Das Fest aller Feste Volksfeste gibt es in Andalusien so einige – aber die „Feria de Abril“, die jedes Jahr zwei Wochen nach dem Osterfest auf den Straßen von <strong>Sevilla</strong> gefeiert wird, ist quasi die „Mutter aller Feste“. Eine Woche im Frühling steht die ganze Stadt Kopf, jeder hat nur die „Feria“ im Sinn. Geschäfte, Behörden und Institutionen schließen, viele Straßen sind mit Blumen, Lampions und Lichtern geschmückt und Unterkünfte sind komplett ausgebucht – denn nicht nur die <strong>Sevilla</strong>ner feiern an diesen sechs Tagen, auch der Rest von Andalusien scheint alles daran zu setzen, während dieser Zeit in der Metropole im Westen Spaniens zu sein. Kein Wunder: Auf den Straßen <strong>Sevilla</strong>s und auf dem Festgelände am Ufer des Rio Guadalquivir gegenüber dem María Luisa Park tobt das Leben. In mehr als eintausend „casetas“, eigens errichteten Festzelten und Pavillons, wird gegessen, getrunken und getanzt bis in die frühen Morgenstunden. Besuchern bietet sich hinter dem fast 50 Meter hohen, festlich beleuchteten Haupttor ein wahrer Sinnesrausch an Eindrücken: Musik erklingt aus allen Ecken, leckere Düfte von typisch andalusischen Snacks wehen von Grills und aus Pfannen herüber, bunte Flamenco-Kleider wirbeln und prächtig geschmückte Kutschen und Pferde paradieren über das Festgelände. Wer will, kann sich eine dieser Kutschen für eine Fahrt auf dem „Paseo de Caballos“ mieten und in andalusischer Tracht stilecht mitfeiern. Familien mit Kindern zieht es eher zu den vielen Fahrgeschäften auf der „Calle del Infierno“ (der „Höllenstraße“), während am Nachmittag alle Welt zu den traditionellen Stierkämpfen pilgert. Die „corridas“ finden auf der Plaza de la Maestranza statt und sind lange im Voraus ausgebucht. Etwas Planung ist auch nötig, wenn man die Festzelte betreten möchte: Viele sind in Privatbesitz und können nur auf Einladung betreten werden. Jede politische Partei, jede Handelszunft und natürlich jede alteingesessene Familie, die etwas auf sich hält, veranstaltet ihre eigene Party in ihrem eigenen Pavillon. Es lohnt sich also, alte Bekanntschaften zu kontaktieren oder neue Freundschaften zu schließen, um mitgenommen zu werden. Ein Must do auf der „Feria de Abril“: Probieren Sie den leckeren „rebujito“, einen Manzanilla-Sherry, der mit Limonade gestreckt wird. Und wenn möglich, passen Sie sich der Kleiderordnung an: Während der „Feria“ tragen alle <strong>Sevilla</strong>ner traditionelle Trachten oder wenigstens festliche Kleidung. Das stolze Stadtvolk erinnert damit an die jahrhundertelange Tradition ihres Frühlingsfestes: Im Jahr 1847 eröffnete Königin Isabella II. in <strong>Sevilla</strong> eine Viehmesse, die sich schnell als feste Größe in der Handelswelt etablierte. Noch heute werden hier noch Geschäfte abgeschlossen, auch wenn die Viehställe vom Festgelände verschwunden sind. Inzwischen ist der Besucherandrang zur „Feria de Abril“ so groß geworden, dass die Stadt darüber nachdenkt, eine neue Örtlichkeit mit mehr Platz zu suchen. 2017 wird die „Feria de Abril“ vom 30. April bis 7. Mai stattfinden. Den Beginn am Montag um Mitternacht sollte man nicht verpassen: „El Alumbrao“ heißt die Zeremonie, bei der das eigens errichtete Tor zum Festgelände, das jedes Jahr ein anderes Gebäude <strong>Sevilla</strong>s repräsentiert, im Glanz einer halben Million Lichter erstrahlt. Und auch das Ende der „Feria“ am Sonntagabend ist berauschend: Dann illuminiert ein riesiges Feuerwerk drei Stunden lang den Himmel über <strong>Sevilla</strong>. Wer die Chance hat, <strong>Sevilla</strong> während dieser einen Woche zu besuchen, der sollte die Gelegenheit nutzen: Nirgends kann man die Seele und das Herz Andalusiens eindrücklicher und authentischer erleben als auf der „Feria de Abril“. 66
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