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Agoraphobie-Patienten erzählen – Sprachliche Verfahren bei der ...

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wie<strong>der</strong>holend dargestellt werden" (Gülich 2005a: 87) als Anzeichen für fehlende<br />

Verar<strong>bei</strong>tung und "Sinngebung" (Lucius-Hoene 2002) auf 119 .<br />

7.2 Re-Inszenierung und Routine <strong>–</strong> Vorgeformtheit narrativer<br />

Muster<br />

Da Tina fast zwei Jahre später auch im zweiten Gespräch ihren ersten Panikanfall<br />

erzählt, bietet sich die Gelegenheit, <strong>bei</strong>de Erzählungen einan<strong>der</strong> gegenüberzustellen<br />

und nach Spuren fortgeschrittener Verar<strong>bei</strong>tungsleistung zu suchen. Die Tabelle<br />

"Tina I <strong>–</strong> Tina II" im Anhang (A7) nimmt diesen Vergleich vor.<br />

Die Tabelle zeigt inhaltliche und strukturelle Parallelen in <strong>bei</strong>den Darstellungen. Es<br />

gibt ein Erzählmuster des ersten Anfalls, bestehend aus (1) <strong>der</strong> Rekonstruktion <strong>der</strong><br />

Vorgeschichte (Konflikt mit dem Exmann, Telefonat mit <strong>der</strong> Mutter, "Auflösung" des<br />

(Ehe)konflikts), (2) <strong>der</strong> Rekonstruktion des Panikanfalls im Restaurant und <strong>der</strong><br />

Flucht aus <strong>der</strong> Situation, (3) <strong>der</strong> Panik auf dem Weg nach Hause und (4) <strong>der</strong> Panik<br />

am nächsten Morgen mit dem Erlebnis in <strong>der</strong> Arztpraxis.<br />

Darüber hinaus zeigt die Tabelle auch topische Formulierungsparallelen sowie<br />

rhetorische Routinen, die durch Pfeile in <strong>der</strong> dritten Spalte kenntlich gemacht<br />

werden. Die Information, es sei ein "Samstag" gewesen, o<strong>der</strong> die<br />

problematisierende Charakterisierung des Exmannes und seines Verhältnisses zu <strong>der</strong><br />

Firma sind solche Parallelen. Auch die Liste "keine Gratulation, keine Blumen,<br />

nichts" sowie die Formulierungen "leibliche" Mutter, zu <strong>der</strong> zufällig gerade "Kontakt"<br />

besteht, <strong>der</strong> "wun<strong>der</strong>schöne Rosenstrauß", die "Brücke" in <strong>der</strong> Nähe des<br />

"Wohnhauses" kommen in <strong>bei</strong>den Erzählungen vor.<br />

Bestimmte rhetorische Strategien werden in denselben Kontexten parallel<br />

eingesetzt. Etwa die direkte Rede zur Rekonstruktion des Telefongesprächs mit <strong>der</strong><br />

Mutter und die direkte Rede an den damaligen Ehemann während <strong>der</strong> Situation im<br />

Restaurant. In <strong>bei</strong>den Versionen erzählt Tina aus unterschiedlichen Perspektiven.<br />

119<br />

Pascal hingegen neigt zu kategoriserenden und erklärenden Darstellungen und außerdem<br />

zu Krankheits- und Eigentheorien in denen unterschiedliche Varianten bestimmter<br />

Verar<strong>bei</strong>tungstopoi für die Dokumentation eines fortgeschrittenen Verar<strong>bei</strong>tungsprozesses<br />

sprechen (vgl. Kap. 5.2.2). Die Verar<strong>bei</strong>tungsformulierungen, die Pascal verwendet heben<br />

das pathologische Konzept in wesentlichen Punkten auf und sprechen daher auch aus <strong>der</strong><br />

Sichtweise <strong>der</strong> kognitiven Linguistik für Verar<strong>bei</strong>tungsleistungen.<br />

110

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