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Rechtsfragen der Krankenhausaufsicht

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<strong>Rechtsfragen</strong> <strong>der</strong> <strong>Krankenhausaufsicht</strong><br />

Prof. Dr. Martin Rehborn<br />

Rechtsanwalt, Fachanwalt für Medizinrecht, Dortmund 1<br />

Inhaltsübersicht<br />

A. Einleitung/Historie ........................... 41<br />

B. Allgemeine Grundlagen <strong>der</strong> Aufsicht . . . ............. 42<br />

I. Der Begriff „Aufsicht“ und Aufsichtsformen .......... 43<br />

1. Wirtschaftsaufsicht, Verwaltungsaufsicht, Staatsaufsicht 43<br />

2. Trägeraufsicht ......................... 44<br />

II. Maßstäbe <strong>der</strong> Aufsicht (Rechts- und Fachaufsicht) . ..... 49<br />

III. Gesetzgebungskompetenzen für die <strong>Krankenhausaufsicht</strong> . . 50<br />

C. <strong>Krankenhausaufsicht</strong> in den Län<strong>der</strong>n . . . ............. 52<br />

I. (Umfassende) Rechtsaufsicht ................... 52<br />

II. Die Ausgestaltung <strong>der</strong> <strong>Krankenhausaufsicht</strong> am Beispiel<br />

Nordrhein-Westfalens . . ..................... 53<br />

1. Aufsichtsobjekte allgemein ................. 53<br />

2. Inhalte <strong>der</strong> Aufsicht im Sinne des § 11 Abs. 2 KHGG<br />

NRW .............................. 61<br />

3. Mittel <strong>der</strong> Aufsicht im Sinne des § 11 Abs. 3 KHGG NRW 62<br />

4. Organisation <strong>der</strong> Rechtsaufsicht . ............. 64<br />

III. Mçgliche Interessenkollisionen ................. 65<br />

D. Fehlerhafte Rechtsaufsicht . ..................... 67<br />

I. Drittbezogenheit von Aufsichtspflichten ............ 68<br />

II. Drittschützende Wirkung <strong>der</strong> <strong>Krankenhausaufsicht</strong> in NRW . 69<br />

Anhang relevanter Rechtsvorschriften ................... 73<br />

A. Einleitung/Historie<br />

Eine staatliche Aufsicht über die Krankenhäuser existiert nicht erst seit den<br />

letzten Jahrzehnten und ist nicht allein in <strong>der</strong> Bundesrepublik Deutschland<br />

üblich. Bereits im Handbuch <strong>der</strong> Gesetzeskunde im Sanitäts- und Medicinal-Gebiete<br />

stellte von Hempe-Kürsinger fest, dass „alle verschiedenen<br />

Abtheilungen, nämlich: Das Kranken-, Toll-, Gebär- und Siechenhaus,<br />

dann die Findlings- und Weisen-Institute und die gestifteten Pfründner“<br />

„Unter <strong>der</strong> Aufsicht <strong>der</strong> Ober-Direction stehen“. 2 Die Län<strong>der</strong>-Chefs hatten<br />

die Oberaufsicht und persçnliche Pflicht für die Aufrechterhaltung <strong>der</strong><br />

1 Beson<strong>der</strong>er Dank für tatkräftige Unterstützung bei <strong>der</strong> schriftlichen Fassung gilt Frau Rechtsanwältin<br />

Anne Schäfer, M.A., und Herrn Diplom-Wirtschaftsjuristen Jens Ahlhaus, Sozietät<br />

Dr. Rehborn, Rechtsanwälte, Dortmund.<br />

2 Von Hempe-Kürsinger, Handbuch <strong>der</strong> Gesetzeskunde im Sanitäts- und Medicinal-Gebiete,<br />

Wien 1830, Bd. 2, S. 17.<br />

41


Prof. Dr. Martin Rehborn<br />

genannten Anstalten. 3 Im Abschnitt über das Recht <strong>der</strong> Gemeindeanstalten<br />

und <strong>der</strong> gewerblichen Unternehmungen <strong>der</strong> Gemeinden heißt es im Handbuch<br />

des kommunalen Verfassungs- und Verwaltungsrechts in Preußen:<br />

„Alle Krankenanstalten . . . sind nämlich <strong>der</strong> Aufsicht des zuständigen<br />

Kreisarztes unterworfen (§ 6 Nr. 3, § 100 G. vom 16. September 1899,<br />

GS. 172). Das Recht des Kreisarztes erstreckt sich aber, da seine Befugnisse<br />

nicht näher angegeben und umgrenzt sind, nur auf die Besichtung und Prüfung<br />

<strong>der</strong> Einrichtungen des Betriebes, nicht aber auf sonstige Angelegenheiten<br />

<strong>der</strong> Krankenanstalten, insbeson<strong>der</strong>e nicht auf Angelegenheiten verwaltungsrechtlicher<br />

o<strong>der</strong> verwaltungs- o<strong>der</strong> wirtschaftstechnischer Art. Hierfür<br />

ist <strong>der</strong> beson<strong>der</strong>e Leiter <strong>der</strong> Anstalt allein verantwortlich und zuständig.“ 4<br />

Krankenhäuser stehen folglich traditionell unter staatlicher Aufsicht. Die<br />

Zuständigkeit für die Ausübung <strong>der</strong> Aufsicht und die Reichweite <strong>der</strong> Aufsichtsbefugnisse<br />

waren teilweise schon früh explizit geregelt.<br />

Heute wie damals stützt sich die Aufsicht über Krankenanstalten bzw.<br />

Krankenhäuser auf die jeweils gültigen allgemeinen Grundsätze staatlicher<br />

Aufsicht (B. Allgemeine Grundlagen <strong>der</strong> Aufsicht). Die <strong>Krankenhausaufsicht</strong><br />

<strong>der</strong> Gegenwart obliegt in <strong>der</strong> Bundesrepublik Deutschland weit überwiegend<br />

den Län<strong>der</strong>n (C. <strong>Krankenhausaufsicht</strong> in den Län<strong>der</strong>n); ihre Ausgestaltung<br />

soll am Beispiel des Landes Nordrhein-Westfalen vorgestellt<br />

werden. Weist die staatliche <strong>Krankenhausaufsicht</strong> Mängel auf, so stellt<br />

sich die Frage nach einer mçglichen Haftung des Staates für hieraus entstandene<br />

Schäden (D. Amtshaftung bei fehlerhafter Rechtsaufsicht).<br />

B. Allgemeine Grundlagen <strong>der</strong> Aufsicht<br />

Der Begriff <strong>der</strong> <strong>Krankenhausaufsicht</strong> ist inhaltlich anzureichern und auszufüllen.<br />

Eine sachgemäße Annäherung kann zunächst einmal über den<br />

positivrechtlichen Weg führen: Dieser geht von dem Verständnis <strong>der</strong> Aufsicht<br />

aus, wie sie in den rechtlich maßgeblichen Vorschriften für das Krankenhauswesen<br />

definiert wird. Die Krankenhausgesetze verwenden den<br />

Begriff <strong>der</strong> Aufsicht jedoch, ohne diesen zu definieren, und setzen damit<br />

gleichsam ein grundlegendes Verständnis dessen voraus, was allgemein<br />

unter Aufsicht gefasst wird. Vor <strong>der</strong> Analyse <strong>der</strong> <strong>Krankenhausaufsicht</strong> in<br />

den Län<strong>der</strong>n ist daher eine Fundierung des Begriffs <strong>der</strong> Aufsicht und <strong>der</strong><br />

Aufsichtsformen (I.) sinnvoll sowie <strong>der</strong> Blick auf die mçglichen Maßstäbe<br />

<strong>der</strong> Aufsicht im Sinne <strong>der</strong> Rechts- und <strong>der</strong> Fachaufsicht (II.). Letztlich soll<br />

die kompetenzrechtliche Grundlage für die <strong>Krankenhausaufsicht</strong> im<br />

Bereich <strong>der</strong> Gesetzgebung (III.) gelegt werden.<br />

3 Von Hempe-Kürsinger, Handbuch <strong>der</strong> Gesetzeskunde im Sanitäts- und Medicinal-Gebiete,<br />

Wien 1830, Bd. 2, S. 17.<br />

4 Stier-Somlo, Handbuch des kommunalen Verfassungs- und Verwaltungsrechts in Preußen,<br />

Bd. II, 2. Teil, Oldenburg 1917, S. 202f.<br />

42


I. Der Begriff „Aufsicht“ und Aufsichtsformen<br />

<strong>Rechtsfragen</strong> <strong>der</strong> <strong>Krankenhausaufsicht</strong><br />

Der Begriff <strong>der</strong> Aufsicht ist vielgestaltig, weil er sich rechtswissenschaftlich<br />

im Hinblick auf unterschiedliche Aspekte unterglie<strong>der</strong>n lässt. Als grundlegendes<br />

Definitionselement lässt sich Aufsicht als ein einseitiges und<br />

damit subordinationsrechtliches Mittel <strong>der</strong> Einwirkung auf eine Organisation<br />

zum Zweck <strong>der</strong> Zielerreichung verstehen, das aus den drei idealtypisch<br />

aufeinan<strong>der</strong>folgenden Phasen des Beobachtens, des Prüfens und<br />

des ggf. berichtigenden Einschreitens besteht. 5<br />

1. Wirtschaftsaufsicht, Verwaltungsaufsicht, Staatsaufsicht<br />

Die Aufsicht kann in Wirtschaftsaufsicht, Verwaltungsaufsicht und Staatsaufsicht<br />

unterteilt werden, wobei eine nähere Konturierung dieser Kategorien<br />

aufgrund <strong>der</strong> Fülle des Meinungsstandes ein schwieriges Unterfangen<br />

darstellt. 6 Als geklärt wird <strong>der</strong> Begriff <strong>der</strong> Wirtschaftsaufsicht angesehen. 7<br />

Diese ist als überwiegend staatliche Aufsicht über alle Wirtschaftssubjekte<br />

zu definieren, also Hersteller, Anbieter o<strong>der</strong> Verteiler von Gütern o<strong>der</strong><br />

Dienstleistungen, welche die selbstverantwortliche Teilnahme am Wirtschaftsverkehr<br />

mit den dafür geltenden Rechtsregeln in Einklang halten<br />

soll. 8 Den Gegenbegriff zur Wirtschaftsaufsicht bildet die Verwaltungsaufsicht,<br />

die zumeist als staatliche Aufsicht über verselbstständigte Verwaltungsträger<br />

definiert wird, teilweise auch auf das Behçrdeninternum bezogen<br />

und im Sinne einer Dienst- und Behçrdenaufsicht benutzt wird. 9<br />

5 Jestaedt, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts,<br />

Bd. I, München 2006, § 14 Rn. 59 mit Bezug auf Kahl, Die Staatsaufsicht, Tübingen 2000,<br />

S. 355; ähnlich Krebs, in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts <strong>der</strong> Bundesrepublik<br />

Deutschland, Bd. III, 2. Aufl., Heidelberg 1996, § 69 Rn. 41.<br />

6 Vgl. dazu insbeson<strong>der</strong>e die systematische Darstellung bei Kahl, Die Staatsaufsicht, Tübingen<br />

2000, S. 362 ff.; bei Groß, DVBl. 2002, 793, 795ff. Differenzierung nach Wirtschaftsaufsicht,<br />

Bundesaufsicht, Rechtsaufsicht, Behçrdenaufsicht, Organaufsicht, Dienstaufsicht und Son<strong>der</strong>aufsicht.<br />

7 So Kahl, Die Staatsaufsicht, Tübingen 2000, S. 362 mit ausführlicher Darstellung des Meinungsstands.<br />

8 Vgl. Kahl, Die Staatsaufsicht, Tübingen 2000, S. 362 mit Bezug auf Bullinger, VVDStRL 22<br />

(1965), S. 264 (324 These 8); Ehlers, Ziele <strong>der</strong> Wirtschaftsaufsicht, Kçln 1997, S. 6, <strong>der</strong> darauf<br />

hinweist, dass auch staatliche Wirtschaftssubjekte, die wie Private am Wirtschaftsleben teilnehmen,<br />

<strong>der</strong> Wirtschaftsaufsicht unterfallen kçnnen und ausführt: „Bei <strong>der</strong> Wirtschaftsaufsicht<br />

handelt es sich demnach um eine Je<strong>der</strong>mannaufsicht über Wirtschaftstreibende, nicht<br />

dagegen zwingend um eine Aufsicht über Private.“; Schmidt, in: Handwçrterbuch <strong>der</strong> Wirtschaftswissenschaften,<br />

Bd. 9, 1982, S. 34, 35; <strong>der</strong>s., Öffentliches Wirtschaftsrecht, AT, S. 300,<br />

338f; <strong>der</strong>s., in Achterberg/Püttner, Beson<strong>der</strong>es Verwaltungsrecht, Bd. 1, Heidelberg 1990, S. 3,<br />

38, 51; Scholz, Wirtschaftsaufsicht und subjektiver Konkurrentenschutz, Berlin 1971, S. 16;<br />

Tettinger, Rechtsanwendung und gerichtliche Kontrolle im Wirtschaftsverwaltungsrecht, München<br />

1980, S. 254; Ziekow, WUR 1991, 243, 243.<br />

9 Vgl. zu den unterschiedlichen Verständnissen <strong>der</strong> Verwaltungsaufsicht Kahl, Die Staatsaufsicht,<br />

Tübingen 2000, S. 363.<br />

43


Prof. Dr. Martin Rehborn<br />

Schwierig stellt sich die Lage bei <strong>der</strong> Staatsaufsicht dar. Hier stehen sich<br />

im Großen und Ganzen zwei Ansichten gegenüber: ein weites und ein<br />

enges Verständnis von Staatsaufsicht. Nach einer weiten Auslegung kann<br />

Staatsaufsicht als Oberbegriff für die Aufsicht über Verwaltungsträger und<br />

private Wirtschaftssubjekte verstanden werden. 10 Dagegen scheidet nach<br />

einer engen Auslegung die Aufsicht über Privatrechtssubjekte aus <strong>der</strong><br />

Staatsaufsicht aus. 11 Für eine begrifflich klare Abgrenzung <strong>der</strong> Staatsaufsicht<br />

von <strong>der</strong> Wirtschaftsaufsicht ist ein enges Verständnis von <strong>der</strong> Staatsaufsicht<br />

vorzugswürdig, weil nur dieses Verständnis Überschneidungen<br />

verhin<strong>der</strong>t. 12<br />

2. Trägeraufsicht<br />

Aufsicht lässt sich weiterhin nach dem Aufsichtsverantwortlichen und den<br />

Aufsichtsbereichen in externe und interne Aufsicht unterglie<strong>der</strong>n. Während<br />

die externe Aufsicht mit <strong>der</strong> Staatsaufsicht im engeren Sinne korrespondiert,<br />

also Aufsicht des Staates über Verwaltungsträger meint (die Landesregierung<br />

über Regierungspräsidien, Regierungspräsidien über Kreise<br />

und kreisfreie Städte), ist unter interner Aufsicht die Aufsicht von Gremien<br />

o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Beauftragten des Unternehmensträgers über die Einhaltung<br />

von Rechtsvorschriften durch das Unternehmen zu verstehen. Interne Aufsicht<br />

kann daher auch verkürzt als „Trägeraufsicht“ bezeichnet werden.<br />

Für diese interne Aufsicht ist <strong>der</strong> Begriff des Unternehmens weit zu fassen<br />

und an dem sogenannten funktionalen Unternehmensbegriff 13 zu orientieren,<br />

wie er für das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) gilt.<br />

Dies ist deswegen sachangemessen, weil sich die Trägeraufsicht innerhalb<br />

von Unternehmen auf die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften bezieht, die<br />

nicht an Unternehmen als Institution anknüpfen, son<strong>der</strong>n an die Tätigkeit<br />

im geschäftlichen Verkehr. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs<br />

(BGH) zum Begriff des Unternehmens nach dem GWB ist für<br />

10 Breit, Staatsaufsicht über Privatunternehmungen, Diss. Erlangen 1937; Brohm, Das Verhältnis<br />

von mittelbarer Staatsverwaltung und Staatsaufsicht im Wirtschaftsrecht, in: Mestmäcker<br />

(Hrsg.), Kommunikation ohne Monopole, Bd. II, Baden-Baden 1995, S. 253 – 289; weitere<br />

Nachweise bei Kahl, Die Staatsaufsicht, Tübingen 2000, S. 363.<br />

11 Ehlers, Verwaltung in Privatrechtsform, Berlin 1984, S. 268; Krebs, in: Isensee/Kirchhof,<br />

Handbuch des Staatsrechts <strong>der</strong> Bundesrepublik Deutschland, Bd. III, 2. Aufl., Heidelberg<br />

1996, § 69 Rn. 43; Schrç<strong>der</strong>, JuS 1986, S. 371 (371 f.); vgl. auch Kirchhof, in: Handbuch des<br />

Staatsrechts, Bd. V, Heidelberg 2007, § 99 Rn. 239 ff., <strong>der</strong> zwischen allgemeiner Aufsicht<br />

gegenüber <strong>der</strong> Gesellschaft, Gewährleistungsverantwortung nach <strong>der</strong> Privatisierung von Wirtschaftszweigen<br />

und Aufsicht über die mittelbare Staatsverwaltung unterscheidet; weitere<br />

Ausdifferenzierung des Meinungsstands bei Kahl, Die Staatsaufsicht, Tübingen 2000, S. 363.<br />

12 ¾hnlich Kahl, Die Staatsaufsicht, Tübingen 2000, S. 363.<br />

13 Vgl. zum funktionalen Unternehmensbegriff Bechtold, GWB, 5. Aufl. 2008, Heidelberg, § 1<br />

Rn. 6; Zimmer, in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht, Bd. 2 GWB, 4. Aufl. 2007, München,<br />

§ 1 Rn. 27; Nordemann, in: Loewenheim/Meessen/Riesenkampff, Kartellrecht, Bd. 2<br />

GWB, München 2006, § 1 Rn. 18.<br />

44


<strong>Rechtsfragen</strong> <strong>der</strong> <strong>Krankenhausaufsicht</strong><br />

den funktionalen Unternehmensbegriff „jedwede Tätigkeit im geschäftlichen<br />

Verkehr“ prägend. 14 Als weitere Kriterien müssen die Selbstständigkeit<br />

<strong>der</strong> Marktteilnehmer und eine Abgrenzung zum privaten Nachfrager<br />

gegeben sein, sodass <strong>der</strong> Begriff des Unternehmens „jede selbstständige<br />

und nicht lediglich dem privaten Verbrauch dienende Tätigkeit im<br />

geschäftlichen Verkehr“ erfasst. 15<br />

Die Trägeraufsicht – verstanden als weitgehend eigenständige vom Staat<br />

entkoppelte Aufsicht innerhalb eigenständiger rechtlicher Organisationseinheiten<br />

– ist weit zu fassen und bezieht auch konfessionelle Einrichtungen<br />

wie die evangelische und die katholische Kirche und ihre Stiftungen<br />

ein. So bilden die kirchlichen Stiftungsgesetze <strong>der</strong> Landeskirchen, die Kirchengesetze<br />

und die kirchlichen Verordnungen den rechtlichen Rahmen<br />

für die Aufsicht über die Stiftungen innerhalb <strong>der</strong> evangelischen Kirche. 16<br />

Für die kirchlichen Stiftungen in <strong>der</strong> katholischen Kirche gelten die Rahmenvorschriften<br />

des Codex Iuris Canonici (CIC) 1983, die teilweise ausfüllungsbedürftig<br />

sind. Dazu wurde bspw. für Bayerische Diçzesen die Ordnung<br />

für kirchliche Stiftungen vom 15. September 1959 (KStiftO)<br />

geschaffen, die noch aufgrund des CIC 1917 ergangen ist. 17<br />

a) Aufsichtsgremien und -beauftragte<br />

Die Aufsicht innerhalb eines Unternehmens kann durch Aufsichtsgremien<br />

des Trägers wahrgenommen werden. Welches Gremium die Aufsicht o<strong>der</strong><br />

– wie zumeist positivrechtlich formuliert – die Überwachung vornimmt,<br />

ergibt sich aus dem Gesetz (z. B. § 111 Abs. 1 AktG für den so genannten<br />

Pflichtaufsichtsrat innerhalb von Aktiengesellschaften, § 52 Abs. 1 GmbHG,<br />

demzufolge durch den Gesellschaftsvertrag fakultativ 18 ein Aufsichtsrat als<br />

Überwachungsgremium bestellt werden kann) o<strong>der</strong> aus Satzungen und Verordnungen.<br />

14 BGH GrZS 22. 3. 1976 WuW/E BGH 1469 „Autoanalyser“ = BGHZ 67, 81; BGH 19. 9. 1974<br />

WuW/E BGH 1325 „Schreibvollautomat“ = NJW 1974, 2236; BGH 14. 3. 1990 WuW/E BGH<br />

2627, 2632 „Sportübertragungen“ = BGHZ 110, 371, 380 = NJW 1990, 2815; BGH 11. 12.<br />

1997 WuW/E DE-R 17, 19 „Europapokalheimspiele“ = WRP 1998, 188; BGH 9. 3. 1999 WuW/E<br />

DE-R 289, 291 „Lottospielgemeinschaft“.<br />

15 BGH 16. 2. 1981 WuW/E BGH 1841, 1842 „Ganser-Dahlke“ = BGHZ 80, 69.<br />

16 Vgl. von Camphausen/de Wall, Staatskirchenrecht, 4. Aufl. 2006, München, S. 276 f.; ausführlich<br />

zur Aufsicht über kirchliche Stiftungen: Achilles, Die Aufsicht über die kirchlichen Stiftungen<br />

<strong>der</strong> Evangelischen Kirche in <strong>der</strong> Bundesrepublik Deutschland, JuS Ecclesiasticum 32,<br />

1986.<br />

17 Vgl. von Camphausen/de Wall, Staatskirchenrecht, 4. Aufl. 2006, München, S. 277.<br />

18 Zu den Mçglichkeiten des fakultativen und in bestimmten Fällen obligatorisch zu errichtenden<br />

Aufsichtsrats vgl. Fichtemann, in: Bartl/Bartl/Fichtelmann/Koch/Schlarb, GmbH-Recht,<br />

6. Aufl. 2009, Heidelberg, § 52 Rn. 1ff.; zur früheren Fassung des GmbHG ausführlich Lutter/<br />

Hommelhoff, GmbH-Gesetz, 16. Aufl. 2004, Kçln, § 52 Rn. 1ff; ausführlich dazu auch Schnei<strong>der</strong>,<br />

in: Scholz, GmbHG, II. Bd., 10. Aufl. 2007, Kçln, § 52 Rn. 2ff. und Rn. 401 ff.<br />

45


Prof. Dr. Martin Rehborn<br />

Dass die Trägeraufsicht nicht stets durch ein Gremium ausgeführt wird,<br />

zeigt das çffentliche Recht. Die Unterteilung <strong>der</strong> Aufsicht in externe und<br />

interne Aufsicht ist dort ebenfalls gebräuchlich, auch wenn dort an<strong>der</strong>e<br />

Bezeichnungen dieser Formen <strong>der</strong> Aufsicht üblich sind. Im Gewässerschutzrecht<br />

bspw. wird die Gewässerüberwachung in „staatliche Überwachung“<br />

und „Eigenüberwachung“ unterglie<strong>der</strong>t, wobei Letztere betriebliche<br />

Eigenüberwachung meint. 19 Die interne betriebliche Eigenüberwachung<br />

erfolgt nach dem Gewässerschutzrecht durch den „Betriebsbeauftragten für<br />

Gewässerschutz“ 20 (§§ 21a – 21g WHG). Die rechtliche Zuordnung des<br />

internen Gewässerschutzbeauftragten 21 kann problematisch sein, weil<br />

§ 21a Abs. 1 WHG vorsieht, dass dieser Beauftragte bestellt wird, ohne<br />

jedoch klarzustellen, ob dies im Sinne einer Beleihung zu verstehen ist.<br />

Die Übertragung einer Aufsichtsaufgabe auf Private durch Gesetz ist nicht<br />

zwingend als Beleihung zu qualifizieren, weil <strong>der</strong> Beauftragte regelmäßig<br />

mit dem Unternehmen über einen Arbeits- o<strong>der</strong> Anstellungsvertrag o<strong>der</strong><br />

als externer Beauftragter durch einen Werk- o<strong>der</strong> Dienstleistungsvertrag verbunden<br />

ist. 22 Gegen die Beleihung und damit für eine rechtsklare Abgrenzung<br />

von externer staatsgebundener und interner eigenbetrieblicher Aufsicht<br />

im Gewässerrecht spricht neben <strong>der</strong> beratenden Stabsfunktion des<br />

Gewässerschutzbeauftragten (vgl. § 21b WHG) das Fehlen von Weisungsbefugnissen.<br />

23 Letztlich kann dieser Streit hier jedoch offenbleiben, da <strong>der</strong><br />

Exkurs in das Gewässerschutzrecht an dieser Stelle nur verdeutlichen soll,<br />

dass auch in an<strong>der</strong>en Bereichen des çffentlichen Gefahrenabwehrrechts die<br />

Unterscheidung zwischen externer und interner Aufsicht existiert.<br />

Zu dieser Form <strong>der</strong> Trägeraufsicht zählt auch die Aufsicht im Bereich <strong>der</strong><br />

Krankenhaushygiene. Für die Einhaltung <strong>der</strong> Hygienevorschriften ist nach<br />

den Krankenhausgesetzen <strong>der</strong> Län<strong>der</strong> und <strong>der</strong>en Krankenhaushygienever-<br />

19 Vgl. Kloepfer, Umweltrecht, 3. Aufl. 2004, München, § 13 Rn. 216ff.; Koch, Umweltrecht,<br />

2. Aufl. 2007, München, § 5 Rn. 113ff;<br />

20 Zum Gewässerschutzbeauftragten ausführlich H. Rehborn/M. Rehborn, ZfW 1999, 363 ff.<br />

21 Daneben existieren in an<strong>der</strong>en Gesetzen Unterstützungs- und Beratungsfunktionen eines<br />

Unternehmens durch beson<strong>der</strong>s zu bestellende Beauftragte, wie den Betriebsbeauftragten für<br />

Immissionsschutz (§ 53 BImSchG) und den Betriebsbeauftragten für Abfall (§ 54 KrW-/AbfG).<br />

Zur Vorkehrung von Unfall- und Gesundheitsgefahren sieht weiterhin § 22 Sozialgesetzbuch<br />

Siebtes Buch (SGB VII) die Bestellung eines Sicherheitsbeauftragten für Unternehmen mit<br />

mehr als 20 Beschäftigten vor. Überwachungsfunktionen werden im Bereich <strong>der</strong> Arbeitssicherheit<br />

auch durch zu bestellende Betriebsärzte (vgl. §§ 2 und 3 Arbeitssicherheitsgesetz)<br />

und Fachkräfte für Arbeitssicherheit erbracht (§§ 5ff. Arbeitssicherheitsgesetz).<br />

22 So Giesberts/Reinhardt, in: Beck’scher Online-Kommentar WHG § 21a, Stand: 1. 4. 2009,<br />

Rn. 3.<br />

23 Giesberts/Reinhardt, in; Beck’scher Online-Kommentar WHG § 21a, Stand: 1. 4. 2009, Rn. 3.<br />

Gegen eine Qualifizierung <strong>der</strong> so genannten Umweltschutzbeauftragten in ein Beleihungso<strong>der</strong><br />

Auftragsverhältnis zum Staat auch Kloepfer, Umweltrecht, 3. Aufl. 2004, München, § 4<br />

Rn. 425.<br />

46


ordnungen regelmäßig ein Hygienebeauftragter zu bestellen (z. B. § 5 Saarländische<br />

Krankenhaushygieneverordnung, § 23 Krankenhaus-Verordnung<br />

Berlin, § 4 Krankenhaushygiene-Verordnung NRW, § 6 Krankenhaushygieneverordnung<br />

Bremen, § 32 Landeskrankenhausgesetz Rheinland-Pfalz, § 3<br />

Sächsische Krankenhaushygienerahmenverordnung). Den Hygienebeauftragten<br />

obliegen Unterstützungs- und Mitwirkungspflichten. So sieht § 5<br />

Abs. 3 Satz 1 Saarländische Krankenhaushygieneverordnung vor, dass die<br />

Hygienebeauftragten die Krankenhaushygienikerin o<strong>der</strong> den Krankenhaushygieniker<br />

bei <strong>der</strong> Aufgabenwahrnehmung unterstützen und eng mit den<br />

Hygienefachkräften zusammenwirken. Insbeson<strong>der</strong>e haben sie bei <strong>der</strong> Einhaltung<br />

<strong>der</strong> Regeln <strong>der</strong> Hygiene- und Infektionsprävention in ihrem Verantwortungsbereich<br />

mitzuwirken und dabei Verbesserungen des Hygieneplans<br />

und <strong>der</strong> Funktionsabläufe anzuregen, bei <strong>der</strong> Erkennung bestimmter Infektionen<br />

mitzuwirken und dabei die Infektionsketten und -ursachen zu<br />

erforschen sowie in Zusammenarbeit mit <strong>der</strong> ärztlichen Leitung Gegenmaßnahmen<br />

einzuleiten, die Einhaltung <strong>der</strong> Anordnungen <strong>der</strong> ¾rztlichen<br />

Direktorin o<strong>der</strong> des ¾rztlichen Direktors zur Krankenhaushygiene zu überwachen<br />

und bei <strong>der</strong> hausinternen Fortbildung des Krankenhauspersonals<br />

in <strong>der</strong> Krankenhaushygiene mitzuwirken. Diese interne Aufsicht ist ersichtlich<br />

schwerpunktmäßig durch ein mo<strong>der</strong>nes kooperatives Zusammenwirken<br />

von Beauftragtem und weiteren hausinternen Fachkräften geprägt und<br />

weniger von dem herkçmmlichen Kontroll- und Steuerungsverständnis,<br />

wie es in <strong>der</strong> Ausgestaltung des Aufgabenkreises des Gewässerschutzbeauftragten<br />

zum Ausdruck kommt.<br />

Für den Bereich <strong>der</strong> Sicherheit von Rçntgeneinrichtungen existiert das<br />

Institut des Strahlenschutzbeauftragten (§ 13 Abs. 2 Rçntgenverordnung).<br />

Auch dieser wird zur internen unternehmensinternen Beaufsichtigung<br />

bestellt (vgl. § 13 Abs. 2 RçV). Dem Strahlenschutzbeauftragten obliegen<br />

sowohl Mitwirkungspflichten – z. B. in Form von Unterrichtungspflichten<br />

(vgl. § 14 Abs. 2 RçV) gegenüber dem Strahlenschutzverantwortlichen und<br />

gegenüber dem Betriebsrat und den Fachkräften für Arbeitssicherheit (vgl.<br />

§ 14 Abs. 4 RçV) – als auch ein Vorschlagsrecht für eine Abhilfemaßnahme<br />

zur Behebung von aufgetretenen Mängeln (§ 14 Abs. 2 RçV) und Beratungspflichten<br />

(§ 14 Abs. 4 RçV).<br />

Eine Son<strong>der</strong>stellung nimmt <strong>der</strong> Strahlenschutzbeauftragte nach § 31<br />

Strahlenschutzverordnung ein. Dieser hat nicht schwerpunktmäßig – wie<br />

die allgemeinen Betriebsbeauftragten für Umweltschutz (Gewässerschutz,<br />

Immissionsschutz, Abfall) – Unterrichtungs- und Mitwirkungspflichten,<br />

son<strong>der</strong>n ist mit <strong>der</strong> Leitung und Beaufsichtigung bestimmter überwachungspflichtiger<br />

Tätigkeiten betraut. 24<br />

24 Vgl. Kloepfer, Umweltrecht, 3. Aufl. 2004, München, § 4 Rn. 426.<br />

<strong>Rechtsfragen</strong> <strong>der</strong> <strong>Krankenhausaufsicht</strong><br />

47


Prof. Dr. Martin Rehborn<br />

b) Mçglicher Umfang <strong>der</strong> Trägeraufsicht<br />

Der Umfang <strong>der</strong> Überwachungspflichten im Rahmen <strong>der</strong> Trägeraufsicht<br />

wird durch die gesetzlichen Vorschriften (z. B. § 111 AktG, § 21b WHG,<br />

§§ 8–10 Saarländische Krankenhaushygieneverordnung, § 14 Rçntgenverordnung)<br />

und die Rechtsprechung bestimmt. Dieser Umfang kann sehr<br />

weitgehend sein. 25 Herausgegriffen sei hierfür die ARAG-Entscheidung<br />

des BGH. 26 Der BGH hat in dieser Entscheidung aus <strong>der</strong> Aufgabe des Aufsichtsrats<br />

einer Aktiengesellschaft, die Tätigkeit des Vorstandes zu überwachen<br />

und zu kontrollieren, die Verpflichtung abgeleitet, das Bestehen<br />

von Schadensersatzansprüchen <strong>der</strong> Aktiengesellschaft gegenüber den Vorstandsmitglie<strong>der</strong>n<br />

eigenständig zu prüfen. 27 Gelangt <strong>der</strong> Aufsichtsrat bei<br />

dieser Prüfung zu dem Ergebnis, dass sich <strong>der</strong> Vorstand schadensersatzpflichtig<br />

gemacht hat, muss er zunächst aufgrund einer sorgfältigen und<br />

sachgerecht durchzuführenden Risikoanalyse abschätzen, ob und in welchem<br />

Umfang die gerichtliche Geltendmachung zu einem Ausgleich des<br />

entstandenen Schadens führt. 28 Stehen <strong>der</strong> Aktiengesellschaft danach<br />

durchsetzbare Schadensersatzansprüche zu, besteht für den Aufsichtsrat<br />

die grundsätzliche Pflicht, diese Ansprüche zu verfolgen. 29 Er darf davon<br />

nur dann ausnahmsweise absehen, wenn gewichtige Gründe des Gesellschaftswohls<br />

dagegen sprechen und diese Umstände die Gründe, die für<br />

eine Rechtsverfolgung sprechen, überwiegen o<strong>der</strong> ihnen sonst gleichwertig<br />

sind. 30 Mit dieser Entscheidung hat <strong>der</strong> BGH <strong>der</strong> Ansicht des Berufungsgerichts<br />

(Oberlandesgericht Düsseldorf) 31 eine Absage erteilt, nach <strong>der</strong><br />

dem Aufsichtsrat bei <strong>der</strong> Prüfung <strong>der</strong> Erfolgsaussicht einer gerichtlichen<br />

Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegen Vorstandsmitglie<strong>der</strong><br />

eine Entscheidungsprärogative zustehe, die seine Entscheidung wegen<br />

des in ihr enthaltenen prognostischen Elements einer gerichtlichen Überprüfung<br />

jedenfalls teilweise entziehe. 32 Das OLG Düsseldorf hatte zudem<br />

dem Aufsichtsrat bei <strong>der</strong> Erfüllung seiner Aufgaben einen weiten Ermessensspielraum<br />

zugebilligt, <strong>der</strong> die gerichtliche Nachprüfung seiner allein<br />

dem Gesellschaftsinteresse verpflichteten Entscheidungen und damit auch<br />

<strong>der</strong>jenigen über die Inanspruchnahme eines Vorstandsmitglieds auf Ersatz<br />

eines <strong>der</strong> Gesellschaft zugefügten Schadens in ähnlicher Weise einschrän-<br />

25 Beispielhaft zum Umfang <strong>der</strong> Überwachungspflichten des Aufsichtsrats innerhalb <strong>der</strong><br />

Aktiengesellschaft Hüffer, Aktiengesetz, 8. Aufl. 2008, München, § 111 Rn. 4ff.<br />

26 BGHZ 135, 244, 252.<br />

27 BGHZ 135, 244, 252.<br />

28 BGHZ 135, 244, 245, 253.<br />

29 BGHZ 135, 244, 245, 254f. – Hervorhebung durch den Verfasser.<br />

30 BGHZ 135, 244, 245, 254f.<br />

31 OLG Düsseldorf, ZIP 1995, 1183 ff.<br />

32 BGHZ 135, 244, 251.<br />

48


<strong>Rechtsfragen</strong> <strong>der</strong> <strong>Krankenhausaufsicht</strong><br />

ke, wie die Regelung des § 114 VwGO im verwaltungsgerichtlichen Verfahren.<br />

33<br />

Indem <strong>der</strong> BGH eine solche Entscheidungsprärogative des Aufsichtsrats<br />

ablehnte, 34 hat er zugleich im Bereich <strong>der</strong> Trägeraufsicht einen Zwang zum<br />

Einschreiten konstruiert und damit die Kontrollpflichten und -folgen innerhalb<br />

von Unternehmen einem strikten Maßstab unterworfen. Ob sich aus<br />

dieser Entscheidung allgemeine Grundsätze für die Überwachungspflichten<br />

und -maßstäbe innerhalb von Unternehmen ergeben, soll an dieser<br />

Stelle dahinstehen, weil dieser Bereich <strong>der</strong> Trägeraufsicht, die ausschließlich<br />

intern angesiedelt ist, an<strong>der</strong>en Grundsätzen und Gesetzen folgt als die<br />

<strong>Krankenhausaufsicht</strong>, die – wie noch zu zeigen sein wird – als Angelegenheit<br />

<strong>der</strong> Län<strong>der</strong> çffentlich-rechtlich geprägt ist. Gegenstand <strong>der</strong> folgenden<br />

Ausführungen wird ausschließlich die staatsgebundene Aufsicht sein.<br />

II. Maßstäbe <strong>der</strong> Aufsicht (Rechts- und Fachaufsicht)<br />

Die staatsgebundene Aufsicht lässt sich nach dem von ihr anzuwendenden<br />

Maßstab in Rechts- und Fachaufsicht unterscheiden. Die Rechtsaufsicht ist<br />

auf die Kontrolle <strong>der</strong> Rechtmäßigkeit des Handelns beschränkt. 35 Rechtsaufsicht<br />

findet sich zumeist gegenüber Selbstverwaltungskçrperschaften,<br />

soweit es um <strong>der</strong>en eigenen Wirkungskreis geht, wie z. B. in <strong>der</strong> Kommunalaufsicht.<br />

36 Instrumente <strong>der</strong> Rechtsaufsicht sind das Informationsrecht,<br />

die Beanstandung, Anweisungen und Ersatzvornahme sowie in<br />

schwerwiegenden Fällen die Auflçsung von Organen und die Einsetzung<br />

eines Staatsbeauftragten. 37 Mit <strong>der</strong> Rechtsaufsicht ist ein Einschreiten<br />

nach dem Opportunitätsprinzip verknüpft. 38 Danach steht es im Ermessen<br />

<strong>der</strong> Aufsichtsbehçrde, ob (Entschließungsermessen) und wie (Auswahlermessen)<br />

sie im konkreten Fall die ihr gesetzlich und damit generell-abstrakt<br />

zur Verfügung gestellten Mittel im konkret-individuellen Fall anwendet. 39<br />

Fachaufsicht ist umfassen<strong>der</strong> als die Rechtsaufsicht und erstreckt sich<br />

auch auf die Zweckmäßigkeit des Handelns. 40 Die Fachaufsicht beinhaltet<br />

33 BGHZ 135, 244, 254.<br />

34 BGHZ 135, 244, 254.<br />

35 Groß, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts,<br />

Bd. I, München 2006, § 13 Rn. 102; Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht, Bd. 3, 5. Aufl.<br />

2004, München, § 87 IV Rn. 81; Groß, DVBl. 2002, 793, 796.<br />

36 Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht, Bd. 3, 5. Aufl. 2004, München, § 87 IV Rn. 81.<br />

37 Groß, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts,<br />

Bd. I, München 2006, § 13 Rn. 102.<br />

38 Kahl, Die Staatsaufsicht, Tübingen 2000, S. 550 f.<br />

39 Kahl, Die Staatsaufsicht, Tübingen 2000, S. 550 mit umfassenden Hinweisen zur Geltung des<br />

Opportunitätsprinzips in Fn. 501.<br />

40 Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht, Bd. 3, 5. Aufl. 2004, München, § 87 IV Rn. 81; Krebs,<br />

in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts <strong>der</strong> Bundesrepublik Deutschland, Bd. III,<br />

2. Aufl., Heidelberg 1996, § 69 Rn. 44.<br />

49


Prof. Dr. Martin Rehborn<br />

daher Kontrolle <strong>der</strong> Recht- und <strong>der</strong> Zweckmäßigkeit. Der Terminus Fachaufsicht<br />

wird nicht einheitlich verwandt, 41 hat sich jedoch für das hierarchische<br />

Verhältnis zwischen verschiedenen Behçrden sowie für den Son<strong>der</strong>fall<br />

<strong>der</strong> Unterordnung von Selbstverwaltungseinheiten im Bereich <strong>der</strong><br />

übertragenen Aufgaben eingebürgert. 42 Die Fachaufsicht findet sich daher<br />

am ehesten in <strong>der</strong> unmittelbaren Bundes- und Landesverwaltung. Beispielhaft<br />

zeigt dies § 11 LOG NRW, <strong>der</strong> die nachgeordneten Landesbehçrden <strong>der</strong><br />

Dienstaufsicht und <strong>der</strong> Fachaufsicht unterstellt. Typisch für die Fachaufsicht<br />

ist ein Einzelweisungsrecht gegenüber selbstständig nach außen auftretenden<br />

Verwaltungseinheiten. 43 Zu den weiteren Instrumenten <strong>der</strong> Fachaufsicht<br />

zählen allgemeine Weisungen und Genehmigungsvorbehalte. 44 Ein<br />

Selbsteintrittsrecht <strong>der</strong> übergeordneten Behçrde kann zulässig sein, ist<br />

jedoch an beson<strong>der</strong>e rechtliche Voraussetzungen gebunden. 45<br />

III. Gesetzgebungskompetenzen für die <strong>Krankenhausaufsicht</strong><br />

Die Regelung <strong>der</strong> <strong>Krankenhausaufsicht</strong> obliegt den Län<strong>der</strong>n. Nach <strong>der</strong><br />

grundgesetzlichen Kompetenzordnung steht dem Bund für diesen Bereich<br />

keine Gesetzgebungsbefugnis zu, so dass die Grundregel des Art. 70 Abs. 1<br />

GG anzuwenden ist.<br />

Art. 72 Abs. 1 GG gewährt in dem Bereich <strong>der</strong> konkurrierenden Gesetzgebung<br />

dem Bund eine Vorrangposition, indem die Vorschrift vorsieht,<br />

dass die Län<strong>der</strong> im Bereich <strong>der</strong> konkurrierenden Gesetzgebung nur zur<br />

Gesetzgebung befugt sind, solange und soweit <strong>der</strong> Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit<br />

nicht durch Gesetz Gebrauch gemacht hat. Zwar<br />

benennt Art. 74 Abs. 1 Nr. 19a GG „die wirtschaftliche Sicherung <strong>der</strong> Krankenhäuser<br />

und die Regelung <strong>der</strong> Krankenhauspflegesätze“ als Gegenstände<br />

<strong>der</strong> konkurrierenden Gesetzgebung. Die Zuständigkeit des Bundes steht<br />

dabei unter dem Vorbehalt <strong>der</strong> Erfor<strong>der</strong>lichkeit des Art. 72 Abs. 2 GG. Die<br />

<strong>Krankenhausaufsicht</strong> wird jedoch nicht von dem Kompetenztitel des<br />

Art. 74 Abs. 1 Nr. 19a GG erfasst. Der Kompetenztitel enthält keine gene-<br />

41 Vgl. dazu Groß, DVBl. 2002, 793, 794f.<br />

42 Groß, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts,<br />

Bd. I, München 2006, § 13 Rn. 100; für die unmittelbare Staatsverwaltung ähnlich bei Krebs,<br />

in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts <strong>der</strong> Bundesrepublik Deutschland, Bd. III,<br />

2. Aufl., Heidelberg 1996, § 69 Rn. 44.<br />

43 Groß, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts,<br />

Bd. I, München 2006, § 13 Rn. 100.<br />

44 Groß, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts,<br />

Bd. I, München 2006, § 13 Rn. 100.<br />

45 Vgl. dazu mit weiteren Hinweisen Krebs, in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts <strong>der</strong><br />

Bundesrepublik Deutschland, Bd. III, 2. Aufl., Heidelberg 1996, § 69 Rn. 44.<br />

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