Die Münze – Gewicht und Feingehalt - money trend
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WILFRIED MAHLIG<br />
<strong>Die</strong> <strong>Münze</strong> <strong>–</strong> <strong>Gewicht</strong> <strong>und</strong> <strong>Feingehalt</strong><br />
Handels- <strong>und</strong> Münzgewichte<br />
von den Anfängen bis zur Gegenwart<br />
Vorwort<br />
Zu den wohl interessantesten Beschäftigungen eines leidenschaftlichen<br />
<strong>und</strong> engagierten <strong>Münze</strong>nsammlers gehört sicherlich<br />
auch die Beschäftigung mit den historischen <strong>und</strong> wirtschaftlichen<br />
Hintergründen einer Münzprägung. Viele Tausende<br />
numismatische Fachbücher, Abhandlungen <strong>und</strong> Kataloge<br />
zu bestimmten Abschnitten der Münzgeschichte sind in der<br />
Vergangenheit geschrieben worden, die aktuellsten <strong>und</strong> gebräuchlichsten<br />
Standardwerke über die weltweite Gold- <strong>und</strong><br />
Silbermünzenprägung (Friedberg, Krause Mishler u.a.) bieten<br />
hierzu schon eine Fülle von Informationen. Auch die technischen<br />
Parameter einer <strong>Münze</strong> (Rauhgewicht, Feingewicht <strong>und</strong><br />
<strong>Feingehalt</strong>) werden genauestens bis auf 4 Stellen nach dem<br />
Komma sowohl in Gramm als auch in Feinunzen angegeben.<br />
Allerdings stellt sich spätestens an dieser Stelle die Frage, wie<br />
denn ein Münzmeister im Altertum überhaupt eine <strong>Münze</strong> wie<br />
z. B. eine persische Golddareike zu 8,4 g oder eine silberne attische<br />
Tetradrachme zu 17,5 g herstellen konnte, wenn die<br />
Maßeinheit Gramm für das <strong>Gewicht</strong> dieser Stücke überhaupt<br />
erst nach 1799 schrittweise eingeführt wurde. Ebenso stutzig<br />
machen <strong>Feingehalt</strong>sangaben für arabische Dinare des 7. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />
von 975/1000 fein, auch diese Angabe wurde erst mit<br />
der Einführung des metrischen Systems möglich. Natürlich<br />
sind die in den heutigen Katalogwerken verwendeten <strong>Gewicht</strong>s-<br />
<strong>und</strong> <strong>Feingehalt</strong>sangaben Ergebnisse einer genauen Untersuchung<br />
der entsprechenden <strong>Münze</strong>n mit heutigen modernen<br />
Methoden, vor allem bei solchen Stücken, bei denen keine<br />
schriftlichen Urk<strong>und</strong>en <strong>und</strong> Überlieferungen hinsichtlich der<br />
gesetzlichen Vorschriften über die münztechnischen Parameter<br />
vorliegen. Andererseits gibt es jedoch auch eine Fülle historisch<br />
überlieferter Verfügungen, Edikte <strong>und</strong> Gesetze, in denen<br />
die damals Prägeberechtigten genau die Ausbringung der entsprechenden<br />
<strong>Münze</strong>n nach " Schrot <strong>und</strong> Korn " festlegten. Damit<br />
sind wir aber schon bei der Problematik der historischen<br />
Münz- <strong>und</strong> Handelsgewichte sowie der Festlegung, Bestimmung<br />
<strong>und</strong> Kontrolle des <strong>Feingehalt</strong>es der Münzmetallegierungen<br />
bei Gold- <strong>und</strong> Silbermünzen. Leider ist es dem Verfasser<br />
nicht gelungen, in der doch sehr umfangreichen numismatischen<br />
Literatur ein deutschsprachiges, modernes <strong>und</strong> allgemeinverständliches<br />
Gesamtwerk zur Problematik der <strong>Gewicht</strong>e<br />
<strong>und</strong> <strong>Feingehalt</strong>sdefinitionen von der Antike bis zur Gegenwart<br />
zu finden. So führte notgedrungenerweise die Suche in einer<br />
Vielzahl, oft auch fremdsprachlicher Publikationen zu einer<br />
Faktensammlung, die mit der nachfolgenden Abhandlung<br />
dem interessierten <strong>Münze</strong>nfre<strong>und</strong> vorgestellt werden soll, jedoch<br />
keinen Anspruch auf Vollständigkeit erebt.<br />
Ausgangspunkt ist das antike Mesopotamien, welches als<br />
Ursprung der Verwendung von Edelmetallen als Zahlungsmittel<br />
(Hacksilber) gilt. Der Bogen spannt sich dann über die entscheidenden<br />
Schritte der antiken <strong>und</strong> mittelalterlichen Münzprägung<br />
bis zur Einführung des heutigen metrischen Systems.<br />
Dabei war es allerdings notwendig, sich auf die jeweils ersten<br />
initialen Prägungen zu konzentrieren, bei denen noch der unmittelbare<br />
Zusammenhang zwischen den Handelsgewichten<br />
<strong>und</strong> den daraus gebildeten Münzgewichten deutlich sichtbar<br />
war. Im Zuge der über die gesamte Epoche der Prägung von<br />
<strong>Münze</strong>n aus Edelmetallen anhaltenden Münzverschlechterung<br />
wurden die <strong>Münze</strong>n fortlaufend im Rauhgewicht <strong>und</strong> auch zum<br />
großen Teil im Feingewicht reduziert, was zur Folge hatte, daß<br />
die ursprüngliche Übereinstimmung von Handelsgewichtseinheit<br />
<strong>und</strong> <strong>Münze</strong> immer wieder verloren ging.<br />
Außerdem wurde durchgängig das Prinzip der Vorrangigkeit<br />
der Handelsgewichte angewendet, welches bedeutet, daß<br />
zunächst die Handelsgewichte <strong>und</strong> deren systematischer Aufbau<br />
aus Basisgewichten in Form von Getreidekörnern, später<br />
auch theoretischen Körnern, über kleine, mittlerer <strong>und</strong> große<br />
<strong>Gewicht</strong>seinheiten erläutert wird <strong>und</strong> daraus die Bildung der<br />
Münzgewichte hergeleitet wird. Nicht außer Acht gelassen<br />
wurden auch die orientalischen <strong>Münze</strong>n, wobei jedoch nur<br />
schwerpunktmäßig einige arabisch- islamische, islamisch- indische<br />
<strong>und</strong> osmanische Münztypen <strong>und</strong> deren <strong>Gewicht</strong>sgr<strong>und</strong>lagen<br />
betrachtet werden konnten.<br />
Mit besonderer Sorgfalt wurde darauf geachtet, die komplexen<br />
Beziehungen zwischen der Entwicklung von <strong>Gewicht</strong>ssystemen,<br />
der Entwicklung des Handels, der mathematischen Gr<strong>und</strong>lagen<br />
(Zahlensysteme) <strong>und</strong> der Münzprägung herauszuarbeiten.<br />
Sicherlich wird dieser Versuch eines Überblicks noch viele<br />
Fragen offen lassen <strong>und</strong> an bestimmten Stellen auch Widerspruch<br />
hervorrufen, insbesondere da dies keine Arbeit eines Berufsnumismatikers<br />
ist. An dieser Stelle seien alle Leser herzlichst<br />
dazu aufgerufen, ihre Meinungen, Kritiken, Widersprüche<br />
<strong>und</strong> Anregungen sowie neue Fakten dem Verfasser mitzuteilen.<br />
A <strong>–</strong> Allgemeiner Teil<br />
Historische <strong>Gewicht</strong>e <strong>und</strong> ihre Bedeutung für<br />
die Münzprägung <strong>und</strong> Geldgeschichte<br />
1. Antike<br />
Für die nomadisierenden Viehzüchter <strong>und</strong> seßhaften<br />
Ackerbauern sowie die Handwerker <strong>und</strong> Kaufleute der Urgesellschaft<br />
<strong>und</strong> Sklavenhaltergesellschaft waren die geistigen<br />
Operationen des Zählens <strong>und</strong> das praktische Bestimmen von<br />
Mengeneinheiten <strong>und</strong> <strong>Gewicht</strong>en unabdingbare Notwendigkeit<br />
für das Bestimmen der Größe von Tierherden oder der<br />
Menge der geernteten landwirtschaftlichen Erzeugnisse. Ein<br />
Tauschhandel von Vieh, landwirtschaftlichen Produkten <strong>und</strong><br />
handwerklichen Erzeugnissen wäre ohne Mengenverhältnisse<br />
nicht möglich gewesen. Zählen, Wiegen <strong>und</strong> Messen waren<br />
gr<strong>und</strong>legende Vorraussetzungen für einen Warenaustausch.<br />
Gr<strong>und</strong>lage für das Zählen waren die 10 Finger beider Hände,<br />
Gr<strong>und</strong>lage des Messens die Fingerbreite (Zoll), die Handbreite,<br />
die Fußlänge (Fuß) oder Unterarmlänge (Elle) bzw. die<br />
Schrittlänge (Schritt). Nach der Erfindung der Waage wurde<br />
das Wiegen zur am meisten genutzten Methode, allerdings eignete<br />
sich dafür kein menschlicher Körperteil als Vergleichsmaß.<br />
Da die wichtigste Lebensgr<strong>und</strong>lage Getreide, vor allem<br />
Gerste <strong>und</strong> Weizen darstellte, wurden Getreidekörner zur Basis<br />
aller bekannten <strong>Gewicht</strong>ssystem. <strong>Die</strong>se Getreidekörner<br />
hatten auch noch den Vorteil, daß sich die <strong>Gewicht</strong>sbasis mit<br />
jeder neuen Ernte ständig selbst reproduzierte. Durch Zusammenfassung<br />
einer relativ großen Anzahl von Körnern zu einer<br />
größeren Einheit wurde außerdem ein Durchschnittsgewicht<br />
gebildet, welches die <strong>Gewicht</strong>stoleranzen einzelner Körner<br />
128 mt 10/2003
vernachlässigbar machte. Zunächst spielte die Gerste eine<br />
wichtigere Rolle als Weizen, so daß Gerstenkörner die ersten<br />
Basisgewichte der sich herausbildenden <strong>Gewicht</strong>ssysteme bildeten.<br />
<strong>Die</strong> überragende Rolle des Weizens als Brotgetreide<br />
führte aber dazu, daß auch Weizenkörner zunächst gemeinsam<br />
mit Gerste oder allein zum Basisgewicht wurden. Eines der ersten<br />
uns heute bekannten <strong>Gewicht</strong>ssysteme entwickelte sich<br />
bereits vor mehr als 4500 Jahren im Siedlungsgebiet der Sumer<br />
zwischen Euphrat <strong>und</strong> Tigris, in Mesopotamien. Ebenso sind<br />
hier die Anfänge der Benutzung von Edelmetallen als Wertmesser<br />
<strong>und</strong> Zahlungsmittel <strong>und</strong> damit vormünzlichen Geldformen<br />
zu suchen. Silber in Form von Barren, Ringen, Drähten<br />
<strong>und</strong> Blechen, die zur Anhäufung bestimmter <strong>Gewicht</strong>e bequem<br />
zerhackt werden konnten bildeten ein erstes allgemeines<br />
Tauschmittel (Hacksilber). Im Gegensatz zu den in Ägypten,<br />
Indien <strong>und</strong> China herausgebildeten Zahlensystemen, welche<br />
sogenannte Zehnersysteme darstellten, hatten die Sumer in<br />
Mesopotamien eine Methode derausgef<strong>und</strong>en, wie man mit<br />
den zehn Fingern beider Hände nicht nur bis Zehn, sondern bis<br />
60 zählen konnte. Bereits 2 Personen konnten ohne schriftliches<br />
Aufzeichnen problemlos bis 3600 nur mit ihren Fingern<br />
zählen, im Zehnersystem wären sogar 3 Personen bei 1000 am<br />
Ende ihrer Möglichkeiten gewesen. Das Sexagesimalsystem<br />
(mathematisch ein Positionssystem zur Basis 60) wurde natürlich<br />
nicht nur zum Zählen von Gegenständen sondern auch als<br />
Zahlensystem für die Bildung der kleinen, mittleren <strong>und</strong><br />
großen <strong>Gewicht</strong>seinheiten benutzt, wobei als kleinstes unteilbares<br />
Basisgewicht ein Gerstenkorn benutzt wurde.<br />
Mesopotamien - Sumer, Babylon, seit 2000 v. u. Z.<br />
Basisgewicht: Gerstenkorn (ca. 44,5 mg) - Gran<br />
Zahlensystem: reines Sexagesimalsystem<br />
180 Grän = 1 Schekel (ca.8 g)<br />
60 Schekel = 1 Mine (ca. 480 g)<br />
60 Minen = 1 sumerisches Talent (ca. 28,8 kg)<br />
Hethiter in Kleinasien seit 17. Jh. v. u. Z.<br />
Basisgewicht: Gerstenkorn (ca. 44,5 mg) - Gran<br />
Zahlensystem: Sexagesimalsytem mit Abweichungen<br />
180 Grän = 1 Schekel (ca. 8 g)<br />
40 Schekel = 1 Mine (ca 320 g)<br />
60 Minen = 1 hethitisches Talent (ca.19,2 kg)<br />
Mesopotamien - Chaldäer, Babylon 9.-7. Jh v. u. Z.<br />
Basisgewicht: Weizenkorn (ca. 46,7 mg) - Gran<br />
Zahlensystem: Sexagesimalsystem<br />
180 Grän = 1 leichter Schekel (ca. 8,4 g)<br />
360 Grän = 1 schwerer Schekel (ca. 16,8 g)<br />
60 leichte Schekel = 1 leichte Mine (ca. 504 g)<br />
60 schwere Schekel = 1 schwere Mine (ca. 1008 g)<br />
60 leichte Minen = 1 kleines Talent (ca. 30,3 kg)<br />
60 schwere Minen = 1 großes Talent (ca. 60,6 kg)<br />
<strong>Die</strong> semitischen Chaldäer benutzten anscheinend als Basisgewicht<br />
anstelle der Gerstenkörner bereits die schwereren<br />
Weizenkörner.<br />
<strong>Die</strong> ersten in der Geschichte der Menschheit geprägten <strong>Münze</strong>n<br />
sind die kleinasiatischen Elektronprägungen. <strong>Die</strong>se <strong>Münze</strong>n<br />
wurden aus einer in den Flußseifen kleinasiatischer Flüsse vorkommenden<br />
natürlichen Gold-Silber Legierung geprägt. <strong>Die</strong><br />
wohl allerersten Stücke stammen wahrscheinlich aus Lydien aus<br />
der Zeit vor der Herrschaft von König Alyattes, also etwa um<br />
625 v. u. Z. Nahezu gleichzeitig prägten aber auch andere , vorwiegend<br />
griechische Städte Kleinasiens erste Elektronmünzen,<br />
denen bald auch Silberprägungen <strong>und</strong> ab der Herrschaft des lydischen<br />
Königs Kroisos (561-546 v. u. Z.) auch Prägungen aus<br />
reinem Gold folgten. Somit dürften die für die sich entwickelnde<br />
Münzprägung ausschaggebenden <strong>Gewicht</strong>ssysteme sowohl das<br />
lydische als auch das griechische <strong>Gewicht</strong>ssystem sein.<br />
<strong>Die</strong> Lyder ihrerseits übernahmen ihre ersten Münzprägungen<br />
aus Elektron, Gold <strong>und</strong> Silber das babylonische <strong>Gewicht</strong>s-<br />
<strong>money</strong> <strong>trend</strong> SPEZIAL II<br />
system. Lydien verwendete für seine ursprüngliche Elektron<strong>und</strong><br />
Silberprägung zunächst noch das Gerstenkorn als Basisgewicht.<br />
Erst nach 561 v. u. Z. treten neben den Gerstenkörnern<br />
auch etwas schwerere Weizenkörner als Basisgewichte für die<br />
Goldprägung in Erscheinung. Somit unterscheiden sich auch<br />
die auf dieser unterschiedlichen Gr<strong>und</strong>lage gebildeten größeren<br />
<strong>Gewicht</strong>seinheiten geringfügig.<br />
Lydien - Kleinasien seit 7. Jh v. u. Z.<br />
Basisgewicht: Gerstenkorn (ca. 44,5 mg) oder Weizenkorn<br />
(ca. 45 mg) - Gran<br />
Zahlensystem: Sexagesimalsystem, ergänzt<br />
180 Grän (45 mg) = 1 Stater (ca. 8,1 g)<br />
für Goldprägungen<br />
240 Grän (44,5 mg) = 1 Stater (ca. 10,68 g) für Silberprägungen,<br />
Gold sehr selten !<br />
360 Grän (44,5 mg) = 1 Stater (ca. 16 g)<br />
für Elektronprägungen<br />
30 Elekronstater oder<br />
45 Silberstater oder<br />
60 Goldstater = 1 Mine (ca. 481 - 486 g)<br />
60 Minen = 1 lydisches Talent (ca. 29 kg)<br />
<strong>Die</strong> Perser übernahmen nach der Eroberung Lydiens<br />
zunächst das lydische <strong>Gewicht</strong>ssystem für ihre Münzprägung.<br />
König Dareios I. führte ab 521 v. u. Z. dann einheitliche <strong>Gewicht</strong>e<br />
für das gesamte Persische Reich ein <strong>und</strong> nahm dazu als<br />
Gr<strong>und</strong>lage das babylonisch/chaldäische System mit dem<br />
schwereren Weizenkorn als Basisgewichte.<br />
Persien- Kleinasien (altes Persisches Reich) seit 521 v. u. Z.<br />
Basisgewicht: Weizenkorn (ca. 46,7 mg) - Gran<br />
Zahlensystem: Sexagesimalsystem , ergänzt<br />
120 Grän = 1 Siglos (ca. 5,6 g) für Silber<br />
180 Grän = 1 Stater (ca. 8,4 g) für Gold, später<br />
Dareike genannt<br />
60 Stater (Dareiken) = 1 Mine (ca. 504 g)<br />
60 Minen = 1 persisches Talent (ca. 30 kg)<br />
Für die anfängliche Münzprägung griechischer Städte aus<br />
Elektron wurde zunächst noch das lydische <strong>Gewicht</strong>ssystem<br />
benutzt, welches auf dem babylonischen System aufbaute. Für<br />
die überwiegende Silbermünzenprägung wurden zumeist eigenständige<br />
griechische <strong>Gewicht</strong>ssysteme benutzt, die im Gegensatz<br />
zu den babylonischen, lydischen <strong>und</strong> persischen <strong>Gewicht</strong>ssystemen<br />
nicht mehr das Sexagesimalsystem als mathematische<br />
Gr<strong>und</strong>lage besaßen. <strong>Die</strong> griechischen Zahlensysteme<br />
waren Zehnersysteme, zum Teil noch mit einem überlagertem<br />
Fünfersystem (Athen). Für die <strong>Gewicht</strong>sdefinition wurde nun<br />
ein Mischsystem aus Sexagesimal-, Dezimal- <strong>und</strong> Fünfersystem,<br />
welches mathematisch gesehen den Vorläufer des späteren<br />
römischen Duodezimalsystems darstellte. Außerdem entsprachen<br />
die <strong>Gewicht</strong>seinheiten genau den Geldeinheiten.<br />
Mit dem attischen <strong>Gewicht</strong>ssystem (eingeführt 600 v. u. Z.<br />
durch den Gesetzgeber Solon) wird die Abkehr vom Sexagesimalsystem<br />
deutlich. Nicht mehr ein ganzzahliges Vielfaches<br />
der Basis 60 (2, 3, 4 oder 6 mal 60 Grän) sondern ein Vielfaches<br />
der neuen Basis 12 (8 mal 12 = 96 Grän) ergibt das neue Hauptnominal<br />
1 Drachme.<br />
Griechenland -Athen seit 600 v. u. Z.<br />
Basisgewicht: Getreidekorn (ca. 45,4 mg) - Gran<br />
Zahlensystem: Mischsystem aus Sexagesimal-, Dezimal- <strong>und</strong><br />
Fünfersystem<br />
16 Grän = 1 Obolos (ca. 0,73 g)<br />
6 Oboloi = 1 Drachme (ca. 4,36 g) = 96 Grän<br />
4 Drachmen = 1 Tetradrachme (ca. 17,5 g)<br />
25 Tetradrachmen = 1 Mine (ca. 436 g) = 100 Drachmen<br />
60 Minen = 1 attisches Talent (ca. 26,2) kg)<br />
mt 10/2003 129
<strong>Die</strong> <strong>Münze</strong> <strong>–</strong> <strong>Gewicht</strong> <strong>und</strong> <strong>Feingehalt</strong><br />
<strong>Die</strong> äußerst umfangreiche römische Münzprägung geschah<br />
bis auf wenige Ausnahmen auf der Basis des <strong>Gewicht</strong>ssystems<br />
des römischen Pf<strong>und</strong>es. Das römische Korn ist auf Gr<strong>und</strong> seines<br />
hohen Durchschnittsgewichtes eindeutig Weizen. <strong>Die</strong>ses<br />
<strong>Gewicht</strong>ssystem wurde auch nach dem Untergang Roms bis<br />
zur Einführung des Karlspf<strong>und</strong>es in Europa (um 781) <strong>und</strong> im<br />
byzantinischen Reich bis zu dessen Untergang 1453 benutzt.<br />
Rom <strong>und</strong> Byzanz nach dem 5. Jh. v. u. Z.<br />
Basisgewicht: Weizenkorn (ca. 47,4 mg) - Gran<br />
Zahlensystem : Duodezimalsystem<br />
24 Grän = 1 Scripulum (1,14 g)<br />
24 Scripula = 1 Unze (27,29 g) = 576 Grän<br />
12 Unzen = 1 römisches Pf<strong>und</strong> (327,45 g)<br />
= 288 Scripula = 6912 Grän<br />
Der Zusammenhang <strong>Gewicht</strong>ssystem <strong>und</strong><br />
Zahlensystem<br />
<strong>Die</strong> Zusammenfassung kleinster unteilbarer <strong>Gewicht</strong>seinheiten<br />
(Basisgewichte) setzte die Existenz eines Zählsystems mittels<br />
Zahlen <strong>und</strong> Ziffern <strong>und</strong> eines mathematischen Systems der<br />
Bildung von Vielfachen oder Teilen einer Gr<strong>und</strong>einheit vorraus.<br />
Das erste uns interessierende Zahlensystem ist das aus Mesopotamien<br />
stammende babylonische Zahlensystem, ein Positionssystem<br />
mit der Basis 60, allgemein bekannt als Sexagesimalsystem.<br />
<strong>Die</strong> ersten <strong>Gewicht</strong>ssystem nutzen diese babylonische System,<br />
in dem ganzzahlige Vielfache von 60 die jeweils höhere Zusammenfassung<br />
der <strong>Gewicht</strong>seinheiten bilden (Bsp. 1):<br />
Interessant für die Geschichte der Münzprägung ist nun,<br />
daß vor allem in Lydien <strong>und</strong> Persien genau die erste Potenz:<br />
der Stater als kleine geprägte Menge Edelmetall mit staatlicher<br />
Garantie als Hauptnominal ausgeprägt wurde.<br />
In Griechenland waren neben dem babylonischen Zahlensysten<br />
noch das attische oder herodianische sowie das milesi-<br />
Bsp. 1:<br />
Bsp. 2:<br />
Bsp. 3:<br />
sche Zahlensystem in Gebrauch. Beide Systeme waren von den<br />
ägyptischen <strong>und</strong> altindischen Zahlensystemen (Zehnersystem<br />
oder dekadisches System oder Dezimalsystem genannt) beeinflußte<br />
<strong>und</strong> abgeleitete Systeme. Im attischen System war dem<br />
Dezimalsystem noch ein Fünfersystem überlagert, die praktisch<br />
verwendete Kombination des attischen mit dem babylonischen<br />
System kennen wir heute unter der Bezeichnung Duodezimal-<br />
oder Zwölfersystem. <strong>Die</strong> relativ große Basis 60 des babylonischen<br />
Systems wurde durch 1 Fünftel dieses Wertes, die<br />
Basis 12 ersetzt, womit die Rechenvorgänge vereinfacht wurden.<br />
Auch konnten jetzt besser Teilmengen gebildet werden,<br />
wie das attische <strong>Gewicht</strong>ssystem zeigt (Bsp. 2).<br />
<strong>Die</strong>se zugegebenermaßen recht komplizierte Faktorenzerlegung<br />
macht die Vermischung der Zahlensysteme deutlich.<br />
<strong>Die</strong> Bildung der Mehrfachmengen geht jetzt über die Multiplikation<br />
der Gr<strong>und</strong>zahl 12 mit bestimmten Faktoren, aber nicht<br />
mehr über deren Potenzen , die Bildung der Teilmengen ebenso,<br />
wo nun Teile der Gr<strong>und</strong>zahl selbst (2/3 von 12 = 8, 1/2 von<br />
12 = 6, 1/3 von 12 = 4, 1/6 von 12 = 2) als Faktoren zur Multiplikation<br />
mit dem Basisgewicht Gran auftraten. Als Ergänzung<br />
wurde auch noch der Faktor 5 benutzt.<br />
<strong>Die</strong> Römer , die Teile des griechischen Zahlen- <strong>und</strong> <strong>Gewicht</strong>ssystems<br />
übernahmen, vereinfachten diese zu einem reinen<br />
Duodezimalsystem mit der Gr<strong>und</strong>zahl 12 , wobei als Faktor<br />
selbst nur 2 <strong>und</strong> 2 mal 2 = 4 benutzt wurden (Bsp. 3).<br />
<strong>Die</strong>ses Zahlen- <strong>und</strong> <strong>Gewicht</strong>ssystem blieb dann mit Abwandlungen<br />
bis zur Einführung des Dezimalsystems bestehen<br />
<strong>und</strong> war auch Gr<strong>und</strong>lage der Handelstätigkeit <strong>und</strong> der Münzprägung.<br />
Der <strong>Feingehalt</strong> der Münzmetallegierungen<br />
antiker Prägungen<br />
<strong>Die</strong> Frage einer exakten Definition des <strong>Feingehalt</strong>es stellte<br />
sich bei den ersten initialen Münzprägungen in Kleinasien (Lydien/<br />
Ionien) nicht.<br />
Zunächst wurde Elektron,<br />
eine natürliche<br />
Legierung von Gold<br />
<strong>und</strong> Silber mit einem<br />
Goldanteil von durchschnittlich<br />
450/1000,<br />
die aus den Flußseifen<br />
vieler Flüsse Kleinasiens<br />
gewaschen wurde,<br />
für die Münzprägung<br />
ohne weitere Bearbeitung<br />
verwendet. Auch<br />
die lydischen, persischen<br />
<strong>und</strong> griechischen<br />
Silbermünzen wurden<br />
aus dem bei der Verhüttung<br />
der Silbererze<br />
anfallenden Silber geprägt,<br />
ohne daß spezielle<br />
Verfahren zur Erzielung<br />
eines bestimmten<br />
Silbergehaltes angewand<br />
wurden. <strong>Die</strong><br />
Art der verarbeiteten<br />
Silbererze (vorwiegend<br />
silberreicher Bleiglanz)<br />
<strong>und</strong> die seit mehr als<br />
Tausend Jahren angewandten<br />
Methoden der<br />
Hüttentechnik mit<br />
anschließendem Feinbrennen<br />
führten zu Silber<br />
mit relativ hohem<br />
130 mt 10/2003
<strong>Feingehalt</strong> (ca. 960/1000) fein. Bereits aber unter König Kroisos<br />
von Lydien (nach 561 v. u. Z.) werden die seit den Zeiten<br />
des ägyptischen Pharaos Ramses II. um 1286 v. u. Z. bekannten<br />
Methoden der Scheidung von Gold <strong>und</strong> Silber (Zementation<br />
durch Glühen mit Kochsalz <strong>und</strong> anschließendes Feinbrennen<br />
unter Bleizusatz) <strong>und</strong> die ebenfalls von ägyptischen Goldschmieden<br />
entwickelten Methoden der sogenannten Feuerprobe<br />
zur Prüfung der Edelmetalle auf unedle Beimengungen angewandt.<br />
<strong>Die</strong>s führt letztendlich dazu, daß bis in die römische<br />
Zeit hinein die Gold- <strong>und</strong> Silbermünzen aus möglichst reinem<br />
Edelmetall geprägt werden, so rein, wie es technologisch eben<br />
möglich ist. Eine spezielle Definition des <strong>Feingehalt</strong>es, die auf<br />
Gr<strong>und</strong>lage der verwendeten <strong>Gewicht</strong>ssysteme ohne weiters<br />
möglich gewesen wäre, ist bisher in den überlieferten Quellen<br />
noch nicht entdeckt oder publiziert worden. Allerdings scheinen<br />
die Griechen hier bereits erste Methoden entwickelt zu haben,<br />
wie zielgerichtete Kupferzusätze zu Silbermünzen zur Erhöhung<br />
der Festigkeit oder künstlich hergestellte mindere<br />
Gold/Silber Legierungen zur Prägung von Elektronmünzen<br />
zeigen. Aber erst in der römischen <strong>und</strong> byzantinischen Münzprägung<br />
wird umfangreich bewußt <strong>und</strong> zielgerichtet im Zuge<br />
der Münzverschlechterung aus fiskalischen Gründen das möglichst<br />
reine Silber mit unedlen Kupferzusätzen gestreckt. Das<br />
römische <strong>Gewicht</strong>ssystem mit dem Pf<strong>und</strong> zu 12 Unzen mit jeweils<br />
24 Skripula zu je 24 Grän aber auch das griechische <strong>Gewicht</strong>ssystem<br />
mit der Drachme zu 96 Grän boten einfache<br />
Möglichkeiten den <strong>Feingehalt</strong> einer Edelmetallegierung zu definieren<br />
<strong>und</strong> zu bestimmen.<br />
Praktisch könnte dies wie folgt ausgesehen haben:<br />
Um den Silbergehalt griechischer <strong>Münze</strong>n zu bestimmen<br />
untersucht man <strong>Münze</strong>n im genauen <strong>Gewicht</strong> einer attischen<br />
Drachme (Probiergewicht) mittels der Feuerprobe, d.h. das<br />
Münzsilber wird unter Bleizusatz geschmolzen, anschließend<br />
wird durch Auflasen von Luft das Blei oxydiert <strong>und</strong> nimmt dabei<br />
die Verunreinigungen auf. Nach Beendigung des Prozesses<br />
<strong>und</strong> Abkühlung wird das übrigbleibende Silberklümpchen erneut<br />
gewogen <strong>und</strong> der <strong>Gewicht</strong>sverlust durch erneutes Wiegen<br />
festgestellt. Dabei bedeutet jedes Grän <strong>Gewicht</strong>sverlust einen<br />
entsprechenden Anteil unedler Beimengungen bzw. kein feststellbarer<br />
<strong>Gewicht</strong>sverlust, daß es sich um reines Silber handelt.<br />
Es liegt die Vermutung nahe, daß bereits im alten Griechenland<br />
ein <strong>Feingehalt</strong>ssystem auf 96/96 Teile Basis bestanden<br />
haben könnte, so wie es nachweislich in Byzanz, im arabisch/islamischen<br />
Kalifat <strong>und</strong> auch im alten Rußland später<br />
verwendet wurde.<br />
Bei den Römern bietet sich eine ähnliche Erklärung an,<br />
wenn man von einem Probiergewicht von 4 Skripula mit ebenfalls<br />
insgesamt 96 Grän ausgeht.<br />
Interessant ist die Tatsache, daß in der römischen Kaiserzeit<br />
angefangen bei Kaiser Nero bis zur Münzreform des Kaisers<br />
Diocletian auch der Goldanteil im Münzgold für die Aureusprägungen<br />
zeitweilig zielgerichtet verringert wurde. Da ein<br />
Kupferzusatz relativ leicht <strong>und</strong> schnell mittels der Feuerprobe<br />
nachzuweisen war, wurde teilweise der Goldanteil durch Silberzusatz<br />
verringert. Dadurch mußten die zu untersuchenden<br />
<strong>Münze</strong>n zunächst eingeschmolzen werden, die Schmelze in<br />
Wasser gegossen werden, um möglichst kleine Körnchen zu erhalten,<br />
<strong>und</strong> anschließend diese Körnchen unter Zusatz von<br />
Kochsalz einem mehrstündigem Glühen unterhalb des<br />
Schmelzpunktes unterzogen werden, um das Silber vom Gold<br />
zu trennen (Zementation). Um diese aufwendige Prozedur zu<br />
umgehen, benutzten die Kaufleute <strong>und</strong> Geldwechsler die bereits<br />
seit dem alten Ägypten bekannte <strong>und</strong> seit 300 v. u. Z auch<br />
aus dem alten Griechenland schriftlich überlieferte Strichprobe<br />
auf einem schwarzen Probierstein (Lydit- Kieselschiefer).<br />
Durch den Vergleich der Strichfarbe des Probestückes <strong>und</strong> der<br />
Strichfarbe reinen Goldes konnten somit zumindest <strong>Münze</strong>n<br />
aus reinem <strong>und</strong> solche aus minderwertigerem Gold unterschieden<br />
werden.<br />
2. Mittelalter bis Neuzeit<br />
<strong>money</strong> <strong>trend</strong> SPEZIAL II<br />
Der Zusammenbruch des weströmischen Reiches <strong>und</strong> die<br />
Ereignisse der Völkerwanderung brachten für die Münzprägung<br />
<strong>und</strong> den Geldverkehr in Europa gravierende Einschnitte.<br />
Obwohl römische <strong>und</strong> auch byzantinische <strong>Münze</strong>n noch jahrh<strong>und</strong>ertelang<br />
weiterbenutzt wurden, nahm die Prägung rapide<br />
ab. Teilweise kam es sogar zu einem reinen Naruralaustausch.<br />
Einige Völker prägten Nachahmungen römischer <strong>und</strong> byzantinischer<br />
<strong>Münze</strong>n, insbesondere die Nachprägungen der goldenen<br />
1/3 Solidus Stücke, Triens genannt, hatten zeitweise eine<br />
gewisse Bedeutung als Zahlungsmittel. Vielfach wurden auch<br />
wieder Silberbarren für größere Zahlungen benutzt. Für große<br />
Teile Europas bedeutete jedoch die Zeit der Völkerwanderung<br />
eine münzlose Periode.<br />
Von den vielen zeitweiligen Staats- <strong>und</strong> Reichsgründungen<br />
erwies sich letztendlich jedoch nur das Frankenreich als lebensfähig<br />
<strong>und</strong> bildete den Ausgangspunkt für die europäische<br />
Münzprägung des Mittelalters. Auch im Mittelalter bilden<br />
Gersten- <strong>und</strong> vorwiegend Weizenkörner die Basisgewichte für<br />
die Bildung größerer <strong>Gewicht</strong>seinheiten. <strong>Die</strong> im Altertum<br />
doch recht großen Abweichungen größerer <strong>Gewicht</strong>szusammenfassungen,<br />
z.B. der Mine ergaben sich aus der unterschiedlichen<br />
Zahl der Basisgewichte, die zu höheren <strong>Gewicht</strong>seinheiten<br />
zusammengefaßt wurden. Das römische Pf<strong>und</strong> mit<br />
327 g verglichen mit der attischen Mine zu 436 g stellt genau<br />
3/4 der Mine dar. Hier setzt nun die nach dem Zusammenbruch<br />
des weströmischen Reiches festzustellende Herausbildung<br />
differierender <strong>Gewicht</strong>seinheiten im europäischen<br />
Raum an. Im wesentlichen bilden sich 3 verschiedene <strong>Gewicht</strong>ssysteme<br />
heraus, schwere Pf<strong>und</strong>e in 16 Unzen-Teilung,<br />
leichte Pf<strong>und</strong>e in 12 Unzen-Teilung sowie die Mark in 8 Unzen-<br />
Teilung. Historisches Vorbild der schweren Pf<strong>und</strong>e<br />
scheint die attische Mine zu sein, das der leichten Pf<strong>und</strong>e das<br />
röm. Pf<strong>und</strong>. <strong>Die</strong> Mark als ursprünglich nordgermanisches <strong>Gewicht</strong><br />
könnte ihren Ursprung ebenfalls in der attischen Mine<br />
haben, die geographische Entfernung <strong>und</strong> die Zeitspanne zwischen<br />
der Ablösung der Mine durch das röm Pf<strong>und</strong> (3. Jh.)<br />
<strong>und</strong> dem urk<strong>und</strong>lichen Erwähnen der Mark (9. Jh.) lassen daran<br />
aber viele Zweifel aufkommen. Wahrscheinlicher ist schon<br />
die Ableitung aus dem schweren karolingischen Pf<strong>und</strong> des 8.<br />
Jh. als dessen Hälfte, mit größter Wahrscheinlichkeit stellt die<br />
Mark aber wohl 8 Unzen des Römerpf<strong>und</strong>es zu 12 Unzen dar<br />
(die Nordische Mark entspricht exakt 2/3 des Römerpf<strong>und</strong>es).<br />
Gr<strong>und</strong>sätzlich bildeten die schweren Pf<strong>und</strong>e vielfach die<br />
Gr<strong>und</strong>lage der Handelsgewichte, leichte Pf<strong>und</strong>e <strong>und</strong> auch<br />
Marken wurden überwiegend für den Handel mit hochwertigen<br />
Gütern, Edelmetallen oder als Münzgr<strong>und</strong>gewichte für<br />
die Münzprägung verwendet.<br />
Eines der ersten urk<strong>und</strong>lich erwähnten schweren Pf<strong>und</strong>e<br />
war das Karlspf<strong>und</strong>, welches nach 780 im Frankenreich Gr<strong>und</strong>lage<br />
der Silbermünzenprägung war. Leider sagen die überlieferten<br />
Urk<strong>und</strong>en wenig zu seinem Gebrauch als Handelsgewicht<br />
<strong>und</strong> seinem tatsächlichen <strong>Gewicht</strong> sowie zu seinem Basisgewichtes<br />
aus, nur die Tatsache, daß 16 Unzen ein Pf<strong>und</strong> bilden<br />
<strong>und</strong> daraus 240 Silberpfennige geprägt wurden ist belegt.<br />
Somit sind alle weiteren Aussagen spekulativ, auch wenn sie<br />
sich auf historisch vergleichbare Vorgänge beziehen. Theoretisch<br />
wäre folgende Einteilung des Karlspf<strong>und</strong>es denkbar:<br />
Europa- Frankenreich- Karolinger ab 781<br />
<strong>Gewicht</strong>spf<strong>und</strong> (Handelsgewicht)<br />
Basisgewicht: Weizenkorn ( wahrscheinlich ca. 47,8 mg ) Gran<br />
Zahlensystem: Mischsystem (5,10,12-er System)<br />
40 Grän = 1 Pfenniggewicht (um 1,91 g)<br />
-1,79 g bis 2,03 g bei F<strong>und</strong>münzen !<br />
15 Pfenniggewichte = 1 Unze (um 28,7 g)<br />
16 Unzen = 1 Karlspf<strong>und</strong> (um 460 g)<br />
= 240 Pfenniggewichte<br />
mt 10/2003 131
<strong>Die</strong> <strong>Münze</strong> <strong>–</strong> <strong>Gewicht</strong> <strong>und</strong> <strong>Feingehalt</strong><br />
Betrachtet man andere, in 16 Unzen geteilte Handelsgewichtspf<strong>und</strong>e,<br />
so sind diese meist in 16 Unzen zu 16 Drams<br />
(engl. Po<strong>und</strong> avoirdupois), 16 Unzen zu 36 Lot (Deutschland)<br />
16 Unzen zu 2 Marcs zu 12 Deniers geteilt (Frankreich- Livre<br />
poid de marcs , Spanien- kastilische Libra ), diese sind aber wesentlich<br />
später entstanden, haben jedoch ihren Ursprung alle<br />
im Karlspf<strong>und</strong>.<br />
Eindeutig historisch belegt ist jedoch die Einteilung als sogenanntes<br />
Zählpf<strong>und</strong> für den Geldverkehr.<br />
Zählpf<strong>und</strong> (Münzprägung-Geldverkehr)<br />
12 Pfennige (Denare) = 1 Schilling (Solidus oder Sol)<br />
20 Schillinge = 1 Pf<strong>und</strong> = 240 Pfennige<br />
Zählpf<strong>und</strong> <strong>und</strong> <strong>Gewicht</strong>spf<strong>und</strong> stimmten anfänglich überein,<br />
d.h. aus einem <strong>Gewicht</strong>spf<strong>und</strong> möglichst reinem Silber<br />
wurden tatsächlich 240 Pfennige geprägt. Im Zuge der Münzverschlechterung<br />
wurden die Pfennige dann leichter <strong>und</strong> die<br />
Qualität des Münzsilbers verschlechterte sich ebenfalls. Ein<br />
Zählpf<strong>und</strong> (240) Pfennige wog somit wesentlich weniger als ein<br />
<strong>Gewicht</strong>spf<strong>und</strong> <strong>und</strong> enthielt noch viel weniger reines Silber.<br />
Ein direkt aus dem Karlspf<strong>und</strong> hervorgegangenes schweres<br />
16 Unzen Handelsgewichtspf<strong>und</strong> war das Pariser Pf<strong>und</strong> (Livre<br />
de Parisi), welches sowohl für den Handel aus auch für die<br />
Münzprägung Verwendung fand.<br />
Frankreich- Paris um 1200<br />
Basisgewicht: Weizenkorn (ca. 47,8 mg) Grain<br />
Zahlensystem: Mischsystem<br />
Als Zählpf<strong>und</strong>:<br />
12 Deniers parisi = 1 Sol (Schilling)<br />
20 Sols = 240 Deniers parisi = 1 Livre parisi<br />
Als Handelsgewichtspf<strong>und</strong>:<br />
40 Grains = 1 Denier parisi (ca. 1,91 g)<br />
15 Deniers parisi = 1 Unze (ca. 28,68 g)<br />
16 Unzen = 1 Livre parisi (etwa 459 g)<br />
Daraus entwickelte sich als Handelsgewichtspf<strong>und</strong> das bis<br />
zur französischen Revolution verwendete Livre poid<br />
Frankreich nach 1205<br />
Basisgewicht: Weizenkorn (47,8 mg) Grain<br />
Zahlensystem: Mischsystem<br />
32 Grains = 1 Esterlin (Pfenniggewicht<br />
- ca. 1,53 g)<br />
20 Esterlins = 1 Unze (30,6 g)<br />
8 Unzen = 1 Marc (244,75 g) identisch mit der<br />
Marc de Troyes<br />
2 Marc = 1 Livre poid de marc (489,5 g)<br />
100 Livres = 1 Quintal (48,951 kg)<br />
Andere schwere Handelsgewichtspf<strong>und</strong>e auf der Gr<strong>und</strong>lage<br />
des Karlspf<strong>und</strong>es sowie der französischen Livre parisi <strong>und</strong><br />
Livre poid waren:<br />
England- Großbritannien (später auch USA) nach 1526<br />
Basisgewicht: theoretisches Korn (64,8 mg) Grain troy<br />
Zahlensystem: Mischsystem<br />
7000 Grains troy = 1 Po<strong>und</strong> avoirdupois<br />
das englische Handelpf<strong>und</strong> hat nur eine theoretische Verknüpfung<br />
mit dem Basisgewicht, kleinste Einheit ist Dram (abgeleitet<br />
von Drachme) = 1,77185 g<br />
16 Drams = 1 Ounce (28,35 g)<br />
16 Ounces = 1 Po<strong>und</strong> avoirdupois (453,593 g)<br />
14 Po<strong>und</strong>s = 1 Stone (6,35 kg)<br />
2 Stones = 1 Quarter (12,7 kg)<br />
4 Quarters = 1 H<strong>und</strong>redweight (50,802 kg)<br />
20 H<strong>und</strong>redweight = 1 Ton (1.016 kg)<br />
Deutschland- rheinische Gebiete ab 12. Jh<br />
Basisgewicht: Weizenkorn (48 mg) - As oder Aß oder Esschen<br />
Zahlensystem: Mischsystem<br />
19 As = 1 Pfennig (0,913 g)<br />
4 Pfennig = 1 Quentchen (3,653 g)<br />
4 Quentchen = 1 Lot (14,613 g)<br />
2 Lot = 1 Unze (29,226 g)<br />
8 Unzen = 1 Mark - Kölnische Mark (233,81 g)<br />
2 Mark = 1 Pf<strong>und</strong> (468 g)<br />
100 Pf<strong>und</strong> = 1 Zentner (46,77 kg)<br />
20 Zentner = 1 Tonne Waren (935 kg)<br />
2 Tonnen = 1 Schiffslast (1871 kg)<br />
Spanien- Königreich Kastilien <strong>und</strong> Leon 13. Jh, seit dem 15. Jh<br />
ganz Spanien <strong>und</strong> Portugal<br />
Basisgewicht: Weizenkorn (50 mg)- Grano, gleich dem Grano<br />
Münzgewicht<br />
Zahlensystem: Mischsystem<br />
16 Granos<br />
Münzgewicht = 1 Grano-Handelsgewicht (0,8 g)<br />
36 Granos<br />
Handelsgewicht = 1 Onza (28,8 g)<br />
8 Onzas = 1 Marco (230,348 g)<br />
2 Marcos = 1 Libra (460 g)<br />
25 Libras = 1 Arroba 11,5 kg)<br />
4 Arrobas = 1 Quintal (46,009 kg)<br />
20 Quintales = 1 Tonelada (920,2 kg)<br />
Rußland ab 11. Jh<br />
Basisgewicht: Getreidekorn (44,4 mg) Dolja<br />
Zahlensystem: Mischsystem<br />
96 Dolej = 1 Solotnik (4,266 g)<br />
3 Solotnik = 1 Lot (12,797 g)<br />
32 Lot = 1 russ. Pf<strong>und</strong> (409,512 g)<br />
40 Pf<strong>und</strong> = 1 Pud (16,38 kg)<br />
10 Pud = 1 Berkowetz (163,8 kg)<br />
12 Berkowetz = 1 Tonne (1965,6 kg)<br />
Das russische Pf<strong>und</strong> ist nachweislich byzantinischen Ursprungs.<br />
<strong>Die</strong> Maßeinheit Solotnik entspricht genau dem <strong>Gewicht</strong><br />
der im 10./11. Jh geprägten, leicht im <strong>Gewicht</strong> reduzierten<br />
byzantinischen Goldsolidi. Da 2 Lot allgemein 1 Unze darstellen,<br />
kann somit das russ. Pf<strong>und</strong> mit zu den 16 Unzen Pf<strong>und</strong>en<br />
gerechnet werden.<br />
Eine wenig bekannte Tatsache ist, daß Byzanz im 10. Jh<br />
durch seine Hinwendung zur griechischen Tradition auch das<br />
Basisgewicht seines <strong>Gewicht</strong>ssystems änderte. Vor allem bei<br />
der Solidusprägung trat an Stelle des röm. Gran zu ca. 47,4 mg<br />
das geringfügig leichtere griechische Gran zu ca. 44,3 mg, welches<br />
nun in der Münzprägung zu einer merklichen Verringerung<br />
der Rauhgewichte der <strong>Münze</strong>n führte, die für den inneren<br />
Zahlungsverkehr benutzt wurden. Für den Außenhandel wurde<br />
teilweise weiterhin nach dem röm. Pf<strong>und</strong> als Gr<strong>und</strong>gewicht<br />
geprägt.<br />
Byzanz nach dem 10. Jh.<br />
Basisgewicht: Getreidekorn- Gerste ? (ca 44,3 mg) - Gran<br />
Zahlensystem: Duodezimalsystem<br />
24 Grän = 1 Scripulum (1,06 g)<br />
24 Scripula = 1 Unze (25,52 g)<br />
12 Unzen = 1 byzantinisches Pf<strong>und</strong> (306,2 g)<br />
Da die Aufzahlen auf das Pf<strong>und</strong> (72 Stück) nicht verändert<br />
wurden, sind die nach diesem neuen Münzgr<strong>und</strong>gewicht geprägten<br />
Solidi nur ca 4,25 g schwer anstelle der früheren Solidi<br />
zu 4,54 g auf der <strong>Gewicht</strong>sbasis röm. Pf<strong>und</strong>. Ob sich diese Veränderungen<br />
auch auf das Handelsgewichtspf<strong>und</strong> erstreckte, ist<br />
noch nicht tiefgründiger untersucht worden.<br />
132 mt 10/2003
<strong>Die</strong> anderen europäischen leichten Pf<strong>und</strong>e in 12 Unzen-<br />
Teilung dienten meist dem Handel mit Edelmetallen sowie als<br />
Münzgr<strong>und</strong>gewichte für die Münzprägung. Auch hier ist der<br />
Charakter der <strong>Gewicht</strong>spf<strong>und</strong>es von der Verwendung als Zählpf<strong>und</strong><br />
zu unterscheiden. Als Zählpf<strong>und</strong> gilt immer: 240 Denare<br />
= 20 Schilling = 1 Pf<strong>und</strong> !<br />
Frankreich, Handelsstadt Tours um 1200<br />
Basisgewicht: Weizenkorn (47,8 mg) Grain<br />
Zahlensystem: Duodezimalsystem, ergänzt<br />
Als <strong>Gewicht</strong>spf<strong>und</strong>:<br />
32 Grains = 1 Esterlin (1,53 g)<br />
20 Esterlins = 1 Unze (30,6 g)<br />
12 Unzen = 1 Livre tournoise (ca. 367 g)<br />
Als Zählpf<strong>und</strong>:<br />
12 Deniers tournoise = 1 Sol (Schilling)<br />
20 Sols = 1 Livre tournoise<br />
gleichzeitig galt aber auch:<br />
15 Deniers tournoise = 12 Deniers parisi<br />
1 Livre tournoise <strong>und</strong> 60 Denier tornoise (300 Deniers Tournoise)<br />
= 1 Livre parisi (240 Deniers parisi)<br />
Nahezu identisch mit dem Livre de tournoise ist das Livre<br />
de troyes der Handelsstadt Troyes, beide haben das gleiche<br />
Weizenkorn zu 47,8 g (bezeichnet als Grain ) als Basisgewicht.<br />
Frankreich, Handelsstadt Troyes um 1200<br />
Basisgewicht: Weizenkorn (47,8 mg) Grain<br />
Zahlensystem: Duodezimal, ergänzt<br />
Als <strong>Gewicht</strong>spf<strong>und</strong>:<br />
32 Grains = 1 Esterlin (1,53 g)<br />
20 Esterlins = 1 Unze (30,6 g)<br />
12 Unzen = 1 Livre de troyes (ca. 367 g)<br />
Mit der Übernahme des Troypf<strong>und</strong>es <strong>und</strong> der daraus abgeleiteten<br />
Troymark als Gr<strong>und</strong>lage für die Münzprägung in ganz<br />
Frankreich erhalten beide die Bezeichnung Pariser Troypf<strong>und</strong><br />
<strong>und</strong> Pariser Troymark.<br />
England ab 11. Jh.<br />
Basisgewicht: Weizenkorn (45,6 mg) Grain<br />
Zahlensystem: Duodezimal, ergänzt<br />
Als <strong>Gewicht</strong>spf<strong>und</strong>:<br />
32 Grains = 1 Sterling Penny (1,458 g)<br />
20 Sterling Pence = 1 Ounce (29,16 g)<br />
12 Ounces = 1 Towerpo<strong>und</strong> (349,92 g)<br />
Als Zählpf<strong>und</strong>:<br />
12 Sterling Pence = 1 Shilling<br />
20 Shillings = 1 Po<strong>und</strong> = 240 Pence<br />
1526 führt England das sogenannte Po<strong>und</strong> Troy für die<br />
Münzprägung ein, verwendet allerdings als Basisgewicht ein<br />
theoretisches schwereres Korn (64,8 mg). <strong>Die</strong>ses <strong>Gewicht</strong>ssystem<br />
bleibt Gr<strong>und</strong>lage der Münzprägung bis 1971 <strong>und</strong> ist auch<br />
gegenwärtig noch <strong>Gewicht</strong>sgr<strong>und</strong>lage im internationalen Edelmetallhandel<br />
! <strong>Die</strong>ses Po<strong>und</strong> Troy ist nicht zu verwechseln mit<br />
dem französischen Livre de troyes, welches das natürliche Weizenkorn<br />
als Basisgewicht hat.<br />
England ab 1526<br />
Basisgewicht: theoretisches Korn (64,8 mg) Grain troy<br />
Zahlensystem: Duodezimal,ergänzt<br />
Als <strong>Gewicht</strong>spf<strong>und</strong>:<br />
24 Grains troy = 1 Pennyweight (1,55 g)<br />
20 Pennyweights = 1 Ounce (31,1035 g)<br />
12 Ounces = 1 Po<strong>und</strong> troy (373,242 g)<br />
Als Zählpf<strong>und</strong>:<br />
12 Pence = 1 Shilling<br />
20 Shillings = 1 Po<strong>und</strong> = 240 Pence<br />
<strong>money</strong> <strong>trend</strong> SPEZIAL II<br />
Ein ebenfalls leichtes 12 Unzen- Pf<strong>und</strong> ist das in Deutschland<br />
bis 1872 verwendete Apothekerpf<strong>und</strong>, welches jedoch<br />
vorwiegend als Medizinalgewicht gebraucht wurde <strong>und</strong> keine<br />
Verwendung in der Münzprägung fand. Seine Bildung zeigt<br />
aber sehr deutlich die Vermischung alter griechischer <strong>und</strong> römischer<br />
<strong>Gewicht</strong>seinheiten.<br />
Deutschland, 16. Jh bis 1872<br />
Basisgewicht: theoretisches Korn (60 mg) - Gran<br />
Zahlensystem: Mischsystem<br />
Als Medizinalgewichtspf<strong>und</strong>:<br />
20 Grän = 1 Skrupel (1,2 g)<br />
3 Skrupel = 1 Drachme (3,6 g)<br />
8 Drachmen = 1 Unze (28,8 g)<br />
12 Unzen = 1 dt. Apothekerpf<strong>und</strong> (345,6 g)<br />
Italien, oberitalienische Handelstädte, Florenz ab 12./13. Jh<br />
Basisgewicht: Weizenkorn ( 47,2 mg) - Grano<br />
Zahlensystem: Mischsystem<br />
Als <strong>Gewicht</strong>spf<strong>und</strong>:<br />
40 Granos = 1 Danaro (1,886 g)<br />
15 Danari = 1 Onza (28,295 g)<br />
12 Onzas = 1 Florentiner Pf<strong>und</strong> (339,54 g)<br />
Als Zählpf<strong>und</strong>:<br />
12 Danari = 1 Soldo (Schilling)<br />
20 Soldi = 1 Florentiner Pf<strong>und</strong> = 240 Danari<br />
Das Florentiner Pf<strong>und</strong> ist die Gr<strong>und</strong>lage für die im 13. Jh<br />
wieder einsetzende Prägung von Goldmünzen. <strong>Die</strong> Standardgoldmünze<br />
aus Florenz basiert auf dem Florentiner <strong>Gewicht</strong>s<strong>und</strong><br />
Zählpf<strong>und</strong>. 1 Floren sollte wertgleich einem Pf<strong>und</strong> (Zählpf<strong>und</strong><br />
= 240 Stück) der lokalen Florentiner Pfennige sein. Da zu<br />
dieser Zeit Zählpf<strong>und</strong> <strong>und</strong> <strong>Gewicht</strong>spf<strong>und</strong> auf Gr<strong>und</strong> der Münzverschlechterung<br />
schon nicht mehr übereinstimmten, läßt sich so<br />
die <strong>Gewicht</strong>sgr<strong>und</strong>lage der Goldprägungen nicht ermitteln. Da<br />
aber das <strong>Gewicht</strong> der Floren recht genau bekannt ist (3,537 g),<br />
ebenso der <strong>Feingehalt</strong> (möglichst reines Gold) ergibt sich für<br />
den Floren eine Aufzahl von 96 Stück auf das Florentiner Pf<strong>und</strong><br />
bzw. 67 Stück für die in der Folgezeit geprägten Nachahmungen<br />
auf Basis der vielfach dazu verwendeten Kölner Mark.<br />
Anmerkung: <strong>Die</strong> große Konfusion bei den <strong>Gewicht</strong>en beginnt<br />
mit dem leider völlig mißlungegenen Versuch, zur Zeit<br />
Karls des Großen anstelle der relativ kostanten Basisgewichte<br />
in Form der Weizenkörner die Silberpfennige in einer Zusammenfassung<br />
von 240 Stück ebenfalls zum Basisgewicht einer<br />
größeren Einheit: des Pf<strong>und</strong>es zu machen. Aus verschiedenen,<br />
vorwiegend fiskalischen Gründen, konnten die Pfennige als<br />
Basisgewichte nicht konstant hergestellt werden, ihre Verringerung<br />
im Rauhgewicht (<strong>und</strong> zusätzlich auch wertmäßig durch<br />
Verschlechterung des <strong>Feingehalt</strong>es) führten notwendigerweise<br />
zu einer Differenzierung in Zählpf<strong>und</strong> <strong>und</strong> <strong>Gewicht</strong>spf<strong>und</strong>.<br />
Für die Handelspf<strong>und</strong>e wurden deswegen weiter die Weizenkörner<br />
als Basisgewichte benutzt, die Münzprägung benutze<br />
diese Handelpf<strong>und</strong>gewichte ebenfalls als Münzgr<strong>und</strong>gewichte<br />
<strong>und</strong> glich die Differenzen zwischen <strong>Gewicht</strong>spf<strong>und</strong> <strong>und</strong><br />
Zählpf<strong>und</strong> dadurch aus, indem die Aufzahlen erhöht wurden,<br />
es wurden mehr als 240 Denare aus dem Handelsgewichtspf<strong>und</strong><br />
Münzsilber geprägt.<br />
mt 10/2003 133
<strong>Die</strong> <strong>Münze</strong> <strong>–</strong> <strong>Gewicht</strong> <strong>und</strong> <strong>Feingehalt</strong><br />
Vor der karolingischen Münzreform von 781 war der Denar<br />
mit dem byzantinischen Goldsolidus verknüpft (40 Denare = 1<br />
Solidus), die Anzahl der aus einem Pf<strong>und</strong> Münzsilber (es handelte<br />
sich dabei um das röm. Pf<strong>und</strong>) geprägten Denare wurde<br />
niemals zur Definition des Pf<strong>und</strong>gewichtes selbst benutzt, sie<br />
richtete sich nach dem Wertverhältnis von Gold zu Silber <strong>und</strong><br />
betrug zwischen 240 <strong>und</strong> 264. Erst das Verschwinden der Bezugsbasis<br />
Goldsolidus führte zu dem mißlungenen Verknüpfungsversuch.<br />
Durch die Verknüpfung der Pfennige mit dem <strong>Gewicht</strong>spf<strong>und</strong><br />
zu 16 Unzen entstand ein <strong>Gewicht</strong>verhältnis von 40<br />
Weizenkörnern (Grän) zu einem Denar, welches beim Übergang<br />
auf die leichten <strong>Gewicht</strong>spf<strong>und</strong>en zu 12 Unzen zunächst erhalten<br />
blieb, schließlich jedoch auf 32 Grän pro Denar gesenkt<br />
wurde, welches zu einer praktischen <strong>Gewicht</strong>sreduktion des Denars<br />
von urprünglich ca. 1,9 g auf ca. 1,5 g führte. England versuchte<br />
nach 1526 durch Einführung eines theoretischen kleinsten<br />
Basisgewichtes (Grain-troy genannt) <strong>und</strong> einem Verhältnis<br />
24 Grains = 1 Pennyweight alle nachfolgenden größeren <strong>Gewicht</strong>seinheiten<br />
zu definieren, was bis zur Einführung des Dezimalsystems<br />
mit Gramm <strong>und</strong> Kilogramm auch Bestand hatte.<br />
Daß es sich hierbei um ein rechnerisches, theoretisches Basigewicht<br />
handelt, zeigt das eigentliche <strong>Gewicht</strong> dieses Korns,<br />
es beträgt 64,8 mg (engl. Korn) <strong>und</strong> ist damit nicht mehr mit<br />
dem gegenständlichen Weizenkorn zu min. 45 bis max. 50 mg<br />
identisch. Das auf dieser Basis definierten <strong>Gewicht</strong>spf<strong>und</strong><br />
diente fast ausschließlich dem Edelmetallhandel oder der<br />
Münzprägung. In nahezu allen anderen europäischen Ländern<br />
war zu dieser Zeit schon schrittweise der Übergang zur Mark<br />
als Münzgr<strong>und</strong>gewicht <strong>und</strong> für die Definition des <strong>Feingehalt</strong>es<br />
der Münzmetallegierungen vollzogen.<br />
<strong>Die</strong> Mark war ursprünglich ein nordgermanisches <strong>Gewicht</strong><br />
für den Metallhandel, also ein Handelsgewicht. Schon um die<br />
Zeitenwende betrieben die Germanen mit den Römern in<br />
friedlichen Zeiten regen Tauschhandel <strong>und</strong> benutzten dazu das<br />
röm Pf<strong>und</strong> zu 12 Unzen. Im Ostseeraum <strong>und</strong> Südskandinavien<br />
entwickelte sich daraus die Mark zu 8 Unzen für den Handel<br />
mit Metallen, speziell für den Edelmetallhandel, für andere<br />
Handelwaren wurde weiterhin das röm Pf<strong>und</strong> benutzt. Zur<br />
Unterscheidung wurde nun den <strong>Gewicht</strong>sstücken für den Metallhandel<br />
sowie den Edelmetallbarren ein Stempel eingeschlagen,<br />
eine Markierung oder Marke, die dann der größten <strong>Gewicht</strong>seinheit<br />
ihren Namen gab.<br />
In der ersten Hälfte des 11. Jahrh<strong>und</strong>erts führte dann der<br />
Dänenkönig Knut der Große, der neben Dänemark, Norwegen<br />
<strong>und</strong> Südskandinavien auch das von ihm eroberte England beherrschte,<br />
die Mark als Münzgr<strong>und</strong>gewicht für die Ausprägung<br />
der englischen Silbertribute ( 82500 engl. Pf<strong>und</strong> zu ca. 350 g =<br />
28,875 Tonnen) ein. Um möglichst viele Silberpfennige zu erhalten,<br />
ließ er nicht wie sonst üblich 240 Pence aus dem engl.<br />
Towerpf<strong>und</strong> zu 12 Unzen <strong>Gewicht</strong>, sondern 240 Pence aus der<br />
Mark zu 8 Unzen prägen, wobei das <strong>Gewicht</strong> der Unze der<br />
Mark gleich dem <strong>Gewicht</strong> der Unze des Towerpf<strong>und</strong>es war.<br />
<strong>Die</strong>s bedeutete, daß der Penny statt ca. 1,5 g nur noch ca. 1 g<br />
<strong>Gewicht</strong> hatte. Nach den Dänenherrschern wurde dann jedoch<br />
mit 160 Pence auf die Towermark geprägt, der Penny zu 1,45 g.<br />
Im Anschluß daran übernahmen auch andere Länder wie<br />
Frankreich, Deutschland, Italien <strong>und</strong> das sich reorganisierende<br />
Spanien sowie Portugal die Mark als Münzgr<strong>und</strong>gewicht <strong>und</strong><br />
betrachteten diese als die Hälfte der in 16 Unzen geteilten<br />
Handelspf<strong>und</strong>e oder als 2/3 der in 12 Unzen geteilten leichten<br />
Pf<strong>und</strong>e, die vielfach schon als Münzgr<strong>und</strong>gewichte Verwendung<br />
gef<strong>und</strong>en hatten.<br />
<strong>Die</strong> wichtigsten Marken wären:<br />
Skandinavien- Dänemark, Schweden, Norwegen, Ostseeraum,<br />
spätestens ab 10. Jh. Nordische Mark<br />
Basisgewicht: Weizenkorn (47 mg)- Grän<br />
Zahlensystem: Mischsystem<br />
Zählmark<br />
1 Mark = 16 Skillinge zu je 12 Penninge<br />
= 192 Penninge (Pfennige)<br />
<strong>Gewicht</strong>smark = 8 Unzen<br />
24 Grän = 1 Penning (1,13 g)<br />
8 Penninge = 1 Örtug (9,1 g)<br />
3 Örtug = 1 Öre (27,28 g) - Unze<br />
8 Öre = 1 Nordische Mark (218,3 g)<br />
Frankreich 13. Jh, spätestens 1266<br />
Pariser Troymark- Marc de Troyes<br />
Basisgewicht: Weizenkorn - Grain (47,8 mg)<br />
Zahlensystem: Duodezimal, ergänzt<br />
Zählmark<br />
1 Mark = 8 Sols (Schillinge) zu je 20 Esterlins<br />
= 160 Esterlins (Pfennige)<br />
1 Esterlin = 2 Mailles (Halbpfennige) zu je<br />
2 Felins (Viertelpfennige) = 4 Felins<br />
<strong>Gewicht</strong>smark = 8 Unzen<br />
32 Grains = 1 Esterlin (1,53 g)<br />
20 Esterlins = 1 Unze (30,6 g)<br />
8 Unzen = 1 Marc de troyes (ca. 244,75 g)<br />
Spanien / Portugal, 13. Jh<br />
Kastilische Mark<br />
Basisgewicht: Weizenkorn- Grano- (50 mg) = 1 Grano Münzgewicht<br />
(0,05 g)<br />
Zahlensystem: Duodezimal, ergänzt<br />
Zählmark:<br />
1 Marco = 160 Dineros (Pfennige)<br />
<strong>Gewicht</strong>smark = 8 Onzas<br />
16 Granos<br />
Münzgewicht = 1 Grano Handelsgewicht (0,8 g)<br />
36 Granos<br />
Handelsgewicht = 1 Onza (28,8 g)<br />
8 Onzas = 1 Marco (230,348 g)<br />
Deutschland seit 12. Jh.<br />
Kölnische Mark<br />
Basisgewicht: Weizenkorn - As (48 mg) 304 As = 1 Lot<br />
Zahlensystem: Duodezimal, ergänzt<br />
Zählmark:<br />
1 Mark = 160 Pfennige<br />
<strong>Gewicht</strong>smark = 8 Unzen<br />
19 As = 1 Richtpfennig (0,913 g)<br />
4 Richtpfennige = 1 Quentchen (3,653 g)<br />
4 Quentchen = 1 Lot (14,613 g)<br />
2 Lot = 1 Unze (29,226 g)<br />
16 Lot = 1 Mark (233,81 g)<br />
England 11. Jh. bis 16. Jh<br />
Towermark<br />
Basisgewicht: Weizenkorn - Grain (45,6 mg)<br />
Zahlensystem: Duodezimal, ergänzt<br />
Zählmark<br />
1 Towermark = 8 Shillings zu je 20 Sterlings<br />
= 160 Sterlings (Pfennige)<br />
1 Sterling penny = 2 Halfpence (Halbpfennige)<br />
zu je 2 Farthings (Viertelpfennige)<br />
= 4 Farthings<br />
<strong>Gewicht</strong>smark = 8 Unzen<br />
32 Grains = 1 Pennyweight (1,458 g)<br />
20 Pennyweights = 1 Ounce (29,16 g)<br />
8 Ounces = 1 Towermark (233,275 g)<br />
134 mt 10/2003
Da ähnlich wie beim Pf<strong>und</strong> auch bei der Mark Zählmark<br />
<strong>und</strong> <strong>Gewicht</strong>smark bald auseinanderliefen, wurde das Münzwesen<br />
bald unüberschaubar. Verschärft wurde die ganze Sache<br />
noch, wenn beispielsweise um 1266 in Frankreich schwere<br />
Pfennige auf <strong>Gewicht</strong>sbasis Livre de parisi zu 16 Unzen <strong>und</strong><br />
leichte Pfennige auf <strong>Gewicht</strong>sbasis Livre tournoise zu 12 Unzen<br />
geprägt wurden, die münzrechtlichen Vorschriften aber auf<br />
die Marc de Troyes ausgerichtet wurden. Zu diesen beiden<br />
französischen Pfennigsorten liefen auch noch englische Sterlings<br />
auf Basis des Towerpf<strong>und</strong>es zu 12 Unzen um, die nun in<br />
ein entsprechendes Wertverhältnis zu den französischen Pfennigen<br />
gebracht werden mußten. So galten also 30 englische<br />
Sterlings = 120 Deniers tournoise = 96 Deniers parisi deren einzelne<br />
münzrechtlichen Vorschriften wie folgt aussahen:<br />
- engl. Sterlings: 243 Stück aus dem Towerpf<strong>und</strong> (349,91 g)<br />
11 Ounces 2 Pennyweights (925/1000) fein<br />
- Denier parisi: 212 Stück aus der Pariser Troymark (244,75<br />
g) 4 Deniers 12 Grains (359/1000) fein<br />
- Denier tournoise: 220 Stück aus der Pariser Troymark (244,75<br />
g) 3 Deniers 18 Grains (299/1000) fein<br />
Als letztes kam noch das Problem hinzu, daß das englische<br />
Münzsilber bezogen auf Feinsilber eingeteilt wurde, 11 Oz. 2<br />
dwt. bedeutet hier 232/240 fein (925/1000). <strong>Die</strong> französischen<br />
<strong>Feingehalt</strong>sangaben bezogen sich jedoch auf handelsübliches<br />
Königssilber, das sogenannte Argent le- roy, welches selbst nur<br />
23/24 (958/1000) fein war. Das heißt für die Wertbestimmung<br />
der französischen Pfennige, daß der Denier tournoise aus 3<br />
Den. 18 Grs. feinem Argent le- roy 90/288 von 23/24 Feinsilber<br />
enthielt ! Praktisch waren die r<strong>und</strong> 1,44 g ; 1,15 g sowie 1,11 g<br />
schweren Pfennige von der unk<strong>und</strong>igen einfachen Bevölkerung<br />
ohne Waage kaum auseinanderzuhalten, nur an Hand des<br />
Münzbildes war eine Zuordnung möglich. Da sich der Wert<br />
aber auf 4: 1,25; 1 belief, wird wohl so mancher dabei recht übel<br />
übers Ohr gehauen worden sein.<br />
Um 1200 kam nun, angetrieben durch die Kaufleute, die<br />
sich zunehmend in Handelsverbänden zusammenschlossen, ein<br />
Prozeß in Gang, die Münzprägung auf einheitliche Münzgr<strong>und</strong>gewichte<br />
zu beziehen <strong>und</strong> ein verläßliches System der<br />
Charakterisierung des <strong>Feingehalt</strong>es der <strong>Münze</strong>n zu schaffen,<br />
um der Münzverschlechterung <strong>und</strong> dem Münzwirrwarr ein Ende<br />
zu setzen. Gegen erhebliche Widerstände der regierenden<br />
Herrscher (einige waren regelrechte Initiatoren einer betrügerischen<br />
Münzverschlechterung z.B. König Philipp IV. von<br />
Frankreich- genannt der Münzfälscher) zog sich dieser Prozeß<br />
bis ins 16. Jahrh<strong>und</strong>ert hin. Eine europaweite Vereinheitlichung<br />
der <strong>Gewicht</strong>e war unter den herrschenden feudalabsolutistischen<br />
Verhältnissen natürlich nicht zu erreichen, jeder<br />
Herrscher bestand eigennützig auf seinem Münzregal zum<br />
Zwecke der Bereicherung. Das Aufkommen größerer Silberprägungen<br />
(Groschen, Taler) sowie die wiedereinsetzende<br />
Goldprägung (Gulden, Dukaten) führten dann allerdings wenigstens<br />
zu einer Vereinheitlichung der Münzgr<strong>und</strong>gewichte<br />
im nationalen Rahmen, wobei einige dieser Münzgr<strong>und</strong>gewichte<br />
dann fast europaweit auch von anderen Ländern benutzt<br />
wurden (Kölner Mark für fast die gesamte europäische<br />
Dukatenprägung).<br />
Dem Prozeß der Münzverschlechterung konnte allerdings<br />
auch damit nicht Einhalt geboten werden, einzig <strong>und</strong> allein der<br />
Dukaten blieb davon verschont. Münzgr<strong>und</strong>gewicht wurde in<br />
den meisten Ländern die Mark, welche weiterhin als Teil zu 8<br />
Unzen der regionalen Handelsgewichtspf<strong>und</strong>e zu 12 oder 16<br />
Unzen betrachtet wurde. Allerdings wurde nun eine völlig andere<br />
Einteilung der Mark vorgenommen, bei der die Unze als<br />
Teil der Mark überhaupt nicht mehr vorkam.<br />
<strong>Die</strong> romanischen Länder Italien, Frankreich <strong>und</strong> Spanien<br />
teilten die Mark:<br />
1 Mark = 12 Deniers zu je 24 Grän = 288 Grän<br />
<strong>Die</strong> Begriffe Denier <strong>und</strong> Grän haben bei dieser Einteilung<br />
überhaupt nichts mehr mit dem Pfennig oder dem Weizenkorn<br />
<strong>money</strong> <strong>trend</strong> SPEZIAL II<br />
als kleinstes <strong>Gewicht</strong> zu tun, sie sind reine abstrakte Begriffskategorien<br />
<strong>und</strong> Mengenbezeichnungen.<br />
<strong>Die</strong> meisten anderen europäischen Länder wie Deutschland,<br />
Niederlande, Polen, Ungarn, die skandinavischen Länder,<br />
vor allem aber viele Gebiete der Habsburger Monarchie<br />
teilten die Mark:<br />
1 Mark = 16 Lot zu je 18 Grän = 288 Grän<br />
Da Silber das einzige verwendete Münzmetall war, bezogen<br />
sich diese Vorschriften natürlich auf Silbermünzen.<br />
Mit dem erneuten Einsetzen der Goldprägung nach jahrh<strong>und</strong>ertelanger<br />
Pause wurde nun auch eine Übertragung auf<br />
die Goldmünzen notwendig, allerdings geschah das europaweit<br />
einheitlich:<br />
anfänglich in Anlehnung <strong>und</strong> nach arabischem <strong>und</strong> byzantinischem<br />
Vorbild<br />
1 Mark = 24 Karat zu je 4 Grän = 96 Grän bis zum Anfang<br />
des 16. Jahrh<strong>und</strong>ert dann aber allgemein<br />
1 Mark = 24 Karat zu je 12 Grän = 288 Grän<br />
Da allerdings kein eigenes Basisgewicht wie bei den Handelsgewichtspf<strong>und</strong>en<br />
gewählt wurde, sondern eben 8 Unzen<br />
Handelsgewicht gleich dem <strong>Gewicht</strong> der Mark waren, waren<br />
die einzelnen Marken regional im <strong>Gewicht</strong> genauso verschieden<br />
wie die zugr<strong>und</strong>eliegenden Handelsgewichtspf<strong>und</strong>e.<br />
Das <strong>Gewicht</strong> der wichtigsten Marken hatte folgende Beträge:<br />
Kölner Mark: 233,865 g<br />
Kastilische/Spanische Mark: 230,348 g<br />
Pariser Troymark: 244,753 g<br />
Londoner Towermark: 233,275 g<br />
Prager Mark: 250,601 g<br />
Wiener Mark: 280,644 g<br />
<strong>Die</strong>se neue <strong>und</strong> von den gegenständlichen Pfennigen <strong>und</strong><br />
Weizenkörnern als Basisgewichte völlig getrennte, mathematisch<br />
abstrakte Einteilung lieferte gleichzeitig die Möglichkeit<br />
der <strong>Feingehalt</strong>sdefinition auf Basis der Mark zu 288 Grän, indem<br />
nun 288 von maximal möglichen 288 Grän als theoretisch<br />
völlig reines Gold<br />
(Feingold) oder theoretisch völlig reines Silber (Feinsilber)<br />
betrachtet werden. Jede beliebige Zusammensetzung der<br />
Münzmetallegierung kann somit in Schritten von 1/288 beschrieben<br />
werden, nichts anderes tun wir heute mit der <strong>Feingehalt</strong>sbeschreibung<br />
in 1/1000 Schritten bei Promille oder in<br />
1/100 Schritten bei der Prozentangabe im Dezimalsystem.<br />
Das vordezimale System ist das Duodezimalsystemmit der<br />
Gr<strong>und</strong>zahl 12:<br />
Gold:<br />
fortlaufende ganzzahlige Grän 1,2,3,...,12,...24,...36,...288<br />
die der Gr<strong>und</strong>zahl 12 entsprechende Menge Grän ergibt<br />
zusammengefaßt 1 Karat<br />
24 von 24 Karat gelten als Feingold<br />
Silber - romanische Länder:<br />
fortlaufende ganzzahlige Grän 1,2,3,...,12,...24,...,36,...288<br />
die der verdoppelten Gr<strong>und</strong>zahl 2x12=24 entsprechende Menge<br />
Grän ergibt 1 Denier<br />
12 von 12 Deniers gelten als Feinsilber<br />
Silber - andere Länder:<br />
fortlaufende ganzzahlige Grän 1,2,3,...,12,...24,...,36,...288<br />
die der Gr<strong>und</strong>zahl 12 vermehrt um deren Hälfte 12+6=18 entsprechende<br />
Menge Grän ergibt 1 Lot<br />
16 von 16 Lot gelten als Feinsilber<br />
Da England nicht zur abstrakten Mark überging, sondern<br />
bis 1526 das Towerpf<strong>und</strong> <strong>und</strong> danach das englische Troypf<strong>und</strong><br />
benutzte wurde die <strong>Feingehalt</strong>sdefinition auf Pf<strong>und</strong>basis vorgenommen.<br />
mt 10/2003 135
<strong>Die</strong> <strong>Münze</strong> <strong>–</strong> <strong>Gewicht</strong> <strong>und</strong> <strong>Feingehalt</strong><br />
Gold <strong>und</strong> Silber auf Basis Towerpo<strong>und</strong> - 240 von maximal<br />
möglichen 240 Anteilen<br />
fortlaufende ganzzahlige Sterlings 1,2,3,...,12,...24,...,36,...240<br />
20 Sterlings (Pennyweights) werden zu einer Unze<br />
zusammengefaßt<br />
12 von 12 Unzen gelten als Feingold oder Feinsilber<br />
Gold <strong>und</strong> Silber auf Basis Po<strong>und</strong> Troy - 5760 von maximal<br />
möglichen 5760 Anteilen<br />
fortlaufende ganzzahlige Grains 1,2,3,...,24,...,48,...,5760<br />
24 Grains ergeben 1 Pennyweight<br />
20 Pennyweights werden zu einer Unze zusammengefaßt<br />
12 von 12 Unzen gelten als Feingold oder Feinsilber<br />
Interessant ist die Tatsache, daß England nur wenig Veränderungen<br />
im <strong>Feingehalt</strong> seiner <strong>Münze</strong>n vornahm.<br />
So sind Silbermünzen mit Ausnahme der Pfennigteilstücke<br />
nahezu ausnahmslos 11 oz. 2 dwt. = 925/1000 fein, die über die<br />
Jahrh<strong>und</strong>erte gleichbleibende Qualität gab diesem Münzsilber<br />
den Namen Sterlingssilber.<br />
Bei Goldprägungen wurde seit 1344 das sogenannte Standardgold<br />
(ein hochreines Münzgold mit etwa 995/1000 fein) für<br />
das es keine Vorschrift im engl. System gibt, benutzt, seit dem<br />
16. Jh das Kronengold zu 11Ounces fein<br />
(auch Angabe als 11/12; 22 Karat im Marksystem, 916-<br />
2/3/1000 fein im metrischen Promillesystem).<br />
Rußland, welches keine Mark für die Münzprägung kannte,<br />
benutzte das arabisch/byzantinische Vorbild der <strong>Feingehalt</strong>sdefinition<br />
zu 96 Teilen auf der Basis des Handelsgewichtspf<strong>und</strong>es.<br />
<strong>Die</strong> sogenannte russische Probe, die russische Form der<br />
<strong>Feingehalt</strong>skennzeichnung ergibt für Gold <strong>und</strong> auch für Silber<br />
folgendes Bild:<br />
Gold <strong>und</strong> Silber auf Basis russ. Pf<strong>und</strong> - 96 von maximal<br />
möglichen 96 Anteilen<br />
fortlaufende ganzzahlige Solotnik 1,2,3,...,24,...,48,...,96<br />
96 von 96 Solotnik gelten als Feingold oder Feinsilber<br />
Spricht man in Rußland von einer 88-er Probe beispielsweise<br />
bei Goldprägungen zu 5 Rubel, dann bedeutet dies: 22 Karat<br />
oder 916-2/3 / 1000 fein in anderen Systemen.<br />
Bei bestimmten Nachprägungen ausländischer <strong>Münze</strong>n<br />
(Dukaten) wurde das System durch eine weitere Unterteilung<br />
des Solotnik erweitert: Dukatengold- 986/1000 fein, 23 Karat 8<br />
Grän fein, russ. 94-2/3 Probe.<br />
Genaugenommen ist dies nichts anderes als die auf Markbasis<br />
erfolgte ursprüngliche <strong>Feingehalt</strong>sdefinition, allerdings<br />
nicht 1 Mark zu 24 Karat zu 4 Grän = 96 Grän sondern 1 Pf<strong>und</strong><br />
= 96 Solotnik !<br />
Für die praktische Münzprägung mußte die zunächst abstrakte<br />
Mark nun aber doch mit einem konkreten meßbaren<br />
Handelsgewicht verb<strong>und</strong>en werden, schließlich lieferten die<br />
Silbergruben <strong>und</strong> -hütten Barren im <strong>Gewicht</strong> von so<strong>und</strong>soviel<br />
Handelspf<strong>und</strong> oder kauften Aufkäufer der Münzstätten auf<br />
Märkten alte <strong>Münze</strong>n <strong>und</strong> Silbergerät pf<strong>und</strong>weise auf. Über<br />
die Beziehung 1 Mark = 8 Unzen Handelsgewicht hatte die<br />
Mark dann doch ein gegenständliches oder theoretisches Korn<br />
als Basisgewicht <strong>und</strong> somit ein zugeordnetes Handelsgewicht,<br />
wobei nun kleine Messinggewichte die Gr<strong>und</strong>einheit Korn <strong>und</strong><br />
dessen Mehrfachzusammenfassungen darstellten. <strong>Die</strong> konkrete<br />
Zuordnung von <strong>Gewicht</strong>seinheiten zur Mark <strong>und</strong> deren Teilen<br />
ergab nun folgendes Bild:<br />
Skandinavien- Nordische Mark<br />
Basisgewicht: theoretisches Korn- Grän zu 0,758 g gebildet aus<br />
16 Weizenkörnern zu je 47 mg<br />
12 Grän = 1 Karat (9,12 g)<br />
18 Grän = 1 Lot (13,64 g)<br />
16 Lot = 1 Mark<br />
24 Karat = 1 Mark<br />
1 Nordische Mark (218,3g) = 4608 Weizenkörner a 47 mg<br />
England - Towermark:<br />
Basisgewicht: gegenständliches Weizenkorn - Grain (45,6 mg)<br />
32 Grains = 1 Pennyweight (1,458 g)<br />
20 Pennyweights = 1 Ounce (29,16 g)<br />
8 Unzen = 1 Towermark<br />
1 Towermark (233,275 g) = 5120 Weizenkörner a 45,6 mg<br />
<strong>Die</strong> Towermark wurde nur als <strong>Gewicht</strong>smark benutzt, <strong>Feingehalt</strong><br />
wurde auf Basis Towerpf<strong>und</strong> definiert !<br />
Frankreich - Pariser Troymark- Marc de Troyes<br />
Basisgewicht: theoretisches Korn- Grain zu 0,85 g<br />
12 Grains = 1 Karat (10,2 g)<br />
24 Grains = 1 Denier (20,40 g)<br />
12 Deniers = 1 Mark<br />
24 Karat = 1 Mark<br />
1 Marc de troyes (ca. 244,75 g) = 5120 Weizenkörner a 47,8 mg<br />
Spanien / Portugal - Kastilische Mark<br />
Basisgewicht: theoretisches Korn- Grano Handelsgewicht (0,8<br />
g) gebildet aus 16 Grano Münzgewicht (0,05 g), dies ist identisch<br />
mit dem spanischen Weizenkorn (50 mg)<br />
12 Granos = 1 Quilate (9,6 g) - Karat<br />
24 Granos = 1 Dinero (19,2 g)<br />
12 Dineros = 1 Marco<br />
24 Quilates = 1 Marco<br />
1 Marco (230,348) = 4608 Granos (Münzgewicht = Weizenkörner<br />
a 50 mg)<br />
Deutschland - Kölnische Mark<br />
Basisgewicht: theoretisches Korn- Grän zu 0,812 g gebildet aus<br />
304/18 Weizenkorn - As zu 48mg<br />
12 Grän = 1 Karat (9,744 g)<br />
18 Grän = 1 Lot (14,61 g) = 304 As<br />
16 Lot = 1 Mark<br />
24 Karat = 1 Mark<br />
1 Mark (233,81 g) = 4864 As (Weizenkörner a 48 mg)<br />
<strong>Die</strong> Verknüpfung der Mark zu 288 Grän (an sich abstrakte<br />
Teilmengen einer Gesamtmenge ohne Maßeinheit) mit der<br />
konkreten <strong>Gewicht</strong>smark führte nun dazu, daß auch der kleinste<br />
Teil der Mark, nämlich 1/288 als Korn oder Gran betrachtet<br />
wurde <strong>und</strong> ein konkretes <strong>Gewicht</strong> zugeordnet bekam, welches<br />
als theoretisches Korn eine Zusammenfassung einer bestimmten<br />
Anzahl Basisgewichte (Weizenkorn darstellte). Ebenso erhielt<br />
das 12 oder 18- fache dieses theoretischen Korns als Karat<br />
oder Lot ein konkretes <strong>Gewicht</strong> zugeordnet. <strong>Die</strong> begriffliche<br />
Nichtunterscheidung zwischen dem Gran als Basisgewicht<br />
Weizenkorn <strong>und</strong> dem Gran als theoretischem Korn als 1/288stel<br />
Teil der Mark führt allerdings oft zu Mißverständnissen genau<br />
wie beim Pf<strong>und</strong> (<strong>Gewicht</strong>spf<strong>und</strong>- Zählpf<strong>und</strong>).<br />
Neben ihrer Funktion als Definition des <strong>Feingehalt</strong>es <strong>und</strong><br />
als Münzgewichtsmark diente die Mark auch noch als sogenannte<br />
Probiermark im praktischen Verlauf der Herstellung<br />
der Münzmetalle (Tiegelprobe), bei den Proben bei der Münzherstellung<br />
(Stockprobe) oder bei der Überprüfung <strong>und</strong> Bewertung<br />
fremder <strong>Münze</strong>n. Als Probiergewicht für die praktische<br />
<strong>Feingehalt</strong>sbestimmung (meist in Form der Feuerprobe)<br />
mußte eine bestimmte Menge (<strong>Gewicht</strong>) Probegut festgelegt<br />
werden, sie durfte nicht zu groß, wegen des Arbeitsaufwandes<br />
<strong>und</strong> des relativ hohen Wertes, aber auch nicht zu klein sein, um<br />
brauchbare Ergebnisse zu erzielen. <strong>Die</strong> günstigste Menge war<br />
erfahrungsgemäß 1/64 der <strong>Gewicht</strong>smark; die sogenannte Probiermark,<br />
welche nun genauso wie die Mark eingeteilt wurde:<br />
bei Silber in Deutschland in 16 Probierlot zu 18 Probiergrän.<br />
<strong>Gewicht</strong>smäßig zugeordnet wurden nun auch die 64-sten Teile<br />
der entprechenden <strong>Gewicht</strong>e:<br />
136 mt 10/2003
zum Beispiel:<br />
Kölner Mark - 233,81 g<br />
Probiermark - 1/64 <strong>Gewicht</strong>smark = 3,653 g<br />
Probiermark zu 16 Probierlot zu 18 Probiergrän = 288 Probiergrän;<br />
1 Probiergrän = 12,685 mg<br />
oder<br />
Kastilische Mark - 230,348 g<br />
Probiermark- 1/64 <strong>Gewicht</strong>smark = 3,599 g<br />
Probiermark zu 12 Deniers zu 24 Grän = 288 Probiergrän; 1<br />
Probiergrän = 12,5 mg<br />
Auf diese Art <strong>und</strong> Weise konnte aus der nach der Bearbeitung<br />
der Probe zurückbleibenden Menge des reinen Edelmetall<br />
unmittelbar auf die Zusammensetzung der Probe geschlossen<br />
werden.<br />
Am Beispiel einer spanischen Münzstätte sei dies abschließend<br />
einmal etwas genauer erläutert:<br />
Von den zu untersuchenden <strong>Münze</strong>n wurde eine Probiermark<br />
im <strong>Gewicht</strong> von 1/64 Mark abgewogen <strong>und</strong> unter Zusatz<br />
von etwas Blei <strong>und</strong> Flußmittel in einer Kupelle, einem kleinen<br />
flachen Tiegelchen aus porösem Ton geschmolzen, durch ständiges<br />
Aufblasen von Luft wurden die unedlen Beimengungen<br />
<strong>und</strong> Verunreinigungen verflüchtigt <strong>und</strong> oxidiert <strong>und</strong> reicherten<br />
sich in der Schlacke an, welche von der Oberfläche abgekratzt<br />
wurde. Weiteres Aufblasen von Luft oxidierte dann auch das<br />
restliche Blei zu Bleiglätte, welches von der Tiegelwand weitgehend<br />
aufgesogen wurde.<br />
Übrig blieb nahezu reines Silber (über 99%), welches nach<br />
dem Abschrecken mit Wasser nun ausgewogen wurde. Dazu<br />
wurde das Probeklümpchen gewogen <strong>und</strong> der <strong>Gewicht</strong>sverlust<br />
gegenüber dem urprünglichen Probegewicht festgestellt.<br />
Jeder <strong>Gewicht</strong>sverlust von 1 Probiergrän bedeutete nun<br />
1/288 weniger reines Silber in der Probe. Stellte man nach der<br />
Bearbeitung fest, daß der Proberückstand beispielsweise 28<br />
Probiergrän leichter als die ursprüngliche Probe ist ergibt sich<br />
der <strong>Feingehalt</strong> nach folgender Überlegung:<br />
1 Probiermark 12 Deniers feines Silber würde 288 Probiergrän<br />
Silber enthalten, wenn 28 Probiergrän aus der Probiermark<br />
entfernt wurden, bleiben 260 Probiergrän übrig, das<br />
überprüfte Silber enthielt also 260 Probiergrän Silber <strong>und</strong> 28<br />
Probiergrän unedle Zusätze was unmittelbar umgerechnet(260<br />
= 10x24 +20) eine Feinheit von 10 Deniers 20 Grän für das<br />
überprüfte Münzsilber ergibt (ca. 903/1000 fein).<br />
<strong>Die</strong>s entspricht in heutigen Maßeinheiten: - Probiermark -<br />
ca. 3,6g; - <strong>Gewicht</strong>sverlust 350 mg<br />
<strong>Die</strong> Genauigkeit der Bestimmung der Zusammensetzung<br />
der Silberlegierung hing also im wesentlichen von der Sorgfalt<br />
der Tiegelprobe <strong>und</strong> der Genauigkeit der Waage ab, <strong>und</strong> es ist<br />
so nicht verw<strong>und</strong>erlich, daß es zu erheblichen Abweichungen<br />
kam.<br />
Für die Interpretation <strong>und</strong> die Zuordnung der Angaben alter<br />
urk<strong>und</strong>licher Überlieferungen ist es unbedingt notwendig<br />
zu ermitteln, was konkret mit den Bezeichnungen, Pf<strong>und</strong>,<br />
Mark, Unze, Lot, Denier, Karat <strong>und</strong> Gran gemeint ist, begrifflich<br />
wurde damals z.B. das Gran als Weizenkorn, das Gran als<br />
theoretisches Korn, das Gran als Handelsgewicht , das Gran als<br />
Münzgewicht, das Gran als Probiergran oder das Gran als 288er<br />
Teil der Mark für die Definition des <strong>Feingehalt</strong>es nicht extra<br />
unterschieden, wir lesen nur Gran !<br />
<strong>Die</strong> Umstellung der nichtmetrischen nationalen <strong>Gewicht</strong>ssystem<br />
auf metrische Einheiten nach dem Vorbild des nach der<br />
französischen Revolution eingeführten Kilogramm zu 1000<br />
Gramm, oft über den Zwischenschritt des sogenannten metrischen<br />
Pf<strong>und</strong>es zu 500g, führte dann auch zur Übernahme des<br />
metrischen Pf<strong>und</strong>es oder des Kilogramms als Münzgr<strong>und</strong>gewicht.<br />
<strong>Die</strong> Feinheit des Münzmetalls wurde von nun an ebenfalls<br />
auf Basis Kilogramm = 1000 Gramm definiert: <strong>Die</strong> Angabe<br />
900/1000 feines Gold besagt doch nichts weiter, als daß in<br />
theoretisch einem Kilogramm dieser Legierung 900 Gramm<br />
Gold <strong>und</strong> 100 Gramm Zusätze enthalten sind.<br />
<strong>money</strong> <strong>trend</strong> SPEZIAL II<br />
Allerdings hielten sich im internationalen Edelmetallhandel<br />
die mittelalterlichen <strong>Gewicht</strong>s- <strong>und</strong> <strong>Feingehalt</strong>seinheiten<br />
bis in die heutige Zeit.<br />
3. Andere, außereuropäische <strong>Gewicht</strong>e<br />
Alle bisherigen Ausführungen beziehen sich auf den europäischen<br />
<strong>und</strong> kleinasiatischen Raum von den Anfängen der<br />
Benutzung von Edelmetallen als Geld <strong>und</strong> Zahlungsmittel bis<br />
zur heutigen Zeit. China, Japan, Indien <strong>und</strong> auch die arabischislamischen<br />
Herrschaftsbereiche blieben bislang ausgeklammert.<br />
<strong>Die</strong>s hat mehrere Gründe:<br />
Japan <strong>und</strong> China prägten bis in die Neuzeit so gut wie keine<br />
<strong>Münze</strong>n, die <strong>Münze</strong>n wurden meist aus Messing gegossen, die<br />
neuzeitlichen Prägungen haben den amerikanischen Dollar<br />
<strong>und</strong> dessen <strong>Gewicht</strong>sgr<strong>und</strong>lage zum Vorbild. <strong>Die</strong> altindischen<br />
<strong>Münze</strong>n basieren auf griechischen, römischen <strong>und</strong> einheimischen<br />
<strong>Gewicht</strong>sgr<strong>und</strong>lagen, deren konkrete Zusammenhänge<br />
noch nicht bis ins Detail erforscht sind. Ähnlich wie bei den<br />
europäisch/kleinasiatischen <strong>Gewicht</strong>en scheinen auch hier bestimmte<br />
Samen (Molukkabohne, Gunjapflanze, Johannisbrotbaum)<br />
die Gr<strong>und</strong>lage zu bilden.<br />
<strong>Die</strong> islamischen Araber hatten als ursprüngliche Nomaden<br />
<strong>und</strong> nicht seßhafte Viehzüchter kein Basisgewicht in Form des<br />
Getreidekorns. Sie übernahmen bereits lokal herausgebildete<br />
Basisgewichtseinheiten seßhafter Ackerbauernkulturen in den<br />
von ihnen eroberten Gebieten, die ihrerseit griechische, römische<br />
<strong>und</strong> byzantinische <strong>Gewicht</strong>e zur Gr<strong>und</strong>lage hatten. Das<br />
von den Arabern am häufigsten benutzte <strong>Gewicht</strong> Mitkal, auch<br />
Miskal genannt, war sowohl babylonisch, griechisch, römisch/byzantinisch<br />
<strong>und</strong> ptolemäisch/ägyptisch abgeleitet <strong>und</strong><br />
varierte in den einzelnen Gebieten erheblich :<br />
Kleinasien/ Syrien - 1 Mitkal malaya = 1/6 ägyptischrömischer<br />
Unze = 4,72 g<br />
Ägypten - 1 Mitkal = 1 Solidus = 4,54 g<br />
= 4 röm./byz. Scripula<br />
Arabien - 1 Mitkal = 4,25 g<br />
Nordafrika/ Tunis - 1 leichter Mitkal = 3,932 g<br />
Stadt Buschir/<br />
Pers. Golf - 1 schwerer Mitkal = 4,84 g<br />
Persien (1297-1878) - 1 Miskal = 4,61 g = 24 Nokhod<br />
Aus der um 700 beginnenden Münzprägung des arabisch -<br />
islamischen Kalifats läßt sich kein differenziertes eigenständiges<br />
<strong>Gewicht</strong>ssystem herleiten, auch hier waren Münzsysteme<br />
der eroberten Gebiete Vorbild: Silberprägungen nach sassanidischem<br />
Vorbild- <strong>Gewicht</strong>sgr<strong>und</strong>lage griechische Drachme,<br />
reduziert<br />
Goldprägungen nach byzantinischem Vorbild- <strong>Gewicht</strong>sgr<strong>und</strong>lage<br />
Solidus , reduziert<br />
Als sicher gilt, daß die Araber in Münzgewichte <strong>und</strong> Handelsgewichte<br />
unterschieden <strong>und</strong> das in Indien verbreitete Dezimalsystem<br />
sowie die indischen Ziffern (Zahlzeichen) zu den<br />
uns heute bekannten arabischen Zahlen des Zehnersystems<br />
weiterentwickelten.<br />
<strong>Die</strong> arabisch/islamischen <strong>Gewicht</strong>ssysteme entwickelten<br />
<strong>und</strong> differenzierten sich genauso wie die europäischen Systeme.<br />
Dazu kommt noch, daß die Gr<strong>und</strong>einheit Mitkal, auch<br />
Miskal genannt, aus verschiedenen früheren <strong>Gewicht</strong>ssystemen<br />
mit unterschiedlichen Basisgewichten gebildet wurde. Der<br />
auf griechischer Basis gebildete leichte Mitkal (griech. Korn zu<br />
44,3mg) war zudem nur eine Zusammenfassung von nur 88<br />
Korn, <strong>und</strong> nicht wie sonst üblich 96 Korn. Der normale arabische<br />
Mitkal mit griech. Korn (44,3 mg - 96 Korn pro Mitkal)<br />
war Gr<strong>und</strong>lage der Goldprägung , der arabisch/islamischen Dinare<br />
<strong>und</strong> wurde später sogar von Byzanz <strong>und</strong> Rußland als <strong>Gewicht</strong>sgr<strong>und</strong>lage<br />
für die Münzprägung übernommen. Auf der<br />
Basis des römischen Korns (47,3 mg) wurden in Syrien/Kleina-<br />
mt 10/2003 137
<strong>Die</strong> <strong>Münze</strong> <strong>–</strong> <strong>Gewicht</strong> <strong>und</strong> <strong>Feingehalt</strong><br />
sien der Mitkal malaya aus 100 Korn <strong>und</strong> der ägyptische Mitkal<br />
aus 96 Korn gebildet. Einen besonders schweren Mitkal benutzten<br />
die Händler am persischen Golf, den Mitkal von Bushir,<br />
der offensichtlich eine Zusammenfassung von 100 Korn zu<br />
48,4 mg darstellte.<br />
Im Verlauf des 8. bis 15. Jahrh<strong>und</strong>erts erfuhr der Mitkal eine<br />
Reihe von Veränderungen. In vielen Gebieten wurden letztendlich<br />
nur noch 72 Korn zu 44,3 mg zu einer größeren Einheit<br />
zusammengefaßt, die Dirhem oder Dram (abgeleitet von<br />
Drachme) genannt wurde. <strong>Die</strong>se bildete vor allem im späteren<br />
Osmanischen Reich die Gr<strong>und</strong>lage der Handelsgewichte. Ähnlich<br />
wie in Europa wurden auch im arabisch/islamischen<br />
Machtbereich, der ja zeitweilig Gebiete von Spanien bis<br />
einschließlich Indien umfaßte, verschiedene lokale Handelsgewichtspf<strong>und</strong>e<br />
auf 12 oder auch 16 Unzen-Teilung gebildet. Das<br />
Prinzip ist das gleiche wie in Europa:<br />
Basisgewicht: Getreidekorn ( 44,3 - 48,4 mg) - Gran<br />
Zahlensystem: Mischsystem<br />
72 Grän = 1 Dirhem (ca. 3,2 g) auch Dram<br />
oder Drem genannt<br />
88, 96 oder 100 Grän = 1 Mitkal (3,9 g - 4,84 g)<br />
6 Mitkal = 1 Uckia (Unze)<br />
100 bis 140 Dirhem = 1 Rottel<br />
12 oder 16 Uckia = 1 Rottel (Pf<strong>und</strong>)<br />
4 Rottel = 1 Oka<br />
36, 40 oder 44 Oka = 1 Kantar (Zentner)<br />
Über die Herausbildung einer Mark <strong>und</strong> der Definition des<br />
<strong>Feingehalt</strong>es auf Basis der Mark liegen keine verläßlichen Informationen<br />
vor. Mit großer Wahrscheinlichkeit wurde ein System,<br />
ähnlich dem späteren russischen System der Probe zu 96<br />
Teilen benutzt, welches Rußland von Byzanz übernahm. Vieles<br />
deutet darauf hin, daß es die die Araber selbst waren, die dieses<br />
erste universelle System der <strong>Feingehalt</strong>sdefinition entwickelten.<br />
(s. auch spezieller Teil)<br />
4. Zusammenfassung:<br />
<strong>Die</strong> Entwicklung der <strong>Gewicht</strong>e steht in einem engen Zusammenhang<br />
zur Entwicklung der menschlichen Gesellschaft.<br />
<strong>Die</strong> Landwirtschaft als Ernährungsgr<strong>und</strong>lage, der Handel zum<br />
Austausch der erzeugten Produkte <strong>und</strong> auch die Mathematik<br />
mit ihren Zahlensystemen spielen eine bestimmende Rolle bei<br />
der Herausbildung <strong>und</strong> Veränderung der <strong>Gewicht</strong>e. Bis ins 19.<br />
Jahrh<strong>und</strong>ert spielen die beiden wichtigsten Getreidearten für<br />
die menschliche Ernährung (Gerste <strong>und</strong> Weizen) die gr<strong>und</strong>legende<br />
Rolle bei den Basisgewichten.<br />
Ihre Domestikation begann etwa 6000 Jahre v. u. Z. in den<br />
Randgebieten des Mittelmeeres, in Transkaukasien sowie<br />
Kleinasien (Anatolien), in einem geografischen Bereich, in<br />
dem auch die Wiege der Münzprägung liegt. Gemäß ihrer<br />
überragenden Bedeutung wird zunächst die Gerste (Hordeum-<br />
Arten) in Form der Gerstenkörner als Basisgewicht für die Bildung<br />
größerer <strong>Gewicht</strong>seinheiten benutzt. Interessant ist, daß<br />
in einem Zeitraum von 2000 v. u. Z. bis 700 v. u. Z. keine merkliche<br />
Veränderung im Durchschnittsgewicht der Gerstenkörner<br />
(um 44,5 mg) auftrat. Anscheinend wurde von allen Kulturen<br />
die gleiche Gerstenart angebaut <strong>und</strong> verwendet (Hordeum<br />
vulgare). Mit der zunehmend wichtiger werdenden Rolle des<br />
Weizens als Brotgetreide fanden nun aber ab dem 7. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />
v. u. Z. überwiegend Weizenkörner als Basisgewichte Verwendung.<br />
Der Anbau unterschiedlicher Weizenarten in den<br />
einzelnen Kulturen <strong>und</strong> die züchterische Weiterentwicklung<br />
der Weizenarten für einen höheren Ertrag spiegeln sich nun in<br />
den Durchschnittsgewichten der Weizenkörner wieder, wobei<br />
allgemein eine Erhöhung des Durchschnittsgewichtes von etwa<br />
45 mg um 700 v. u. Z. bis auf etwa 50 mg im 15. Jh. festzustellen<br />
ist. <strong>Die</strong> züchterische Bearbeitung der urprünglichen Weizenar-<br />
ten Einkorn (Triticum monococcum) <strong>und</strong> Emmer (Triticum dicoccon)<br />
zum Saatweizen (Triticum aestivum) bis hin zum heutigen<br />
Weizen (Triticum vulgare) sowie die unterschiedlichen<br />
klimatischen Bedingungen in den einzelnen Gebieten machen<br />
es allerdings unmöglich, die aus den praktisch verwendeten<br />
<strong>Gewicht</strong>en ermittelten Durchschnittsgewichte konkreten Weizenarten<br />
in bestimmten Zeitabschnitten zuzuordnen.<br />
Übersicht Körnergewichte:<br />
Hordeum-Arten (Gerstenkörner- 2, 4 oder 6 zeilige Gerste)<br />
ab 2000 v. u. Z. Mesopotamien, Babylon<br />
Durchschnittsgewicht ca. 44,5 mg<br />
ab 1700 v. u. Z. Kleinasien, Hethiter<br />
Durchschnittsgewicht ca. 44,5 mg<br />
ab 700 v. u. Z. Kleinasien, Lydien<br />
Durchschnittsgewicht ca. 44,5 mg<br />
Triticum-Arten (Weizenkörner- Einkorn, Emmer, Hartweizen,<br />
Saatweizen)<br />
ab 561 v. u. Z Kleinasien/Lydien<br />
Durchschnittsgewicht ca. 45 mg<br />
ab 600 v. u. Z. Griechenland, Athen<br />
Durchschnittsgewicht ca. 45,5 mg<br />
ab 546 v. u. Z. Kleinasien/ Persien<br />
Durchschnittsgewicht ca. 46,7 mg<br />
ab 560 v. u. Z. Aigina<br />
Durchschnittsgewicht ca. 47,0 mg<br />
ab 5.-2.Jh v.u.Z. Italien, Rom<br />
Durchschnittsgweicht ca. 47,4 mg<br />
vor 1200 Frankreich<br />
Durchschnittsgewicht ca. 47,8 mg<br />
nach 1266 Frankreich<br />
Durchschnittsgewicht ca. 47,8 mg<br />
1297- 1878 Persien<br />
Durchschnittsgewicht ca. 48,0 mg<br />
ab 12. Jh. Deutschland, Köln<br />
Durchschnittsgewicht ca. 48,0 mg<br />
ab 13.-15. Jh Spanien/Portugal<br />
Durchschnittsgewicht ca. 50,0 mg<br />
Spätestens im 15. Jahrh<strong>und</strong>ert sowie in Verbindung mit der<br />
Einführung der Mark verschwinden allerdings die im Individualgewicht<br />
differierenden gegenständliche Weizenkörner als<br />
Basisgewichte <strong>und</strong> werden durch kleine Messinggewichte mit<br />
konstantem, genau definiertem <strong>Gewicht</strong> ersetzt. Ebenso entstehen<br />
kleinste theoretische Basisgewichte für verschiedene<br />
Marken <strong>und</strong> Pf<strong>und</strong>e.<br />
Genauso wichtig wie die botanischen Fakten sind auch die<br />
aus der Entwicklung der Mathematik herrührenden Einflüsse<br />
auf die Definition <strong>und</strong> den Umgang mit <strong>Gewicht</strong>en sowie die<br />
Stückelung der Münznominale. Aus historischen Forschungen<br />
von Völkerk<strong>und</strong>lern <strong>und</strong> Archäologen wissen wir, daß erste<br />
Zahlensysteme bereits etwa 2000 v. u. Z. sowohl im alten China<br />
<strong>und</strong> Indien als auch in Ägypten vorhanden waren <strong>und</strong> nachweislich<br />
dezimal aufgebaut waren (Gr<strong>und</strong>lage: Zehn Finger,<br />
die die Menschen zum Zählen benutzten). Ebenso gab es bereits<br />
Zahlzeichen (Ziffern), mit denen bestimmte Mengen dargestellt<br />
werden konnten. In China waren es die Bambus- oder<br />
Stäbchenziffern, in Indien die Kharostischen Ziffern <strong>und</strong> in<br />
Ägypten sogenannte Individualzeichen für Zehnerpotenzen,<br />
die durch Reihung Zahlen darstellen konnten.<br />
Das für die <strong>Gewicht</strong>sdefinition <strong>und</strong> die Münzprägung bedeutsame<br />
babylonische Zahlensystem war ein Positionssystem<br />
ähnlich dem altindischen Dezimalsystem, allerdings nicht mit<br />
der Basis 10 sondern mit der Basis 60 (Sexagesimalsystem).<br />
Zur Fixierung der Zahlen benutze man seit dem 3. Jahrtausend<br />
v. u. Z. Keilschrifttafeln, wobei durch Reihung dreier verschiedener<br />
Zeichen (Keil, Winkelhaken <strong>und</strong> Nullzeichen) die Zah-<br />
138 mt 10/2003
len im Positionssystem zur Basis 60 dargestellt werden konnten.<br />
Im alten Griechenland wurden das attische (nach der Stadt<br />
Athen benannt) <strong>und</strong> das milesische (nach der Stadt Milet benannt)<br />
Zahlensystem benutzt. <strong>Die</strong>se Systeme waren an das altägyptische<br />
<strong>und</strong> altindische Zehnersystem angelehnte Dezimalsysteme,<br />
denen allerdings noch ein Fünfersystem überlagert<br />
war.<br />
<strong>Die</strong> Darstellung der Zahlen wurde durch Individualzeichen<br />
(griechische Buchstaben) <strong>und</strong> deren Reihung vorgenommen.<br />
Für die <strong>Gewicht</strong>sdefinition sowie die Nominalstückelung wurde<br />
allerdings ein Mischsystem aus griechischem Zehner/Fünfersystem<br />
<strong>und</strong> dem babylonischen Sexagesimalsystem verwendet,<br />
welches in der Konsequenz eigentlich dann ein Positionssystem<br />
mit der Basis 12, das sogenannte Duodezimalsystem<br />
darstellte. Als reines Duodezimalsystem wurde es dann von<br />
den Römern, Byzantinern <strong>und</strong> nachfolgend fast allen andern<br />
münzprägenden Nationen verwendet. Zur Darstellung der<br />
Zahlen wurden neben den griechischen Buchstaben vielfach<br />
die umständlichen römischen Zahlzeichen bis ins 16. Jahrh<strong>und</strong>ert<br />
benutzt.<br />
Seit dem 6. Jahrh<strong>und</strong>ert entwickelte sich das altindische<br />
Dezimalsystem zu dem heutigen, allseits verwendeten dezimalen<br />
Positionssystem mit den uns bekannten Ziffern, die eigentlich<br />
indischen Ursprungs sind. Den Arabern aus Damaskus<br />
<strong>und</strong> Bagdad, dem Zentrum des Kalifats verdanken wir eigentlich<br />
unsere heutigen Zahlen <strong>und</strong> Rechenmethoden, die über<br />
das von den Arabern eroberte Spanien zwischen dem 10. <strong>und</strong><br />
12. Jh. nach Europa gelangten. Für die Einteilung der <strong>Gewicht</strong>e<br />
sowie für die Münzprägung wurde das Dezimalsystem jedoch<br />
erst im 18. <strong>und</strong> 19. Jh. übernommen. <strong>Die</strong> meisten Staaten<br />
Europas definierten ihre <strong>Gewicht</strong>e erst gegen Ende des 19.<br />
Jahrh<strong>und</strong>erts auf der Basis des Kilogramms, seit Mitte des 19.<br />
Jh aber vielfach bereits auf Basis des metrischen Pf<strong>und</strong>es zu<br />
500 g. Als letzter europäischer Staat wechselte 1971 Großbritannien<br />
in seinem Münzsystem von der altkarolingischen Einteilung<br />
des Pf<strong>und</strong>es zum Dezimalsystem.<br />
Betrachtet man abschließend die Entwicklung der <strong>Gewicht</strong>e<br />
unter evolutionstheoretischen <strong>und</strong> dialektischen Aspekten<br />
im Zusammenhang mit den wichtigsten Epochen <strong>und</strong> Zeitabschnitten<br />
der Entwicklung der menschlichen Gesellschaft auf<br />
sozialökonomischen Gebiet, so korrelieren auffällig viele wichtige<br />
Veränderungen bei den <strong>Gewicht</strong>en mit bedeutenden sozialökonomischen<br />
Umwälzungen.<br />
<strong>Die</strong> Ablösung der Urgesellschaft durch die erste Form der<br />
Klassengesellschaft ist verb<strong>und</strong>en mit dem Aufkommen des<br />
Naturalaustauschs (Handel) <strong>und</strong> vormünzlichen Geldformen<br />
(Hacksilber). Gleichzeitig entwickelt sich ein erster Basisstandard<br />
bei den <strong>Gewicht</strong>en im alten Mesopotamien (Sumer, Babylonier):<br />
Korn- 3 x 60 = 1 Schekel x 60 = 1 Mine x 60 = 1 Talent<br />
<strong>Die</strong> Hethiter in Kleinasien variieren nun diesen Basisstandard<br />
zu ersten Mal:<br />
Korn- 3 x 60 = 1 Schekel x 40 = 1 Mine x 60 = 1 Talent<br />
<strong>Die</strong> semitischen Chaldäer in Mesopotamien <strong>und</strong> Babylon variieren<br />
den Basisstandard nun weiter:<br />
Korn- 3 x 60 = 1 leichter Schekel x 60 = 1 leichte Mine<br />
x 60 = 1 kleines Talent<br />
6 x 60 = 1 schwerer Schekel x 60 = 1 schwere Mine<br />
x 60 = 1 großes Talent<br />
Mit dem Einsetzen erster Münzprägungen in Kleinasien (Lydien,<br />
Ionien) erfolgt eine noch weitgehendere Differenzierung:<br />
Korn- 3 x 60 = 1 Goldstater x 60 = 1 leichte Mine<br />
x 60 = 1 kleines Talent<br />
4 x 60 = 1 Silberstater x 60 = 1 mittlere Mine<br />
x 60 = 1 mittleres Talent<br />
6 x 60 = 1 Elektronstater x 60 = 1 schwere Mine<br />
x 60 = 1 großes Talent<br />
Von den Lydern ist allerdings im Gegensatz zu den semitischen<br />
Völkern (Chaldäer) keine urk<strong>und</strong>lich überlieferte Unterscheidung<br />
in große <strong>und</strong> kleine <strong>Gewicht</strong>e bekannt. Somit wäre<br />
die wahrscheinlichere Variante ein variiertes <strong>und</strong> kombiniertes<br />
System:<br />
Korn- 3 x 60 = 1 Goldstater x 60 = 1 Mine x 60 = 1 Talent<br />
4 x 60 = 1 Silberstater x 45 = 1 Mine x 60 = 1 Talent<br />
6 x 60 = 1 Elektronstater x 30 = 1 Mine x 60 = 1 Talent<br />
Bei den lydischen Goldprägungen scheint sich nun auch der<br />
Wechsel vom ursprünglich verwendeten Gerstenkorngewicht<br />
zum etwas schwereren Weizenkorngewicht zu vollziehen.<br />
Das altpersische Reich benutzte einen variierten <strong>und</strong> kombinierten<br />
eigenen <strong>Gewicht</strong>sstandard:<br />
Korn- 2 x 60 = 1 Siglos (Silber) x 90 = 1 Mine x 60 = 1 Talent<br />
3 x 60 = 1 Stater (Gold) x 60 = 1 Mine x 60 = 1 Talent<br />
<strong>Die</strong> großartigen kulturellen Leistungen der alten Griechen<br />
zeigen sich nun auch bei der Einführung eines qualitativ wesentlich<br />
besseren <strong>und</strong> einfacheren <strong>Gewicht</strong>ssystems, welches<br />
die nahezu perfekte <strong>und</strong> hochentwickelte Nominalstückelung<br />
des lydischen bimetallischen Münzsystems mit der vereinfachten<br />
Bildung der <strong>Gewicht</strong>seinheiten kombiniert. Bsp. Athen- attisch-euböischer<br />
Fuß<br />
Korn- x 16 = 1 Obol x 6 = 1 Drachme x 100 = 1 Mine x 60 = 1<br />
Talent<br />
Andere griechische Stadtstaaten benutzten in der Anfangsphase<br />
teilweise noch auf babylonischem, lydischem oder persischem<br />
Fuß aufgebaute <strong>Gewicht</strong>ssysteme, gingen aber im 5. Jh.<br />
v. u. Z. vielfach zum attischen System über. <strong>Die</strong> Abweichungen<br />
im <strong>Gewicht</strong> der Nominale erklärt sich aus der Tatsache, daß<br />
nicht immer wie in Athen 96 Korn zur <strong>Gewicht</strong>sdefinition des<br />
Hauptnominals Drachme verwendet wurden. (s. Anhang Nominaltabelle)<br />
Der herausragende Beitrag Roms ist die Schaffung eines<br />
qualitativ völlig neuen <strong>und</strong> besseren <strong>Gewicht</strong>ssystems auf der<br />
mathematischen Basis des Duodezimalsystems:<br />
Korn- 2 x 12 = 1 Scripulum<br />
2 x 12 = 1 Uncia x 12 = 1 Libra (Pf<strong>und</strong>)<br />
<strong>money</strong> <strong>trend</strong> SPEZIAL II<br />
Das römische Pf<strong>und</strong> zu 12 Unzen ist nun der Ausgangspunkt<br />
für die weitgehende Differenzierung der mittelalterlichen<br />
<strong>Gewicht</strong>e durch Kombination unterschiedlichster Teilungen.<br />
Im wesentlichen erfolgt eine Differenzierung wie früher in<br />
Mesopotamien bei den Chaldäern <strong>und</strong> in Kleinasien bei den<br />
Lydern. Dem antiken großen, mittleren <strong>und</strong> kleinen Talent<br />
entsprechend werden nun schwere 16- Unzen Handelsgewichtspf<strong>und</strong>e,<br />
mittlere 12- Unzen Handelsgewichts- <strong>und</strong> Apothekerpf<strong>und</strong>e<br />
<strong>und</strong> die leichte 8- Unzen Mark Edelmetall <strong>und</strong><br />
Münzgewicht gebildet.<br />
Das Basissystem bildet hierbei das römische Pf<strong>und</strong> zu 12<br />
Unzen:<br />
schwere 16 Unzen Handelsgewichtspf<strong>und</strong>e:<br />
Korn- x 96 = 1 Solotnik x 3 = 1 Lot x 32 = 1 Pf<strong>und</strong> (Rußland-<br />
2 Lot = 1 Unze)<br />
x 96 = 1 Miskal x 6 = 1 Unze x 16 = 1 Rottel (Arabien-<br />
Handelspf<strong>und</strong>)<br />
mt 10/2003 139
<strong>Die</strong> <strong>Münze</strong> <strong>–</strong> <strong>Gewicht</strong> <strong>und</strong> <strong>Feingehalt</strong><br />
x 40 = 1 Denier parisi x 15 = 1 Unze x 16 = 1 Livre parisi<br />
(Frankreich)<br />
x 32 = 1 Esterlin x 20 = 1 Unze x 16 = 1 Livre poid (Handelspf<strong>und</strong><br />
Frankreich)<br />
x 19 = 1 Richtpfennig x 4 = 1 Quentchen x 4 = 1 Lot x 2<br />
= 1 Unze x 16 = 1 rheinischesPf<strong>und</strong><br />
mittlere 12 Unzen Handelsgewichtpf<strong>und</strong>e, Apothekerpf<strong>und</strong>e<br />
<strong>und</strong> Medizinalgewichte:<br />
Korn- x 96 = 1 Miskal x 6 = 1 Unze x 12 = 1 leichtes Rottel<br />
(Arabien)<br />
x 32 = 1 Esterlin x 20 = 1 Unze x 12 = 1 Livre de troyes<br />
(Pariser Troypf<strong>und</strong>)<br />
x 32 = 1 Sterling x 20 = 1 Unze x 12 = 1 Towerpo<strong>und</strong><br />
(England)<br />
x 24 = 1 Pennyweight x 20 = 1 Unze x 12 = 1 Po<strong>und</strong> troy<br />
(Engl. Troypf<strong>und</strong>)<br />
8 Unzen Mark, leichtes Handelsgewicht, überwiegend<br />
Münz- <strong>und</strong> Edelmetallgewicht:<br />
Korn- x 32 = 1 Esterlin x 20 = 1 Unze x 8 = 1 Pariser Troymark<br />
x 32 = 1 Sterling x 20 = 1 Unze x 8 = 1 Londoner Towermark<br />
x 24 = 1 Penning x 8 = 1 Örtug x 3 = 1 Öre x 8 = 1 Nordische<br />
Mark<br />
x 19 = 1 Richtpfennig x 4 = 1 Quentchen x 4 = 1 Lot x 2<br />
= 1 Unze x 8 = 1 Kölner Mark<br />
x 16 = 1 Grano x 36 = 1 Onza x 8 = 1 kastilische Mark<br />
<strong>Die</strong> in den Zeiten des Feudalabsolutismus entstandene Differenzierung<br />
in lokale <strong>Gewicht</strong>sstandards einzelner Herrschaftsbereiche<br />
stellt allerdings am Beginn des Übergangs zur kapitalistischen<br />
Industriegesellschaft ein großes Hemmnis für Handel,<br />
Industrie, Wirtschaft <strong>und</strong> Finanzwesen dar. So beginnt ab 1799<br />
die Ablösung der mittelalterlichen <strong>Gewicht</strong>sstandard durch das<br />
vom französischen Nationalkonvent beschlossene Metrische System<br />
(c-g-s System: Zentimeter- Gramm- Sek<strong>und</strong>e System). Im<br />
Verlauf des 19. <strong>und</strong> 20. Jh. wird nun weltweit als <strong>Gewicht</strong>ssystem<br />
das heute bekannte <strong>und</strong> benutzte System eingeführt:<br />
1 Gramm x 1000 = 1 Kilogramm<br />
Als Vergleichsbasis erhielt dazu jeder Staat, der dieser internationalen<br />
Konvention beitrat, eine Kopie des vom Internationalen<br />
Büro für Maß <strong>und</strong> <strong>Gewicht</strong> im Pavillion von Breteuil<br />
bei Sevres in der Nähe von Paris aufbewahrten Urkilogramms.<br />
B- Spezieller Teil<br />
1. Vom Ursprung des Zählens <strong>und</strong> Rechnens<br />
Zählsysteme <strong>und</strong> Zahlensysteme<br />
Das Zählen von Gegenständen , Tieren <strong>und</strong> landwirtschaftlichen<br />
Erzeugnissen setzt die Herausbildung einer artikulierten<br />
Sprache <strong>und</strong> damit verb<strong>und</strong>en die Entstehung von abstrakten<br />
Zahlwörtern voraus. <strong>Die</strong>ser Entwicklungsstand war in den<br />
verschiedenen Kulturen Ägyptens, Indiens, Chinas <strong>und</strong> Mesopotamiens<br />
bereits im 3. <strong>und</strong> 2. Jahrtausend vor unserer Zeitrechnung<br />
erreicht.<br />
Das Zählen geschah anfänglich mit Hilfe der zehn Finger<br />
der beiden Hände, wobei eine Fixierung in Form von Zahlzeichen<br />
(Zahlensymbole, Ziffern) nicht erfolgte <strong>und</strong> auch nur<br />
Zahlwörter von 1 bis 10 gebräuchlich waren.<br />
Archäologische <strong>und</strong> völkerk<strong>und</strong>liche Forschungen haben<br />
ergeben, daß mit diesen ersten manuellen Fingerzählsystemen<br />
bereits Mengen beliebiger Größenordnung bestimmt werden<br />
konnten, indem mehrere Personen als Zähler fungierten.<br />
Manuelles Fingerzählsystem - Zehnersystem - altchinesisch, altindisch,<br />
altägyptisch, altsumerisch, altgriechisch<br />
Darstellung der Zahlen 1 bis 10 mit den Fingern<br />
Das Zählen geschah mit den zehn Fingern beider Hände,<br />
wobei die Anzahl der ausgestreckten Finger jeweils die Einer<br />
von 1 bis 9 bedeuteten. Waren alle Finger gestreckt, so bedeutete<br />
dies 10, war kein Finger gestreckt so bedeutete dies nichts,<br />
also Null, obwohl es dafür noch kein Zahlwort gab.<br />
<strong>Die</strong> Ermittlung von Mengen größer als 10 mittels mehrerer<br />
Zählpersonen<br />
Das Zählen größerer Mengen, beispielsweise von Tierherden<br />
mit mehreren h<strong>und</strong>ert Tieren geschah nun auf folgendem<br />
Wege: Drei Personen stellten sich am Eingang eines umzäunten<br />
Kraals auf, in den die Tiere hineingetrieben wurden. <strong>Die</strong><br />
erste Person zählte mit ihren Fingern die vorbeilaufenden Tiere<br />
mit den Fingern bis 10 ab, die zweite Person zählte mit ihren<br />
10 Fingern ab, wie oft bei der ersten Person alle 10 Finger gestreckt<br />
waren, entsprechend verfuhr die dritte Person bezüglich<br />
der vollen Hände der zweiten Person. Auf diese Weise<br />
konnten Tierherden bis 1000 Tiere von drei Personen gezählt<br />
werden, obwohl nur Zahlwörter von 1 bis 10 gebräuchlich waren.In<br />
unserem Beispiel repräsentieren die drei Zählpersonen<br />
sozusagen die die Positionen im Positionssystem zur Basis 10,<br />
der erste Zähler die Einer, der zweite Zähler die Zehner <strong>und</strong><br />
der dritte Zähler die H<strong>und</strong>erter.<br />
Manuelles Fingerzählsystem - Sechzigersystem - Mesopotamien<br />
seit 3. Jahrtausend v.u.Z.<br />
Darstellung der Zahlen 1 bis 60 mit nur 10 Fingern durch eine<br />
Person<br />
<strong>Die</strong>ses Fingerzählsystem beruht ebenfalls auf den jeweils 5<br />
Fingern einer Hand, ebenso wurden beide Hände mit ihren insgesamt<br />
10 Fingern benutzt. Allerdings wurde dabei das Zählen<br />
mit der rechten Hand von 1 bis 5 mit verschiedenen Fingerstellungen<br />
der linken Hand kombiniert. Stellt man sich beide Hände<br />
mit dem Handrücken zum Gesicht, beide Daumen zur Mitte<br />
vor, geschah das Zählen folgendermaßen: <strong>Die</strong> rechte Hand<br />
zählte mittels Ausstreckens der Finger beginnend mit dem<br />
Daumen von 1 bis 5, bei 6 wurde die rechte Hand wieder geschlossen<br />
<strong>und</strong> der Daumen der linken Hand ausgetreckt.<br />
Anschließend zählte die rechte Hand weiter von 7 bis 11, bei<br />
zwölf wurde der Zeigefinger der linken Hand gestreckt, die<br />
rechte Hand wieder geschlossen. Auf diese Weise konnte<br />
zunächst bis 30 gezählt werden, bis alle 5 Finger der linken<br />
Hand gestreckt waren. <strong>Die</strong> nacheinander ausgestreckten Finger<br />
der linken Hand repräsentierten somit die Zahlen 6; 12; 18;<br />
24 <strong>und</strong> 30. Das Weiterzählen erfolgte nun genauso, die rechte<br />
Hand zählte 31 bis 35, bei 36 wurde nun der Daumen der linken<br />
Hand eingeknickt,die Finger der rechten Hand ebenfalls geschlossen.<br />
Bei 42 knickte der linke Zeigefinger zurück, bei 48<br />
der Mittelfinger, bei 54 der Ringfinger bei 60 zuletzt auch der<br />
kleine Finger, sodaß beide Hände wieder geschlossen waren.<br />
Zur Vermeidung von Verwechslungen bei zwei geschlossenen<br />
Händen (Nichts, Null oder 60) war nun ab 60 ein zweiter<br />
Zähler notwendig, der nunmehr mit seinen Fingern abzählte,<br />
wie oft der erste Zähler bis 60 gezählt hatte. Mittels dieser Methode,<br />
die Gr<strong>und</strong>lage des sumerischen Sexagesimalsystems<br />
wurde, konnten zwei Personen bereits bis 3600 zählen, drei<br />
Personen sogar bis 216000 !<br />
Nachteilig bei beiden Fingerzählsystemen war jedoch, daß<br />
die Darstellung der gezählten Menge nur mit den Fingerstellungen<br />
der am Zählen beteiligten Personen erfolgte, gingen<br />
diese auseinander, so ging auch das Zählergebnis verloren. Somit<br />
entwickelten sich schnell Methoden, um das gezählte Ergebnis<br />
zu fixieren, es entstanden Zahlensymbole, sogenannte<br />
Ziffern <strong>und</strong> damit natürlich auch sogenannte Zahlensysteme,<br />
140 mt 10/2003
mit denen ein Zählen <strong>und</strong> Rechnen auch ohne Finger möglich<br />
wurde. Entsprechend den vorhandenen Mitteln <strong>und</strong> Möglichkeiten<br />
wurden verschiedene Methoden der Zahlendarstellung<br />
<strong>und</strong> Fixierung benutzt. Zunächst benutzte man kleine Holzstäbchen,<br />
die ähnlich der Fingerstellungen ausgelegt wurden<br />
<strong>und</strong> damit die Zahlenwerte repräsentierten.<br />
Chinesische Bambusstäbchen- Ziffern<br />
Indische Stäbchenziffern (Kharosti- Ziffern)<br />
<strong>Die</strong> praktische Möglichkeit, Symbole oder Zahlzeichen in<br />
weiche Materialien einzuritzen oder mittels Holzkohle, farbiger<br />
Mineralien bzw. flüssiger Farben (Tinte,Tusche) auf helle<br />
Untergründe (Baumrinde, Tierhäute, Papyrus, Papier) zu<br />
schreiben, führte dann zur Entwicklung der eigentliche Ziffern,<br />
wobei jede Zahl ein möglicht einfaches, unverwechselbares<br />
Zahlzeichen erhielt.<br />
Indische Brahmi Ziffern<br />
Griechische Buchstabenziffern (attische Zahlen)<br />
<strong>Die</strong> attischen Zahlen wurden meist für die Bezeichnung der<br />
Spalten des Rechenbrettes (Abakus) benutzt. Zur Fixierung<br />
der eigentlichen Zahlenwerte wurden kleine Rechensteine in<br />
den Spalten des Rechenbrettes benutzt.<br />
Ein Nachteil all dieser Systeme war, da es sich noch nicht<br />
um entwickelte Posionssysteme handelte, das Fehlen des Zeichens<br />
Null, zur Bezeichnung unbesetzter Stellen. Um Zahlenwerte<br />
oder Zähl- bzw. Rechenergebnisse darzustellen mußten<br />
die Zahlensymbole auf Rechentischen oder Rechenbrettern<br />
mit Hilfe von Rechenstäbchen oder Rechensteinen dargestellt<br />
werden. Um Verwechslungen auszuschließen, war es notwendig,<br />
den Zehnern, H<strong>und</strong>ertern, Tausendern usw. spezielle Symbole<br />
zuzuordnen, um die wahre Größe der Zahl zu ermitteln.<br />
Eines der ersten vollentwickelten Zahlensysteme war das<br />
altägyptische Zahlensystem, ein Zehnersystem mit aus der<br />
ägyptischen Bilderschrift der Hieroglyphen hervorgegangenen<br />
Zahlzeichen. <strong>Die</strong>se Zahlzeichen waren Individualzeichen einer<br />
bestimmten Zehnerpotenz. Damit war das altägyptische System<br />
ein wirkliches Positionssystem zur Basis 10, das Zahlzeichen<br />
bestimmte die Position, die Anzahl der dargestellten<br />
gleichartigen Zahlzeichen die tatsächliche Anzahl, Ziffern für<br />
die Bezeichnung der Zahlenwerte von 1 bis 9 gab es allerdings<br />
nicht.<br />
Altägyptisches dekadisches Positionssystem<br />
<strong>money</strong> <strong>trend</strong> SPEZIAL II<br />
Auch dieses System hatte noch den Nachteil des fehlenden<br />
Nullzeichens, da die Zahlzeichen aber bis 10 hoch 6 = 1 Million<br />
reichten, war es recht praktikabel <strong>und</strong> einfach, da es mit 7 verschiedenen<br />
Positionszeichen auskam.<br />
Bereits im 3. Jahrtausend v.u. Z. hatte sich im Zweistromland<br />
zwischen Euphrat <strong>und</strong> Tigris, dem antiken Mesopotamien<br />
bei den Sumern auf Gr<strong>und</strong>lage des von ihnen entwickelten<br />
Fingerzählsystems bis 60 ein Positionssystem ähnlich dem<br />
ägyptischen Positionssystem entwickelt, allerdings nicht mit<br />
der Basis 10, sondern mit derBasis 60, das sogenannte Sexagesimalsystem<br />
. Auch für die Darstellung der Zahlenwerte entwickelten<br />
die Sumer ein äußerst einfaches <strong>und</strong> praktisches System.<br />
<strong>Die</strong> Zahlenwerte wurden mit einem keilförmig angespitzten<br />
Holzstäbchen in feuchte Tontäfelchen gedrückt, Fehler<br />
konnten durch Glattstreichen <strong>und</strong> Neuschreiben korrigiert<br />
werden, wenn es notwendig war, das Ergebnis aufzubewahren,<br />
wurden die Täfelchen in der Sonne getrocknet, war es von besonderer<br />
Wichtigkeit, wurden sie im Feuer gebrannt <strong>und</strong> waren<br />
somit zur dauerhaften Aufbewahrung geeignet. Im Gr<strong>und</strong>e genommen<br />
genügten 2 Zeichen, ein senkrecht eingedrückter Keil<br />
für die Einer (a), ein waagerecht eingedrückter Keil (b) auch<br />
Winkelhaken genannt für die Zehner. Seit etwa 600 v. u. Z.<br />
wurde sogar ein sogenanntes Lückenzeichen für unbesetzte<br />
Positionen (Nullzeichen) verwendet, um Verwechslungen auszuschließen,<br />
<strong>Die</strong>se Nullzeichen (c) bestand aus zwei übereinanderliegenden,<br />
schwach eingedrückten Winkelhaken. <strong>Die</strong><br />
Darstellung der Einer sowie der Zehner durch zwei verschiedene<br />
Symbole zeigt aber auch beim Sexagesimalsystem die<br />
Verwandschaft mit dem eigentlichen Dezimalsystem.<br />
Sumerisch- babylonisches sexagesimales Positionssystem<br />
<strong>Die</strong>ses Zahlensystem war das erste, welches für die Definition<br />
der <strong>Gewicht</strong>e <strong>und</strong> damit für die Münzprägung Verwendung<br />
fand. Sowohl die allerersten <strong>Münze</strong>n überhaupt (lydische<br />
<strong>und</strong> griechische Elektronprägungen), als auch die lydische <strong>und</strong><br />
altpersische Gold- <strong>und</strong> Silberprägung basieren auf diesem System.<br />
Selbst die ursprünglichen griechischen Silberprägungen<br />
nutzten noch vielfach <strong>Gewicht</strong>sstandards auf Basis des babylonischen<br />
Schekels im Sexagesimalsystem. In der Folgezeit wur-<br />
mt 10/2003 141
<strong>Die</strong> <strong>Münze</strong> <strong>–</strong> <strong>Gewicht</strong> <strong>und</strong> <strong>Feingehalt</strong><br />
den jedoch einfachere System benutzt, die wir als griechisches<br />
<strong>und</strong> römisches Duodezimalsystem kennen <strong>und</strong> die sich teilweise<br />
bis ins 19. Jh. hielten. Das Duodezimalsystem stellt eigentlich<br />
nur eine Vereinfachung des babylonischen Sexagesimalsystems<br />
dar, durch die Reduzierung der relativ großen Basis 60<br />
auf ein Fünftel dieses Wertes, nämlich die Basis 12 wurden die<br />
Rechenvorgänge vereinfacht. Da andererseits auch Vielfache<br />
von 10 als Zwischenstufen verwendet wurden, ist auch hier der<br />
Bezug zum eigentlichen Dezimalsystem gegeben. In Spanien<br />
<strong>und</strong> seinen Kolonien entwickelte sich als Sonderform für die<br />
Bezeichnung der Münznominale das Oktalsystem, welches auf<br />
besonders einfacher Weise die Verdoppelung oder Halbierung<br />
der Nominalwerte ermöglichte.<br />
<strong>Die</strong>se <strong>und</strong> die folgenden dekadischen Systeme wurden nun<br />
zur Gr<strong>und</strong>lage der Münzgewichte, zur Bezeichnung der Nominale,<br />
der Kennzeichnung der Prägejahre sowie auch für die Definition<br />
der <strong>Feingehalt</strong>e benutzt.<br />
Waren diese Zahlensysteme einerseits von herausragender<br />
Bedeutung für die Festlegung der Handelsgewichte <strong>und</strong> der<br />
daraus resultierenden Münzgewicht, für die Arbeit der Münzmeister<br />
<strong>und</strong> für die Handelstätigkeit <strong>und</strong> Buchführung der<br />
Kaufleute, Steuerbeamten u.s.w. so bemerkt andererseits der<br />
Münzsammler bei der Betrachtung der <strong>Münze</strong>n zunächst<br />
nichts davon. Der Wert <strong>und</strong> Wechselkurs zu anderen <strong>Münze</strong>n<br />
ergab sich bei den Edelmetallmünzen (Elektron, Silber, Gold)<br />
einzig <strong>und</strong> allein aus dem <strong>Gewicht</strong>, die Angabe eines Nominalwertes<br />
in Form eines Zahlzeichens erfolgte nicht. Erst mit dem<br />
Auftreten der extensiven <strong>Münze</strong>nprägung aus unedlen Metallen<br />
in römischer <strong>und</strong> byzantinischer Zeit wurden römische<br />
Zahlzeichen zur Bezeichnung der Nominalwerte bei Kupfer<br />
<strong>und</strong> Bronzeprägungen (z. B. Nummienangaben) benutzt. Zahlenmäßige<br />
Angaben zu Rauhgewicht, Feingewicht <strong>und</strong>/oder<br />
<strong>Feingehalt</strong> von Gold- <strong>und</strong> Silbermünzen wurden ebenfalls erst<br />
im 18. /19. Jh üblich.<br />
<strong>Die</strong> früheste Darstellung von Zahlzeichen auf <strong>Münze</strong>n wird<br />
zur Angabe des Prägejahres (Datierung) benutzt <strong>und</strong> reicht bis<br />
in die griechisch- hellenistische Zeit zurück. Vielfach wurde jedoch<br />
an Stelle der eigentlichen<br />
Jahreszahl nur das Regierungsjahr des betreffenden Herrschers<br />
angegeben. Erst bei den arabisch/ islamischen <strong>Münze</strong>n<br />
wurde die genaue Datierung (Jahreszahlen nach Hedschra,<br />
Jahr des Regierungsantritts + Anzahl der Regierungsjahre =<br />
Prägejahr) zur Regel. Im europäischen Raum erfolgte eine<br />
durchgängige Datierung erst ab dem 16. Jh, gleichzeitig setzte<br />
sich die Bezeichnung der Nominalstufen mittels römischer<br />
oder indisch/arabischer Zahlen zunehmend gegen die Wortbezeichnungen<br />
durch.<br />
Slawische Buchstabenziffern<br />
Römische Zahlzeichen (Buchstabenziffern)<br />
I = 1 ; V = 5 ; X = 10 ; L = 50 ; C = 100 ; D = 500 ; M = 1000<br />
Sowohl römische als auch slawische Buchstabenziffern haben<br />
ihren Ursprung im griechischen Zahlensystem, welches<br />
sich aus dem milesischen altgriechischen System entwickelte.<br />
<strong>Die</strong> Bildung der Zahlen erfolgt im wesentlichen durch Zusammenfügen<br />
der entsprechenden Ziffern für die<br />
Einer,Zehner,H<strong>und</strong>erter u.s.w. von rechts nach links.<br />
Das Tausendfache einer Zahl wurde durch Unterstreichen<br />
(römisch) oder Überstreichen (slawisch) des entsprechenden<br />
Zeichens dargestellt.<br />
Chinesische Zahlzeichen<br />
Zahl moderne Form alte Form<br />
Ähnlich wie beim ägyptischen Positionssystem werden<br />
beim chinesischen Dezimalsystem alle Positionen bis 10 hoch 6<br />
= 1 Million mit Individualsymbolen besetzt. <strong>Die</strong> Zahlzeichen<br />
von 1 bis 9 ergeben in additiver <strong>und</strong> multiplikativer Form mit<br />
den Positionssymbolen der Zehnerpotenzen die entsprechenden<br />
Zahlen, wobei die Einer jedoch immer links stehen. Rechts<br />
stehende Einer werden mit dem links danebenstehenden Wert<br />
multipliziert.<br />
Das am weitesten entwickelte Dezimalsystem war das milesische<br />
Zahlensystem. Alle Buchstaben des griechischen Alpha-<br />
142 mt 10/2003
ets sowie 3 Buchstaben des semitischen Alphabets (Vau = 6,<br />
Koppa = 90, Sampi = 900) erhielten einen Zahlenwert zugeordnet<br />
<strong>und</strong> zwar im Bereich der Einer, Zehner <strong>und</strong> H<strong>und</strong>erter.<br />
Für die Tausender verwendete man wieder die Buchstaben der<br />
Einer mit einem zusätzlichen Punkt oder kleinem Strich links<br />
unten. Für die Zehntausender setzte man zwei Punkte über die<br />
entsprechenden Buchstaben der Gr<strong>und</strong>zahl.<br />
<strong>Die</strong> Schreibweise der Zahlen erfolgte wie auch heute gebräuchlich<br />
vom höchsten Zahlenwert links zum kleinsten Zahlenwert<br />
rechts.<br />
Griechisch / byzantinisches Zahlensystem<br />
(Milesisches Zahlensystem)<br />
Unser heutiges modernens dezimales Positionssystem zur<br />
Basis 10 entwickelte sich aus den indischen Zahlen- <strong>und</strong> Ziffernsystemen.<br />
Erstmals im 8. Jh trat sowohl bei den Indern als<br />
auch bei den Arabern das Nullzeichen als kleiner Kreis oder<br />
Punkt nachweislich in Erscheinung, womit nun ein vollentwickeltes<br />
Positionssystem zur Verfügung stand, welches sich<br />
von Indien über Arabien, die iberische Halbinsel bis nach Europa<br />
verbreitete.<br />
Indisches System (Wandinschrift von Gualiori)<br />
Ostarabische Ziffern (oben) <strong>und</strong> Westarabische Ziffern (unten)<br />
Schreibweise indisch/arabischer Ziffern in Europa<br />
a) 11. Jh<br />
b) 15. Jh. (oben) ; 16.- 19. Jh. (unten)<br />
c) moderne heutige Schreibweise<br />
1 2 3 4 5 6 7 8 9 0<br />
2. Vom Anfang der Münzprägung<br />
<strong>money</strong> <strong>trend</strong> SPEZIAL II<br />
<strong>Die</strong> nachfolgenden Abschnitte geben die persönlichen Meinungen<br />
<strong>und</strong> Schlußfolgerungen des Autors zu einigen wesentlichen<br />
Etappen der mehr als 2500 Jahre währenden Geschichte<br />
der Münzprägung wieder. Sie beruhen auf einer jahrzehntelangen<br />
Sammeltätigkeit <strong>und</strong> der Auswertung einer Vielzahl numismatischer<br />
<strong>und</strong> historischer Veröffentlichungen, können jedoch<br />
nicht frei von Irrtümern, Fehlinterpretationen <strong>und</strong> schon<br />
gar nicht vollständig sein. In einigen Fällen weichen sie von der<br />
vorherrschenden Lehrmeinung der Fachnumismatik ab <strong>und</strong><br />
sollten Denkanstoß <strong>und</strong> Diskussionsgr<strong>und</strong>lage für eine weitere<br />
tiefgreifende Forschung sein.<br />
Sowohl eine mathematisch- systematische Untersuchung<br />
der Münzfüße antiker Prägungen als auch eine zusammenhängende<br />
Darstellung der <strong>Gewicht</strong>sgr<strong>und</strong>lagen der sogenannten<br />
orientalischen Prägungen scheint es in der deutschsprachigen<br />
numismatischen Literatur nicht zu geben. <strong>Die</strong> Suche nach einer<br />
modernen zusammenhängenden Darstellung der Entwicklung<br />
der <strong>Gewicht</strong>e <strong>und</strong> daraus abgeleiteten Münzfüße aus der<br />
Zeit vor der Einführung des Dezimalsystems sowie einer allgemein<br />
verständliche Darstellung zur Problematik des <strong>Feingehalt</strong>es<br />
war ebenfalls erfolglos <strong>und</strong> förderte nur bruchstückhafte<br />
Fakten <strong>und</strong> Erklärungen zu Tage, die in mühevoller Kleinarbeit<br />
zu einem Gesamtbild zusammengesetzt werden mußten.<br />
2.1. <strong>Die</strong> mathematisch-systematische Untersuchung der Münzfüße<br />
<strong>und</strong> <strong>Gewicht</strong>e der antiken Prägungen<br />
<strong>Die</strong> numismatische Fachliteratur nennt für den Beginn der<br />
Münzprägung in Griechenland <strong>und</strong> Kleinasien im wesentlichen<br />
7 bedeutsame Münzfüße, welche nach den Gebieten, in denen<br />
sie Geltung besaßen, benannt wurden. Es handelt sich um den<br />
phokäischen Fuß (nach der Stadt Phokaia), den lydischen Fuß<br />
(nach dem Königreich Lydien), den äginetischen Fuß (nach der<br />
Insel Aigina), den attisch- euböischen Fuß (nach der Stadt<br />
Athen), den persischen Fuß (nach dem Königreich Persien),<br />
den korinthischen Fuß (nach der Stadt Korinth) sowie den<br />
phönizischen Fuß (nach dem Gebiet Phönizien <strong>und</strong> Karthago).<br />
Auf diese Münzfüße beziehen sich die Beschreibungen der<br />
F<strong>und</strong>münzen <strong>und</strong> deren Nominalzuweisung.<br />
<strong>Die</strong> mathematisch- systematische Diskussion dieser Münzfüße<br />
unter Einbeziehung der historischen <strong>Gewicht</strong>sstandards,<br />
der Zugehörigkeit zu einem bestimmten Herrschaftsgebiet<br />
(Oberhoheit) sowie der vorherrschenden Zahlensysteme ergibt<br />
nun folgendes Bild:<br />
<strong>Die</strong> initiale Elektronprägung in Kleinasien vor dem ion. Aufstand<br />
<strong>und</strong> den Perserkriegen (bis 479 v.u.Z.)<br />
nach 650 v. u. Z. Ephesos, nach 615 v. u. Z. Lydien, nach 600<br />
v. u. Z. Kyzikos, nach 600 v. u. Z. Milet, nach 600 v. u. Z. Phokaia,<br />
beginnend vor 500 v. u. Z. Mytilene beginnend nach 700 v. u. Z.<br />
in nicht mehr genau zu lokalisierenden Münzstätten in Ionien<br />
Alle diese Gebiete waren bis 550/546 v. u. Z. relativ selbständige<br />
Gebiete <strong>und</strong> Städte mit griechischen kulturellen Wur-<br />
mt 10/2003 143
<strong>Die</strong> <strong>Münze</strong> <strong>–</strong> <strong>Gewicht</strong> <strong>und</strong> <strong>Feingehalt</strong><br />
zeln. Danach gehörten sie bis etwa 480 v. u. Z. überwiegend<br />
zum Persischen Reich oder standen unter dessen Oberhoheit.<br />
<strong>Die</strong> verwendeten <strong>Gewicht</strong>ssysteme waren babylonisch beeinflußt,<br />
für die Elektronprägung kam das babylonisch/<br />
chaldäische Handelsgewichtssystem mit dem großen Talent zur<br />
Anwendung. <strong>Die</strong>ses System beruht auf der Unterteilung des<br />
großen Talents in 60 schwere Minen zu je 60 schweren oder<br />
doppelten Schekeln. <strong>Die</strong>ser schwere Schekel wurde nun als<br />
Elektronstater Gr<strong>und</strong>nominal der einsetzenden Münzprägung.<br />
<strong>Die</strong>ser Stater stellt eine Zusammenfassung von 360 Korn dar,<br />
wobei das verwendete Korn offensichtlich das bereits im alten<br />
Mesopotamien <strong>und</strong> Babylon verwendete Gerstenkorn zu 44,5<br />
mg darstellt. Damit hätte der Elektronstater ein theoretisches<br />
Sollgewicht von 16,02 g (phokäischer Fuß).<br />
<strong>Die</strong> Zusammenfassung von 360 Korn zum Gr<strong>und</strong>nominal<br />
Stater bietet nun eine Vielzahl von Möglichkeiten zur Bildung<br />
von Teilstücken mit Hilfe von gemeinen Brüchen. Bei der Division<br />
der Zahl 360 kann der Divisor alle möglichen Werte a<br />
hoch x mal b hoch y mal c hoch z annehmen, wobei die Basis a<br />
= 2, b =3 , c = 5 <strong>und</strong> der Exponent x = 0; 1; 2 oder 3 , y = 0; 1<br />
oder 2, z = 0 oder 1 sind. Theoretisch sind so mit den damaligen<br />
verfügbaren Rechenmethoden der Bildung gemeiner Brüche<br />
folgende Staterteilstücke als Nominalstückelung möglich:<br />
(Dividend immer 360)<br />
Für die praktische Münzprägung wurden jedoch nur Staterteilstücke<br />
mit folgendem vereinfachten Divisor gebildet: a<br />
hoch x mal b hoch y wobei die Basis a = 2, b = 3 <strong>und</strong> der Exponent<br />
x = 0; 1; 2 oder 3, y = 0 oder 1 waren.<br />
Nach der allgemein anerkannten Meinung, daß Nominalwerte<br />
immer ganzzahlige Zusammenfassungen der kleinsten<br />
unteilbaren Basisgewichtseinheit Korn (Gran) darstellen, sind<br />
somit verschiedentlich geäußerte Vermutungen der Existenz<br />
von 1/48 oder gar 1/96 Elektronstaternominalen aus Ionien unrealistisch.<br />
Unter der Beachtung der doch erheblichen Abweichungen<br />
vom theoretischen Nominalgewicht sollten diese<br />
Stücke neu eingeschätzt <strong>und</strong> zugeordnet werden.<br />
Von der um 600 v. u. Z. beginnenden Veränderung der Basisgewichte<br />
(Wechsel zu unterschiedlich schweren Weizenkörnern)<br />
oder einer Veränderung der Kornzahl auf das Gr<strong>und</strong>nominal<br />
scheint der Elektronstater nicht betroffen gewesen zu<br />
sein. <strong>Die</strong> bis 326 v. u. Z. in den griechischen Städten Kleinasiens<br />
(Kyzikos, Phokaia <strong>und</strong> Mytilene) weitergeprägten Elektronhekten<br />
<strong>und</strong> noch kleineren Nominale zeigen keine auffälligen<br />
<strong>Gewicht</strong>sabweichungen, die auf eine Veränderung des<br />
Münzfußes hindeuten.<br />
<strong>Die</strong> initiale Goldprägung in Lydien <strong>und</strong> Persien<br />
Als erste Prägungen aus reinem Gold gelten die Stater des<br />
lydischen Königs Kroisos (561 - 546 v. u. Z.), die Goldprägungen<br />
der Perserkönige nach Kyros II. (550 - 520 v. u. Z) <strong>und</strong> die<br />
bekannten Stater- Dareiken seit Dareios I. (521 - 486 v. u. Z.).<br />
Mit dem Wechsel vom Elektron zum reinen Gold findet nach<br />
kurzer Zeit auch ein Wechsel der <strong>Gewicht</strong>sgr<strong>und</strong>lage statt.<br />
Während die ersten Goldprägungen noch im Fuß der Elektronprägungen<br />
stattfinden, wird im Zusammenhang mit der<br />
aufkommenden Silberprägung nun ein eigenständiger Goldmünzfuß<br />
geschaffen. Auch hier ist wieder das babylonisch/<br />
chaldäische <strong>Gewicht</strong>ssystem Gr<strong>und</strong>lage, allerdings wird diesmal<br />
die Teilung des kleinen Talents benutzt. <strong>Die</strong>ses kleine Talent<br />
unterteilt sich ebenfalls in 60 leichte Minen zu je 60 leichte<br />
oder einfache Schekel. <strong>Die</strong>ser leichte Schekel wird nun als<br />
Goldstater Gr<strong>und</strong>nominal der lydischen Goldprägung unter<br />
König Kroisos. <strong>Die</strong>ser Stater stellt eine Zusammenfassung von<br />
nur 180 Korn dar, wobei Lydien nun ein eigenständiges Korngewicht<br />
von ca. 45 mg<br />
(wahrscheinlich bereits Weizenkorn) zugr<strong>und</strong>elegt. Damit<br />
hätte der lydische Goldstater ein theoretisches Sollgewicht von<br />
8,1 g - (Lydischer Fuß).<br />
Nach der Eroberung Lydiens prägten die Perser unter König<br />
Kyros offensichtlich in diesem Fuß weiter. Erst unter König<br />
Dareios I. werden in Persien ab 521 v. u. Z. einheitliche <strong>Gewicht</strong>e<br />
eingeführt <strong>und</strong> damit auch für die Münzprägung veränderte<br />
<strong>Gewicht</strong>sgr<strong>und</strong>lagen geschaffen. Am Gr<strong>und</strong>prinzip ändert<br />
sich nichts, nur wird das babylonisch/chaldäische Korngewicht<br />
von ca. 46,7 mg (Weizenkorn) nun für alle <strong>Gewicht</strong>e zu<br />
kleinsten Basisgewicht. Somit hätte der persische Goldstater<br />
ab Dareios I. (später auch Dareike genannt) ein theoretisches<br />
Sollgewicht von 8,406 g - (persischer Fuß).<br />
<strong>Die</strong> Zusammenfassung von 180 Korn zum Gr<strong>und</strong>nominal<br />
Stater bietet ebenfalls eine Vielzahl von Möglichkeiten zur Bildung<br />
von Teilstücken mit Hilfe von gemeinen Brüchen. Bei der<br />
Division der Zahl 180 kann der Divisor alle möglichen Werte a<br />
hoch x mal b hoch y mal c hoch z annehmen, wobei die Basis a<br />
= 2, b =3 , c = 5 <strong>und</strong> der Exponent x = 0; 1;oder 2, y = 0; 1 oder<br />
2, z = 0 oder 1 sind.<br />
Theoretisch sind so mit den damaligen verfügbaren Rechenmethoden<br />
der Bildung gemeiner Brüche folgende Staterteilstücke<br />
als Nominalstückelung möglich:<br />
(Dividend immer 180)<br />
144 mt 10/2003
Für die praktische Münzprägung wurden jedoch nur Staterteilstücke<br />
mit folgendem vereinfachten Divisor gebildet: a<br />
hoch x mal b hoch y wobei die Basis a = 2, b = 3 <strong>und</strong> der Exponent<br />
x = 0; 1 oder 2, y = 0 oder 1 waren.<br />
<strong>Die</strong> initialen Silberprägungen in Kleinasien (Ionien, Lydien,<br />
Persien), Athen, Lesbos <strong>und</strong> Aigina<br />
Als Ursprung der Silberprägungen gelten die Prägungen<br />
aus Lydien (um 600 v. u. Z) sowie von Athen (um 590 v. u. Z.)<br />
Zwischen 560 <strong>und</strong> 530 v. u. Z. folgen Milet, Ephesos, Teos, Phokaia<br />
<strong>und</strong> Kolophon in Kleinasien, Aigina <strong>und</strong> Lesbos sowie<br />
Korinth auf dem griechischen Festland. <strong>Die</strong> <strong>Gewicht</strong>sgr<strong>und</strong>lage<br />
dieser Prägungen wird von mehreren Faktoren beeinflußt:<br />
einmal die zur Verfügung stehenden Handels- <strong>und</strong> Münzgewichtssysteme,<br />
die mathematischen Zahlensysteme sowie die<br />
Tatsache, daß Gold <strong>und</strong> Silber in einem bestimmten marktabhängigen<br />
Preis- <strong>und</strong> Wertverhältnis zueinander stehen, welches<br />
spätestens mit dem Auftauchen von Elektron- <strong>und</strong> Goldmünzen<br />
berücksichtigt werden mußte.<br />
Da die Silberprägungen nach allgemein akzeptierter Ansicht<br />
erst nach dem Auftreten der ionischen <strong>und</strong> lydischen<br />
Elektronmünzen einsetzten, ist das zwischen 1:13 <strong>und</strong> 1:14<br />
schwankende Wertverhältnis von Silber zu Gold ausschlaggebend<br />
für die Wahl des Silbermünzfußes.<br />
Für die Selbständigkeit bzw. Oberhoheit der entsprechenden<br />
Gebiete <strong>und</strong> Städte gilt das gleiche, wie bereits bei den<br />
Elektronprägungen erläuterte. Für die Prägung der Silbermünzen<br />
fand vielfach das sich entwickelnde griechische <strong>Gewicht</strong>ssystem<br />
in mehreren Varianten Verwendung. Als Handelsgewichte<br />
benutzen die Griechen ein dem babylonisch/chaldäisch<br />
kleinen Talent ähnliches Talent <strong>und</strong> teilten ebenso das Talent<br />
in 60 Minen. Allerdings erfolgte die weitere Unterteilung entsprechend<br />
dem griechischen Zahlensystem (Dezimalsystem) in<br />
100 Drachmen zu je 6 Obolen. <strong>Die</strong> Kleinasiatischen Städte <strong>und</strong><br />
Gebiete unter persischem Einfluß oder direkter persischer<br />
Oberhoheit benutzten bis etwa 480 v. u. Z. das von den Lydern<br />
entwickelt <strong>und</strong> später von den Persern übernommene Statersystem.<br />
<strong>Die</strong>ses von den Lydern für ihre Silberprägung entwickelte<br />
System beruht ebenfalls auf dem babylonisch/chaldäischem<br />
System. Da das System des großen Talents schon für die Elektronprägung<br />
Verwendung fand <strong>und</strong> das System des kleinen Talents<br />
zu einem Gold- Silber Wertverhältnis von nur 10 : 1 geführt<br />
hätte, mußte ein ergänzendes System geschaffen werden,<br />
welches das marktübliche Verhältnis von<br />
13-1/3 : 1 berücksichtigte <strong>und</strong> gleichzeitig den beabsichtigten<br />
Wechselkurs von 10 Silberstatern zu 1 Goldstater<br />
ermöglichte. <strong>Die</strong> meisten griechischen Münzfüße wurden<br />
auf einen Wechselkurs von 24 attischen Drachmen = 1 Elektronstater<br />
ausgerichtet, wobei die einzelnen lokalen Drachmen<br />
nicht unbedingt mit der attischen Drachme übereinstimmten,<br />
sondern einen eigenen spezifischen Wechselkurs zur attischen<br />
Drachme hatten.<br />
Das anscheinend erste <strong>Gewicht</strong>ssystem für die Silberprägung<br />
war somit das lydische System als Variante des babylonischen<br />
Systems. Allerdings wurden dem Schekel nicht 360 Korn<br />
wie beim großen Talent <strong>und</strong> auch nicht 180 Korn wie beim klei-<br />
nen Talent sondern genau 240 Korn zugr<strong>und</strong>egelegt, womit ein<br />
sogenannter mittlerer Schekel entstanden wäre. <strong>Die</strong>ser theoretische<br />
mittlere Schekel wurde nun als Silberstater Gr<strong>und</strong>nominal<br />
der beginnenden Silberprägung. <strong>Die</strong>ser Stater wurde aus<br />
240 Korn zu 44,5 mg (dem alten babylonisches Gerstenkorn)<br />
gebildet. Somit hätte der lydische Silberstater ein theoretisches<br />
Sollgewicht von 10,68 g (lydischer Fuß).<br />
Nach der Eroberung Lydiens prägten die Perser unter König<br />
Kyros in diesem Fuß weiter. Erst unter König Dareios I.<br />
werden in Persien ab 521 v. u. Z. einheitliche <strong>Gewicht</strong>e eingeführt<br />
<strong>und</strong> damit auch für die Münzprägung veränderte <strong>Gewicht</strong>sgr<strong>und</strong>lagen<br />
geschaffen. Am Gr<strong>und</strong>prinzip ändert sich<br />
nichts, nur wird das babylonisch/chaldäische Korngewicht von<br />
ca. 46,7 mg (Weizenkorn) nun für alle <strong>Gewicht</strong>e zu kleinsten<br />
Basisgewicht. Somit hätte der persische Silberstater ab Dareios<br />
I. ein theoretisches Sollgewicht von 11,208 g (persischer Fuß).<br />
Allerdings wurde von nun an fast nur noch der Halbstater: Siglos<br />
genannt geprägt (5,6 g). 20 Sigloi entsprachen einem Goldstater<br />
(Dareike zu 8,4 g). Dadurch wurde ein den damaligen<br />
aktuellen Marktverhältnissen entsprechendes Gold- Silber<br />
Wertverhältnis von 13-1/3 : 1 erreicht.<br />
<strong>Die</strong> Zusammenfassung von 240 Korn zum Gr<strong>und</strong>nominal<br />
Stater bietet ebenfalls eine Vielzahl von Möglichkeiten zur Bildung<br />
von Teilstücken mit Hilfe von gemeinen Brüchen. Bei der<br />
Division der Zahl 240 kann der Divisor alle möglichen Werte a<br />
hoch x mal b hoch y mal c hoch z annehmen, wobei die Basis a<br />
= 2, b =3 , c = 5 <strong>und</strong> der Exponent x = 0; 1; 2; 3 oder 4, y = 0 oder<br />
1, z = 0 oder 1 sind.<br />
Theoretisch sind so mit den damaligen verfügbaren Rechenmethoden<br />
der Bildung gemeiner Brüche folgende Staterteilstücke<br />
als Nominalstückelung möglich:<br />
(Dividend immer 240)<br />
<strong>money</strong> <strong>trend</strong> SPEZIAL II<br />
Für die praktische Münzprägung wurden jedoch nur Staterteilstücke<br />
mit folgendem vereinfachten Divisor gebildet: a<br />
hoch x mal b hoch y wobei die Basis a = 2, b = 3 <strong>und</strong> der Exponent<br />
x = 0; 1; 2; 3 oder 4, y = 0 oder 1 waren.<br />
Für die um 590 v. u. Z.(Athen) bzw. um 560 v. u. Z (Aigina)<br />
einsetzende griechische Silberprägung wurden eigenständige<br />
<strong>Gewicht</strong>ssysteme geschaffen, die sowohl das babylonische,<br />
das lydische <strong>und</strong> auch das eigene, auf der Drachme beru-<br />
mt 10/2003 145