Agoraphobie-Patienten erzählen – Sprachliche Verfahren bei der ...
Agoraphobie-Patienten erzählen – Sprachliche Verfahren bei der ...
Agoraphobie-Patienten erzählen – Sprachliche Verfahren bei der ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Wie Pascal differenziert auch Thomas zwischen den Kategorien "normale Angst" und<br />
"Panikangst". Normale Angst wird als "reAle angst" (Thomas: 623), die "WIRKlich<br />
be↑GRÜNdet" ist (Thomas: 476) eingestuft, <strong>der</strong> die eigene Panikangst<br />
entgegengestellt wird:<br />
Bsp. (17) Thomas (CD ab 18:53)<br />
486 Tho sprich zum <strong>bei</strong>spiel in einem MEEting,<br />
487 wenn ich da in ANführungsstrichen UNnormal mich<br />
ver↑HALTE,<br />
488 weil ich da: .h ähm unheimlich ner↑VÖS bin,<br />
489 weil ich STOTTer,<br />
490 dass ich DAvor ANGST ↓habe-<br />
491 (.)↑DIESE angst is ne AN<strong>der</strong>e;<br />
492 weil das halt diese IRRationale angst is ne,<br />
493 .h o<strong>der</strong> ähm (.) zum <strong>bei</strong>spiel die ANGST auf die BÜHNE<br />
zu müssen (.) irgendwO;<br />
494 das is ja <strong>bei</strong>m norMALen menschen LAMpenfieber,<br />
495 und vielleicht STOTTert <strong>der</strong> auch oben,<br />
496 und wird ROT,<br />
497 und kricht kein WORT raus,<br />
498 während <strong>bei</strong> ↑MIR sich das natürlich das ↑MEISste schon<br />
VORher-<br />
499 in meinem KOPF abspielt;<br />
500 weil ich mir dann schon mal ausMALE,<br />
501 .h wie das letztendlich sein ↑WIRD,<br />
502 obwohl es überHAUPT nich so ↑IS nachher;<br />
Die pathologische Angst hebt sich von normaler Angst ab: "↑DIESE angst ist ne<br />
AN<strong>der</strong>e" (491). Thomas stellt die eigene "ANGST auf die BÜHNE zu müssen" dem<br />
"LAMpenfieber" an<strong>der</strong>er (493f.) entgegen, wo<strong>bei</strong> die Akzentuierung des Wortes<br />
"ANGST" gegenüber <strong>der</strong> euphemistischen Bezeichnung 'Lampenfieber' den Kontrast<br />
zusätzlich verstärkt. Thomas ordnet <strong>der</strong> Panikangst die Eigenschaft <strong>der</strong> Irrationalität<br />
(492) zu, und Pascal nennt sie eine "ABsolut (.) UNrealistische (.) äh ↑ANGST"<br />
(Pascal: 706). Wie Pascal (s.o.) betont auch Thomas durch Kontrastierung den<br />
wesensmäßigen Unterschied zwischen nicht pathologischer Angst und Panik, welche<br />
so "als aus <strong>der</strong> Norm herausragende Erfahrung" (Günthner 2006: 12) konstituiert<br />
wird.<br />
Thomas wendet das <strong>Verfahren</strong> <strong>der</strong> Kontrastierung auch in Bezug auf die eigene<br />
Person und seine Verhaltensweisen an. Auch dazu orientiert er sich an den<br />
zentralen Bezugsgrößen "Normalität" vs. "Irrationalität" bzw. "Anomalie". Das<br />
76<br />
Vgl. zu Kontrastierungen in Panikdarstellungen auch Günthner (2006: 11-13).<br />
64