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Agoraphobie-Patienten erzählen – Sprachliche Verfahren bei der ...

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syntaktische Kondensierungsformen, die […] als Ressource zur Rekontextualisierung<br />

und Porträtierung rasch aufeinan<strong>der</strong>folgen<strong>der</strong> Ereignisse eingesetzt werden.<br />

(Günthner 2006: 16):<br />

Re-Inszenierungen zeugen von hoher emotionaler Beteiligung des Erzählers, von<br />

dessen "involvement" 73 , und vermitteln die subjektive Bedeutsamkeit des Erzählten.<br />

Die szenische Re-Inszenierung dient den Sprechern als narratives <strong>Verfahren</strong> zur<br />

Vermittlung und Appräsentation des "unbeschreibbaren" Extrems <strong>der</strong><br />

Panikerfahrung (vgl. Günthner 2006). Da<strong>bei</strong> werden sämtliche Re-<br />

Inszenierungsstrategien auf einmal eingesetzt und in <strong>der</strong> Anfallsrekonstruktion<br />

miteinan<strong>der</strong> kombiniert.<br />

Narrative <strong>Verfahren</strong> müssen im Kontext einer Gesamterzählung betrachtet werden.<br />

Daher werden sie in <strong>der</strong> exemplarische Abschlussanalyse in Kap. 7, die ausführlich<br />

auf Strategien <strong>der</strong> Re-Inszenierung und weitere narrative Techniken eingeht,<br />

analysiert.<br />

4.4 Der Rekurs auf semi-professionelle Kenntnisse als Formulierungsressource<br />

und <strong>Verfahren</strong> <strong>der</strong> Vermittlung<br />

Grundsätzlich verfügen die <strong>Patienten</strong> über subjektive, die eigene Krankheit, das<br />

Erleben und das persönliche Empfinden betreffende Erfahrungen, die zu vermitteln<br />

Ziel und Aufgabe in den analysierten Gesprächen ist. Darüber hinaus verfügen die<br />

Sprecher, die teilweise schon jahrelang an ihrer Angsterkrankung leiden, auch über<br />

ein medizinisches und psychologisches Expertenwissen ("semi-professionelles<br />

Wissen" 74 ) (vgl. Brünner/Gülich 2002: 43), das sie in <strong>der</strong> Interaktion an mich als<br />

Laien weitergeben. Auch <strong>der</strong> Rekurs auf Fachvokabular (im Sinne "semi-<br />

professioneller Kategorisierungen") kann einen Weg aus <strong>der</strong> Unbeschreibbarkeit<br />

bedeuten. Die Adoption und Präsentation von Fachausdrücken verweist auf die<br />

Präferenz für vorgeformte Ausdrücke, auf die Gülich/Schöndienst/Wörmann (2005)<br />

73<br />

Tannen (1989) prägt den Begriff "involvement" für die emotionale und affektive<br />

Beteiligung, die im Gespräch zum Ausdruck gebracht werden kann.<br />

74<br />

Reh<strong>bei</strong>n (1994), Löning (1994) und Reh<strong>bei</strong>n/Löning (1995) bezeichnen den<br />

laiengerechten Krankheits- o<strong>der</strong> Symptomwortschatz, den Mediziner gegenüber <strong>Patienten</strong><br />

anwenden als "semi-professionell" (vs. professionell). Ich verwende den Begriff "semiprofessionelles<br />

Wissen" in Anlehnung daran wertfrei (vs. "pseudo-professionell"), als<br />

Bezeichnung für das medizinische Wissen, das sich Angstpatienten durch Arzt- und<br />

Therapeutenkontakte sowie durch die Lektüre entsprechen<strong>der</strong> (Ratgeber-)literatur etc.<br />

aneignen und weitergeben.<br />

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