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Agoraphobie-Patienten erzählen – Sprachliche Verfahren bei der ...

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die Reformulierung anzubringen, die sie (im Gegensatz zu ihrem ersten Vergleich)<br />

selbst als nur bedingt zutreffend markiert.<br />

In unserem zweiten Gespräch fast zwei Jahre später begründet Tina ihre<br />

Formulierungsschwierigkeiten damit, dass eine Panikattacke mit einer ungemeinen<br />

Vielzahl von Symptomen und Gefühlen einhergeht: ".hh ich KANN es gar nicht so<br />

richtig vor so beschrEIben, weil das is alles noch SO VIEL in=na panikattacke<br />

drinne;" (Tina II: 1027f.). Jana hingegen thematisiert Unbeschreibbarkeit eher im<br />

Zusammenhang mit ihrer Zwangserkrankung: "ähm h ↑ja das is schwer zu<br />

beSCHREIben, das IS (.) so=n UNgutes geFÜHL," (Jana: 74f.). Auch hier ist es ein<br />

"geFÜHL" und seine Beschaffenheit, das die Formulierungsschwierigkeiten mit sich<br />

bringt.<br />

Die Beispiele zeigen, dass in Panikdarstellungen die "Formulierungsar<strong>bei</strong>t im Inter-<br />

aktionsprozess inszeniert wird" (Gülich 2005b: 229). Solche Inszenierungen sind<br />

konstitutiv für die Darstellung von Panikattacken. Angstanfälle sind Erlebnisse<br />

"jenseits <strong>der</strong> sonstigen Alltagserfahrungen" (Günthner 2006: 5), und <strong>der</strong><br />

metadiskursive Kommentar "konstituiert interaktiv die Gleichzeitigkeit von zwei<br />

Wirklichkeiten <strong>–</strong> und damit, wenngleich es paradox klingt, auch <strong>der</strong>en<br />

Beschreibbarkeit" (Gülich 2005b: 240).<br />

Deswegen finden sich metadiskursive Kommentare zur Unbeschreibbarkeit auch <strong>bei</strong><br />

Tina o<strong>der</strong> Pascal, die bereits jahrelang an <strong>Agoraphobie</strong> leiden und <strong>der</strong>en<br />

Erzählungen ansonsten vielfach von Formulierungsroutine zeugen. Es geht darum,<br />

Panikanfälle als intersubjektiv schwer vermittelbar zu kontextualisieren und ihre<br />

"Unbeschreibbarkeit als zentrales Merkmal konversationell zu etablieren" (Gülich<br />

2005b: 227). Interessant ist in diesem Zusammenhang abschließend <strong>der</strong> Vergleich<br />

zwischen zwei Erzählpassagen aus den unterschiedlichen Gesprächen mit Tina:<br />

Bsp. (5) Tina I (CD ab 17:51)<br />

563 Ti .h und HABE (.) KANN ick nich beschreiben WIE it is-<br />

564 HABE dit jefühl gehabt,(-)<br />

565 <br />

566 Ju mhm<br />

57<br />

Wenige Transkriptzeilen weiter, bringt Tina explizit ihre Wortgewandtheit im<br />

Zusammenhang mit ihrer Panik zum Ausdruck: "daher weiß ick wie ick mich AUSdrücken<br />

kann," (153).<br />

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