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Agoraphobie-Patienten erzählen – Sprachliche Verfahren bei der ...

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Auch im Zusammenhang <strong>der</strong> Darstellung an<strong>der</strong>er körperlicher o<strong>der</strong> sinnlicher Ein-<br />

schränkungen greifen die Sprecher auf die rhetorische Strategie des Vergleichs<br />

zurück. So gehen Panikanfälle offenbar manchmal mit <strong>der</strong> Einschränkung o<strong>der</strong><br />

An<strong>der</strong>sartigkeit des Seh-Sinns einher. Tina sieht ihre Umwelt im Anfall "als wenn die<br />

FARBE weg is" (Tina I: 665) o<strong>der</strong> "HELL als wenn wenn ich vonna (.) BLITZlicht<br />

geBLENdet werde" (Tina II: 742) o<strong>der</strong> als wenn ihr etwas auf die Augen fällt "und it<br />

DUNKel macht" (Tina I: 67; vgl. auch Tina II: 1045). Das Abklingen von Panik<br />

beschreibt sie mit den Worten "als wenn mir einer=n EISkalten (-) EISkaltes wasser<br />

übergießt;" (Tina II: 1017) und in unserem ersten Gespräch ähnlich: "JA dit muss<br />

man sich SO vorstellen, als WENN da einer oben en ZAHNputzbecher, (-) mit<br />

WASSer, aufn KOPF stellt, und den UMkippt. und DIEses wasser RUNterläuft." (Tina<br />

I: 125-130). Wie<strong>der</strong>um werden Symptome o<strong>der</strong> Wahrnehmungen durch den im<br />

Vergleich hergestellten Rückbezug zu alltäglichen Körpererfahrungen<br />

veranschaulicht. Da<strong>bei</strong> wird in diesem Beispiel die veranschaulichende und<br />

vermittelnde Funktion des Vergleichs explizit thematisiert: "JA dit muss man sich SO<br />

vorstellen" (vgl. auch Tina I: 84f. und Jana: 101ff.). Jana beschreibt ihre Atemnot<br />

im Anfall mit den Worten "als WÜRDE mich einer WÜRgen," (392) und stellt damit<br />

zum einen Alltagsbezug her, vermittelt im Vergleich aber gleichzeitig die negative<br />

Wertung des Symptoms.<br />

Zusammenfassend lassen sich folgende Funktionen von Vergleichen bennenen:<br />

• Die rhetorische Strategie des Vergleichs dient in Panikdarstellungen <strong>der</strong><br />

Überwindung <strong>der</strong> Beschreibbarkeitsproblematik und <strong>der</strong> Lösung des damit<br />

zusammenhängenden Vermittlungsproblems; die Vermittlungs- bzw.<br />

Veranschaulichungsfunktion <strong>der</strong> Vergleiche wird da<strong>bei</strong> teilweise explizit<br />

betont.<br />

• Vergleiche betreffen die Veranschaulichung/Vermittlung körperlicher<br />

Symptome und Wahrnehmungen; dazu werden Analogien zu alltäglichen<br />

Körpererfahrungen o<strong>der</strong> auch an<strong>der</strong>en alltäglichen und daher geteilten<br />

Erfahrungs- o<strong>der</strong> Vorstellungsbereichen hergestellt. Diese Analogien können<br />

die Wahrnehmung selbst, aber auch bestimmte Aspekte wie Intensität,<br />

Dynamik, Schlagartigkeit, Qualität/Wertung fokussieren o<strong>der</strong> verdeutlichen.<br />

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