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in dieser ausgabe - luth. Kirchengemeinde Sittensen

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Andacht<br />

Gastfreundschaft - aus Fremden Freunde machen<br />

Es ist heiß. Ich stehe auf e<strong>in</strong>em kle<strong>in</strong>en<br />

Berg und schaue über das Tal. Jetzt müsste<br />

ich eigentlich die Geme<strong>in</strong>de sehen können.<br />

Doch ich sehe nur Bambuswälder. Me<strong>in</strong>e<br />

Wegbegleiter hatten doch gesagt, dass die<br />

Geme<strong>in</strong>de im Tal h<strong>in</strong>ter dem Berg läge.<br />

Stimmt auch, doch nicht h<strong>in</strong>ter diesem<br />

Berg, sondern h<strong>in</strong>ter dem nächsten.<br />

Nach 5 Stunden Fußmarsch kommen<br />

wir endlich an. Die Kirchengeme<strong>in</strong>de hat<br />

schon sehnsüchtig auf uns gewartet. Jugendliche<br />

laufen uns entgegen, um uns<br />

unser Gepäck abzunehmen.<br />

Ich b<strong>in</strong> geschafft. Me<strong>in</strong>e Energie ist<br />

aufgebraucht. Me<strong>in</strong>e Wasservorräte auch.<br />

Wir werden <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Hütte gebracht, um<br />

im Schatten des Schilfdaches auszuruhen.<br />

Kaffee wird zubereitet und uns steigt der<br />

Duft von gebratenem Fleisch durch die<br />

Nase. Alle essen von e<strong>in</strong>em Teller. Kommt<br />

jemand etwas später, wird er dazugebeten.<br />

Für alle ist etwas zu Essen da, denn es wird<br />

geteilt.<br />

Abends vor dem Zubettgehen besteht<br />

der Gastgeber darauf, uns die Füße zu<br />

waschen. „Das gehört zu unserer Kultur.“,<br />

wird mir erklärt. Danach werden wir zu<br />

unseren Betten geführt. Erst am nächsten<br />

Morgen bemerke ich, dass ich nicht etwa <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>em Gästebett geschlafen habe, sondern<br />

<strong>in</strong> dem Ehebett unserer Gastgeber. Diese<br />

verbrachten die Nacht auf dem harten<br />

Fußboden.<br />

Me<strong>in</strong>e Wegbegleiter und ich s<strong>in</strong>d Fremde<br />

<strong>in</strong> <strong>dieser</strong> Gegend. Und dennoch werden wir<br />

mit so viel Fürsorge und Liebe behandelt.<br />

Diese Gastfreundschaft ist fasz<strong>in</strong>ierend.<br />

Romano Guard<strong>in</strong>i hat e<strong>in</strong>mal gesagt:<br />

„Was Gastfreundschaft wert ist, kann nur<br />

der ermessen, der von draußen kommt,<br />

aus der Fremde.“<br />

Der Fremde zu Gast<br />

Wenn ich <strong>in</strong> Deutschland Gäste e<strong>in</strong>geladen<br />

habe, waren das meistens gute<br />

Freunde, Bekannte und Verwandte.<br />

Das griechische Wort für Gast Xenos<br />

bedeutete allerd<strong>in</strong>gs ursprünglich der<br />

Fremdl<strong>in</strong>g, der Unbekannte, der Ausländer.<br />

Das late<strong>in</strong>ische Wort für Gast hostis kann<br />

neben Fremder sogar Fe<strong>in</strong>d bedeuten. Der<br />

Gast wurde als jemand gesehen, der <strong>in</strong> den<br />

eigenen Lebensraum e<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>gt und als bedrohlich<br />

erfahren wird, weil er anders ist.<br />

Das Volk Israel weiß, wie es e<strong>in</strong>em <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>em fremden Volk ergehen kann und wie<br />

es sich lebt, wenn andere Menschen e<strong>in</strong>en<br />

als Bedrohung sehen. Aus Dankbarkeit, dass<br />

Gott sie aus der Knechtschaft <strong>in</strong> Ägypten<br />

geführt hat, wird Gastfreundschaft:„Achtet<br />

auf den Fremden, der unter euch lebt. Ihr<br />

wisst doch, wie es Fremden zumute ist.<br />

Ihr wart doch selber e<strong>in</strong>mal Fremdl<strong>in</strong>ge <strong>in</strong><br />

Ägypten.“ (Ex 23,9)<br />

Ich frage mich, wann habe ich <strong>in</strong><br />

Deutschland e<strong>in</strong>en Fremden/e<strong>in</strong>e Fremde<br />

zu uns nach Hause e<strong>in</strong>geladen? Wann b<strong>in</strong><br />

ich nach e<strong>in</strong>em Gottesdienst auf Fremde<br />

zugegangen? Wie jede andere Geme<strong>in</strong>schaft<br />

stehen auch wir Christen <strong>in</strong> der Versuchung<br />

uns so e<strong>in</strong>zurichten, dass Fremde<br />

und Gäste aus dem Blick geraten. Vielleicht<br />

sehen wir sie manchmal als Bedrohung.<br />

Nach dem Motto: Unser Kreis ist doch<br />

so schön gemütlich und vertraut. E<strong>in</strong><br />

Fremder stört da nur.<br />

Jesus der Gast<br />

Jesus ist auch an anderen Stellen selbst<br />

oft zu Gast: bei der Hochzeit zu Kana, im<br />

Hause des Pharisäers Simon oder im Haus<br />

des Zöllners Zachäus. Ihn, den Außenseiter,<br />

holt Jesus aus se<strong>in</strong>em Versteck im<br />

Baum und ruft ihm zu: „Heute muss ich<br />

bei dir zu Gast se<strong>in</strong>“ (Lk 19,5).<br />

Jesus begegnet auch den beiden Jüngern<br />

auf dem Weg nach Emmaus. Als unbekannter<br />

Fremder gesellt er sich den beiden<br />

entmutigten Jüngern zu. Sie erkennen<br />

ihn selbst nicht, als er ihnen das Geschehen<br />

am Kreuz auslegt. Erst nachdem sie<br />

ihm, dem Unbekannten, Gastfreundschaft<br />

erweisen und ihn e<strong>in</strong>laden, mit ihnen zu<br />

essen und zu tr<strong>in</strong>ken, da gehen ihnen die<br />

Augen auf, und sie begegnen dem Auferstandenen.<br />

Auch heute dürfen wir Jesus <strong>in</strong><br />

www.kirche-sittensen.de / www.punktsieben.de / www.tens<strong>in</strong>g-sittensen.de<br />

Pastor Thomas Haase, 34, arbeitet als Missionar<br />

<strong>in</strong> Äthiopien und lebt mit se<strong>in</strong>er Frau Ayantu und<br />

se<strong>in</strong>em Sohn Naol David <strong>in</strong> Gimbi<br />

der Gastfreundschaft begegnen.„Ich war<br />

fremd, und ihr habt mich aufgenommen.“<br />

(Mt 25,31-46), sagt Jesus. Wer e<strong>in</strong>en Fremden<br />

aufnimmt, der darf Jesus begegnen.<br />

Und nicht nur die Gottesbegegnung<br />

macht Gastfreundschaft zu etwas Besonderem.<br />

Wenn ich Gäste e<strong>in</strong>lade, wird sich<br />

das <strong>in</strong> vieler H<strong>in</strong>sicht positiv auf mich auswirken.<br />

Jesaja spricht von „Heilwerden“:<br />

„Brich dem Hungrigen de<strong>in</strong> Brot, und die<br />

im Elend ohne Obdach s<strong>in</strong>d, führe <strong>in</strong>s<br />

Haus! Wenn du e<strong>in</strong>en nackt siehst, so kleide<br />

ihn. Dann wird de<strong>in</strong> Licht hervorbrechen<br />

wie die Morgenröte, und de<strong>in</strong>e Heilung<br />

wird schnell voranschreiten.“ (Jesaja<br />

58, 7). Wenn ich jemanden zu Gast habe<br />

und <strong>in</strong>s Gespräch komme, kann das auch<br />

me<strong>in</strong> Leben bereichern. Es ist e<strong>in</strong>e tolle<br />

Erfahrung, dass wer für Andere Gastgeber<br />

ist, selbst beschenkt wird!<br />

Seid gastfrei untere<strong>in</strong>ander!<br />

Die Bibel fordert uns auf: „Seid gastfrei<br />

untere<strong>in</strong>ander!“ (1. Petr. 4,9).<br />

Gastfreundschaft bedarf nicht immer<br />

großer Vorbereitungen. Ayantu und<br />

ich haben öfters unangekündigte Gäste<br />

– manchmal sogar mittelgroße Gruppen.<br />

Wie wäre es <strong>in</strong> diesem Monat mal jemanden<br />

Fremdes nach Hause e<strong>in</strong>zuladen?<br />

Ganz spontan. Um dann zu spüren, was<br />

Gott so alles so bewegen kann.<br />

Thomas Haase

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