Agoraphobie-Patienten erzählen – Sprachliche Verfahren bei der ...
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Auch die Bedeutung und Funktion, die die Sprecher selbst dem narrativen<br />
Rekonstruktionsprozess <strong>bei</strong>messen, sprechen für die Integration einer narrativen<br />
Therapieform in bestehende Ansätze. Sie reichen von befreien<strong>der</strong> und kathartischer<br />
Wirkung bis zur Zuschreibung spezifischer Verar<strong>bei</strong>tungs- und<br />
Bewältigungsleistungen. Der Wert '<strong>erzählen</strong><strong>der</strong> Verar<strong>bei</strong>tung' liegt in <strong>der</strong><br />
Möglichkeit, durch die reflexive und konstruktive Erzähltätigkeit zu Sinngebung und<br />
Neu-Interpretation <strong>der</strong> eigenen Erkrankung zu gelangen. Auch die Coping-<br />
Forschung erkennt diesen Verdienst an.<br />
An<strong>der</strong>erseits konnte die Analyse verfestigte Strukturen und Routinen in Erzählungen<br />
nachweisen, die <strong>der</strong> Chance einer selbstständigen Re-Interpretation entgegenwirken<br />
(können). Hier ergibt sich die Notwendigkeit, verfestigte Muster in <strong>der</strong> Therapie<br />
aufzubrechen und die Angst- und Lebensgeschichte insgesamt (ein letztes Mal) neu<br />
zu interpretieren, damit sie auch ein Erzähl-Ende bekommt 125 .<br />
Außerdem muss reflektiert werden, wie in einer Therapie mit <strong>der</strong> massiven und<br />
routinierten Nutzung von "Affekt-Projektions-Strategien" durch einen Erzähler<br />
umzugehen ist und was es bedeutet, wenn er sie auch außerhalb <strong>der</strong><br />
therapeutischen Kommunikation einsetzt.<br />
Zweitens möchte ich erneut die praktische Relevanz <strong>der</strong> Metaphorik hervorheben.<br />
Wenn das hier erar<strong>bei</strong>tete Panikkonzept auch in weiteren Untersuchungen Bestand<br />
hat und Panikanfälle tatsächlich so deutlich und kohärent konzeptualisiert werden,<br />
legt dies eine methodische Nutzung von Methaphorik in <strong>der</strong> Therapie nahe: Das<br />
klare Panikkonzept bietet "die exquisite Chance eines therapeutischen Eingriffs"<br />
(vgl. Buchholz 1998: 560). Dazu wäre in <strong>der</strong> psychotherapeutischen Praxis eine<br />
patientenzentrierte Metaphorik zu entwickeln, welche die Modifikation, die Neu-<br />
o<strong>der</strong> Umdeutungen des bestehenden Konzepts <strong>–</strong> vor allem auch in Bezug auf eigene<br />
Handlungsmöglichkeiten <strong>–</strong> ermöglicht.<br />
Ob dieses Metaphernsystem vor allem eine Innenverortung <strong>der</strong> Angst intendieren<br />
muss, wie die Diskussion in Kap. 6.2 nahelegt, kann von mir als Linguistin nicht<br />
125 Vgl. Jerome Bruner, <strong>der</strong> in seinem Vorwort zu <strong>der</strong> Fallstudie von Capps/Ochs (1995) die<br />
Relevanz <strong>der</strong> Umstrukturierung narrativer Muster für die Bewältigung <strong>der</strong> <strong>Agoraphobie</strong><br />
betont: "the road back from 'mental trouble', be it Agoraphobia or any other disor<strong>der</strong> of<br />
alienation from the world, requires a re-narrativizing, reconstruing, another life construction.<br />
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