Agoraphobie-Patienten erzählen – Sprachliche Verfahren bei der ...
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sowohl Herz-Kreislaufpatienten 122 als auch Angstpatienten mit Unerwartbarkeit,<br />
insbeson<strong>der</strong>e mit <strong>der</strong> Wettermetapher "aus heiterem Himmel" und dem<br />
metaphorischen Ausdruck "schlagartig". Während jedoch Anthropomorphisierungen<br />
(auch in Bezug auf das Herz, welches rast, stolpert, rennt etc.), ausgebaute<br />
Vergleiche und <strong>Verfahren</strong> <strong>der</strong> Veranschaulichung und Appräsentation insgesamt<br />
einen großen Raum in den analysierten Angstdarstellungen einnehmen, sind sie <strong>bei</strong><br />
Herzpatienten eher selten 123 .<br />
Auch die generelle Relevanzhochstufung körperlicher Symptome durch prosodische,<br />
lexikalische, grammatikalische und rhetorische Intensivierungen scheint gerade in<br />
Kombination mit allerlei Vagheitsindikatoren ("irgendwie so'n Gefühl" etc.) charak-<br />
teristisch für Angstpatienten und kann von diagnostischer Relevanz sein, was noch<br />
zu prüfen ist.<br />
2. Überlegungen zur therapeutischen Relevanz und Anwendung<br />
Erstens plädiere ich für die Integration eines narrativen Therapiekonzepts in<br />
bestehende Ansätze: Die analysierten Erzählungen enthalten subjektive<br />
Krankheitstheorien, die die Beeinflussbarkeit <strong>der</strong> Angsterkrankung, ihre Auslöser<br />
und Ursachen verhandeln. Sie enthalten Hinweise auf individuelle<br />
Unterbrechungsstrategien, die therapeutisch ausgebaut werden können. Die<br />
Erzählplattform wird für den Entwurf und die Vermittlung von Eigentheorien<br />
genutzt, die mitunter erst im Zuge des Erzählprozesses entstehen (können).<br />
Außerdem können und müssen im frei entfalteten Erzählprozess Relevanzen gesetzt<br />
werden, die aufschlussreich für das Verständnis <strong>der</strong> subjektiven Gewichtung und<br />
Bedeutsamkeit bestimmter Aspekte sind. Daher kommt Erzählungen in <strong>der</strong> medizini-<br />
schen Versorgung ein beson<strong>der</strong>er Stellenwert zu 124 .<br />
122<br />
Zu Metaphernsystemen und <strong>Verfahren</strong> <strong>der</strong> Veranschaulichung <strong>bei</strong> Herz-Kreislaufpatienten<br />
vgl. Brünner/Gülich (2002: 43-53).<br />
123<br />
Es muss bedacht werden, dass Brünner/Gülichs Ar<strong>bei</strong>t (2002), auf die ich mich beziehe,<br />
die Arzt-<strong>Patienten</strong>-Interaktion untersucht und nicht die informelle Interaktion zwischen<br />
Patient und Laie. Möglicherweise ergäbe eine entsprechende Analyse an<strong>der</strong>e Ergebnisse.<br />
Außerdem ist Brünner/Gülichs Analyse in Bezug auf die Veranschaulichungsverfahren seitens<br />
<strong>der</strong> Herz-Kreislauf-<strong>Patienten</strong> nicht ausführlich genug.<br />
124<br />
Vgl. Koerfer et. al (2000), die ebenfalls für die Bedeutung <strong>der</strong> Erzählung im medizinisch-<br />
therapeutischen Kontext plädieren.<br />
116