständliche Darstellung zur Problematik des <strong>Feingehalt</strong>es<br />

war ebenfalls erfolglos <strong>und</strong> förderte nur bruchstückhafte<br />

Fakten <strong>und</strong> Erklärungen zu Tage, die in mühevoller Kleinarbeit<br />

zu einem Gesamtbild zusammengesetzt werden mußten.<br />

2.1. <strong>Die</strong> mathematisch-systematische Untersuchung der Münzfüße<br />

<strong>und</strong> <strong>Gewicht</strong>e der antiken Prägungen<br />

<strong>Die</strong> numismatische Fachliteratur nennt für den Beginn der<br />

Münzprägung in Griechenland <strong>und</strong> Kleinasien im wesentlichen<br />

7 bedeutsame Münzfüße, welche nach den Gebieten, in denen<br />

sie Geltung besaßen, benannt wurden. Es handelt sich um den<br />

phokäischen Fuß (nach der Stadt Phokaia), den lydischen Fuß<br />

(nach dem Königreich Lydien), den äginetischen Fuß (nach der<br />

Insel Aigina), den attisch- euböischen Fuß (nach der Stadt<br />

Athen), den persischen Fuß (nach dem Königreich Persien),<br />

den korinthischen Fuß (nach der Stadt Korinth) sowie den<br />

phönizischen Fuß (nach dem Gebiet Phönizien <strong>und</strong> Karthago).<br />

Auf diese Münzfüße beziehen sich die Beschreibungen der<br />

F<strong>und</strong>münzen <strong>und</strong> deren Nominalzuweisung.<br />

<strong>Die</strong> mathematisch- systematische Diskussion dieser Münzfüße<br />

unter Einbeziehung der historischen <strong>Gewicht</strong>sstandards,<br />

der Zugehörigkeit zu einem bestimmten Herrschaftsgebiet<br />

(Oberhoheit) sowie der vorherrschenden Zahlensysteme ergibt<br />

nun folgendes Bild:<br />

<strong>Die</strong> initiale Elektronprägung in Kleinasien vor dem ion. Aufstand<br />

<strong>und</strong> den Perserkriegen (bis 479 v.u.Z.)<br />

nach 650 v. u. Z. Ephesos, nach 615 v. u. Z. Lydien, nach 600<br />

v. u. Z. Kyzikos, nach 600 v. u. Z. Milet, nach 600 v. u. Z. Phokaia,<br />

beginnend vor 500 v. u. Z. Mytilene beginnend nach 700 v. u. Z.<br />

in nicht mehr genau zu lokalisierenden Münzstätten in Ionien<br />

Alle diese Gebiete waren bis 550/546 v. u. Z. relativ selbständige<br />

Gebiete <strong>und</strong> Städte mit griechischen kulturellen Wur-<br />

mt 10/2003 143


<strong>Die</strong> <strong>Münze</strong> <strong>–</strong> <strong>Gewicht</strong> <strong>und</strong> <strong>Feingehalt</strong><br />

zeln. Danach gehörten sie bis etwa 480 v. u. Z. überwiegend<br />

zum Persischen Reich oder standen unter dessen Oberhoheit.<br />

<strong>Die</strong> verwendeten <strong>Gewicht</strong>ssysteme waren babylonisch beeinflußt,<br />

für die Elektronprägung kam das babylonisch/<br />

chaldäische Handelsgewichtssystem mit dem großen Talent zur<br />

Anwendung. <strong>Die</strong>ses System beruht auf der Unterteilung des<br />

großen Talents in 60 schwere Minen zu je 60 schweren oder<br />

doppelten Schekeln. <strong>Die</strong>ser schwere Schekel wurde nun als<br />

Elektronstater Gr<strong>und</strong>nominal der einsetzenden Münzprägung.<br />

<strong>Die</strong>ser Stater stellt eine Zusammenfassung von 360 Korn dar,<br />

wobei das verwendete Korn offensichtlich das bereits im alten<br />

Mesopotamien <strong>und</strong> Babylon verwendete Gerstenkorn zu 44,5<br />

mg darstellt. Damit hätte der Elektronstater ein theoretisches<br />

Sollgewicht von 16,02 g (phokäischer Fuß).<br />

<strong>Die</strong> Zusammenfassung von 360 Korn zum Gr<strong>und</strong>nominal<br />

Stater bietet nun eine Vielzahl von Möglichkeiten zur Bildung<br />

von Teilstücken mit Hilfe von gemeinen Brüchen. Bei der Division<br />

der Zahl 360 kann der Divisor alle möglichen Werte a<br />

hoch x mal b hoch y mal c hoch z annehmen, wobei die Basis a<br />

= 2, b =3 , c = 5 <strong>und</strong> der Exponent x = 0; 1; 2 oder 3 , y = 0; 1<br />

oder 2, z = 0 oder 1 sind. Theoretisch sind so mit den damaligen<br />

verfügbaren Rechenmethoden der Bildung gemeiner Brüche<br />

folgende Staterteilstücke als Nominalstückelung möglich:<br />

(Dividend immer 360)<br />

Für die praktische Münzprägung wurden jedoch nur Staterteilstücke<br />

mit folgendem vereinfachten Divisor gebildet: a<br />

hoch x mal b hoch y wobei die Basis a = 2, b = 3 <strong>und</strong> der Exponent<br />

x = 0; 1; 2 oder 3, y = 0 oder 1 waren.<br />

Nach der allgemein anerkannten Meinung, daß Nominalwerte<br />

immer ganzzahlige Zusammenfassungen der kleinsten<br />

unteilbaren Basisgewichtseinheit Korn (Gran) darstellen, sind<br />

somit verschiedentlich geäußerte Vermutungen der Existenz<br />

von 1/48 oder gar 1/96 Elektronstaternominalen aus Ionien unrealistisch.<br />

Unter der Beachtung der doch erheblichen Abweichungen<br />

vom theoretischen Nominalgewicht sollten diese<br />

Stücke neu eingeschätzt <strong>und</strong> zugeordnet werden.<br />

Von der um 600 v. u. Z. beginnenden Veränderung der Basisgewichte<br />

(Wechsel zu unterschiedlich schweren Weizenkörnern)<br />

oder einer Veränderung der Kornzahl auf das Gr<strong>und</strong>nominal<br />

scheint der Elektronstater nicht betroffen gewesen zu<br />

sein. <strong>Die</strong> bis 326 v. u. Z. in den griechischen Städten Kleinasiens<br />

(Kyzikos, Phokaia <strong>und</strong> Mytilene) weitergeprägten Elektronhekten<br />

<strong>und</strong> noch kleineren Nominale zeigen keine auffälligen<br />

<strong>Gewicht</strong>sabweichungen, die auf eine Veränderung des<br />

Münzfußes hindeuten.<br />

<strong>Die</strong> initiale Goldprägung in Lydien <strong>und</strong> Persien<br />

Als erste Prägungen aus reinem Gold gelten die Stater des<br />

lydischen Königs Kroisos (561 - 546 v. u. Z.), die Goldprägungen<br />

der Perserkönige nach Kyros II. (550 - 520 v. u. Z) <strong>und</strong> die<br />

bekannten Stater- Dareiken seit Dareios I. (521 - 486 v. u. Z.).<br />

Mit dem Wechsel vom Elektron zum reinen Gold findet nach<br />

kurzer Zeit auch ein Wechsel der <strong>Gewicht</strong>sgr<strong>und</strong>lage statt.<br />

Während die ersten Goldprägungen noch im Fuß der Elektronprägungen<br />

stattfinden, wird im Zusammenhang mit der<br />

aufkommenden Silberprägung nun ein eigenständiger Goldmünzfuß<br />

geschaffen. Auch hier ist wieder das babylonisch/<br />

chaldäische <strong>Gewicht</strong>ssystem Gr<strong>und</strong>lage, allerdings wird diesmal<br />

die Teilung des kleinen Talents benutzt. <strong>Die</strong>ses kleine Talent<br />

unterteilt sich ebenfalls in 60 leichte Minen zu je 60 leichte<br />

oder einfache Schekel. <strong>Die</strong>ser leichte Schekel wird nun als<br />

Goldstater Gr<strong>und</strong>nominal der lydischen Goldprägung unter<br />

König Kroisos. <strong>Die</strong>ser Stater stellt eine Zusammenfassung von<br />

nur 180 Korn dar, wobei Lydien nun ein eigenständiges Korngewicht<br />

von ca. 45 mg<br />

(wahrscheinlich bereits Weizenkorn) zugr<strong>und</strong>elegt. Damit<br />

hätte der lydische Goldstater ein theoretisches Sollgewicht von<br />

8,1 g - (Lydischer Fuß).<br />

Nach der Eroberung Lydiens prägten die Perser unter König<br />

Kyros offensichtlich in diesem Fuß weiter. Erst unter König<br />

Dareios I. werden in Persien ab 521 v. u. Z. einheitliche <strong>Gewicht</strong>e<br />

eingeführt <strong>und</strong> damit auch für die Münzprägung veränderte<br />

<strong>Gewicht</strong>sgr<strong>und</strong>lagen geschaffen. Am Gr<strong>und</strong>prinzip ändert<br />

sich nichts, nur wird das babylonisch/chaldäische Korngewicht<br />

von ca. 46,7 mg (Weizenkorn) nun für alle <strong>Gewicht</strong>e zu<br />

kleinsten Basisgewicht. Somit hätte der persische Goldstater<br />

ab Dareios I. (später auch Dareike genannt) ein theoretisches<br />

Sollgewicht von 8,406 g - (persischer Fuß).<br />

<strong>Die</strong> Zusammenfassung von 180 Korn zum Gr<strong>und</strong>nominal<br />

Stater bietet ebenfalls eine Vielzahl von Möglichkeiten zur Bildung<br />

von Teilstücken mit Hilfe von gemeinen Brüchen. Bei der<br />

Division der Zahl 180 kann der Divisor alle möglichen Werte a<br />

hoch x mal b hoch y mal c hoch z annehmen, wobei die Basis a<br />

= 2, b =3 , c = 5 <strong>und</strong> der Exponent x = 0; 1;oder 2, y = 0; 1 oder<br />

2, z = 0 oder 1 sind.<br />

Theoretisch sind so mit den damaligen verfügbaren Rechenmethoden<br />

der Bildung gemeiner Brüche folgende Staterteilstücke<br />

als Nominalstückelung möglich:<br />

(Dividend immer 180)<br />

144 mt 10/2003


Für die praktische Münzprägung wurden jedoch nur Staterteilstücke<br />

mit folgendem vereinfachten Divisor gebildet: a<br />

hoch x mal b hoch y wobei die Basis a = 2, b = 3 <strong>und</strong> der Exponent<br />

x = 0; 1 oder 2, y = 0 oder 1 waren.<br />

<strong>Die</strong> initialen Silberprägungen in Kleinasien (Ionien, Lydien,<br />

Persien), Athen, Lesbos <strong>und</strong> Aigina<br />

Als Ursprung der Silberprägungen gelten die Prägungen<br />

aus Lydien (um 600 v. u. Z) sowie von Athen (um 590 v. u. Z.)<br />

Zwischen 560 <strong>und</strong> 530 v. u. Z. folgen Milet, Ephesos, Teos, Phokaia<br />

<strong>und</strong> Kolophon in Kleinasien, Aigina <strong>und</strong> Lesbos sowie<br />

Korinth auf dem griechischen Festland. <strong>Die</strong> <strong>Gewicht</strong>sgr<strong>und</strong>lage<br />

dieser Prägungen wird von mehreren Faktoren beeinflußt:<br />

einmal die zur Verfügung stehenden Handels- <strong>und</strong> Münzgewichtssysteme,<br />

die mathematischen Zahlensysteme sowie die<br />

Tatsache, daß Gold <strong>und</strong> Silber in einem bestimmten marktabhängigen<br />

Preis- <strong>und</strong> Wertverhältnis zueinander stehen, welches<br />

spätestens mit dem Auftauchen von Elektron- <strong>und</strong> Goldmünzen<br />

berücksichtigt werden mußte.<br />

Da die Silberprägungen nach allgemein akzeptierter Ansicht<br />

erst nach dem Auftreten der ionischen <strong>und</strong> lydischen<br />

Elektronmünzen einsetzten, ist das zwischen 1:13 <strong>und</strong> 1:14<br />

schwankende Wertverhältnis von Silber zu Gold ausschlaggebend<br />

für die Wahl des Silbermünzfußes.<br />

Für die Selbständigkeit bzw. Oberhoheit der entsprechenden<br />

Gebiete <strong>und</strong> Städte gilt das gleiche, wie bereits bei den<br />

Elektronprägungen erläuterte. Für die Prägung der Silbermünzen<br />

fand vielfach das sich entwickelnde griechische <strong>Gewicht</strong>ssystem<br />

in mehreren Varianten Verwendung. Als Handelsgewichte<br />

benutzen die Griechen ein dem babylonisch/chaldäisch<br />

kleinen Talent ähnliches Talent <strong>und</strong> teilten ebenso das Talent<br />

in 60 Minen. Allerdings erfolgte die weitere Unterteilung entsprechend<br />

dem griechischen Zahlensystem (Dezimalsystem) in<br />

100 Drachmen zu je 6 Obolen. <strong>Die</strong> Kleinasiatischen Städte <strong>und</strong><br />

Gebiete unter persischem Einfluß oder direkter persischer<br />

Oberhoheit benutzten bis etwa 480 v. u. Z. das von den Lydern<br />

entwickelt <strong>und</strong> später von den Persern übernommene Statersystem.<br />

<strong>Die</strong>ses von den Lydern für ihre Silberprägung entwickelte<br />

System beruht ebenfalls auf dem babylonisch/chaldäischem<br />

System. Da das System des großen Talents schon für die Elektronprägung<br />

Verwendung fand <strong>und</strong> das System des kleinen Talents<br />

zu einem Gold- Silber Wertverhältnis von nur 10 : 1 geführt<br />

hätte, mußte ein ergänzendes System geschaffen werden,<br />

welches das marktübliche Verhältnis von<br />

13-1/3 : 1 berücksichtigte <strong>und</strong> gleichzeitig den beabsichtigten<br />

Wechselkurs von 10 Silberstatern zu 1 Goldstater<br />

ermöglichte. <strong>Die</strong> meisten griechischen Münzfüße wurden<br />

auf einen Wechselkurs von 24 attischen Drachmen = 1 Elektronstater<br />

ausgerichtet, wobei die einzelnen lokalen Drachmen<br />

nicht unbedingt mit der attischen Drachme übereinstimmten,<br />

sondern einen eigenen spezifischen Wechselkurs zur attischen<br />

Drachme hatten.<br />

Das anscheinend erste <strong>Gewicht</strong>ssystem für die Silberprägung<br />

war somit das lydische System als Variante des babylonischen<br />

Systems. Allerdings wurden dem Schekel nicht 360 Korn<br />

wie beim großen Talent <strong>und</strong> auch nicht 180 Korn wie beim klei-<br />

nen Talent sondern genau 240 Korn zugr<strong>und</strong>egelegt, womit ein<br />

sogenannter mittlerer Schekel entstanden wäre. <strong>Die</strong>ser theoretische<br />

mittlere Schekel wurde nun als Silberstater Gr<strong>und</strong>nominal<br />

der beginnenden Silberprägung. <strong>Die</strong>ser Stater wurde aus<br />

240 Korn zu 44,5 mg (dem alten babylonisches Gerstenkorn)<br />

gebildet. Somit hätte der lydische Silberstater ein theoretisches<br />

Sollgewicht von 10,68 g (lydischer Fuß).<br />

Nach der Eroberung Lydiens prägten die Perser unter König<br />

Kyros in diesem Fuß weiter. Erst unter König Dareios I.<br />

werden in Persien ab 521 v. u. Z. einheitliche <strong>Gewicht</strong>e eingeführt<br />

<strong>und</strong> damit auch für die Münzprägung veränderte <strong>Gewicht</strong>sgr<strong>und</strong>lagen<br />

geschaffen. Am Gr<strong>und</strong>prinzip ändert sich<br />

nichts, nur wird das babylonisch/chaldäische Korngewicht von<br />

ca. 46,7 mg (Weizenkorn) nun für alle <strong>Gewicht</strong>e zu kleinsten<br />

Basisgewicht. Somit hätte der persische Silberstater ab Dareios<br />

I. ein theoretisches Sollgewicht von 11,208 g (persischer Fuß).<br />

Allerdings wurde von nun an fast nur noch der Halbstater: Siglos<br />

genannt geprägt (5,6 g). 20 Sigloi entsprachen einem Goldstater<br />

(Dareike zu 8,4 g). Dadurch wurde ein den damaligen<br />

aktuellen Marktverhältnissen entsprechendes Gold- Silber<br />

Wertverhältnis von 13-1/3 : 1 erreicht.<br />

<strong>Die</strong> Zusammenfassung von 240 Korn zum Gr<strong>und</strong>nominal<br />

Stater bietet ebenfalls eine Vielzahl von Möglichkeiten zur Bildung<br />

von Teilstücken mit Hilfe von gemeinen Brüchen. Bei der<br />

Division der Zahl 240 kann der Divisor alle möglichen Werte a<br />

hoch x mal b hoch y mal c hoch z annehmen, wobei die Basis a<br />

= 2, b =3 , c = 5 <strong>und</strong> der Exponent x = 0; 1; 2; 3 oder 4, y = 0 oder<br />

1, z = 0 oder 1 sind.<br />

Theoretisch sind so mit den damaligen verfügbaren Rechenmethoden<br />

der Bildung gemeiner Brüche folgende Staterteilstücke<br />

als Nominalstückelung möglich:<br />

(Dividend immer 240)<br />

<strong>money</strong> <strong>trend</strong> SPEZIAL II<br />

Für die praktische Münzprägung wurden jedoch nur Staterteilstücke<br />

mit folgendem vereinfachten Divisor gebildet: a<br />

hoch x mal b hoch y wobei die Basis a = 2, b = 3 <strong>und</strong> der Exponent<br />

x = 0; 1; 2; 3 oder 4, y = 0 oder 1 waren.<br />

Für die um 590 v. u. Z.(Athen) bzw. um 560 v. u. Z (Aigina)<br />

einsetzende griechische Silberprägung wurden eigenständige<br />

<strong>Gewicht</strong>ssysteme geschaffen, die sowohl das babylonische,<br />

das lydische <strong>und</strong> auch das eigene, auf der Drachme beru-<br />

mt 10/2003 145

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