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Agoraphobie-Patienten erzählen – Sprachliche Verfahren bei der ...

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Affekten, aber auch Ikonizität und Detailliertheit <strong>der</strong> gesamten Darstellung bergen<br />

diese Gefahr <strong>der</strong> Re-Aktualisierung und auch <strong>der</strong> Re-Traumatisierung. Tina selbst<br />

kennt die Gefahr (vgl. Tina I: 759-764) und zeigt dennoch eine hohe<br />

Erzählbereitschaft, mehr noch ein Erzählbedürfnis, das sie auch explizit äußert:<br />

Bsp.(54) Tina I (CD ab 39:49)<br />

773 Ti ↑JA das IS für mich AUCH ne hilfe;<br />

774 .hh weil ick hAbe jemanden dem ich dat erzÄhlen kann;<br />

775 Ju auch=n training o<strong>der</strong>,<br />

776 Ti ↑JA es is SO ähm -<br />

777 äh ↑ja wie=n ↑KUMMerkasten;<br />

778 mein MANN WEISS alles;<br />

779 meine mÄdels wissen alles;<br />

780 aber dat IS dann irgendwie WATT mir gerade EINfällt,<br />

781 .hh WATT ich denen vielleicht GAR nich erzÄhlt hab,<br />

782 und datt <strong>bei</strong> ↑DIR einfällt;<br />

783 und ICK dir dit erzÄhlen kann;<br />

784 du BIST einer <strong>der</strong> hört ZU,<br />

785 .h FRAGST dann zwischendurch mal was-<br />

786 und ich bin NUR <strong>der</strong> <strong>der</strong> erz↑Ählt,<br />

787 Ju hmm<br />

788 Ti als wenn ick dir=n BUCH vorlese so IS dit;<br />

789 dit is für mich AUCH ne ne h↑Ilfe;<br />

790 Ju ja<br />

791 Ti WEIL ick mErke sElber (.) DASS ick ähm -<br />

792 WENN ick jetzt watt erzÄhle,(-)<br />

793 irgend=n FALL-<br />

794 dann wEIne ick; (-)<br />

795 IRgendwann erzÄhl ick den und bin wÜtend;<br />

796 IRgendwann erzähl ick den FALL,<br />

797 und bin trAUrig;<br />

798 und IRgendwann erzÄhl ick den fall als<br />

selbstverstÄnlichkeit;<br />

Tina empfindet das Erzählen, vielleicht mehr noch das Angehört-Werden, als<br />

"h↑Ilfe" für sie selbst. Sie schreibt dem Erzählen, vor allem dem Wie<strong>der</strong>-und-<br />

Wie<strong>der</strong>-Erzählen eine wichtige Funktion <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Verar<strong>bei</strong>tung, Bewältigung und Re-<br />

Interpretation ihrer Krankheitserfahrungen zu: "und IRgendwann erzÄhl ick den fall<br />

als selbstverstÄndlichkeit" (798). Mit dem temporalen Indefinitadverb "irgendwann"<br />

verweist Tina darauf, noch am Anfang dieser Bewältigungsaufgaben zu stehen,<br />

wofür aus analytischer Perspektive auch die Form ihrer Darstellung spricht. Gülich<br />

(2005a), die die Erzählungen einer Schmerzpatientin analysiert, fasst eine hohe<br />

Anzahl von "Detaillierungen, vor allem in Verbindung mit szenischen Darstellungen,<br />

und die Offenheit <strong>der</strong> rekonstruierten Ereignisse und Erfahrungen, die als sich<br />

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