Agoraphobie-Patienten erzählen – Sprachliche Verfahren bei der ...
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An diesem Beispiel wird deutlich, dass die Subjektivität <strong>der</strong> Panikerfahrung <strong>der</strong>en<br />
Beschreibung erschwert. Diese orientiert sich "an den Wissens- und<br />
Erfahrungsasymmetrien zwischen den Interagierenden" (Günthner 2006: 3) und an<br />
dem Bestreben <strong>der</strong> Sprecherin, diese Diskrepanzen und damit die Unvermittelbarkeit<br />
zu überwinden, wie ihre Bemühungen um die "beste" Beschreibungsmöglichkeit<br />
zeigen (256). Außerdem wird deutlich, dass metadiskursive Kommentare zur<br />
Unbeschreibbarkeit bzw. schweren Beschreibbarkeit kommunikative Funktionen<br />
einnehmen und als "Formulierungsressource" dienen (Gülich 2005b). Tina formuliert<br />
sie in diesem Beispiel, bevor sie langsam und überlegt ihr Gefühl expliziert. Sie<br />
kontextualisiert die Beschreibung im Vorfeld als intersubjektiv schwer vermittel- und<br />
nachvollziehbar und gewinnt durch den Kommentar die nötige Distanz zur eigenen<br />
Wahrnehmung (vgl. Gülich 2005b: 239f.), im Anfall nicht sie selbst zu sein ("als<br />
WENN ick nisch ISCH bin"). Diese im Vorfeld markierte Distanzierung ermöglicht ihr<br />
auch so Paradoxes, Fremdes, eigentlich Unbeschreibbares und, möglicherweise aus<br />
Angst vor Diskriminierung, auch Unsagbares doch zur Sprache zu bringen. Tina ist<br />
sich in einem Panikanfall selbst fremd. Ihr Ich scheint somit in unterschiedlichen<br />
Wirklichkeiten verankert: in <strong>der</strong> Alltagswirklichkeit einerseits und <strong>der</strong> Wirklichkeit <strong>der</strong><br />
Panik an<strong>der</strong>erseits. Gülich formuliert zutreffend, dass<br />
die Unbeschreibbarkeit daraus resultiert, dass Sprecher über wi<strong>der</strong>sprüchliche Eindrücke<br />
und Empfindungen zu berichten haben, die verschiedenen Sinnprovinzen zuzuordnen<br />
sind […]. (Gülich 2005b: 222 56 )<br />
Auch folgendes Beispiel stützt diese Annahme. Tina beschreibt ihr Gefühl <strong>bei</strong>m Ab-<br />
klingen einer Panik folgen<strong>der</strong>maßen:<br />
Bsp. (4) Tina I (CD ab 03:50)<br />
125 Ti JA dit muß man sich SO vorstellen,<br />
126 als WENN da einer oben en ZAHNputzbecher,(-)<br />
56 Vgl. in Bezug auf Panikdarstellungen auch Günthner (2006: 2-5). Gülich (2005b) diskutiert<br />
die Möglichkeit, Unbeschreiblichkeit als "Merkmal einer 'Gattungsfamilie'" aufzufassen, die<br />
"Aura-Beschreibungen, Traumerzählungen, Konversionsgeschichten, Berichte[n] von<br />
Zukunftsvisionen, Nahtod-Erlebnissen und […] (die) ganze[n] Spannbreite paranormaler<br />
Erfahrungen" (2005: 230) umfasst. In diese Gattungsfamilie gehörten dann auch<br />
Panikdarstellungen.<br />
56 Vgl. zu <strong>Verfahren</strong> <strong>der</strong> Inszenierung von Unbeschreibbarkeit und <strong>der</strong>en Überwindung<br />
Gülich/Furchner (2002).<br />
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