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Agoraphobie-Patienten erzählen – Sprachliche Verfahren bei der ...

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(Tina II: 1094-1100). Aber es wird gehin<strong>der</strong>t 97 . Von Einschränkungen o<strong>der</strong> davon,<br />

in/durch Panik be- o<strong>der</strong> gehin<strong>der</strong>t zu werden, berichten die Sprecher vielfach. Das<br />

kommt z.B. dort zum Ausdruck, wo das Modalverb "können" negiert verwendet wird<br />

o<strong>der</strong> auch in Konstruktionen mit dem Verb "versuchen". Dieses wird in Panikdarstel-<br />

lungen meist im Kontext <strong>der</strong> Bemühungen, sich zu beruhigen o<strong>der</strong> die Panik zu kon-<br />

trollieren, verwandt, wo<strong>bei</strong> "versuchen" auch den Misserfolg und das Scheitern<br />

solcher Versuche impliziert 98 . Damit lässt sich das Konzept Panik als einschränkende,<br />

hin<strong>der</strong>nde und/o<strong>der</strong> kontrollierende Kraft ableiten: Das Ich "kann keinen klaren<br />

Gedanken fassen" (Pascal: 939), kann die Situation und den Körper nicht<br />

"kontrollieren" (Tina I: 567; Pascal: 878) 99 o<strong>der</strong> ist "bewegungsunfähig" (Pascal:<br />

1005 100 ). Es versucht "sich abzulenken" (Tina I: 106; Tina II: 194), "ruhig zu<br />

bleiben/sich zu beruhigen" (Tina I: 81; Tina II: 241), "ruhig/tief zu atmen" (Jana:<br />

547; Thomas: 659) o<strong>der</strong> "es zu verdrängen" (Pascal: 1268), aber das "geht nicht"<br />

heißt es.<br />

In einen ähnlichen Zusammenhang ist auch das Konzept Panik als Kreislauf/Spirale<br />

zu rücken: Der "Kreislauf" (Thomas: 324), eine "Gedankenspirale" (Pascal: 855,<br />

1231) "geht los", die "Gedanken routieren" (Pascal: 1247), und das Ich "gerät in<br />

einen Teufelskreis" (Tina II: 1084), aus dem es nicht herauskommt. Die Konzepte<br />

Panik als Container/Gefängnis, Panik als einschränkende/hin<strong>der</strong>nde/kontrollierende<br />

Kraft und Panik als Kreislauf/Spirale können als Varianten eines übergeordneten<br />

Konzepts Panik ist Einschränkung/Begrenzung (räumlich, körperlich und/o<strong>der</strong><br />

mental) aufgefasst werden, welches das Grundkonzept in allen Panikdarstellungen<br />

darstellt.<br />

Folgerichtig konzeptualisiert Tina das Ende/das Abklingen <strong>der</strong> Panik als Befreiung:<br />

Bsp. (40) Tina I (CD ab 04:30)<br />

97 Pascal bezeichnet seinen ersten Therapieerfolg, durch den er sechs Jahre lang<br />

"beschwerdefrei" blieb, als den "absoluten Durchbruch" (Pascal: Z. 274) und rekurriert damit<br />

in <strong>bei</strong>den Formulierungen ebenfalls auf eine Art Mauer- o<strong>der</strong> Gefängnismetaphorik.<br />

98 Vgl. Ochs/Capps, die ebenfalls festhalten, dass die <strong>Agoraphobie</strong>-Patientin Meg "diminishes<br />

herself as a potent agent or actor by frequently using the verb try" (1995: 71).<br />

99 Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass sich Janas Zwangserkrankung<br />

"Kontrollzwang" nach eigener Einschätzung entwickelte, um "diese agOraphobie DAmit zu<br />

verar<strong>bei</strong>ten" (Jana: 45-52).<br />

100 Vgl. auch die bereits zitierten Vergleiche "Pudding in den Beinen", "Beine wie Gummi"<br />

etc.<br />

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