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Agoraphobie-Patienten erzählen – Sprachliche Verfahren bei der ...

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szenisches Präsens verwandt. Die Reaktualisierung <strong>der</strong> früheren Wissensbasis, in<br />

Bezug auf die Deutung <strong>der</strong> Symptome ist ein markantes Merkmal in <strong>der</strong> narrativen<br />

Rekonstruktion von Anfällen, die zeitlich vor <strong>der</strong> Diagnose liegen. In an<strong>der</strong>en<br />

Erzählungen greifen die Sprecher häufig auf Kategorisierungen wie "Panikattacke",<br />

"Angst" o<strong>der</strong> "Anfall" zurück (vgl. z.B. Pascal). Die ausgear<strong>bei</strong>tete Innendarstellung<br />

ist ein weiteres Merkmal <strong>der</strong> Panikdarstellung. Innere Monologe bzw. Dialoge<br />

werden in Form eingeleiteter o<strong>der</strong> freier direkter Rede rekonstruiert. Desweiteren ist<br />

bereits in <strong>der</strong> exemplarischen Analyse gezeigt worden, dass <strong>bei</strong> <strong>der</strong> Rekonstruktion<br />

bzw. Re-Inszenierung <strong>der</strong> Panik-Kernerzählung vor allem das Moment <strong>der</strong> Ikonizität<br />

eine Rolle spielt: Prosodie und Syntax bilden Hektik, Enge und Beklemmung ikonisch<br />

ab. Der Gleichzeitigkeit und Vielschichtigkeit <strong>der</strong> Anfallssymptome wird durch<br />

Listenbildungen, Parallelismen und/o<strong>der</strong> Anaphern zum Ausdruck gebracht.<br />

Lexikalische und prosodische Intensivierungen dienen <strong>der</strong> Appräsentation von<br />

Affekten sowie <strong>der</strong> Relevanzhochstufung insgesamt.<br />

7.1 Re-Inszenierung und Re-Traumatisierung <strong>–</strong> Erzählen und<br />

Verar<strong>bei</strong>tung<br />

Re-Inszenierungen haben adressatenbezogene Funktionen und können strategisch-<br />

dramaturgisch eingesetzt werden. Doch im "erinnernden Nacherleben" (Lucius-<br />

Hoene/Deppermann 2004: 25; kursiv im Orig.) wird das Geschehen in <strong>der</strong> aktuellen<br />

Erzählsituation vergegenwärtigt, so dass die Sprecher im und durch den<br />

Erzählprozess auch mit <strong>der</strong> Gefahr <strong>der</strong> Reaktualisierung o<strong>der</strong> Reproduktion von<br />

Panikgefühlen konfrontiert sind. Am Ende unseres zweiten Gespräch sagt Tina:<br />

Bsp.(53) Tina II ( CD ab 39:42)<br />

1114 Ti ich HOL mir das ALles wie<strong>der</strong> zurÜck,<br />

[…]<br />

1121 aber ähm (-) ich hab=n kOmisches gefühl jetzt (.)<br />

SELber in mir drInne,<br />

1122 .h WENN ich das alles erzÄhle,<br />

1123 weil ich erZÄHL=s ja nich nur,<br />

1124 son<strong>der</strong>n ich erLEB=s noch MAL;<br />

1125 gedAnklich;<br />

Im Erzählprozess holt Tina sich "ALles wie<strong>der</strong> zurück" (1114), erzählt es nicht nur,<br />

son<strong>der</strong>n erlebt es noch einmal (1124). Gerade die narrative Re-Inszenierung von<br />

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