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Was steckt dahinter? Das Gesicht der Modeindustrie in Mittelamerika

Diese Ausgabe der Zeitschrift presente wendet den Blick einmal ausnahmsweise nicht nach Asien, wenn es um die Modeindustrie geht, sondern nach Mittelamerika. Die Arbeiterin Nora Euceda spricht über ihre Erlebnisse als Arbeiterin und Gewerkschafterin in den Textilfabriken, der Abreitsrechtler Sergio Chavez resümiert über die Entwicklung seit der Jahrtausendwende "Die Ausbeutung hat nur ein neues Kleid" und unsere Arbeitsrechtsexpert*innen Kirsten Clodius und Maik Pflaum stellen die neusten Recherche-Ergebnisse aus Guatemala, El Salvador, Nicaragua und Honduras vor und die Ansätze, die die Lage in den Maquilas dort von Europa und Deutschland aus verbessern sollen: Das Textilbündnis, das Fairtrade Textilsiegel und die Fair Wear Foundation.

Diese Ausgabe der Zeitschrift presente wendet den Blick einmal ausnahmsweise nicht nach Asien, wenn es um die Modeindustrie geht, sondern nach Mittelamerika. Die Arbeiterin Nora Euceda spricht über ihre Erlebnisse als Arbeiterin und Gewerkschafterin in den Textilfabriken, der Abreitsrechtler Sergio Chavez resümiert über die Entwicklung seit der Jahrtausendwende "Die Ausbeutung hat nur ein neues Kleid" und unsere Arbeitsrechtsexpert*innen Kirsten Clodius und Maik Pflaum stellen die neusten Recherche-Ergebnisse aus Guatemala, El Salvador, Nicaragua und Honduras vor und die Ansätze, die die Lage in den Maquilas dort von Europa und Deutschland aus verbessern sollen: Das Textilbündnis, das Fairtrade Textilsiegel und die Fair Wear Foundation.

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Pensum für e<strong>in</strong>en Tag: 1008 Kleidungsstücke.<br />

Wochenlohn: Gew<strong>in</strong>n aus Verkauf von 1-2 Kleidungsstücken.<br />

Es ist also schwierig, sich zu organisieren?<br />

<strong>Das</strong> Schwierigste ist eigentlich, wie man von<br />

<strong>der</strong> Fabrikleitung angesehen wird. Sie sehen<br />

<strong>in</strong> uns Fe<strong>in</strong>de, Abschaum. <strong>Das</strong> merken wir vor<br />

allem wenn wir Kolleg*<strong>in</strong>nen bei Problemen<br />

o<strong>der</strong> Arbeitsrechtsverletzungen unterstützen<br />

und sie zur Gewerkschaftsleitung br<strong>in</strong>gen. Es<br />

steht uns zwar zu, unsere Rechte zu verteidigen,<br />

aber da ist immer die Angst, die Arbeit<br />

zu verlieren. Ich unterstütze die Gewerkschaft<br />

ohne Vorbehalte. Wir werden <strong>der</strong>maßen ausgebeutet,<br />

mir gehen die Ungerechtigkeiten <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Maquila gegen den Strich. Ich möchte als<br />

Näher<strong>in</strong> von Star me<strong>in</strong>en Kolleg*<strong>in</strong>nen helfen<br />

und sie unterstützen.<br />

Ist das als Frau beson<strong>der</strong>s schwierig?<br />

Auf jeden Fall. Früher gab es für uns nur die<br />

Arbeit im Haushalt. Wir durften gar nicht<br />

aus dem Haus. Heutzutage arbeiten<br />

Männer und Frauen zusammen <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Fabrik, aber wir Frauen s<strong>in</strong>d weniger<br />

angesehen. Dabei müssten wir<br />

die gleiche Anerkennung bekommen,<br />

wir haben die gleichen Rechte. Zum<br />

Glück werden wir von den Männern<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Gewerkschaft akzeptiert. Wir<br />

spielen alle mit offenen Karten und<br />

uns geht es um die E<strong>in</strong>haltung unserer<br />

Arbeitsrechte. E<strong>in</strong>ige von uns<br />

s<strong>in</strong>d ganz schön mutig und s<strong>in</strong>d mit<br />

Feuereifer dabei.<br />

Auf welche Ressonanz stoßen<br />

Eure Aktivitäten? Werdet ihr<br />

benachteiligt?<br />

Es gibt auch Gewalt und Diskrim<strong>in</strong>ierung<br />

gegen uns. Wir haben<br />

bei <strong>der</strong> Fabrikleitung ke<strong>in</strong> gutes<br />

Ansehen. Sie fühlen sich angegriffen<br />

und marg<strong>in</strong>alisieren organisierte<br />

Näher*<strong>in</strong>nen genauso<br />

wie Gewerkschaftsführer*<strong>in</strong>nen.<br />

Wir können <strong>in</strong> <strong>der</strong> Fabrik niemals<br />

aufsteigen.<br />

Du sagst, es gibt auch Gewalt. Wie groß<br />

ist ihre Rolle <strong>in</strong> De<strong>in</strong>em Leben und <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Arbeit?<br />

Die Gewalt bei uns im Land ist unglaublich<br />

und be<strong>in</strong>flusst alles <strong>in</strong> unserem Leben. Ich b<strong>in</strong><br />

schon unzählige Male überfallen worden.<br />

Auch Bandengewalt durch die Maras muss ich<br />

erleben. Manchmal fühle ich mich bei <strong>der</strong> Arbeit<br />

sicherer als <strong>in</strong> me<strong>in</strong>em eigenen Zuhause.<br />

In me<strong>in</strong>em Stadtteil wird nachts e<strong>in</strong>gebrochen<br />

und die Schlafenden werden mit Waffen bedroht,<br />

um ihnen das Wenige, das es zu holen<br />

gibt, abzunehmen.<br />

Diese Gewalt frustriert mich. Sie macht mir<br />

Angst. Aber gleichzeitig spüre ich auch, dass<br />

ich e<strong>in</strong>fach weiter machen muss. Für me<strong>in</strong>e<br />

Familie, aber auch für me<strong>in</strong>e Kolleg*<strong>in</strong>nen.<br />

Nicht alle haben den Mut, stark zu se<strong>in</strong>, zu<br />

LITERATUR-TIPP<br />

Profitgier<br />

ohne Grenzen<br />

Wenn Arbeit nichts<br />

mehr wert ist und<br />

Menschenrechte auf<br />

<strong>der</strong> Strecke bleiben<br />

von Caspar Dohmen<br />

Eichborn, 2016<br />

8 presente 4/2016

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