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Macht Arbeit frei? Ein Versuch über den Wert der Erwerbsarbeit.

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Die Steigerung <strong>der</strong> Massen-Nachfrage nach seriellen, mit Maschinen gefertigten<br />

Produkten gilt als <strong>der</strong> Hebel zur Herausbildung marktförmiger Wirtschaftsweise.<br />

Da die Grenzleistungsfähigkeit des Kapitals von <strong>den</strong> Erwartungen abhängt, die<br />

bezüglich voraussichtlicher Erträge eines Kapitalwertes gehegt wer<strong>den</strong>, sich also<br />

private Investitionen an <strong>den</strong> Absatzerwartungen orientieren, gilt:<br />

„Wollen wir nicht zum Kommunismus <strong>über</strong>gehen, so gibt es kein anwendbares<br />

Mittel, um <strong>der</strong> Unterbeschäftigung Herr zu wer<strong>den</strong>, als <strong>den</strong> Unternehmern<br />

wie<strong>der</strong> eine angemessene Profitspanne zu verschaffen.” 57<br />

Demnach sollte <strong>der</strong> Staat in Krisen kurzfristig mit antizyklischer Fiskalpolitik<br />

gegensteuern, um mittels öffentlicher Investitionen die private Nachfrage zu steigern.<br />

Ist das Ziel <strong>der</strong> Vollbeschäftigung wie<strong>der</strong> annähernd erreicht, so sollte zur Vermeidung<br />

von Inflation in <strong>der</strong> Konjunkturphase zum Sparen angereizt und Lohnerhöhung<br />

begrenzt wer<strong>den</strong>. Im reifen Kapitalismus wird Sparen hingegen dysfunktional, da es<br />

eine Nachfragelücke erzeugt. Unberechenbar bleibt stets die Dynamik technologischer<br />

Innovation, die Vervollkommnung <strong>der</strong> <strong>Arbeit</strong>smittel im Prozess <strong>der</strong><br />

Naturbeherrschung.<br />

Keynes stellte das „fundamentale psychologische Gesetz” ins Zentrum seiner<br />

Theoriebildung, welches besagt, dass private Haushalte dazu neigen, das Bedürfnis<br />

nach Zukunftsvorsorge durch Sparen zu befriedigen. D. h. ehe <strong>der</strong> absolute<br />

Sättigungspunkt entsprechend <strong>der</strong> Grenznutzentheorie beim Konsum erreicht ist, wird<br />

ein mehr o<strong>der</strong> weniger großer <strong>Ein</strong>kommensanteil für Ersparnis bzw. Vorsorge<br />

verwendet. 58<br />

Die Wirtschaft einer Bevölkerung, die dazu neigt, ihr Geld auszugeben,<br />

lässt sich aber leichter auf <strong>den</strong> Stand <strong>der</strong> Vollbeschäftigung bringen und halten. Dem<br />

hieraus für reife Volkswirtschaften erwachsen<strong>den</strong> ökonomischen Problem <strong>der</strong><br />

Nachfragelücke kann nur entgegengewirkt wer<strong>den</strong>, indem <strong>Arbeit</strong>slosigkeit vermie<strong>den</strong><br />

wird und private Haushalte sich des Funktionsmechanismus von Kapitalismus bewusst<br />

wer<strong>den</strong>, die Gewissheit gewinnen, dass wirtschaftliche Stabilität eine politische Frage<br />

demokratischer Steuerung ist.<br />

57<br />

58<br />

Keynes, John Maynard: „Proposals for a Revenue Tariff“, in: New Statesman and Nation, 7. 3. 1931,<br />

S. 53, deutsch in: Hofmann, Werner: Theorie <strong>der</strong> Wirtschaftsentwicklung vom Merkantilismus bis zur<br />

Gegenwart (Sozialökonomische Studientexte, Bd. 3), Duncker u. Humblot, Berlin, 1966, S. 210.<br />

Die langfristige, stagnationswirksame Konsumabschwächung in reifen Volkswirtschaften bezeichnet<br />

Karl Georg Zinn als „Gossen-Keynessche Regel”. – Vgl. Zinn, Karl Georg: <strong>Arbeit</strong>, Konsum,<br />

Akkumulation. <strong>Versuch</strong> einer integralen Kapitalismusanalyse von Keynes und Marx. VSA-Verlag,<br />

Hamburg, 1986, S. 80 ff.<br />

Oliver Kloss • 2001 • <strong>Macht</strong> <strong>Arbeit</strong> <strong>frei</strong>?<br />

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