Agoraphobie-Patienten erzählen – Sprachliche Verfahren bei der ...
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Anfalls-Ich epxlizit einem an<strong>der</strong>en Seins-Bereich zugeordnet: Die epistemische<br />
Verwendungsweise des Modalverbs "müssen" markiert einerseits Vagheit,<br />
an<strong>der</strong>erseits die Alternativlosigkeit dieser Deutungs- o<strong>der</strong> Wertungsweise, wofür<br />
auch seine Akzentuierung spricht. Die explizite An<strong>der</strong>sverortung 105 des Ich "in=na<br />
an<strong>der</strong>en wElt" (vgl. auch Thomas: 63), in <strong>der</strong> sich Pascal seiner Auffassung nach<br />
"schon" befunden haben muss, geht weiter als die Präsentation von Ich-Dualität. Es<br />
ist ein typisches Motiv in Berichten von Nahto<strong>der</strong>fahrungen, in denen "sozusagen<br />
metaphorisch <strong>–</strong> ein 'Ortswechsel'" beschrieben wird (Knoblauch/Schmied 1999:<br />
204). Diese "an<strong>der</strong>e Welt" wird von Pascal nicht weiter attribuiert 106 . Dennoch<br />
lassen sich in Pascals Darstellung weitere Ähnlichkeiten zu Nahto<strong>der</strong>fahrungen<br />
finden.<br />
Knoblauch/Schnettler/Soeffner tragen acht Merkmale von NTEs zusammen (zum<br />
Folgenden vgl. 1999: 276f.; kursiv im Orig.) und weisen u.a. darauf hin, dass sie<br />
stets intensiv (vgl. Pascal: 839), "herausragend und außergewöhnlich" (vgl. Pascal:<br />
1065) und "mit starken Emotionen verbunden" dargestellt werden. Eine "ausgeprägt<br />
gute Erinnerlichkeit" sei typisch, und auch Pascal weiß "genAU noch wie das ABlief"<br />
(845). Pascals eigentheoretische Äußerung in Beispiel 47 lässt sich zudem als<br />
Ausdruck seiner "subjektiven Überzeugung […], unmittelbar dem eigenen Tod"<br />
gegenübergestanden zu haben, werten.<br />
Darüber hinaus kommt es in einigen <strong>der</strong> vorliegenden Gespräche zu Schil<strong>der</strong>ungen<br />
"außerkörperlicher Erfahrungen" (AKE) bzw. "Out-of-Body-Experiences" (OBE), ähn-<br />
lich denen <strong>bei</strong> Nahto<strong>der</strong>lebnissen 107 . AKEs bzw. OBEs bezeichnen die Empfindung,<br />
gemeinsam analysiert. Auf inhaltliche o<strong>der</strong> die Art und Weisen <strong>der</strong> Darstellung betreffende<br />
Unterschiede sei hingewiesen.<br />
105<br />
Vgl. auch das metaphorische Konzept von Bewusslosigkeit: "[…] völlige Bewusstlosigkeit<br />
wird meistens als totale Abwesenheit umschrieben. Die Bewusstseinstrübung hingegen wird<br />
nicht selten als Entfernung im Raum gekennzeichnet" (Surmann 2002: 105).<br />
106<br />
Zu den älteren Motiven <strong>der</strong> Nahto<strong>der</strong>fahrung hingegen gehört "das (positive Motiv) vom<br />
Erfahrenen als einem wun<strong>der</strong>schönen natürlichen Ort mit Wiesen, Bächen und Blumen"<br />
(Knoblauch 2001: 258).<br />
107<br />
Parallelen zu <strong>der</strong> Beschreibung von Nahto<strong>der</strong>lebnissen mögen zunächst nicht überaschen,<br />
da Panikattacken häufig mit tatsächlicher Todesangst einhergehen, die meist durch die<br />
Fehlinterpretationen <strong>der</strong> körperlichen Symptome entsteht. Die folgenden Beispiele 48 und<br />
49, stehen jedoch nicht im Kontext thematisierter Todesangst. Tina weist explizit darauf hin,<br />
über "KLEInere panikanfälle" (Tina I: 251) zu sprechen.<br />
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