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Selbstfürsorge und Achtsamkeit - Bildungswerk Irsee

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© Bezirkskrankenhaus Haar<br />

Betriebliche Sozialberatung<br />

November 2004<br />

„<strong>Selbstfürsorge</strong> <strong>und</strong> <strong>Achtsamkeit</strong> -<br />

Stärkung der persönlichen Resilienz“<br />

12.-13. Mai 2011 Kloster <strong>Irsee</strong><br />

Dipl.Psych. Kristina Fanelli


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Betriebliche Sozialberatung<br />

November 2004<br />

<strong>Selbstfürsorge</strong> <strong>und</strong> <strong>Achtsamkeit</strong><br />

Vortragsablauf<br />

1. Burnout<br />

1.1 Definition<br />

1.2 Burnout-Symptome<br />

1.3 Phasenmodell<br />

1.4 kritische Würdigung des Begriffes<br />

1.5 Risikofaktoren<br />

2. Das Konzept der „Sorge um sich“<br />

ein ressourcen- <strong>und</strong> entwicklungsorientierter Gegenbegriff zum Burnout<br />

2.1 Begriffsbestimmung<br />

2.2 Ansatzpunkte für Prävention <strong>und</strong> Empowerment<br />

2.3 Literaturempfehlungen


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November 2004<br />

<strong>Selbstfürsorge</strong> <strong>und</strong> <strong>Achtsamkeit</strong><br />

Burnout-Definition<br />

1.1 Burnout - Definition<br />

„Mein Körper ist müde, so müde, den garstigen Kopf zu<br />

tragen; Ich habe es satt, so satt, immer tapfer zu sein.“<br />

Elinor Wylie<br />

■ Burnout – Zustand bzw. Anzeichen eines Ungleichgewichtes zwischen<br />

Arbeitsleistung <strong>und</strong> Arbeitszufriedenheit<br />

■ Tendenz zur Lösung durch „Mehr-desselben“ (Engagement,<br />

Pflichtbewusstsein)<br />

■ Chronifizierung/Wiederholung von negativen Erfahrungen<br />

■ (Selbst-) Attribuierungen mit der Folge physischer <strong>und</strong> seelischer<br />

Erschöpfung<br />

(Martin Brentrup)


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<strong>Selbstfürsorge</strong> <strong>und</strong> <strong>Achtsamkeit</strong><br />

Burnout-Symptome<br />

1.2 Burnout – Symptome (nach Pines, Aronson, Kafry)<br />

körperliche Erschöpfung<br />

● Energiemangel, chronische Ermüdung, Überdruss<br />

● erhöhte Anfälligkeit für Krankheiten<br />

● Veränderung der Essgewohnheiten <strong>und</strong> des Körpergewichts<br />

● Kopfschmerzen, Verspannung der Muskulatur, Rückenschmerzen<br />

● Gegenmaßnahmen: Alkohol, Zigaretten, Beruhigungsmittel


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<strong>Selbstfürsorge</strong> <strong>und</strong> <strong>Achtsamkeit</strong><br />

Burnout-Symptome<br />

1.2 Burnout – Symptome (nach Pines, Aronson, Kafry)<br />

emotionale Erschöpfung<br />

● Niedergeschlagenheit; Hoffnungs- <strong>und</strong> Ausweglosigkeit<br />

● Versagen der Bewältigungsmechanismen<br />

● Reizbarkeit, Nervosität<br />

● Abnehmen der allgemeinen <strong>und</strong> beruflichen Zufriedenheit<br />

● Isolierung <strong>und</strong> Rückzug<br />

● in extremen Fällen: psychische Erkrankungen


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<strong>Selbstfürsorge</strong> <strong>und</strong> <strong>Achtsamkeit</strong><br />

Burnout-Symptome<br />

1.2 Burnout – Symptome (nach Pines, Aronson, Kafry)<br />

geistige Erschöpfung<br />

● Gefühle des Versagens<br />

● Gefühl der Wirkungslosigkeit eigenen Handelns<br />

● verringertes Engagement<br />

● Erschöpfung <strong>und</strong> Arbeitsunlust<br />

● Schuldgefühle<br />

● Zynismus


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<strong>Selbstfürsorge</strong> <strong>und</strong> <strong>Achtsamkeit</strong><br />

Burnout-Phasenmodell<br />

1.3 Phasenmodell (nach Edelwich <strong>und</strong> Brodsky, 1984)<br />

► Enthusiasmus<br />

- Selbstüberschätzung<br />

- unrealistische Erfolgserwartungen<br />

- hochgesteckte Ziele<br />

- Überidentifikation mit den Klienten <strong>und</strong> der Arbeit allgemein<br />

- hoher Energieeinsatz <strong>und</strong> Optimismus<br />

► Stagnation<br />

- Desillusionierung, erste Enttäuschungen<br />

- Diskrepanz zwischen „Helfen-Wollen“ <strong>und</strong> „Helfen-Können“ wird<br />

deutlich<br />

- Mangel an Erfolgen (vor allem bei fehlenden Überprüfungskriterien)<br />

- Rückzug von Klienten


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<strong>Selbstfürsorge</strong> <strong>und</strong> <strong>Achtsamkeit</strong><br />

Burnout-Phasenmodell<br />

1.3 Phasenmodell (nach Edelwich <strong>und</strong> Brodsky, 1984)<br />

► Frustration<br />

- Erfahrung der Erfolglosigkeit (eigene Einflussmöglichkeiten <strong>und</strong><br />

systemimmanente Beschränkungen werden deutlich erlebt)<br />

- Gefühl der Inkompetenz<br />

- fühlbarer Mangel an Anerkennung<br />

- Versuche, Arbeitsstrategie zu ändern<br />

► Apathie<br />

- verstärkte Bemühungen erweisen sich als kontraproduktiv<br />

- Gleichgültigkeit<br />

- Resignation<br />

- von Desillusionierung geprägte Haltung


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<strong>Selbstfürsorge</strong> <strong>und</strong> <strong>Achtsamkeit</strong><br />

Kritische Würdigung des Begriffes<br />

1.4 Kritische Würdigung des Begriffes<br />

- in der von der WHO herausgegebenen Klassifikation ist Burnout nicht als<br />

eigene Diagnose vertreten<br />

- unklar ist: wie viel <strong>und</strong> welche Symptome muss ein Betroffener wie lange<br />

haben, damit von Burnout gesprochen werden kann<br />

- Belastungsgrenzen, bei deren Überschreitung mit Burnout zu rechnen ist,<br />

entziehen sich einer Verallgemeinerung, bleiben personenabhängig<br />

- Fazit: Es ist weder möglich, Burnout sicher zu diagnostizieren, noch,<br />

einem Menschen, der sich ausgebrannt fühlt, zu beweisen, dass er kein<br />

Burnout (-Syndrom) hat. (Hillert&Marwitz, 2006)<br />

- auf symptomatischer Ebene ist keine Abgrenzung gegenüber Neurosen<br />

<strong>und</strong> psychischen Erkrankungen (z.B. Depression) erfolgt<br />

- Burnout wird in dieser Konzeption zu einem neuen Weg, um reduzierte<br />

psychische Belastbarkeit, verminderte Leistungsfähigkeit, gedrückte<br />

Stimmung <strong>und</strong> mögliche körperlich erlebte Beschwerden (fast)<br />

stigmatisierungsfrei erleben <strong>und</strong> kommunizieren zu können.<br />

(Hillert&Marwitz, 2006)


Risikofaktoren


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<strong>Selbstfürsorge</strong> <strong>und</strong> <strong>Achtsamkeit</strong><br />

Risikofaktoren<br />

► 1.5.1 Risikofaktoren - gesellschaftliche Ebene<br />

Beck (1986):<br />

- Auflösung traditioneller Schablonen des sozialen Lebens (mit den damit<br />

verb<strong>und</strong>enen Werten <strong>und</strong> Normen)<br />

- gleichzeitig: Chancen (Experimentieren mit neuen Lebensstilen), Gefahren<br />

(Destabilisierung von Beziehungsstrukturen durch Zusatzbelastungen) <strong>und</strong><br />

Krisen (Identität, Selbstwert)<br />

- Aus Normalbiographien werden Wahlbiographien.<br />

- Umbrüche <strong>und</strong> Suchbewegungen vor dem Hintergr<strong>und</strong> eines engen<br />

Arbeitsmarktes<br />

- Risikolage macht den Umgang mit Angst <strong>und</strong> Unsicherheit zu einer Art<br />

„Schlüsselqualifikation“<br />

- Keupp: Suche nach geschlossenen Sinnwelten <strong>und</strong> Deutungssystemen als<br />

eine Maßnahme, mit diesen Unsicherheiten umzugehen


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<strong>Selbstfürsorge</strong> <strong>und</strong> <strong>Achtsamkeit</strong><br />

Risikofaktoren<br />

► 1.5.1 Risikofaktoren - gesellschaftliche Ebene<br />

- Helfer sind einerseits mit Klienten konfrontiert, deren Lebensgeschichten <strong>und</strong><br />

Probleme die Spuren der Risikogesellschaft tragen – zum anderen sind sie<br />

selbst Teil der Risikogesellschaft.<br />

- Brisant ist, dass gesellschaftliche Krisen als individuelle erscheinen <strong>und</strong> in<br />

ihrer Gesellschaftlichkeit nur noch bedingt wahrgenommen werden können.<br />

„…Bewusstsein, mit der eigenen Arbeit häufig auf individueller<br />

Ebene Probleme lösen zu müssen (oder eben nicht lösen zu können), die<br />

nicht unwesentlich Folgen oder individuelle Zuspitzungen kollektiver Risiken<br />

sind…“<br />

(Gussone & Schiepek, 2000)


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<strong>Selbstfürsorge</strong> <strong>und</strong> <strong>Achtsamkeit</strong><br />

Risikofaktoren<br />

► 1.5.2 Risikofaktoren - Belastungen <strong>und</strong> Selbstwertkrisen in der<br />

Arbeit<br />

● Maslach & Jackson (1984)<br />

Emotionale Erschöpfung sowie reduzierte persönliche Leistungsfähigkeit<br />

als Folge einer Arbeit, die intensive Beziehungen erfordert, zugleich aber<br />

durch strukturelle <strong>und</strong> bürokratische Bedingungen erschwert wird.<br />

● persönliche Zuschreibung von Stress <strong>und</strong> Krisen<br />

● weitere mögliche Aspekte:<br />

● außenstehende, mehrere Auftraggeber<br />

● unklare bzw. abweichende Erwartungen in Bezug auf Hilfsangebote<br />

● multiple Belastungen


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<strong>Selbstfürsorge</strong> <strong>und</strong> <strong>Achtsamkeit</strong><br />

Risikofaktoren<br />

► 1.5.3 Risikofaktoren - Rollen <strong>und</strong> Normen<br />

belastungsfördernde Varianten von Rollenkonflikten:<br />

● Inter-Sender-Rollenkonflikt:<br />

divergierende Anforderungen (z.B. Arbeitssettings mit<br />

mehreren Vorgesetzten oder auch im Kontakt mit<br />

Patientensystemen)<br />

● Intra-Sender-Rollenkonflikt:<br />

Ambivalenz zwischen zwei unvereinbaren Zielen oder<br />

Werten, die das Entstehen von Konfliktsituationen<br />

begünstigen (z.B. Psychologin auf forensischer Station, die<br />

Klienten einerseits Therapie anbieten soll, andererseits für<br />

die Erstellung von Gutachten zuständig ist, die über eine<br />

vorzeitige Entlassung entscheiden)<br />

● Personen-Rolle-Konflikt:<br />

Diskrepanz zwischen einer gestellten Aufgabe <strong>und</strong> den dafür<br />

zur Verfügung stehenden Ressourcen<br />

(z.B. Fachkompetenzen, Informationen)


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<strong>Selbstfürsorge</strong> <strong>und</strong> <strong>Achtsamkeit</strong><br />

Risikofaktoren<br />

► 1.5.4 Risikofaktoren – Machtstrukturen (im Sinne von<br />

Einflussmöglichkeiten auf Entscheidungen)<br />

● enge hierarchische, zentralisierte oder stark bürokratisierte<br />

Organisationsstrukturen mit wenig Raum für partizipative<br />

Entscheidungen<br />

● Durch die tatsächliche oder wahrgenommene Einflusslosigkeit<br />

entstehen Gefühle von Hilflosigkeit, die auf dem Eindruck beruhen,<br />

Ergebnisse eigener Bemühungen nicht in der Hand zu haben.


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<strong>Selbstfürsorge</strong> <strong>und</strong> <strong>Achtsamkeit</strong><br />

Risikofaktoren<br />

► 1.5.5 Risikofaktoren - normative Strukturen<br />

Zielvorstellungen, die im Arbeitsfeld wirksam werden,<br />

Unternehmensphilosophie <strong>und</strong> weltanschaulicher/ideologischer<br />

Hintergr<strong>und</strong> einer Organisation, Leitbilder<br />

● unklare Zielformulierungen (mangelnde Transparenz, Prioritäten)<br />

● miteinander konkurrierende Philosophien, z.B. im therapeutischen<br />

Bereich, können erhebliche Stress- <strong>und</strong> Konfliktquellen bedeuten<br />

● Konzepte <strong>und</strong> Unternehmensphilosophien, die nicht mitgetragen<br />

werden, können anstatt als Entlastung <strong>und</strong> Orientierung als Bedrohung<br />

der eigenen Autonomie empf<strong>und</strong>en werden. Nonkonformes Verhalten,<br />

um eigene Wahl- <strong>und</strong> Entscheidungsfreiheit wieder herzustellen.


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<strong>Selbstfürsorge</strong> <strong>und</strong> <strong>Achtsamkeit</strong><br />

Risikofaktoren<br />

► 1.5.6 Risikofaktoren - organisatorische Abläufe <strong>und</strong> Prozesse<br />

● mangelnde Bandbreite unterschiedlicher Aufgaben (Umfang <strong>und</strong> Tiefe)<br />

● fehlende Mitbestimmungsmöglichkeiten<br />

● Missverhältnis zwischen dem Anspruch autonomen beruflichen<br />

Handelns <strong>und</strong> bürokratischen Einschränkungen<br />

● hohe Arbeitslast durch zu große Patientenzahl<br />

● unklare <strong>und</strong> unbeständige institutionelle Ziele<br />

● fehlende bzw. mangelhafte Supervision<br />

● soziale Isolation<br />

● mangelhafte Ausgestaltung der Übergangsphasen für Mitarbeiter in<br />

Leitungsfunktionen


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<strong>Selbstfürsorge</strong> <strong>und</strong> <strong>Achtsamkeit</strong><br />

Risikofaktoren<br />

► 1.5.7 individuumzentrierter Ansatz<br />

Konzepte, die die Ursache vorwiegend in der Person selbst bzw. in der<br />

Persönlichkeit der Helfer begründet sehen<br />

● Über-Engagement – „Institution als zweites Zuhause“<br />

● hilflose Helfer<br />

Schmidbauer: Anspruch, Schwierigkeiten ohne externe Unterstützung<br />

meistern zu müssen (Unvereinbarkeit mit dem Selbstbild)<br />

● erlernte Hilflosigkeit (Seligman/Maier, 1967)<br />

Wenn Menschen beginnen, die Ursachen von Misserfolgen in ihnen<br />

begründet (internal) <strong>und</strong> weitgehend unveränderlich (stabil) sowie als<br />

allgemein gültig (global) zu interpretieren, kann dies zu Störungen des<br />

Selbstwertgefühls <strong>und</strong> einer Senkung des Aktivitätsniveaus führen.<br />

● Helfersyndrom (Schmidbauer, 2002)<br />

„Mit diesem Begriff wird eine Situation erfaßt, in der die<br />

Hilfsbereitschaft weder spontan noch rollengeb<strong>und</strong>en ist, sondern auf<br />

einer Abwehr anderer Gefühle oder Handlungsbereitschaften beruht.“<br />

Helfer mit diesm Syndrom meiden alle sozialen Beziehungen, in denen<br />

sie nicht die Gebenden, Versorgenden sind.


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<strong>Selbstfürsorge</strong> <strong>und</strong> <strong>Achtsamkeit</strong><br />

Risikofaktoren<br />

► 1.5.7 individuumzentrierter Ansatz<br />

● überhöhtes Anspruchsniveau<br />

● Perfektionsstreben<br />

● unreflektierte Beziehungsangebote mit stereotypen Rollen<br />

● Zweifel an der eigenen Kompetenz<br />

● Fehlen von Supervision, Fortbildung, Austausch<br />

● keine Überprüfung der Passung von Tätigkeiten <strong>und</strong> beruflichen Zielen


2. Die Sorge um sich<br />

„Für keinen ist es zu früh <strong>und</strong> für keinen zu spät, sich um die<br />

Ges<strong>und</strong>heit der Seele zu kümmern.“ Epikur


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<strong>Selbstfürsorge</strong> <strong>und</strong> <strong>Achtsamkeit</strong><br />

Begriffsbestimmung<br />

2.1 Begriffsbestimmung<br />

► „Sorge um sich“ – Le Souci de Soi: zentrales Thema im Spätwerk des<br />

französischen Philosophen <strong>und</strong> Psychologen Michel Foucault<br />

► steht für Haltung <strong>und</strong> Verhalten des Menschen, der es unternimmt, das<br />

eigene Leben zu gestalten<br />

► Selbstsorge als kontinuierlicher Prozess der „Selbstformung“ – bedeutet<br />

beständiges Entwickeln <strong>und</strong> Gestalten eines eigenen Lebensstils<br />

► Selbstsorge meint auch, der eigenen Existenz in allen Lebensvollzügen ein<br />

unverwechselbares Gesicht zu verleihen. Dies umfasst u.a. die Bereiche:<br />

Ernährung, Wissenserwerb, Arbeit, Ausgestaltung der Beziehungen zu<br />

anderen bis hin zur Haltung gegenüber dem eigenen Tod.<br />

► Brentrup:<br />

Selbstsorge als allgemeine Einstellung, die die Eigenverantwortung <strong>und</strong><br />

Kompetenzen betont. Sorge um eigene Ressourcen steht nicht mehr im<br />

Widerspruch zur Förderung von Menschen.<br />

These: Wer gut für sich sorgt, kann auch andere Menschen besser dabei<br />

unterstützen, ihr Leben eigenverantwortlich zu gestalten.


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<strong>Selbstfürsorge</strong> <strong>und</strong> <strong>Achtsamkeit</strong><br />

Prävention<br />

2.2 Ansatzpunkte für Prävention <strong>und</strong> Empowerment<br />

► gesellschaftliche Ebene<br />

● Gründung bzw. Stärkung von Interessens- <strong>und</strong> Berufsverbänden<br />

● Aufbau tragfähiger Netzwerke<br />

● Relativierung <strong>und</strong> Korrektur übersteigerter Erwartungen der<br />

Öffentlichkeit an die Möglichkeiten professioneller Helfer


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<strong>Selbstfürsorge</strong> <strong>und</strong> <strong>Achtsamkeit</strong><br />

Prävention<br />

2.2 Ansatzpunkte für Prävention <strong>und</strong> Empowerment<br />

► institutionelle/ organisationale Ebene<br />

● sinnvolle Gestaltung von Arbeitsbedingungen<br />

● Vielfalt der Arbeit (Job-Enrichment) <strong>und</strong> vollständige Arbeitsabläufe<br />

(Job-Enlargement)<br />

● Mitbestimmungsmöglichkeiten<br />

● klare Kompetenzen <strong>und</strong> Zuständigkeiten<br />

● Vereinbarung <strong>und</strong> Prüfung realistischer Zielsetzungen<br />

● Zeitpläne erstellen, Prioritäten prüfen, Delegieren, Erfahrungen anderer<br />

nutzen (Wissensmanagement), Fehler als Chance für die<br />

eigene Weiterentwicklung<br />

● Konzeptionelle Weiterentwicklung vornehmen<br />

● Qualitätszirkel


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<strong>Selbstfürsorge</strong> <strong>und</strong> <strong>Achtsamkeit</strong><br />

Prävention<br />

2.2 Ansatzpunkte für Prävention <strong>und</strong> Empowerment<br />

► institutionelle/ organisationale Ebene<br />

● Supervision/Klausurtage als Maßnahmen der Qualitätssicherung<br />

● Weiterbildungsangebote<br />

● soziale Stützsysteme (Netzwerke) schaffen<br />

● konstruktiver Umgang mit Dissens <strong>und</strong> Konflikten<br />

● Überprüfen von Steuerungsmöglichkeiten bei chronischer<br />

Arbeitsüberlastung<br />

● ressourcenorientiertes Arbeiten<br />

● ges<strong>und</strong>heitsfördernde Maßnahmen<br />

● ansprechende Gestaltung der Arbeitsumgebung


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<strong>Selbstfürsorge</strong> <strong>und</strong> <strong>Achtsamkeit</strong><br />

Prävention<br />

2.2 Ansatzpunkte für Prävention <strong>und</strong> Empowerment<br />

► individuelle Ebene<br />

● Ist es erlaubt, dass Arbeit Spaß macht oder steht sie für den „Ernst des<br />

Lebens“, den man ertragen muss?<br />

● Welche Perspektiven bietet die Arbeit (Image, Sicherheit,<br />

Anerkennung, Unabhängigkeit etc.)?<br />

● motivationsfördernde Aspekte entdecken (Fehlertoleranz, kleine<br />

Schritte markieren, Balance zwischen Routine <strong>und</strong> Herausforderung,<br />

sich selbst belohnen, Abstand gewinnen, Auszeiten nehmen, Humor)<br />

● stresserzeugende Denkmuster überprüfen („Glaubenssätze“, Stärken<br />

<strong>und</strong> Schwächen analysieren, Energien in die Stärken einbringen)<br />

● sich selbst organisieren (Pausen, Rituale, Arbeitskultur)<br />

● Belastungsausgleich (Gewichtung bezüglich Beruf, Familie <strong>und</strong> der Zeit<br />

für sich selbst vornehmen, soziale Kontakte halten, Balance zwischen<br />

geistiger <strong>und</strong> körperlicher Arbeit herstellen, Kontraste suchen)


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<strong>Selbstfürsorge</strong> <strong>und</strong> <strong>Achtsamkeit</strong><br />

Prävention<br />

2.2 Ansatzpunkte für Prävention <strong>und</strong> Empowerment<br />

► individuelle Ebene<br />

● Zurücknehmen von Überverantwortlichkeit – Reflektieren eigener<br />

Ressourcen <strong>und</strong> Grenzen<br />

● Überprüfen des Idealbildes vom Helfen<br />

● Zeitqualität berücksichtigen (Prozessentwicklung, Geduld)<br />

● Lust auf Weiterentwicklung, auf das Lernen beibehalten


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<strong>Selbstfürsorge</strong> <strong>und</strong> <strong>Achtsamkeit</strong><br />

Prävention<br />

2.2 Ansatzpunkte für Prävention <strong>und</strong> Empowerment<br />

► <strong>Achtsamkeit</strong> (nach Jon Kabat Zinn)<br />

● Nicht-Beurteilen<br />

● Geduld<br />

● Den Geist des Anfängers bewahren<br />

● Vertrauen<br />

● Nicht-Greifen<br />

● Akzeptanz<br />

● Loslassen


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<strong>Selbstfürsorge</strong> <strong>und</strong> <strong>Achtsamkeit</strong><br />

Prävention<br />

2.2 Ansatzpunkte für Prävention <strong>und</strong> Empowerment<br />

► <strong>Achtsamkeit</strong> (nach Jon Kabat Zinn)<br />

● Nicht-Beurteilen<br />

- neutraler Beobachter: eigene Erfahrungen mit Abstand<br />

betrachten, sie weniger beurteilen oder auf sie reagieren<br />

● Geduld<br />

- „Geduldig zu sein bedeutet zu wissen, dass jedes Ding seine<br />

eigene Zeit hat, dass es sich entfaltet, wenn der richtige<br />

Moment dafür gekommen ist.“<br />

● Den Geist des Anfängers bewahren<br />

- “Um den Reichtum des Augenblicks sehen zu können,<br />

müssen wir den Geist des Anfängers entwickeln, d.h. eine<br />

innere Einstellung der Offenheit gewinnen, die bereit ist,<br />

alles so zu sehen, als wäre es das erste Mal.“


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<strong>Selbstfürsorge</strong> <strong>und</strong> <strong>Achtsamkeit</strong><br />

Prävention<br />

2.2 Ansatzpunkte für Prävention <strong>und</strong> Empowerment<br />

► <strong>Achtsamkeit</strong> (nach Jon Kabat Zinn)<br />

● Vertrauen<br />

- Vertrauen entwickeln in die eigene innere Wahrheit, z.B. in die<br />

Signale des Körpers<br />

● Nicht-Greifen<br />

- auf die Gegenwart konzentrieren, Augenblick für Augenblick<br />

● Akzeptanz<br />

- ist die Bereitschaft, sich annehmen zu können so wie man ist<br />

- Bereitschaft, Menschen <strong>und</strong> Geschehnisse möglichst<br />

unvoreingenommen <strong>und</strong> frei von eigenen Interpretationen zu<br />

betrachten<br />

● Loslassen<br />

- jede Erfahrung zulassen, so wie sie ist<br />

- sie loslassen bedeutet, sie zu akzeptieren


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<strong>Selbstfürsorge</strong> <strong>und</strong> <strong>Achtsamkeit</strong><br />

Literatur<br />

2.3 Literaturempfehlungen<br />

● Foucault, Michel: „Die Sorge um sich“; Suhrkamp Verlag, 1986<br />

● Gussone, Barbara; Schiepek, Günter:<br />

„Die Sorge um sich – Burnout-Prävention <strong>und</strong> Lebenskunst in helfenden<br />

Berufen“; dgvt-Verlag, 2000<br />

● Hillert, Andreas; Marwitz, Michael:<br />

„Die Burnout-Epidemie oder Brennt die Leistungsgesellschaft aus?“;<br />

Verlag C.H.Beck, 2006<br />

● Maslach, Christina; Leiter, Michael P.:<br />

„Die Wahrheit über Burnout – Stress am Arbeitsplatz <strong>und</strong> was Sie dagegen<br />

tun können“; Springer Verlag, 2001<br />

● Schmidbauer, Wolfgang:<br />

„Helfersyndrom <strong>und</strong> Burnout-Gefahr“; Urban&Fischer, 2002<br />

● Kabat-Zinn, Jon:<br />

„Ges<strong>und</strong> durch Meditation“; O.W.Barth Verlag, 2005

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