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Berliner Salonbronzen am Beispiel des Lauchhammer Bildgusses ...

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Machtapparat <strong>des</strong> königlichen und später kaiserlichen Hofes, wurde das öffentliche Denkmal zur Domäne der<br />

<strong>Berliner</strong> Skulptur.<br />

Grob umrissen ist dies das Betätigungsfeld <strong>des</strong> Christian Daniel Rauch (1777-1857), die zentrale Gestalt der<br />

<strong>Berliner</strong> Kunstgeschichte <strong>des</strong> 19. Jahrhunderts. Gefördert durch Wilhelm von Humboldt, konnte sich Rauch<br />

schnell gegen den Hofbildhauer Schadow durchsetzen. Mit seinem Frühwerk, dem „Grabmal der Königin Luise“<br />

(1811-1815) schuf Rauch gleichs<strong>am</strong> die Inkunabel <strong>des</strong> neuen <strong>Berliner</strong> Denkmalstils. In ihm ist Rauch die<br />

Überhöhung der Idealität durch Klassizismen, wie sie seit Winkelmann zum Ethos <strong>des</strong> Menschenbil<strong>des</strong> gehörten,<br />

geglückt. Das Grabmal bringt eine neue Qualität menschlicher Größe zur Anschauung. Noch deutlicher wird<br />

diese Tendenz bei den beiden Denkmälern von Scharnhorst und Bülow (1816-1822). Die Denkmalwürdigkeit<br />

der Militärs wird <strong>am</strong> <strong>Beispiel</strong> menschlicher Größe festgemacht; Am Denkmalssockel erscheinen personifizierte<br />

Allegorien: Minerva und Viktoria, die nicht mehr auf einzelne gewonnene Schlachten verweisen, sondern<br />

Symbol der Handlungen <strong>des</strong> geehrten Individuums in idealisierter Form sind. Die Denkmalaufträge gehen nach<br />

den Freiheitskriegen an der Hofbildhauerwerkstatt vorbei direkt zu Rauch. Das Francke-Denkmal für Halle<br />

(1825-1828), das Dürer-Denkmal für Nürnberg (1828-1840), das Reiterstandbild Friedrichs <strong>des</strong> Großen Unter<br />

den Linden (1840-1851), das Kant-Denkmal in Königsberg. Rauch schuf zudem eine Vielzahl von Bildnissen,<br />

die das Menschenbild der Epoche prägten, besonders mit seiner Goethe-a-tempo-Büste, die er im gemeins<strong>am</strong>en<br />

Wettstreit mit Friedrich Tieck 1820 innerhalb von drei Tagen schuf. Während Tieck den zerquälten Denker,<br />

Schadow (1823) den distanzierten Höfling zeigt, so gelingt Rauch in der kraftvollen Wendung <strong>des</strong> Kopfes und<br />

der großflächigen Spannung der Physiognomie die adäquate Erfassung geistiger Größe 6 .<br />

Zwischen 1840 und 1880 wurde die <strong>Berliner</strong> Kunstszene von der Rauch-Schule beherrscht. Bei der Vielzahl der<br />

von Rauch geschaffenen Werke war seine Kunstsprache doch normierbar – nicht so wechselhaft suchend, wie<br />

zum <strong>Beispiel</strong> bei Schadow – und d<strong>am</strong>it schulbildend. Nahezu alle Bildhauer dieser Zeit, die später Rang und<br />

N<strong>am</strong>en hatten, gingen als Gehilfen durch die Werkstatt Christian Daniel Rauchs: Ludwig Wichmann, August<br />

Kiss, Theodor Kalide, Ernst Rietschel, Friedrich Drake, Gustav Bläser, Carl Johann Steinhäuser, Bernhard<br />

Afinger, Hugo Hagen, Albert Wolff, Hermann Schievelbein, Emil und Carl Cauer.<br />

Doch das vom Deutschen Idealismus geprägte Menschenbild hatte sich inzwischen gewandelt. Eine<br />

positivistische Auffassung setzte sich durch, kraß realisitische Elemente fanden in den Bildfindungen Eingang,<br />

und der Kreis derer, die nun auf einen Denkmalssockel Aufnahme fanden wurde stark erweitert. In dieser<br />

sogenannten „Gründerzeit“ herrschte, angefacht durch die Reparationszahlungen die nach dem deutschfranzösischen<br />

Krieg von 1870/71 dem Deutschen Reich zur Verfügung standen, eine regelrechte<br />

Denkmalsinflation in Berlin und Deutschland. „Eine <strong>Berliner</strong> Denkmäler-Statistik besagt: Nach dem Stand vom<br />

1. Juli 1905, sechs Uhr morgens, gibt es in der Reichshauptstadt 165 Einzeldenkmäler in Stein oder Erz, 232<br />

Denkmäler überhaupt, darunter 716 dargestellte Personen, 128 Tiere.“ 7 Der daraus entstandene Bedarf an<br />

Bildhauerwerken wurde durch die Schüler der Rauch-Schule und wiederum deren Schüler gedeckt. Bei Bläser<br />

lernen Ernst Herter, Anton Werres und Gustav Eberlein, bei Drake Alexander Calandrelli, bei Schievelbein Otto<br />

Geyer, bei Hagen Wilhelm Albermann, bei Wolff Friedrich Reusch, Fritz Schaper, Ludwig Cauer, Otto Lessing<br />

um nur einige wenige zu nennen. So zieht sich der rote Faden von Rauchs nüchterner Formensprache zunächst<br />

unbeirrt durch das Bild der <strong>Berliner</strong> Schule vom Biedermeier über die Reichsgründung bis hin zum<br />

Regierungsantritt <strong>des</strong> letzten Hohenzollern, Wilhelms II.<br />

Erst der von Reinhold Begas (1831-1911) vertretene Neubarock macht die <strong>Berliner</strong> Kunstszene „Rauch-frei“.<br />

Begas war der jüngste der Rauch Schüler. Er entfernte sich schon früh von den blutleer gewordenen Realismen<br />

und Positivismen und setzte diesen ein vitales Menschenbild gegenüber, das er in kontrastreich<br />

psychologisierenden Sujets entwickelte. Bereits mit seinem Schiller-Denkmal für den <strong>Berliner</strong> Gendarmenmarkt<br />

zeigte Begas der Konkurrenz seinen Entwurf Schillers als der eines Visionärs, eines Übermenschen. Mit dem<br />

Regierungsantritt Kaiser Wilhelm II. wurde diese neue Pathos zum offiziellen Regierungsstil. Das Begas´sche<br />

Kaiser-Wihelm-Denkmal ehemals vor dem <strong>Berliner</strong> Schloß und die Siegesallee mit ihren 114 Einzeldenkmalen<br />

in Marmor sind Dokumente gewaltiger nationaler Inszenierungen.<br />

Jüngere Bildhauer in Berlin suchten in eigenen Ateliers dieser vitalen und im Detail krass veristischen<br />

Formensprache nachzueifern: Carl Begas, Gustav Eberlein, Max Klein, Joseph Uphues, Adolf Brütt, Walter<br />

Schott. Wenn auch nicht in Berlin geschulte Bildhauer Begas´ Denkmalsstil übernahmen, schulbildend hat Begas<br />

nicht gewirkt. Seine besten Gehilfen Peter Breuer, Louis Tuaillon, Nikolaus Friedrich, Reinhold Felderhoff,<br />

August Kraus und August Gaul gingen etwa ab 1890 in Opposition zu ihrem Lehrer und folgten dem in Rom von<br />

Adolf von Hildebrand entwickelten tektonisch haptischen Neuklassizismus. Mit der hiermit einhergehenden<br />

6<br />

Peter Bloch: Goethe und die <strong>Berliner</strong> Bildhauerkunst, Studienhefte der Skulpturengalerie, SMPK, Berlin 1976<br />

7<br />

Zitiert nach Kießhauer, Inge und Rolf Kießhauer , Bronzenes für Berlin, Friedrichshagener Hefte Nr. 38 – 40,<br />

Berlin 2001, S. 5

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