Agoraphobie-Patienten erzählen – Sprachliche Verfahren bei der ...
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Eine Identifikation <strong>der</strong> eigenen Person mit <strong>der</strong> Angsterkrankung führt dazu, dass<br />
sich narrative Identität in den vorliegenden Gesprächen hauptsächlich über die<br />
Erkrankung konstituiert und defininiert.<br />
Die Diagnose bietet, nach einer Zeit des Ich-Verlustes durch den Entzug von Hand-<br />
lungsspielräumen und sozialen Kontakten in <strong>der</strong> Isolation, offenbar für eine<br />
bestimmte <strong>Patienten</strong>gruppe identitätsstiftende Attribute. Die Betroffenen<br />
präsentieren die Angsterkrankung als entscheidendes und konstitutives<br />
Bestimmungsstück ihrer Person:<br />
Bsp. (25) Pascal (CD ab 24:39)<br />
1532 Pa so BIN ich,<br />
1534 es IS=n tEIl von mir,<br />
5.2.1 Selbstpositionierung durch Kategorie-Splitting<br />
In den vorliegenden Gesprächen ordnen sich die <strong>Patienten</strong> also einer<br />
Personengruppe zu, die sie in Opposition zur Gruppe <strong>der</strong> Normalen präsentieren,<br />
aus <strong>der</strong> sie sich damit implizit ausschließen. Auf diese Weise wird die Paniker-<br />
Kategorie zur Mono-Kategorie <strong>der</strong> Identitätsdarstellung.<br />
Innerhalb <strong>der</strong> Paniker-Kategorie werden jedoch durch Kategorie-Splitting<br />
individuelle Positionierungen vorgenommen. Unter Kategorie-Splitting wird hier eine<br />
"Hierarchisierung" <strong>der</strong> Gesamtstruktur, durch die Etablierung von<br />
Subtypen(bezeichnungen) im Gespräch verstanden.<br />
Thomas differenziert <strong>bei</strong>spielsweise zwischen "MEHR o<strong>der</strong> WENiger geSTÖRT"<br />
(Thomas: 92) und zwischen sich selbst und <strong>Patienten</strong> "mit GRÖßeren<br />
einschränkungen" (423). Er etabliert Subtypen, die "wahrscheinlich noch AN<strong>der</strong>e<br />
komplExe o<strong>der</strong> so" haben (93) und spricht von Menschen "in <strong>der</strong> glEIchen situation"<br />
wie er selbst, die jedoch "NICH so die: (-) die ähm- ähm äh (.)↓ja die<br />
lÖsungsmöglichkeiten" haben, "weil sie vielleicht zu verschlOssen sind", was "DANN<br />
vielleicht noch vIel vIel SCHLIMMer und viel extrEmer is (.) für die leute" (550-558).<br />
Tina spricht in einem nicht-transkribierten Teil des ersten Gesprächs von<br />
"Anfängern" (CD: 35:06) und bezieht sich damit auf <strong>Patienten</strong>, die erst seit kurzer<br />
Zeit mit <strong>der</strong> Angststörung konfrontiert sind und auch Pascals Formulierung<br />
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