Agoraphobie-Patienten erzählen – Sprachliche Verfahren bei der ...
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und einige Agoraphobiker erleben nur wenig Angst, da sie die phobischen Situationen<br />
vermeiden können. (ICD-10: 40.0-) 24<br />
Die wörtliche Übersetzung als "Angst vor öffentlichen Plätzen" o<strong>der</strong> gar "Platzangst"<br />
ist also völlig verfehlt. Vielmehr handelt es sich "um einen zunehmenden Rückzug<br />
aus immer mehr Lebensbereichen. […] <strong>Agoraphobie</strong> ist daher zutreffen<strong>der</strong> als<br />
schwere kommunikative Verunsicherung und als generalisierte Angstvermeidung zu<br />
verstehen" (Strian 2003: 44) 25 .<br />
Der Leidensdruck und die Beeinträchtigung für den <strong>Patienten</strong> sind daher enorm<br />
hoch. Das Meiden von Situationen, die einen Angstanfall ausgelöst haben und<br />
solchen, in denen ein Anfall befürchtet wird o<strong>der</strong> beson<strong>der</strong>s unangenehm wäre,<br />
führt zwangsläufig zu sozialer Isolation und psychischer Demoralisierung.<br />
Das zunehmende Vermeidungsverhalten gehört zu den typischen Symptomen <strong>der</strong><br />
<strong>Agoraphobie</strong> (vgl. Schmidt-Traub 2005: 10) 26 und wird in <strong>der</strong> Ratgeberliteratur<br />
sowie von den Betroffenen selbst immer wie<strong>der</strong> als "Angst vor <strong>der</strong> Angst"<br />
bezeichnet.<br />
<strong>Agoraphobie</strong> wird mit und ohne Panikstörung diagnostiziert. Dennoch gehen <strong>der</strong><br />
<strong>Agoraphobie</strong> häufig Panikattacken voraus, die die Entwicklung eines solchen<br />
Vermeidungsverhaltens begründen. Oftmals wird <strong>Agoraphobie</strong> daher als eine<br />
Folgeerscheinung von Panikattacken angenommen (Strian 2003: 47).<br />
Panikattacken äußern sich nach dem Internationalen Diagnose-Schlüssel ICD-10<br />
durch vegetative und psychische Symptome wie z.B. Herzrasen, Schwitzen,<br />
Erstickungsgefühle, Schwindel und Angst die Kontrolle zu verlieren o<strong>der</strong> zu sterben.<br />
Nicht alle Symptome treten zwingend gleichzeitig auf und nicht alle werden<br />
gleichermaßen bedrohlich empfunden. Aber Angstpatienten neigen dazu, diese<br />
körperlichen Sensationen zum einen beson<strong>der</strong>s intensiv wahrzunehmen und sie<br />
24<br />
Die "International statistical Classification of Diseases and Related Health Problems" (ICD-<br />
10) wurde von <strong>der</strong> Weltgesundheitsorganisation (WHO) erstellt und im Auftrag des<br />
Bundesministeriums für Gesundheit vom DIMDI ins Deutsche übersetzt. Ich zitiere nach <strong>der</strong><br />
Version 2005: http://www.dimdi.de/static/de/klassi/diagnosen/icd10/htmlgm2005/fr-icd.htm.<br />
25<br />
Vgl. Capps/Ochs: "The term 'agoraphobia' means 'fear of open spaces', but is more<br />
appropriately described as a fear of <strong>bei</strong>ng anyplace where one might feel alone and<br />
vulnerable to fear and panic" (1995: 3).<br />
26<br />
Neben den "agoraphoben Beschwerden im engeren Sinne, nämlich Angst vor weiten<br />
Plätzen, Straßenalleen, leeren Sälen und Kirchenräumen" (Strian 2003: 45).<br />
22