kleine hoftheater - TAG DER REGIONEN Niedersachsen Bremen
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DAS KLEINE HOFTHEATER<br />
AUS RINGMAR<br />
Kulturpreis 2008<br />
des Landkreises Diepholz<br />
MAJANNE BEHRENS<br />
JÜRGEN STAHMANN
Jürgen Stahmann und Majanne Behrens<br />
2
VORWORT<br />
Der Landkreis Diepholz zeichnet im Jahr 2008 das Kleine Hoftheater aus<br />
Ringmar mit dem Kulturpreis aus.<br />
Majanne Behrens und Jürgen Stahmann haben 1997 das Kleine Hoftheater aus Ringmar<br />
gegründet. Mit innovativen Projekten, Ausstellungen und Aktionen<br />
verbindet das Hoftheater in einer ganz besonderen Weise Kunst und Soziales, Bildung<br />
und Musik, Regionales und Internationales. Mehrfache Auszeichnungen spiegeln die<br />
erfolgreiche Arbeit des Kleinen Hoftheaters wieder.<br />
Majanne Behrens arbeitet als freie Schauspielerin und Musikerin mit eigenen Bühnenprogramm<br />
sowie als Theaterpädagogin mit Schwerpunkt in der Jugend- und Erwachsenenbildung.<br />
Jürgen Stahmann ist Pädagoge und freischaffender Kunsthandwerker. Gemeinsam<br />
entwickeln sie unterschiedliche Projekte mit wechselnden Schwerpunkten, Teilnehmern<br />
und Inhalten. Das Kleine Hoftheater leistet als ländliche Kulturinitiative integrative<br />
und generationsübergreifende Kulturarbeit.<br />
Der Katalog, der anlässlich der Kulturpreisverleihung herausgegeben wird, stellt einige<br />
außergewöhnlichen Projekte des Kleinen Hoftheaters vor und gibt somit einen <strong>kleine</strong>n<br />
Einblick in die soziokulturelle Arbeit des Hoftheaters.<br />
Ich gratuliere im Namen des Kreistages Majanne Behrens und Jürgen Stahmann ganz<br />
herzlich zum Kulturpreis, danke Ihnen für ihr besonderes Engagement und wünsche<br />
ihnen weiterhin viele erfolgreiche und kreative Wirkungsjahre.<br />
Landkreis Diepholz<br />
Gerd Stötzel<br />
Landrat<br />
3
„Der Weg ist das Ziel“<br />
4
GRUßWORT<br />
Das Kleine Hoftheater aus Ringmar erhält in diesem Jahr den Kulturpreis des Landkreises<br />
Diepholz. Ich freue mich für diese soziokulturelle Initiative im ländlichen Raum und<br />
übermittele meine herzlichsten Glückwünsche.<br />
Die grundlegende Idee des Kleinen Hoftheaters ist ländliche Kulturarbeit als Impulsgeber<br />
für neue Themen, Inhalte und kreative Möglichkeiten zu nutzen. Das Kleine Hoftheater<br />
ist kein Bühnenbetrieb, sondern eine soziokulturelle Idee, die unter dem Motto<br />
„Gegen Vereinsamung und Schubladendenken“ einseitige Meinungsbilder auflösen<br />
will. Eigene Musik und Texte werden erarbeitet und eröffnen Projekten die Möglichkeit,<br />
öffentlich gegen Sprachlosigkeit und Scheuklappendenken zu wirken.<br />
Dem Kleinen Hoftheater wünsche ich weiterhin viel Erfolg und viel Biss in seinem Konzept<br />
mit Kreativität und Humor brisante Themen des Alltags in unterschiedlichen Facetten<br />
aufzunehmen.<br />
Lutz Stratmann<br />
Niedersächsischer Minister für Wissenschaft und Kultur<br />
5
„Die Tollkirschen Company“<br />
6
DAS KLEINE HOFTHEATER UND DIE ZUKUNFT <strong>DER</strong><br />
SOZIOKULTUR IN LÄNDLICHEN RÄUMEN<br />
Das Kleine Hoftheater aus Ringmar bekommt<br />
also den Kulturpreis 2008 des Landkreises<br />
Diepholz. „Ja, die Kulturleute“ so wird vielleicht<br />
Mancher denken, „die lieben eben das<br />
Kleine und Skurrile – ein bisschen schräg und<br />
bunt darf es da schon sein.“ und wird milde<br />
lächelnd zur Tagesordnung – und damit zu<br />
den wirklich wichtigen Dingen – übergehen.<br />
Umso mehr ist die Entscheidung des Landkreises<br />
zu loben, der hinter dem Niedlichkeitsfaktor<br />
die wahre Größe der zu ehrenden Einrichtung<br />
erkannt hat. Diese Wertschätzung der<br />
ländlichen Kulturarbeit im Allgemeinen und<br />
des Kleinen Hoftheaters im Besonderen ist<br />
nicht selbstverständlich, aber sie entspricht der<br />
gesellschaftlichen Bedeutung einer Arbeit, die<br />
nur scheinbar „am Rande“ stattfindet – berührt<br />
sie doch die zentralen Fragen unseres Zusammenlebens.<br />
Mehr als die Hälfte der <strong>Niedersachsen</strong> lebt in<br />
„ländlichen Räumen“. Die Gebiete sind so<br />
unterschiedlich, dass man von „dem“ ländlichen<br />
Raum eigentlich nicht mehr sprechen<br />
kann. Auch die Wandlungsprozesse betreffen<br />
unterschiedliche ländliche Räume in verschiedener<br />
Weise und unterschiedlichem Ausmaß.<br />
Landwirtschaft ist auch im ehemaligen Agrarland<br />
<strong>Niedersachsen</strong> nicht mehr alltagsprägender<br />
Produktionszweig: nur noch 1,3 Prozent<br />
der Erwerbstätigen sind in der Landwirtschaft<br />
tätig. Der Zuzug von in den Städten tätigen<br />
Pendlern sowie die Ansiedlung von Freiberuflern<br />
haben zugenommen; in liebevoll<br />
sanierten Resthöfen finden sich Ingenieur- und<br />
Architekturbüros oder Ferienwohnungen.<br />
Öffentliche Infrastruktur zieht sich zum Teil<br />
ebenso aus den Dörfern zurück wie der Einzelhandel,<br />
der sich stattdessen in landschaftszer-<br />
7<br />
siedelnden Gewerbegebieten findet. Die Ortskerne<br />
verlieren an Attraktivität; vielerorts wandern<br />
Jugendliche nach Abschluss der Schule<br />
ab, und die Bevölkerung wird zunehmend<br />
älter. An die Stelle eines gemeinsamen, dörflichen<br />
Lebenszusammenhangs ist das Nebeneinander<br />
unterschiedlicher Lebensstile, Ziele<br />
und Wertorientierungen getreten.<br />
Der historisch überlieferte Ausspruch „Stadtluft<br />
macht frei“ enthielt das urbane Versprechen<br />
an die städtischen Individuen, das eigene<br />
Leben im Schutz von Anonymität und Gleichheitsansprüchen<br />
selber gestalten zu können;<br />
dieser „Standortvorteil“ der Städte ist durch<br />
moderne Kommunikationsmedien und die Verstädterung<br />
der ländlichen Räume geschrumpft.<br />
Im Prozess der gesellschaftlichen Enttraditionalisierung<br />
haben die ländlichen Räume<br />
Anschluss an das städtische Niveau gefunden.<br />
Auch der moderne Landmensch ist vor<br />
die Herausforderung gestellt, sich aus einer<br />
unglaublichen Vielzahl von Sinnangeboten<br />
seine Wertvorstellungen und Lebensziele zu<br />
„basteln“.<br />
Die Bindungskräfte der auf dem Land traditionell<br />
starken Vereine haben nachgelassen. Feuerwehr,<br />
Sport- oder Schützenverein, Chor und<br />
Musikverein ebenso wie Laienspielgruppe<br />
konkurrieren um ihre „Kundschaft“ mit Playstation<br />
oder „Deutschland sucht den Superstar“.<br />
Der Wunsch, die eigene, eigenständige Kultur<br />
in den jeweiligen Regionen als Teil einer<br />
regionalen Identität, ja Heimat, zu bewahren,<br />
ist so verständlich wie riskant: wenn er zu<br />
einem Festhalten am Bewährten führt, läuft er<br />
dem eigenen Ziel zuwider. Auch in der ländlichen<br />
Kulturarbeit gilt: nur wer sich ändert,<br />
bleibt sich treu.
Es geht also auch hier um neue Ideen und<br />
Impulse, um potentielle Teilnehmende anzusprechen<br />
und zu ermutigen. Das Kleine Hoftheater<br />
hat hier von Beginn an viel Mut<br />
gezeigt: eine der ersten Produktionen – Die<br />
Legende vom Ring – wurde gleich als großes<br />
Dorftheater mit 100 Akteuren geplant, mit Kindern<br />
und Alten, Menschen mit und ohne<br />
Behinderung. Es zeigte sich, dass diese Herausforderungen<br />
– 1. Kultur auf dem Lande, 2.<br />
Einbeziehung verschiedener Generationen, 3.<br />
Integration von Behinderten und Nicht-Behinderten<br />
- sich eben nicht zu einer immer größeren<br />
Hemmschwelle aufsummierten, sondern<br />
aus dem Engagement der Beteiligten und der<br />
Kreativität und Professionalität von Majanne<br />
Behrens und Jürgen Stahmann ein großartiges<br />
und bewegendes Theatererlebnis erwuchs.<br />
Die Einmaligkeit dieses Ereignisses gehört zu<br />
den Besonderheiten der auf kontinuierliche<br />
Teilhabe angelegten Arbeit des Kleinen Hoftheaters:<br />
die Aufführung ist als Ziel der künstlerischen<br />
Arbeit mit vielen, unterschiedlichen<br />
Teilnehmenden ein wichtiger Orientierungspunkt,<br />
aber die Qualität der Arbeit ermisst sich<br />
nicht allein an dem Zuspruch, den die Aufführung<br />
findet, sondern mehr noch an der Intensität<br />
der kreativen und kommunikativen Prozesse<br />
in der kontinuierlichen Arbeit. Das macht die<br />
in den Aufführungen gezeigten Arbeitsergebnisse<br />
nicht unwichtig; auch wenn sie nicht<br />
alleiniger Zweck der Übung sind, belegen sie<br />
eindrucksvoll die Qualität dessen, was ihnen<br />
vorausgeht. Nach meiner festen Überzeugung<br />
gehören Hingabe, Sorgfalt und die Fähigkeit,<br />
den kreativen Prozessen der Teilnehmenden<br />
eine gemeinsame Form zu geben, zu den<br />
Tugenden der beiden professionellen Akteure,<br />
die der Arbeit des Kleinen Hoftheaters ihre<br />
besondere Qualität geben.<br />
Dass ihre Kulturarbeit sich nicht in der Sphäre<br />
des Ästhetischen allein bewegt, sondern sie<br />
immer wieder Stellung beziehen zu drängen-<br />
8<br />
den Fragen unseres Zusammenlebens, haben<br />
die „Hoftheatermacher“ (genauer: die<br />
„Macherin“ und der „Macher“) auch mit ihren<br />
jüngsten Projekten gezeigt. Während die kulturpolitische<br />
Diskussion sich mit Blick auf das<br />
aktuelle Jugendkulturbarometer mit der<br />
erschreckenden Erkenntnis beschäftigt, dass<br />
nur etwa 10% der Heranwachsenden zu den<br />
regelmäßigen Nutzern unserer öffentlichen<br />
Kulturangebote zählen, hat das Kleine Hoftheater<br />
mit „Kranichschreie“ ein Projekt durchgeführt,<br />
in dem gerade Jugendliche ohne<br />
Schulabschluss und Ausbildungsplatz mit ihren<br />
Wünschen und ihren Ausdrucksformen im Mittelpunkt<br />
stehen.<br />
Der ländlichen Soziokultur kommt eine ähnliche<br />
Dringlichkeit und Bedeutung zu wie den<br />
kulturellen Initiativen gegen die Unwirtlichkeit<br />
der Städte in den 70er Jahren: es geht um<br />
Zukunfts- und Dialogfähigkeit und die Vermeidung<br />
seelenloser Schlafstädte im Grünen.<br />
Neben den sinnstiftenden, identitäts- und kreativitätsfördernden<br />
Leistungen kann Soziokultur<br />
in den ländlichen Räumen darüber hinaus<br />
wertvolle Beiträge zur Regionalentwicklung<br />
leisten: Erhalt von Öffentlichkeit und Kommunikationsgelegenheiten,<br />
Gegensteuern zur Abwanderung<br />
der Jugend, Integration von<br />
Senioren, Ausländern oder Aussiedlern und<br />
letztlich Erhöhung der Lebensqualität - touristische<br />
Attraktivität nicht ausgeschlossen.<br />
Zu kämpfen hat ländliche Kulturarbeit mit der<br />
Vorstellung, sie wäre die <strong>kleine</strong>re, die Billigausgabe<br />
der städtischen Kulturangebote.<br />
Bereichernde künstlerisch-kulturelle Prozesse<br />
und kreative Erfahrungen sind nicht ohne<br />
Anstrengung und zum Nulltarif zu haben. Sie<br />
verlangen einerseits großes Engagement der<br />
Akteure; für Dorftheaterprojekte mit 100 Mitwirkenden<br />
sind im künstlerischen Prozess, in<br />
der Veranstaltungslogistik bis hin zur Urlaubs-
planung der Akteure Einsatz und Herzblut<br />
gefragt. Gleichzeitig braucht das bürgerschaftliche<br />
Engagement in diesen Initiativen<br />
und Vereinen professionelle Unterstützung und<br />
angemessene technische Infrastruktur für kreative<br />
Arbeit, professionelle Öffentlichkeitsarbeit,<br />
technische Umsetzung der Ausstellungen, Konzerte,<br />
Inszenierungen sowie ordnungsgemäße<br />
finanzielle Abwicklung. Ist dies vorhanden,<br />
brauchen sich die Ergebnisse ländlicher Kulturarbeit<br />
qualitativ nicht hinter der Arbeit großer<br />
Kultureinrichtungen zu verstecken. Meist allerdings<br />
muss all dies unter äußerst prekären Rahmenbedingungen<br />
realisiert werden.<br />
Dies gilt auch für das Kleine Hoftheater, für<br />
dessen Projekte jedes Mal ein ausgesprochen<br />
gewagter Balanceakt auf dünnem, rissigem<br />
Seil zwischen unterschiedlichen Geldgebern<br />
über einer nie ganz geschlossenen Finanzlükke<br />
erforderlich ist. Beim Land <strong>Niedersachsen</strong><br />
hätte sich das Kleine Hoftheater den – bisher<br />
allerdings nicht ausgeschriebenen – Preis für<br />
die ungewöhnlichste Liste der geförderten<br />
Gegenstände verdient: von der Drehorgel bis<br />
zum Rindenmulchtoilettenwagen. Eine kontinuierliche<br />
Förderung der laufenden Arbeit ist von<br />
dort allerdings – leider – nicht zu erwarten.<br />
Bleibt neben eigenen Einnahmen, Spenden<br />
9<br />
und Stiftungen die Hoffnung auf die beteiligten<br />
Kommunen, die dem Kleinen Hoftheater<br />
bekanntermaßen grundsätzlich sehr aufgeschlossen<br />
gegenüber stehen. Dass es dennoch<br />
bisher nicht zu einer finanziellen Grundabsicherung<br />
gereicht hat, damit steht das Kleine<br />
Hoftheater in der soziokulturellen „Szene“<br />
nicht allein da. Den Akteuren gebührt jedenfalls<br />
für ihren langen Atem und die immer wieder<br />
neue Lust, sich auf wackliges Seil zu begeben,<br />
alle Hochachtung – und vielleicht ist der<br />
Kulturpreis des Landkreises Diepholz, zu dessen<br />
Vergabe hiermit sowohl den klugen<br />
Gebern wie den verdienstvollen Empfängern<br />
gratuliert werden kann, ein Anlass, die zukünftige<br />
Unterstützung auf noch solidere Beine zu<br />
stellen.<br />
Das Kleine Hoftheater ist aus meiner Sicht ein<br />
gelungener Schritt in die Zukunft ländlicher<br />
Kulturarbeit und ein eindrucksvoller Beleg für<br />
die Berechtigung der Forderung von Hermann<br />
Glaser, dass „Kultur ihrem Wesen nach Soziokultur<br />
sein muss und alles andere ihre Verengung<br />
darstellt.“<br />
Gerd Dallmann<br />
Geschäftsführer der Landesarbeitsgemeinschaft<br />
Soziokultur in <strong>Niedersachsen</strong><br />
Literatur:<br />
Gitta Connemann: Kultur im Ländlichen Raum, in: Deutscher Kulturrat (Hrsg.):<br />
Politik und Kultur, Nr. 05/08<br />
Gerd Dallmann: Soziokultur in Ländlichen Räumen, ebenda<br />
Hermann Glaser: Soziokultur und Kultur, in: Kulturpolitische Mitteilungen, Heft 121, II/2008<br />
Dorit Klüver: Das Förder- und Qualifizierungsprogramm Ländlicher Raum der LAGS,<br />
in: Bundesvereinigung Soziokultur (Hrsg.), Infodienst Soziokultur Nr. 53, 2003<br />
LAGS Nds. (Hrsg.) Nr. 43 und 53 der !kultur, download über<br />
www.soziokultur-niedersachsen.de/80.html
Rosenchor<br />
„Vogelscheuchen Orchester“ und „Die Ringmarer Schwestern“<br />
10
DAS KLEINE HOFTHEATER AUS RINGMAR<br />
1997<br />
Gründung des Hoftheaters<br />
Inszenierung eines Theaterstücks mit behinderten und nicht behinderten Kindern des Elternvereins<br />
Anders? Na und! e.V. und der Kindergruppe des Hoftheaters:<br />
„Die Konferenz der Tiere“ frei nach Erich Kästner<br />
Pressestimme:<br />
„Brachten die Kinder ein Theaterstück auf die Bühne, was zum Nachdenken anregte.<br />
Nicht nur wegen des Inhalts, auch wegen der Akteure, die da auf der Bühne waren.“<br />
1998<br />
Dorftheaterspektakel<br />
100 Akteure erarbeiten und spielen integrativ und generationsübergreifend:<br />
„Die Legende vom Ring“<br />
Pressestimme:<br />
„Die Legende von Ringmar: Über 300 Gäste verfolgten das Open Air Spektakel/Von Überheblichkeit<br />
und Hochmut…<br />
Immer wieder wurde die Geschichte durch den Szenenapplaus der Zuschauer unterbrochen,<br />
die Stimmung auf der Zuschauerseite glich einem Open Air Festival…<br />
Mit Herz und Seele waren sowohl alle Beteiligten dabei, als auch die Zuschauer, die diese<br />
gekonnten Darstellungen immer wieder durch aktives Mitmachen unterstützten.“<br />
„Ein Hauch von Fellini weht über das Land“<br />
Zitat aus dem Filmbericht von Radio <strong>Bremen</strong> über das Projekt<br />
11
Die Geburt des Drachen<br />
12
1999<br />
Dorftheaterspektakel<br />
100 Menschen aller Lebensalter – vom Grundschüler bis zur Seniorin – gestalten aus<br />
verschiedenen Workshops zum Thema: „Wechsel und Übergänge des Lebens“ eine Revue<br />
mit dem Titel:<br />
„Zwischen den Zeiten“<br />
Pressestimme:<br />
„Ein einmaliges Schauspiel von vielen unterschiedlichen Gruppen lockte am Sonnabend rund<br />
300 Besucher auf den Dicken Braken nach Helldiek.<br />
…Aber so fragte sie „Würdest du vom Wasser des Lebens trinken wollen?“ -<br />
… Dabei war die Lösung so einfach, denn „die Quelle des Lebens ist in jedem von uns!“<br />
2000<br />
Dorftheaterspektakel<br />
90 Menschen: Kinder, Jugendliche, Erwachsene, Senioren – mit und ohne Behinderung –<br />
arbeiten kreativ zum Thema: „Über Ängste, Niederlagen und Heldentum“ mit dem Titel:<br />
„Trauzeit“<br />
Pressestimme:<br />
„Wir wollen kreativ sein und erste Einblicke in verschiedene Kunstwerke gewähren“, erklärten<br />
die beiden Hoftheatergründer.<br />
„Wenn danach jemand seine Kenntnisse und Fähigkeiten vertiefen möchte, um so besser.“<br />
13
2000<br />
Teilnahme mit Jugendlichen mit und ohne Handicap bei<br />
„Jugend musiziert und erforscht das Leben von J. S. Bach“<br />
Auszeichnung mit einem Sonderpreis der Bachgesellschaft <strong>Bremen</strong> für das Projekt mit dem Titel:<br />
„Die Katze lässt das Mausen nicht!“<br />
Pressestimme:<br />
„Das Kleine Hoftheater hatte sich dafür die Kaffeekantate ausgewählt.<br />
Das war in vieler Hinsicht ein spannendes und bildendes Projekt, wobei die Bedeutung von<br />
Noten und Tönen und die Gebärdensprache im Mittelpunkt standen. Auch ging es um den<br />
gesellschaftlichen Wandel der Zeiten, warum Kaffeetrinken früher als „anstößig“ galt und heute<br />
zum „gutem Ton“ gehört. Mit Kaffeemühlen, Kesselpfeifen, Kaffeekannen, -tassen, -löffel musizierte<br />
die Gruppe zum Originaltext von Bach. „Hat man nicht mit seinen Kindern hunderttausend<br />
Hudelei? – Was ich alle Tage meiner Tochter Lies´chen sage gehet ohne Frucht vorbei…“<br />
2001<br />
Internationales Kinder- und Jugendprojekt<br />
Sprache, Kommunikation, Verständnis<br />
Herstellung eines Dokumentarfilms über das Projekt mit gleichem Titel:<br />
„Über die Grenzen hinaus“<br />
Pressestimme:<br />
„Wie vielfältig und interessant Integrationsprojekte sein können, zeigte sich diese Tage beim<br />
Kleinen Hoftheater in Ringmar. Dort arbeiten Schüler aus der Schweiz und aus Bassum, Anwohner<br />
aus Ringmar, Behinderte und Nichtbehinderte gemeinsam an einem Zirkusprojekt, das mit<br />
einer großen Manegen-Aufführung abschloss.“<br />
15
Ein Riesenhuhn beim Landrat<br />
16
2001<br />
Straßentheaterprojekt mit Jugendlichen:<br />
„Wo Werra und Fulda sich küssen“<br />
Pressestimme:<br />
„Dass Straßentheater gar nicht so leicht ist, merkten viele der Kinder auch erst, als es hieß, auf<br />
fremden Marktplätzen die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. „Das ist für die Kinder eine große<br />
Herausforderung gewesen“, sagt M. Behrens. Ihr Ziel ist es, den Schülern Courage und Selbstbewusstsein<br />
zu vermitteln.“<br />
2002<br />
„Mit Riesenhuhn auf Wörterfang“<br />
Ein mehrwöchiges Straßentheater – Sprachprojekt in Frankreich in Kooperation mit der<br />
Freien Schule Prinzhöfte<br />
Pressestimme:<br />
„Buchstäblich nach Noten erklärten die Gäste dem Landrat Gerd Stötzel sodann, worum es<br />
ihnen eigentlich ging: Worte mit Keschern einfangen, Worte aus dem ganz alltäglichem<br />
Sprachschatz. Den wollen die Schüler der Freien Schule bei einer ganz besonderen Aktion verbessern.<br />
Denn sie werden vom 10. August bis zum 4. September in Frankreich auf Wortefang<br />
gehen - um ihre französischen Sprachkenntnisse zu erweitern.“<br />
17
Die Kleine Hofbluesbänd aus Ringmar<br />
18
2003<br />
Gründung eines Musikensembles mit Männern mit Handicaps:<br />
„Die Kleine Hofbluesbänd“<br />
Pressestimme:<br />
„Sieben Leute machen tolle Mucke/In der Hofbluesbänd spielen Heimbewohner der Lebenshilfe<br />
auf Kanalrohrtrommeln.“<br />
„Wir machen Blues vom Feinsten. Alle Songs werden selbst komponiert, eigene Texte in deutscher<br />
Sprache geschrieben. Und selbst die Instrumente werden von Hand gebaut: „Xylophon<br />
aus Kupferrohren oder Holunder, Fußklappern, Ratschen oder der Bass aus einem Fass - genügend<br />
Auswahl für das einfallsreiche Orchester.“<br />
„Ach so, da waren ja auch noch die Fernsehleute. Sie haben die Gruppe mit der Kamera<br />
begleitet und wollen demnächst in Buten und Binnen über diese Männer berichten, die mit ihren<br />
Liedern ganz und gar für den Moment leben.“<br />
Zahlreiche Auftritte, Berichte im Fernsehen und Rundfunk<br />
Herstellung einer CD<br />
2004<br />
Herstellung eines Kurzfilms mit dem Ensemble „Die Kleine Hofbluesbänd“ mit dem Titel:<br />
„Zwölf Uhr Middach“<br />
Preisträger beim Kurzfilmwettbewerb im Rahmen der Umweltfilmtage in <strong>Bremen</strong><br />
Ausgewählte Beiträge wurden im Rahmen der Umweltfilmtage bei der „Wet Collection“ im Bremer<br />
Kino 46 gezeigt. Eine Jury wählte aus allen Einsendungen die Preisträger aus. Vorsitz der<br />
Jury hatte der Bremer Filmemacher Eike Besuden.<br />
19
„Motocross ist wie Fieber“<br />
20
2004/2005<br />
Musisches Kunstprojekt mit Menschen, die eine besondere Fürsorge brauchen:<br />
„Ich wär so gerne ein Mensch in einer Gesellschaft<br />
von Menschen“<br />
Pressestimme:<br />
„Die Diele des Kreismuseums war gut gefüllt. Vorfreude und Spannung lag in der Luft. Nur hier<br />
und da lugte ein Arm oder eine Hand hinter der Verpackung vor. Es war offensichtlich, dass die<br />
Zuschauer überrascht werden sollten. Auf kunstvoll gestalteten Plakaten gab es schon ein paar<br />
Sätze zu lesen: „Für meinen Freund, weil ich ihn gerne mag und er so liebevoll und zärtlich ist.“<br />
„Die Sirene heult los, es ist Alarm. Ich stehe auf, wenn ich helfen kann. Schon beim ersten Lesen<br />
wurde man nachdenklich. Mit der Enthüllung der Kunstwerke wurden auch Lebensgeschichten,<br />
Träume und Wünsche von Menschen nach und nach enthüllt. Von ganz besonderen Menschen.<br />
Während dieser Vorstellung konnte man aber das Wort Behinderung ganz schwer denken und<br />
noch schwerer war es, dieses Wort in den Mund zu nehmen.“<br />
Ein Mensch, der eine besondere Fürsorge braucht,<br />
ist nicht behindert.<br />
Er wird behindert in einer Gesellschaft,<br />
die Fürsorge mit Bevormundung verwechselt!<br />
Ein gehörloser Mensch ist gehörlos<br />
nicht behindert.<br />
Er wird behindert in einer Gesellschaft der Hörenden.<br />
Ein blinder Mensch ist blind<br />
nicht behindert.<br />
Er wird behindert in einer Gesellschaft der Sehenden.<br />
Worte geben Sinn<br />
21
„Für meinen Freund“<br />
22
2005<br />
Das Bündnis für Demokratie und Toleranz - gegen Extremismus und Gewalt –<br />
verleiht im Rahmen des Wettbewerbs „Aktiv für Demokratie und Toleranz 2004“<br />
dem Kleinem Hoftheater aus Ringmar einen Preis für ein ideenreiches und wirkungsvolles<br />
Beispiel zivilen Engagements.<br />
Verliehen wurde der Preis im Bremer Rathaus durch Marieluise Beck und Henning Scherf.<br />
In der Begründung für den Preis würdigt die Jury die integrative Aktivität des Kleinen Hoftheaters<br />
und „sein Bemühen, Menschen mit Behinderung die Möglichkeit zu bieten, ihre Wünsche und<br />
Bedürfnisse in Form künstlerischer Tätigkeit auszudrücken und anderen Menschen mitzuteilen.“<br />
23
2005/2006<br />
Soziokulturelle Projekte und Film:<br />
„Alte Männer – junge Kerle: Ein Streifzug durch die vier<br />
Jahreszeiten in der Diepholzer Moorniederung“<br />
Pressestimme:<br />
„Und immer wieder werden die Sujets sowohl aus der Sicht der jungen wie der alten Menschen<br />
betrachtet. Dabei schreckt die Autorin auch nicht vor gewagten Konstellationen zurück. Wenn<br />
zum Beispiel im Heimatmuseum Punks mit den simplen Techniken ihrer Altvorderen Wäsche<br />
waschen und dabei mit der damals unverzichtbaren Kernseife und dem Holzknüppel zum Umrühren<br />
der Wäsche im Kessel spontan eine Partie Golf spielen, dann ist das schon komisch –<br />
aber eben nicht nur. Doch da genau liegt die tiefere Absicht des Projektes: Die Generationen<br />
zusammenzuführen, sie in einen Dialog bringen und so Verständnis füreinander zu wecken. Das<br />
alles soll sich zu einer „ländlichen Sinfonie“ gestalten, in der sich die Menschen – ob jung oder<br />
alt – im von ihnen geteilten Lebensraum ihre Gemeinsamkeiten bewusst werden.“<br />
25
Teilnehmer des Projektes „Kranichschreie“<br />
26
2007/2008<br />
Ein kulturelles Kunstprojekt mit Jugendlichen ohne Schulabschluss und Ausbildungsplatz<br />
mit dem Titel:<br />
„Kranichschreie“<br />
Pressestimme:<br />
„Das Thema der Arbeit mit den Jugendlichen stammt aus dem Buch „der <strong>kleine</strong> Prinz“ von<br />
Antoine de Saint-Exupery, indem es um Sinnfragen, Freundschaften und Verantwortung geht.<br />
Die Fragen des <strong>kleine</strong>n Prinzen nahmen die Teilnehmer als Anstoß, um selbst Fragen an ihr<br />
Leben zu richten und Utopien zu entwickeln. Dadurch sollen Denkprozesse angeregt werden.<br />
Die Ergebnisse sind Kunstplaneten, Wunschdenken einer heilen Welt.“<br />
27
Der Schmied des Kreismuseums in Aktion<br />
28
Alte Männer –<br />
junge Kerle<br />
Freunde der Kaltblutpferde<br />
Filmausschnitt siehe beiliegende DVD<br />
29<br />
„Was soll ich denn jetzt<br />
sagen?“ Ratlos schaut der<br />
Alte von einem Gesicht<br />
zum anderen. „Mach<br />
doch einfach mal deinen<br />
Trecker an!“ kommt der<br />
Vorschlag aus der Runde.<br />
Wir sind bei Heinrich auf<br />
dem Hof und sein blauer<br />
Lanz Bulldog blitzt in der<br />
Morgensonne. „Aus erster<br />
Hand!“ verkündet Heinrich<br />
stolz. „Baujahr 1953.<br />
Ich war damals 20 Jahre<br />
alt und wir haben den<br />
Trecker samt Pflug aus <strong>Bremen</strong><br />
abgeholt. Bis dahin<br />
hatten wir zwei Pferde,<br />
aber mit dem Lanz fing<br />
eine andere Zeit an!“ Er<br />
umfasst mit beiden Händen<br />
die Antriebskurbel<br />
und dreht. „Willst Du auch<br />
mal?“ fragt er Lukas. Klar<br />
will er! Als knattert und<br />
pufft, hört Heinrich nicht<br />
mehr auf zu erzählen.<br />
Lukas will wissen, was das<br />
für ein Gefühl war zum<br />
ersten Mal mit dem Bulldog<br />
zu fahren. Toll, erinnert<br />
sich der alte Mann<br />
und diese Begeisterung<br />
kann der Junge mit dem<br />
Bauern teilen.
„Leinen Los“ Straßentheater in Bassum<br />
30
Über die Herausforderung den Weg als Ziel zu begreifen<br />
Die Dorftheaterspektakel waren Freizeitangebote<br />
für alle Menschen, so wie sie in einem Dorf<br />
anzutreffen sind: Vom Kleinkind zum Greis, mit<br />
und ohne Handicap, vom Handwerker zur<br />
Hausfrau, vom Rentner zur Akademikerin. Dorftheaterspektakel<br />
hatten stets ein gemeinsames<br />
Thema mit vielen unterschiedlichen Angeboten<br />
dazu. Die Projekttage strahlten Festivalcharakter<br />
aus. Wir überließen es nicht dem Zufall, welche<br />
Gruppen bei uns auf dem Hof zusammentrafen.<br />
Wir bereiteten nicht nur die Räumlichkeiten –<br />
drinnen, wie draußen – so vor, dass jeder Einzelne<br />
zunächst Platz finden und nehmen konnte,<br />
sondern lieferten aus eigenem Ofen regelmäßig<br />
den Hoftheaterkuchen, kochten Tee und Kaffee.<br />
Später brachten die Besucher und Projektteilnehmer<br />
selbst volle Kuchenbleche mit. Aus Picknickkörben<br />
wurden Leckereien auf die Abendbrottafel<br />
gepackt, denn nach dem Arbeiten in verschiedenen<br />
Projektgruppen war der Feierabend<br />
ein gemeinsamer Genuss für Jung und Alt.<br />
Die Pausen sind ohnehin das Herzstück, um in<br />
einer Stimmung von Losgelassenheit Gemeinsamkeiten<br />
zu erkennen und gegen Schubladendenken<br />
zu wirken.<br />
Ein anderer Grundsatz der Hoftheaterkonzepte<br />
war es, dass die Workshops von qualifizierten<br />
Künstlern, Pädagogen oder Musikern geleitet<br />
wurden, die mit Lust, Verantwortungsbewusstsein<br />
und Offenheit aufgeschlossen neuen Ideen<br />
gegenüber standen. Den Weg als Ziel zu<br />
begreifen setzt die Bereitschaft voraus, sich nicht<br />
auf routiniertes Handeln zu verlassen, sondern<br />
Freiräume zu schaffen, indem nicht Planbares<br />
zum Vorschein kommen darf. Die Kunst besteht<br />
darin, durch ein kreatives Angebot die Fantasie<br />
der einzelnen Beteiligten so zu fördern, dass<br />
eine dynamische Aufbruchstimmung für die<br />
ganze Projektgruppe entsteht.<br />
von Majanne Behrens<br />
31<br />
Wir forderten die Kursleiter zu ungewöhnlichen<br />
Herangehensweisen auf: Zum Beispiel baten<br />
wir den professionellen Musiklehrer, mit einer<br />
Gruppe Frauen und Jugendlichen auf Schrott zu<br />
trommeln. Die Rhythmen sollten nicht vorgegeben<br />
werden, sondern sich aus den Stimmungen<br />
und den Fähigkeiten der Beteiligten entwickeln.<br />
Wir haben für jedes Dorftheaterspektakel immer<br />
nur eine Präsentation zum Abschluss vorbereitet.<br />
Die Einmaligkeit war bewusst gewollt. Als bei<br />
dem Projekt „Zwischen den Zeiten“ die Seniorengruppe<br />
aus einem Bremer Wohnheim für<br />
Behinderte den Platz betrat, zuckten, bei dem<br />
Bild dieser im Rollstuhl gefahrenen oder von<br />
Betreuern geführten alten und schwachen Menschen,<br />
viele Zuschauer betroffen zusammen. In<br />
der Revue intonierte die Gruppe gemeinsam mit<br />
einem Musiktherapeuten auf selbstgebauten<br />
Instrumenten eigene Empfindungen zu den vier<br />
Jahreszeiten – vom zarten Knospensprung, zu<br />
den lauen Sommerlüften, den wilden Herbststürmen<br />
und der klirrenden Kälte des Winters.<br />
„Zuerst war ich erschrocken. Nie hätte ich<br />
gedacht, dass solche Menschen so eine wunderschöne<br />
Musik darbieten können. Ich bin wirklich<br />
beeindruckt“, erzählte eine Frau begeistert<br />
nach der Vorstellung. Das Beispiel zeigt die Wirkung<br />
einer Zusammenkunft zwischen Darsteller<br />
und Betrachter in der Tiefe des emotionalen<br />
Erfassens einer ungewöhnlichen Begegnung –<br />
sowohl bei den Akteuren, die durch das schöpferische<br />
Handeln ihr Selbstbewusstsein stärken,<br />
wie bei den Zuschauern, die eigene festgelegte<br />
Sichtweisen verändern.<br />
Jetzt führen wir keine Dorftheaterspektakel mehr<br />
durch und widmen uns neuen Projektideen.<br />
Unsere Konzepte beinhalten eine ganzheitliche<br />
Lebensphilosophie, der Aspekt den Weg als<br />
Ziel zu begreifen, ist wichtigstes Merkmal unseres<br />
soziokulturellen Schaffens geblieben.
Majanne Behrens<br />
Als Kind liebte ich die Stille, um mich in<br />
fantasievollen Sphären ungestört ausleben<br />
zu können<br />
Eine Puppe aus Stoff mit winzig <strong>kleine</strong>n Augen und<br />
wuscheligen Haaren, das Kratzen des Kohlestiftes<br />
auf dem Papier, ein sonnendurchflutetes Zimmer,<br />
der unverwechselbare Geruch frischer Ölfarben.<br />
Mein Auftrag lautete, mir jedes Detail dieser Puppe zu merken. Vier Jahre war ich alt, saß still<br />
auf einem Holzhocker und meditierte. Ich war regelmäßig bei der Freundin meiner Oma. Sie<br />
war Künstlerin und hieß Agnes Sander Plump. In ihrem Atelier hing ein großes, weißes Tuch und<br />
davor war in meiner Augenhöhe dieses Wesen aus Stoff mit den winzig <strong>kleine</strong>n Augen und den<br />
wuscheligen Haaren befestigt. Diese Puppe erzählte mir leise Geschichten. In meiner Fantasie<br />
sah ich sie tanzen und hörte sie mit einer klaren Stimme singen. Ich ging sehr gerne zu Agnes<br />
Sander Plump. Diese freundliche alte Dame nahm sich viel Zeit für mich. Sie ließ mich teilhaben<br />
an der Entstehung der Porträts, die sie von mir malte.<br />
Für mich war es ein mutiger Schritt,<br />
mich konsequent mir selbst gegenüber zu verhalten<br />
Ich wurde 1956 in Worpswede geboren und wuchs in einer gut bürgerlichen Familie mit preußischen<br />
Maximen auf. Eine künstlerische Laufbahn war mir nicht gestattet.<br />
Erst später, nachdem ich einige Jahre als Kindergärtnerin arbeitete, fasste ich den Mut auf meine<br />
innere Stimme zu hören, um Künstlerin zu werden.<br />
Ende der siebziger Jahre erlernte ich das Puppenspiel am Institut für Puppenspiel in Bochum und<br />
war Spielerin an verschiedenen Bühnen in <strong>Bremen</strong> und <strong>Niedersachsen</strong>. Über das Figurentheater<br />
gelangte ich zum Kinder- und Jugendtheater. Ich spielte im Ensemble, mit Gastspielverträgen<br />
(Goethetheater <strong>Bremen</strong>), gründete Theatergruppen (Theater Augentrost / Piccolo – Das Bremer<br />
Kindertheater). Ich nahm Schauspielunterricht, ließ meine Stimme ausbilden und hatte stets das<br />
Glück mit ausgezeichneten Regisseuren zusammenarbeiten zu dürfen. Ich ging auf Tourneen und<br />
nahm mit eigenen Stücken an internationalen Kindertheaterfestivals teil, komponierte Lieder,<br />
schrieb Texte, Gedichte und Bühnenstücke.<br />
33
Die größte Herausforderung war das Erlernen von Eigenverantwortung<br />
Anfang der achtziger Jahre schloss ich mich der freien Theaterbewegung an, die nicht nur Bühnenstücke<br />
produzierte, sondern soziokulturelle Stadtteilkulturarbeit entwickelte. So arbeitete ich in<br />
der Erwachsenenbildung der Universität <strong>Bremen</strong> und mit verschiedenen Bildungsstätten zusammen,<br />
konzipierte theaterpädagogische Projekte und Aktionen in Stadtteilen, die damals als<br />
„soziale Brennpunkte“ bezeichnet wurden. Mein hauptsächlicher Schwerpunkt war die Arbeit mit<br />
Jugendlichen, Frauen und Familien.<br />
In dieser Auf- und Umbruchzeit entstanden neue Initiativen – wie das Kulturzentrum in Osterholz<br />
Scharmbeck, wo ich damals wohnte. Mit den unterschiedlichsten Gruppierungen erprobten wir<br />
Selbstverwaltung. Wir restaurierten einen verfallenen Kleinbahnhof zum Teil originalgetreu nach<br />
den ursprünglichen Entwürfen von Heinrich Vogeler. Später trafen sich dort aufgrund unserer<br />
Initiative Migranten, Jugendliche und Erwachsene. Wir gründeten verschiedene Frauengruppen<br />
und einen freien Kindergarten. Wir gaben eine unabhängige Zeitung heraus und mischten uns<br />
politisch und kulturell ins gesellschaftliche Leben ein.<br />
Straßentheater war damals das Mittel mit Menschen auf der Straße in Kontakt zu treten. Ich<br />
spielte leidenschaftlich gerne Straßentheater, nahm 1983 und 1984 bei den ersten internationalen<br />
Straßentheaterfestivals in Jelenia Gora in Polen teil. Dieses kreative, multikulturelle Erleben in<br />
einem unvorstellbar armen Land beeinflusste mich nachhaltig. Es prägte meinen Sinn, mich solidarisch<br />
Minderheiten gegenüber zu verhalten und mutig und konstruktiv einseitige menschenverachtende<br />
Meinungsbilder mit fantasievollen Möglichkeiten aufzubrechen und zu beeinflussen.<br />
Mein liebstes Vorbild ist Till Uhlenspiegel<br />
Mit dem Schalk im Nacken das eigene Zwerchfell zu massieren tut einfach nur gut.<br />
„Was - nach Rio ganz?“ stammelte die Dame fassungslos, die mit der Sielwallfähre in <strong>Bremen</strong><br />
doch nur in ihren Kleingarten auf die andere Seite der Weser wollte.<br />
Malte Jaspersen und ich probten am Vormittag eine Szene aus der “Schiffbruchrevue“. Er als<br />
Käpt´n Brodersohn, ich als Moses, der Leichtmatrose. Wir übten „die Notfallübung“ auf der<br />
Sielwallfähre in <strong>Bremen</strong> und ich verteilte schon mal vorsorglich die Spucktüten. Mitten auf der<br />
Weser drehte die Fähre plötzlich ab und schipperte Richtung Überseehafen. Wir mussten doch<br />
herausfinden, wie laut die Maschinen bei den leisen Textpassagen waren. Das wäre filmreif für<br />
Vorsicht Kamera gewesen, denn die Passagiere an Bord waren ahnungslos …<br />
Ende der achtziger Jahre war diese Musik - Comedy auf der Sielwallfähre ein Bremer Kulturereignis<br />
der freien Theaterszene. Nach der letzten Fährfahrt des Tages durften ungefähr 40 Personen<br />
als Publikum mitfahren und dann ging es mit Volldampf und schrägen Szenen Richtung Brasilien<br />
– zumindest halbe Strecke nach Bremerhaven und zurück. Auch bei Sturm und Hagel. Mit<br />
Motor aus bei leisen Textpassagen. Ahoi! Die Schiffbruchrevue war wohl das lustigste Erlebnis<br />
meiner Theaterlaufbahn und gab anderen genügend Impulse zur Schaffung größerer Theaterschiffe<br />
in <strong>Bremen</strong>.<br />
34
Das einzige Beständige ist der Wechsel<br />
Ein bekannter Künstler und sehr guter Freund von mir sagte mal: „Erfolge sind wie Bahnhöfe<br />
durch die der Zug durchfährt. Du schaust hinaus und fährst weiter …“<br />
Meine wichtigsten Wegbegleiter sind - neben vielen anderen Persönlichkeiten, Künstlern, Autoren,<br />
Musikern und Freunden – fünf Personen: Jürgen, Felix, Mieke, Lukas und Merle Stahmann.<br />
Jürgen lernte ich kennen, weil er ein Theater suchte, welches sich nicht vor Menschen mit Behinderungen<br />
als Publikum fürchtete. Er arbeitete damals in einem neuen Heim für Menschen mit<br />
Handicap, welches zur Heimeröffnung ein Event für die Bewohner suchte. Jürgen engagierte<br />
mich und wir verliebten uns dabei. Felix, Mieke, Lukas und Merle sind unsere Kinder. Sie<br />
zusammen sind Quelle meiner Lebensfreude. Sie geben mir Inspirationen, Erkenntnisse und<br />
Impulse, die auch meiner kulturellen und soziokulturellen Arbeit zu Gute kommen.<br />
Ein Dorf mit Legende<br />
1994 zogen wir in den Landkreis Diepholz. Wir kauften eine alte Hofstelle bei Bassum in Klein<br />
Ringmar. Weil der Holzbock im Dachstuhl des Hofes ganze Arbeit geleistet hatte, wohnten wir<br />
zunächst in einem Circuswagen auf der Weide. Um Geld zu verdienen spielte ich Theater, ansonsten<br />
fuhr ich Bauschutt hin und her und tat, was sonst noch zu tun war. In dieser Situation<br />
kam jemand aus dem Dorf vorbei und erzählte uns von der Legende vom Ring: Ringmar - Ein<br />
Dorf mit Legende!<br />
Im Grunde genommen war das die Geburtstunde des Hoftheaters. Wir planten ein soziokulturelles<br />
Dorftheaterspektakel, mit der Prämisse, damit zu beginnen, sobald das Haus für die Familie<br />
bewohnbar ist.<br />
Die grundlegende Idee war ländliche Kulturarbeit als Impulsgeber für neue Themen, Inhalte und<br />
kreative, kulturelle Möglichkeiten zu schaffen. „Gegen Vereinsamung und Schubladendenken“ zu<br />
wirken, war genauso unser Slogan wie „Das Gemeinsame im Gegensätzlichem“ zu finden,<br />
keine Bühnenstücke zu produzieren, sondern viele Anlässe schaffen, damit Menschen ins Gespräch<br />
kommen können, die sich sonst nicht begegnen würden. Als wir 1997 mit einer freien<br />
Fassung der „Konferenz der Tiere“ mit Kindern mit und ohne Behinderungen in die Öffentlichkeit<br />
traten, war das der erste kreative Impuls für eine beginnende kulturelle Interaktion und Teilhabe<br />
behinderter Menschen im Landkreis Diepholz. Jürgen und ich erfanden neue Konzepte ländlicher,<br />
integrativer Kulturarbeit und schufen für uns eine gemeinsame Möglichkeit unsere unterschiedlichen<br />
Kompetenzen zusammen wirken zu lassen. Wir entwickelten neue Hoftheaterprojekte<br />
aus den Ergebnissen vergangener Hoftheaterprojekte. So sind wir bis zu dem heutigem Zeitpunkt<br />
unserer Lebensphilosophie: „Der Weg ist das Ziel“ treu geblieben.<br />
35
Jürgen Stahmann<br />
Mein Kindheitstraum war das Leben in der<br />
Natur – klettern, rennen, den Wind riechen<br />
und die Sonne schmecken<br />
Du musst schon verdammt schnell laufen können, um<br />
bei diesem Spiel mitzumachen, dem vor Wut schnaubenden<br />
Mann auf seinem Fahrrad zu entkommen.<br />
Allerdings hatten wir schon richtig Übung darin, schließlich war es jedes Jahr zur Kirschenzeit<br />
das Gleiche. Wir, die Jungs aus der Siedlung, allesamt so zwischen acht bis zwölf Jahren,<br />
machten es uns auf unserem großen Kirschbaum gemütlich und futterten um uns herum. Bis endlich<br />
das Fenster des Stellwärterhäus´chens aufflog und eine wütende Stimme uns anbrüllte, dass<br />
wir doch gefälligst von den Kirschen lassen sollten, der Baum würde schließlich auf Bahngelände<br />
stehen und somit hätten wir zu verschwinden!<br />
Diesen unverschämten Versuch uns von unserem sommerlichen Treffpunkt vertreiben zu wollen,<br />
zollten wir mit einer Salve Feldsteine auf die Eingangstür des alten Wärterhäus´chen. Was wiederum<br />
der etwas betagte Bahnbeamte mit noch lauterem Gebrüll und heftigsten Beschimpfungen<br />
beantwortete.<br />
Der ersehnte Höhepunkt des Spiels wurde durch unsere unüberhörbaren Sprechchöre eingeleitet:<br />
„Weeste waste bist? Du bist ´n Knallkopp!“ Grund der weiteren Eskalation war vermutlich die<br />
gähnende Langeweile beider Parteien, verbunden mit der unwiderstehlichen Süße der reifen<br />
Früchte des Baumes.<br />
Schnell folgte der Moment, wo der Stellwärter die Tür aufriss, seinen Posten verließ und die steile<br />
Treppe hinunter stürzte, um sich auf sein klappriges Rad zu schwingen und uns eine wilde Verfolgungsjagd<br />
durchs ganze Dorf zu liefern.<br />
Lernen bedeutet für mich das „Begreifen mit allen Sinnen“<br />
1959 geboren, verlebte ich eine entspannte Kindheit in dem <strong>kleine</strong>n Dorf Stubben im damaligem<br />
Landkreis Wesermünde. Mitte der siebziger Jahre machte ich eine Ausbildung zum Maschinenschlosser<br />
auf einer großen Werft in Bremerhaven. Nach der Lehre entschied ich mich gegen<br />
die Einberufung zur Bundeswehr und absolvierte meinen Zivildienst als pädagogischer Betreuer<br />
auf einem Abenteuerspielplatz in <strong>Bremen</strong>.<br />
Die reformpädagogischen Inhalte dieser Arbeit waren mir damals kein bewusster Vorsatz gewe-<br />
37
sen, sondern entwickelten sich als logische Konsequenz aus der praktischen Arbeit mit den Kindern<br />
und Jugendlichen. Diese kamen meist aus beengten Wohnverhältnissen, in deren Umfeld<br />
es weder Bäume zum Klettern, noch Freiräume zum Spielen mit Holz, Stein, Wasser und Sand<br />
gab. Durch meine praktischen Erfahrungen begriff ich, wie wichtig Erlebnispädagogik und kreatives<br />
Gestalten mit Naturmaterialen für Kinder in der Stadt ist. Der Zivildienst gab mir Impulse,<br />
mich beruflich neu zu orientieren.<br />
Zeit, Aufmerksamkeit und Verständnis sind wichtige Voraussetzungen<br />
aller Lernprozesse<br />
Bürgerliches Engagement war Ende der siebziger Jahre keine leere Parole. Wie viele andere<br />
auch war ich in der Friedens- und Anti AKW Bewegung aktiv. Ich las Bücher über freie Kinderziehung<br />
und unkonventionelle Schulbildung von Summerhill bis Tvindt. Mich faszinierten auch<br />
die neuen Einflüsse, die althergebrachtes Rollenverhalten zwischen Männern und Frauen aufbrachen,<br />
insbesondere die Veränderung des festgelegten gesellschaftlichen Klischees von Männern<br />
und Vätern. All das führte dazu, dass ich mich bei einer Elterninitiative einer freien Kindergruppe<br />
in <strong>Bremen</strong> bewarb und mehrere Jahre dieser etablierten Einrichtung treu blieb.<br />
Ich lernte durch die Verwirklichung neuer Ideen wesentliche Merkmale beim Umgang mit Kindern,<br />
Jugendlichen und Erwachsenen. Die wichtigsten sind die Notwendigkeit der Liebe und<br />
das Erlernen der Selbstdisziplin, weil sie die einzige gesunde Form von Disziplin ist. Freiheit<br />
bedeutet in jedem Fall eine große Verantwortung und Zeit ist die wichtigste Komponente für alle<br />
Lernprozesse. Ich nahm mir selber Zeit für eine neue Ausbildung und erlernte den Beruf des<br />
Behindertenpädagogen.<br />
Das Ziel meiner kreativen und pädagogischen Arbeit ist es, Talente und Neigungen<br />
bei Menschen, die eine besondere Fürsorge benötigen, neu zu entdecken<br />
und zu fördern<br />
Fürsorge und Bevormundung liegen bekannter Weise dicht beieinander. Ich begann meine<br />
Arbeit im Heim für Menschen mit Behinderungen zum Glück in einer Zeit, die durch die Auflösung<br />
der Psychiatrie Blankenburg mit neuen Einflüssen geprägt war. Freizeitpädagogik, Behindertensport,<br />
kreatives Gestalten, das Erlernen von Selbstverantwortung zu übernehmen, sich<br />
selbstbewusst in der Gruppe und im öffentlichem Leben behaupten zu können, waren inhaltliche<br />
Schwerpunkte meines Berufes. Ich besuchte Fortbildungen, die sich mit dem demografischen<br />
Wandel von Menschen mit Handicap beschäftigten und entwickelte Tagesstrukturen für die<br />
Seniorengruppe des Heimes. Es gab bis dahin noch keine Konzepte für die Seniorenarbeit in<br />
Behinderteneinrichtungen, denn bis zu diesem Zeitpunkt waren Menschen, die eine besondere<br />
Fürsorge brauchen, nicht in größeren Gruppen alt geworden. Wir haben in Teamarbeit ein<br />
Wohnheim mit viel Komfort, hellen Gemeinschaftsräumen und Einzelzimmer geschaffen und<br />
planten zur Einweihung eine große Feier. Über eine Empfehlung bekam ich die Adresse von<br />
38
Majanne, die als Theatermacherin „Fridolin, das Borstenvieh“ bei diesem Fest aufführte. Drei<br />
Monate später heirateten wir.<br />
Das Abenteuer freiberuflicher Tätigkeit<br />
Mitte der neunziger Jahre zogen wir auf eine ursprüngliche Hofstelle in den beschaulichen Ort<br />
Klein Ringmar und wuchsen zu einer sechsköpfigen Familie heran.<br />
Mittlerweile begannen sich meine Arbeitsbedingungen in <strong>Bremen</strong> durch finanzielle Einsparungen<br />
zu verändern. Es wurde weniger Personal und vor allen Dingen weniger pädagogische Fachkräfte<br />
eingestellt, die Arbeitsinhalte veränderten sich drastisch. Dieser Form von Kürzungen fiel<br />
der Faktor Zeit als erstes zum Opfer. Weder hatte ich Zeit für die Verwirklichung einer liebevollen<br />
Fürsorge und Betreuung der Heimbewohner, noch konnte ich mich aktiv am eigenen Familienleben<br />
beteiligen. Nachdem Majanne und ich die Idee hatten, soziokulturelle Projektarbeit<br />
zum Basisthema: Teilhabe – Inclusion mit Menschen, die eine besondere Fürsorge brauchen,<br />
durchzuführen, reifte mein Entschluss, ein geregeltes Einkommen gegen das Abenteuer freiberuflicher<br />
Tätigkeit zu tauschen. Weil die Hoftheaterprojekte viel ehrenamtliches Engagement beinhalten,<br />
schuf ich mir zusätzlich ein eigenes Atelier, indem ich aus Naturmaterialien und Ton kunsthandwerkliches<br />
gestalte. Ähnlich wie Majanne, die ihre eigene Bühnentätigkeit parallel zur Projektarbeit<br />
durchführte, arbeitete auch ich die letzten Jahre zweigleisig mit Hoftheater und meinem<br />
Wilden Akelei Atelier.<br />
Gegen Schubladendenken, Sprachlosigkeit und Vereinsamung wirken<br />
Die Gründung des Kleinen Hoftheaters von Majanne und mir ist eine logische Konsequenz unseres<br />
Zusammentreffens. Schon immer wollte ich mein Leben praktisch gestalten mit lebendigen<br />
Beispielen anstatt großer Worte. So passt das Wort Kleines wunderbar zu dieser grundsätzlichen<br />
Einstellung auf <strong>kleine</strong> Besonderheiten zu achten, um große Wirkung zu erzielen.<br />
Hof steht für das Heimische, die Familie – für einen Ort des Verstehens, der Verantwortung und<br />
der Gastfreundschaft. Auf einem (Bauern) Hof verändern sich Notwendigkeiten durch den<br />
Wechsel der Jahreszeiten (z.B. Aussaat, Ernte) und durch den Wechsel lebenszeitlicher Inhalte<br />
im gemeinschaftlichem Miteinander von Jung und Alt. Hof heißt Ganzheitlichkeit, die Verbundenheit<br />
von Menschen, Tieren, Pflanzen und dem alles umgebenden Universum.<br />
Theater ist der Begriff für die Möglichkeit eigene Verhaltensweisen zu verändern und ein Verständnis<br />
für fremde Lebenssituationen zu schaffen. Theater bedeutet immer ein Miteinander, denn<br />
selbst ein Solodarsteller hätte ohne Publikum keine Wirkung. Theater ist eine Erfahrung für Einzelne<br />
in einer Gruppe und für die Gruppe, in der wir jeden Teilnehmer zunächst einfach nur als<br />
Mensch sehen, unabhängig von Zuordnungskriterien und üblichen Bewertungsmaßstäben. Theater<br />
hat viele Facetten und Möglichkeiten. Das Kleine Hoftheater ist kein Bühnenbetrieb, sondern<br />
eine soziokulturelle Idee, die gegen festgelegtes Rollenverhalten und einseitige Meinungsbilder<br />
wirken soll.<br />
39
Folgende Filmausschnitte sind auf der beiliegenden DVD zu sehen:<br />
1. „Ein Hauch von Fellini weht über das Land“, behauptet die Redakteurin von „Buten und Binnen“<br />
(Radio <strong>Bremen</strong>, Fernsehen) in ihrem Bericht über die Legende vom Ring 1998.<br />
2. Zwei Jahre später drehte das Hoftheaterteam gemeinsam mit dem Filmemacher Ralf Schauwacker<br />
den Dokumentarfilm über das soziokulturelle Projekt „Über die Grenzen hinaus“.<br />
3. 2004 stellten die Teilnehmer des Projektes „Ich wär so gerne ein Mensch in einer Gesellschaft<br />
von Menschen“ ihre künstlerischen und musischen Ergebnisse dem Fernsehteam von „Hallo<br />
<strong>Niedersachsen</strong>“, NDR vor.<br />
4. Gemeinsam mit Ralf Schauwacker entstand der Streifen „Ein Stück von mir – Alte Männer - junge<br />
Kerle“ sowie der Kurzfilm „Zwölf Uhr Middach“<br />
Impressum:<br />
Herausgeber: Landkreis Diepholz<br />
Fotos: Das Kleine Hoftheater: 6, 10, 12, 14, 20, 22, 24, 30<br />
Freunde der Kaltblutpferde: 29<br />
Uwe Fricke: 18<br />
Kreismuseum Syke: 28<br />
Jörg Machirus: 4, 27<br />
Udo Meissner: 2, 16 (Quelle: Weser Kurier, Bremer Nachrichten,<br />
Verdener Nachrichten), 33, 37<br />
Luzia Moldenhauer: 26<br />
Senatspressestelle <strong>Bremen</strong>: 23<br />
Druck: Druckhaus Breyer, Diepholz, 2008<br />
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