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Wegezeiten

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Wann sind <strong>Wegezeiten</strong>, wann Dienstreisezeiten anzurechnen?<br />

Die Rechtnormen definieren<br />

wie folgt:<br />

• Wegezeit<br />

• Dienstreisezeit<br />

Wegezeit<br />

1. Definition:<br />

Zeit, die der AN benötigt, um von seiner Wohnung zur Arbeitsstätte und wieder<br />

zurück zu gelangen. BAG 8.12.1960, siehe auch Arbeitsrechtshandbuch von Schaub<br />

2. Arbeitsrechtliche Relevanz:<br />

Diese Zeit gilt regelmäßig nicht als Arbeitszeit.<br />

Es besteht kein Anspruch auf Fahrtkostenerstattung.<br />

Dienstreisezeit<br />

1. Definition:<br />

Zeit, die zur Überbrückung der räumlichen Entfernung zwischen dem Betriebs- bzw.<br />

Wohnort und dem vom Arbeitgeber bestimmten Ort der Arbeitsverrichtung benötigt<br />

wird.<br />

2. Arbeitsrechtliche Relevanz:<br />

In der Literatur wird die rechtliche Relevanz sehr differenziert betrachtet.<br />

• Gehört die Dienstreisezeit zur arbeitsvertraglichen Hauptleistung (Kraftfahrer,<br />

Vertreter), so stellt sie eine vergütungspflichtige Arbeitszeit dar.<br />

• Gehört sie hingegen nicht zur arbeitsvertraglichen Hauptpflicht, so ist<br />

folgendes zu unterscheiden:<br />

• Die Dienstreisezeit zählt arbeitsrechtlich nur dann zur Arbeitszeit, wenn AN<br />

Arbeitsleistungen erbringen muss (z.B.: Aktenstudium, Vorbereitung auf<br />

Termin). BayObLG v. 23.3.1992<br />

• Stellt die Reisezeit eine Belastung für den AN dar (Lenken eines PKW), so<br />

beinhaltet dies eine arbeitsvertragliche Nebenleistung, die vergütet werden<br />

muss.<br />

• Bei Reisezeiten, die keine besondere Belastung des AN mit sich bringen (z.B.:<br />

Flug, Bahnfahrt, Mitfahrt im PKW) besteht keine Vergütungspflicht.<br />

Aufgrund dieser Begriffsbestimmungen gilt folgendes:<br />

1


Fahrt zur Betriebsversammlung<br />

Hierzu existiert eine Aktennotiz der Geschäftsführung vom 16.01.2008. Danach gilt<br />

folgendes:<br />

• Betriebsversammlungen sind betrieblich veranlasste Arbeitszeiten mit<br />

Lohnanspruch.<br />

• Erfolgt die Fahrt von der privaten Wohnung zum Ort der BV und von der BV<br />

zur Wohnung zurück, so ist die Fahrt als Wegezeit zu bewerten, d.h.:<br />

die Fahrzeit begründet keinen Lohnanspruch und beinhaltet keinen<br />

Anspruch auf Fahrtkostenerstattung.<br />

Die gefahrenen Kilometer können als Werbungskosten bei der<br />

Einkommensteuererklärung geltend gemacht werden.<br />

• Dies gilt auch für Beschäftigte, die z.B.: nach einem FD zunächst nach Hause<br />

und von dort zum Ort der BV und nach der BV wieder zurück in die Wohnung<br />

fahren. Die <strong>Wegezeiten</strong> sind hier wie bei einem geteilten Dienst zu beurteilen.<br />

• Erfolgt die Fahrt zur BV von einer Betriebsstätte zu einer anderen<br />

Betriebsstätte und wieder zur Betriebsstätte zurück (z.B.: vom Wohnhaus zum<br />

Ort der BV und zurück zum WH), um die Arbeit vor Ort fortzusetzen, gilt:<br />

Hin- und Rückfahrt ist Arbeitszeit mit Lohnanspruch.<br />

Sie beinhalten einen Anspruch auf Fahrtkostenerstattung i.H.v. € 0,30 pro<br />

gefahrenem Kilometer.<br />

• Erfolgt die Hinfahrt von einer Betriebsstätte zum Ort der BV und die Rückfahrt<br />

vom Ort der BV zur privaten Wohnung, so gilt<br />

die Hinfahrt als Fahrt mit Lohnanspruch und Anspruch auf<br />

Fahrtkostenerstattung i.H.v. € 0,30,<br />

die Rückfahrt hingegen ist Wegezeit, die nicht vergütungsrelevant ist.<br />

Fahrt zu einer Messe<br />

• Die Dauer des Messebesuches ist dienstlich veranlasste Arbeitszeit mit<br />

Lohnanspruch.<br />

• Erfolgt die Fahrt zum Ort der Messe mit dem privaten PKW, so ist<br />

die Dienstreisezeit für den Fahrer Arbeitszeit mit Lohnanspruch.<br />

Des Weiteren beinhaltet sie den Anspruch auf Fahrtkostenerstattung, d.h.:<br />

für jeden gefahrenen Kilometer € 0,30<br />

zzgl. für jeden Beifahrer pro gefahrenen Kilometer € 0,02.<br />

Für die Beifahrer besteht keine Vergütungspflicht.<br />

• Erfolgt die Fahrt zum Ort der Messe mit öffentlichen Verkehrsmitteln,<br />

besteht kein Lohnanspruch.<br />

Die Fahrtkosten können als Werbungskosten bei der ESt-Erklärung geltend<br />

gemacht werden.<br />

2


Fahrt zu einem Seminar<br />

In diesem Zusammenhang ist neben der Definition von Wegezeit und Dienstreisezeit<br />

auch die BV zur Qualifizierung der Beschäftigten gem. § 5 TVöD-VKA vom<br />

22.02.2007 zu beachten. In § 3 „Regelungsinhalt“ sind verschiedene<br />

Qualifizierungsmaßnahmen aufgeführt. Es kommt im Hinblick auf den<br />

Vergütungsanspruch jeweils darauf an, wie hoch der betriebliche und/oder<br />

individuelle Nutzen der Maßnahme zu bewerten ist.<br />

Für die Fahrt zu einer vom Arbeitgeber veranlassten Qualifizierungsmaßnahme<br />

gilt:<br />

Die Dauer des Seminars ist Arbeitszeit mit Lohnanspruch<br />

Die Fahrtkosten werden vom Arbeitgeber übernommen.<br />

Die Dienstreisezeit ist dann Arbeitszeit, wenn der AN den privaten PKW<br />

lenkt (arbeitsvertragliche Nebenleistung).<br />

Die Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist keine Arbeitszeit.<br />

Für die Fahrt zu Inhouse-Seminaren gilt:<br />

Die Dauer des Seminars ist Arbeitszeit mit Lohnanspruch.<br />

Erfolgt die Fahrt von der privaten Wohnung zum Seminarort und von dort<br />

zur Wohnung zurück, so ist die Fahrt als Wegezeit zu bewerten, d.h.: die<br />

Fahrzeit begründet keinen Lohnanspruch und beinhaltet keinen Anspruch<br />

auf Fahrtkostenerstattung. Die gefahrenen Kilometer können als<br />

Werbungskosten bei der Einkommensteuererklärung geltend gemacht<br />

werden.<br />

Erfolgt die Fahrt zum Inhouse-Seminar von einer Betriebsstätte aus gilt:<br />

Die Fahrt ist Arbeitszeit mit Lohnanspruch.<br />

Sie beinhaltet einen Anspruch auf Fahrtkostenerstattung i.H.v. € 0,30 pro<br />

gefahrenem Kilometer.<br />

Erfolgt die Rückfahrt vom Seminarort zur privaten Wohnung, so gilt die<br />

Rückfahrt als Wegezeit, die nicht vergütungsrelevant ist.<br />

Für die Fahrt zu Seminaren zum Erwerb von zusätzlichen Qualifikationen<br />

gilt:<br />

Wenn das Seminar auch überwiegend dem Interesse des Arbeitgebers<br />

dient, ist die Dauer des Seminars Arbeitszeit mit Lohnanspruch.<br />

In diesem Fall ist die Dienstreisezeit dann Arbeitszeit, wenn der AN den<br />

privaten PKW lenkt (arbeitsvertragliche Nebenleistung) oder während der<br />

Fahrt mit öffentlichen Verkehrsmitteln Arbeitsleistungen erbringt (Aktenstudium,<br />

Vor- bzw. Nachbereitung des Lehrstoffes). In diesem Fall besteht<br />

außerdem ein Anspruch auf Fahrtkostenerstattung.<br />

Fährt der Arbeitnehmer mit öffentlichen Verkehrsmitteln ohne eine<br />

Arbeitsleistung zu erbringen, ist die Fahrzeit Wegezeit.<br />

3


Für die Fahrt zu Seminaren mit vorwiegend individuellem Nutzen gilt:<br />

Die Fahrt zum Ort des Seminars sowie die Dauer des Seminars ist keine<br />

Arbeitszeit.<br />

Der AN kann für eine solche Maßnahme im Rahmen des<br />

Bildungsurlaubsgesetzes NRW bis zu 5 Tagen Bildungsurlaub pro Jahr<br />

beantragen.<br />

Die Seminar- und Fahrtkosten trägt der AN selbst.<br />

Fahrten bei notfallmäßigen Einsätzen (z.B.: der Haustechniker)<br />

Die Dauer des Notfalleinsatzes ist Arbeitszeit mit Lohnanspruch.<br />

Die Fahrt zum Ort des Notfalleinsatzes ist Dienstreisezeit und als<br />

Arbeitszeit mit Lohnanspruch zu bewerten (Haustechniker lenkt PKW<br />

selbst).<br />

Die Fahrt zum Ort des Notfalleinsatzes beinhaltet eine Kostenerstattung<br />

von € 0,30 pro gefahrenem Kilometer.<br />

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