Agoraphobie-Patienten erzählen – Sprachliche Verfahren bei der ...
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verschlingen Ratgeber und medizinische Lexika, um sich über ihre Erkrankung zu<br />
informieren. Die Kenntnis neurophysiologischer und neurobiologischer<br />
Zusammenhänge hilft ihnen z.B. <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Zuordnung und Kategorisierung ihrer<br />
Erfahrungen und wirkt durch die Logik beruhigend.<br />
Durch eine Behandlung, die gezielt eine Verstehensleistung <strong>der</strong> <strong>Patienten</strong> intendiert,<br />
können die im Selbst angelegten Kapazitäten genutzt werden. Angstpatienten<br />
wollen ihre Krankheit, die Symptome und Hintergründe (er)kennen und verstehen.<br />
Das rationale Ich und seine Stimme (Kap. 5.3) ließen sich auf diese Weise stärken.<br />
Es ist sinnvoll, den Aufklärungs- und Verstehensprozess in die therapeutische<br />
Behandlung einzubeziehen und die Betroffenen mit ihrem Informationsdurst nicht<br />
allein zu lassen. Das Internet und verschiedene Ratgeber bieten ein großes<br />
Informationsangebot, das jedoch nicht immer seriös ist.<br />
Schließlich führen die Überlegungen zu einem allgemeinen Plädoyer für das<br />
Gespräch und das Potenzial <strong>der</strong> Gesprächsanalyse im klinischen Kontext.<br />
In <strong>der</strong> Praxis ergibt sich damit die Erfor<strong>der</strong>nis einer entsprechenden Schulung des<br />
medizinischen Personals. Ärzte müssen linguistisch geschulte Zuhörer werden, die<br />
beson<strong>der</strong>e Strategien <strong>der</strong> Gesprächsführung beherrschen, sie im Gespräch gezielt<br />
einsetzen und dieses auszuwerten in <strong>der</strong> Lage sind 127 . Eventuell kommt aber in<br />
bestimmten Bereichen auch gerade dem Gespräch mit medizinischen Laien<br />
beson<strong>der</strong>e Bedeutung zu. Es regt in beson<strong>der</strong>em Maße zu Veranschaulichungen und<br />
Kohärenzbildung an und för<strong>der</strong>t auf diesem Wege die genaue Selbstbeobachtung<br />
und die Erklärungs- o<strong>der</strong> Konzeptfindung des Erkrankten.<br />
Alle Aspekte sprechen für die interdisziplinäre Zusammenar<strong>bei</strong>t zwischen Gesprächs-<br />
forschern und Ärzten. Gemeinsam ist zu erar<strong>bei</strong>ten, in welchen Bereichen <strong>der</strong><br />
Medizin die Gesprächsanalyse sinnvoll und erkenntnisför<strong>der</strong>nd angewandt werden<br />
kann und inwieweit sich linguistische Differentialtypologien erstellen lassen, die für<br />
den diagnostischen und therapeutischen Prozess relevant sind und dort integriert<br />
werden können.<br />
127 Alternativen und Möglichkeiten <strong>der</strong> praktischen Umsetzung zeigt Spranz-Fogasy (1992)<br />
auf.<br />
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