Bernhard Heisig - Brusberg Berlin

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08.12.2012 Aufrufe

4. »zu: Bertolt Brecht »Mutter Courage...« 15. »..., nehmts mich mit.« (K. 12, S. 103, Z. 19)

Adolf Dresen Der Stein beginnt zu reden Bernhard Heisigs Steinzeichnungen zu Brechts »Mutter Courage und ihre Kinder« Zuerst ist da der Stein des Lithographen, und er ist stumm. Die lithographische Technik, ursprünglich ein Reproduktionsverfahren, hat längst einen eigenen künstlerischen Wert bekommen, so daß sie heute, im Zeichen weit billigerer und besserer Reproduktionstechniken, allein noch für künstlerische Zwecke benutzt wird, von Heisig fast ausschließlich. Er bringt, indem er die Bilder aus ihm herausholt, buchstäblich den Stein zum Reden. Hier aber geht es noch um einen anderen Stein, der zu reden beginnt. Ich habe Brechts Aufführung der »Mutter Courage« Ende der 50er Jahre im Berliner Ensemble viele Male gesehen. Es spielten die Weigel, Busch, Geschonnek, die Hurwicz, Schall, Schubert... Wenn die Aufführung gut war – das war nicht immer der Fall –, kamen mir die Tränen. Ich verbot sie mir damals, denn ich war Brechtianer und die Theorie des Epischen Theaters erlaubte keine Tränen. Da ging es vielmehr um Einsichten. Später empfand ich das als Lehrhaftigkeit, und es hat mir Brecht jahrelang entfremdet. »Was eine Aufführung von Mutter Courage«, heißt es in der »Theaterarbeit« des Berliner Ensemble, »hauptsächlich zeigen sollte: Daß die Geschäfte in den Kriegen nicht von den kleinen Leuten gemacht werden...« Ja, dieses »zeigen«... Da wird man mit der Nase auf etwas gestoßen, da wird einem eine Wahrheit andemonstriert. Kann man sie nicht selbst entdecken? Ist die Entdeckung nicht das Beste an der Wahrheit? Brecht ist beinahe aus der Mode gekommen, vielleicht sogar das ganze Theater. Warum aber liefert Heisig dann, ohne aktuellen Anlaß, Illustrationen zu dem alten Stück? Er hat früher einmal, als die Aufführung des Berliner Ensemble noch lief, 1965, eine Buchausgabe des Reclam-Verlages illustriert. Er illustrierte damals auch Grimmelshausens Buch von der »Landstörtzerin Courage«, das Brecht als Anregung benutzte, und Brechts »Dreigroschenroman«. Das war noch vor der Zeit, ehe er den Steindruck wirklich für sich entdeckte. Warum aber nimmt er jetzt, da die Courage von den Spielplänen verschwand, deren Thema wieder auf? Wegen des Themas »Krieg«? Leider ist es aktuell geblieben, im Kosovo-Krieg kämpften sogar schon wieder deutsche Soldaten, und die bösesten der Kriegsbilder Heisigs werden vermutlich noch übertroffen durch das, was da »Kollateralschäden« hieß. Heisigs angewidert-fasziniertes Interesse am Krieg erklärt sich aus seiner Biographie. Er saß als sehr junger Mann in einem deutschen Panzer, er war beteiligt an Hitlers Ardennenoffensive und am Kampf um die »Festung Breslau«, in dem seine Heimatstadt unterging, beinahe er selbst. Er überlebte den Krieg als Invalide. Der Krieg spielt in seinem graphischen und seinem malerischen Werk eine große Rolle, doch eine andere als man meinen sollte. Heisig erscheint da nicht als Mahner oder Rufer, seine Bilder haben weder etwas Anklagendes noch etwas Belehrendes. Im Vorwort zu seinem Zyklus vom »Faschistischen Alptraum« sagt er: »Das Ganze ist nicht als Anklage gedacht. Dazu fühlte ich mich nicht berechtigt.« Damals in der DDR, als er den Zyklus zuerst veröffentlichte, war man zu dieser Anklage nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet, und insofern war Heisigs Mitteilung eine Art Verweigerung. Ihm fehlt jede Form der Selbstgerechtigkeit – eine Tugend, die heute besonders zählen sollte. Vor allem die Selbst- 42 43

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»zu: Bertolt Brecht<br />

»Mutter Courage...«<br />

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(K. 12, S. 103, Z. 19)

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