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Agoraphobie-Patienten erzählen – Sprachliche Verfahren bei der ...

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Die exemplarische Analyse zeigt, dass Tina durch die Kombination unterschiedlicher<br />

Vermittlungs- und Appräsentationsstrategien das Geschehen <strong>der</strong> ersten<br />

Panikattacke re-inszeniert und <strong>der</strong> Hörerin so direkt vor Augen führt.<br />

In <strong>der</strong> Vorgeschichte und kurz vor Eintritt <strong>der</strong> Panik dient ihr vor allem die animierte<br />

Redewie<strong>der</strong>gabe zur Vermittlung bestimmter Stimmungen und Bewertungen.<br />

Im Kontext <strong>der</strong> Angstepisoden setzt die Sprecherin ebenfalls die üblichen Re-<br />

Inszenierungsstrategien ein (narratives Präsens, Dialogwie<strong>der</strong>gabe etc; s. Kap. 4.3),<br />

nutzt sie jedoch in strategisch massiver Dichte und kombiniert sie gleichzeitig mit<br />

prosodischen und syntaktischen <strong>Verfahren</strong>: In <strong>der</strong> ersten Paniksequenz (550-557)<br />

<strong>bei</strong>spielsweise werden narratives Präsens, animierte Redewie<strong>der</strong>gabe,<br />

Reaktualisierung <strong>der</strong> früheren Wissens- und Wahrnehmungsbasis und<br />

Gedankenwie<strong>der</strong>gabe in direkter Rede gleichzeitig eingesetzt und die Dramatik<br />

zusätzlich durch prosodische und lexikalische Intensivierung verstärkt.<br />

Stimmfarbe, Sprechgeschwindigkeit und Lautstärke bilden in den Angstepisoden,<br />

häufig in Kombination mit syntaktischer Kondensierung, Panik und Hektik ikonisch<br />

ab. Die Schlagartigkeit und Unerwartbarkeit des Anfallsgeschehens ist stark<br />

ausgear<strong>bei</strong>tet und wird durch die Kombination von lexikalischen Mitteln (explizit),<br />

rhetorisch-inszenierten Stimmungsbrüchen und prosodisch markierter Irritation o<strong>der</strong><br />

Überraschung (implizit) zum Ausdruck gebracht.<br />

Das Beispiel wurde ausgewählt, weil es beson<strong>der</strong>s eindringlich veranschaulicht, dass<br />

die Kommunikation von Panik sich auf unterschiedlichen Ebenen gleichzeitig<br />

vollzieht und multidimensional bzw. holistisch angelegt ist. Obwohl Tinas Darstellung<br />

ohne Zweifel für beson<strong>der</strong>e rhetorische und narrative Kompetenz spricht, lässt sich<br />

diese Tendenz auch in den übrigen Darstellungen nachweisen. Die vielschichtige<br />

Kombination und strategische Verknüpfung unterschiedlicher sprachlicher,<br />

kommunikativer und prosodischer <strong>Verfahren</strong> ist charakteristisch für die analysierten<br />

Panikdarstellungen.<br />

Re-Inszenierungsstrategien werden von den meisten Sprechern zur Ausgestaltung<br />

<strong>der</strong> Panik-Kernerzählung ("Core Panic Episode"; vgl. Capps/Ochs 1995: 46) genutzt.<br />

Vor allem <strong>bei</strong>m direkten Eintreten <strong>der</strong> Panik wird häufig auf das narrative Präsens<br />

zurückgegriffen. Zur Inszenierung von Höhepunkten, Handlungsdynamik und -<br />

dramatik werden Detaillierungsstrategien, syntaktische Kondensierungen und/o<strong>der</strong><br />

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