Agoraphobie-Patienten erzählen – Sprachliche Verfahren bei der ...
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960 DASS du dir wIrklich sagst,<br />
961 es (.) es is is (.) es is ↑AUS-<br />
962 is vor↑BEI-<br />
963 ↑ENde;<br />
Die Eigentheorie entsteht offenbar erst im Zuge ihrer sprachlichen Strukturierung.<br />
Abbrüche, Vagheitsformulierungen und -markierungen, Pausen und<br />
Reformulierungen weisen "als Ausdruck sprachlicher Suchbewegungen und<br />
Formulierungsar<strong>bei</strong>t auf […] Erkenntnisprozesse o<strong>der</strong> die Erar<strong>bei</strong>tung von<br />
Standpunkten gegenüber dem Erinnerten hin" (Lucius-Hoene/Deppermann 2004:<br />
72).<br />
Pascal thematisiert hier aus theoretischer Distanz eine Zweiheit seines Bewusstseins<br />
und damit "Ich-Dualität" 89 . Die realistische Einordnung und Einschätzung von<br />
Empfindungen, Symptomen o<strong>der</strong> (Gefahren)situationen ist dem erlebenden Panik-<br />
Ich nicht möglich, weil es "in DEM moment" (952) nicht über das benötigte "wissen"<br />
(956) verfügt (vgl. auch Pascal: 608-616).<br />
Die Bewusstseinseinschränkung des erlebenden Ichs kompensiert im folgenden<br />
Beispiel ein rationales Simultan-Ich, das sich in direkter Rede an es wendet:<br />
Bsp. (32) Pascal (CD ab 34:33)<br />
1173 Pa ähm da KAM da kOnnt ich den gedanken dann SCHON<br />
ABsolut noch FASsen,<br />
1174 dass ich mir gesAgt hab,<br />
1175 so okEE jetzt hast du UNheimlich herzrasen,<br />
1176 SCHEIß gefÜhl,<br />
1177 .hh und HAST deine SCHWEIßausbrüche,<br />
1178 und aber es (.) WIRD vor<strong>bei</strong> gehen,<br />
1179 und äh=n körper HÄLT das so lange nich AUS;<br />
1180 das SIND vielleicht ZEHN minuten wenn=s hoch kommt,<br />
1181 dann WIRD=s (.) wIE<strong>der</strong> RUNter (.) fahren;<br />
Pascal rekonstruiert hier einen "inneren Dialog zwischen einem zweigeteilten Ich"<br />
(Günthner 2006: 15) 90 . Ein rationales Ich, das sich verständnisvoll zeigt, indem es<br />
89<br />
Günthner (2006) spricht von <strong>der</strong> "Präsentation eines 'gespaltenen Ich'" (2006: 13). Ich<br />
verwende den Begriff "Ich-Dualität": Es kommt mir hier auf die 'Spaltung' des Bewusstseins<br />
innerhalb des "Ich" an. Der Begriff des 'gespaltenen Ich' in Anlehnung an Lakoffs "Devided<br />
Self" (Subjekt-Selbst/Körper) wäre hier irreführend.<br />
90<br />
Vgl. auch Capps/Ochs (1995), die in ihrer Fallstudie <strong>der</strong> <strong>Agoraphobie</strong>-Patientin Meg<br />
ebenfalls darauf hinweisen: "[Meg] steps outside of immediate external situations into a<br />
dialogue with herself. […] Meg uses mental verbs to frame her thoughts as messages, in this<br />
case unspoken messages formulated as reflections addressed to herself" (1995: 58).<br />
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