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Agoraphobie-Patienten erzählen – Sprachliche Verfahren bei der ...

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Identität wird in mo<strong>der</strong>nen Theorien als Produkt und Resultat einer lebenslangen<br />

Identitätsar<strong>bei</strong>t aufgefasst, durch die das Individuum auf sich wandelnde<br />

Lebensumstände o<strong>der</strong> auf unterschiedliche soziale und situative Kontexte reagiert<br />

und sich ihnen anpasst 80 . Das Konzept <strong>der</strong> "identity in interaction"<br />

(Antaki/Widdicombe 1998), welches die Sprache als wesentliches Medium des<br />

Entwurfs, <strong>der</strong> Darstellung, Herstellung und Aushandlung von Identität auffasst,<br />

ermöglicht die empirische Untersuchung von Identität.<br />

Im Gespräch über die Angsterkrankung sind die Sprecher dazu angehalten sich<br />

selbstreflexiv mit <strong>der</strong> eigenen Person auseinan<strong>der</strong> zu setzen. Sie leisten in <strong>der</strong><br />

Erzählung "situierte und interaktive Ar<strong>bei</strong>t an <strong>der</strong> Identität" (Lucius-<br />

Hoene/Deppermann 2004: 56), nehmen Selbstkategorisierungen und -<br />

charakterisierungen vor und setzen sich konstruktiv mit <strong>der</strong> eigenen Person<br />

auseinan<strong>der</strong>. Erzählend wird eine "narrative Identität" konstruiert (Lucius-<br />

Hoene/Deppermann 2004), die sich aus soziolinguistischer und diskursiv-<br />

psychologischer Sichtweise "unmittelbar in den sprachlichen Praktiken" konstituiert<br />

als<br />

die Art und Weise, wie ein Mensch in konkreten Interaktionen Identitätsar<strong>bei</strong>t als narrative<br />

Darstellung und Herstellung von jeweils situativ relevanten Aspekten seiner Identität<br />

leistet. (Lucius-Hoene/Deppermann 2004: 55; im Orig. kursiv)<br />

5.1 Identität und Angsterkrankung<br />

In einem Gespräch, das die narrative Auseinan<strong>der</strong>setzung mit <strong>der</strong> eigenen Angst-<br />

erkrankung vorsieht, ist dieser Aspekt situativ per se relevant. Die Sprecher stellen<br />

einen direkten Zusammenhang zwischen <strong>der</strong> Angsterkrankung und ihrer Identität<br />

her. Sie rekonstruieren Einflüsse <strong>der</strong> Angststörung auf die Identität, Phasen <strong>der</strong><br />

Identitätsar<strong>bei</strong>t und Verän<strong>der</strong>ungs- o<strong>der</strong> Entwicklungsprozesse <strong>der</strong> eigenen Person.<br />

Es gibt verschiedene Stationen in einer "Panikerkarriere" 81 , die die Identität und das<br />

Ich-Konzept <strong>der</strong> Betroffenen direkt tangieren und Identitätsar<strong>bei</strong>t explizit einfor<strong>der</strong>n.<br />

80 Der sozialkonstruktivistische und interaktionistische Ansatz wird z.B. von Keupp et al.<br />

(1999) vertreten, auf die ich für weitere Informationen verweise.<br />

81 "Panikerkarriere" ist eine Formulierung von Pascal in einem nicht-transkribierten Teil des<br />

Gesprächs (CD Pascal 2: 14:50).<br />

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