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Agoraphobie-Patienten erzählen – Sprachliche Verfahren bei der ...

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Die Analyse <strong>der</strong> Identitäts-Konstruktion ergibt, dass <strong>der</strong> Angsterkrankung eine<br />

grundsätzlich hohe Relevanz <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Ich-Konstruktion zukommt. Die Sprecher<br />

dokumentieren einen Entwicklungsprozess <strong>der</strong> eigenen Person, indem Phasen <strong>der</strong><br />

Identitätsar<strong>bei</strong>t und -entwicklung rekonstruiert werden und in Eigentheorien<br />

bear<strong>bei</strong>tet werden. Die Fremdkategorisierung in Form <strong>der</strong> Diagnose wird nach einer<br />

Zeit des Selbstzweifels und des Ich-Verlustes für einige <strong>Patienten</strong> zum<br />

identitätsstiftenden Moment. Die Diagnose wird in die Identitätsstruktur integriert,<br />

durch Selbstpositionierungsaktivitäten verfestigt und die Angsterkrankung kann<br />

schließlich als Mono-Kategorie <strong>der</strong> Identitäts-Konstruktion präsentiert werden, <strong>der</strong><br />

die 'Norm' oppositär gegenübersteht. Die Hauptkategorie wird durch<br />

Kategoriesplitting hierarchisch strukturiert und die eigene Person z.B. durch die<br />

Dokumentation von Verar<strong>bei</strong>tungsleistung im oberen Segment positioniert.<br />

Außerdem präsentieren die Betroffenen Ich-Dualität im Sinne einer Bewusstseins-<br />

Zweiheit. Diese resultiert aus <strong>der</strong> prinzipiellen Doppelverankerung <strong>der</strong> Sprecher in<br />

unterschiedlichen Wirklichkeiten und wird durch die Rekonstruktion innerer Dialoge<br />

inszeniert o<strong>der</strong> durch die Präsentation einer Außenschau manifest. In inneren<br />

Dialogen kann die Bewusstseinseinschränkung des erlebenden Anfalls-Ichs<br />

gegebenenfalls durch eine rationale Stimme im Selbst kompensiert werden.<br />

Das Panikkonzept transportiert den Entwurf herabgesetzter bis hin zu fehlen<strong>der</strong><br />

Agency des Ich. Das Konzept ist in sich kohärent. Der Panikanfall wird als<br />

unerwartbares Ereignis bzw. als plötzlicher Angriff o<strong>der</strong> plötzliches Einwirken einer<br />

extern lokalisierten (personellen) Entität konzeptualisiert. Die Darstellungen<br />

transportieren in unterschiedlichen Varianten ein Grundkonzept, welches den Anfall<br />

und/o<strong>der</strong> die Angsterkrankung selbst als Einschränkung und Begrenzung des Ich <strong>–</strong><br />

sowohl physisch-räumlich, als auch körper- und mental-funktionell <strong>–</strong><br />

konzeptualisieren. Dieses Grundkonzept ist konstitutiv und unterscheidet Panik von<br />

nicht pathologischer Angst und von an<strong>der</strong>en Anfallskonzepten.<br />

8.2 Praktische Ausdeutung, Ausblick und offene Fragen<br />

An die Untersuchung schließen sich unweigerlich eine Reihe von Fragen an:<br />

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